7.4.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 102/3


Beschluss des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 14. November 2013 (Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de Primera Instancia e Instrucción no 1 de Catarroja, Juzgado de Primera Instancia no 17 de Palma de Mallorca — Spanien) — Banco Popular Español SA/Maria Teodolinda Rivas Quichimbo, Wilmar Edgar Cun Pérez [C-537/12], und Banco de Valencia SA/Joaquín Valldeperas Tortosa, María Ángeles Miret Jaume [C-116/13])

(Verbundene Rechtssachen C-537/12 und C-116/13) (1)

((Richtlinie 93/13/EWG - Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs - Verbraucherverträge - Hypothekendarlehensvertrag - Hypothekenvollstreckungsverfahren - Befugnisse des nationalen Vollstreckungsrichters - Missbräuchliche Klauseln - Beurteilungskriterien))

2014/C 102/04

Verfahrenssprache: Spanisch

Vorlegende Gerichte

Juzgado de Primera Instancia e Instrucción no 1 de Catarroja, Juzgado de Primera Instancia no 17 de Palma de Mallorca

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerinnen: Banco Popular Español SA (C-537/12), Banco de Valencia SA Jaume (C-116/13)

Beklagte: Maria Teodolinda Rivas Quichimbo, Wilmar Edgar Cun Pérez (C-537/12), und Joaquín Valldeperas Tortosa, María Ángeles Miret Jaume (C-116/13)

Gegenstand

(C-537/12)

Vorabentscheidungsersuchen — Juzgado de Primera Instancia e Instrucción — Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) — Verbraucherschutz bei Hypothekendarlehen — In einem Vollstreckungsverfahren geltend gemachte Einwendung der Missbräuchlichkeit einer Darlehensvertragsklausel — Nationale zivilprozessrechtliche Regelung, die auf das Vollstreckungsverfahren Anwendung findet und diese Einwendung ausschließt — Fehlende Befugnis des nationalen Gerichts, die Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel zu prüfen

(C-116/13)

Vorabentscheidungsersuchen — Juzgado de Primera Instancia de Palma de Mallorca — Auslegung des Art. 3 Abs. 1 und 3 und Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) sowie der Nr. 1 Buchst. e und g und Nr. 2 Buchst. a des Anhangs dieser Richtlinie — Verbraucherschutz bei Verträgen über ein Immobiliardarlehen — Nationale Zivilprozessvorschriften über das Verfahren der Hypothekenvollstreckung — Befugnisse des nationalen Gerichts

Tenor

1.

Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die dem Vollstreckungsgericht im Rahmen eines Hypothekenvollstreckungsverfahrens nicht erlaubt, von Amts wegen oder auf Antrag des Verbrauchers die Missbräuchlichkeit einer Klausel des der Forderung und dem Vollstreckungstitel zugrunde liegenden Vertrags zu prüfen oder vorläufige Maßnahmen, insbesondere solche zur Aussetzung der Vollstreckung zu treffen, wenn der Erlass dieser Maßnahmen erforderlich ist, um die volle Wirksamkeit der Endentscheidung des Gerichts des Erkenntnisverfahrens, das für die Prüfung der Missbräuchlichkeit dieser Klausel zuständig ist, zu gewährleisten.

2.

Art. 3 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 93/13 und deren Anhang Nr. 1 Buchst. e und g sowie Nr. 2 Buchst. a sind dahin auszulegen, dass es für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehens wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden insbesondere darauf ankommt,

ob die Möglichkeit für den Gewerbetreibenden, den Vertrag einseitig zu kündigen, davon abhängt, dass der Verbraucher eine Verpflichtung nicht erfüllt hat, die im Rahmen der fraglichen vertraglichen Beziehungen wesentlich ist,

ob diese Möglichkeit für Konstellationen vorgesehen ist, in denen eine solche Nichterfüllung im Verhältnis zur Laufzeit und zur Höhe des Darlehens hinreichend schwerwiegend ist,

ob die genannte Möglichkeit von den Vorschriften abweicht, die in Ermangelung einer Vereinbarung zwischen den Parteien anwendbar wären, und dadurch für den Verbraucher vor dem Hintergrund der ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Mittel der Zugang zum Gericht und die Ausübung der Verteidigungsrechte erschwert wird, und

ob das nationale Recht angemessene und wirksame Mittel vorsieht, die es dem Verbraucher, dem gegenüber eine derartige Klausel zur Anwendung kommt, ermöglichen, die Wirkungen der einseitigen Kündigung des Darlehensvertrags wieder zu beseitigen.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies unter Berücksichtigung aller Umstände des bei ihm anhängigen Falls zu beurteilen.


(1)  ABl. C 38 vom 9.2.2013.

ABl. C 171 vom 15.6.2013.