SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 14. April 2015 ( 1 )

Rechtssache C‑207/14

Hotel Sava Rogaška, gostinstvo, turizem in storitve, d.o.o.

gegen

Republika Slovenija

(Vorabentscheidungsersuchen des Vrhovno sodišče [Slowenien])

„Rechtsangleichung — Richtlinie 2009/54/EG — Art. 8 Abs. 2 — Anhang I — Begriff ‚natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt‘ — Auslegungskriterien“

I – Einleitung

1.

Im 19. Jahrhundert wurde das Trinken von Thermalwässern an der Quelle immer beliebter, und es folgte, nach der sozialen und kulturellen Entwicklung, der Vertrieb in Flaschen. Im Jahr 1870 enthielt die erste Werbung für die Quelle des natürlichen Mineralwassers Perrier das Konzept der „Princesse des eaux de table“ (Königin der Tafelwässer). Im Unionsrecht gehört die Regelung für natürliche Mineralwässer zum Ziel der Herstellung und Gewährleistung des freien Warenverkehrs unter besonderer Betonung des Verbraucherschutzes.

2.

In diesem Kontext betrifft das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen die Auslegung des Begriffs „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54/EG ( 2 ), die die Richtlinie 80/777/EWG ( 3 ), die als Erste die Problematik des Marktes von Mineralwässern in Flaschen im Unionsrecht geregelt hatte, kodifiziert und gleichzeitig ersetzt hat. Insbesondere ist es nach dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 verboten, Wasser, das aus ein und derselben Quelle stammt, unter mehreren gewerblichen Kennzeichen in den Handel zu bringen.

3.

Im Ausgangsverfahren streiten das Unternehmen Hotel Sava Rogaška, gostinstvo, turizem in storitve, d.o.o. (im Folgenden: HSR) und die Republika Slovenija (Republik Slowenien), vertreten durch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt (im Folgenden: Ministerium), über dessen Weigerung, HSR die Bezeichnung „natürliches Mineralwasser“ zuzuerkennen. Wie sich aus den Akten ergibt, stützt sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Weigerung darauf, dass dasselbe unterirdische Quellvorkommen zwei Bohrstellen bedient, darunter diejenige, für die HSR eine Konzession zur Nutzung erhalten hat. Das aus der anderen Bohrstelle gewonnene Wasser wurde in Slowenien bereits unter einer anderen besonderen Bezeichnung anerkannt und wird dort als solches rechtmäßig in den Handel gebracht.

4.

Die Rechtssache, die in relativ technischen Begriffen verwurzelt ist und eine Auslegungsschwierigkeit aufwirft, die auf der Frage beruht, welchen Kriterien unter denen, die sich auf die objektiven Eigenschaften des Mineralwassers einerseits, und denen, die sich auf die hydrogeologische Struktur seines Quellaustritts andererseits beziehen, mehr Gewicht beizumessen ist, gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, erstmals über die Auslegung der Richtlinie 2009/54 zu befinden, um die Ziele und Werte, die für ihren Erlass bestimmend waren, zu klären.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

5.

Die Erwägungsgründe 5 und 9 der Richtlinie 2009/54 lauten:

„(5)

Alle Regelungen über natürliche Mineralwässer sollten in erster Linie die Gesundheit der Verbraucher schützen, die Irreführung der Verbraucher verhindern und einen fairen Handel sicherstellen.

(9)

Die Aufnahme der Angaben über die analytische Zusammensetzung eines natürlichen Mineralwassers auf das Etikett sollte verbindlich vorgeschrieben sein, um die Information der Verbraucher zu gewährleisten.“

6.

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Diese Richtlinie betrifft die aus dem Boden eines Mitgliedstaats gewonnenen und von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats als natürliche Mineralwässer nach Anhang I Abschnitt I anerkannten Wässer.“

7.

Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 bestimmt:

„Ein natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt, darf nicht unter mehreren gewerblichen Kennzeichen in den Handel gebracht werden.“

8.

Anhang I Abschnitt I („Definition“) der Richtlinie 2009/54 enthält folgende Punkte:

„1.

‚Natürliches Mineralwasser‘ ist ein im Sinne des Artikels 5 mikrobiologisch einwandfreies Wasser, das seinen Ursprung in einem unterirdischen Quellvorkommen hat und aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen wird.

Natürliches Mineralwasser unterscheidet sich von gewöhnlichem Trinkwasser deutlich durch:

a)

seine Eigenart, die durch seinen Gehalt an Mineralien, Spurenelementen oder sonstigen Bestandteilen und gegebenenfalls durch bestimmte Wirkungen gekennzeichnet ist,

b)

seine ursprüngliche Reinheit,

wobei beide Merkmale aufgrund der unterirdischen Herkunft des Wassers, das vor jedem Verunreinigungsrisiko geschützt ist, unverändert erhalten sind …

3.

Die Zusammensetzung, die Temperatur und die übrigen wesentlichen Merkmale des natürlichen Mineralwassers müssen im Rahmen natürlicher Schwankungen konstant bleiben; insbesondere dürfen sie sich durch eventuelle Schwankungen in der Schüttung nicht verändern. …“

9.

Die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik ( 4 ) legt einen Rahmen für die Bewirtschaftung und den gemeinsamen Schutz der Gewässer fest, der sich nicht an Grenzen oder nationalen Politiken orientiert, sondern an hydrologischen Formationen, d. h. nach Einzugsgebiet, mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung. Art. 2 enthält eine komplexe terminologische Struktur mit sehr fachspezifischen Definitionen, wie Grundwasserleiter oder Grundwasserkörper.

B – Nationales Recht

10.

