URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

13. Februar 2014 ( *1 )

„Rechtsmittel — Geschützte geografische Angaben — Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 — Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben für Wein — Datenbank E‑Bacchus — Tokaj“

In der Rechtssache C‑31/13 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. Januar 2013,

Ungarn, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,

Kläger,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka, B. Schima und B. Eggers als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Slowakische Republik, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2013,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit seinem Rechtsmittel beantragt Ungarn die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. November 2012, Ungarn/Kommission (T‑194/10, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht seine Klage auf Nichtigerklärung der Eintragung der geschützten Ursprungsbezeichnung „Vinohradnícka oblast’ Tokaj“ vom 26. Februar 2010 (im Folgenden: streitige Eintragung), die mit der Slowakei als Ursprungsland in das elektronische Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben für Wein (im Folgenden: Datenbank E‑Bacchus) aufgenommen wurde, als unzulässig abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 1493/1999

2

Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 179, S. 1) sah vor:

„(1)   Qualitätsweine b. A. sind Weine, die den Vorschriften dieses Titels und den einschlägigen gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Bestimmungen entsprechen.

(4)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission das Verzeichnis der von ihnen anerkannten Qualitätsweine b. A. unter Angabe der für ihre Erzeugung und Herstellung geltenden innerstaatlichen Vorschriften für die einzelnen Qualitätsweine b. A.

(5)   Die Kommission veröffentlicht das Verzeichnis im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Reihe C.“

3

Diese Verordnung wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates vom 29. April 2008 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1493/1999, (EG) Nr. 1782/2003, (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 3/2008 und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 2392/86 und (EG) Nr. 1493/1999 (ABl. L 148, S. 1) aufgehoben.

Verordnungen (EG) Nrn. 479/2008 und 1234/2007

4

Im fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 479/2008 hieß es, dass „die Gemeinschaftsregelung für den Weinsektor … grundlegend geändert werden [sollte]“.

5

Der 36. Erwägungsgrund dieser Verordnung lautete:

„Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten in der Gemeinschaft bestehende Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben von der Anwendung des neuen Prüfverfahrens ausgenommen werden. Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission jedoch die Basisinformationen und die Rechtsakte mitteilen, auf deren Grundlage die Anerkennung auf nationaler Ebene erfolgte; andernfalls sollte der Schutz als Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe entzogen werden. Die Streichung bestehender Ursprungsbezeichnungen und geografischer Angaben sollte aus Gründen der Rechtssicherheit nur begrenzt möglich sein.“

6

Nach Art. 51 Abs. 1 der Verordnung Nr. 479/2008 waren Weinnamen, die gemäß den Art. 51 und 54 der Verordnung Nr. 1493/1999 geschützt waren, automatisch im Rahmen der Verordnung Nr. 479/2008 geschützt.

7

Die Verordnung Nr. 479/2008 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 491/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. L 154, S. 1) mit Wirkung vom 1. August 2009 aufgehoben.

8

Nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 491/2009 gelten Verweise auf die aufgehobene Verordnung, d. h. auf die Verordnung Nr. 479/2008, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. L 299, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1140/2009 des Rates vom 20. November 2009 (ABl. L 312, S. 4) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1234/2007) nach der Entsprechungstabelle in Anhang XXII derselben Verordnung.

9

Dieser Tabelle zufolge entspricht Art. 51 der Verordnung Nr. 479/2008 Art. 118s der Verordnung Nr. 1234/2007.

10

Die Verordnung Nr. 479/2008 wurde somit durch die Verordnung 491/2009 mit Wirkung vom 1. August 2009 in die Verordnung Nr. 1234/2007 aufgenommen.

11

Art. 118i der Verordnung Nr. 1234/2007 sieht vor:

„Auf der Grundlage der der Kommission vorliegenden Informationen beschließt die Kommission …, entweder die Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe, die die Bedingungen dieses Unterabschnitts erfüllt und mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, zu schützen oder den Antrag abzulehnen, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind.“

12

Art. 118n der Verordnung Nr. 1234/2007 lautet:

„Die Kommission erstellt und unterhält ein öffentlich zugängliches elektronisches Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Wein.“

13

Art. 118s („Bestehende geschützte Weinnamen“) der Verordnung Nr. 1234/2007 bestimmt:

„(1)   Weinnamen, die gemäß den Artikeln 51 und 54 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 und Artikel 28 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 der Kommission vom 29. April 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates hinsichtlich der Beschreibung, der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinbauerzeugnisse … geschützt sind, sind automatisch im Rahmen der vorliegenden Verordnung geschützt. Die Kommission führt sie in dem Register gemäß Artikel 118n der vorliegenden Verordnung auf.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission bezüglich der bestehenden geschützten Weinnamen gemäß Absatz 1 Folgendes:

a)

die … technischen Unterlagen;

b)

die einzelstaatlichen Entscheidungen über die Genehmigung.

(3)   Weinnamen gemäß Absatz 1, für die die in Absatz 2 vorgeschriebenen Angaben nicht bis zum 31. Dezember 2011 übermittelt werden, verlieren den Schutz im Rahmen der vorliegenden Verordnung. Die Kommission trifft die entsprechende formelle Maßnahme, diese Namen aus dem Register gemäß Artikel 118n zu streichen.

(4)   Artikel 118r gilt nicht für bestehende geschützte Weinnamen nach Absatz 1.

