BESCHLUSS DES VIZEPRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS
7. März 2013 ( *1 )
„Rechtsmittel — Vorläufiger Rechtsschutz — Unternehmenszusammenschlüsse — Europäischer Elektrizitätsmarkt — Erlangung der Kontrolle über die Segebel SA durch EDF — Entscheidung, mit der der Zusammenschluss vorbehaltlich der Einhaltung der von EDF übernommenen Verpflichtungen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird — Weigerung der Kommission, EDF eine Verlängerung der Frist für die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zu gewähren — Begriffe Dringlichkeit sowie schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden“
In der Rechtssache C-551/12 P(R)
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 57 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 30. November 2012,
Électricité de France SA (EDF) mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: A. Creus Carreras und A. Valiente Martin, abogados,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch C. Giolito und S. Noë als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER VIZEPRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS
nach Anhörung des Ersten Generalanwalts N. Jääskinen
folgenden
Beschluss
1 |
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Électricité de France SA (EDF) (im Folgenden: EDF) die Aufhebung des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Oktober 2012, Électricité de France/Kommission (T-389/12 R, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem das Gericht ihren Antrag auf einstweilige Anordnungen hinsichtlich der Entscheidung C(2012) 4617 endg. der Kommission vom 28. Juni 2012 (im Folgenden: streitige Entscheidung) zurückgewiesen hat, mit der ihr die Verlängerung der Frist für die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen, die in der Entscheidung C(2009) 9059 vom 12. November 2009 aufgeführt waren, mit der der Zusammenschluss mit dem Ziel der Erlangung der Kontrolle über die Aktiva des Unternehmens Segebel durch Électricité de France (Sache COMP/M.5549 – EDF/Segebel) genehmigt worden war, verweigert worden ist. |
Rechtlicher Rahmen, Sachverhalt und Verfahren vor dem Präsidenten des Gerichts
2 |
Der rechtliche Rahmen und der Sachverhalt, der dem Rechtsstreit zugrunde liegt, wurden in den Randnrn. 1 bis 5 des angefochtenen Beschlusses wie folgt zusammengefasst:
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3 |
Mit Klageschrift, die am 5. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. |
4 |
Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts einging, stellte die Rechtsmittelführerin nach Art. 76a der Verfahrensordnung des Gerichts einen Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und beantragte beim Präsidenten des Gerichts,
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5 |
Die Kommission beantragte in ihren schriftlichen Erklärungen beim für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter, den genannten Antrag zurückzuweisen. |
Angefochtener Beschluss
6 |
Nachdem der Präsident des Gerichts in Randnr. 10 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dass die Voraussetzungen für die Dringlichkeit und den fumus boni iuris kumulativ seien, hat er ab Randnr. 13 dieses Beschlusses zunächst geprüft, ob die Voraussetzung für die Dringlichkeit erfüllt gewesen ist. |
7 |
In Randnr. 14 des angefochtenen Beschlusses hat er festgestellt, dass nach Ansicht von EDF die durch die streitige Entscheidung geschaffene Dringlichkeit dieser selbst immanent sei, da sie dazu verpflichte, bestimmte Aktiva an (potenzielle) Wettbewerber zu veräußern, und dass es nach einer erfolgten Veräußerung unmöglich sei, das wieder rückgängig zu machen. Er hat ergänzt, dass der so verursachte Schaden nach dem Vorbringen von EDF fast nicht zu beziffern sei, da EDF ihn auf unbestimmte Zeit habe, und dass eine sofortige Veräußerung ein ernstes Risiko eines Verlustverkaufs in sich berge. |
8 |
