1.2.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/2


Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (Chancery Division), Patents Court (Vereinigtes Königreich), eingereicht am 14. November 2013 — Actavis Group PTC EHF, Actavis UK Ltd/Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG

(Rechtssache C-577/13)

2014/C 31/03

Verfahrenssprache: Englisch

Vorlegendes Gericht

High Court of Justice (Chancery Division), Patents Court

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerinnen: Actavis Group PTC EHF, Actavis UK Ltd

Beklagte: Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG

Vorlagefragen

1.

a)

Wenn ein Patent bei seiner Erteilung keinen Anspruch enthält, der ausdrücklich zwei Wirkstoffe in Kombination nennt, das Patent jedoch so geändert werden könnte, dass ein solcher Anspruch darin enthalten ist, ist es dann möglich, sich auf dieses Patent als „in Kraft befindliches Grundpatent“ gemäß Art. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 (1) für ein Erzeugnis, das diese Wirkstoffe in Kombination enthält, unabhängig davon zu stützen, ob diese Änderung erfolgt oder nicht?

b)

Ist es möglich, sich auf ein Patent, das nach seiner Erteilung und entweder (i) vor oder (ii) nach der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats geändert wurde, als „in Kraft befindliches Grundpatent“ zu stützen, um die Voraussetzung von Art. 3 Buchst. a der Verordnung zu erfüllen?

c)

Wenn ein Anmelder ein ergänzendes Schutzzertifikat für ein Erzeugnis, das die Wirkstoffe A und B enthält, in einem Fall anmeldet, in dem

i)

das in Kraft befindliche Grundpatent, ein europäisches Patent (UK) (im Folgenden: Patent), nach dem Zeitpunkt der Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats, aber vor dessen Erteilung dahin gehend geändert wurde, dass es einen Anspruch enthält, der die Wirkstoffe A und B ausdrücklich nennt,

und

ii)

diese Änderung nach nationalem Recht stets als vom Zeitpunkt der Erteilung des Patents an wirksam gilt,

ist dann der Anmelder des ergänzenden Schutzzertifikats berechtigt, sich auf das Patent in seiner geänderten Fassung zu stützen, um die Voraussetzung von Art. 3 Buchst. a der Verordnung zu erfüllen?

2.

Ist es, um festzustellen, ob die Voraussetzungen von Art. 3 zum Zeitpunkt der Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats für ein Erzeugnis erfüllt sind, das die Wirkstoffe A und B in Kombination enthält, wenn (i) das in Kraft befindliche Grundpatent einen Anspruch auf ein Erzeugnis umfasst, in dem Wirkstoff A enthalten ist, und einen weiteren Anspruch auf ein Erzeugnis, in dem die Wirkstoffe A und B in Kombination enthalten sind, und (ii) für ein Erzeugnis, das Wirkstoff A enthält (Erzeugnis X) bereits ein ergänzendes Schutzzertifikat vorliegt, erforderlich, zu prüfen, ob die Kombination der Wirkstoffe A und B eine vom einzelnen Wirkstoff A getrennte Erfindung darstellt?

3.

Wenn das in Kraft befindliche Grundpatent gemäß Art. 3 Buchst. a

a)

ein Erzeugnis, das Wirkstoff A enthält (Erzeugnis X), und

b)

ein Erzeugnis, das eine Kombination aus den Wirkstoffen A und B enthält (Erzeugnis Y),

„schützt“ und

c)

eine Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses X als Arzneimittel erteilt wurde,

d)

ein ergänzendes Schutzzertifikat für das Erzeugnis X erteilt wurde und

e)

danach eine gesonderte Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses Y als Arzneimittel erteilt wurde,

schließt dann die Verordnung, insbesondere Art. 3 Buchst. c, Art. 3 Buchst. d und/oder Art. 13 Abs. 1 aus, dass dem Inhaber des Patents ein ergänzendes Schutzzertifikat für das Erzeugnis Y erteilt wird? Für den Fall, dass ein ergänzendes Schutzzertifikat für das Erzeugnis Y erteilt werden darf: Ist seine Laufzeit unter Bezugnahme auf die Erteilung der Genehmigung für das Erzeugnis X oder der Genehmigung für das Erzeugnis Y zu bemessen?

4.

Falls Frage 1 a) zu verneinen, Frage 1 b) (i) zu bejahen und Frage l b) (ii) zu verneinen ist, ist es dann in einem Fall, in dem

i)

gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung die Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats für ein Erzeugnis innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt eingereicht wird, zu dem eine wirksame Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Arzneimittel im Einklang mit der Richtlinie 2001/83/EG (2) oder der Richtlinie 2001/82/EG (3) erteilt wurde;

ii)

nach Einreichung der Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats die für den gewerblichen Rechtsschutz zuständige Behörde einen möglichen Einwand gegen die Erteilung des ergänzenden Schutzzertifikats nach Art. 3 Buchst. a der Verordnung erhebt;

iii)

daraufhin und um den vorgenannten möglichen Einwand der für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen Behörde auszuräumen, eine Änderung des in Kraft befindlichen Grundpatents, auf das sich der Anmelder des ergänzenden Schutzzertifikats stützt, beantragt und genehmigt wird;

iv)

nach Änderung des in Kraft befindlichen Grundpatents dieses geänderte Patent die Voraussetzungen von Art. 3 Buchst. a erfüllt,

der für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen Behörde durch die Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat verwehrt, nationale Verfahrensvorschriften anzuwenden, um zu ermöglichen, dass (a) die Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats ausgesetzt wird, damit dessen Anmelder eine Änderung des Grundpatents beantragen kann, und (b) die genannte Anmeldung zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen wird, nachdem die Änderung genehmigt wurde, wobei der Zeitpunkt der Wiederaufnahme

mehr als sechs Monate ab dem Zeitpunkt liegt, zu dem eine wirksame Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Arzneimittel erteilt wurde, aber

höchstens sechs Monate ab dem Zeitpunkt, zu dem dem Antrag auf Änderung des in Kraft befindlichen Grundpatents stattgegeben wurde?


(1)  Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. L 152, S. 1).

(2)  Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67).

(3)  Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311, S. 1).