SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 17. Juli 2014 ( 1 )

Rechtssache C‑261/13 P

Peter Schönberger

gegen

Europäisches Parlament

„Rechtsmittel — Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten — Art. 20 AEUV und 227 AEUV — Art. 44 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union — Keine Zuständigkeit des Petitionsausschusses für die Entscheidung über die aufgeworfenen Fragen — Entscheidung über die Ablage einer Petition — Nichtigkeitsklage — Handlungen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Rechtsstellung eines Einzelnen berühren können — Art. 263 AEUV“

I – Einleitung

1.

Nach einem Bericht des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Petitionsausschuss) ist „[d]ie Petition … ein wichtiges Instrument für Einzelpersonen, sich in den Institutionen der [Union] Gehör zu verschaffen und ihre Anliegen vorzubringen. Sie stellt somit eine direkte Verbindung zwischen gewählten Vertretern und denjenigen her, deren Interessen wir dienen möchten“ ( 2 ). Wie die Statistiken des Petitionsausschusses zeigen, hat dieses Instrument tatsächlich großen Erfolg. Im Jahr 2013 erreichte die Zahl der beim Petitionsausschuss registrierten Petitionen 3000, was einen Anstieg um mehr als 45 % seit 2012 und eine Verdopplung seit 2011 bedeutet ( 3 ).

2.

Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Schönberger (im Folgenden: Rechtsmittelführer) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union (Schönberger/Parlament, T-186/11, EU:T:2013:111, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem die Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments vom 25. Januar 2011 abgewiesen wurde, mit der die Prüfung der Petition, die der Rechtsmittelführer am 2. Oktober 2010 eingereicht hatte ( 4 ), abgeschlossen worden war (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

3.

Die vorliegende Rechtssache betrifft somit die Bestimmung der Tragweite des Petitionsrechts im Sinne der Art. 20 AEUV und 227 AEUV, wie es durch Art. 44 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) bestätigt wird. Erstmals hat der Gerichtshof die Frage zu entscheiden, ob Entscheidungen des Petitionsausschusses einer Kontrolle durch die Unionsgerichte im Sinne des Art. 263 AEUV unterliegen.

4.

Im Rahmen der vorliegenden Schlussanträge ist daher die Ausübung des Petitionsrechts im Licht der vom Gericht bisher zu diesem Gegenstand entwickelten Rechtsprechung zu analysieren und diese Rechtsprechung derjenigen des Gerichtshofs zum Begriff „anfechtbare Handlung“ gegenüberzustellen. Das angefochtene Urteil stellt nämlich eine genaue Übertragung des Urteils Tegebauer/Parlament ( 5 ) dar, in dem das Gericht eine Auslegung vorgenommen hat, wonach die Beurteilung der Zulässigkeit einer Petition einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen müsse, da eine Entscheidung, mit der eine Petition für unzulässig erklärt und ohne weitere Bearbeitung abgelegt werde, das Petitionsrecht der Bürger in seinem Wesen beeinträchtigen könne und daher eine Entscheidung darstelle, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV sein könne ( 6 ).

5.

Zunächst meine ich, dass das Gericht den Begriff der anfechtbaren Handlung im Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) fehlerhaft angewandt hat und dass dieser Fehler auf einem weiten Verständnis der Tragweite des Petitionsrechts beruht. Meines Erachtens stellt das Petitionsrecht indes ein Instrument des direkten politischen Dialogs dar, den Ausdruck einer demokratischen Interaktion zwischen einem Bürger und den gewählten Repräsentanten, der – von Ausnahmefällen abgesehen – vom Einschreiten der Unionsgerichte ausgenommen bleiben sollte.

6.

Daher möchte ich dem Gerichtshof in den vorliegenden Schlussanträgen nahelegen, der Rechtsprechung Tegebauer/Parlament, die das Fundament des angefochtenen Urteils bildet, eine Absage zu erteilen. In jedem Fall sollte der Gerichtshof, um die Rechtssicherheit für die Bürger zu gewährleisten, im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels ausdrücklich zu dieser Rechtsprechung (Tegebauer/Parlament) Stellung beziehen und sie entweder verwerfen oder bestätigen. Im letzteren Fall dürfte die Bearbeitung des Rechtsmittels kaum Schwierigkeiten aufwerfen.

II – Rechtlicher Rahmen

7.

Das Petitionsrecht ist in den Art. 20 Buchst. d AEUV und 227 AEUV als besonderer Ausdruck der Unionsbürgerschaft anerkannt.

8.

Art. 44 der Charta lautet:

„Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten.“ ( 7 )

9.

Die Behandlung von Petitionen war in Titel VIII der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Geschäftsordnung) geregelt. Auf den vorliegenden Fall zeitlich anwendbar sind die Art. 191 bis 193 der Geschäftsordnung ( 8 ). Diese Vorschriften wurden jedoch auf die Änderung der Geschäftsordnung im Jahr 2011 hin geändert und waren nunmehr in den Art. 201 bis 203 der Geschäftsordnung enthalten (im Folgenden: geänderte Geschäftsordnung) ( 9 ). Schließlich ist das Petitionsrecht nach einer Änderung im Juli 2014 derzeit in den Art. 215 bis 218 der im Rahmen der 8. Wahlperiode geänderten Geschäftsordnung geregelt ( 10 ). Dadurch hat sich jedoch keine Änderung des Wortlauts der relevanten Bestimmungen gegenüber der geänderten Geschäftsordnung ergeben.

10.

In Art. 191 („Petitionsrecht“) der Geschäftsordnung heißt es:

„(1)   Jeder Bürger der Union sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat kann allein oder zusammen mit anderen Bürgern oder Personen in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Union fallen und die ihn oder sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das Parlament richten.

(6)   Die vom Ausschuss für unzulässig erklärten Petitionen werden abgelegt; der Petent wird unter Angabe von Gründen hiervon unterrichtet.

…“

11.

Art. 192 („Prüfung der Petitionen“) der Geschäftsordnung sieht vor:

„(1)   Der zuständige Ausschuss kann beschließen, über die von ihm für zulässig erklärten Petitionen Berichte auszuarbeiten oder dazu in anderer Weise Stellung zu nehmen.

Der Ausschuss kann, insbesondere bei Petitionen, die auf eine Änderung geltenden Rechts gerichtet sind, die Stellungnahme eines anderen Ausschusses gemäß Artikel 46 einholen.

(3)   Zur Prüfung von Petitionen oder zur Tatsachenfeststellung kann der Ausschuss Anhörungen der Petenten oder allgemeine Anhörungen ansetzen oder Mitglieder zur Tatsachenfeststellung an Ort und Stelle entsenden.

(7)   Die Petenten werden vom Präsidenten über die gefassten Beschlüsse und über deren Begründung unterrichtet.“

12.

Nach Art. 201 Abs. 7 der geänderten Geschäftsordnung werden die in das Register eingetragenen Petitionen vom Präsidenten des Parlaments an den zuständigen Ausschuss überwiesen, der feststellt, ob die Petition gemäß Art. 227 AEUV zulässig ist oder nicht.

13.

Art. 201 Abs. 8 der geänderten Geschäftsordnung sieht vor:

„Die vom Ausschuss für unzulässig erklärten Petitionen werden abgelegt; die Petenten werden unter Angabe von Gründen hiervon unterrichtet. Soweit möglich, können andere Rechtsbehelfe empfohlen werden.“

14.

Art. 203 der geänderten Geschäftsordnung aus dem am 22. Mai 2012 erlassenen Beschluss des Europäischen Parlaments ( 11 ) regelt auch die Bearbeitung von Bürgerinitiativen.

III – Vorgeschichte des Rechtsstreits, Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

15.

Der Rechtsmittelführer, ein ehemaliger Beamter des Europäischen Parlaments, focht die Verdienstpunkte an, die ihm im Rahmen des Beförderungsverfahrens 2005 zuerkannt worden waren. Auf die vom Rechtsmittelführer am 15. November 2008 eingereichte Beschwerde gelangte der Europäische Bürgerbeauftragte mit Entscheidung vom 13. Juli 2010 zu dem Ergebnis, dass insofern ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit des Parlaments vorgelegen habe, als der Präsident des Parlaments über die Beschwerde des Rechtsmittelführers hätte entscheiden müssen.

16.

Am 2. Oktober 2010 richtete der Rechtsmittelführer auf der Grundlage von Art. 227 AEUV eine Petition an das Parlament, in der er das Parlament aufforderte, Maßnahmen zu ergreifen, um der Feststellung des Bürgerbeauftragten Rechnung zu tragen.

17.

Mit der angefochtenen Entscheidung wandte sich die Vorsitzende des Petitionsausschusses wie folgt an den Rechtsmittelführer: „Hiermit teile ich Ihnen mit, dass der Petitionsausschuss Ihre Petition geprüft und sie im Einklang mit der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments für zulässig erklärt hat, insoweit ihr Gegenstand den Tätigkeitsbereich der Europäischen Union betrifft. Mit dem Inhalt Ihrer Petition kann sich der Petitionsausschuss jedoch nicht befassen und hat daher Ihre Bemerkungen zur Kenntnis genommen. Ihre Petition wird an den Generaldirektor mit Zuständigkeit für Personal zur weiteren Behandlung überwiesen. Gleichzeitig teile ich Ihnen mit, das die Prüfung Ihrer Petition somit abgeschlossen wurde.“ Infolgedessen wurde die Prüfung der Petition beendet.

