URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

11. September 2014 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 2000/31/EG — Anwendungsbereich — Verleumdungsklage“

In der Rechtssache C‑291/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Eparchiako Dikastirio Lefkosias (Zypern) mit Entscheidung vom 27. März 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Mai 2013, in dem Verfahren

Sotiris Papasavvas

gegen

O Fileleftheros Dimosia Etaireia Ltd,

Takis Kounnafi,

Giorgos Sertis

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça sowie der Richter J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Herrn Papasavvas, vertreten durch C. Christaki, dikigoros,

der O Fileleftheros Dimosia Etaireia Ltd, vertreten durch L. Paschalidis, dikigoros,

der zyprischen Regierung, vertreten durch K. Lykourgos als Bevollmächtigten,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und F. Wilman als Bevollmächtigte,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl. L 178, S. 1).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Papasavvas auf der einen und der O Fileleftheros Dimosia Etaireia Ltd, Herrn Kounnafi und Herrn Sertis auf der anderen Seite wegen einer von Herrn Papasavvas erhobenen Klage auf Ersatz des Schadens, der ihm infolge von den Tatbestand einer Verleumdung erfüllenden Handlungen entstanden sein soll.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Im 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31 heißt es:

„Das Gemeinschaftsrecht enthält … bereits eine Definition der Dienste der Informationsgesellschaft. Diese Definition umfasst alle Dienstleistungen, die in der Regel gegen Entgelt im Fernabsatz mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten … erbracht werden.“

4

Im 18. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:

„… Die Dienste der Informationsgesellschaft … erstrecken sich, soweit es sich überhaupt um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelt, auch auf Dienste, die nicht von denjenigen vergütet werden, die sie empfangen, wie etwa Online-Informationsdienste, kommerzielle Kommunikation oder Dienste, die Instrumente zur Datensuche, zum Zugang zu Daten und zur Datenabfrage bereitstellen. Zu den Diensten der Informationsgesellschaft zählen auch Dienste, die Informationen über ein Kommunikationsnetz übermitteln, Zugang zu einem Kommunikationsnetz anbieten oder Informationen, die von einem Nutzer des Dienstes stammen, speichern. …“

5

Im 22. Erwägungsgrund der genannten Richtlinie heißt es:

„Die Aufsicht über Dienste der Informationsgesellschaft hat am Herkunftsort zu erfolgen, um einen wirksamen Schutz der Ziele des Allgemeininteresses zu gewährleisten. … Um den freien Dienstleistungsverkehr und die Rechtssicherheit für Anbieter und Nutzer wirksam zu gewährleisten, sollten die Dienste der Informationsgesellschaft zudem grundsätzlich dem Rechtssystem desjenigen Mitgliedstaates unterworfen werden, in dem der Anbieter niedergelassen ist.“

6

Der 42. Erwägungsgrund der Richtlinie lautet:

„Die in dieser Richtlinie hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen decken nur Fälle ab, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben und den Zugang zu diesem zu vermitteln, über das von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen übermittelt oder zum alleinigen Zweck vorübergehend gespeichert werden, die Übermittlung effizienter zu gestalten. Diese Tätigkeit ist rein technischer, automatischer und passiver Art, was bedeutet, dass der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt.“

7

Der 43. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31 lautet:

„Ein Diensteanbieter kann die Ausnahmeregelungen für die ‚reine Durchleitung‘ und das ‚Caching‘ in Anspruch nehmen, wenn er in keiner Weise mit der übermittelten Information in Verbindung steht. Dies bedeutet unter anderem, dass er die von ihm übermittelte Information nicht verändert. Unter diese Anforderung fallen nicht Eingriffe technischer Art im Verlauf der Übermittlung, da sie die Integrität der übermittelten Informationen nicht verändern.“

8

Art. 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

‚Dienste der Informationsgesellschaft‘ Dienste im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204, S. 37)] in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, S. 18) (im Folgenden: Richtlinie 98/34)];

b)

‚Diensteanbieter‘ jede natürliche oder juristische Person, die einen Dienst der Informationsgesellschaft anbietet;

c)