Nachdem der Präsident des Gerichts in Randnr. 15 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen hatte, dass sich die Dringlichkeit eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz nach der Notwendigkeit richte, eine einstweilige Anordnung zu treffen, damit der Antragsteller keinen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleide, hat er in den Randnrn. 16 bis 18 des genannten Beschlusses festgestellt, dass die beantragte einstweilige Anordnung, wenn der geltend gemachte Schaden finanzieller Art sei, zu rechtfertigen sei, wenn erkennbar sei, dass die Rechtsmittelführerin andernfalls in eine Lage geriete, die ihre finanzielle Lebensfähigkeit vor dem Ergehen der abschließenden Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache bedrohen könnte, oder dass ihre Marktanteile insbesondere im Hinblick auf den Zuschnitt und den Umsatz ihres Unternehmens sowie die Merkmale des Konzerns, dem sie angehöre, wesentlich verändert würden. Daher müsse der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz konkrete und präzise, mit detaillierten Unterlagen untermauerte Angaben enthalten, die ein getreues und umfassendes Abbild der finanziellen Situation der Rechtsmittelführerin gäben und erlaubten, die genauen Auswirkungen abzuschätzen, die in Ermangelung der beantragten Maßnahmen wahrscheinlich einträten. |
9 |
In den Randnrn. 19 bis 21 des angefochtenen Beschlusses hat der Präsident des Gerichts entschieden, dass der im vorliegenden Fall geltend gemachte Schaden offensichtlich als ein Schaden rein finanzieller Art zu qualifizieren sei, da EDF nur bezweifle, dass er quantifizierbar sei. Er hat festgestellt, dass EDF in dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz keine Informationen über den Zuschnitt und den Umsatz ihres Unternehmens mitgeteilt und sie daher kein getreues und umfassendes Abbild ihrer finanziellen Situation vermittelt habe. Ferner habe EDF ihre Zugehörigkeit zum EDF-Konzern nicht einmal erwähnt, geschweige denn dessen finanzielle Lage dargelegt. |
10 |
In den Randnrn. 22 bis 24 des angefochtenen Beschlusses hat der Präsident des Gerichts festgestellt, dass EDF nicht bewiesen habe, dass der behauptete finanzielle Schaden hinreichend schwerwiegend sei, um den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen. EDF habe insbesondere nicht bewiesen, dass sie ohne die beantragte einstweilige Anordnung in eine Lage geriete, die ihre Existenz bedrohen oder ihre Marktanteile wesentlich verändern könne. Daher hat der Präsident des Gerichts entschieden, dass die vorgebrachte Dringlichkeit nicht bewiesen worden sei und dass der von der Rechtsmittelführerin behauptete finanzielle Schaden den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nicht rechtfertigen könne. |
11 |
Schließlich hat der Präsident des Gerichts in den Randnrn. 25 und 26 des angefochtenen Beschlusses ergänzend hinzugefügt, dass der behauptete finanzielle Schaden kleiner als die erforderlichen auf 800 Mio. Euro geschätzten Investitionskosten für die Durchführung des Projekts Nest-Energie gewesen sein müsste. Da sich der Gesamtumsatz des EDF-Konzerns im Jahr 2011 laut offen zugänglichen Informationsquellen, u. a. dem vom Konzern in seinem Internetauftritt veröffentlichten Bericht 2011, auf mehr als 65 Mrd. Euro belaufen habe, hat der Präsident des Gerichts entschieden, dass anscheinend ausgeschlossen werden könne, dass der der Rechtsmittelführerin entstandene Schaden, sei es durch die Veräußerung der Aktiva der mit der Entwicklung des Projekts Nest-Energie beauftragten Gesellschaft, sei es durch die abschließende Entscheidung, selbst in dieses Projekt zu investieren, als schwerer Schaden qualifiziert werden könne. |
12 |
In den Randnrn. 27 und 28 des angefochtenen Beschlusses hat der Präsident des Gerichts den Antrag von EDF auf vorläufigen Rechtsschutz mangels Dringlichkeit zurückgewiesen, ohne dass er die Irreparabilität des behaupteten Schadens geprüft hat. |
Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien
13 |
EDF beantragt,
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14 |
In ihrer am 21. Dezember 2012 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenen Stellungnahme beantragt die Kommission, das Rechtsmittel oder, hilfsweise, den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen und EDF die Kosten aufzuerlegen. |
15 |
Am 28. Januar 2013 hat eine – von der Rechtsmittelführerin beantragte – Anhörung stattgefunden, in der die Parteien mit ihren mündlichen Ausführungen und ihren Antworten auf Fragen gehört worden sind. |
Zum Rechtsmittel
16 |
Zur Stützung ihres Rechtsmittels trägt EDF fünf Rechtsmittelgründe vor:
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17 |
Zunächst ist der vierte Rechtsmittelgrund zu prüfen, mit dem ein Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff Dringlichkeit geltend gemacht wird, der sich in drei Teile gliedert. |
18 |
Erstens beanstandet EDF, dass der Präsident des Gerichts der Ansicht gewesen sei, dass die für den Erlass von einstweiligen Anordnungen erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere die für den fumus boni iuris und die Dringlichkeit, völlig voneinander getrennt seien, während sie in Wirklichkeit miteinander verknüpft seien, so dass der fumus boni iuris, der im vorliegenden Fall sehr ausgeprägt sei, eine Auswirkung auf die Beurteilung der Dringlichkeitsvoraussetzung hätte haben müssen. |