18.

Mit Klageschrift, die am 26. März 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte Herr Schönberger, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, da sie die Bearbeitung seiner Petition ohne inhaltliche Prüfung beende.

19.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat sich auf das Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) gestützt und entschieden, dass die angefochtene Entscheidung, da die Petition des Rechtsmittelführers als zulässig angesehen worden sei, keine verbindlichen Rechtswirkungen entfalte, die geeignet seien, die Rechtsstellung des Rechtsmittelführers zu beeinträchtigen. Zu weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

IV – Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

20.

Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Schönberger, das angefochtene Urteil aufzuheben, der im ersten Rechtszug eingereichten Klage stattzugeben, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

21.

In seiner Rechtsmittelbeantwortung beantragt das Europäische Parlament, das Rechtsmittel zurückzuweisen und dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

V – Zur Behandlung des Rechtsmittels

22.

Zur Stützung seines Rechtsmittels macht der Rechtsmittelführer sechs Rügen geltend ( 12 ), nämlich erstens eine Tatsachenunterdrückung ( 13 ), zweitens eine Verkennung des Schutzumfangs des Petitionsgrundrechts ( 14 ), drittens einen Begründungsmangel und einen logischen Widerspruch des angefochtenen Urteils ( 15 ), viertens einen Beurteilungsfehler durch fehlerhafte Anknüpfung an das Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) ( 16 ), fünftens einen Begründungsmangel bezüglich der unterlassenen Würdigung der mangelhaften Begründung der angefochtenen Entscheidung ( 17 ) und sechstens eine unvollständige Würdigung der Fakten ( 18 ).

23.

Hierzu schlage ich vor, diese Rügen nach dem Zusammenhang, der sich zwischen ihnen feststellen lässt, zu zwei Rechtsmittelgründen zusammenzufassen. Der erste Rechtsmittelgrund umfasst die Rügen, die sich auf die Tragweite des Petitionsrechts beziehen (zweite, dritte und vierte Rüge des Rechtsmittels). Der zweite Rechtsmittelgrund umfasst die Verfahrensrügen (erste, fünfte und sechste Rüge des Rechtsmittels).

24.

Da die Beantwortung der Argumente zum Wesen des Petitionsrechts und der Tragweite des Urteils Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) für die Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel entscheidend ist, schlage ich vor, mit der Prüfung dieses Rechtsmittelgrundes zu beginnen.

VI – Zur Tragweite des Petitionsrechts (erster Rechtsmittelgrund, der die zweite, die dritte und die vierte Rüge des Rechtsmittels umfasst)

A – Vorbringen der Parteien

25.

Mit allen unter dem ersten Rechtsmittelgrund zusammengefassten Rügen beanstandet der Rechtsmittelführer den Schutzumfang des Petitionsrechts. Erstens wirft er dem Gericht unter Hinweis auf Rn. 18 des angefochtenen Urteils vor, entschieden zu haben, dass nur eine Entscheidung, mit der eine Petition als unzulässig eingestuft werde, die Ausübung des Petitionsrechts einschränken könne. Damit sei der Schutzumfang des Petitionsrechts zu Unrecht auf die Frage der Zulässigkeit von Petitionen beschränkt worden. Das Parlament müsse sich jedoch nicht bloß mit der Zulässigkeit einer Petition, sondern auch mit dem Inhalt einer als zulässig angesehenen Petition befassen. Die Weigerung, sich mit einer Petition inhaltlich zu befassen, hindere den Petenten an der Wahrnehmung dieses Rechts, da ihm dadurch die Möglichkeit genommen werde, eine Verbesserung des Unionsrechts anzustoßen und so im Sinne von Art. 10 Abs. 3 EUV und Art. 24 Abs. 2 AEUV am demokratischen Leben der Union teilzunehmen.

26.

Zweitens wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht einen logischen Widerspruch vor, soweit es einerseits ausgeführt habe, der Petitionsausschuss sei nur unverbindlich tätig, und andererseits, dass eine Entscheidung, mit der eine Petition für unzulässig erklärt und ohne weitere Bearbeitung abgelegt werde, mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden könne ( 19 ). Drittens wendet sich der Rechtsmittelführer dagegen, dass das Gericht in den Rn. 16, 17 und 19 des angefochtenen Urteils die sich aus dem Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) ergebende Rechtsprechung übernommen habe.

27.

Das Europäische Parlament weist sämtliche geltend gemachten Rügen zurück. In Anbetracht des außergerichtlichen Charakters des Petitionsrechts gewährleiste dieses lediglich ein Recht, das Parlament zu befassen, dabei bleibe aber die politische Beurteilungsfreiheit des Parlaments gewahrt, eine Petition weiter zu bearbeiten oder nicht. Weder das primärrechtlich verankerte Petitionsrecht noch die Bestimmungen der Geschäftsordnung erlaubten den Schluss, dass ein Petent über bestimmte Verfahrensrechte zur wirksamen Ausübung des Petitionsrechts verfüge. Im Übrigen teilt das Parlament die Auffassung, die sich aus dem Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) ergibt.

B – Zum Petitionsrecht im Recht der Union

1. Zur Ausübung des Petitionsrechts

28.

Wie ich bereits angemerkt habe, stellt die Möglichkeit, eine Petition einzureichen, ein Instrument der direkten Beteiligung an den von den Vertretern der Völker der Union ausgeübten politischen Funktionen dar. Da es das erste Mal ist, dass der Gerichtshof aufgefordert ist, das Petitionsrecht als Ganzes zu prüfen, erscheint es mir jedoch sinnvoll, eine umfassende Analyse dieses Instruments vorzulegen.

29.

Während das Recht, eine Petition an das Parlament zu richten, in den Gründungsverträgen nicht vorgesehen war ( 20 ), änderte das Parlament 1981 nach der ersten allgemeinen Wahl seine Geschäftsordnung und erkannte offiziell die Möglichkeit an, Petitionen einzureichen ( 21 ), die dann 1989 durch eine organübergreifende Erklärung bekräftigt wurde ( 22 ). Erst mit Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht wurde das Recht auf eine Petition an das Parlament im Vertrag anerkannt und erhielt schließlich den Status eines Grundrechts, das in Art. 44 der Charta aufgenommen wurde ( 23 ).

30.

Das Petitionsrecht ( 24 ) wurde ursprünglich also als Instrument konzipiert, das an die Unionsbürgerschaft geknüpft ist ( 25 ). Das Recht, eine Petition an das Parlament zu richten, das in den Art. 20 Buchst. d AEUV, 24 Abs. 2 AEUV und 227 AEUV verankert ist, und das Recht nach Art. 228 AEUV, eine Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzureichen, eröffnen den europäischen Bürgern die Möglichkeit, ihre unmittelbaren demokratischen Bürgerrechte auszuüben. Die durch den Vertrag von Lissabon eingeführte europäische Bürgerinitiative nach Art. 11 Abs. 4 EUV ( 26 ) stellt ein vergleichbares Instrument dar.

31.

Als zentrales Instrument für die Mitwirkung und die demokratische Aufsicht seitens der Bürger verbessert das Petitionsrecht die Interaktion zwischen dem Parlament und den Bürgern und Einwohnern der Union und stellt den Menschen einen offenen, demokratischen und transparenten Mechanismus zur Verfügung, mit dem sie bei legitimen und begründeten Beschwerden einen außergerichtlichen Rechtsbehelf in Anspruch nehmen können ( 27 ).

32.

Zwar ist die Petition als solche in keinem Rechtsakt definiert. Das Parlament hat jedoch Bemühungen hierzu unternommen und vorgeschlagen, dass unter Petition „jede Beschwerde, jedes Ersuchen um Stellungnahme oder jede Aufforderung zum Tätigwerden, ferner Reaktionen auf Entschließungen des Parlaments oder auf Beschlüsse anderer Gemeinschaftsorgane oder ‑institutionen, soweit diese Beschwerden etc. dem Parlament von Einzelpersonen oder Personenvereinigungen übermittelt werden“ ( 28 ) zu verstehen ist. Ohne dass eine derartige Definition offiziell festgelegt worden wäre, werden Petitionen in den Berichten des Petitionsausschusses als „Aufforderung zum Tätigwerden, zur Änderung [der] Politik [des Parlaments] oder zur Abgabe einer Stellungnahme, die [dem Parlament] … übermittelt werden“, aufgefasst. Schließlich wurden in einem Bericht von 2001 ( 29 ) ein Entwurf zur Stärkung des Petitionsrechts und eine Änderung des Vertrags vorgelegt. Diese wurden aber nicht näher weiterverfolgt.

33.

Zum Vergleich ist das Petitionsrecht nach meinen Informationen in mehreren Mitgliedstaaten ein verfassungsmäßiges Recht (Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Rumänien) oder Grundrecht (Tschechische Republik, Deutschland ( 30 )). Dennoch ist es schwierig, eine allgemeine Definition des Petitionsrechts aufzustellen. Je nach nationalen Traditionen kann die Petition einen Vorschlag oder eine Information, eine Initiative, in der befürwortende Stellungnahmen oder Beschwerden zum Ausdruck gebracht werden, umfassen ( 31 ). Während einige Mitgliedstaaten ein Instrument, das es den Bürgern erlaubt, das Parlament mit einer Angelegenheit zu befassen, nicht kennen (Republik Finnland, Königreich Schweden), stehen den Bürgern dort andere Mittel zur Verfügung, um in Kontakt mit den Abgeordneten zu treten, wie etwa Schreiben an das Parlament ( 32 ).

