URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

16. Januar 2014 ( *1 )

„Dumping — Subventionen — Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten — Umgehung — Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 — Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 597/2009 — Geringfügig veränderte gleichartige Ware — Rechtssicherheit — Befugnismissbrauch — Offensichtliche Beurteilungsfehler — Begründungspflicht — Gleichbehandlung — Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung“

In der Rechtssache T‑385/11

BP Products North America Inc. mit Sitz in Naperville, Illinois (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigte: zunächst C. Farrar, Solicitor, Rechtsanwalt H.‑J. Prieß, Rechtsanwältin B. Sachs und Rechtsanwalt M. Schütte, dann C. Farrar, H.‑J. Prieß, M. Schütte und Rechtsanwältin K. Arend,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.‑P. Hix als Bevollmächtigten im Beistand von B. O’Connor, Solicitor, und S. Gubel, avocat,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch M. França und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte,

und durch

European Biodiesel Board (EBB), Prozessbevollmächtigte: O. Prost und M.‑S. Dibling, avocats,

Streithelfer,

betreffend einen Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 443/2011 des Rates vom 5. Mai 2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 598/2009 eingeführten endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika auf die aus Kanada versandten Einfuhren von Biodiesel, ob als Ursprungserzeugnisse Kanadas angemeldet oder nicht, und zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 598/2009 eingeführten endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren von Biodiesel als Mischung mit einem Gehalt an Biodiesel von bis zu 20 GHT mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die aus Singapur versandten Einfuhren (ABl. L 122, S. 1) sowie der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 444/2011 des Rates vom5. Mai 2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 599/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika auf die aus Kanada versandten Einfuhren von Biodiesel, ob als Ursprungserzeugnisse Kanadas angemeldet oder nicht, und zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 599/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Biodiesel als Mischung mit einem Gehalt an Biodiesel von bis zu 20 GHT mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die aus Singapur versandten Einfuhren (ABl. L 122, S. 12), soweit diese Verordnungen die Klägerin betreffen,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Richterin M. E. Martins Ribeiro in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Richter F. Dehousse und M. van der Woude (Berichterstatter),

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2013

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1

Der vorliegende Rechtsstreit betrifft zwei Verfahren wegen Umgehung im Sinne von Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 343, S. 51, Berichtigung ABl. 2010, L 7, S. 22, im Folgenden: Antidumping-Grundverordnung) bzw. Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 597/2009 des Rates vom 11. Juni 2009 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 188, S. 93, im Folgenden: Antisubventions-Grundverordnung) (im Folgenden zusammen: Antidumping- und Antisubventions-Grundverordnungen).

2

Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Antidumping-Grundverordnung können „[d]ie gemäß dieser Verordnung eingeführten Antidumpingzölle … auf die Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern, geringfügig verändert oder nicht, auf die Einfuhren der geringfügig veränderten gleichartigen Ware aus dem von Maßnahmen betroffenen Land oder auf die Einfuhren von Teilen dieser Ware ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet“. Laut dieser Vorschrift wird eine „Umgehung … als eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der [Europäischen Union] oder zwischen einzelnen Unternehmen in dem von Maßnahmen betroffenen Land und der [Europäischen Union] definiert, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt“, sofern „Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird, und … erforderlichenfalls im Einklang mit Artikel 2 [der Antidumping-Grundverordnung] ermittelte Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten, die für die gleichartige Ware vorher festgestellt wurden, vorliegen“. Art. 23 Abs. 1 und 3 der Antisubventions-Grundverordnung hat einen ähnlichen Wortlaut; allerdings wird dort anstatt eines Beweises für Dumping der Beweis dafür verlangt, dass „die Subvention der eingeführten gleichartigen Ware und/oder Teilen dieser Ware weiterhin zugutekommt“.

3

Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung gelten als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit, die als Umgehung gewertet werden, u. a. geringfügige Veränderungen der betroffenen Ware, so dass sie unter Zollcodes fällt, für die die Maßnahmen normalerweise nicht gelten, sofern die Veränderungen ihre wesentlichen Eigenschaften nicht berühren.

