Verbundene Rechtssachen C‑93/13 P und C‑123/13 P

Europäische Kommission

gegen

Versalis SpA

und

Eni SpA

und

Versalis SpA

und

Eni SpA

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel — Wettbewerb — Kartelle — Markt für Chloropren-Kautschuk — Aufeinanderfolge von Produktionseinheiten — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Geldbußen — Wiederholungsfall — Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 5. März 2015

  1. Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften auch im Fall einer Holdinggesellschaft – Widerlegbarkeit – Beweislast

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2 und 23 Abs. 2)

  2. Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Von einer fortbestehenden Einrichtung begangene Zuwiderhandlung, die von einer anderen Einrichtung fortgesetzt wird, die ihr in der wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem betreffenden Markt nachfolgt – Zurechnung der gesamten Zuwiderhandlung an diese andere Einrichtung – Zulässigkeit im Hinblick auf die Unterstellung der beiden Einheiten unter die Aufsicht derselben öffentlichen Behörde oder unter die Kontrolle einer privatrechtlichen Gesellschaft

    (Art. 81 EG)

  3. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Begriff – Verpflichtung der Kommission, die Umstände der Beteiligung des betreffenden Unternehmens an der früheren Zuwiderhandlung darzustellen

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 28)

  4. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Zuwiderhandlungen der gleichen Art, die von zwei Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft nacheinander begangen wurden – Keine Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft in der früheren Entscheidung – Keine Auswirkung

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2, 23 Abs. 2 und 3 und 27 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 28)

  5. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Zuwiderhandlungen der gleichen Art, die von zwei Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft nacheinander begangen wurden – Keine Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft in der früheren Entscheidung – Umstände der Beteiligung der Muttergesellschaft an der früheren Zuwiderhandlung – Beweislast – Berücksichtigung der Zeit, die zwischen den beiden Zuwiderhandlungen vergangen ist

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2, 23 Abs. 2 und 3 und 27 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 28)

  6. Rechtsmittel – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Abänderung der vom Gericht vorgenommenen Beurteilung der Höhe der gegen Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstoßen haben, verhängten Geldbußen aus Gründen der Billigkeit – Ausschluss

    (Art. 225 Abs. 1 EG und 229 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 40-43, 90)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 52, 53, 57-59)

  3.  Wie sich aus Ziff. 28 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt, liegt der erschwerende Umstand des Wiederholungsfalls vor, wenn eine Zuwiderhandlung fortgesetzt oder eine gleichartige oder ähnliche Zuwiderhandlung erneut begangen wird, nachdem die Kommission oder eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde einen Verstoß des Unternehmens gegen Art. 81 EG oder Art. 82 EG festgestellt hat. Die Kommission muss sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch in der Entscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen eines Wiederholungsfalls beweisen. Folglich muss die Kommission, wenn sie gegen eine Gesellschaft wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union eine Geldbuße verhängt und bei der Bemessung der Geldbuße einen Multiplikator anwendet, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass diese Gesellschaft bereits früher in eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verwickelt war, zusammen mit der Entscheidung, mit der die Geldbuße verhängt wird, eine Darstellung abgeben, die den Unionsgerichten und dieser Gesellschaft ermöglicht, zu erkennen, in welcher Eigenschaft und in welchem Umfang die Gesellschaft an der früheren Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sein soll. Insbesondere muss die Kommission, wenn sie davon ausgeht, dass diese Gesellschaft Teil des Unternehmens war, das Adressatin der die frühere Zuwiderhandlung betreffenden Entscheidung war, diese Behauptung rechtlich hinreichend begründen.

    (vgl. Rn. 87, 98)

  4.  Für die Feststellung des erschwerenden Umstands des Wiederholungsfalls wird bei der Muttergesellschaft nicht verlangt, dass gegen sie bereits früher ermittelt wurde und daraufhin eine Mitteilung der Beschwerdepunkte und eine Entscheidung ergingen. Entscheidend ist insoweit insbesondere die frühere Feststellung einer ersten Zuwiderhandlung durch das Verhalten einer Tochtergesellschaft, mit der die an einer zweiten Zuwiderhandlung beteiligte Muttergesellschaft schon zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG gebildet hat. Das Ziel, gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstoßende Verhaltensweisen zu ahnden und ihrer Wiederholung durch abschreckende Sanktionen vorzubeugen, würde beeinträchtigt, wenn ein Unternehmen, zu dem eine an einer ersten Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft gehört, in der Lage wäre, die Sanktionierung des Wiederholungsfalls dadurch unmöglich zu machen oder besonders zu erschweren und damit abzuwenden, dass es seine Rechtsstruktur ändert, indem es neue Tochtergesellschaften gründet, gegen die nicht wegen der ersten Zuwiderhandlung ermittelt werden konnte, die aber an der neuen Zuwiderhandlung beteiligt sind.