19 |
Zweitens sei der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft in Bezug auf den Begriff „schwerer Schaden“. Nach der Rechtsprechung sei ein schwerer Schaden einfach ein nicht unerheblicher Schaden. Die vom Präsidenten des Gerichts in diesem Beschluss vorgenommene Beurteilung würde in der Praxis darauf hinauslaufen, dass ein einem großen Unternehmen zugefügter Schaden – zu Unrecht – nie als schwer eingestuft würde. EDF beruft sich zur Stützung ihres Vorbringens auf den Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. Januar 1975, Johnson & Firth Brown/Kommission (3/75 R, Slg. 1975, 1), mit dem dieser der Antragstellerin die beantragte vorläufige Maßnahme gewährt und die Verpflichtung für die British Steel Corporation, bestimmte Aktiva zu verkaufen, aufgeschoben habe. EDF trägt auch vor, dass die Kommission im Rahmen der Rechtssache, die zum Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 2002, Schneider Electric/Kommission (T-77/02, Slg. 2002, II-4201), geführt habe, stillschweigend die Dringlichkeit der Lage anerkannt habe, in der das betroffene Unternehmen die schon erworbenen Aktien hätte verkaufen müssen, da sie mit diesem Unternehmen eine gütliche Einigung über die Verschiebung der Frist für die Durchführung des Wiederverkaufs vereinbart habe. |
20 |
Drittens habe der Präsident des Gerichts einen Rechtsfehler begangen, indem er den EDF entstandenen Schaden als „rein finanzieller Art“ qualifiziert habe. |
21 |
Soweit die Rechtsmittelführerin im ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes vorträgt, dass die für den Erlass von einstweiligen Anordnungen erforderlichen Voraussetzungen miteinander verknüpft seien, so dass der fumus boni iuris, der im vorliegenden Fall angeblich sehr ausgeprägt sei, eine Auswirkung auf die Beurteilung der Dringlichkeitsvoraussetzung hätte haben müssen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Voraussetzungen nach der Rechtsprechung und, wie der Präsident des Gerichts in Randnr. 10 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, kumulativ sind, so dass Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen sind, sofern eine von ihnen fehlt (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Oktober 1996, SCK und FNK/Kommission, C-268/96 P[R], Slg. 1996, I-4971, Randnr. 30, vom 17. Dezember 1998, Emesa Sugar/Kommission, C-364/98 P[R], Slg. 1998, I-8815, Randnr. 47, und vom 25. Oktober 2012, Hassan/Rat, C-168/12 P[R], Randnr. 22). |
22 |
Im Rahmen dieser Gesamtprüfung verfügt der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der diese verschiedenen Voraussetzungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Vorschrift des Unionsrechts ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 19. Juli 1995, Kommission/Atlantic Container Line u. a., C-149/95 P[R], Slg. 1995, I-2165, Randnr. 23, und Emesa Sugar/Kommission, Randnr. 44). |
23 |
Somit ist nicht ausgeschlossen, dass der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter, wenn er es für zweckmäßig erachtet, den mehr oder weniger vertretbaren vorgetragenen Gründen für den Nachweis des fumus boni iuris bei seiner Dringlichkeitsprüfung und gegebenenfalls bei der Abwägung der vorliegenden Interessen Rechnung tragen kann (Beschluss Hassan/Rat, Randnr. 24; in diesem Sinne auch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 23. Februar 2001, Österreich/Rat, C-445/00 R, Slg. 2001, I-1461, Randnr. 110). |
24 |
Wenn nun das unterschiedliche Gewicht des fumus boni iuris auch einen Einfluss auf die Würdigung der Dringlichkeit hat, handelt es sich gleichwohl nach Art. 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts um zwei verschiedene Voraussetzungen, die darüber entscheiden, ob eine Aussetzung des Vollzugs gewährt wird, so dass der Antragsteller auch das Drohen eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens glaubhaft machen muss (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 31. Januar 2011, Kommission/Éditions Odile Jacob, C-404/10 P-R, Randnr. 27, und vom 19. Juli 2012, Akhras/Rat, C-110/12 P[R], Randnr. 26). |
25 |
Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass, auch wenn der Präsident des Gerichts das Vorliegen eines fumus boni iuris geprüft oder akzeptiert hätte, ihn dies nicht von der Prüfung der Dringlichkeitsvoraussetzung entbunden hätte und für sich alleine nicht zum Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung hätte führen können (Beschluss Hassan/Rat, Randnr. 26). |
26 |