34.

Im Unionsrecht wurde die Möglichkeit, das Petitionsrecht auszuüben, jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat eröffnet. Nach einer Änderung der Geschäftsordnung im Jahr 2011 wurde diese Möglichkeit auf natürliche oder juristische Personen ausgeweitet, die weder Bürger der Europäischen Union sind noch ihren Wohnort oder satzungsmäßigen Sitz in einem Mitgliedstaat haben ( 33 ). Folglich ist die Petition nicht mehr streng an die Unionsbürgerschaft geknüpft ( 34 ). Im Übrigen können Petitionen von mehreren Millionen Personen unterzeichnet sein, die von einem Petenten vertreten werden müssen ( 35 ).

35.

Nach Art. 227 AEUV ist die Möglichkeit, eine Petition einzureichen, jedoch auf Angelegenheiten beschränkt, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen. Somit spielt das Petitionsrecht eine Rolle im Rahmen der Gestaltung und der Kontrolle der Einhaltung des Unionsrechts.

36.

Zum einen geben Petitionen Anstöße für die Arbeit anderer Ausschüsse des Parlaments, die für das Verfassen von Rechtsakten in bestimmten Bereichen inhaltlich zuständig sind. Das Parlament kann im Anschluss auch Entschließungen auf unterschiedlichen politisch sensiblen Gebieten fassen ( 36 ).

37.

Zum anderen stellt die Petition eine Form der nachträglichen Kontrolle der Anwendung des Unionsrechts durch die Unionsbürger dar. Petitionen sind nämlich eine wertwolle Informationsquelle, um Verstöße gegen das Unionsrecht aufzudecken ( 37 ), vor allem in den Bereichen Umwelt, Binnenmarkt, Anerkennung von Berufsabschlüssen, Finanzdienstleistungen ( 38 ) und vor allem im Bereich der Verletzung von Grundrechten ( 39 ). In vielen Fällen kann eine Petition, die gleichzeitig mit einer Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht wird, zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens oder Erhebung einer Untätigkeitsklage führen ( 40 ). Aus den Statistiken geht hervor, dass ein Viertel oder sogar ein Drittel der Petitionen in Zusammenhang mit Vertragsverletzungsverfahren erfolgen oder dazu führen ( 41 ). Die Problematik, wie Beschwerden und Petitionen weiter zu bearbeiten sind, gehört jedoch nicht zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ( 42 ).

2. Zum Verfahren der Prüfung von Petitionen

38.

Die Modalitäten der Ausübung des Petitionsrechts sind in den Art. 201 bis 203 der geänderten Geschäftsordnung ( 43 ) (in ihrer letzten Fassung) ( 44 ) geregelt. In Anbetracht dieser Bestimmungen erscheint es mir unbestreitbar, dass sich das Parlament bemüht, ein transparentes und gerechtes Verfahren einzuführen, das es jeder dazu befugten Person erlaubt, ihr Petitionsrecht auszuüben ( 45 ).

39.

Nach den geltenden Vorschriften werden Petitionen, die die Voraussetzungen der formalen Zulässigkeit erfüllen ( 46 ), in der Reihenfolge ihres Eingangs in das Register eingetragen. Petitionen, die die in Art. 201 Abs. 2 der geänderten Geschäftsordnung vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllen, werden abgelegt, und die Begründung dafür wird den Petenten mitgeteilt. Auch wenn die nicht registrierten und die unzulässigen Petitionen in zwei unterschiedliche Kategorien fallen ( 47 ), lässt sich der Unterschied zwischen ihnen im Licht der Berichte des Petitionsausschusses nicht leicht ausmachen ( 48 ).

40.

Die eingetragenen Anträge werden an den Petitionsausschuss übermittelt. Dieser prüft ihre sachliche Zulässigkeit im Licht des Art. 227 AEUV, wonach jede Person in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Union fallen und die ihn oder sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das Europäische Parlament richten kann.

41.

Petitionen, die in diesem Stadium für unzulässig erklärt werden, werden abgelegt. Die geänderte Geschäftsordnung sieht auch eine Abstimmung für den Fall vor, dass die Mitglieder des Petitionsausschusses über die Zulässigkeit einer Petition keinen Konsens erzielen. In jedem Fall wird dem Petenten eine begründete Entscheidung über die Unzulässigkeit mitgeteilt, häufig mit der Empfehlung, sich an das zuständige nationale oder internationale Organ zu wenden ( 49 ). Hierzu sieht Art. 201 Abs. 8 der geänderten Geschäftsordnung die Möglichkeit vor, andere Rechtsbehelfe zu empfehlen.

42.

Zu den zulässigen Petitionen gehören diejenigen, die unmittelbar mit einer Antwort abgeschlossen werden, oder diejenigen, die zur Stellungnahme oder Information an andere Organe oder Stellen weitergeleitet werden. Ferner bittet der Petitionsausschuss im Allgemeinen die Kommission, ihm alle relevanten Informationen oder ihre Stellungnahme zu den vom Petenten angesprochenen Punkten zu übermitteln.

43.

Anhand der Bestimmungen, die die Prüfung von Petitionen regeln, wird deutlich, dass die Befugnisse des Petitionsausschusses in Wirklichkeit ziemlich beschränkt sind. Der Petitionsausschuss ist nämlich „kein gerichtliches Organ, das über Recht und Unrecht eines Falls entscheiden kann oder ob eine Behörde eines Mitgliedstaats eine korrekte politische Entscheidung getroffen hat oder nicht. Der Ausschuss hat ebenfalls keine Vollstreckungsbefugnisse“ ( 50 ).

44.

Dagegen ist klar, dass der Petitionsausschuss über einen Beurteilungsspielraum bezüglich der weiteren Bearbeitung einer Petition verfügt. Im Übrigen kann auch die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Petition den Charakter einer Ermessensentscheidung aufweisen, trotz der zu Art. 227 AEUV hergestellten Verbindung. Zwar setzt die Zulässigkeit einer Petition nach dieser Bestimmung voraus, dass sie sich auf eine Angelegenheit bezieht, die in die Tätigkeitsbereiche der Union fällt und den Petenten unmittelbar betrifft. Über die genannten formalen Voraussetzungen hinaus ergibt sich jedoch aus Art. 201 Abs. 7 der geänderten Geschäftsordnung, dass, falls der Petitionsausschuss in der Frage der Zulässigkeit der Petition keinen Konsens erzielt, diese für zulässig erklärt wird, wenn mindestens ein Viertel der Ausschussmitglieder einen entsprechenden Antrag gestellt hat.

45.

Schließlich weise ich darauf hin, dass der Petitionsausschuss der Auffassung ist, dass „das Petitionsverfahren eine Ergänzung zu anderen Mechanismen der Rechtsdurchsetzung [im weiten Sinne] für die Bürger sein kann und sein sollte, wie beispielsweise [zum] Einreichen von Beschwerden bei der Europäischen Kommission oder dem Europäischen Bürgerbeauftragten“ ( 51 ). Neben anderen Organen, Einrichtungen und Instrumenten, wie der Europäischen Bürgerinitiative, dem Bürgerbeauftragten, der Kommission und den Untersuchungsausschüssen hat der Petitionsausschuss eine eigenständige und klar definierte Rolle als Anlaufstelle für jeden einzelnen Bürger inne ( 52 ).

46.

Dies gibt mir Anlass, die Problematik des Begriffs der anfechtbaren Handlung zu prüfen, wie ihn das Gericht im Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) ausgelegt hat und der das Gericht im angefochtenen Urteil dazu bewogen hat, die Klage mit der Begründung als unzulässig abzuweisen, dass die Petition in der angefochtenen Entscheidung als zulässig eingestuft worden sei.

C – Zu den Rechtswirkungen der Ausübung des Petitionsrechts gemessen an Art. 263 AEUV

1. Zum Begriff „Handlungen, die Rechtswirkungen erzeugen“

47.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Nichtigkeitsklage gegen alle Maßnahmen der Organe, die Rechtswirkungen erzeugen sollen, unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder Form statthaft. Insbesondere sind alle Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen, anfechtbar im Sinne des Art. 263 AEUV ( 53 ). Dagegen sind Klagen, die sich gegen Handlungen richten, die nur interne Verwaltungsmaßnahmen darstellen und folglich keine Wirkung außerhalb der Verwaltung entfalten, unzulässig ( 54 ).

48.

Da es im vorliegenden Fall um eine Handlung des Parlaments geht, ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof im Urteil Les Verts/Parlament bestätigt hat, dass gegen Handlungen des Europäischen Parlaments, die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten sollen, die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann ( 55 ). Nach ständiger Rechtsprechung können jedoch Handlungen, die nur die interne Organisation der Arbeit des Parlaments betreffen, nicht mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden ( 56 ).

49.

So hat der Gerichtshof entschieden, dass die Feststellung des Präsidenten des Parlaments, dass das Haushaltsverfahren zum Abschluss gebracht worden ist, zu den Handlungen zählt, die Rechtswirkungen gegenüber Dritten erzeugen können ( 57 ). Der Gerichtshof hat auch eine Klage gegen die Regelung über die Übergangsvergütung beim Erlöschen des Mandats für die Abgeordneten des Parlaments als zulässig angesehen ( 58 ). Der Rechtsweg wurde ebenfalls in dem Fall einer Entschließung des Parlaments, mit der das mit bestimmten Tätigkeiten befasste Personal bezeichnet wurde, eröffnet ( 59 ).