Die Richtlinie 80/777, an deren Stelle die Richtlinie 2009/54 getreten ist, wurde insbesondere durch die Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser ( 5 ) in slowenisches Recht umgesetzt. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung handelt es sich um Mineralwasser, wenn es neben bestimmten mikrobiologischen Anforderungen u. a. die Bedingung erfüllt, dass es seinen Ursprung in einem unterirdischen Quellvorkommen hat, das vor jedweder Verunreinigungsmöglichkeit geschützt ist und aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen wird. Art. 12 Abs. 4 dieser Verordnung sieht vor, dass natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt, nur unter einer Marke in den Handel gebracht werden darf.

III – Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

11.

Den Akten ist zu entnehmen, dass HSR am 18. Juli 2011 beim Ministerium die Anerkennung des gewerblichen Kennzeichens „ROI Roitschocrene“ für das aus der Bohrstelle „RgS‑2/88“ gewonnene natürliche Mineralwasser beantragt hat.

12.

Mit Bescheid vom 26. Februar 2012 wies das Ministerium den Antrag mit der Begründung zurück, dass natürliches Mineralwasser aus ein und derselben Quelle gemäß Art. 12 Abs. 4 der Verordnung und Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 nur unter einem einzigen gewerblichen Kennzeichen in den Handel gebracht werden dürfe und dass ein natürliches Mineralwasser, das aus demselben Grundwasserleiter, aber aus einer anderen Bohrstelle („V‑3/66‑70“) als das in Rede stehende Wasser gewonnen werde, mit Entscheidung vom 3. Juli 2001 bereits als natürliches Mineralwasser unter der Bezeichnung „Donat Mg“ anerkannt und als solches in den Handel gebracht worden sei.

13.

HSR erhob beim Upravno sodišče (Verwaltungsgericht) eine Klage auf Aufhebung des Bescheids und trug zum einen vor, dass die Bohrstelle „RgS‑2/88“ nicht das gleiche Wasser produziere wie die Bohrstelle „V‑3/66‑70“, und zum anderen, dass die Begriffe „Quelle“ und „Grundwasserleiter“ zu unterscheiden seien. Gegen die Abweisung der Klage legte HSR Revision beim vorlegenden Gericht ein und machte insbesondere geltend, das Verwaltungsgericht habe den Begriff „Quelle“ in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 falsch ausgelegt.

14.

In seinem Vorlagebeschluss erklärt der Vrhovno sodišče (Oberste Gerichtshof), dass die Bohrstellen „V‑3/66‑70“ und „RgS‑2/88“ ein und dasselbe unterirdische Quellvorkommen teilten ( 6 ). Das natürliche Mineralwasser Donat Mg sei im Register der in der Republik Slowenien anerkannten natürlichen Mineralwässer sowie in der Liste der von den Mitgliedstaaten anerkannten natürlichen Mineralwässer ( 7 ) eingetragen, wobei als Quelle die Quelle Donat angegeben sei ( 8 ).

15.

Das vorlegende Gericht fragt sich, wie der Begriff „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, im Sinne von Art. 8 der Richtlinie 2009/54 auszulegen ist. Der Begriff „Quelle“, der in dieser Richtlinie mehrfach verwendet werde, sei dort nicht definiert. In Anbetracht der unterschiedlichen Sprachfassungen der Definition von „natürlichem Mineralwasser“, die im Anhang I Abschnitt I Nr. 1 dieser Richtlinie genannt sei, seien mehrere Auslegungen dieses Ausdrucks möglich. Unter diesen Umständen hat der Vrhovno sodišče beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 dahin auszulegen, dass als „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, folgendes Wasser gilt:

a)

Wasser aus der jeweiligen selben Bohrstelle, jedoch kein Wasser, das an einer anderen Bohrstelle gewonnen wird, obwohl es sich um Wasser handelt, das seinen Ursprung im selben Grundwasserleiter desselben Grundwasserkörpers hat, und zwar im Sinne der Definition des Begriffs „Grundwasserleiter“ und „Grundwasserkörper“ aus der DCE;

b)

Wasser aus der jeweiligen selben Bohrstelle, jedoch kein Wasser, das an einer anderen Bohrstelle gewonnen wird, obwohl es sich um Wasser handelt, das seinen Ursprung im selben Grundwasserleiter desselben Grundwasserkörpers hat, und zwar im Sinne der Definition des Begriffs „Grundwasserleiter“ und „Grundwasserkörper“ aus der DCE, wobei bei dieser Definition auch die Umstände wie die Entfernungen zwischen den Bohrstellen, die Bohrtiefen, die spezifische Qualität des Wassers aus der jeweiligen Bohrstelle (z. B die chemische und mikrobiologische Zusammensetzung), die hydraulische Verbundenheit der Bohrstellen sowie die Geschlossenheit bzw. Offenheit des Grundwasserleiters zu berücksichtigen sind;

c)

das gesamte Wasser, das seinen Ursprung im selben Grundwasserleiter desselben Grundwasserkörpers hat, und zwar im Sinne der Definition des Begriffs „Grundwasserleiter“ und „Grundwasserkörper“ aus der Richtlinie DCE, ungeachtet dessen, dass es aus mehreren Bohrstellen an die Oberfläche kommt;

d)

das gesamte Wasser, das seinen Ursprung im selben Grundwasserleiter desselben Grundwasserkörpers hat, und zwar im Sinne der Definition des Begriffs „Grundwasserleiter“ und „Grundwasserkörper“ aus der DCE, ungeachtet dessen, dass es aus mehreren Bohrstellen an die Oberfläche kommt, wobei bei dieser Definition auch die Umstände wie die Entfernungen zwischen den Bohrstellen, die Bohrtiefen, die spezifische Qualität des Wassers aus der jeweiligen Bohrstelle (z. B die chemische und mikrobiologische Zusammensetzung), die hydraulische Verbundenheit der Bohrstellen sowie die Geschlossenheit bzw. Offenheit des Grundwasserleiters zu berücksichtigen sind?

2.