Daraus folgt, dass Randnr. 13 des angefochtenen Beschlusses, nach der zunächst zu prüfen ist, ob die Voraussetzung für die Dringlichkeit erfüllt ist, nicht rechtsfehlerhaft ist. Daher ist der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. |
27 |
Mit dem zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes trägt die Rechtsmittelführerin vor, dass der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft in Bezug auf den Begriff „schwerer Schaden“ sei. Sie macht insbesondere geltend, dass die in diesem Beschluss vom Präsidenten des Gerichts vorgenommene Beurteilung in der Praxis darauf hinauslaufe, anzunehmen, dass ein einem großen Unternehmen zugefügter Schaden – zu Unrecht – nie als schwer eingestuft werde. |
28 |
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Präsident des Gerichts in den Randnrn. 16 bis 19 des angefochtenen Beschlusses zunächst die Prämisse aufgestellt hat, dass ein Antragsteller zum Nachweis eines schweren und nicht wiedergutzumachenden finanziellen Schadens, den er erleiden könne, in seinem Antrag auf einstweilige Anordnung konkrete und präzise, mit detaillierten Unterlagen untermauerte Angaben vorlegen müsse, durch die ein getreues und umfassendes Abbild seiner finanziellen Situation geschaffen und so die genauen Auswirkungen beurteilt werden könnten, die in Ermangelung der beantragten Maßnahmen wahrscheinlich einträten. |
29 |
Sodann hat der Präsident des Gerichts in den Randnrn. 20 und 21 dieses Beschlusses festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin in dem Antrag auf einstweilige Anordnung keine Informationen über den Zuschnitt und den Umsatz ihres Unternehmens mitgeteilt habe. Weiter habe sie ihre Zugehörigkeit zum EDF-Konzern nicht einmal erwähnt, geschweige denn dessen finanzielle Lage dargelegt. In Randnr. 22 des genannten Beschlusses schließt er daraus, dass die Rechtsmittelführerin nicht bewiesen habe, dass der behauptete finanzielle Schaden ausreichend schwer sei, um den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen, und er hat daher in Randnr. 27 dieses Beschlusses ausgeführt, dass es folglich nicht erforderlich sei, die Irreparabilität des behaupteten Schadens zu prüfen. |
30 |
Es ist festzustellen, dass diese Begründung einen Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff „schwerer Schaden“ enthält. |
31 |
Zum einen stützt der Präsident des Gerichts, indem er der Ansicht ist, dass er die Schwere des von der Rechtsmittelführerin in ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung behaupteten finanziellen Schadens ohne Angaben, die ein getreues und umfassendes Abbild ihrer finanziellen Situation geben könnten, nicht beurteilen könne, seine Begründung auf eine äußerst relative Auffassung in Bezug auf diesen Begriff der Schwere. Denn diese Begründung bedeutet, dass es stets unerlässlich ist, die Höhe des behaupteten finanziellen Schadens mit dem Zuschnitt des Unternehmens, dem er ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung entsteht, zu vergleichen. Nun ist dies bei einem wie dem von der Rechtsmittelführerin vorliegend gestellten Antrag nicht der Fall, der sich nicht auf deren finanzielle Situation, sondern im Wesentlichen auf die Verpflichtung, eine kommerzielle Entscheidung innerhalb einer angeblich ungeeigneten Frist zu treffen, stützt. |
32 |
Zwar kann der Zuschnitt des antragstellenden Unternehmens eine Auswirkung auf die Würdigung der Schwere des behaupteten finanziellen Schadens haben, der umso schwerer wiegt, wenn er im Verhältnis zu diesem Zuschnitt sehr beachtlich ist, und andernfalls umso weniger schwer wiegt. So kann das Vorbringen in Bezug auf die behauptete Schwere eines Schadens unter bestimmten Umständen auf der Grundlage eines einfachen Vergleichs zwischen diesem und dem Umsatz des Unternehmens, bei dem der Schaden eintreten könnte, zurückgewiesen werden (in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 26. Februar 1981, Arbed u. a./Kommission, 20/81 R, Slg. 1981, 721, Randnr. 14, und vom 23. Mai 1990, Comos-Tank u. a./Kommission, C-51/90 R und C-59/90 R, Slg. 1990, I-2167, Randnrn. 25 und 26). |
33 |
Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein objektiv beträchtlicher finanzieller Schaden, der aus der Verpflichtung, eine wichtige kommerzielle Entscheidung innerhalb einer ungeeigneten Frist abschließend zu treffen, entstanden sein soll, als „schwer“ bezeichnet oder die Schwere eines solchen Schadens auch ohne Informationen über den Zuschnitt des betreffenden Unternehmens als offensichtlich betrachtet werden kann. Daher kann der Umstand, dass die Rechtsmittelführerin in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz keine Angaben über den Zuschnitt ihres Unternehmens gemacht hat, für sich alleine nicht ausreichen, um die Zurückweisung dieses Antrags damit zu begründen, dass die Rechtsmittelführerin die Schwere des behaupteten Schadens nicht bewiesen habe. |
