URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

3. April 2014 ( *1 )

„Gerichtliche Zusammenarbeit in Zivilsachen — Verordnung (EG) Nr. 44/2001 — Internationale Zuständigkeit für Klagen aus unerlaubter Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist — In einem Mitgliedstaat begangene Handlung, die in der Teilnahme an einer im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begangenen rechtswidrigen Handlung besteht — Bestimmung des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“

In der Rechtssache C‑387/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 28. Juni 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 15. August 2012, in dem Verfahren

Hi Hotel HCF SARL

gegen

Uwe Spoering

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan (Berichterstatter), C. G. Fernlund und J. Malenovský sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. September 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Hi Hotel HCF SARL, vertreten durch Rechtsanwalt H. Leis,

von Herrn Spoering, vertreten durch Rechtsanwalt P. Ruppert,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und F. Wannek als Bevollmächtigte,

der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch A. Robinson als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Bogensberger und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil‑ und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Hi Hotel HCF SARL (im Folgenden: Hi Hotel) mit Sitz in Nizza (Frankreich) und Herrn Spoering, wohnhaft in Köln (Deutschland), wegen Unterlassung einer Urheberrechtsverletzung und Schadensersatz.

Rechtlicher Rahmen

3

Nach dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 dient diese im Interesse eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts dazu, „Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus den durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten zu vereinfachen“.

4

Die Erwägungsgründe 11, 12 und 15 dieser Verordnung lauten:

„(11)

Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden.

(12)

Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.

(15)

Im Interesse einer abgestimmten Rechtspflege müssen Parallelverfahren so weit wie möglich vermieden werden, damit nicht in zwei Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen. …“

5

Die Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit sind in Kapitel II („Zuständigkeit“) der Verordnung Nr. 44/2001 enthalten.

6

Art. 2 der Verordnung in deren Kapitel II Abschnitt 1 („Allgemeine Vorschriften“) sieht in Abs. 1 vor:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

7

Art. 3 der Verordnung Nr. 44/2001, der zu demselben Abschnitt 1 gehört, bestimmt in Abs. 1:

„Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.“

8

Art. 5 der Verordnung Nr. 44/2001, der in Abschnitt 2 („Besondere Zuständigkeiten“) des Kapitels II dieser Verordnung enthalten ist, sieht in Nr. 3 vor:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

3.

wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

9

Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass Herr Spoering ein Fotograf ist, der im Februar 2003 im Auftrag von Hi Hotel 25 Dias mit Innenansichten verschiedener Räume des von dieser in Nizza betriebenen Hotels fertigte. Herr Spoering räumte Hi Hotel das Recht zur Nutzung der Fotografien in Werbeprospekten und auf ihrer Internetseite ein. Eine schriftliche Vereinbarung über die Nutzungsrechte gibt es nicht. Hi Hotel zahlte die Rechnung in Höhe von 2500 Euro für die Fotografien; diese war mit der Bemerkung „include the rights – only for the hotel hi“ versehen.

10

Im Jahr 2008 bemerkte Herr Spoering in einer Buchhandlung in Köln einen im Phaidon-Verlag mit Sitz in Berlin (Deutschland) erschienenen Fotoband „Innenarchitektur weltweit“, der Abbildungen von neun seiner Innenaufnahmen des von Hi Hotel in Nizza betriebenen Hotels enthält.

11

Herr Spoering war der Ansicht, Hi Hotel habe durch die Weitergabe der Fotografien an einen Dritten, nämlich den Phaidon-Verlag, seine urheberrechtlich geschützten Rechte an den Fotografien verletzt, und verklagte Hi Hotel in Köln. Er beantragte u. a., sie zu verurteilen, es zu unterlassen, ohne seine vorherige Zustimmung im Gebiet Deutschlands die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils erwähnten Fotografien zu vervielfältigen oder vervielfältigen zu lassen, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen oder auszustellen oder ausstellen zu lassen (Unterlassungsantrag), sowie dazu, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm aus den Handlungen von Hi Hotel entstanden sei oder noch entstehen werde.