Ist in dem Fall, dass keiner der in Frage 1 dargelegten Auffassungen beigepflichtet werden kann, die Auslegung des Begriffs „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, auf Umstände wie die Entfernungen zwischen den Bohrstellen, die Bohrtiefen, die spezifische Qualität des Wassers aus der jeweiligen Bohrstelle (wie die chemische und mikrobiologische Zusammensetzung), die hydraulische Verbundenheit der Bohrstellen sowie die Geschlossenheit bzw. Offenheit des Grundwasserleiters zu stützen?

16.

Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 25. April 2014 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen. HSR, die slowenische, die tschechische und die griechische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. HSR, die slowenische und die griechische Regierung sowie die Kommission haben an der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2015 teilgenommen.

IV – Würdigung

A – Zur Behandlung der Vorlagefragen

17.

Die Fragen des vorlegenden Gerichts betreffen die Auslegung des in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 enthaltenen Verbots, ein „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, unter mehreren gewerblichen Kennzeichen in den Handel zu bringen. Obwohl das vorlegende Gericht die Fragen in Form einer Variation möglicher Auslegungen präsentiert, ist festzustellen, dass diese alle auf ein und denselben Begriff fokussiert sind. Daher schlage ich ebenso wie alle Verfahrensbeteiligten, die Erklärungen in dieser Rechtssache abgegeben haben, vor, die Fragen ungeachtet ihrer Struktur gemeinsam zu behandeln.

B – Zur unionsrechtlichen Regelung des natürlichen Mineralwassers

18.

Den Akten ist zu entnehmen, dass die Hauptschwierigkeit, mit der das vorlegende Gericht konfrontiert ist, darin begründet ist, dass die Richtlinie 2009/54 keine Definition des Begriffs „Quelle“ vorsieht und dieser Begriff somit unterschiedlich ausgelegt werden könnte. Besteht der Hauptzweck darin, eine Irreführung des Verbrauchers zu verhindern, müsste der Begriff „ein und dieselbe Quelle“ auf „dieselbe Bohrstelle“ beschränkt werden. Nur das Wasser, das aus ein und derselben Bohrstelle gewonnen wird, mit derselben chemischen und mikrobiologischen Zusammensetzung, würde also unter diesen Begriff fallen. Würde dagegen eine weite Auslegung vorgenommen, würde der Begriff „ein und dieselbe Quelle“ das Wasser umfassen, das aus mehreren Quellaustrittspunkten gewonnen wird, jedoch einen gemeinsamen Grundwasserleiter im Sinne der DCE hat ( 9 ).

19.

Insoweit ist es angebracht, zunächst den Bereich der in Rede stehenden Auslegung einzugrenzen.

20.

Die Durchführung der Harmonisierung im Bereich des Vertriebs von Wasser in Flaschen war ein besonders langer und komplexer Prozess im Binnenmarkt. Der hauptsächliche Gegensatz zwischen den Mitgliedstaaten konzentrierte sich auf unterschiedliche Vorstellungen vom Begriff des natürlichen Mineralwassers selbst ( 10 ). Obwohl die Frage der Angleichung der Rechtsvorschriften im Bereich der Lebensmittel und Getränke bereits ab dem Ende der 50er Jahre gestellt wurde, entstand die Richtlinie zur Harmonisierung der Gewinnung von und des Handels mit Mineralwässern erst im Jahr 1980 ( 11 ). Auf internationaler Ebene fand mit den Debatten um den Erlass des Codex alimentarius das gleiche Gefecht statt ( 12 ).

21.

Die Richtlinie 80/777 betraf die Gewinnung und den Handel von Lebensmitteln zur menschlichen Ernährung, wobei sie besonderen Nachdruck auf die Notwendigkeit legte, diese vor einem Verunreinigungsrisiko zu schützen, da die öffentliche Gesundheit betroffen war. Außerdem garantierte sie die Rechte der Verbraucher, indem sie durch das Abfüllen des Wassers an der Quelle in Flaschen und durch geeignete Verschlussvorrichtungen für die Verbraucher sicherstellte, dass das Wasser seine Eigenschaften, die seine Anerkennung als Mineralwasser gerechtfertigt hatten, bewahrte ( 13 ). Die Richtlinie 2009/54 hat als Nachfolgerin der Richtlinie 80/777 deren wesentliche Grundzüge übernommen.

22.

Die Richtlinie 2009/54 erging auf der Grundlage von Art. 95 EG (Art. 114 AEUV) im Rahmen der Angleichung der Rechtsvorschriften mit dem Ziel, einen funktionierenden Binnenmarkt im Bereich der Lebensmittel zu errichten ( 14 ). Ein wesentlicher Anhaltspunkt für ihre Auslegung findet sich ihrem fünften Erwägungsgrund, nach dem alle Regelungen über natürliche Mineralwässer in erster Linie die Gesundheit der Verbraucher schützen, die Irreführung der Verbraucher verhindern und einen fairen Handel sicherstellen sollen. Dieser Erwägungsgrund war nämlich, wie die griechische Regierung betont, im Zuge der Neufassung der Richtlinie 80/777 der ratio legis der Richtlinie 2009/54 hinzugefügt worden.

23.

Es trifft zwar zu, dass die Problematik des Trinkwassers und insbesondere des Wassers in Flaschen durch eine sektorale Regelung gekennzeichnet ist. Sie wird durch mehrere Rechtsakte geregelt, darunter u. a. die Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch ( 15 ), die Richtlinie zur Festlegung der Bestandteile von natürlichen Mineralwässern, die eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen können ( 16 ), und die Richtlinie über das Konzept medizinischer Wässer ( 17 ). Was insbesondere die Etikettierungsvorschriften betrifft, enthält die Richtlinie 2009/54 Ergänzungen und Abweichungen gegenüber den allgemeinen Bestimmungen der Regelung über die Etikettierung von Lebensmitteln ( 18 ).

24.