34 |
Zum anderen ist, soweit sich der angefochtene Beschluss in seiner Randnr. 22 darauf stützt, dass die Rechtsmittelführerin insbesondere nicht nachgewiesen habe, dass sie, gemäß den von der in Randnr. 16 dieses Beschlusses angeführten Rechtsprechung verlangten Voraussetzungen, ohne die beantragte einstweiligen Anordnung in eine Lage geriete, die ihre Existenz bedrohen oder ihre Marktanteile wesentlich verändern könne, festzustellen, dass es sich bei diesen Voraussetzungen ihrer Natur nach eher um den Begriff der Irreparabilität des behaupteten Schadens als um dessen Schwere geht. Da sich der angefochtene Beschluss ausschließlich auf die Tatsache stützt, dass das Vorliegen eines schweren Schadens nicht bewiesen sei, ohne dass dessen Irreparabilität geprüft worden wäre, sind diese Voraussetzungen für die Würdigung der Rechtmäßigkeit der Begründung in dem genannten Beschluss nicht einschlägig. |
35 |
Folglich ist der angefochtene Beschluss, da der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes begründet ist, aufzuheben, soweit der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter einen Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff „schwerer Schaden“ begangen hat. Daher ist es nicht erforderlich, den dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes zu prüfen, ebenso wenig wie den ersten, zweiten, dritten und fünften Rechtsmittelgrund. |
36 |
Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen. |
37 |
Die oben genannte Bestimmung gilt auch für Rechtsmittel, die nach Art. 57 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs eingelegt worden sind (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 29. Januar 1997, Antonissen/Rat und Kommission, C-393/96 P[R], Slg. 1997, I-441, Randnr. 45, sowie vom 14. Juni 2012, Qualitest FZE/Rat, C-644/11 P[R], Randnr. 59). |
38 |
Da der Rechtsstreit zur Entscheidung reif ist, ist über den Antrag von EDF auf einstweilige Anordnung zu entscheiden. |
Zum Antrag auf einstweilige Anordnung
39 |
Nach Art. 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts müssen Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz „den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen“. Im Übrigen muss ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz so klar und deutlich sein, dass er alleine dem Antragsgegner die Stellungnahme und dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, die Entscheidung über den Antrag ermöglicht, wobei sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die dieser gestützt wird, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Antragsschrift ergeben müssen (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 30. April 2010, Ziegler/Kommission, C-113/09 P[R], Randnr. 13). |
40 |
Der Antragsteller muss nachweisen, dass er den Ausgang des Verfahrens zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne dass ihm ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht (in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. Dezember 1991, Matra/Kommission, C-225/91 R, Slg. 1991, I-5823, Randnr. 19, sowie SCK und FNK/Kommission, Randnr. 30). Auch wenn das unmittelbare Bevorstehen des Schadens nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen werden braucht, so muss dessen Entstehung doch mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit vorhersehbar sein (Beschluss vom 29. Juni 1993, Deutschland/Rat, C-280/93 R, Slg. 1993, I-3667, Randnrn. 32 und 34, sowie Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Dezember 1999, HFB u. a./Kommission, C-335/99 P[R], Slg. 1999, I-8705, Randnr. 67). |
41 |
Ferner ist im Fall eines Antrags auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen der Union der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nur gerechtfertigt, wenn die fragliche Anordnung der ausschlaggebende Grund für den behaupteten schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden ist (Beschlüsse Akhras/Rat, Randnr. 44, und Hassan/Rat, Randnr. 28). Wenn der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wie im vorliegenden Fall nicht formell auf die Aussetzung des Vollzugs einer Handlung gerichtet ist, so ist festzustellen, dass die beantragte einstweilige Anordnung einer solchen Aussetzung ähnelt, da die Rechtsmittelführerin über einen zusätzlichen Zeitraum von zwei Jahren zu verfügen wünscht, um über die beiden vorgegebenen Optionen zu entscheiden, zu denen sie sich in Bezug auf das Projekt Nest-Energie verpflichtet hat. Folglich kann diese einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn die Ablehnung der von der Rechtsmittelführerin beantragten Fristverlängerung durch die Kommission als ausschlaggebender Grund für den geltend gemachten schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden zu betrachten ist. |