4

Gemäß Art. 1 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 2 Buchst. c der Antisubventions-Grundverordnung gilt für die Zwecke dieser Verordnungen als „gleichartige Ware“„eine Ware, die mit der betreffenden Ware identisch ist, d. h. ihr in jeder Hinsicht gleicht, oder, wenn es eine solche Ware nicht gibt, eine andere Ware, die zwar der betreffenden Ware nicht in jeder Hinsicht gleicht, aber Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind“.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Die Ausgangsverfahren

5

Am 29. April 2008 reichte der European Biodiesel Board (EBB) bei der Europäischen Kommission im Namen eines bedeutenden Teils der Biodieselhersteller der Europäischen Union zwei Beschwerden ein, mit denen er die Kommission ersuchte, wegen Einfuhren von Biodiesel aus den Vereinigten Staaten ein Antidumpingverfahren und ein Antisubventionsverfahren nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) in ihrer geänderten Fassung (ABl. 2005, L 340, S. 17) (nunmehr Art. 5 der Antidumping-Grundverordnung) bzw. Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 2026/97 des Rates vom 6. Oktober 1997 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 288, S. 1) (nunmehr Art. 10 der Antisubventions-Grundverordnung) einzuleiten.

6

Biodiesel ist ein Ersatz für Mineralöldiesel. Biodiesel wird in Reinform oder als Mischung mit Mineralöldiesel verkauft. Zur eindeutigen Beschreibung der verschiedenen Arten von Biodieselmischungen gibt es ein international anerkanntes System, mit dem der genaue Anteil von Biodiesel in Biodieselgemischen angegeben wird. So wird beispielsweise eine Mischung mit einem Anteil von x % Biodiesel mit dem Buchstaben B mit der sich anschließenden Angabe des Biodieselanteils in Prozent bezeichnet, während reiner Biodiesel als B100 bezeichnet wird.

7

Der EBB rügte massive Subventionen in den Vereinigten Staaten für die Herstellung von Biodiesel und insbesondere das Bestehen einer Steuervergünstigung auf Bundesebene (blender’s credit) in Höhe von 1 US-Dollar je Gallone reinen Biodiesels in Biodieselmischungen, die zur Verwendung als Kraftstoff bestimmt sind. Dem EBB zufolge haben diese Subventionen zu einem massiven und künstlichen Anstieg der Einfuhren von Biodiesel aus den Vereinigten Staaten in die Union geführt. Nach den Angaben des EBB war es üblich, dass die nordamerikanischen Hersteller, um die höchstmöglichen Subventionen zu erhalten, eine minimale Dosis Mineralöldiesel –0,1 % oder noch weniger – einer Mischung mit 99,9 % reinen Biodiesels zufügten (im Folgenden: B99,9-Mischungen). Die Einfuhren aus den Vereinigten Staaten, auf die sich die Beschwerden des EBB bezogen, betrafen somit hauptsächlich B99,9-Mischungen.

8

Dem EBB zufolge waren diese Einfuhren gedumpt und schädigten die Biodieselhersteller der Union, weil die nordamerikanischen B99,9-Mischungen unmittelbar in Wettbewerb mit dem in der Union hergestellten Biodiesel getreten seien. Aus den Akten geht hervor, dass der betroffene europäische Wirtschaftszweig hauptsächlich reinen Biodiesel (B100) herstellte.

9

Der EBB führte in seinen Beschwerden aus, dass es sich bei dem Enderzeugnis, vorliegend Kraftstoff, der für Verbraucher in den Vereinigten Staaten bestimmt gewesen sei, in den meisten Fällen um B20-Mischungen gehandelt habe. Nach der in der Union geltenden Regelung hingegen hätten an Verbraucher nur B5- und B7-Mischungen verkauft werden dürfen.

10

Mit Bekanntmachungen, die am 13. Juni 2008 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden, leitete die Kommission hinsichtlich der Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten ein Antidumpingverfahren (ABl. C 147, S. 5) sowie ein Antisubventionsverfahren (ABl. C 147, S. 10) ein (im Folgenden zusammen: Ausgangsuntersuchung).