‚niedergelassener Diensteanbieter‘ ein Anbieter, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit eine Wirtschaftstätigkeit tatsächlich ausübt; Vorhandensein und Nutzung technischer Mittel und Technologien, die zum Anbieten des Dienstes erforderlich sind, begründen allein keine Niederlassung des Anbieters;

h)

‚koordinierter Bereich‘ die für die Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft und die Dienste der Informationsgesellschaft in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten festgelegten Anforderungen, ungeachtet der Frage, ob sie allgemeiner Art oder speziell für sie bestimmt sind.

i)

Der koordinierte Bereich betrifft vom Diensteanbieter zu erfüllende Anforderungen in Bezug auf

die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft, beispielsweise Anforderungen betreffend das Verhalten des Diensteanbieters, Anforderungen betreffend Qualität oder Inhalt des Dienstes, einschließlich der auf Werbung und Verträge anwendbaren Anforderungen, sowie Anforderungen betreffend die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters.

…“

9

Art. 3 („Binnenmarkt“) der Richtlinie 2000/31 bestimmt:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht werden, den in diesem Mitgliedstaat geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprechen, die in den koordinierten Bereich fallen.

(2)   Die Mitgliedstaaten dürfen den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen.

(3)   Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf die im Anhang genannten Bereiche.

(4)   Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, die im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft von Absatz 2 abweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

Die Maßnahmen

i)

sind aus einem der folgenden Gründe erforderlich:

Schutz der öffentlichen Ordnung, …

Schutz der Verbraucher, …

ii)

betreffen einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft, der die unter Ziffer i) genannten Schutzziele beeinträchtigt oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Ziele darstellt;

iii)

stehen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen.

…“

10

Die Art. 12 bis 14 der Richtlinie sind in deren Abschnitt 4 („Verantwortlichkeit der Vermittler“) enthalten.

11

Art. 12 („Reine Durchleitung“) der Richtlinie 2000/31 bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der darin besteht, von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln oder Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln, der Diensteanbieter nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich ist, sofern er

a)

die Übermittlung nicht veranlasst,

b)

den Adressaten der übermittelten Informationen nicht auswählt und

c)

die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert.

(2)   Die Übermittlung von Informationen und die Vermittlung des Zugangs im Sinne von Absatz 1 umfassen auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung der übermittelten Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Information nicht länger gespeichert wird, als es für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3)   Dieser Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern.“

12

Art. 13 („Caching“) der Richtlinie 2000/31 sieht vor:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der darin besteht, von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln, der Diensteanbieter nicht für die automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung verantwortlich ist, die dem alleinigen Zweck dient, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Der Diensteanbieter verändert die Informationen nicht;

b)

der Diensteanbieter beachtet die Bedingungen für den Zugang zu den Informationen;

c)

der Diensteanbieter beachtet die Regeln für die Aktualisierung der Informationen, die in weithin anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind;

d)

der Diensteanbieter beeinträchtigt nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Information, die in weithin anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind;

e)

der Diensteanbieter handelt zügig, um eine von ihm gespeicherte Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald er tatsächliche Kenntnis davon erhält, dass die Information am ursprünglichen Ausgangsort der Übertragung aus dem Netz entfernt wurde oder der Zugang zu ihr gesperrt wurde oder ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde die Entfernung oder Sperrung angeordnet hat.

(2)   Dieser Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern.“

13

Art. 14 („Hosting“) der Richtlinie bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich ist, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Der Anbieter hat keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information, und, in Bezug auf Schadenersatzansprüche, ist er sich auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, oder

b)

der Diensteanbieter wird, sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, unverzüglich tätig, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.

(2)   Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

(3)   Dieser Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, oder dass die Mitgliedstaaten Verfahren für die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr festlegen.“

14

Art. 18 („Klagemöglichkeiten“) Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nach innerstaatlichem Recht verfügbaren Klagemöglichkeiten im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft es ermöglichen, dass rasch Maßnahmen, einschließlich vorläufiger Maßnahmen, getroffen werden können, um eine mutmaßliche Rechtsverletzung abzustellen und zu verhindern, dass den Betroffenen weiterer Schaden entsteht.“

15

Art. 1 der Richtlinie 98/34 sieht vor:

„Für diese Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

2.