Dennoch impliziert meines Erachtens das Fehlen einer Legaldefinition des Begriffs „Quelle“ in der Richtlinie 2009/54 angesichts der Unterschiede zwischen den Regelungszielen und den Regelungsinhalten noch nicht, dass auf die Definitionen in der DCE zurückgegriffen wird. Ein solches Verhalten könnte sogar einen Rechtsfehler begründen.

25.

Wie nämlich der Gerichtshof bereits festgestellt hast, ist die DCE eine Rahmenrichtlinie, die auf der Grundlage von Art. 175 Abs. 1 EG (jetzt 192 AEUV) erlassen wurde. Sie legt allgemeine Grundsätze und einen globalen Handlungsrahmen für den Wasserschutz fest und stellt die Koordination, die Integration und die langfristige Weiterentwicklung der grundlegenden Prinzipien und Strukturen für den Schutz und den nachhaltigen Gebrauch von Wasser in der Europäischen Union sicher ( 19 ). Die DCE zielt jedoch nicht auf eine vollständige Harmonisierung der wasserrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten ab ( 20 ). Ihrem 19. Erwägungsgrund ist zu entnehmen, dass ihre Ziele die Erhaltung und die Verbesserung der aquatischen Umwelt in der Union sind, wobei der Schwerpunkt dieses ökologischen Ziels auf der Güte der betreffenden Gewässer liegt ( 21 ).

26.

Gewiss, es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die aus mehreren Richtlinien stammenden Begriffe tatsächlich dasselbe Naturphänomen definieren, da ein Grundwasserleiter oder ein unterirdisches Quellvorkommen allesamt eine unterirdische Ansammlung von Wasser beschreiben sollen. Es spricht jedoch gegen eine direkte Bezugnahme auf die Fachbegriffe der DCE im Rahmen der Auslegung der Richtlinie 2009/54, dass das Verhältnis zwischen diesen Begriffen nicht genau abgegrenzt ist.

27.

Schließlich weise ich darauf hin, dass die im Rahmen des Ausgangsverfahrens aufgeworfenen Fragen, die die Praxis der nationalen Behörden bei der Vergabe der Konzessionen für die Entnahme von natürlichem Mineralwasser betreffen, für die erbetene Auslegung in dem Sinne irrelevant sind, dass sie die Auslegung des Begriffs „Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 nicht beeinflussen können.

28.

Im Licht dieser Feststellungen ist Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 auszulegen.

C – Der Begriff „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt “ im Sinne von Art. 8 der Richtlinie 2009/54

1. Zur Vorgehensweise für die in Rede stehende Auslegung

29.

Nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 darf ein natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt, nicht unter mehreren gewerblichen Kennzeichen in den Handel gebracht werden. Es ist von Interesse, dass Art. 8 der Richtlinie 2009/54 gegenüber dem Vorschlag der Richtlinie 80/777, der von der Kommission im Jahr 1970 vorgelegt wurde ( 22 ), nicht geändert wurde. Es handelt sich somit um eine ebenso beständige wie lakonische Bestimmung.

30.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Bestimmung der Bedeutung einer Vorschrift des Unionsrechts sowohl ihr Wortlaut als auch ihr Zusammenhang und ihre Ziele zu berücksichtigen, wobei sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm relevante Anhaltspunkte für die Auslegung der Norm ergeben können ( 23 ).

31.

Insoweit stelle ich fest, dass im vorliegenden Fall die Auslegung des Begriffs „ein und dieselbe Quelle“ eine besondere Spannung zwischen den objektiven Eigenschaften von Mineralwasser einerseits und den hydrogeologischen Merkmalen, die auf sein Versickern durch den Boden zurückzuführen sind, andererseits schafft. Das vorlegende Gericht fragt insbesondere nach der Relevanz u. a. der Entfernung zwischen den Bohrstellen, der spezifischen Qualität des Wassers, der hydraulischen Verbundenheit der Bohrstellen und der Tiefe der Bohrstellen. Die dem Gerichtshof vorgelegte Akte enthält mehrere Stellungnahmen, die sich mit diesen Aspekten beschäftigen. HSR betont insbesondere den Unterschied zwischen dem Begriff der Quelle und dem Begriff des Grundwasserleiters.

32.

Meines Erachtens macht eine solche technische Gegenüberstellung die erbetene Auslegung unnötig vage. Ich beabsichtige, um den Inhalt von Art. 8 der Richtlinie 2009/54 zu verdeutlichen, von dem Schlüsselbegriff der Richtlinie 2009/54 auszugehen, d. h. dem Begriff des natürlichen Mineralwassers, in Verbindung mit dem wesentlichen Ziel dieser Richtlinie, dem Verbraucherschutz. Dieser Ausgangspunkt wird die Feststellung ermöglichen, dass der Status der hydrologischen Elemente für die Auslegung des Begriffs „ein und dieselbe Quelle“ ergänzend verwendet werden kann.

2. Zum Begriff des natürlichen Mineralwassers im Licht des Ziels des Verbraucherschutzes

33.

Mit dem Ausdruck „natürliches Mineralwasser“ im Sinne von Anhang I Abschnitt I Nr. 1 der Richtlinie 2009/54 zielte der Unionsgesetzgeber auf „ein mikrobiologisch einwandfreies Wasser ( 24 ) ab, das seinen Ursprung in einem unterirdischen Quellvorkommen hat und aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen wird“. Die in Rede stehende Definition bezieht sich somit kumulativ auf zwei Ebenen, zum einen auf den Ursprung des natürlichen Mineralwassers und zum anderen auf die Herkunft des Wassers. Im Übrigen unterscheidet sich nach dieser Nr. 1 das natürliche Mineralwasser vom gewöhnlichen Trinkwasser durch seine Eigenart und seine ursprüngliche Reinheit.

34.