50.

Hingegen hat der Gerichtshof entschieden, dass Handlungen im Zusammenhang mit der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen des Parlaments nur die interne Organisation der Arbeit des Parlaments betreffen ( 60 ). Ebenso hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die interparlamentarischen Delegationen nur für Informationen und Kontakte zuständig sind und die Handlungen im Zusammenhang mit der Benennung ihrer Mitglieder und der Wahl ihres Vorsitzenden keine anfechtbaren Handlungen darstellen ( 61 ). Des Weiteren hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Schreiben eines Organs, mit dem ein Antrag seines Adressaten beantwortet wurde, keine Handlung ist, gegen die die Nichtigkeitsklage eröffnet ist ( 62 ). Auch hat der Gerichtshof die Zulässigkeit der Klage gegen Handlungen des Parlaments im Rahmen der Prüfung der Begründetheit geprüft ( 63 ).

51.

Im vorliegenden Fall könnte man in Anbetracht der Wesensmerkmale des Petitionsrechts als Instrument des politischen Dialogs, der in der Verantwortung des Europäischen Parlaments liegt, auf den ersten Blick annehmen, dass die Entscheidungen des Petitionsausschusses mit internen Organisationshandlungen des Parlaments im Rahmen seiner politischen Arbeit gleichzusetzen sind. Gleichwohl sind angesichts dieser Feststellung die Wirkungen der Entscheidungen des Petitionsausschusses gegenüber Dritten, wie sie sich aus dem Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) herleiten lassen, zu prüfen.

2. Zu den Wirkungen der Entscheidungen des Petitionsausschusses

a) Zum Urteil Tegebauer/Parlament

52.

Zunächst steht entgegen den Ausführungen des Klägers fest, dass das Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) nicht alle Entscheidungen des Petitionsausschusses als anfechtbare Handlungen qualifiziert, was die Kontrolle durch die Unionsgerichte eröffnen würde.

53.

Vielmehr hat das Gericht in diesem Urteil entschieden, dass „die Folgerungen, die das Parlament aus einer für zulässig erklärten Petition ableitet, zwar nicht der Kontrolle durch den Unionsrichter unterliegen, da das Parlament insoweit eine vollständige Beurteilungsfreiheit, die politischer Natur ist, behält; die Beurteilung der Zulässigkeit einer Petition muss jedoch einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen, da nur diese die Wirksamkeit des Petitionsrechts nach Art. 194 EG gewährleistet. Denn eine Entscheidung, mit der der Petitionsausschuss eine Petition für unzulässig erklärt und ohne weitere Bearbeitung ablegt, kann das Petitionsrecht der Bürger, wie es im Vertrag verankert ist, in seinem Wesen beeinträchtigen und stellt daher eine Entscheidung dar, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann.“

54.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil, dass das Gericht den Grundsatz angewandt hat, dass nur Entscheidungen des Petitionsausschusses, mit denen Anträge als unzulässig eingestuft werden, mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden können.

55.

Indes ist diese Schlussfolgerung nach Ansicht des Klägers mit einem logischen Widerspruch behaftet, da die Rechtsprechung des Gerichts einerseits einen weiten Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Begründetheit der Petitionen und der an sie zu knüpfenden Folgen zuerkenne und andererseits einigen dieser Entscheidungen den Charakter einer anfechtbaren Handlung im Sinne des Art. 263 AEUV zumesse.

56.

In der Tat meine ich sowohl aus den bereits dargelegten Gründen, die sich auf die Wesensmerkmale des Instruments der Petition im Unionsrecht beziehen, als auch aus den Gründen, die folgen, dass das Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) mit einem Widerspruch behaftet ist. Tatsächlich kann meines Erachtens keine Art von Entscheidung des Petitionsausschusses die Rechtsstellung des Petenten in qualifizierter Weise ändern.

b) Zu den Umrissen des Begriffs „Petitionsrecht

57.

Erstens ist darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung der Rechtswirkungen einer unionsrechtlichen Handlung vor allem auf Inhalt und Art dieser Handlung und nicht auf ihre Bezeichnung oder Form abzustellen ist. Dies muss auch für das Petitionsrecht gelten. Daher ist es unzutreffend, davon auszugehen, dass die Verwendung des Worts „Recht“ automatisch bedeutet, dass ein subjektives Recht besteht.

58.

Was den Umstand betrifft, dass das Petitionsrecht in der Charta enthalten ist und ein Grundrecht darstellt, genügt in diesem Zusammenhang der Hinweis auf Art. 52 der Charta, in dessen Abs. 5 eine Unterscheidung zwischen Rechten und Grundsätzen getroffen wird ( 64 ). Doch werden einige der in der Charta enthaltenen „Rechte“ trotz ihrer Bezeichnung in der Charta nicht als individuelle Rechte angesehen. Wie das Urteil Association de médiation sociale ( 65 ) zeigt, wurde das „Recht auf Unterrichtung und Anhörung“ im Sinne des Art. 27 der Charta zu einem „Grundsatz“ im Sinne der Charta erhoben. Diese Vorschrift definiert nämlich keine individuelle Rechtssituation, sondern verpflichtet die öffentlichen Gewalten zur Bestimmung von objektiven Inhalten (die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) und Zielen (Wirksamkeit der Unterrichtung, Vertretung auf den Ebenen, rechtzeitige Mitteilung) ( 66 ).

59.

Darüber hinaus kennt das Unionsrecht mehrere außergerichtliche Instrumente, die als „Rechte“ bezeichnet werden, ohne dass sie eine gerichtliche Kontrolle nach sich ziehen.

60.

So sind die Bürger berechtigt, eine Beschwerde einzureichen, wenn sie der Ansicht sind, dass die Kommission den Kodex für gute Verwaltungspraxis nicht beachtet ( 67 ). Als einziger Rechtsbehelf ist die Möglichkeit des Beschwerdeführers vorgesehen, das Generalsekretariat der Kommission um Überprüfung seiner Beschwerde zu ersuchen. Dieser Kodex sieht zudem die Möglichkeit vor, sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden. Im Übrigen hat die Kommission auch allgemeine Grundsätze und Mindeststandards für die Konsultation der Öffentlichkeit aufgestellt ( 68 ), ohne diese jedoch mit dem Recht der Einzelnen auszustatten, unter Verstoß gegen diese Grundsätze und Standards erlassene Entscheidungen gerichtlich anzufechten.

61.

Darüber hinaus sind die Bürger berechtigt, bei der Kommission den Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das Unionsrecht anzuzeigen, ohne dass dieses Recht in einem besonderen Rechtsakt geregelt wäre. Hingegen steht fest, dass Einzelne nicht befugt sind, die Weigerung der Kommission, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, anzufechten ( 69 ). Ist ein Beschwerdeführer der Auffassung, dass es bei der Bearbeitung seiner Beschwerde zu Verfehlungen der Verwaltung von Seiten der Kommission gekommen ist, kann er den Bürgerbeauftragten einschalten ( 70 ).

62.

In diesem Zusammenhang weist der Rechtsmittelführer in dem im vorliegenden Fall geprüften Rechtsmittel auf das Risiko der Verletzung eines Grundrechts oder jedenfalls der Beeinträchtigung der Ausübung dieses Rechts unter dem Blickwinkel der Verfahrensgarantien, mit denen es ausgestattet sei, hin. Eine solche Verletzung könne sich in qualifizierter Weise auf die Rechtsstellung des Petenten auswirken.

63.

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes stellt nämlich unstreitig einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt, in den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist ( 71 ) und auch in Art. 47 der Charta bekräftigt wurde.

64.

Ich weise jedoch darauf hin, dass dieser Grundsatz auf die Feststellung zurückgeht, dass „[d]ie Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes … wesentlich davon ab[hängt], dass Entscheidungen einer innerstaatlichen Behörde, durch die die Gewährung dieses Rechts verweigert wird, vor Gericht angefochten werden können“ ( 72 ). Das Fehlen eines effektiven Rechtsschutzes kommt somit der Verletzung eines gewährleisteten Rechts gleich.

65.

Dies ist aber beim Petitionsrecht nicht der Fall. Wird nämlich eine Petition für unzulässig erklärt, abgelegt, an ein anderes Organ weitergeleitet oder das Verfahren mit einer Antwort abgeschlossen, stellt sich nicht die Frage der Beschränkung oder Verweigerung eines durch das Unionsrecht anerkannten Rechts, die gerichtlichen Rechtsschutz erforderlich macht. Vielmehr wird das Recht auf Ausübung des Petitionsrechts in einem solchen Fall in vollem Umfang beachtet, da der Beschwerdeführer seinen Antrag stellen konnte, über die Verfahrensetappen beim Parlament unterrichtet wurde und eine Antwort auf seinen Antrag erhalten hat.

66.