11

Bei der von der Ausgangsuntersuchung erfassten Ware „handelt[e] es sich um durch Synthese und/oder Hydrotreating gewonnene Fettsäuremonoalkylester und/oder paraffinische Gasöle nichtfossilen Ursprungs (gemeinhin als ‚Biodiesel‘ bezeichnet), in Reinform oder als Mischung, die hauptsächlich, aber nicht ausschließlich als erneuerbarer Kraftstoff verwendet werden, mit Ursprung in den Vereinigten Staaten …; sie werden üblicherweise unter den KN-Codes 38249091, ex38249097, ex27101941, ex15162098, ex15180091, ex15180099 eingereiht“. Die Ausgangsuntersuchung betraf den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2008 (im Folgenden: Zeitraum der Ausgangsuntersuchung).

12

Am 11. März 2009 erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 193/2009 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. L 67, S. 22, im Folgenden: vorläufige Antidumping-Verordnung) sowie die Verordnung (EG) Nr. 194/2009 zur Einführung eines vorläufigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. L 67, S. 50, im Folgenden: vorläufige Antisubventions-Verordnung). Nachfolgend werden diese beiden Verordnungen zusammen als „vorläufige Verordnungen“ und die mit ihnen eingeführten Zölle als „vorläufige Zölle“ bezeichnet.

13

In den vorläufigen Verordnungen führte die Kommission aus, dass „[d]ie Definition der betroffenen Ware, die sich in de[n] Einleitungsbekanntmachung[en] … findet, … klarer gefasst werden [sollte], damit die Waren identifiziert werden, die von dieser Untersuchung erfasst werden sollten“ (23. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 25. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

14

Die Kommission wies darauf hin, dass die Biodieselmischungen mit einem Gehalt von bis zu 20 % (im Folgenden: ? B20-Mischungen), hauptsächlich B20-Mischungen sowie B6-, B5- und B2-Mischungen, in den USA zum direkten Verbrauch verkauft worden seien. Denn in den USA hätten Dieselmotoren mit ? B20-Mischungen betrieben werden können, ohne dass die Garantie der Fahrzeughersteller verfalle (24. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 26. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

15

„Für eine klare Unterscheidung zwischen den verschiedenen Gemischarten, die auf dem US-amerikanischen Markt angeboten werden“, hat es die Kommission somit „als geeignet angesehen“, die von der Ausgangsuntersuchung betroffene Ware als reinen Biodiesel und alle Mischungen mit einem Biodieselanteil von mehr als 20 % (im Folgenden: > B20-Mischungen) zu definieren (26. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 28. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

16

Nachdem sie die betroffene Ware definiert hatte, wies die Kommission außerdem darauf hin, dass „[d]ie Untersuchung erg[eben hatte], dass alle Arten von Biodiesel und der Biodiesel in den Mischungen, die Gegenstand dieser Untersuchung [waren], trotz möglicher Unterschiede bei den für die Herstellung verwendeten Rohstoffen oder im Herstellungsverfahren dieselben oder sehr ähnliche grundlegende materielle, chemische und technische Eigenschaften aufw[ie]sen und für dieselben Zwecke eingesetzt w[u]rden“ und dass „[d]ie möglichen Varianten bei der betroffenen Ware … weder ihre grundlegende Definition, noch ihre Eigenschaften, noch die Wahrnehmung [änderten], die die verschiedenen Parteien davon ha[tten]“ (27. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 29. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

17

Zur Definition der gleichartigen Ware im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 2 Buchst. c der Antisubventions-Grundverordnung führte die Kommission aus, dass „die auf dem US-amerikanischen Inlandsmarkt hergestellten und verkauften Waren, die Gegenstand dieser Untersuchung [waren], ähnliche grundlegende materielle, chemische und technische Eigenschaften aufw[ie]sen und in ähnlicher Weise verwendet w[u]rden … wie die aus diesem Land in die [Union] ausgeführten Waren“ und dass „[a]uch die vom Wirtschaftszweig der [Union] hergestellten und auf dem [Unions]markt verkauften Waren … ähnliche grundlegende materielle, chemische und technische Eigenschaften auf[wiesen] und … in ähnlicher Weise verwendet [wurden] wie die aus dem betroffenen Land in die [Union] ausgeführten Waren“ (29. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 31. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung). Die Kommission wies außerdem darauf hin, dass „die verschiedenen Typen der betroffenen Ware, die in den USA hergestellt und in die Gemeinschaft ausgeführt w[u]rden, mit den in der [Union] von [europäischen] Biodieselherstellern hergestellten austauschbar [waren]“ (31. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 33. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