Die Kommission kann von sich aus … bis zum 31. Dezember 2014 beschließen, den Schutz von bestehenden geschützten Weinnamen gemäß Absatz 1 zu löschen, wenn sie die in Artikel 118b festgelegten Bedingungen nicht erfüllen.“

14

Am 1. August 2009 hat die Datenbank E‑Bacchus gemäß Art. 118n der Verordnung Nr. 1234/2007 die Veröffentlichung der Verzeichnisse der Qualitätsweine b. A. im Amtsblatt der Europäischen Union ersetzt. Diese Datenbank enthält die geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Wein aus den Mitgliedstaaten nach der Verordnung Nr. 1234/2007 sowie die Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Weine aus Drittstaaten, die aufgrund von bilateralen Abkommen zwischen der Europäischen Union und diesen Drittstaaten geschützt sind.

15

Art. 71 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. L 193, S. 60) sieht vor:

„Jegliche Entscheidung zur Löschung einer Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe gemäß Artikel 51 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 wird von der Kommission auf der Grundlage der ihr gemäß Artikel 51 Absatz 2 derselben Verordnung zur Verfügung stehenden Unterlagen getroffen.“

16

Art. 73 („Übergangsbestimmungen“) der Verordnung Nr. 607/2009 bestimmt in den Abs. 1 und 2:

„(1)   Weinnamen, die von den Mitgliedstaaten bis zum 1. August 2009 als Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe anerkannt und von der Kommission nicht gemäß Artikel 54 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 oder Artikel 28 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 veröffentlicht worden sind, unterliegen dem Verfahren des Artikels 51 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008.

(2)   Jede beim Mitgliedstaat spätestens am 1. August 2009 eingereichte Änderung der Produktspezifikation für Weinnamen, die gemäß Artikel 51 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 geschützt oder gemäß Artikel 51 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 nicht geschützt sind, unterliegt dem Verfahren des Artikels 51 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008, sofern es eine Genehmigungsentscheidung des Mitgliedstaats gibt und der Kommission die technischen Unterlagen gemäß Artikel 35 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 spätestens am 31. Dezember 2011 übermittelt wurden.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

17

Die Verzeichnisse der Qualitätsweine b. A., die von der Kommission gemäß Art. 54 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1493/1999 im Amtsblatt der Europäischen Union vom 17. Februar 2006 (ABl. C 41, S. 1) und 10. Mai 2007 (ABl. C 106, S. 1) veröffentlicht wurden, enthielten die geschützte Ursprungsbezeichnung „Vinohradnícka oblasť Tokaj“ für den aus der Weinregion Tokaj in der Slowakei stammenden Wein. Diese geschützte Ursprungsbezeichnung war von der Kommission auf der Grundlage der von den slowakischen Behörden übermittelten Angaben eingetragen worden, wonach sich diese geschützte Ursprungsbezeichnung in den Art. 8 und 34 des Gesetzes Nr. 182/2005 über Weinbau und Wein (Zákon o vinohradníctve a vinárstve) vom 17. März 2005 (im Folgenden: Gesetz Nr. 182/2005) fand.

18

Das letzte Verzeichnis der Qualitätsweine b. A., das am 31. Juli 2009 (ABl. C 187, S. 1) vor der Einführung der Datenbank E‑Bacchus veröffentlicht wurde, enthielt, anders als die vorangehenden Verzeichnisse, die geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokajská/Tokajské/Tokajský vinohradnícka oblast’“ und einen Hinweis auf den Erlass Nr. 237/2005 des slowakischen Landwirtschaftsministeriums über Modalitäten für die Gewährung von Pflanzungsrechten und die Durchführung bestimmter anderer Vorschriften des Gesetzes Nr. 182/2005 (Vyhláška Ministerstva pôdohospodárstva Slovenskej republiky, ktorou sa ustanovujú podrobnosti o podmienkach udeľovania výsadbových práv a ktorou sa vykonávajú niektoré ďalšie ustanovenia zákona č. 182/2005 Z. z. o vinohradníctve a vinárstve) vom 13. Mai 2005 (im Folgenden: Erlass Nr. 237/2005). Diese Änderung war auf Antrag der slowakischen Regierung vorgenommen worden.

19

Am 1. August 2009 wurde die geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokajská/Tokajské/Tokajský vinohradnícka oblast’“ in die Datenbank E‑Bacchus eingetragen.

20

Am 30. November 2009 richteten die slowakischen Behörden ein Schreiben an die Kommission, mit dem sie beantragten, in dieser Datenbank die geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokajská/Tokajské/Tokajský vinohradnícka oblasť“ durch die geschützte Ursprungsbezeichnung „Vinohradnícka oblasť Tokaj“ oder die geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokaj“ zu ersetzen. Sie begründeten dies damit, dass es diese Bezeichnungen gewesen seien, die in den am 1. August 2009 geltenden nationalen Bestimmungen, d. h. im Gesetz Nr. 182/2005 und im Erlass Nr. 237/2005, tatsächlich enthalten gewesen seien.

21

In einem Schreiben an die slowakischen Behörden vom 18. Februar 2010 stellte die Kommission fest, dass in diesen Vorschriften nur der Ausdruck „Vinohradnícka oblasť Tokaj“ aufgeführt sei. Sie lehnte daher den Antrag der slowakischen Regierung auf Eintragung der geschützten Ursprungsbezeichnung „Tokaj“ in diese Datenbank ab. Der Begriff „Tokaj“, so die Kommission, sei in den nationalen Bestimmungen nicht einzeln, sondern als Bestandteil von aus mehreren Wörtern zusammengesetzten Ausdrücken wie „Vinohradnícka oblasť Tokaj“, „Akostné víno pochádzajúce z vinohradníckej oblasti Tokaj“ oder „Tokajské víno“ enthalten.