    (vgl. Rn. 91, 92)

  5.  Beabsichtigt die Kommission, einer juristischen Person eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht zuzurechnen und ihr einen Wiederholungsfall anzulasten, muss die Mitteilung der Beschwerdepunkte alle Angaben enthalten, die es dieser juristischen Person ermöglichen, sich zu verteidigen. Handelt es sich bei ihr um eine Muttergesellschaft, der der erschwerende Umstand des Wiederholungsfalls wegen eines von der Kommission festgestellten wettbewerbswidrigen Verhaltens einer ihrer Tochtergesellschaften angelastet wird, war aber in Bezug auf diese Tochtergesellschaft keine Entscheidung, mit der eine erste Zuwiderhandlung festgestellt wurde, gegenüber der Muttergesellschaft ergangen, bevor die Mitteilung der Beschwerdepunkte an sie gerichtet wurde, muss diese die Angaben enthalten, die beweisen, dass die Voraussetzungen eines Wiederholungsfalls erfüllt sind, und insbesondere belegen, dass diese juristische Person zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung mit der Gesellschaft, deren Beteiligung an der ersten Zuwiderhandlung festgestellt wurde, ein einziges Unternehmen gebildet hat. Die Kommission muss insoweit beweisen, dass die an der zweiten Zuwiderhandlung beteiligte juristische Person bereits zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung einen bestimmenden Einfluss auf die an der ersten Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft ausgeübt hat.

    Die Zeit, die zwischen einer ersten Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln und einer zweiten Zuwiderhandlung liegt, verbietet es zudem grundsätzlich nicht, einer juristischen Person den erschwerenden Umstand des Wiederholungsfalls anzulasten, gegen die nicht im Zusammenhang mit der ersten Zuwiderhandlung ermittelt wurde. Die Kommission muss jedoch bei ihrer Beurteilung der Neigung des Unternehmens zu Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln die Zeit berücksichtigen, die zwischen den beiden Zuwiderhandlungen verstrichen ist. Darüber hinaus obliegt es dem Richter der Europäischen Union, wenn er die Einhaltung des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte kontrolliert, alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die etwaigen Beweisschwierigkeiten, die sich aus der seit der ersten Zuwiderhandlung verstrichenen Zeit ergeben können, die strukturelle Entwicklung des Unternehmens oder die Weiterentwicklung der anwendbaren Wettbewerbsregeln.

    (vgl. Rn. 96, 97)

  6.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 136)


Verbundene Rechtssachen C‑93/13 P und C‑123/13 P

Europäische Kommission

gegen

Versalis SpA

und

Eni SpA

und

Versalis SpA

und

Eni SpA

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel — Wettbewerb — Kartelle — Markt für Chloropren-Kautschuk — Aufeinanderfolge von Produktionseinheiten — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Geldbußen — Wiederholungsfall — Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 5. März 2015

  1. Wettbewerb — Unionsvorschriften — Zuwiderhandlungen — Zurechnung — Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften — Wirtschaftliche Einheit — Beurteilungskriterien — Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften auch im Fall einer Holdinggesellschaft — Widerlegbarkeit — Beweislast

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2 und 23 Abs. 2)

  2. Wettbewerb — Unionsvorschriften — Zuwiderhandlungen — Zurechnung — Von einer fortbestehenden Einrichtung begangene Zuwiderhandlung, die von einer anderen Einrichtung fortgesetzt wird, die ihr in der wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem betreffenden Markt nachfolgt — Zurechnung der gesamten Zuwiderhandlung an diese andere Einrichtung — Zulässigkeit im Hinblick auf die Unterstellung der beiden Einheiten unter die Aufsicht derselben öffentlichen Behörde oder unter die Kontrolle einer privatrechtlichen Gesellschaft

    (Art. 81 EG)

  3. Wettbewerb — Geldbußen — Höhe — Festsetzung — Kriterien — Schwere der Zuwiderhandlung — Erschwerende Umstände — Wiederholungsfall — Begriff — Verpflichtung der Kommission, die Umstände der Beteiligung des betreffenden Unternehmens an der früheren Zuwiderhandlung darzustellen

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 28)

  4. Wettbewerb — Geldbußen — Höhe — Festsetzung — Kriterien — Schwere der Zuwiderhandlung — Erschwerende Umstände — Wiederholungsfall — Zuwiderhandlungen der gleichen Art, die von zwei Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft nacheinander begangen wurden — Keine Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft in der früheren Entscheidung — Keine Auswirkung

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2, 23 Abs. 2 und 3 und 27 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 28)

  5. Wettbewerb — Geldbußen — Höhe — Festsetzung — Kriterien — Schwere der Zuwiderhandlung — Erschwerende Umstände — Wiederholungsfall — Zuwiderhandlungen der gleichen Art, die von zwei Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft nacheinander begangen wurden — Keine Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft in der früheren Entscheidung — Umstände der Beteiligung der Muttergesellschaft an der früheren Zuwiderhandlung — Beweislast — Berücksichtigung der Zeit, die zwischen den beiden Zuwiderhandlungen vergangen ist

    (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2, 23 Abs. 2 und 3 und 27 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 28)

  6. Rechtsmittel — Zuständigkeit des Gerichtshofs — Abänderung der vom Gericht vorgenommenen Beurteilung der Höhe der gegen Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstoßen haben, verhängten Geldbußen aus Gründen der Billigkeit — Ausschluss