18

Für den Erlass der vorläufigen Verordnungen griff die Kommission auf das Stichprobenverfahren nach Art. 17 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 27 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung zurück. Bei der Festlegung der Sätze für die vorläufigen Zölle nahm die Kommission daher eine Unterscheidung zwischen drei Kategorien von Unternehmen vor.

19

Zur ersten Kategorien gehörten die in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen, die kooperiert hatten. Für jedes dieser Unternehmen, die die vorläufigen Verordnungen in ihrem jeweiligen Art. 1 aufführen, nahm die Kommission eine individuelle Berechnung der Dumpingspanne, des Subventionssatzes und der Schädigung vor und legte insoweit individuelle Sätze fest (55. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 158. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

20

Die zweite Kategorie umfasste die Unternehmen, die kooperiert hatten, aber nicht in die Stichprobe einbezogen worden waren. Diese Unternehmen wurden in den vorläufigen Verordnungen in einem Anhang aufgelistet. Die Dumping-, die Subventions- und die Schadensspanne für diese Unternehmen entsprach dem gewogenen Mittel der Spannen, die für die in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen bestimmt worden waren (56. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 159. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

21

Zur dritten Kategorie schließlich gehörten alle anderen Unternehmen, auf die die residualen Sätze angewandt wurden. Bei der Ermittlung der Dumpingspannen sowie der Subventions- und der Schadenshöhe legte die Kommission zunächst den allgemeinen Mitarbeitswert der Wirtschaftsteilnehmer im Verlauf der Ausgangsuntersuchung fest. Zu diesem Zweck verglich sie die Gesamtmenge der von den kooperierenden Wirtschaftsteilnehmern vorgenommenen Ausfuhren der betroffenen Ware mit der Gesamtmenge der Einfuhren dieser Ware aus den Vereinigten Staaten, wie sie aus den Ausfuhrstatistiken hervorging. Der allgemeine Mitarbeitswert wurde mit 81 % festgestellt, was als hoch angesehen wurde. Auf dieser Grundlage sah es die Kommission als angemessen an, die Dumpingspanne sowie die Subventions- und die Schadenshöhe in Bezug auf diese Unternehmen auf dem Niveau der höchsten Margen, die für die in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller festgestellt worden waren, anzusetzen (57. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 160. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

22

Der jeweilige Zollsatz der vorläufigen Zölle wurde entsprechend der sogenannten Regel des niedrigeren Zolls für jede dieser drei Unternehmenskategorien jeweils in Höhe der Dumping‑/Subventionsspanne oder der Schadensspanne, je nachdem, welche niedriger war, festgelegt (166. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 271. Erwägungsgrund der vorläufigen Antisubventions-Verordnung). Der vorläufige Antidumpingzoll und der vorläufige Ausgleichszoll wurden nur insoweit gleichzeitig erhoben, als dies zur Beseitigung des Schadens erforderlich war (167. Erwägungsgrund der vorläufigen Antidumping-Verordnung).

23

Die für > B20-Mischungen eingeführten Zölle wurden im Wesentlichen entsprechend dem in diesen Mischungen enthaltenen Gesamtgehalt an Biodiesel festgesetzt (169. Erwägungsgrund und Art. 1 Abs. 2 letzter Unterabsatz der vorläufigen Antidumping-Verordnung und 273. Erwägungsgrund und Art. 1 Abs. 2 letzter Unterabsatz der vorläufigen Antisubventions-Verordnung).