22

Am 26. Februar 2010 änderte die Kommission jedoch unter Berücksichtigung der weiteren von den slowakischen Behörden in ihrem Schreiben vom 30. November 2009 vorgebrachten Argumente und der am 1. August 2009 geltenden slowakischen Bestimmungen die in der Datenbank E‑Bacchus enthaltenen Angaben, um sie in Einklang mit dem genauen Wortlaut dieser Bestimmungen zu bringen, und nahm damit die streitige Eintragung vor.

23

In einem an die Kommission gerichteten Schreiben vom 5. März 2010 wandten sich die ungarischen Behörden gegen diese Eintragung. Sie machten geltend, dass die korrekte geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokajská vinohradnícka oblast’“ und nicht „Vinohradnícka oblasť Tokaj“ sei, und beriefen sich dafür auf die neuen slowakischen Rechtsvorschriften über Wein, nämlich auf das Gesetz Nr. 313/2009 über Weinbau und Wein (Zákon o vinohradníctve a vinárstve) vom 30. Juni 2009 (im Folgenden: Gesetz Nr. 313/2009), das am 1. September 2009 in Kraft getreten sei und den Ausdruck „Tokajská vinohradnícka oblast’“ enthalte.

24

Am 27. April 2010 verabschiedete das slowakische Parlament ein neues Gesetz, mit dem das Gesetz Nr. 313/2009 aufgehoben und die geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokaj“ eingeführt wurde. Dieses neue Gesetz ist am 1. Juni 2010 in Kraft getreten.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

25

Ungarn erhob mit am 28. April 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Eintragung.

26

Mit Beschluss vom 13. September 2010 wurde die Slowakische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission zugelassen.

27

In der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit und machte geltend, dass die streitige Eintragung keine „anfechtbare Handlung“ im Sinne von Art. 263 AEUV sei. Unter Berufung auf das Urteil des Gerichts vom 11. Mai 2010, Abadía Retuerta/HABM (CUVÉE PALOMAR) (T-237/08, Slg. 2010, II-1583, Rn. 101) trug sie vor, dass der Schutz der geschützten Ursprungsbezeichnung „Vinohradnícka oblast’ Tokaj“ auf die nationalen slowakischen Rechtsvorschriften zurückgehe, so dass die streitige Eintragung keine Rechtswirkungen entfalte.

28

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage Ungarns mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass die streitige Eintragung keine Rechtswirkungen entfalte und daher keine „anfechtbare Handlung“ im Sinne von Art. 263 AEUV sei. Dabei hat sich das Gericht insbesondere darauf gestützt, dass die bereits nach der Verordnung Nr. 1493/1999 geschützten Weinnamen gemäß Art. 118s Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 automatisch geschützt seien. Hierzu hat das Gericht in Rn. 21 des angefochtenen Urteils ausgeführt:

„Daraus, dass die bereits nach der Verordnung Nr. 1493/1999 geschützten Weinnamen gemäß Art. 118s Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 … automatisch geschützt sind, ergibt sich, dass bei diesen Weinnamen eine Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus für ihren Schutz auf Unionsebene nicht erforderlich ist. Denn diese Weinnamen sind gemäß der Verordnung Nr. 1234/2007 … ‚automatisch‘ geschützt, ohne dass dieser Schutz von ihrer Eintragung in diese Datenbank abhinge. Die Eintragung ist lediglich eine Folge des automatischen Übergangs eines bereits bestehenden Schutzes von einem Regelungsrahmen auf einen anderen, nicht aber eine Voraussetzung für diesen Schutz. Da die geschützte Ursprungsbezeichnung ‚Vinohradnícka oblasť Tokaj‘ zu den nach der Verordnung Nr. 1493/1999 bereits geschützten Weinnamen gehört, ist ihre Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus für ihren Schutz auf Unionsebene daher nicht erforderlich.“

29

Zum Schutz nach der Verordnung Nr. 1493/1999 hat das Gericht im Einzelnen in Rn. 23 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass „der mit [dieser Verordnung] eingeführte gemeinschaftliche Schutz von Weinnamen die Weinnamen zugrunde gelegt hat, wie sie durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten unter Wahrung der maßgeblichen Bestimmungen dieser Verordnung festgelegt worden waren. Dieser Schutz resultierte nämlich nicht aus einem eigenständigen gemeinschaftlichen Verfahren und nicht einmal aus einem Mechanismus der Genehmigung der von den Mitgliedstaaten anerkannten geografischen Angaben in einem bindenden Gemeinschaftsrechtsakt (vgl. in diesem Sinne Urteil Abadía Retuerta/HABM [CUVÉE PALOMAR], Rn. 97).“

30

Das Gericht hat daher entschieden, dass diese Schlussfolgerung weder durch die fehlerhafte Veröffentlichung der geschützten Ursprungsbezeichnung „Tokajská/Tokajské/Tokajský vinohradnícka oblast’“ in dem Verzeichnis der Qualitätsweine b. A. im Amtsblatt der Europäischen Union vom 31. Juli 2009 noch durch die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 313/2009 in Frage gestellt werde.

31

Hierzu hat das Gericht zum einen in Rn. 26 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass eine fehlerhafte Veröffentlichung in der Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union aufgrund ihres Informationszwecks „den Schutz, der den nach slowakischem Recht geschützten Ursprungsbezeichnungen, einschließlich der Bezeichnung ‚Vinohradnícka oblasť Tokaj‘ gemäß der Verordnung Nr. 1493/1999 zukommt, nicht in Frage stellt“.