‚Dienst‘: eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.

Im Sinne dieser Definition bezeichnet der Ausdruck

‚im Fernabsatz erbrachte Dienstleistung‘ eine Dienstleistung, die ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien erbracht wird;

‚elektronisch erbrachte Dienstleistung‘ eine Dienstleistung, die mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und die vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischem Wege gesendet, weitergeleitet und empfangen wird;

‚auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung‘ eine Dienstleistung die durch die Übertragung von Daten auf individuelle Anforderung erbracht wird.

Eine Beispielliste der nicht unter diese Definition fallenden Dienste findet sich in Anhang V.

…“

Zyprisches Recht

16

Das zivilrechtliche Delikt der Verleumdung ist in den Art. 17 bis 25 in Kapitel 148 des Gesetzes über zivilrechtliche Delikte geregelt.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17

Am 11. November 2010 erhob Herr Papasavvas beim Eparchiako Dikastirio Lefkosias eine Schadensersatzklage gegen die O Fileleftheros Dimosia Etaireia Ltd, ein Presseunternehmen, sowie gegen Herrn Kounnafi, Chefredakteur und Journalist bei der Zeitung O Fileleftheros, und Herrn Sertis, Journalist bei dieser Zeitung, wegen Handlungen, die seiner Ansicht nach den Tatbestand einer Verleumdung erfüllen.

18

Herr Papasavvas begehrt Ersatz des Schadens, der ihm durch Artikel entstanden sein soll, die in der landesweit erscheinenden Tageszeitung O Fileleftheros vom 7. November 2010 veröffentlicht und auf zwei Websites (http://www.philenews.com und http://www.phileleftheros.com) ins Internet gestellt wurden. Er hat ferner beim nationalen Gericht beantragt, einstweilige Anordnungen zu erlassen, um die Veröffentlichung der streitigen Artikel zu untersagen.

19

Nach Ansicht des Eparchiako Dikastirio Lefkosias hängt die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits teilweise von der Auslegung der Richtlinie 2000/31 ab.

20

Unter diesen Umständen hat das Eparchiako Dikastirio Lefkosias beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Könnten die Gesetze der Mitgliedstaaten über Verleumdung in Anbetracht dessen, dass sie sich auf die Fähigkeit auswirken, Informationsdienste mit elektronischen Mitteln sowohl auf nationaler Ebene als auch innerhalb der Europäischen Union zu erbringen, als Beschränkungen der Erbringung von Informationsdiensten für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie 2000/31 angesehen werden?

2.

Wenn die vorstehende Frage 1 bejaht wird, inwieweit finden dann die Bestimmungen der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie 2000/31 betreffend die Verantwortlichkeit Anwendung auf private zivilrechtliche Angelegenheiten wie die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für eine Verleumdung, oder sind sie auf die zivilrechtliche Verantwortlichkeit in Sachen beschränkt, die Handels- oder Verbrauchergeschäfte betreffen?

3.

Inwieweit begründen die Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie 2000/31 betreffend die Verantwortlichkeit der Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft in Anbetracht ihres Zwecks und eingedenk dessen, dass in vielen Mitgliedstaaten der Erlass einstweiliger Verbotsanordnungen, die bis zum vollständigen Abschluss des Rechtsstreits in Kraft bleiben, das Vorliegen einer Klage voraussetzt, persönliche Rechte, die als gesetzlich vorgesehene Verteidigungsgründe gegenüber einer zivilrechtlichen Klage wegen Verleumdung geltend gemacht werden können, oder werden sie als gesetzliches Hindernis für die Erhebung solcher Klagen wirken müssen?

4.

Inwieweit erfassen die Definitionen der „Dienste der Informationsgesellschaft“ und der „Diensteanbieter“, die in Art. 2 der Richtlinie 2000/31 und in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34 genannt werden, Informationsdienste über das Internet, für die das Entgelt für den Dienst nicht unmittelbar von dem Nutzer entrichtet wird, sondern mittelbar durch die kommerzielle Werbung erlangt wird, die auf der Website erscheint?