Für die Auslegung des Begriffs „Quelle“ ist diese Definition jedoch nicht ganz zweifelsfrei, insbesondere wenn man sie mit anderen Sprachfassungen ( 25 ) vergleicht, insbesondere den Fassungen, in denen die Begriffe Ursprung und Herkunft des Wassers sich überlagern, wie dies bei der slowenischen Sprachfassung der Fall ist ( 26 ).

35.

Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Unionstexts voneinander ab, so muss die fragliche Vorschrift daher nach der Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört ( 27 ).

36.

Insoweit räumt der Gesetzgeber, wie ich bereits ausgeführt habe, dem Verbraucherschutz eine besondere Stellung ein. Dieser Zweck wirkt sich auf mehreren Stufen auf die Richtlinie 2009/54 aus. Erstens fordert die Richtlinie auf der Stufe ihrer Überlagerung mit dem Ziel des freien Warenverkehrs für natürliches Mineralwasser den Erlass gemeinsamer Vorschriften bezüglich der mikrobiologischen Beschaffenheit, die die Einstufung eines Wassers als natürliches Mineralwasser und ein System der Anerkennung eines Wassers, das die Vorschriften der Richtlinie erfüllt, durch die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats erlauben. Zweitens stellt die Richtlinie 2009/54 auf der Stufe der Überschneidung mit dem Ziel des Verbraucherschutzes Anforderungen auf, die die Nennung der analytischen Zusammensetzung eines Mineralwassers in Verbindung mit den Anforderungen hinsichtlich der Etikettierung im Allgemeinen betreffen ( 28 ). In diesem Zusammenhang sieht die Richtlinie auch Dringlichkeitsmaßnahmen vor, mit denen auf die Gefahren für die öffentliche Gesundheit reagiert werden kann. Da drittens eine Überlagerung mit dem Ziel, einen fairen Handel sicherzustellen und die Irreführung der Verbraucher zu verhindern ( 29 ), besteht, insistiert die Richtlinie 2009/54 auf der Identifizierung der einheitlichen Herkunft des Mineralwassers, die durch das Verbot in ihrem Art. 8 Abs. 2 veranschaulicht wird.

37.

Insgesamt konzentriert sich Art. 8 der Richtlinie 2009/54 auf das Problem des gewerblichen Kennzeichens im Sinne der Angabe der geografischen Herkunft des Wassers. So präzisiert Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie u. a., dass der Name einer Gemeinde bei einem gewerblichen Kennzeichen unter der Voraussetzung verwendet werden darf, dass das Mineralwasser, auf das er sich bezieht, aus einer Quelle an dem durch dieses gewerbliche Kennzeichen angegebenen Ort gewonnen wird. In diesem Zusammenhang verbietet Abs. 2 dieser Vorschrift, dass das Wasser, das aus ein und derselben Quelle stammt, unter mehreren gewerblichen Kennzeichen in den Handel kommt. Schließlich legt Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2009/54 Nachdruck auf die Problematik der korrekten Feststellung der Quelle und des Ortes der Gewinnung des natürlichen Mineralwassers im Rahmen der Etikettierung und Werbung.

38.

Im Gegensatz zu der Regelung im Bereich der Marken, nach der es durchaus möglich ist, mehrere Marken für dasselbe Produkt zu verwenden, zielt Art. 8 der Richtlinie 2009/54 darauf ab, dass die Quelle und die geografische Herkunft eindeutig identifiziert werden können, wie sie sich aus der gewerblichen Kennzeichnung des natürlichen Mineralwassers ergeben.

39.

Letztlich ist also notwendig, dass die analytische Zusammensetzung des Wassers den Anforderungen der Richtlinie 2009/54 entspricht und dass sie dem Verbraucher bekannt ist, der über das gewerbliche Kennzeichen und/oder die Etikettierung in der Lage sein muss, die Elemente seiner geografischen Herkunft zu identifizieren.

40.

Wie sich nämlich der genannten Richtlinie entnehmen lässt, ist natürliches Mineralwasser dasjenige, das aus der Quelle fließt oder geschöpft wird und dessen Zusammensetzung und Temperatur sowie andere wesentliche Merkmale im Rahmen der natürlichen Schwankungen stabil sein müssen. Wie die tschechische Regierung betont, würden die Ziele des fünften Erwägungsgrundes der Richtlinie 2009/54 nicht erreicht, wenn ein Mineralwasser, das dieselben Eigenschaften hat, obwohl es aus mehreren Bohrstellen entnommen wird, unter verschiedenen Bezeichnungen in den Handel käme.

41.

Infolgedessen führt der Begriff „natürliches Mineralwasser“, ausgelegt in Verbindung mit dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/54, zu der Feststellung, dass das Ziel des Gesetzgebers erreicht ist, wenn die Definition von „ein und derselben Quelle“ im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 sich auf eine Ebene des Quellaustritts des natürlichen Mineralwassers, also auf seine Herkunft im Sinne von Nr. 1 des Anhangs I der Richtlinie 2009/54 beschränkt.

3. Zum Status der hydrogeologischen Elemente für die Bestimmung des Begriffs „ein und dieselbe Quelle“

42.

Um die Bedeutung von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 besser zu erfassen, sind bestimmte technische Aspekte zu prüfen. Insoweit ist es sachdienlich, auf einen Bericht der Agence française de sécurité sanitaire de l’alimentation (AFSSA) ( 30 ) (französische Agentur für Lebensmittelsicherheit) hinzuweisen, auf den sich die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen bezieht. Aus dem hydrogeologischen Kontext ergibt sich, dass die Gesamtheit natürlicher Mineralwässer durch Einsickern des meteorischen Wassers ( 31 ) entsteht, das nach einem langen unterirdischen Weg an die Erdoberfläche zurückgelangt ( 32 ). Das Grundwasser sickert aufgrund der Schwerkraft ein, bis es auf ein Hindernis für das vertikale Eindringen trifft ( 33 ) und sich in unterirdischen Lücken und Poren (Grundwasserleitern) ( 34 ) sammelt, von denen es seitlich abfließt. Übersteigt die hydraulische Last im gesättigten Teil des Grundwasserleiters diejenige, die in den möglichen Quellaustrittspunkten herrscht, fließt das Grundwasser über natürliche Ventile, die Quellen, ab. Dieser Bericht stellt auch den Begriff des Vorkommens ( 35 ) dem Begriff des Grundleitersystems gegenüber ( 36 ), um die geologische Struktur des Wassers zu ermitteln.