32

Zum anderen hat das Gericht in Rn. 28 seines Urteils festgestellt, dass das Gesetz Nr. 313/2009, das das Gesetz Nr. 182/2005 und den Erlass Nr. 237/2005 aufgehoben habe und bestimme, dass das slowakische Weinbaugebiet die Untergliederung „Tokajská vinohradnícka oblasť“ umfasse, am 1. September 2009 in Kraft getreten sei, während für die Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus allein das am 1. August 2009 geltende Recht maßgeblich gewesen sei.

33

Ferner hat das Gericht in den Rn. 29 und 30 des angefochtenen Urteils das Vorbringen Ungarns zurückgewiesen, wonach Art. 73 Abs. 2 der Verordnung Nr. 607/2009 anzuwenden sei, der eine Produktspezifikation für die Weinnamen voraussetze. Es hat festgestellt, dass das Gesetz Nr. 313/2009 nicht als eine Änderung der Produktspezifikation der fraglichen Bezeichnungen angesehen werden könne, weil die Slowakische Republik der Kommission zum Zeitpunkt der Änderung der Datenbank E‑Bacchus, d. h. am 26. Februar 2010, keine Produktspezifikation für die Bezeichnung „Vinohradnícka oblasť Tokaj“ oder „Tokajská/Tokajské/Tokajský vinohradnícka oblasť“ übermittelt habe.

34

Das Gericht hat auch das weitere Vorbringen Ungarns zur Zulässigkeit der Klage zurückgewiesen.

35

So hat das Gericht erstens zum Vorbringen, die Datenbank E‑Bacchus entfalte aufgrund ihrer Bedeutung als Informationsquelle für interessierte Dritte diesen gegenüber Rechtswirkungen, in Rn. 33 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass dieser Informationszweck die Stellung dieser Dritten nicht in qualifizierter Weise ändern könne, da sich die Möglichkeit der Geltendmachung der nationalen Maßnahmen, mit denen die Slowakische Republik diesen Schutz geschaffen habe, aus der Veröffentlichung dieser Bestimmungen im Amtsblatt der Slowakischen Republik und nicht aus der Eintragung in die Datenbank ergebe.

36

Zweitens hat das Gericht zum Vorbringen Ungarns, der mit der Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus verbundene Schutz werde nicht automatisch gewährt, da die Kommission zu prüfen habe, ob die Voraussetzungen für diesen Schutz gegeben seien, in den Rn. 34 und 35 des angefochtenen Urteils entschieden, dass Art. 118s Abs. 4 der Verordnung Nr. 1234/2007 der Kommission zwar bis zum 31. Dezember 2014 die Befugnis einräume, den automatischen Schutz von nach der Verordnung Nr. 1493/1999 geschützten Weinnamen unter bestimmten Umständen zu löschen, diese Befugnis aber erst dann tatsächlich ausgeübt werden könne, wenn die technischen Unterlagen mit der Produktspezifikation vorgelegt worden seien. Zum Zeitpunkt der streitigen Eintragung habe die Slowakische Republik der Kommission die Produktspezifikation jedoch noch nicht vorgelegt gehabt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Kommission daher keine Kontrolle gemäß Art. 118s Abs. 4 der Verordnung Nr. 1234/2007 ausgeübt gehabt und sei auch nicht dazu verpflichtet gewesen.

37

Zum Vorbringen Ungarns, die Kommission sei nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet gewesen, die Richtigkeit, Aktualität, Authentizität und Geeignetheit der von den Mitgliedstaaten übermittelten Angaben zu überprüfen, hat das Gericht ausgeführt, dass eine solche Verpflichtung, deren Bestehen dahingestellt bleiben könne, jedenfalls nicht die Rechtsstellung interessierter Dritter in qualifizierter Weise ändern könne.

38

Das Gericht hat in Rn. 36 des angefochtenen Urteils auch das Vorbringen Ungarns zurückgewiesen, wonach der Inhalt der Datenbank E‑Bacchus den Inhalt der technischen Unterlagen bestimme, die nach Art. 118s Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1234/2007 bis zum 31. Dezember 2011 hätten eingereicht werden müssen. Es hat entschieden, dass sich gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der Inhalt dieser Unterlagen nach den nationalen Bestimmungen richte und nicht nach der Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus. Aus den gleichen Überlegungen hat das Gericht in Rn. 37 des angefochtenen Urteils das Vorbringen Ungarns zurückgewiesen, wonach die Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus die gemäß der Verordnung Nr. 1234/2007 vorgeschriebenen Angaben bei der Kennzeichnung und Aufmachung der Waren bestimme.

Anträge der Parteien

39

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Ungarn,

das angefochtene Urteil aufzuheben;

gemäß Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union endgültig in der Sache zu entscheiden, und

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

40

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen;

hilfsweise, die Klage der ungarischen Regierung abzuweisen, und

Ungarn die Kosten aufzuerlegen.

41

Die Slowakische Republik beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen und

Ungarn die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

42

Ungarn stützt sein Rechtsmittel im Wesentlichen auf drei Rechtsmittelgründe. Erstens habe das Gericht den Begriff „anfechtbare Handlung“ im Sinne von Art. 263 AEUV rechtsfehlerhaft ausgelegt. Zweitens liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vor. Drittens sei das angefochtene Urteil unzureichend begründet.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

43

Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund trägt Ungarn vor, das Gericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die streitige Eintragung keine Rechtswirkungen entfalte. Ungarn stützt sich dabei auf vier Argumente.