5.

Inwieweit könnten in Anbetracht der Definition des „Anbieters von Informationsdiensten“, die in Art. 2 der Richtlinie 2000/31 und in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34 festgelegt wird, die folgenden Fälle oder irgendeiner von ihnen als „reine Durchleitung“ oder „Caching“ oder „Hosting“ für die Zwecke der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie 2000/31 angesehen werden:

a)

eine Zeitung, die eine kostenlos zugängliche Website betreibt, auf der die elektronische Ausgabe der gedruckten Zeitung mit allen ihren Artikeln und Werbemitteilungen in Form einer PDF-Datei oder in einer anderen ähnlichen elektronischen Form veröffentlicht wird;

b)

eine elektronische Zeitung, die frei zugänglich ist, wobei der Anbieter aber Geld für die kommerzielle Werbung erhält, die auf der Website erscheint. Die Informationen, die in der elektronischen Zeitung enthalten sind, stammen von den Angestellten der Zeitung und/oder freien Journalisten;

c)

eine kostenpflichtige Website, auf der a oder b wie vorstehend geboten wird?

Zur Zulässigkeit

21

Herr Papasavvas macht geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei unzulässig.

22

Er trägt insbesondere vor, das vorlegende Gericht habe dieses Ersuchen „verfrüht“ gestellt, da die Beklagten des Ausgangsverfahrens noch keine Klagebeantwortung eingereicht hätten und die Tatsachen noch nicht festgestellt seien. Daher sei das vorlegende Gericht nicht umfassend über die rechtlichen Probleme unterrichtet gewesen, die sich in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit stellten, und die vorgelegten Fragen seien hypothetisch.

23

Auch weise die Richtlinie 2000/31 keinen Zusammenhang mit dem Ausgangsrechtsstreit auf, da sie nur die Anbieter eines Dienstes, nicht aber dessen Empfänger betreffe, und die Antworten auf die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht erforderlich seien.

24

Die Beschreibung des rechtlichen und tatsächlichen Rahmens in der Vorlageentscheidung erscheint jedoch ausreichend für eine Entscheidung des Gerichtshofs, und bei der vierten Frage geht es gerade darum, ob der Ausgangsrechtsstreit unter die Richtlinie 2000/31 fällt oder nicht.

25

Das Vorabentscheidungsersuchen ist demnach zulässig.

Zu den Vorlagefragen

Zur vierten Frage

26

Mit seiner vierten Frage, die zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Dienste der Informationsgesellschaft“ im Sinne dieser Bestimmung Online‑Informationsdienste umfasst, für die der Anbieter nicht vom Nutzer, sondern durch die Einnahmen aus der auf einer Website verbreiteten Werbung vergütet wird.

27

In Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 ist der Ausdruck „Dienste der Informationsgesellschaft“ durch Verweisung auf Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34 definiert, der sich auf alle Dienstleistungen bezieht, die „in der Regel gegen Entgelt“ elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbracht werden.

28

Zu der Frage, ob dieses Entgelt zwingend vom Empfänger der Dienstleistung selbst entrichtet werden muss, ist festzustellen, dass eine solche Bedingung gemäß dem für die Auslegung von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 heranzuziehenden 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31, wonach sich die Dienste der Informationsgesellschaft, soweit es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelt, auch auf Dienste erstrecken, „die nicht von denjenigen vergütet werden, die sie empfangen, wie etwa Online-Informationsdienste [oder] kommerzielle Kommunikation“, ausdrücklich ausgeschlossen ist.

29

Diese Auslegung entspricht dem Begriff „Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 57 AEUV, der auch nicht verlangt, dass die Dienstleistung von demjenigen bezahlt wird, dem sie zugutekommt (vgl. u. a. Urteil Bond van Adverteerders u. a., 352/85, EU:C:1988:196, Rn. 16).

