BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
20. Mai 2014(*)
„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Wortmarke Wolfgang Amadeus Mozart PREMIUM – Widerspruch des Inhabers der älteren nationalen Bildmarken W. Amadeus Mozart“
In der Rechtssache C‑414/13 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 16. Juli 2013,
Reber Holding GmbH & Co. KG mit Sitz in Bad Reichenhall (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Geitz,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,
Beklagter im ersten Rechtszug,
Anna Klusmeier, wohnhaft in Bielefeld (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Schmitt-Gaedke,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und J.‑C. Bonichot,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Reber Holding GmbH & Co. KG, das Urteil Reber/HABM – Klusmeier (Wolfgang Amadeus Mozart PREMIUM) (T‑530/10, EU:T:2013:250, im Folgenden: angefochtenes Urteil) des Gerichts der Europäischen Union aufzuheben, mit dem dieses ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 14. September 2010 (Sache R 363/2008-4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Reber Holding GmbH & Co. KG und Frau Klusmeier (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
2 Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft getreten ist, aufgehoben und ersetzt.
3 Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) bestimmte:
„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,
…
b) wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“
4 Art. 15 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 15 der Verordnung Nr. 207/2009) lautete:
„(1) Hat der Inhaber die Gemeinschaftsmarke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der Gemeinschaft benutzt, oder hat er eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die Gemeinschaftsmarke den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.
(2) Folgendes gilt ebenfalls als Benutzung im Sinne des Absatzes 1:
a) Benutzung der Gemeinschaftsmarke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird;
b) Anbringen der Gemeinschaftsmarke auf Waren oder deren Aufmachung in der Gemeinschaft ausschließlich für den Export.
(3) Die Benutzung der Gemeinschaftsmarke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Benutzung durch den Inhaber.“
5 Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009) sah vor:
„(2) Auf Verlangen des Anmelders hat der Inhaber einer älteren Gemeinschaftsmarke, der Widerspruch erhoben hat, den Nachweis zu erbringen, dass er innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke die ältere Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und auf die er sich zur Begründung seines Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat, oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zu diesem Zeitpunkt die ältere Gemeinschaftsmarke seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, so wird der Widerspruch zurückgewiesen. Ist die ältere Gemeinschaftsmarke nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, benutzt worden, so gilt sie zum Zwecke der Prüfung des Widerspruchs nur für diese Waren oder Dienstleistungen als eingetragen.
(3) Absatz 2 ist auf ältere nationale Marken im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle der Benutzung in der Gemeinschaft die Benutzung in dem Mitgliedstaat tritt, in dem die ältere Marke geschützt ist.“
6 Regel 22 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 (ABl. L 172, S. 4) geänderten Fassung lautet:
„(3) Zum Nachweis der Benutzung dienen Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird, sowie diesbezügliche Beweismittel gemäß Absatz 4.
(4) Die Beweismittel sind gemäß den Regeln 79 und 79a einzureichen und beschränken sich grundsätzlich auf die Vorlage von Urkunden und Beweisstücken, wie Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Katalogen, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und auf die in Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung genannten schriftlichen Erklärungen.“
Vorgeschichte des Rechtsstreits
7 Am 24. März 2005 meldete Herr Klusmeier, der Rechtsvorgänger von Frau Klusmeier, eine Gemeinschaftsmarke nach der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM an. Die Marke wurde für Waren der Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung (im Folgenden: Abkommen von Nizza) angemeldet.
8 Diese im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 8/2006 vom 20. Februar 2006 veröffentlichte Anmeldung betraf die Wortmarke Wolfgang Amadeus Mozart PREMIUM (im Folgenden: streitige Marke).
9 Am 29. März 2006 erhob die Rechtsmittelführerin gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für folgende von dieser erfasste Waren: „Tee“, „Kakao“, „Getreidepräparate“, „Brot“ und „Speiseeis“.