44

Mit seinem ersten Argument, wie es in der Rechtsmittelschrift und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, möchte Ungarn dartun, dass die Kommission mit der streitigen Eintragung einem Weinnamen gemäß Art. 118s der Verordnung Nr. 1234/2007 Schutz gewährt habe, der nach der einschlägigen unionsrechtlichen Regelung nicht als am 1. August 2009 nach nationalem Recht geschützt habe angesehen werden können. Durch die Eintragung eines Weinnamens in die Datenbank E‑Bacchus werde bescheinigt, dass ein Schutz nach der mit dieser Verordnung eingeführten neuen unionsrechtlichen Regelung bestehe, die Weinnamen, die bisher nur auf nationaler Ebene geschützt gewesen seien, nunmehr auf europäischer Ebene schütze. Daher sei die Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus nicht, wie das Gericht entschieden habe, lediglich eine Folge des automatischen Übergangs von einem Regelungsrahmen für den Schutz von Weinnamen auf einen anderen.

45

Unter diesen Umständen könne die Datenbank E‑Bacchus nicht als eine bloße Digitalisierung der Weinnamen entsprechend der Verzeichnisse der Qualitätsweine b. A. angesehen werden, die in der Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union veröffentlicht worden seien und keine Rechtswirkungen entfaltet hätten. Folglich seien die Schlussfolgerungen des Gerichts in seinem Urteil Abadía Retuerta/HABM (CUVÉE PALOMAR), wonach die in der Reihe C veröffentlichten Verzeichnisse nur der Information dienten, auf die Datenbank E‑Bacchus nicht anwendbar.

46

Zweitens müsse die Kommission bei der Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus die darin einzutragenden Weinnamen prüfen. Obwohl Art. 118s Abs. 4 der Verordnung Nr. 1234/2007 nicht anzuwenden sei, habe die Kommission dennoch zu überprüfen, dass diese Weinnamen „von den Mitgliedstaaten“ bis zum 1. August 2009 als geschützte Ursprungsbezeichnungen oder geografische Angaben „anerkannt“ worden seien.

47

Drittens zögen die Rechtswirkungen der Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus weitere Folgen nach sich, insbesondere die Pflicht zur Erstellung einer Produktspezifikation für die in die Datenbank E‑Bacchus eingetragenen Bezeichnungen, die für die bestehenden Bezeichnungen spätestens Ende 2011 hätte vorgelegt werden müssen, da diese Bezeichnungen in der Datenbank sonst gelöscht werden müssten. Die Eintragung in die Datenbank habe auch Folgen für die Kennzeichnung.

48

Viertens hätte die Kommission wegen ihrer Aufgabe, das Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben zu führen, und gemäß den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung, der loyalen Zusammenarbeit und der Rechtssicherheit auf den Erlass des Gesetzes Nr. 313/2009 durch die Slowakische Republik hinweisen müssen.

49

Die Kommission macht geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund Ungarns auf einer unzutreffenden Auslegung der anwendbaren Rechtsvorschriften beruhe. Nach Art. 118s Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 seien Weinnamen, die gemäß den Art. 51 und 54 der Verordnung Nr. 1493/1999 geschützt seien, automatisch gemäß der Verordnung Nr. 1234/2007 geschützt, ohne dass hierfür eine Entscheidung der Kommission erforderlich sei.

50

Der Schutz dieser Weinnamen ergebe sich somit aus der Verordnung selbst und nicht aus der späteren Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus. Da die Eintragung in die Datenbank – ebenso wie die in der Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnisse – nur Informationszwecken diene, könne sie die Rechtsstellung Dritter nicht ändern, und das Gericht habe rechtsfehlerfrei sein Urteil Abadía Retuerta/HABM (CUVÉE PALOMAR) auf den vorliegenden Fall angewandt. Dass die streitige Eintragung keine Rechtswirkungen entfalte, werde im Übrigen dadurch bestätigt, dass der Schutz auf Unionsebene vorläufig gewährt werde und ende, wenn die Produktspezifikation nicht bis Ende 2011 vorgelegt worden sei.

51

Die Kommission weist das Vorbringen Ungarns zu ihren Prüfbefugnissen zurück und betont den Automatismus der Eintragung bereits geschützter Weinnamen und das Fehlen eines Verfahrens auf europäischer Ebene. Nach Art. 73 der Verordnung Nr. 607/2009 müsse sie jede neue Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe in die Datenbank E‑Bacchus eintragen, die „von den Mitgliedstaaten“ bis zum 1. August 2009„anerkannt“ worden sei. Da die Slowakische Republik ihr die Produktspezifikation bis zur streitigen Eintragung nicht vorgelegt habe, habe sie keinerlei Prüfbefugnis nach Art. 118s Abs. 4 der Verordnung Nr. 1234/2007 ausgeübt und sei auch nicht dazu verpflichtet gewesen.

52

Die Kommission tritt schließlich dem Vorbringen Ungarns zu den Auswirkungen der Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus auf die Produktspezifikationen und die Kennzeichnung entgegen. Damit suche Ungarn in Wirklichkeit zu erreichen, dass der Gerichtshof in erster Instanz dargelegte Klagegründe erneut prüfe.