30

Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Dienste der Informationsgesellschaft“ im Sinne dieser Bestimmung Online‑Informationsdienste umfasst, für die der Anbieter nicht vom Nutzer, sondern durch die Einnahmen aus der auf einer Website verbreiteten Werbung vergütet wird.

Zur ersten Frage

31

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2000/31 der Anwendung einer Regelung zivilrechtlicher Verantwortlichkeit wegen Verleumdung auf Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft entgegensteht.

32

Gemäß Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie trägt jeder Mitgliedstaat dafür Sorge, dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht werden, den in diesem Mitgliedstaat geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprechen, die in den koordinierten Bereich fallen. Zu diesem Bereich gehört nach Art. 2 Buchst. h der Richtlinie u. a. die Regelung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit des Diensteanbieters.

33

Daraus folgt, dass die Richtlinie 2000/31 es einem Mitgliedstaat nicht verbietet, eine Regelung zivilrechtlicher Verantwortlichkeit wegen Verleumdung zu erlassen, die für in seinem Hoheitsgebiet niedergelassene Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft gilt.

34

Dagegen dürfen die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31 den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen.

35

Der Vorlageentscheidung zufolge stammen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienste offenbar nicht aus einem anderen Mitgliedstaat als Zypern, sondern werden von einem in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Anbieter erbracht. Da Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie in einer solchen Fallkonstellation nicht anwendbar ist, braucht nicht geprüft zu werden, wie er sich insoweit auswirken könnte.

36

In Ermangelung ergänzender Angaben des vorlegenden Gerichts ist die erste Frage somit dahin zu beantworten, dass die Richtlinie 2000/31 in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens der Anwendung einer Regelung zivilrechtlicher Verantwortlichkeit wegen Verleumdung nicht entgegensteht.

Zur fünften Frage

37

Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in den Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 vorgesehenen Beschränkungen der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit auf den Fall einer Presseverlagsgesellschaft anwendbar sind, die über eine Website verfügt, auf der die elektronische Fassung einer von angestellten oder freien Journalisten verfassten Zeitung veröffentlicht wird, und die durch die Einnahmen aus der auf dieser Website verbreiteten kommerziellen Werbung vergütet wird. Das vorlegende Gericht möchte auch wissen, ob die Antwort auf diese Frage davon abhängt, ob der Zugang zu dieser Website unentgeltlich oder kostenpflichtig ist.

38

Die Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 betreffen Situationen, in denen ein Diensteanbieter eine Tätigkeit der reinen Durchleitung, des Caching oder des Hosting ausübt.

39

Wie sich aus der Überschrift des Abschnitts 4 dieser Richtlinie ergibt, beschränkt sich das in diesen Artikeln geregelte Verhalten des Anbieters auf das eines „Vermittlers“.

40

Ferner ergibt sich aus dem 42. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31, dass die in dieser Richtlinie hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen nur die Fälle erfassen, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft rein technischer, automatischer und passiver Art ist, was bedeutet, dass der Anbieter weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt (vgl. Urteil Google France und Google, C‑236/08 bis C‑238/08, EU:C:2010:159, Rn. 113).

41

Der Gerichtshof hat daraus abgeleitet, dass zur Feststellung, ob die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters nach Art. 14 der Richtlinie 2000/31 beschränkt sein könnte, zu prüfen ist, ob die Rolle dieses Anbieters insofern neutral ist, als sein Verhalten rein technischer, automatischer und passiver Art ist und er weder Kenntnis noch Kontrolle über die gespeicherte Information besitzt (vgl. in diesem Sinne Urteile Google France und Google, EU:C:2010:159, Rn. 114, sowie L’Oréal u. a., C‑324/09, EU:C:2011:474, Rn. 113).

42

Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass der bloße Umstand, dass ein Referenzierungsdienst entgeltlich ist, dass die Vergütungsmodalitäten vom Diensteanbieter festgelegt werden und dass er seinen Kunden Auskünfte allgemeiner Art erteilt, nicht dazu führen kann, dass die in der Richtlinie 2000/31 hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen auf diesen Diensteanbieter keine Anwendung finden (vgl. Urteile Google France und Google, EU:C:2010:159, Rn. 116, sowie L’Oréal u. a., EU:C:2011:474, Rn. 115).