42 |
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der Teil des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz in Bezug auf den schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden, der der Rechtsmittelführerin entstehen soll, keine Schätzung der Höhe des geltend gemachten Schadens enthält und sich ausschließlich auf die Auswirkungen bezieht, die sich nach ihrer Ansicht aus dem unverzüglichen Verkauf des Projekts Nest-Energie unter Ausschluss derer, die sich gegebenenfalls aus der Entscheidung, in dieses Projekt zu investieren, ergeben, da die Rechtsmittelführerin nach der maßgeblichen Verpflichtung die Wahl zwischen diesen beiden Optionen hatte. Zur Dringlichkeit stellt die Rechtsmittelführerin im Übrigen in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz fest, dass „die durch die [streitige] Entscheidung geschaffene Dringlichkeit, die zu einem Veräußerungsverfahren vor dem 16. Oktober 2012 verpflichtet, dieser selbst immanent ist, da sie eine Gesellschaft, EDF, dazu verpflichtet, bestimmte Aktiva an einen (potenziellen) Wettbewerber, einen geeigneten Erwerber zu veräußern“. |
43 |
Aus dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz insgesamt ergibt sich, dass der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte Schaden darin besteht, bis zum 30. Juni 2012, durch die angefochtene Entscheidung verlängert bis zum 15. Oktober 2012, zwischen den beiden in ihrer zweiten Verpflichtung vorgesehenen Optionen wählen zu müssen, nämlich zum einen der Veräußerung des Projekts Nest-Energie an einen geeigneten Erwerber oder zum anderen dem Erlass einer abschließenden Investitionsscheidung für dieses Projekt, wobei beide dieser Optionen für sie angeblich mit einem finanziellen Verlust verbunden sind. Denn die Rechtsmittelführerin trägt vor, dass die Investition in das Projekt Nest-Energie mit auf 800 Mio. Euro veranschlagten Kosten seine jährlichen fixen und variablen Kosten decken könne, aber sicher nicht seine ursprünglichen Investitionskosten, und dass es nicht den erforderlichen Rentabilitätsgrad erreiche, während eine sofortige Veräußerung des Projekts an einen Wettbewerber ein ernstes Risiko eines Verlustverkaufs in sich berge und nicht mehr rückgängig zu machen wäre, da die Rechtsmittelführerin die Möglichkeit verlöre, selbst in das Projekt zu investieren. |
44 |
Trotz dieser Lesart des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin keine Gesichtspunkte vorgetragen hat, die das Vorliegen eines schweren Schadens bewiesen, dessen Entstehen gemäß den Anforderungen, die sich aus der in den Randnrn. 39 und 40 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung ergeben, mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit vorhersehbar wäre. |
45 |
Denn die Rechtsmittelführerin gibt in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht den geringsten Hinweis auf Art und Umfang des Schadens, der ihr bei dem einen oder dem anderen Fall, die den beiden Optionen entsprechen, zwischen denen sie frei auswählen kann, entstehen kann. Wie die Kommission bei der Anhörung feststellte, ist davon auszugehen, dass der aktuelle Wert des betreffenden Projekts, der größtenteils von dessen Aussicht auf Rentabilität abhängt, grundsätzlich dem Preis entspricht, den ein Erwerber bei einer Veräußerung im Rahmen eines Entflechtungsverfahrens zu zahlen bereit wäre; jede andere Beurteilung dieses Werts enthielte notwendigerweise ein rein spekulatives Element. Diese Feststellung bedeutet, dass der Rechtsmittelführerin durch den unverzüglichen Verkauf des Projekts Nest-Energie grundsätzlich kein Schaden entsteht, da sie durch diesen Verkauf eine Summe erhält, die dem aktuellen Wert ihres Vermögenswerts entspricht. |
46 |
Soweit die Rechtsmittelführerin trotzdem der Ansicht ist, dass erstens die gegenwärtigen Marktbedingungen es ihr nicht erlaubten, eine positive Investitionsentscheidung für das Projekt vor dem 30. Juni 2012 oder vor dem 15. Oktober 2012 zu treffen, und zweitens der Verkauf des Projekts Nest-Energie unter diesen Umständen zu einem Verlust führe, so beruht ihr Vorbringen über das Entstehen eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens in Bezug auf beide möglichen Maßnahmen auf der Annahme, dass die Aussicht auf Rentabilität des betreffenden Projekts sich nur verbessern kann und dessen gegenwärtiger Wert außergewöhnlich niedrig ist. |