53

Die Slowakische Regierung hält mit der Kommission den ersten Rechtsmittelgrund für unbegründet. Sie macht geltend, dass die Eintragung der bestehenden Weinnamen in die Datenbank E‑Bacchus keine Rechtswirkungen entfalte und daher keine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV darstelle. Hierfür beruft sie sich auf die ältere Regelung, die bereits einen Schutz der Weinnamen auf Unionsebene vorgesehen habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

54

Nach ständiger Rechtsprechung sind anfechtbare Handlungen im Sinne von Art. 263 AEUV unabhängig von ihrer Form alle von den Organen erlassenen Bestimmungen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen (vgl. u. a. Urteile vom 2. März 1994, Parlament/Rat, C-316/91, Slg. 1994, I-625, Rn. 8, vom 24. November 2005, Italien/Kommission, C-138/03, C-324/03 und C-431/03, Slg. 2005, I-10043, Rn. 32, und vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C-463/10 P und C-475/10 P, Slg. 2011, I-9639, Rn. 36).

55

Diese verbindlichen Rechtswirkungen einer Handlung sind anhand objektiver Kriterien zu beurteilen, wie z. B. des Inhalts der Handlung (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Rn. 9, und vom 20. März 1997, Frankreich/Kommission, C-57/95, Slg. 1997, I-1627, Rn. 9), wobei gegebenenfalls der Zusammenhang ihres Erlasses (vgl. in diesem Sinne u. a. Beschluss vom 13. Juni 1991, Sunzest/Kommission, C-50/90, Slg. 1991, I-2917, Rn. 13, und Urteil vom 26. Januar 2010, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C-362/08 P, Slg. 2010, I-669, Rn. 58) und die Befugnisse des die Handlung vornehmenden Organs zu berücksichtigen sind (vgl. u. a. in diesem Sinne Urteil vom 1. Dezember 2005, Italien/Kommission, C-301/03, Slg. 2005, I-10217, Rn. 28).

56

Was erstens den Inhalt der streitigen Eintragung betrifft, steht fest, dass die Kommission am 26. Februar 2010 die in der Datenbank E‑Bacchus enthaltenen Informationen geändert hat, indem sie die geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokajská/Tokajské/Tokajský vinohradnícka oblast’“ durch „Vinohradnícka oblast’ Tokaj“ ersetzt hat. Dabei hat sie den Verweis auf das maßgebliche nationale Recht, nämlich den Erlass Nr. 237/2005, nicht abgeändert und als Stichtag den 1. August 2009 beibehalten. Aus dem Inhalt der streitigen Eintragung, die sowohl die slowakischen Rechtsvorschriften als auch den Stichtag angibt, geht damit hervor, dass die Übergangsregelung zum Schutz der Ursprungsbezeichnungen nach Art. 118s der Verordnung Nr. 1234/2007 auf den Weinnamen beruht, wie sie an diesem Tag nach nationalem Recht anerkannt waren.

57

Was zweitens den Zusammenhang angeht, in dem die streitige Eintragung vorgenommen wurde, ergibt sich aus dem 36. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 479/2008, dass die Übergangsregelung aus Gründen der Rechtssicherheit die in der Union bestehenden Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben von der Anwendung des neuen Prüfverfahrens ausnehmen und die Möglichkeiten ihrer Streichung begrenzen soll.

58

Daraus folgt, dass die in Art. 118s der Verordnung Nr. 1234/2007 vorgesehene Übergangsregelung eingeführt wurde, um aus Gründen der Rechtssicherheit den Schutz der vor dem 1. August 2009 nach nationalem Recht und damit gemäß der Verordnung Nr. 1493/1999 auf Unionsebene bereits geschützten Weinnamen aufrechtzuerhalten. Der Wortlaut von Art. 118s Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 bestätigt dieses Ziel, weil nach ihm diese Weinnamen „automatisch im Rahmen der vorliegenden Verordnung geschützt sind“. Das Gericht hat daher in Rn. 21 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass bestehende Weinnamen automatisch geschützt sind.

59

Was drittens die der Kommission bei der streitigen Eintragung zustehende Befugnis anbelangt, trifft es zwar zu, dass sie trotz des automatischen Schutzes bestehender Weinnamen auf der Grundlage von Art. 118s Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1234/2007 bis zum 31. Dezember 2014 beschließen kann, den automatischen Schutz zu löschen, der Weinnamen durch Abs. 1 dieses Artikels gewährt wird.

60

Die im vorliegenden Fall angefochtene Handlung ist jedoch keine solche Löschung. Denn die Kommission kann, wie sich aus Art. 71 Abs. 2 der Verordnung Nr. 607/2009 ergibt und Ungarn in seiner Rechtsmittelschrift eingeräumt hat, diese Befugnis erst ausüben, nachdem ihr die Mitgliedstaaten die technischen Unterlagen mit den Produktspezifikationen und die einzelstaatlichen Entscheidungen über die Genehmigung nach Art. 118s Abs. 2 der Verordnung Nr. 1234/2007 übermittelt haben.

61

Hierzu hat das Gericht in Rn. 34 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Slowakische Republik zum Zeitpunkt der streitigen Eintragung der Kommission noch nicht die technischen Unterlagen vorgelegt hatte, was im Übrigen im Rahmen dieses Rechtsmittels nicht bestritten worden ist. Das Gericht hat daher in dieser Randnummer zu Recht festgestellt, dass die Kommission vor einer Übermittlung dieser Unterlagen an sie nicht verpflichtet und nicht einmal berechtigt gewesen sei, eine Kontrolle der im Sinne von Art. 118s der Verordnung Nr. 1234/2007 bereits geschützten Weinnahmen vorzunehmen.