43

Dagegen ist von Bedeutung, welche Rolle der Diensteanbieter bei der Abfassung der den Werbelink begleitenden Werbebotschaft oder bei der Festlegung oder der Auswahl der Schlüsselwörter spielt (vgl. Urteil Google France und Google, EU:C:2010:159, Rn. 118).

44

Leistet der Diensteanbieter Hilfestellung, die u. a. darin besteht, die Präsentation der betreffenden Verkaufsangebote zu optimieren oder diese Angebote zu bewerben, nimmt er zwischen dem fraglichen als Verkäufer auftretenden Kunden und den potenziellen Käufern keine neutrale Stellung ein, sondern spielt eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis der diese Angebote betreffenden Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen kann (Urteil L’Oréal u. a., EU:C:2011:474, Rn. 116).

45

Da eine Presseverlagsgesellschaft, die auf ihrer Website die elektronische Fassung einer Zeitung veröffentlicht, grundsätzlich von den von ihr veröffentlichten Informationen Kenntnis hat und eine Kontrolle über diese Informationen ausübt, kann sie folglich nicht als „Vermittler“ im Sinne der Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 angesehen werden, und zwar unabhängig davon, ob der Zugang zur Website kostenpflichtig oder unentgeltlich ist.

46

Demnach ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass die in den Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 vorgesehenen Beschränkungen der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit nicht den Fall einer Presseverlagsgesellschaft erfassen, die über eine Website verfügt, auf der die elektronische Fassung einer Zeitung veröffentlicht wird, und die durch die Einnahmen aus der auf dieser Website verbreiteten kommerziellen Werbung vergütet wird, da sie von den veröffentlichten Informationen Kenntnis hat und eine Kontrolle über sie ausübt; dies gilt unabhängig davon, ob der Zugang zu dieser Website unentgeltlich oder kostenpflichtig ist.

Zur zweiten Frage

47

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in den Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 vorgesehenen Beschränkungen der Verantwortlichkeit auf Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten wegen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit für eine Verleumdung Anwendung finden können, um seine nationalen Rechtsvorschriften im Einklang mit der Richtlinie auslegen zu können.

48

In Anbetracht der Antwort auf die fünfte Frage, wonach es den Anschein hat, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Diensteanbieter nicht als Vermittler im Sinne der Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 anzusehen sind, könnte es sein, dass diese Frage keiner Beantwortung bedarf. Da sich der Vorlageentscheidung jedoch nicht mit Gewissheit entnehmen lässt, dass die in der fünften Frage genannten Bedingungen denen des Ausgangsrechtsstreits entsprechen, hält der Gerichtshof es für sachdienlich, die zweite Frage zu beantworten.

49

Der Begriff „Diensteanbieter“ ist in Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/31 definiert als jede natürliche oder juristische Person, die einen Dienst der Informationsgesellschaft anbietet.

50

Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die in den Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 vorgesehenen Beschränkungen der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Privaten wegen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit für eine Verleumdung Anwendung finden können, sofern die in diesen Artikeln genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Zur dritten Frage

51

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 dahin auszulegen sind, dass sie es dem Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft ermöglichen, die Erhebung einer Klage gegen ihn und damit den Erlass einstweiliger Anordnungen durch ein nationales Gericht zu verhindern. Sollte dies nicht der Fall sein, möchte es wissen, ob diese Artikel individuelle Rechte begründen, auf die sich der betroffene Diensteanbieter im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens wie dem des Ausgangsverfahrens als Verteidigungsmittel berufen kann.

52

Wie zuvor könnte es sein, dass eine Beantwortung dieser Frage nicht erforderlich ist, da es den Anschein hat, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Diensteanbieter nicht als Vermittler gemäß den Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 anzusehen sind.

53

Der Gerichtshof möchte dem vorlegenden Gericht gleichwohl den Hinweis geben, dass sich diese Artikel ihrem Gegenstand nach nicht auf die Voraussetzungen beziehen, unter denen gegen diese Diensteanbieter Klagen wegen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit erhoben werden können, die in Ermangelung einer Präzisierung im Unionsrecht vorbehaltlich der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen.