10 Der Widerspruch war auf folgende ältere Marken gestützt:
– die nachstehend wiedergegebene, am 25. Mai 1988 angemeldete, am 22. Dezember 1989 unter der Nr. 1151678 eingetragene und bis zum 31. Mai 2018 verlängerte deutsche Bildmarke (im Folgenden: Marke Nr. 1151678) für Waren und Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 des Abkommens von Nizza, nämlich „Backwaren, Konditorwaren, Schokoladewaren und Zuckerwaren; Verpflegung von Gästen im Rahmen eines Café- und Konditoreibetriebes“:
– die nachstehend wiedergegebene, am 23. Mai 1990 angemeldete, am 2. August 1990 unter der Nr. 1161957 eingetragene und bis Mai 2010 verlängerte deutsche Bildmarke (im Folgenden: Marke Nr. 1161957) für Waren und Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 des Abkommens von Nizza, nämlich „Backwaren, Konditorwaren, Schokoladewaren und Zuckerwaren, Verpflegung von Gästen“:
11 Der Widerspruch war auf alle von den Marken Nrn. 1151678 und 1161957 (im Folgenden zusammen: ältere Marken) erfassten Waren und Dienstleistungen gestützt und mit dem Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 begründet worden.
12 Auf Antrag von Frau Klusmeier forderte das HABM die Rechtsmittelführerin mit Schreiben vom 31. Januar 2007 auf, den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marken gemäß Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 zu erbringen.
13 Mit Schreiben vom 5. März 2007 legte die Rechtsmittelführerin zum Beweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marken eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Paul Reber GmbH & Co. KG vom 22. Februar 2007 (im Folgenden: eidesstattliche Versicherung) vor, ferner eine Farbkopie des Deckelteils einer Packung „Mozartkugeln“ (die Mozartkugel ist eine Süßigkeit in Form einer mit Schokolade umhüllten Kugel aus Marzipan und Nougatcreme), Auszüge der Website des genannten Unternehmens vom 1. März 2007 mit Abbildungen verschiedener von ihm vertriebener Arten von Pralinenschachteln und die Kopie einer Seite aus einem Rezeptbuch mit dem Titel Webers bildlicher Fachunterricht zu Höchstleistungen in moderner Konditorei.
14 Mit Entscheidung vom 17. Januar 2008 wies die Widerspruchsabteilung des HABM den Widerspruch in vollem Umfang zurück und begründete dies damit, dass die Rechtsmittelführerin nicht den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marken erbracht habe.
15 Am 14. Februar 2008 legte die Rechtsmittelführerin beim HABM Beschwerde gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein und reichte am 10. April 2008 ergänzende Beweise ein.
16 Mit der streitigen Entscheidung wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Hinsichtlich der von der Rechtsmittelführerin am 5. März 2007 vorgelegten Beweise vertrat die Beschwerdekammer die Ansicht, sie seien für den Nachweis einer ernsthaften Benutzung der älteren Marken in Deutschland in dem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Zeitraum vom 20. Februar 2001 bis 19. Februar 2006 nicht ausreichend. Die weiteren Beweise sah die Beschwerdekammer als verspätet eingereicht an, da sie nach Ablauf der vom HABM gesetzten Frist vorgelegt worden seien. Außerdem könne mit ihnen jedenfalls nicht die ernsthafte Benutzung der älteren Marken nachgewiesen werden.
Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil
17 Mit Klageschrift, die am 15. November 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung. Sie stützte ihre Klage auf zwei Gründe, erstens einen Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Buchst. a dieser Verordnung.
18 Das Gericht hat die beiden Klagegründe zusammen für jede der vom Widerspruch betroffenen Marken geprüft und sodann die Klage als unbegründet abgewiesen und der Klägerin die Kosten auferlegt.
Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof
19 Die Rechtsmittelführerin beantragt, das angefochtene Urteil und die streitige Entscheidung aufzuheben, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und dem HABM die Kosten aufzuerlegen.
20 Das HABM und Frau Klusmeier beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.
Zum Rechtsmittel
21 Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof das Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.
22 Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin drei Gründe geltend: erstens einen Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit einer unvollständigen Prüfung und Würdigung der Tatsachen, zweitens einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Verordnung und drittens einen Verstoß gegen Unterabs. 2 Buchst. a dieses Abs. 1.
23 Da im vorliegenden Fall jedoch die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke am 24. März 2005 eingereicht wurde und das anwendbare materielle Recht nach Maßgabe dieses Datums zu bestimmen ist (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Shah/Three-N-Products Private, C‑14/12 P, EU:C:2013:349, Rn. 2, und DMK/HABM, C‑346/12, EU:C:2013:397, Rn. 2), unterliegt der vorliegende Rechtsstreit der Verordnung Nr. 40/94.
Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 43 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 in Verbindung mit einer unvollständigen Prüfung und Würdigung der Tatsachen
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
24 Die Rechtsmittelführerin trägt vor, das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft, da in ihm die vorgetragenen Tatsachen nicht vollständig geprüft und gewürdigt würden. Es verstoße daher gegen Art. 43 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94. Dieser Rechtsfehler betreffe beide älteren Marken.
25 Die Feststellung des Gerichts in Rn. 34 des angefochtenen Urteils, dass in der eidesstattlichen Versicherung auf keinerlei Beweismittel, insbesondere nicht auf die von der Rechtsmittelführerin vorgelegte Kopie des Deckels einer Mozartkugelpackung, verwiesen werde, sei unrichtig, da sie in krassem Widerspruch zum Inhalt dieser Erklärung selbst stehe. Dabei beziehe sich das Gericht in Rn. 33 des angefochtenen Urteils selbst auf die Verpackung als Beweismittel.
26 Das Gericht habe einen Teil der von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht geprüft und folglich auch nicht gewürdigt, weshalb es das Vorbringen, dass die älteren Marken rechtserhaltendend benutzt worden seien, zurückgewiesen habe. Die nach Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 1041/2005 erforderlichen Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung ergäben sich eindeutig aus der eidesstattlichen Versicherung.
27 Außerdem seien die Ausführungen des Gerichts in Rn. 34 des angefochtenen Urteils, wonach sich die eidesstattliche Versicherung angeblich auf eine „Wortmarke“ beziehe, unzutreffend. Die eidesstattliche Versicherung enthalte an keiner Stelle das Wort „Wortmarke“; in ihr sei einzig und allein von der Marke W. Amadeus Mozart die Rede, die auf den Produktumverpackungen verwendet werde.
28 Darüber hinaus stelle das Gericht überzogene Anforderungen an die Formulierung einer eidesstattlichen Versicherung. Zum einen hätte die eidesstattliche Versicherung aus der Sicht eines juristischen Laien ausgelegt werden müssen, und zum anderen könne ihr Beweiswert nicht dadurch beeinflusst werden, ob in ihr von „Marke“ im Singular oder von „Marken“ im Plural gesprochen werde.
29 Schließlich macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Urteil Deichmann-Schuhe/HABM – Design for Woman (DEITECH) (T‑86/07, EU:T:2008:577) hätte berücksichtigt werden müssen, in dem die Vorlage von Katalogen bzw. der Nachweis der Anbringung der Marke in Publikationen für die rechtserhaltende Benutzung als ausreichend angesehen worden sei.
30 Das HABM und Frau Klusmeier stellen die Zulässigkeit und die Begründetheit dieses ersten Klagegrundes in Abrede.
Würdigung durch den Gerichtshof
31 Nach Art. 256 Abs. 1 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Allein das Gericht ist für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Die Würdigung der Tatsachen und der Beweismittel ist somit, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteile DKV/HABM, C‑104/00 P, EU:C:2002:506, Rn. 22, und Calvin Klein Trademark Trust/HABM, C‑254/09 P, EU:C:2010:488, Rn. 49).
32 Insoweit gehört die Beurteilung der Beweiskraft einer eidesstattlichen Versicherung zum Bereich der Tatsachen (vgl. in diesem Sinne Urteil Centrotherm Systemtechnik/HABM, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).
33 Zu beachten ist indessen, dass zwar die Würdigung von Beweismitteln eine Frage tatsächlicher Art ist, die sich der Kontrolle durch den Gerichtshof entzieht, dass jedoch das Versäumnis, alle Beweismittel zu berücksichtigen, einen Rechtsfehler darstellt und als ein solcher vor dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels geltend gemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss Emram/HABM, C‑354/11 P, EU:C:2012:167, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelführerin eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Paul Reber GmbH & Co. KG, eine Farbkopie des Deckelteils einer Packung „Mozartkugeln“, Auszüge der Website desselben Unternehmens aus einer Zeit außerhalb des maßgeblichen Zeitraums und eine Kopie einer Seite aus einem Rezeptbuch vorgelegt.