Ebenfalls in diesem Sinne möchte ich anmerken, dass der Petent, wenn seinem Antrag nicht stattgegeben wird, erneut einen Petitionsantrag beim Parlament einreichen kann, das – gegebenenfalls nach einer anderen politischen Bewertung – eine gegenteilige Entscheidung über diese Petition fällen kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Parlament den Bereich der zulässigen Petitionen gegenüber dem Vertrag ausgeweitet hat. Außerdem kann es im Allgemeinen zu Angelegenheiten politisch Stellung beziehen, die nicht in die Zuständigkeit der Union fallen. Die Stellungnahmen des Petitionsausschusses entfalten jedoch keine negative oder positive Rechtskraft. Darüber hinaus steht es dem Petenten frei, sich anschließend an den Bürgerbeauftragten und an die Kommission zu wenden.

c) Zur Rechtsprechung in Bezug auf Beschwerden

67.

Zweitens sind, um zu bestimmen, worauf der Irrtum beruht, mit dem mir die Unterscheidung behaftet zu sein scheint, die vom Gericht im Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) eingeführt und im hier angefochtenen Urteil angewandt worden ist, die Regeln des Unionsrechts über die Befugnisse von Behörden, die mit formlosen Anträgen oder Beschwerden befasst werden, heranzuziehen.

68.

Zum einen lässt sich als klassisches Beispiel die Rechtsprechung zu den Befugnissen der Kommission anführen, die im Bereich der Beschwerden im Wettbewerbsrecht über verbindliche Befugnisse verfügt. Der Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass die Kommission zwar weder zum Erlass einer Entscheidung über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln noch zur Prüfung einer bei ihr gemäß der Verordnung Nr. 17 (jetzt 1/2003 ( 73 )) erhobenen Beschwerde verpflichtet ist, dass sie aber gehalten ist, das Vorbringen des Beschwerdeführers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufmerksam zu prüfen, um das Vorliegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens feststellen zu können. Außerdem ist die Kommission, wenn sie das Verfahren einstellt, verpflichtet, ihre Entscheidung zu begründen, um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob sie tatsächliche oder rechtliche Fehler oder einen Ermessensmissbrauch begangen hat ( 74 ).

69.

Daher hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Organ, das die Befugnis hat, eine Zuwiderhandlung festzustellen und ihretwegen Sanktionen zu verhängen, und das, wie die Kommission im Wettbewerbsrecht, von Einzelnen mit einer Beschwerde befasst werden kann, notwendigerweise eine Maßnahme trifft, die Rechtswirkungen erzeugt, wenn es diese Beschwerde ganz oder teilweise zu den Akten legt ( 75 ) (Hervorhebung nur hier).

70.

Indes ist offenkundig, dass in Anbetracht der völlig unterschiedlichen Zwecksetzung der fraglichen wirtschaftsrechtlichen Regelung und der Rolle, die die Kommission in diesem Zusammenhang spielt, die Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht keinesfalls als Maßstab für das Petitionsrecht herangezogen werden kann. Die im Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) getroffene Unterscheidung scheint jedoch dieser Logik zu folgen. Im Übrigen passt die Bezugnahme des Rechtsmittelführers auf das Urteil Rendo u. a./Kommission ( 76 ) im Bereich des Wettbewerbs nicht bloß nicht auf Petitionen, sondern ist auch insoweit unzutreffend, als in diesem Urteil nicht bestätigt wurde, dass jede Einschränkung eines Rechts notwendigerweise Rechtswirkungen erzeugt ( 77 ).

71.

Zum anderen lassen sich als völlig gegenteiliges Beispiel die Befugnisse des Bürgerbeauftragten anführen. Dieser hat keine Befugnis zum Erlass verbindlicher Maßnahmen ( 78 ). Auch wenn diese Rechtsprechung die im vorliegenden Fall aufgeworfenen Fragen nicht in vollem Umfang beantwortet, wäre es zweckmäßig, die Bewertung der Entscheidungen des Petitionsausschusses und der Handlungen des Bürgerbeauftragten im Rahmen der Prüfung der nach Art. 228 AEUV an ihn gerichteten Beschwerden aneinander anzugleichen.

72.

Insbesondere ist entschieden worden, dass der Bericht des Bürgerbeauftragten, mit dem ein Missstand in der Verwaltung festgestellt wird, definitionsgemäß keine Rechtswirkungen gegenüber Dritten im Sinne von Art. 230 EG hat und auch das Parlament nicht bindet. Diesem steht es frei, im Rahmen der Ausübung der ihm durch den Vertrag übertragenen Befugnisse darüber zu entscheiden, welche Folgen es daran knüpft. Dies gilt erst recht für den Jahresbericht, den der Bürgerbeauftragte ebenfalls dem Parlament am Ende jeder jährlichen Sitzungsperiode vorlegen muss und der sämtliche Ergebnisse seiner Untersuchungen betrifft ( 79 ). So stellt eine mit Gründen versehene Entscheidung des Bürgerbeauftragten, mit der die inhaltliche Prüfung einer Beschwerde mit der Ablage dieser Beschwerde abgeschlossen wird, keine mit der Nichtigkeitsklage anfechtbare Handlung dar, da eine derartige Entscheidung keine Rechtswirkungen gegenüber Dritten erzeugt ( 80 ).

73.

Angesichts der Befugnisse des Petitionsausschusses ist daher die Annahme gerechtfertigt, dass dieser – wie der Bürgerbeauftragte – nicht verpflichtet ist, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen ( 81 ). Überdies dürfte dieser Grundsatz in Anbetracht der oben dargestellten Merkmale des Petitionsrechts auf Entscheidungen, mit denen eine Petition für unzulässig erklärt oder ohne Prüfung abgelegt wird, Anwendung finden.

d) Zum Wesen des Petitionsrechts

74.

Drittens glaube ich nicht, dass das unionsrechtliche Petitionsrecht das in einigen Mitgliedstaaten geltende Petitionsmodell widerspiegeln kann oder sich daran anlehnen muss. Nach den Informationen, über die ich verfüge, haben nur die Bundesrepublik Deutschland ( 82 ), das Königreich Spanien ( 83 ) und die französischen überseeischen Gebietskörperschaften ( 84 ) eine gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen, die auf eine Petition hin ergehen, vorgesehen. Jedoch werden nach meinen Quellen selbst im deutschen Recht Entscheidungen, mit denen eine Petition beantwortet wird, nicht als „Verwaltungsakte“ angesehen, da sie für den Petenten keine Rechtswirkungen haben ( 85 ).

75.

Indes ist das unionsrechtliche Petitionsrecht als eigenständiger Begriff anzusehen. Um in den Anwendungsbereich des Art. 263 AEUV zu fallen, muss es die Kriterien der Rechtsprechung zum Begriff der Handlung, die die Rechtsstellung des Petenten in qualifizierter Weise ändern kann, erfüllen. Zudem erinnere ich daran, dass die Unionsgerichte im Rahmen der auf die Art. 263 AEUV und 265 AEUV gestützten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt sind, den Unionsorganen und ‑stellen Anordnungen zu erteilen ( 86 ).

76.

Die Einrichtung des Petitionsrechts fällt nämlich grundsätzlich ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Parlaments als Garant der Interessen seiner Wähler. Ich möchte betonen, dass die Ausübung des Rechts, Petitionen an das Parlament zu richten, nicht in den Rahmen der Tätigkeiten einer Behörde fällt, sondern die Tätigkeiten eines politischen Organs betrifft. Dies impliziert, dass die Bürger die Entscheidungen des Parlaments bei den Europawahlen kontrollieren und sanktionieren können.

77.

Die verschiedenen Arten, auf die der Petitionsausschuss eine Petition beantworten kann, darunter die Weiterleitung an eine andere Stelle angesichts der Grenzen seines Mandats, können daher nicht mit einem ablehnenden Bescheid einer Behörde gleichgesetzt werden, da der Petitionsausschuss Teil eines politischen Repräsentativorgans ist.

78.

Folglich schlage ich vor, das Wesen des Petitionsrechts in der Möglichkeit zu sehen, dem Parlament bestimmte Fragen förmlich zur Kenntnis zu bringen, ohne dass dem Antragsteller das Recht gewährt wird, unmittelbar Rechtsschutz zu beanspruchen. Es handelt sich nicht um ein Individualrecht, das darauf gerichtet ist, Rechtswirkungen hinsichtlich der Situation eines Petenten zu erzeugen, sondern um ein politisches Mittel der Teilnahme am demokratischen Leben.

79.

Die Möglichkeit der Bürger, Schreiben oder andere Schriftstücke an das Parlament und an die Abgeordneten zu senden, ist nämlich kaum von einem formellen Petitionsrecht abhängig. Deshalb meine ich, dass die Funktion dieses Instruments aus verfassungsrechtlicher Sicht als Erteilung einer Genehmigung an das Parlament aufzufassen ist, formell mit Initiativen befasst zu werden, die weder von der Kommission noch von seinen Abgeordneten, Fraktionen oder Ausschüssen stammen ( 87 ).

80.

Dem Petitionsrecht entspricht daher die Verpflichtung des Parlaments, Mechanismen einzuführen, die es den Antragstellern ermöglichen, über effiziente und transparente Verfahren Zugang zum Parlament zu erhalten. Nur die Einführung dieser Mechanismen kann somit der Kontrolle durch die Unionsgerichte im Wege einer Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV unterliegen.

81.