12

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass Hi Hotel vorgetragen hat, dass der Phaidon-Verlag auch eine Niederlassung in Paris (Frankreich) habe und dass es dem Direktor von Hi Hotel nicht verwehrt gewesen sei, die Bilder diesem Verlag zur Verfügung zu stellen. Hi Hotel habe keine Kenntnis, ob dieser Verlag sie in der Folge an seine deutsche Schwestergesellschaft weitergegeben habe.

13

Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage von Herrn Spoering statt; die Berufung von Hi Hotel blieb ohne Erfolg. Dem Bundesgerichtshof, der mit der von Hi Hotel eingelegten Revision befasst ist, stellt sich die Frage, ob die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte durch Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 begründet sein kann.

14

Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass nach dem oben in Rn. 12 wiedergegebenen Vorbringen von Hi Hotel, dem Herr Spoering nicht entgegengetreten sei, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 auf der Grundlage der Annahme zu prüfen sei, dass der in Berlin ansässige Phaidon-Verlag die Fotografien in Deutschland urheberrechtswidrig verbreitet und Hi Hotel dazu durch Übergabe der Fotografien an die Niederlassung des Phaidon-Verlags in Paris Hilfe geleistet habe.

15

Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen, dass das schädigende Ereignis in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) eingetreten ist, wenn die unerlaubte Handlung, die Gegenstand des Verfahrens ist oder aus der Ansprüche abgeleitet werden, in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) begangen ist und in der Teilnahme an der im erstgenannten Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) erfolgten unerlaubten Handlung (Haupttat) besteht?

Zur Vorlagefrage

Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

16

Hi Hotel macht geltend, dass die Vorlageentscheidung unzulässig sei, weil sie für das Ausgangsverfahren unerheblich sei, denn es sei bislang nicht geklärt, ob eine vollständige Übertragung der Urheberrechte auf Hi Hotel erfolgt sei. Wäre das aber der Fall, könne keine Verletzung dieser Rechte vorliegen.

17

Dazu ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festlegt (Urteil Soa Nazionale Costruttori, C‑327/12, EU:C:2013:827, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18

Der Gerichtshof kann das Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann zurückweisen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil Soa Nazionale Costruttori, EU:C:2013:827, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19

Das ist in der vorliegenden Rechtssache nicht der Fall. Wie sich aus der Vorlageentscheidung eindeutig ergibt, ist die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 für die Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit erforderlich, da Hi Hotel die Zuständigkeit der deutschen Gerichte gerügt hat und das vorlegende Gericht zwingend über diese Einrede befinden muss, bevor es in der Sache entscheidet.

20

Für die Anwendung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 darf das angerufene Gericht, soweit es nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach dieser Bestimmung geht, den Vortrag des Klägers zu den Voraussetzungen der Haftung aus unerlaubter Handlung oder aus einer einer solchen gleichgestellten Handlung als erwiesen ansehen.

21

Ob dieser Vortrag in der Sache durchgreift, betrifft allein die inhaltliche Prüfung der Rechtssache (vgl. Urteil Pinckney, C‑170/12, EU:C:2013:635, Rn. 40). Der Vortrag von Hi Hotel, wonach der Umfang der Übertragung der Urheberrechte auf Hi Hotel noch nicht festgestellt sei, betrifft die inhaltliche Entscheidung über den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens und kann somit die Zulässigkeit der Frage des vorlegenden Gerichts nicht berühren.

22

Das Vorabentscheidungsersuchen ist daher als zulässig anzusehen.

Zur Beantwortung der Vorlagefragen

23

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass er im Fall mehrerer mutmaßlicher Verursacher einer geltend gemachten Verletzung von im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts geschützten Urhebervermögensrechten die Zuständigkeit dieses Gerichts hinsichtlich eines der Verursacher begründen kann, der nicht im Bezirk dieses Gerichts tätig geworden ist.