35 Erstens lassen die Feststellungen des Gerichts nichts erkennen, was auf eine Verfälschung der ihm vorgelegten Beweise schließen ließe. Das Gericht hat zwar in Rn. 34 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die eidesstattliche Versicherung keine Verweisung auf die von der Rechtsmittelführerin eingereichten Unterlagen, insbesondere die von ihr vorgelegte Kopie des Packungsdeckels, enthalte, doch beruht diese Feststellung auf einer objektiven Prüfung dieser Erklärung. Dabei kann das Argument der Rechtsmittelführerin, dass die eidesstattliche Versicherung eine ausdrückliche Verweisung auf die Umverpackung des Erzeugnisses enthalte, nicht durchgreifen, da es nur auf die allgemeine Aussage des Geschäftsführers gestützt wird, dass die Marke W. Amadeus Mozart auf den Mozartkugelpackungen verwendet werde, ohne dass spezifisch auf die im Verfahren vorgelegte Umverpackung Bezug genommen wird. Im Übrigen rechtfertigt das Gericht seine Feststellung damit, dass eine solche Bezugnahme es ihm ermöglicht hätte, zu erkennen, ob sich die eidesstattliche Versicherung auf die letztgenannte oder alle Umverpackungen für das fragliche Erzeugnis beziehe.
36 Zudem ist zu beachten, dass das Gericht trotz der in der vorigen Randnummer angeführten Feststellung in Rn. 35 des angefochtenen Urteils die Möglichkeit des Nachweises eines Zusammenhangs zwischen der eidesstattlichen Erklärung und der von der Rechtsmittelführerin vorgelegten Kopie des Deckels einer Mozartkugelpackung in Betracht gezogen hat und zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass selbst bei Annahme eines solchen Zusammenhangs ein Beweis der ernsthaften Benutzung der Marke Nr. 1151678 nicht erbracht wäre.
37 Zweitens ist das Vorbringen unbegründet, das Gericht sei davon ausgegangen, dass sich die eidesstattliche Erklärung auf eine Wortmarke bezogen habe. Das Gericht hat nur Zweifel hinsichtlich der Klarheit der Formulierung dieser Erklärung in Bezug auf die älteren Marken geäußert.
38 Infolgedessen ist eine Verfälschung der von der Rechtsmittelführerin vorgelegten eidesstattlichen Erklärung nicht feststellbar.
39 Drittens beanstandet die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen, mit dem sie die Feststellung des Gerichts in Rn. 34 des angefochtenen Urteils zur Eigenschaft des Verfassers der eidesstattlichen Erklärung als „juristischer Laie“ und zur Verwendung des Begriffs „Marke“ im Singular rügt, in Wirklichkeit die Würdigung der Tatsachen durch das Gericht im Hinblick auf die Beweiskraft dieser Erklärung. Wie sich aber aus der in den Rn. 31 und 32 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung ergibt, muss dieses Vorbringen, da eine Verfälschung im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen und noch nicht einmal geltend gemacht worden ist, als offensichtlich unzulässig angesehen werden.
40 Viertens geht der Hinweis der Rechtsmittelführerin auf das Urteil Deichmann-Schuhe/HABM – Design for Woman (DEITECH) (EU:T:2008:577) fehl, da in der diesem Urteil zugrunde liegenden Rechtssache die von der Klägerin geltend gemachten Schwierigkeiten, zusätzliche Beweismittel vorzulegen, als plausibel angesehen worden und daher im Rahmen der Prüfung des Beweiswerts der betreffenden eidesstattlichen Versicherungen zu berücksichtigen waren.
41 Im vorliegenden Fall war das Gericht jedoch in Rn. 38 des angefochtenen Urteils der Ansicht, dass es der Klägerin nicht unmöglich gewesen sei, ergänzende Unterlagen, wie Rechnungen, Bestellscheine oder Werbung, zu beschaffen und der Widerspruchsabteilung vorzulegen, um die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung zu untermauern.