47 |
Daraus folgt, dass der behauptete Schaden nur entsteht, wenn sich die Konditionen des belgischen Elektrizitätsmarkts aus Sicht der Stromerzeuger vor dem Ende des Jahres 2014 positiv entwickeln, so dass die Rechtsmittelführerin in das Projekt Nest-Energie investieren könnte oder es unter für diese Operationen günstigeren Marktbedingungen verkaufen könnte. Andernfalls würde der Rechtsmittelführerin kein Schaden entstehen, da die Tatsache, dass sie bis zum Ende des Jahres 2014 mit ihrer Wahl warten könne, ihr nichts gebracht hätte, da sie diese unter ähnlichen Marktbedingungen oder ungünstigeren gegenüber den gegenwärtigen machen müsste. |
48 |
In Anwendung der in Randnr. 40 des vorliegenden Beschlusses genannten Rechtsprechungsgrundsätze kann ein wie im vorliegenden Fall geltend gemachter Schaden sowie seine Höhe und damit seine Schwere nur als hinreichend vorhersehbar betrachtet werden, wenn nachgewiesen ist, dass wahrscheinlich ist, dass künftige Umstände eintreten werden, die zu diesem Schaden führen, d. h. die positive Entwicklung des belgischen Elektrizitätsmarkts. Es oblag folglich der Rechtsmittelführerin, wenn sie sich auf die Schwere eines solchen Schadens stützen wollte, um die Dringlichkeit ihres Antrags auf einstweilige Anordnung zu beweisen, dafür Gesichtspunkte vorzubringen und Beweise zu liefern, dass es wahrscheinlich war, dass sich der belgische Elektrizitätsmarkt aus Sicht der Stromerzeuger vor dem Ende des Jahres 2014 so positiv entwickeln würde, dass sie die kommerzielle Entscheidung, die ihr durch die fragliche Verpflichtung auferlegt wird, unter erheblich günstigeren Bedingungen treffen könnte, wenn die beantragte vorläufige Maßnahme erlassen würde. |
49 |
Hierzu ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz weder solche Gesichtspunkte vorgebracht noch solche Beweise geliefert hat. Vielmehr hat sie die Veränderungen, die auf dem belgischen Elektrizitätsmarkt zwischen den Jahren 2009 und 2012 eingetreten seien und die zur gegenwärtigen Marktsituation geführt hätten, als „nennenswert und nachhaltig“ qualifiziert. |
50 |
Ferner hat die Rechtsmittelführerin in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz auch keine Gründe dargelegt, weshalb die angeblich negativen Auswirkungen, die sich für sie aus der Tatsache ergäben, dass sie während des Jahres 2012 die kommerzielle Entscheidung zwischen der Veräußerung des Projekts Nest-Energie und dem Erlass einer abschließenden Investitionsscheidung für dieses treffen müsse, einen schweren Schaden darstellten, der maßgeblich durch die Weigerung der Kommission, die für diese Wahl vorgesehene Frist zu verlängern, verursacht werde. |
51 |
Eine Entscheidung über die Verlängerung der in der betreffenden Verpflichtung festgelegten Frist hätte zwar ermöglicht, diese Auswirkungen zu verschieben oder zu vermeiden, aber es ist festzustellen, dass die Entwicklung des belgischen Elektrizitätsmarkts zwischen dem Jahr 2009 und dem Jahr 2012 sowie die Entscheidung der Klägerin im Jahr 2009, diese Verpflichtung zu unterschreiben, dafür ebenso unmittelbare Gründe sind. Wenn die ursprünglich vorgesehene Frist oder die Entwicklung des fraglichen Markts anders gewesen wäre, hätte es übrigens den Antrag auf Fristverlängerung und die diesem Verfahren zugrunde liegende streitige Entscheidung nicht gegeben. Daher kann die Weigerung der Kommission, diese Frist zu verlängern, nicht als ausschlaggebender Grund für den geltend gemachten Schaden im Sinne der in Randnr. 41 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung betrachtet werden. |
52 |
Nach alledem hat die Rechtsmittelführerin nicht bewiesen, dass ihr ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ein schwerer Schaden entstehen kann. |
53 |
Es ist zu ergänzen, dass der behauptete Schaden im vorliegenden Fall jedenfalls nicht als nicht wiedergutzumachender Schaden qualifiziert werden könnte. |
54 |
Wenn der geltend gemachte Schaden finanzieller Art ist, ist die beantragte einstweilige Anordnung zu rechtfertigen, sofern erkennbar ist, dass die Rechtsmittelführerin andernfalls in eine Lage geriete, die ihre finanzielle Lebensfähigkeit vor dem Ergehen der abschließenden Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache bedrohen könnte, oder dass ihre Marktanteile insbesondere im Hinblick auf den Zuschnitt und den Umsatz ihres Unternehmens sowie die Merkmale des Konzerns, dem sie angehört, wesentlich verändert würden (in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. April 1998, Camar/Kommission und Rat, C-43/98 P[R], Slg. 1998, I-1815, Randnr. 36). |