In diesem Zusammenhang neige ich der Auffassung zu, dass die Kontrolle durch die Unionsgerichte nur geboten ist, wenn das Parlament eine Haltung einnimmt, in der ein schwerer und beharrlicher Verstoß gegen das Petitionsrecht zum Ausdruck kommt, der die Anwendung des Instruments der Petition als solcher in Frage stellt, insbesondere bei Verweigerung der Entgegennahme oder bei Nichtbeantwortung von Petitionen. Eine derartige Haltung würde nämlich einen Verstoß gegen die Verpflichtung des Parlaments aus den Art. 20 AEUV und 227 AEUV und 44 der Charta darstellen. In diesem Fall müsste die Kommission als Hüterin der Verträge auf die Beschwerde eines Einzelnen hin gemäß Art. 265 AEUV einschreiten.

82.

Jedenfalls ist nicht ausgeschlossen, die Lösung, die der Gerichtshof im Rahmen der Rechtsprechung zu Entscheidungen des Bürgerbeauftragten entwickelt hat, entsprechend anzuwenden, auch wenn das Petitionsrecht nicht als subjektives Recht angesehen wird. Gemäß dieser Rechtsprechung könnte ein Bürger unter ganz außergewöhnlichen Umständen nachweisen, dass der Petitionsausschuss bei der Ausübung seiner Aufgaben einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht begangen hat, der geeignet ist, dem betroffenen Bürger einen Schaden zu verursachen ( 88 ).

83.

Nach alledem bin ich der Ansicht, dass das Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466) auf einer unzutreffenden Auslegung der Tragweite des Petitionsrechts im Sinne von Art. 20 AEUV und 227 AEUV beruht, soweit Entscheidungen, mit denen eine Petition für unzulässig erklärt oder abgelegt wird, der Charakter anfechtbarer Entscheidungen zuerkannt wird.

84.

Folglich hat das Gericht, als es diese Rechtsprechung übernommen hat, im angefochtenen Urteil einen Rechtsfehler begangen.

85.

Dieser Fehler hat jedoch keine Auswirkungen auf den Tenor des angefochtenen Urteils. Ein Rechtsfehler, den das Gericht begangen hat, kann nämlich nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, wenn sich die Urteilsformel aus anderen Rechtsgründen als richtig darstellt ( 89 ). Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Begründung dahin auszutauschen, dass die gerichtliche Kontrolle für alle Entscheidungen des Petitionsausschusses des Parlaments auszuschließen ist, da diese keine anfechtbaren Handlungen im Sinne des Art. 263 AEUV darstellen.

VII – Zum zweiten Rechtsmittelgrund (erste, fünfte und sechste Rüge des Rechtsmittels)

86.

Angesichts der obigen Ausführungen sind die übrigen Rügen des Rechtsmittels, die in der Stellungnahme des Parlaments im Übrigen als offensichtlich unzulässig angesehen werden, nicht zu prüfen. Die folgende Prüfung wird somit hilfsweise dargelegt.

87.

Mit seiner ersten Rüge wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, außer Acht gelassen zu haben, dass seine Petition vom Petitionsausschuss inhaltlich nicht geprüft worden sei. Eine derartige Verfälschung der Tatsachen habe das Gericht zu der unzutreffenden Schlussfolgerung bewogen, dass das Petitionsrecht im vorliegenden Fall nicht verletzt worden sei.

88.

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren zwar nicht zur Feststellung von Tatsachen befugt ist und die Beweise, auf die das Gericht seine Feststellungen zu diesen Tatsachen gestützt hat, grundsätzlich nicht überprüfen darf, seine Befugnis zur Kontrolle der Tatsachenfeststellungen des Gerichts sich aber insbesondere darauf erstreckt, ob sich aus den Verfahrensakten ergibt, dass diese Feststellungen tatsächlich falsch sind, ob Beweise verfälscht wurden, wie sie rechtlich zu qualifizieren sind und ob die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten wurden ( 90 ).

89.

Der Vergleich zwischen Rn. 3 des angefochtenen Urteils und der in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Antwort lässt jedoch weder eine Verfälschung noch falsche Tatsachenfeststellungen erkennen. Auch wenn das Gericht das Schreiben der Vorsitzenden des Petitionsausschusses nicht wörtlich wiedergegeben hat, lässt sich dem angefochtenen Urteil klar entnehmen, dass der Ausschuss den Antrag des Rechtsmittelführers nicht geprüft hat. Jedenfalls ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil insgesamt, dass das Gericht die fragliche Petition zutreffend als zulässig eingestuft hat. Dies hat es dazu bewogen, richtigerweise darauf hinzuweisen, dass die weitere Bearbeitung einer Petition im freien Ermessen des Parlaments steht, das nicht verpflichtet ist, gegenüber dem Petenten einen bestimmten Rechtsakt zu erlassen. Folglich ist dieses Argument offenkundig nicht stichhaltig.

90.

Mit der fünften Rüge des Rechtsmittels wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht einen Begründungsmangel vor. Zu Unrecht habe das Gericht im angefochtenen Urteil trotz der vom Rechtsmittelführer im ersten Rechtszug geltend gemachten Rüge nicht geprüft, ob das Parlament beim Erlass der angefochtenen Entscheidung gegen die Begründungspflicht verstoßen habe. Da ich jedoch vorschlage, die angefochtene Entscheidung nicht als anfechtbare Handlung anzusehen, ist eine Prüfung dieser Frage überflüssig und sollte diese Rüge als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen werden.

91.

Mit der sechsten Rüge des Rechtsmittels wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht eine unvollständige Ermittlung der Tatsachen vor, da es nicht geprüft habe, ob der Rechtsmittelführer die Gelegenheit gehabt habe, sein Anliegen vor dem Petitionsausschuss darzulegen. Im Licht der Rechtsprechung, auf die in Nr. 88 der vorliegenden Schlussanträge hingewiesen worden ist, ist diese Rüge als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen. Da ich vorschlage, die Klage gegen die angefochtene Entscheidung für unzulässig zu erklären und das Gericht das angefochtene Urteil ebenfalls zutreffend auf die Unzulässigkeit des Antrags des Rechtsmittelführers gestützt hat, brauchte das Gericht jedenfalls nicht den Ablauf des Verfahrens vor dem Petitionsausschuss zu prüfen.

VIII – Ergebnis

92.

Ich schlage dem Gerichtshof vor,

das Rechtsmittel unter Austausch der Begründung des angefochtenen Urteils zurückzuweisen,

den Rechtsmittelführer zur Tragung der Kosten zu verurteilen und dem Europäischen Parlament seine eigenen Kosten aufzuerlegen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Bericht über die Beratungen des Petitionsausschusses in der Sitzungsperiode 1999-2000, A5-0162/2000, http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A5-2000-0162+0+DOC+PDF+V0//DE.

( 3 ) Bericht über die Tätigkeiten des Petitionsausschusses 2013 (2014/2008[INI], S. 17).

( 4 ) Petition Nr. 1188/2010.

( 5 ) T‑308/07, EU:T:2011:466.

( 6 ) Urteil Tegebauer/Parlament (EU:T:2011:466, Rn. 21).

( 7 ) Nach den Erläuterungen zur Charta ist das in diesem Artikel garantierte Recht das Recht, das durch die Art. 20 AEUV und 227 AEUV garantiert ist. Nach Art. 52 Abs. 2 der Charta findet es im Rahmen der in diesen beiden Artikeln festgelegten Bedingungen Anwendung.

( 8 ) Fassung vom Juli 2004 (ABl. 2005, L 44, S. 1).

( 9 ) Änderung der Vorschriften der Geschäftsordnung über das Petitionsrecht gemäß der Fassung der 7. Wahlperiode vom März 2011 (ABl. L 116). Darin wurde im Wesentlichen die nur vorübergehende Änderung der Geschäftsordnung übernommen, die gemäß dem Beschluss des Europäischen Parlaments vom 6. Mai 2009 (2006/2209 [REG]) (ABl. 2010, C 212 E, S. 140) vorgenommen worden war.

( 10 ) http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+RULES-EP+20140701+TOC+DOC+XML+V0//DE.

( 11 ) Vorschlag zur Änderung der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments (B7‑0732/2011) sowie Beschluss des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2012 über die Änderung der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments zur Umsetzung der Europäischen Bürgerinitiative (2011/2302/[REG]) (ABl. 2013, C 264 E, S. 98).

( 12 ) Da es sich weder um eigenständige noch um für sich allein tragfähige Argumente handelt, schlage ich vor, sie nicht als „Rechtsmittelgründe“ zu bezeichnen.

( 13 ) Nach Ansicht des Rechtsmittelführers unterdrückt das Gericht in seiner Darstellung des Sachverhalts, dass die Vorsitzende des Petitionsausschusses ihm ohne weitere Begründung mitgeteilt habe, seine Petition sei zwar zulässig, aber der Petitionsausschuss könne sich mit deren Inhalt nicht befassen. In der Folge unterstelle das Gericht in einer den Sachverhalt verfälschenden Weise, dass eine Prüfung der Petition stattgefunden habe.

( 14 ) Das Gericht verkenne den Schutzumfang des Petitionsgrundrechts, indem es rechtsfehlerhaft davon ausgehe, dass sich dieser Schutzumfang lediglich auf die Prüfung der Zulässigkeit einer Petition beschränke. Der Schutzumfang schließe jedoch auch den Anspruch auf eine inhaltliche Prüfung der Petition und auf einen Bescheid in der Sache ein, wenn die Petition zulässig sei (Befassungsanspruch).

( 15 ) Das Gericht überlasse sich dem logischen Widerspruch, dass die Nichtprüfung einer zulässigen Petition durch das Parlament keine Rechtswirkungen entfalten solle, obwohl die Nichtprüfung einer unzulässigen Petition Rechtswirkungen entfalte.