43.

Entscheidend für die Auslegung des Begriffs „ein und dieselbe Quelle“– wie sie oben vorgeschlagen wurde – erscheint mir zum einen die Feststellung, dass „die hydrogeologischen Gegebenheiten, die dem Quellaustritt von Mineralwasser zugrunde liegen, vielfältig und oft sehr komplex sind“ ( 37 ), und zum anderen die Bestätigung der Vielfalt natürlicher Ventile, die die Quellen natürlicher Mineralwässer in Bezug auf die Schichten der seitlichen unterirdischen Wasseransammlung sind.

44.

Wie dem Generalanwalt Elmer in der Rechtssache Badische Erfrischungs‑Getränke, der sich zur Definition des Begriffs Mineralwasser geäußert hat ( 38 ), erscheint mir das Fehlen einer Definition für den Begriff „Quelle“ bezeichnend für die Intention des Gesetzgebers. Wenn dieser nämlich gewollt hätte, dass der Begriff „Quelle“ in erster Linie hydrogeologischen Eigenschaften wie einer Struktur von Quellvorkommen oder Bohrstellen unterliegt, wäre es logisch gewesen, ihm einen bestimmten Inhalt zu geben. Die Verwendung des Begriffs „Quelle“ in der Richtlinie 2009/54 bestätigt aber, dass sich dieser auf eine Vielzahl der Formen natürlicher oder künstlich erschlossener Quellaustritte von Mineralwasser bezieht ( 39 ). Dagegen ist die geologische Struktur grundlegend für das Erkennen des Mineralwassers an sich und seiner Eigenschaften.

45.

Deshalb ist unabhängig von der hydrogeologischen Konfiguration des Bodens, aus dem das Wassers austritt, das für die Bestimmung „ein und derselben Quelle“ maßgebliche Element trotz allem die Identität des natürlichen Mineralwassers.

46.

Natürliche Mineralwässer werden nämlich nach ihrer chemischen Zusammensetzung mit einer identifizierten einheitlichen Herkunft definiert (worauf ihre Unterscheidung von Wässern, die durch eine Behandlung zu Trinkwasser mit genau derselben chemischen Zusammensetzung gemacht werden, beruht) ( 40 ). Daher ist es für den Verbraucher wichtig, dass dieselbe Handelsbezeichnung auf dasselbe natürliche Mineralwasser hinweist. So gesehen ist das Kriterium betreffend die hydrogeologische Struktur eines unterirdischen Quellvorkommens oder eines Grundwasserleiters im wissenschaftlichen Sinne für sich nicht entscheidend, da die Zusammensetzung des Wassers durch das geologische Wandern zur Erdoberfläche beeinflusst wird. Infolgedessen bezieht sich der Begriff „Quelle“ im Sinne der Richtlinie 2009/54 auf eine oder mehrere natürliche, ja sogar künstlich erschlossene Quellaustritte, aus denen ein identisches Wasser im Sinne von Anhang I der Richtlinie 2009/54 fließt.

47.

Jedenfalls muss das natürliche Mineralwasser im Sinne der Richtlinie 2009/54 so gewonnen werden, wie es aus der Quelle austritt, ohne Behandlung, außer dem Ausfällen unbeständiger oder unerwünschter Inhaltsstoffe ( 41 ). Außerdem bestimmt Anhang I Abschnitt I Nr. 3 der Richtlinie 2009/54 dass „[d]ie Zusammensetzung, die Temperatur und die übrigen wesentlichen Merkmale des natürlichen Mineralwassers … im Rahmen natürlicher Schwankungen konstant bleiben [müssen]; insbesondere dürfen sie sich durch eventuelle Schwankungen in der Schüttung nicht verändern“. Dies spricht auch für die Auffassung, dass die Zusammensetzung des Wassers und nicht die Struktur seines geologischen Quellaustritts zur Wahrung des Ziels des Verbraucherschutzes ausschlaggebend ist.

48.

Im Übrigen möchte ich betonen, dass der Umstand, dass das Wasser aus demselben unterirdischen Quellvorkommen stammt, eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung dafür ist, als ein und dasselbe natürliche Mineralwasser zu gelten. Chemisch identische Wässer mit hydraulisch und geologisch unabhängigen Quellen stellen daher nicht ein und dasselbe natürliche Mineralwasser dar.

49.

Nach alledem bin ich der Ansicht, dass ein „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 ein Wasser aus einem oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellaustritten bezeichnet, das aus demselben unterirdischen Quellvorkommen stammt, wenn dieses Wasser identische Eigenschaften aufweist, die im Rahmen natürlicher Schwankungen an all diesen natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellaustritten stabil bleiben. Dagegen können Mineralwässer aus vielfältigen natürlichen oder künstlichen erschlossenen Quellaustritten, die ein gemeinsames Quellvorkommen haben, deren analytische Eigenschaften aber im Hinblick auf die sich aus Anhang I der Richtlinie 2009/54 ergebenden Kriterien nicht identisch sind, nicht als aus ein und derselben Quelle stammend angesehen werden.

V – Ergebnis

50.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Vrhovno sodišče wie folgt zu antworten:

Der Ausdruck „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“, im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern bezeichnet ein Wasser aus einem oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellaustritten, das aus ein und demselben unterirdischen Quellvorkommen stammt, wenn dieses Wasser identische Eigenschaften aufweist, die im Rahmen natürlicher Schwankungen an all diesen natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellaustritten stabil bleiben.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (ABl. L 164, S. 45).