24

Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 44/2001 autonom und unter Bezugnahme auf die Systematik und die Zielsetzungen dieser Verordnung auszulegen sind (Urteil Melzer, C‑228/11, EU:C:2013:305, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25

Im Übrigen sieht Kapitel II Abschnitt 2 der Verordnung Nr. 44/2001 nur als Ausnahme von dem in ihrem Art. 2 Abs. 1 aufgestellten tragenden Grundsatz, der die Zuständigkeit den Gerichten des Mitgliedstaats zuweist, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine Reihe besonderer Zuständigkeiten vor, darunter die nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (Urteil Melzer, EU:C:2013:305, Rn. 23).

26

Da die Zuständigkeit der Gerichte des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besondere Zuständigkeitsregel darstellt, ist sie eng auszulegen und erlaubt keine Auslegung, die über die ausdrücklich in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Fälle hinausgeht (Urteil Melzer, EU:C:2013:305, Rn. 24).

27

Allerdings ist mit der Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“ in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadens als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens gemeint, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann (Urteil Melzer, EU:C:2013:305, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Insoweit entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Zuständigkeitsregel in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 darauf beruht, dass zwischen der Streitigkeit und den Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (vgl. Urteil Melzer, EU:C:2013:305, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Da die Ermittlung eines der Anknüpfungspunkte, die nach der in Rn. 27 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung anerkannt sind, es erlauben muss, die Zuständigkeit des Gerichts zu begründen, das objektiv am besten beurteilen kann, ob die Voraussetzungen für die Haftung des Beklagten vorliegen, kann folglich nur das Gericht zu Recht angerufen werden, in dessen Bezirk der relevante Anknüpfungspunkt liegt (vgl. in diesem Sinne Urteile Folien Fischer und Fofitec, C‑133/01, EU:C:2012:664, Rn. 52, und Melzer, EU:C:2013:305, Rn. 28).

30

Zum Ort des ursächlichen Geschehens ist festzustellen, dass, wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, von mehreren Verursachern angenommen wird, sie seien für das geltend gemachte schädigende Ereignis ursächlich. Hi Hotel, die die einzige im Ausgangsverfahren in Anspruch genommene Partei ist, ist in Frankreich tätig geworden, also außerhalb des Bezirks des Gerichts, vor dem sie verklagt worden ist.

31

Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, kann bei einem Sachverhalt, in dem nur einer von mehreren mutmaßlichen Verursachern des geltend gemachten Schadens vor einem Gericht verklagt wird, in dessen Bezirk er nicht tätig geworden ist, das für den Schaden ursächliche Geschehen nicht im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 im Bezirk dieses Gerichts verortet werden (vgl. Urteil Melzer, EU:C:2013:305, Rn. 40).

32

Somit erlaubt es Art. 5 Nr. 3 der Verordnung nicht, die gerichtliche Zuständigkeit unter dem Gesichtspunkt des Ortes des ursächlichen Geschehens in Bezug auf einen mutmaßlichen Verursacher dieses Schadens zu begründen, der nicht im Bezirk des angerufenen Gerichts tätig geworden ist (vgl. Urteil Melzer, EU:C:2013:305, Rn. 41).

33

Im Gegensatz zu der dem Urteil Melzer (EU:C:2013:305) zugrunde liegenden Rechtssache hat das vorlegende Gericht in der vorliegenden Rechtssache seine Frage jedoch nicht auf die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung allein für die Zwecke der Begründung der Zuständigkeit der deutschen Gerichte unter dem Gesichtspunkt des für den geltend gemachten Schaden ursächlichen Geschehens beschränkt.

34

Folglich ist auch zu prüfen, ob Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 es bei einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem mehrere mutmaßliche Verursacher des behaupteten Schadens in verschiedenen Mitgliedstaaten tätig geworden sind, erlaubt, unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des Schadens die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats in Bezug auf einen der mutmaßlichen Verursacher dieses Schadens zu begründen, auch wenn dieser nicht im Bezirk des angerufenen Gerichts tätig geworden ist.