55 |
Da im vorliegenden Fall das Kriterium des Verlusts von Marktanteilen nicht einschlägig ist, ist zu prüfen, ob die Rechtsmittelführerin ohne die beantragte einstweilige Anordnung in eine Lage geriete, die ihre finanzielle Lebensfähigkeit bedrohen könnte. |
56 |
Der geltend gemachte Schaden betrifft den Verlustverkauf und Rückgang der Rentabilitätserwartungen in Bezug auf eine Investition in Höhe von 800 Mio. Euro, während aus offen zugänglichen Informationsquellen, u. a. dem vom EDF-Konzern in seinem Internetauftritt veröffentlichten Bericht 2011, hervorgeht, dass sich der Gesamtumsatz dieses Konzerns im Jahr 2011 auf mehr als 65 Mrd. Euro belaufen hat. |
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Unter Berücksichtigung dieser Finanzstärke des EDF-Konzerns ist festzustellen, dass der der Rechtsmittelführerin entstandene Schaden, sei es durch die Veräußerung der Aktiva der mit der Entwicklung des Projekts Nest-Energie beauftragten Gesellschaft, sei es durch die abschließende Entscheidung, selbst in dieses Projekt zu investieren, nicht die finanzielle Lebensfähigkeit der Rechtsmittelführerin bedrohen kann. |
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Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin im Rahmen des fünften Rechtsmittelgrundes in Frage gestellt, nach dem im Wesentlichen ein Vergleich zwischen dem weltweiten Umsatz des EDF-Konzerns, nämlich 65 Mrd. Euro, und den fraglichen Investitionskosten, nämlich 800 Mio. Euro, im Kontext der Würdigung der Schwere des geltend gemachten Schadens im vorliegenden Fall irrelevant sei. Vielmehr ist festzustellen, dass ein solcher Vergleich im Rahmen der Würdigung der Irreparabilität dieses Schadens auf jeden Fall relevant ist. Denn ein Schaden, der sich angeblich aus möglicherweise entstehenden Verlusten im Zusammenhang mit einer Investition in Höhe von 800 Mio. Euro ergibt, kann die finanzielle Lebensfähigkeit eines Unternehmens, dessen Umsatz sich auf mehr als 65 Mrd. Euro beläuft, nicht bedrohen. |
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Schließlich kann das Vorbringen, dass der geltend gemachte Schaden nicht zu beziffern und daher irreparabel sei, keinen Erfolg haben, weil die Rechtsmittelführerin, wie sich aus den Randnrn. 42 bis 49 des vorliegenden Beschlusses ergibt, in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht in geeigneter Weise die Art und den Umfang dieses Schadens dargelegt hat. |
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Zwar wird ein finanzieller Schaden als ein nicht wiedergutzumachender Schaden angesehen, wenn er nicht vollständig ersetzt werden kann, was dann der Fall sein kann, wenn der Schaden selbst bei seinem Eintritt nicht beziffert werden kann (Beschluss Comos-Tank u. a./Kommission, Randnr. 24). |
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Jedoch lässt sich nicht entscheiden, ob ein Schaden beziffert werden kann, wenn dessen Art und Umfang nicht so weit wie möglich im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargelegt wird. Denn es obliegt der Rechtsmittelführerin, wenn sie sich auf diese Rechtsprechung stützen will, hierzu genaue und überzeugende Gesichtspunkte und Beweise vorzubringen, was sie im vorliegenden Fall nicht getan hat. |
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Demnach wurde nicht bewiesen, dass der von EDF behauptete Schaden als nicht wiedergutzumachender Schaden qualifiziert werden kann. |
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Nach alledem hat die Rechtsmittelführerin die Dringlichkeit des Erlasses der beantragten einstweiligen Anordnung nicht bewiesen. Daher ist ihr Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen. |
Kosten
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Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. |
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Nach Art. 138 Abs. 3 dieser Verfahrensordnung, der nach Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. |
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Im vorliegenden Fall ist zu beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten vor dem Gerichtshof im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens zu tragen hat. |
Aus diesen Gründen hat der Vizepräsident des Gerichtshofs beschlossen: |
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Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.