( 16 ) Das Gericht setze sich in Widerspruch zum Urteil Tegebauer/Parlament, wo es entschieden habe, dass die Wirksamkeit des Petitionsrechts beeinträchtigt werden könne, wenn eine Petition inhaltlich nicht geprüft worden sei.

( 17 ) Das Gericht übersehe den in der mangelnden Begründung der Entscheidung des Parlaments liegenden Rechtsverstoß. Stattdessen ersetze es die mangelnde Begründung der Nichtbehandlung der Petition durch seine eigene Begründung.

( 18 ) Das Gericht versäume es, die Tatsache zu würdigen, dass dem Rechtsmittelführer die Möglichkeit verwehrt worden sei, dem Petitionsausschuss sein Anliegen unverfälscht vorzutragen.

( 19 ) Der Rechtsmittelführer verweist auf Rn. 17 des angefochtenen Urteils, es handelt sich aber um Rn. 16 dieses Urteils.

( 20 ) Die Einreichung von Petitionen und ihre Prüfung durch die Versammlung waren bereits in der Geschäftsordnung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) vorgesehen. Auf dem Gipfeltreffen von Paris 1977 fasste das Parlament eine Entschließung über die Zuerkennung besonderer Rechte an die Bürger der Europäischen Gemeinschaft, in der es die Kommission der Europäischen Gemeinschaften aufforderte, den Bürgern vorrangig das Petitionsrecht zuzuerkennen.

( 21 ) Die Zuerkennung des Petitionsrechts an die europäischen Bürger wurde erstmals 1984 vom Europäischen Rat durch die Annahme der Vorschläge des Ausschusses „Europa der Bürger“ bestätigt.

( 22 ) Am 12. April 1989 unterzeichnete Vereinbarung (ABl. C 120, S. 90).

( 23 ) Gemäß ihrem Art. 52 Abs. 2 gewährleistet die Charta das Petitionsrecht im Rahmen der in den Art. 20 AEUV und 227 AEUV festgelegten Bedingungen. Das Petitionsrecht ist auch in Art. 24 AEUV genannt.

( 24 ) Etymologisch bedeutet „Petition“ Ersuchen (lateinisch „petere“ – ersuchen). Für eine Analyse vgl. Surrel, H., „Le ‚droit de pétition‘ au Parlement européen“, RMC, Nr. 335, März 1990.

( 25 ) Entschließung des Europäischen Parlaments über die Beratungen des Petitionsausschusses in der Sitzungsperiode 2003-2004 (2004/2090[INI], ABl. 2005, C 320 E, S. 161).

( 26 ) Die Bedingungen ihrer Ausübung sind in der Verordnung Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (ABl. L 65, S. 1) geregelt.

( 27 ) Bericht über die Tätigkeiten des Petitionsausschusses 2013 (2014/2008[INI], A7‑0131/2014).

( 28 ) Bericht über die Beratungen des Petitionsausschusses in der Sitzungsperiode 1993‑1994 (A3‑0158/94).

( 29 ) Bericht vom 27. November 2001 (A5‑0429/2001) über das Petitionsrecht des europäischen Bürgers: eine Vertragsrevision zu dessen Stärkung (2001/2137[INI]).

( 30 ) Das Petitionsrecht ist in Art. 17 des Grundgesetzes im Abschnitt „Grundrechte“ verankert: http://www.bundestag.de/bundestag/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01/245122.

Gemäß Art. 45c GG wurde ein Petitionsausschuss gebildet:

http://www.bundestag.de/bundestag/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_03/245126.

Die Aufgaben und Befugnisse dieses Ausschusses sind näher geregelt durch das Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses:

http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a02/grundsaetze/petitionsausschuss_befugnisse/260546

und die Geschäftsordnung des Bundestags, §§ 108 ff. (http://www.bundestag.de/bundestag/aufgaben/rechtsgrundlagen/go_btg/go09/245168).

( 31 ) Für eine tiefer gehende Analyse vgl. Bericht des Europäischen Parlaments „Le droit de pétition dans les pays de l’Union“ von 2001: http://www.uni‑mannheim.de/edz/pdf/dg4/POLI119_FR.pdf.

( 32 ) Vgl. Bericht des Europäischen Parlaments „Le droit de pétition dans les pays de l’Union“, S. 140 und 141.

( 33 ) Der Petitionsausschuss ist jedoch nicht verpflichtet, diese Petitionen zu prüfen, vgl. Art. 201 Abs. 13 der geänderten Geschäftsordnung.

( 34 ) Doch beziehen sich Art. 20 Buchst. d AEUV, Art. 24 Abs. 2 AEUV und Art. 227 AEUV ausdrücklich auf das Recht der Unionsbürger.

( 35 ) Vgl. Petition Nr. 1038/96 gegen Tierversuche in der Kosmetikbranche, die von 4 Millionen Personen unterzeichnet wurde.

( 36 ) Vgl. etwa Umweltauswirkungen der geplanten Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland P6_TA(2008)0336, Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2008 zu den Umweltauswirkungen der geplanten Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland (Petitionen 0614/2007 und 0952/2007) (2007/2118[INI], ABl. 2009, C 294 E, S. 3).

( 37 ) Vgl. Entschließung 2003-2004 (2004/2090[INI]): „in der Erwägung, dass das Europäische Parlament als direkt gewählte Vertretung der Bürger Europas auf europäischer Ebene die besondere Pflicht und das besondere Vorrecht hat, die Rechte der Bürger zu verteidigen; in der Erwägung, dass das Parlament dennoch der Hilfe und der loyalen Kooperation insbesondere der Kommission als Hüterin der Verträge bedarf, wenn es in der Lage sein soll, Probleme zu lösen, die die Bürger veranlasst haben, bei ihm um Hilfe nachzusuchen“.

( 38 ) 23. Jahresbericht der Kommission über die Kontrolle der Anwendung des Unionsrechts, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2006:0416:FIN:DE:PDF, S. 4.

( 39 ) Entwurf eines Berichts über die Tätigkeiten des Petitionsausschusses 2012 (2013/2013[INI]):

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=‑//EP//NONSGML+COMPARL+PE‑508.200+03+DOC+PDF+V0//DE&language=DE

( 40 ) Bericht zum Institut der Petition an der Schwelle zum 21. Jahrhundert (2000/2026 [INI]) (A5‑0088/2001, S. 11).

( 41 ) Vgl. den oben angeführten 23. Jahresbericht der Kommission.

( 42 ) Vgl. die Aufforderung des Petitionsausschusses an die Kommission, Petitionen und Beschwerden gleichermaßen zu berücksichtigen, was die Funktionsweise der Verletzungsverfahren angeht; Rn. 17 des Entwurfs eines Berichts über das Ergebnis der Beratungen des Petitionsausschusses im Jahr 2012 (2013/2013[INI]), http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=‑//EP//NONSGML+COMPARL+PE‑508.200+03+DOC+PDF+V0//DE&language=DE

( 43 ) Anders als die Bürgerinitiative, die in der oben angeführten Verordnung Nr. 211/2011 geregelt ist.

( 44 ) Diese Bestimmungen sind zwar auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls nicht anwendbar, haben aber im Wesentlichen keine Änderung gebracht. Zu den nacheinander erfolgten Änderungen vgl. rechtlicher Rahmen.

( 45 ) Das Parlament hat sich sogar die Frage nach der Notwendigkeit gestellt, das gesamte Petitionsverfahren zu ändern: Bericht über die Tätigkeiten des Petitionsausschusses 2013 (2014/2008[INI], S. 18).

( 46 ) Die Petitionen müssen mit Namen, Staatsangehörigkeit und Wohnsitz aller Petenten versehen sein. Sie müssen in einer Amtssprache der Union abgefasst sein. Nach Art. 201 Abs. 5 können aber Petitionen, die in einer anderen Sprache abgefasst sind, geprüft werden, wenn ihnen eine Übersetzung beigefügt ist.

( 47 ) Vgl. Bericht über die Tätigkeit des Petitionsausschusses im Jahr 2012 (2013/2013[INI]) – Anhang mit Statistiken, aus denen die Kategorien von Anträgen hervorgehen.

( 48 ) Aus den vorhergehenden Berichten des Petitionsausschusses geht hervor, dass Anträge, die nicht mit Art. 227 AEUV im Einklang stehen, nicht als Petitionen registriert wurden. Aus dem Bericht des Petitionsausschusses für 2013 geht hervor, dass „der Ausschuss [bislang] etwa 10000 Petitionen seit 2009 erhalten [hat], die registriert wurden. Etwa 60 % dieser Petitionen wurden für zulässig erklärt, da sie in den Tätigkeitsbereich der Europäischen Union fallen.“ Die Unterscheidung zwischen nicht registrierten und unzulässigen Anträgen ist verwirrend. Nach dem Bericht „hat der Petitionsausschuss im Jahr 2013 insgesamt 2885 Petitionen erhalten. Der Petitionsausschuss hat es geschafft, etwa 989 Petitionen zu bearbeiten, von denen 654 zulässig waren und 335 unzulässig. 538 wurden abgeschlossen. 199 wurden als zulässig erachtet, geprüft und abgeschlossen“. Es ist nicht klar, ob diese Entscheidungen mitgeteilt und begründet wurden. Für die nicht registrierten Anträge scheint dies nicht der Fall zu sein.

