Rechtssache C‑267/12

Frédéric Hay

gegen

Crédit agricole mutuel de Charente-Maritime

et

des Deux-Sèvres

(Vorabentscheidungsersuchen der Cour de cassation [Frankreich])

„Richtlinie 2000/78/EG — Gleichbehandlung — Tarifvertrag, der eine Vergünstigung im Hinblick auf Arbeitsentgelt und Arbeitsbedingungen Arbeitnehmern vorbehält, die eine Ehe schließen — Ausschluss von Partnern, die einen zivilen Solidaritätspakt schließen — Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Ausrichtung“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 12. Dezember 2013

  1. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Bestimmung der relevanten Elemente des Unionsrechts

    (Art. 267 AEUV)

  2. Sozialpolitik – Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf – Richtlinie 2000/78 – Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung – Nationale Regelung, die die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehält – Tarifvertrag, der Arbeitnehmern, die eine Ehe schließen, unter Ausschluss von Arbeitnehmern gleichen Geschlechts, die einen zivilen Solidaritätspakt schließen, eine Vergünstigung im Hinblick auf Arbeitsentgelt und Arbeitsbedingungen gewährt – Unzulässigkeit

    (Richtlinie 2000/78 des Rates, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Randnr. 23)

  2.  Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er einer Tarifvertragsbestimmung entgegensteht, nach der ein Arbeitnehmer, der einen zivilen Solidaritätspakt mit einer Person gleichen Geschlechts schließt, von dem Anspruch auf Vergünstigungen wie Sonderurlaubstage und eine Gehaltsprämie ausgeschlossen ist, die Arbeitnehmern aus Anlass ihrer Eheschließung gewährt werden, wenn die nationale Regelung des betreffenden Mitgliedstaats Personen gleichen Geschlechts die Eheschließung nicht gestattet, da der betroffene Arbeitnehmer sich unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen der Gewährung dieser Vergünstigungen in einer Situation befindet, die mit der eines Arbeitnehmers, der eine Ehe schließt, vergleichbar ist.

    Eine unterschiedliche Behandlung, die darauf beruht, dass Arbeitnehmer verheiratet sind, und nicht ausdrücklich auf ihrer sexuellen Ausrichtung, stellt eine unmittelbare Diskriminierung dar, da homosexuelle Arbeitnehmer die notwendige Voraussetzung nicht erfüllen können, um die beanspruchte Vergünstigung zu erhalten, weil die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten ist. Im Übrigen kann die Diskriminierung, wenn sie unmittelbar ist, nicht durch ein „rechtmäßiges Ziel“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt werden, da diese Bestimmung nur mittelbare Diskriminierungen betrifft, sondern nur durch einen der in Art. 2 Abs. 5 dieser Richtlinie bezeichneten Gründe, nämlich die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, den Schutz der Gesundheit und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie ist, da er eine Abweichung vom Grundsatz des Verbots der Diskriminierungen begründet, eng auszulegen.

    (vgl. Randnrn. 44-47 und Tenor)


Rechtssache C‑267/12

Frédéric Hay

gegen

Crédit agricole mutuel de Charente-Maritime

et

des Deux-Sèvres

(Vorabentscheidungsersuchen der Cour de cassation [Frankreich])

„Richtlinie 2000/78/EG — Gleichbehandlung — Tarifvertrag, der eine Vergünstigung im Hinblick auf Arbeitsentgelt und Arbeitsbedingungen Arbeitnehmern vorbehält, die eine Ehe schließen — Ausschluss von Partnern, die einen zivilen Solidaritätspakt schließen — Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Ausrichtung“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 12. Dezember 2013

  1. Vorabentscheidungsverfahren — Zuständigkeit des Gerichtshofs — Bestimmung der relevanten Elemente des Unionsrechts

    (Art. 267 AEUV)

  2. Sozialpolitik — Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf — Richtlinie 2000/78 — Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung — Nationale Regelung, die die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehält — Tarifvertrag, der Arbeitnehmern, die eine Ehe schließen, unter Ausschluss von Arbeitnehmern gleichen Geschlechts, die einen zivilen Solidaritätspakt schließen, eine Vergünstigung im Hinblick auf Arbeitsentgelt und Arbeitsbedingungen gewährt — Unzulässigkeit

    (Richtlinie 2000/78 des Rates, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Randnr. 23)

  2.  Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er einer Tarifvertragsbestimmung entgegensteht, nach der ein Arbeitnehmer, der einen zivilen Solidaritätspakt mit einer Person gleichen Geschlechts schließt, von dem Anspruch auf Vergünstigungen wie Sonderurlaubstage und eine Gehaltsprämie ausgeschlossen ist, die Arbeitnehmern aus Anlass ihrer Eheschließung gewährt werden, wenn die nationale Regelung des betreffenden Mitgliedstaats Personen gleichen Geschlechts die Eheschließung nicht gestattet, da der betroffene Arbeitnehmer sich unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen der Gewährung dieser Vergünstigungen in einer Situation befindet, die mit der eines Arbeitnehmers, der eine Ehe schließt, vergleichbar ist.

    Eine unterschiedliche Behandlung, die darauf beruht, dass Arbeitnehmer verheiratet sind, und nicht ausdrücklich auf ihrer sexuellen Ausrichtung, stellt eine unmittelbare Diskriminierung dar, da homosexuelle Arbeitnehmer die notwendige Voraussetzung nicht erfüllen können, um die beanspruchte Vergünstigung zu erhalten, weil die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten ist. Im Übrigen kann die Diskriminierung, wenn sie unmittelbar ist, nicht durch ein „rechtmäßiges Ziel“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt werden, da diese Bestimmung nur mittelbare Diskriminierungen betrifft, sondern nur durch einen der in Art. 2 Abs. 5 dieser Richtlinie bezeichneten Gründe, nämlich die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, den Schutz der Gesundheit und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie ist, da er eine Abweichung vom Grundsatz des Verbots der Diskriminierungen begründet, eng auszulegen.

    (vgl. Randnrn. 44-47 und Tenor)