( 3 ) Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (ABl. L 299, S. 1).

( 4 ) ABl. L 327, S. 1. Richtlinie in der durch die Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 (ABl. L 140, S. 114) geänderten Fassung (im Folgenden: DCE). Es ist zu präzisieren, dass diese Richtlinie durch die Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372, S. 19) ergänzt wurde.

( 5 ) Pravilnik o naravni mineralni vodi, izvirski vodi in namizni vodi (Uradni list RS, Nr. 50/04 vom 6. 5. 2004) in der Fassung des Pravilnik o spremembah in dopolnitvah Pravilnika o naravni mineralni vodi, izvirski vodi in namizni vodi (Uradni list RS, Nr. 75/05 vom 9. 8. 2005) (im Folgenden: Verordnung).

( 6 ) Den Erklärungen von HSR ist zu entnehmen, dass sie aus der Bohrstelle „RgS‑2/88“ ein natürliches Mineralwasser aus einer Tiefe von 274 Metern entnimmt. Die Gesellschaft Droga Kolinska d.d. (im Folgenden: Droga Kolinska) entnimmt Wasser aus der Bohrstelle „Donat Mg V‑3/66‑70“ aus einer Tiefe von 606 Metern. Die Bohrstellen sind mehr als 5 km voneinander entfernt.

( 7 ) ABl. 2013, C 95, S. 38.

( 8 ) Den Akten ist zu entnehmen, dass das Ministerium mit Bescheid vom 3. Juli 2001 das Wasser, das aus den Bohrstellen „RgS‑2/88“ und „V‑3/66‑70“ gewonnen wird, als natürliches Mineralwasser unter dem gewerblichen Kennzeichen „Donat Mg“ anerkannt hat, obwohl die durch diese Entscheidung begünstigte Gesellschaft, Droga Kolinska, keine Konzession zur Nutzung des Wassers aus der Bohrstelle „RgS‑2/88“ hat, da diese Konzession aufgrund eines Bescheids vom 14. Februar 2008 HSR gehört. Folglich hat Droga Kolinska keine Möglichkeit zur Vermarktung dieses Wassers unter dem gewerblichen Kennzeichen Donat Mg.

( 9 ) Nach Art. 2 Nr. 11 DCE wird Grundwasserleiter definiert als „eine unter der Oberfläche liegende Schicht oder Schichten von Felsen oder anderen geologischen Formationen mit hinreichender Porosität und Permeabilität, so dass entweder ein nennenswerter Grundwasserstrom oder die Entnahme erheblicher Grundwassermengen möglich ist“. Nach Art. 2 Nr. 12 DCE ist „ein Grundwasserkörper“„ein abgegrenztes Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter“.

( 10 ) Es handelte sich somit um das „romanische“ Modell, bei dem sich die Klassifizierung des Staats auf ein wissenschaftliches Gutachten stützt und bei dem eine vorherige Erlaubnis erforderlich ist, um die Produkte auf den Markt zu bringen. Nach dem deutschen Modell handeln die Unternehmen über sektorielle Vereinbarungen, denen nur die chemische Zusammensetzung des Produkts (Grad der Mineralisierung) zugrunde liegt. Beim britischen Modell dagegen ist es in erster Linie Sache des Verbrauchers, unter sehr verschiedenen auf den Markt gebrachten Produkten die beste Wahl zu treffen. Vgl. insoweit Marty, N., „La construction d’un marché européen des eaux embouteillées: enjeux, acteurs et déroulement des négociations de la directive 80/777 sur les eaux minérales (années 1950–années 1980)“, Revue d’histoire de l’intégration européenne, Bd. 19 (2013), Nr. 2, S. 227 bis 242.

( 11 ) Für eine detaillierte chronologische Darstellung vgl. Marty, N., a. a. O.

( 12 ) Doussin, J.‑P., Les eaux minérales dans le Codex alimentarius, un choc des cultures, Annales des Mines, Mai 1998, S. 30. Die Codex-Alimentarius- Kommission, die 1963 von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegründet wurde, entwickelt Lebensmittelnormen, Leitlinien und internationale und harmonisierte Vorschriften für die Verwendung, die die Gesundheit der Verbraucher schützen und faire Handelspraktiken bei Lebensmitteln sicherstellen sollen. Vgl. http://www.codexalimentarius.org/codex‑home/fr/.

( 13 ) Die Richtlinie 80/777 wurde gerade deswegen erlassen, um die Handelshemmnisse bei diesen Getränken zu beseitigen und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu erleichtern. Vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz‑Jarabo Colomer in der Rechtssache Kommission/Deutschland (C‑463/01, EU:C:2004:290, Nr. 56).

( 14 ) Nach Art. 1 der Verordnung 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404, S. 9, und Berichtigung ABl. 2007, L 12, S. 3) gilt diese Verordnung unbeschadet der Richtlinie 80/777. Das Zusammenspiel dieser beiden Rechtsakte ist eine der Rechtsfragen, die im Rahmen der zurzeit beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache Neptune Distribution (C‑157/14) gestellt wurde.

( 15 ) Richtlinie 80/778/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L 229, S. 11), aufgehoben und ersetzt durch die Richtlinie 98/83 EG des Rates vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L 330, S. 32) in geänderter Fassung.

( 16 ) Richtlinie 2003/40/EG der Kommission vom 16. Mai 2003 zur Festlegung des Verzeichnisses, der Grenzwerte und der Kennzeichnung der Bestandteile natürlicher Mineralwässer und der Bedingungen für die Behandlung natürlicher Mineralwässer und Quellwässer mit ozonangereicherter Luft (ABl. L 126, S. 34).

( 17 ) Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67).

( 18 ) Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. L 109, S. 29). Vgl. achter Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/54.

( 19 ) Zur Komplexität des Ziels der DCE vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland ( C‑461/13, EU:C:2014:2324).