42 Schließlich geht aus den Rn. 34 bis 37 des angefochtenen Urteils hervor, dass das Gericht die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel einer Gesamtwürdigung unterzogen hat. Es hat als Erstes die eidesstattliche Erklärung geprüft und sie als unklar und ungenau bewertet und als Zweites, wie Rn. 37 des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, die Auffassung vertreten, dass die übrigen Beweismittel keinen hinreichenden Nachweis für eine ernsthafte Benutzung der Marke Nr. 1151678 erbrächten. Der Rn. 45 des angefochtenen Urteils zufolge musste Gleiches auch für die Marke Nr. 1161957 gelten.
43 Damit hat das Gericht Art. 43 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 korrekt angewandt.
44 Demgemäß ist der erste Rechtsmittelgrund als teils offensichtlich unbegründet und teils offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
45 Die Rechtsmittelführerin trägt vor, entgegen der Auffassung des Gerichts werde die Marke Nr. 1151678 dem im Urteil Ansul (C‑40/01, EU:C:2003:145) niedergelegten Grundsatz gerecht, da sie in einer Weise benutzt werde, die ihrer Hauptfunktion entspreche, dem Verbraucher die Ursprungsidentität einer Ware zu garantieren, indem ihm ermöglicht werde, diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden.
46 Im vorliegenden Fall nähmen die angesprochenen Verkehrskreise die Marke Nr. 1151678 insbesondere aufgrund ihrer farblichen Gestaltung sofort und unmittelbar als Herkunftserkennungsmerkmal wahr. Die entgegenstehenden Ausführungen des Gerichts in Rn. 39 des angefochtenen Urteils seien daher unzutreffend. Diese Marke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als bloßes „Beiwerk“ wahrgenommen, sondern im Gegenteil gebe das auf der Umverpackung abgebildete Porträt einzig und allein den Wortbestandteil der Marke wieder.
47 Weiter macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass die Marke Nr.1151678 aufgrund ihrer Eintragung Kennzeichnungskraft habe, die ihr nicht plötzlich aufgrund der konkreten Art der Benutzung abgesprochen werden könne. Die Verweisung des Gerichts in Rn. 39 des angefochtenen Urteils auf sein Urteil Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (Mozart) (T‑304/06, EU:T:2008:268) sei unzutreffend, da es im vorliegenden Fall einzig und allein um die Frage gehe, ob die Widerspruchsmarke auf der Produktumverpackung markenmäßig benutzt werde.
48 Schließlich enthalte das angefochtene Urteil einen Widerspruch, soweit das Gericht einerseits beanstande, dass sich die eidesstattliche Erklärung angeblich nur auf eine „Wortmarke“ beziehe, andererseits aber selbst nur auf den Wortbestandteil der Marke Nr. 1151678 abstelle, ohne den Bildbestandteil zu berücksichtigen. Es handele sich aber gerade um eine kombinierte Wortbildmarke.
49 Das HABM und Frau Klusmeier halten das Vorbringen zur Stützung dieses zweiten Rechtsmittelgrundes für unzulässig und unbegründet.
Würdigung durch den Gerichtshof
50 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Würdigung der Tatsachen und der Beweismittel, wie bereits in Rn. 31 des vorliegenden Beschlusses in Erinnerung gerufen worden ist, außer im Fall ihrer Verfälschung keine Rechtsfrage ist, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge.
51 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin in erster Linie die Feststellungen, die das Gericht hinsichtlich der Wahrnehmung der Marke Nr. 1151678 durch die angesprochenen Verkehrskreise getroffen hat.
52 Solche Feststellungen zur Aufmerksamkeit, Wahrnehmung oder Einstellung der Verbraucher fallen in den Bereich der Tatsachenwürdigung (Urteil Henkel/HABM, C‑144/06 P, EU:C:2007:577, Rn. 51, und Beschluss Asa/HABM, C‑354/12 P, EU:C:2013:238, Rn. 31).
53 Da die Rechtsmittelführerin jedoch nur die Tatsachenwürdigung durch das Gericht rügt und im Kern keine Verfälschung der Tatsachen oder Beweismittel im Rahmen dieses zweiten Rechtsmittelgrundes geltend macht, ist dieses Vorbringen als offensichtlich unzulässig anzusehen.