62

Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kommission am 26. Februar 2010 auf Antrag der slowakischen Regierung die Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus geändert hat, indem sie die geschützte Ursprungsbezeichnung „Tokajská/Tokajské/Tokajský vinohradnícka oblast’“ durch „Vinohradnícka oblast’ Tokaj“ ersetzte. Denn diese Änderung beruhte nicht auf einer Kontrolle oder einer Prüfung der Kommission, sondern auf Art. 73 Abs. 1 der Verordnung Nr. 607/2009, der den in Art. 118s der Verordnung Nr. 1234/2007 verankerten automatischen Schutz auf die Weinnamen erstreckt, die am 1. August 2009 tatsächlich nach nationalem Recht und damit gemäß der Verordnung Nr. 1493/1999 geschützt, aber nicht in dem letzten Verzeichnis der Qualitätsweine b. A. aufgeführt waren, das in der Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union veröffentlicht worden war.

63

Nach alledem hat die Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus, die die Kommission nach Art. 73 Abs. 1 der Verordnung Nr. 607/2009 bezüglich der Weinnamen vorgenommen hat, die von den Mitgliedstaaten bis zum 1. August 2009 als geschützte Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe anerkannt und von der Kommission nicht gemäß Art. 54 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1493/1999 veröffentlicht worden sind, keinerlei Auswirkung auf den automatischen Schutz, der diesen Weinnamen auf Unionsebene gewährt wird. Die Kommission ist nämlich weder berechtigt, den Schutz zu gewähren, noch, über den Weinnamen zu entscheiden, der nach Art. 73 Abs. 1 der Verordnung Nr. 607/2009 in die Datenbank E‑Bacchus einzutragen ist. Es ist daher nicht zwischen den Wirkungen der Eintragung in die Verzeichnisse der Qualitätsweine b. A., die in der Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union veröffentlicht wurden, und denen der Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus zu unterscheiden.

64

Das Gericht hat daher in den Rn. 21 und 23 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus für den Schutz dieser Weinnamen auf Unionsebene nicht erforderlich ist, da diese nach der Verordnung Nr. 1234/2007 in ihrer geänderten Fassung automatisch geschützt sind, ohne dass dieser Schutz von ihrer Eintragung in diese Datenbank abhinge.

65

Da die streitige Eintragung nicht die Anforderungen erfüllt, die in der in Rn. 53 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung festgelegt sind, hat das Gericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass sie keine anfechtbare Handlung darstellt.

66

Diese Schlussfolgerung wird durch das in den Rn. 47 und 48 des vorliegenden Urteils angeführte Vorbringen Ungarns nicht entkräftet.

67

Insoweit ist festzustellen, dass Ungarn sowohl die Auswirkungen auf die Kennzeichnung und den Inhalt der Produktspezifikationen als auch die Pflicht der Kommission, auf den Erlass des neuen slowakischen Gesetzes hinzuweisen, nur als notwendige Folgen der verbindlichen Rechtswirkungen ansieht, die der Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus hätten zugeschrieben werden müssen. Dieses Vorbringen stellt die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 38 des angefochtenen Urteils, wonach die streitige Eintragung keine Rechtswirkungen entfaltet, nicht in Frage und geht daher nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ins Leere (vgl. Urteile vom 12. Juli 2001, Kommission und France/TF1, C-302/99 P und C-308/99 P, Slg. 2001, I-5603, Rn. 26 und 29, sowie vom 18. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Rn. 148).

68

Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund Ungarns zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

69

Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund trägt Ungarn vor, das Gericht habe dadurch, dass es entschieden habe, dass die Eintragung von bereits geschützten Weinnamen in die Datenbank E‑Bacchus keine „anfechtbare Handlung“ im Sinne von Art. 263 AEUV sei, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, da es diese Eintragungen anders behandelt habe als neue Eintragungen, die mit einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV anfechtbar seien.

70

Die Datenbank E-Bacchus bilde ein einheitliches Register. Folglich sei die Annahme irrig, dass nur die Eintragungen Rechtswirkung entfalteten, die neue Weinnamen beträfen. Trotz der Unterschiede zwischen den beiden rechtlichen Regelungen für die Gewährung des Schutzes für Weinnamen müssten die Betroffenen in der Lage sein, alle Maßnahmen der Organe anzufechten, mit denen der nach nationalem Recht gewährte Schutz in einen unionsrechtlichen Schutz umgewandelt werde.

71

Nach Auffassung der Kommission handelt es sich bei den gegenwärtig geschützten Weinnamen und den neuen Weinnamen um rechtlich und faktisch unterschiedliche Sachverhalte, die daher nicht vergleichbar seien. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission außerdem hervorgehoben, dass es im Rahmen der neuen Unionsregelung für Wein ihr zukomme, die abschließende Entscheidung über die Gewährung des Schutzes für einen Weinnamen zu erlassen.

72

Die Slowakische Republik hält die Unterschiede zwischen den bestehenden und den neuen Weinnamen bezüglich der Rechtswirkungen einer Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus für begründet und sieht daher keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein solcher läge dagegen vor, wenn die Eintragung von bestehenden und die von neuen Weinnamen gleichbehandelt würden, weil dann den zwischen den beiden Sachverhalten objektiv bestehenden Unterschieden nicht Rechnung getragen würde.

Würdigung durch den Gerichtshof

73

Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung, der zu den wesentlichen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, besagt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt wäre (vgl. u. a. Urteile vom 9. September 2004, Spanien/Kommission, C-304/01, Slg. 2004, I-7655, Rn. 31, und vom 3. März 2005, Italien/Kommission, C‑283/02, Rn. 79).