35

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Zuständigkeit des Gerichts, das mit einer Klage auf Feststellung einer Verletzung von Urhebervermögensrechten befasst ist, für die Entscheidung über eine Klage aus unerlaubter Handlung oder aus einer einer solchen gleichgestellten Handlung begründet sein kann, wenn der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich dieses Gericht befindet, die Vermögensrechte schützt, auf die sich der Kläger beruft, und die Gefahr besteht, dass sich der Schaden im Bezirk des angerufenen Gerichts verwirklicht (vgl. Urteil Pinckney, EU:C:2013:635, Rn. 43).

36

Im Ausgangsverfahren macht Herr Spoering eine Verletzung mehrerer Urhebervermögensrechte geltend, nämlich der Rechte auf Vervielfältigung, Verbreitung und Ausstellung der Fotografien. Es steht fest, dass diese Rechte in Deutschland im Einklang mit der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10) geschützt sind.

37

Bei einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens ist davon auszugehen, dass sich die Gefahr der Verwirklichung des Schadens aus der Möglichkeit ergibt, sich eine Wiedergabe des Werkes, das durch die vom Kläger geltend gemachten Urheberrechte geschützt ist, in einer im Bezirk des angerufenen Gerichts befindlichen Buchhandlung zu beschaffen. Wie aus den oben in Rn. 14 genannten Tatsachenfeststellungen hervorgeht, ist die Übergabe der fraglichen Fotografien an den Phaidon-Verlag in Paris für deren Vervielfältigung und Verbreitung und somit auch für die Gefahr der Verwirklichung des geltend gemachten Schadens ursächlich.

38

Wenn der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts gewährte Schutz nur für sein eigenes Hoheitsgebiet gilt, ist das unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des Schadens angerufene Gericht allerdings nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats verursacht worden ist (Urteil Pinckney, EU:C:2013:635, Rn. 45).

39

Denn die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten bleiben nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 und dem Territorialitätsgrundsatz grundsätzlich für die Entscheidung über einen im Hoheitsgebiet ihres eigenen Mitgliedstaats verursachten Schaden zuständig, da sie am besten in der Lage sind, zu beurteilen, ob die von dem betreffenden Mitgliedstaat gewährleisteten Urhebervermögensrechte tatsächlich verletzt worden sind, und die Natur des verursachten Schadens zu bestimmen (vgl. Urteil Pinckney, EU:C:2013:635, Rn. 46).

40

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass er im Fall mehrerer mutmaßlicher Verursacher einer geltend gemachten Verletzung von im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts geschützten Urhebervermögensrechten die Zuständigkeit eines Gerichts, in dessen Bezirk der verklagte unter diesen mutmaßlichen Verursachern nicht tätig geworden ist, unter dem Gesichtspunkt des für den Schaden ursächlichen Geschehens nicht begründen kann, er aber die Zuständigkeit dieses Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des geltend gemachten Schadens begründen kann, sofern die Gefahr besteht, dass sich der Schaden im Bezirk des angerufenen Gerichts verwirklicht. Im letzteren Fall ist dieses Gericht nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet seines eigenen Mitgliedstaats verursacht worden ist.

Kosten

41

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass er im Fall mehrerer mutmaßlicher Verursacher einer geltend gemachten Verletzung von im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts geschützten Urhebervermögensrechten die Zuständigkeit eines Gerichts, in dessen Bezirk der verklagte unter diesen mutmaßlichen Verursachern nicht tätig geworden ist, unter dem Gesichtspunkt des für den Schaden ursächlichen Geschehens nicht begründen kann, er aber die Zuständigkeit dieses Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des geltend gemachten Schadens begründen kann, sofern die Gefahr besteht, dass sich der Schaden im Bezirk des angerufenen Gerichts verwirklicht. Im letzteren Fall ist dieses Gericht nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet seines eigenen Mitgliedstaats verursacht worden ist.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.