( 49 ) Nach einer Analyse des Parlaments werden Petitionen vor allem deshalb für unzulässig erklärt, weil den Petenten die nationalen und die europäischen Tätigkeitsbereiche sowie die verschiedenen Zuständigkeiten der europäischen Organe, des Europarats und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach wie vor nicht bewusst sind (vgl. http://www.europarl.europa.eu/ftu/pdf/de/FTU_2.1.4.pdf).

( 50 ) Bericht über die Beratungen des Petitionsausschusses in der Sitzungsperiode 1999-2000 (A5‑0162/2000).

( 51 ) Entwurf eines Berichts über das Ergebnis der Beratungen des Petitionsausschusses im Jahr 2012 (2013/2013[INI], Buchst. J).

( 52 ) Idem.

( 53 ) Urteile IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264, Rn. 9), Athinaïki Techniki/Kommission (C‑521/06 P, EU:C:2008:422, Rn. 29) sowie Internationaler Hilfsfonds/Kommission (C‑362/08 P, EU:C:2010:40, Rn. 51).

( 54 ) Beschluss Planet/Kommission (T‑320/09, EU:T:2011:172, Rn. 37 bis 39).

( 55 ) 294/83, EU:C:1986:166, Urteil kodifiziert durch Art. G Nr. 53 des Vertrags von Maastricht, mit dem Art. 173 des EG-Vertrags geändert wurde.

( 56 ) Urteil Weber/Parlament (C‑314/91, EU:C:1993:109, Rn. 9 und 10).

( 57 ) Urteil Rat/Parlament (34/86, EU:C:1986:291). Später wurde präzisiert, dass die auf Art. 314 Abs. 9 AEUV gestützte Handlung eine anfechtbare Handlung im Sinne des Art. 263 AEUV darstellt, da sie dem Haushaltsplan der Union Bindungswirkung verleiht, vgl. Urteil Rat/Parlament (C‑77/11, EU:C:2013:559, Rn. 50, 54 bis 56, 60 und 63).

( 58 ) Urteil Weber/Parlament (EU:C:1993:109, Rn. 9 und 10).

( 59 ) Urteil Luxemburg/Parlament (C‑213/88 und C‑39/89, EU:C:1991:449).

( 60 ) Beschluss Fraktion der Europäischen Rechten/Parlament (78/85, EU:C:1986:227, Rn. 11).

( 61 ) Beschluss Blot und Front national/Parlament (C‑68/90, EU:C:1990:222, Rn. 12).

( 62 ) Vgl. Beschluss Miethke/Parlament (C‑25/92, EU:C:1993:32) zu einem Antrag an das Parlament, festzustellen, dass die Mandate der deutschen Abgeordneten infolge der Wiedervereinigung Deutschlands ungültig geworden seien.

( 63 ) In einer neueren Rechtssache, die eine Klage auf Nichtigerklärung der Beratungen des Parlaments über den Tagungskalender betraf, Urteil Frankreich/Parlament (C‑237/11 und C‑238/11, EU:C:2012:796).

( 64 ) Wie sich aus den Erläuterungen zur Charta ergibt, sind subjektive Rechte zu beachten, während Grundsätze einzuhalten sind. Außerdem ist präzisiert, dass ein Artikel der Charta in einigen Fällen sowohl Elemente eines Rechts als auch eines Grundsatzes enthalten kann.

( 65 ) C‑176/12, EU:C:2014:2.

( 66 ) Vgl. Schlussanträge in der Rechtssache Association de médiation sociale (C‑176/12, EU:C:2013:491, Nr. 54).

( 67 ) Kodex für gute Verwaltungspraxis der Kommission aus dem Jahr 2000: http://ec.europa.eu/transparency/code/_docs/code_de.pdf.

( 68 ) Hin zu einer verstärkten Kultur der Konsultation und des Dialogs – Allgemeine Grundsätze und Mindeststandards für die Konsultation betroffener Parteien durch die Kommission (KOM[2002] 704 endgültig).

( 69 ) Vgl. u. a. Beschlüsse Grúas Abril Asistencia/Kommission (C‑521/10 P, EU:C:2011:418, Rn. 29) und Altner/Kommission (C‑411/11 P, EU:C:2011:852, Rn. 8).

( 70 ) http://ec.europa.eu/eu_law/your_rights/your_rights_de.htm6recours.

( 71 ) Urteile Johnston (222/84, EU:C:1986:206, Rn. 18 und 19); Heylens u. a. (222/86, EU:C:1987:442, Rn. 14), Kommission/Österreich (C‑424/99, EU:C:2001:642, Rn. 45), Unión de Pequeños Agricultores/Rat (C‑50/00 P, EU:C:2002:462, Rn. 39) und Eribrand (C‑467/01, EU:C:2003:364, Rn. 61).

( 72 ) Urteil Heylens u. a. (EU:C:1987:442, Rn. 14).

( 73 ) Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln.

( 74 ) Urteil Rendo u. a./Kommission (C‑19/93 P, EU:C:1995:339, Rn. 27).

( 75 ) Urteil SFEI u. a./Kommission (C‑39/93 P, EU:C:1994:253, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 76 ) T‑16/91, EU:T:1992:109, Rn. 54 bis 56.

( 77 ) Dieses Urteil wurde im Übrigen vom Gerichtshof durch das Urteil Rendo u. a./Kommission (EU:C:1995:339) aufgehoben und führte zum Urteil Rendo u. a./Kommission (T‑16/91, EU:T:1996:189).

( 78 ) Vgl. Urteil Komninou u. a./Kommission (C‑167/06 P, EU:C:2007:633, Rn. 44).

( 79 ) Beschluss Associazione delle Cantine Sociali Venete/Bürgerbeauftragter und Parlament (T‑103/99, EU:T:2000:135, Rn. 50).

( 80 ) Vgl. Beschluss Srinivasan/Bürgerbeauftragter (T‑196/08, EU:T:2008:470).

( 81 ) Vgl. entsprechend Urteil Bürgerbeauftragter/Lamberts (C‑234/02 P, EU:C:2004:174, Rn. 48 bis 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 82 ) Grundsätzlich werden diese Handlungen nicht als „Verwaltungsakte“ angesehen, da sie keine Rechtswirkungen für den Petenten haben. Aber der Petent kann eine Entscheidung, die keine Rechtswirkungen erzeugt, mit der „allgemeinen Leistungsklage“ einem Verwaltungsgericht zur gerichtlichen Kontrolle unterbreiten. Nach Erschöpfung des Rechtswegs kommt auch eine Verfassungsbeschwerde in Betracht. Zur Praxis vgl. z. B. http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20121121_2bvr172012.html, wo das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat, die sich gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin‑Brandenburg vom 20. Juni 2012 richtete, dem eine Entscheidung des Petitionsausschusses des Bundestags zugrunde lag, der die Behandlung einer Petition mit der Begründung abgelehnt hatte, es befänden sich bereits zwei sachgleiche Petitionen in der Prüfung durch die zuständigen Bundesministerien.

( 83 ) Nach spanischem Recht ist bei einer Petition an die Kammern des Parlaments, wenn eine Handlung des Parlaments ein Grundrecht verletzt, die Möglichkeit vorgesehen, eine Klage beim Verfassungsgerichtshof einzureichen. In diesem Fall ist eine Klage vor den Verwaltungsgerichten ausgeschlossen, da die Tätigkeit des Parlaments konstitutioneller Natur ist.

( 84 ) Was das französische Recht betrifft, besteht nur in den überseeischen Gebietskörperschaften die Möglichkeit einer Klage beim Verwaltungsgericht, jedoch nur bei bestimmten Entscheidungen.

( 85 ) Um genau zu sein, stellt die nach deutschem Recht vorgesehene Kontrolle eine formelle und keine inhaltliche Kontrolle dar. So kann sich ein Bürger mit der Begründung an ein Verwaltungsgericht wenden, der Bundestag habe seine Petition nicht behandelt oder das ordnungsgemäße Verfahren nicht eingehalten. Hingegen kann das Verwaltungsgericht nicht in der Sache entscheiden.

( 86 ) Vgl. Beschluss Pevasa und Inpesca/Kommission (C‑199/94 P und C‑200/94 P, EU:C:1995:360, Rn. 24), Urteil Assurances du crédit/Rat und Kommission (C‑63/89, EU:C:1991:152, Rn. 30) sowie Beschlüsse Victoria Sánchez/Parlament und Kommission (EU:C:2011:693 Rn. 38) und Mugraby/Rat und Kommission (C‑581/11 P, EU:C:2012:466, Rn. 75).

( 87 ) Ich erinnere an die in Nr. 1 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegebene Stellungnahme des Petitionsausschusses, wonach eine Petition ein Instrument für Einzelpersonen ist, sich offiziell Gehör zu verschaffen [Anm. d. Ü.: In der französischen Fassung der zitierten Stellungnahme heißt es: „… faire entendre officiellement sa voix“ („… sich offiziell Gehör zu verschaffen“)].

( 88 ) Vgl. entsprechend Urteil Bürgerbeauftragter/Lamberts (EU:C:2004:174, Rn. 52).

( 89 ) Urteil ThyssenKrupp Nirosta/Kommission (C‑352/09 P, EU:C:2011:191, Rn. 136).

( 90 ) Urteil Siemens u. a./Kommission (C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, EU:C:2013:866, Rn. 38 und 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).