( 20 ) Urteil Kommission/Luxemburg (C‑32/05, EU:C:2006:749, Rn. 41).

( 21 ) Urteil Kommission/Deutschland (C‑525/12, EU:C:2014:2202, Rn. 51).

( 22 ) ABl. 1970, C 69, S. 14.

( 23 ) Vgl. u. a. Urteil Inuit Tapiriit Kanatami u. a../Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 24 ) Im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 2009/54, der in Verbindung mit Anhang I Abschnitt III dieser Richtlinie den Gesamtgehalt an Mikroorganismen eines natürlichen Mineralwassers nennt.

( 25 ) EN: „originating in an underground water table or deposit and emerging from a spring tapped at one or more natural or bore exits“, IT: „un’acqua microbiologicamente pura, la quale abbia per origine una falda o un giacimento sotterranei e provenga da una sorgente con una o più emergenze naturali o perforate“, FI: „vettä, jonka alkuperä on maanalainen vesikerrostuma tai ‑varasto ja joka tulee esille lähteestä, josta sitä otetaan yhden tai useamman luontaisen tai poratun ulostulopaikan kautta“.

( 26 ) DE: „das seinen Ursprung in einem unterirdischen Quellvorkommen hat und aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen wird“, PL: „pochodzącą ze złoża podziemnego lub poziomu wodonośnego i wydobywaną z tych źródeł jednym lub kilkoma ujęciami naturalnymi lub wierconymi“, SL: „ki ima svoj izvor v podzemnem vodnem viru in izteka ali se črpa na izviru iz enega ali več naravnih iztokov ali vrtin“.

( 27 ) Vgl. u. a. Urteil Eleftheri tileorasi und Giannikos (C‑52/10, EU:C:2011:374, Rn. 23 und 24).

( 28 ) Vgl. den achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/54 und die darin enthaltene Verbindung zur Richtlinie 2000/13.

( 29 ) Dieser die Verbraucher und den fairen Handel schützende Ansatz ergibt sich ebenfalls aus dem neunten Erwägungsgrund in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2009/54 betreffend die Gewährleistung der Informationen für die Verbraucher über die Zusammensetzung des Mineralwassers.

( 30 ) Die AFSSA ist eine öffentliche Einrichtung in Frankreich, die im Jahr 1999 nach der BSE-Krise gegründet wurde und deren Hauptauftrag darin bestand, die sanitären und ernährungsspezifischen Risiken, die alle Lebensmittel einschließlich des Wassers aufweisen, zu bewerten. Seit Juli 2010 ist sie in die Agence nationale chargée de la sécurité sanitaire de l’alimentation, de l’environnement et du travail (ANSES) (Agentur für Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz) umgewandelt. Vgl. Leitlinien für die Beurteilung natürlicher Mineralwässer im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit (AFSSA) von Mai 2008, abrufbar unter der Adresse https://www.anses.fr/sites/default/files/documents/EAUX‑Ra‑EauxMinerales.pdf.

( 31 ) „Meteorisches Wasser“ ist ein hydrologischer Begriff zur Definition von Wasser, das sich seit langer Zeit im Boden befindet (auf einer geologischen Skala) und das von Niederschlägen kommt. Das meteorische Wasser besteht im Wesentlichen aus Grundwasser, wobei eine andere Herkunft des Wassers im hydrologischen Kreislauf keine bedeutende Rolle spielt. Für weitere Informationen vgl. http://www.aquaportail.com/definition‑12538‑eau‑meteorique.htmlixzz3QIVmcJAt.

( 32 ) Das meteorische Wasser dringt dank der „geringen“ Durchlässigkeit von bestimmtem porösem Gestein (Sand, Sandstein) und der „großen“ Durchlässigkeit von hartem Gestein, das, obwohl wasserundurchlässig, rissig und brüchig wird, in die Tiefe. Vgl. Bericht der AFSSA.

( 33 ) Der Begriff steht für eine wasserundurchlässige Schicht mit geschlossenen Rissen und Brüchen.

( 34 ) Im wissenschaftlichen Sinne des Wortes.

( 35 ) Vorkommen als statisches Konzept, laut Definition im Wörterbuch: natürliche Ansammlung mineralischer Stoffe in fester oder flüssiger Form. Der Bericht der AFFSA rät davon ab, diesen Begriff im Bereich des Grundwassers zu verwenden und ihn durch Grundleitersystem zu ersetzen. Vgl. Bericht der AFFSA, S. 66.

( 36 ) Das Grundleitersystem im wissenschaftlichen Sinne des Wortes entspricht gemäß dem Bericht der AFSSA einer besonderen geologischen Struktur, insbesondere als unterirdischer Kreislauf, und gleichzeitig einem dynamischen Prozess, soweit er den Wasserfluss mit seiner Wasserführung, seinen Bedingungen, seinen Grenzen und seinen Anfangs- und Schlussbedingungen erfasst.

( 37 ) Bericht der AFSSA, S. 15 Nr. I.

( 38 ) C‑17/96, EU:C:1997:244, Rn. 16 und 17.

( 39 ) Vgl. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2009/54, wonach die Begriffe „Quelle“ oder „Ort der Nutzung“ alternativ benutzt werden. Zur Nutzung der Quellen vgl. Art. 3 dieser Richtlinie; zum Schutz der Quelle vgl. Art. 5 dieser Richtlinie; vgl. auch Anhang II Nr. 2 Buchst. d der Richtlinie 2009/54.

( 40 ) Zu den drei Arten von Wasser in Flaschen, nämlich das durch Behandlung zu Trinkwasser gemachte Wasser, die natürlichen Mineralwässer und die Quellwässer, vgl. die Analyse, die unter folgender Internetadresse zur Verfügung steht: https://www.anses.fr/fr/content/eaux‑conditionn%C3%A9es

( 41 ) Vgl. Art. 4 der Richtlinie 2009/54.