54 Auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass die Marke Nr. 1151678 Kennzeichnungskraft habe, weil sie eingetragen sei, wodurch ihr unabhängig von ihrer Benutzung ein Recht aus der Marke verliehen werde, ist zurückzuweisen. Es genügt nämlich nicht, dass sich die Rechtsmittelführerin darauf beruft, dass diese Marke eingetragen ist, sondern sie hat nachzuweisen, dass sie die Marke im Einklang mit ihrer wesentlichen Funktion verwendet hat, nämlich einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Ware zu geben, wie das Gericht in Rn. 39 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat. Dieses Vorbringen ist daher offensichtlich unbegründet.
55 Mithin ist der zweite Rechtsmittelgrund teils als offensichtlich unzulässig und teils als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
56 Die Rechtsmittelführerin führt aus, das Gericht habe die in dieser Bestimmung vorgesehene Benutzungsmöglichkeit außer Betracht gelassen, als es rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass eine rechtserhaltende Benutzung der Marke Nr. 1151678 nicht nachgewiesen sei.
57 Nach Art. 15 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 gelte eine Gemeinschaftsmarke auch dann als rechtserhaltend benutzt, wenn ihre Benutzung in einer Form erfolge, die die Unterscheidungskraft der Marke nicht beeinflusse. Nach der Rechtsprechung des Gerichts werde der Gesamteindruck von kombinierten Wortbildmarken regelmäßig vom Wortbestandteil entscheidend bestimmt und damit geprägt.
58 Die Angabe von „W. Amadeus Mozart“ auf der Umverpackungsoberseite stelle eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke Nr. 1161957 dar, da diese Marke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ausschließlich durch ihren Wortbestandteil „W. Amadeus Mozart“ geprägt werde.
59 Die älteren Marken seien daher in ihrem Wortbestandteil „W. Amadeus Mozart“, ihrem einzigen unterscheidungskräftigen Bestandteil, identisch. Die Marke Nr. 1161957 werde somit eindeutig rechtserhaltend im Sinne von Art. 15 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 benutzt.
60 Nach Ansicht des HABM ist dieser Rechtsmittelgrund unzulässig, da das Gericht zu dieser Frage im angefochtenen Urteil nicht Stellung genommen habe und sich die Rechtsmittelführerin auf Passagen der streitigen Entscheidung berufe.
Würdigung durch den Gerichtshof
61 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund wiederholt die Rechtsmittelführerin ihre vor dem Gericht geltend gemachten Argumente, wonach das Gericht die Frage eines Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 habe dahinstehen lassen, indem es rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, dass eine rechtserhaltende Benutzung der Marke Nr. 1151678 nicht nachgewiesen sei.
62 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 46 des angefochtenen Urteils auf den Vorwurf eines Verstoßes gegen die genannte Bestimmung eingegangen ist, indem es ausgeführt hat, dass nicht geprüft zu werden brauche, ob die Marke Nr. 1151678 als eine Marke angesehen werden könne, die nur in Bestandteilen, die die Unterscheidungskraft nicht beeinflussten, von der Marke Nr. 1161957 abweiche, denn die Benutzung der erstgenannten Marke sei nicht nachgewiesen worden und könne daher nicht als Beweis für die Benutzung der anderen Marke dienen. Diese Feststellung ist im Übrigen von der Rechtsmittelführerin nicht in Frage gestellt worden.
63 Festzustellen ist hier, dass der dritte Rechtsmittelgrund auf die angebliche Fehlerhaftigkeit der Schlussfolgerungen gestützt worden ist, zu denen das Gericht im Rahmen der von ihm im angefochtenen Urteil vorgenommenen Prüfung der von der Rechtsmittelführerin vor ihm gerügten Verstöße der Beschwerdekammer gegen Art. 43 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 und Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 gelangt ist.
64 Wie jedoch die Prüfung des ersten und des zweiten Rechtsmittelgrundes gezeigt hat, hat die Rechtsmittelführerin einen Rechtsfehler des Gerichts bei seiner Würdigung der Frage der Benutzung der Marke Nr. 1151678 nicht nachzuweisen vermocht.
65 Der dritte Rechtsmittelgrund kann daher nicht durchgreifen.
66 Da keiner der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Rechtsmittelgründe Erfolg hat, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Kosten
67 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und von Frau Klusmeier die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) beschlossen:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Reber Holding GmbH & Co. KG trägt die Kosten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Deutsch.