5.5.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 135/9


Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 13. März 2014 (Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État — Frankreich) — Octapharma France SAS/Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM), Ministère des Affaires sociales et de la Santé

(Rechtssache C-512/12) (1)

((Rechtsangleichung - Richtlinie 2001/83/EG - Richtlinie 2002/98/EG - Geltungsbereich - Labiles Blutprodukt - Nach einem industriellen Verfahren hergestelltes Plasma - Gleichzeitige oder ausschließliche Anwendung der Richtlinien - Möglichkeit eines Mitgliedstaats, für Plasma eine strengere Regelung vorzusehen als für Arzneimittel))

2014/C 135/09

Verfahrenssprache: Französisch

Vorlegendes Gericht

Conseil d’État

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Octapharma France SAS

Beklagte: Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM), Ministère des Affaires sociales et de la Santé

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen — Conseil d'État (Frankreich) — Auslegung von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. L 136, S. 4) geänderten Fassung — Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Gewinnung, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG (ABl. 2003, L 33, S. 30) und von Art. 168 AEUV — Labile Blutprodukte — In einem industriellen Verfahren hergestelltes Plasma — Gleichzeitige Anwendung beider Richtlinien oder Anwendung allein der Richtlinie 2001/83/EG wegen des weniger strengen Charakters der durch die Richtlinie 2002/98/EG errichteten Regelung — Möglichkeit eines Mitgliedstaats, nationale Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die für in einem industriellen Verfahren hergestelltes Plasma eine strengere Regelung errichten als für Arzneimittel — Faktische Nichtanwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG betreffend die Voraussetzung der vorherigen Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen

Tenor

1.

Die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung und die Richtlinie 2002/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Gewinnung, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen und zur Änderung der Richtlinie 2001/83 sind dahin auszulegen, dass aus Vollblut gewonnenes, für Transfusionszwecke bestimmtes Plasma, bei dessen Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt, gemäß Art. 109 der Richtlinie 2001/83 hinsichtlich seiner Sammlung und Testung in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/98 und hinsichtlich seiner Verarbeitung, Lagerung und Verteilung in den Geltungsbereich der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung fällt, sofern es der Definition des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie entspricht.

2.

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98 ist im Licht von Art. 168 AEUV dahin auszulegen, dass er die Beibehaltung oder Einführung nationaler Bestimmungen, die Plasma, bei dessen Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt, einer strengeren als der für Arzneimittel geltenden Regelung unterwerfen, lediglich insoweit gestattet, als es um die Sammlung und Testung dieses Plasmas geht.


(1)  ABl. C 26 vom 26.1.2013.