54

Zu der Frage, ob diese Artikel individuelle Rechte begründen, die ein Diensteanbieter im Rahmen einer Verleumdungsklage als Verteidigungsmittel geltend machen kann, ist festzustellen, dass der Gerichtshof hinsichtlich eines Rechtsstreits unter Privaten wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, dass eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist (vgl. u. a. Urteile Marshall, 152/84, EU:C:1986:84, Rn. 48, und Faccini Dori, C‑91/92, EU:C:1994:292, Rn. 20), unbeschadet allerdings einer eventuellen Haftungsklage gegen den Staat wegen der Schäden, die durch dem Staat zurechenbare Verstöße gegen das Unionsrecht entstanden sind (vgl. u. a. in diesem Sinne Urteil Francovich u. a., C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428, Rn. 35).

55

Seit dem Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2000/31 müssen die Mitgliedstaaten jedoch im innerstaatlichen Recht die in diesen Artikeln festgelegten Beschränkungen einer Verantwortlichkeit vorgesehen haben.

56

Sollten diese Beschränkungen aber nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt sein, muss das nationale Gericht, das dieses Recht auszulegen hat, seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck dieser Richtlinie ausrichten, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. u. a. Urteile von Colson und Kamman, 14/83, EU:C:1984:153, Rn. 26, und Marleasing, C‑106/89, EU:C:1990:395, Rn. 8).

57

Folglich ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 es dem Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft nicht ermöglichen, die Erhebung einer Klage wegen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit gegen ihn und damit den Erlass einstweiliger Anordnungen durch ein nationales Gericht zu verhindern. Die in diesen Artikeln vorgesehenen Beschränkungen der Verantwortlichkeit können vom Diensteanbieter gemäß den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zur Umsetzung der Richtlinie oder in Ermangelung dessen für die Zwecke einer richtlinienkonformen Auslegung dieses Rechts geltend gemacht werden. Dagegen kann die Richtlinie 2000/31 im Rahmen eines Rechtsstreits wie dem des Ausgangsverfahrens nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Dienste der Informationsgesellschaft“ im Sinne dieser Bestimmung Online-Informationsdienste umfasst, für die der Anbieter nicht vom Nutzer, sondern durch die Einnahmen aus der auf einer Website verbreiteten Werbung vergütet wird.

 

2.

Die Richtlinie 2000/31 steht in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens der Anwendung einer Regelung zivilrechtlicher Verantwortlichkeit wegen Verleumdung nicht entgegen.

 

3.

Die in den Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 vorgesehenen Beschränkungen der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit erfassen nicht den Fall einer Presseverlagsgesellschaft, die über eine Website verfügt, auf der die elektronische Fassung einer Zeitung veröffentlicht wird, und die durch die Einnahmen aus der auf dieser Website verbreiteten kommerziellen Werbung vergütet wird, da sie von den veröffentlichten Informationen Kenntnis hat und eine Kontrolle über sie ausübt; dies gilt unabhängig davon, ob der Zugang zu dieser Website unentgeltlich oder kostenpflichtig ist.

 

4.

Die in den Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 vorgesehenen Beschränkungen der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit können im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Privaten wegen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit für eine Verleumdung Anwendung finden, sofern die in diesen Artikeln genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

5.

Die Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31 ermöglichen es dem Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft nicht, die Erhebung einer Klage wegen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit gegen ihn und damit den Erlass einstweiliger Anordnungen durch ein nationales Gericht zu verhindern. Die in diesen Artikeln vorgesehenen Beschränkungen der Verantwortlichkeit können vom Diensteanbieter gemäß den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zur Umsetzung der Richtlinie oder in Ermangelung dessen für die Zwecke einer richtlinienkonformen Auslegung dieses Rechts geltend gemacht werden. Dagegen kann die Richtlinie 2000/31 im Rahmen eines Rechtsstreits wie dem des Ausgangsverfahrens nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Griechisch.