    (Art. 225 Abs. 1 EG und 229 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 40-43, 90)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 52, 53, 57-59)

  3.  Wie sich aus Ziff. 28 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt, liegt der erschwerende Umstand des Wiederholungsfalls vor, wenn eine Zuwiderhandlung fortgesetzt oder eine gleichartige oder ähnliche Zuwiderhandlung erneut begangen wird, nachdem die Kommission oder eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde einen Verstoß des Unternehmens gegen Art. 81 EG oder Art. 82 EG festgestellt hat. Die Kommission muss sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch in der Entscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen eines Wiederholungsfalls beweisen. Folglich muss die Kommission, wenn sie gegen eine Gesellschaft wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union eine Geldbuße verhängt und bei der Bemessung der Geldbuße einen Multiplikator anwendet, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass diese Gesellschaft bereits früher in eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verwickelt war, zusammen mit der Entscheidung, mit der die Geldbuße verhängt wird, eine Darstellung abgeben, die den Unionsgerichten und dieser Gesellschaft ermöglicht, zu erkennen, in welcher Eigenschaft und in welchem Umfang die Gesellschaft an der früheren Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sein soll. Insbesondere muss die Kommission, wenn sie davon ausgeht, dass diese Gesellschaft Teil des Unternehmens war, das Adressatin der die frühere Zuwiderhandlung betreffenden Entscheidung war, diese Behauptung rechtlich hinreichend begründen.

    (vgl. Rn. 87, 98)

  4.  Für die Feststellung des erschwerenden Umstands des Wiederholungsfalls wird bei der Muttergesellschaft nicht verlangt, dass gegen sie bereits früher ermittelt wurde und daraufhin eine Mitteilung der Beschwerdepunkte und eine Entscheidung ergingen. Entscheidend ist insoweit insbesondere die frühere Feststellung einer ersten Zuwiderhandlung durch das Verhalten einer Tochtergesellschaft, mit der die an einer zweiten Zuwiderhandlung beteiligte Muttergesellschaft schon zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG gebildet hat. Das Ziel, gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstoßende Verhaltensweisen zu ahnden und ihrer Wiederholung durch abschreckende Sanktionen vorzubeugen, würde beeinträchtigt, wenn ein Unternehmen, zu dem eine an einer ersten Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft gehört, in der Lage wäre, die Sanktionierung des Wiederholungsfalls dadurch unmöglich zu machen oder besonders zu erschweren und damit abzuwenden, dass es seine Rechtsstruktur ändert, indem es neue Tochtergesellschaften gründet, gegen die nicht wegen der ersten Zuwiderhandlung ermittelt werden konnte, die aber an der neuen Zuwiderhandlung beteiligt sind.

    (vgl. Rn. 91, 92)

  5.  Beabsichtigt die Kommission, einer juristischen Person eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht zuzurechnen und ihr einen Wiederholungsfall anzulasten, muss die Mitteilung der Beschwerdepunkte alle Angaben enthalten, die es dieser juristischen Person ermöglichen, sich zu verteidigen. Handelt es sich bei ihr um eine Muttergesellschaft, der der erschwerende Umstand des Wiederholungsfalls wegen eines von der Kommission festgestellten wettbewerbswidrigen Verhaltens einer ihrer Tochtergesellschaften angelastet wird, war aber in Bezug auf diese Tochtergesellschaft keine Entscheidung, mit der eine erste Zuwiderhandlung festgestellt wurde, gegenüber der Muttergesellschaft ergangen, bevor die Mitteilung der Beschwerdepunkte an sie gerichtet wurde, muss diese die Angaben enthalten, die beweisen, dass die Voraussetzungen eines Wiederholungsfalls erfüllt sind, und insbesondere belegen, dass diese juristische Person zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung mit der Gesellschaft, deren Beteiligung an der ersten Zuwiderhandlung festgestellt wurde, ein einziges Unternehmen gebildet hat. Die Kommission muss insoweit beweisen, dass die an der zweiten Zuwiderhandlung beteiligte juristische Person bereits zum Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung einen bestimmenden Einfluss auf die an der ersten Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft ausgeübt hat.

    Die Zeit, die zwischen einer ersten Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln und einer zweiten Zuwiderhandlung liegt, verbietet es zudem grundsätzlich nicht, einer juristischen Person den erschwerenden Umstand des Wiederholungsfalls anzulasten, gegen die nicht im Zusammenhang mit der ersten Zuwiderhandlung ermittelt wurde. Die Kommission muss jedoch bei ihrer Beurteilung der Neigung des Unternehmens zu Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln die Zeit berücksichtigen, die zwischen den beiden Zuwiderhandlungen verstrichen ist. Darüber hinaus obliegt es dem Richter der Europäischen Union, wenn er die Einhaltung des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte kontrolliert, alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die etwaigen Beweisschwierigkeiten, die sich aus der seit der ersten Zuwiderhandlung verstrichenen Zeit ergeben können, die strukturelle Entwicklung des Unternehmens oder die Weiterentwicklung der anwendbaren Wettbewerbsregeln.

    (vgl. Rn. 96, 97)

  6.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 136)