74

Wie sich aus dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 479/2008 ergibt, wurde die Unionsregelung für den Weinsektor durch diese Verordnung grundlegend geändert, um Ziele u. a. im Hinblick auf die Qualität der Weine zu erreichen. Zu diesem Zweck unterliegt nach dem neuen Schutzsystem jeder Antrag auf Schutz eines Weinnamens einer eingehenden Prüfung, die gemäß der Art. 118e bis 118i der Verordnung Nr. 1234/2007 in zwei Schritten erfolgt, nämlich auf nationaler und dann auf Unionsebene, ohne dass es dabei einen Automatismus gäbe, da die Kommission nach Art. 118i der Verordnung Nr. 1234/2007 über eine echte Entscheidungsbefugnis verfügt, aufgrund deren sie, je nachdem, ob die in dieser Verordnung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht, der Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe den Schutz gewähren oder verweigern kann.

75

Da der rechtliche Kontext und die Befugnisse der Kommission im Zusammenhang mit den Eintragungen in die Datenbank E‑Bacchus bei den beiden Regelungen zum Schutz von Weinnamen, wie sie vom Unionsgesetzgeber gestaltet worden sind, nicht vergleichbar sind, kann das Vorbringen Ungarns, mit dem es einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz rügt, nicht durchgreifen.

76

Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

77

Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund macht Ungarn geltend, das Gericht habe sein Urteil nicht hinreichend begründet, da es auf Argumente nicht eingegangen sei, die es in seiner Rechtsmittelschrift und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen habe. Dieser Rechtsmittelgrund ist in zwei Teile gegliedert.

78

Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes wirft Ungarn dem Gericht vor, nicht auf sein Argument eingegangen zu sein, wonach für die Feststellung, ob eine in einem Mitgliedstaat gemäß Art. 118s der Verordnung Nr. 1234/2007 geschützte Bezeichnung bestehe, der Zeitpunkt der Veröffentlichung der nationalen Regelung im Amtsblatt dieses Mitgliedstaats und nicht der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelung maßgeblich sei. In Rn. 28 des angefochtenen Urteils habe das Gericht nämlich lediglich ausgeführt, dass der Umstand, dass das Gesetz Nr. 313/2009 am 30. Juni 2009 verabschiedet worden sei, unerheblich sei, da es am 1. August 2009 noch nicht in Kraft gewesen sei, ohne zu begründen, warum auf den einen und nicht auf den anderen Zeitpunkt abzustellen sei.

79

Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht Ungarn geltend, das Gericht habe in Rn. 30 des angefochtenen Urteils die Schlussfolgerung, dass das Gesetz Nr. 313/2009 nicht als eine Änderung der Produktspezifikation im Sinne von Art. 73 Abs. 2 der Verordnung Nr. 607/2009 angesehen werden könne, nicht hinreichend begründet. So sei das Gericht nicht auf das Argument Ungarns eingegangen, wonach in den Mitgliedstaaten, in denen die Erstellung einer Produktspezifikation vor der neuen Unionsregelung nicht obligatorisch gewesen sei, eine Änderung eines Gesetzes oder einer Verordnung, die die in der Produktspezifikation aufzuführenden Angaben betreffe, eine Änderung im Sinne von Art. 73 Abs. 2 der Verordnung Nr. 607/2009 darstellen könne.

80

Die Kommission ist der Ansicht, dass sich der dritte Rechtsmittelgrund Ungarns insgesamt gegen nichttragende Gründe des angefochtenen Urteils richte und daher ins Leere gehe.

81

Die Slowakische Republik hält den ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes für unzulässig, da Ungarn das Argument bezüglich des Zeitpunkts der Veröffentlichung der nationalen Regelung vor dem Gericht nicht vorgebracht habe, sondern sich nur zum Zeitpunkt der Verabschiedung oder des Inkrafttretens der nationalen Regelung geäußert habe. Der erste Teil sei jedenfalls ebenso wie der zweite Teil des Rechtsmittelgrundes unbegründet, und beide richteten sich außerdem gegen nichttragende Gründe des angefochtenen Urteils.

Würdigung durch den Gerichtshof

82

Nach ständiger Rechtsprechung können Rügen, die gegen nichttragende Gründe einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen und gehen daher ins Leere (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, Rn. 148, sowie Beschluss vom 23. Februar 2006, Piau/Kommission, C‑171/05 P, Rn. 86).

83

Im vorliegenden Fall hat Ungarn selbst festgestellt, dass das Gericht weder auf die Frage, ob die für die Eintragung in die Datenbank E‑Bacchus erforderliche nationale Regelung zum Stichtag habe veröffentlicht oder in Kraft gewesen sein müssen, noch auf die Frage einer etwaigen Anwendbarkeit von Art. 73 Abs. 2 der Verordnung Nr. 607/2009 habe eingehen müssen, da es in Rn. 19 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die streitige Eintragung keine Rechtswirkungen entfalten könne.

84

Folglich richten sich die beiden Teile des dritten Rechtsmittelgrundes gegen nichttragende Gründe des angefochtenen Urteils, und damit geht dieser Rechtsmittelgrund insgesamt ins Leere.

85

Da keiner der von Ungarn geltend gemachten Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kosten

86

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet dieser über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Gemäß Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Ungarn mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

87

Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Slowakische Republik trägt daher ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Ungarn trägt die Kosten.

 

3.

Die Slowakische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Ungarisch.