24

Am 7. Juli 2009 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 598/2009 zur Einführung eines endgültigen Ausgleichszolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. L 179, S. 1, im Folgenden: ursprüngliche Antidumping-Verordnung) sowie die Verordnung (EG) Nr. 599/2009 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. L 179, S. 26, im Folgenden: ursprüngliche Antisubventions-Verordnung). Nachfolgend werden diese beiden Verordnungen zusammen als „ursprüngliche Verordnungen“ und die mit ihnen eingeführten Zölle als „ursprüngliche Zölle“ bezeichnet.

25

Die Definition der betroffenen Ware und die Definition der dieser gleichartigen Ware, wie sie die Kommission in den vorläufigen Verordnungen festgelegt hatte, wurden in den ursprünglichen Verordnungen beibehalten. Der Rat hob in diesem Zusammenhang hervor, dass die Untersuchung ergeben habe, dass „Biodieselmischungen mit einem Biodieselanteil von 20 % [B20-Mischungen] und gegebenenfalls niedrigeren Anteilen tatsächlich direkt an Verbraucher in den USA verkauft wurden“ und dass „es sich bei dem Markt für Mischungsgrundlagen und dem Konsumgütermarkt um verschiedene Märkte mit unterschiedlichen Kunden handelt, nämlich zum einen um einen Markt, auf dem Biodiesel und Biodieselmischungen für weiteres Mischen durch Händler und Hersteller von Kraftstoffmischungen bestimmt sind, und zum anderen um einen Markt, auf dem die Mischungen für das Vertriebsnetz und damit für Verbraucher bestimmt sind“. Dem Rat zufolge ermöglichte „[d]ie Festsetzung der Schwelle für die betroffene Ware auf einen Anteil von mehr als 20 % …, eine klare Trennlinie zu ziehen und Verwirrungen in Bezug auf die Waren, die Märkte und die verschiedenen Parteien in den [Vereinigten Staaten] zu vermeiden“ (33. Erwägungsgrund der ursprünglichen Antidumping-Verordnung und 34. Erwägungsgrund der ursprünglichen Antisubventions-Verordnung).

26

Die Festlegung des jeweiligen Zollsatzes der ursprünglichen Zölle erfolgte entsprechend den in den vorstehenden Rn. 19 bis 21 genannten drei Unternehmenskategorien. Wie aus den Erwägungsgründen 8 bis 12 der ursprünglichen Verordnungen hervorgeht, hat der Rat die zweite Kategorie von Unternehmen um bestimmte Wirtschaftsteilnehmer ergänzt, die zum Zeitpunkt der Einleitung des ursprünglichen Verfahrens nicht bekannt waren und sich nach dem Erlass der vorläufigen Verordnungen gemeldet hatten. Die ursprünglichen Antidumpingzölle bewegten sich innerhalb einer Spanne von 0 bis 198 Euro je Tonne Biodiesel und die ursprünglichen Ausgleichszölle in einer Spanne von 211,20 bis 237 Euro je Tonne Biodiesel. Nach dem jeweiligen Art. 1 Abs. 2 der ursprünglichen Verordnungen wurden die auf > B20-Mischungen eingeführten Zölle entsprechend ihrem Biodieselgehalt erhoben.

27

Die ursprünglichen Verordnungen traten am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, die am 10. Juli 2009 erfolgte.

Die Verfahren wegen Umgehung

28

Am 30. Juni 2010 reichte der EBB bei der Kommission eine Beschwerde ein, mit der er die Einleitung von zwei Verfahren wegen Umgehung nach Art. 13 Abs. 3 der Antidumping-Grundverordnung bzw. Art. 23 Abs. 4 der Antisubventions-Grundverordnung beantragte.

29

Der EBB rügte in seiner Beschwerde, dass die ursprünglichen Zölle auf zwei Arten umgangen würden, nämlich zum einen durch den Versand der betroffenen Ware über Kanada und Singapur und zum anderen durch die Einfuhr von Biodiesel aus den Vereinigten Staaten in der Gestalt von ? B20-Mischungen.

30

Am 11. August 2010 leitete die Kommission aufgrund der Beschwerde des EBB zwei Verfahren wegen Umgehung ein und erließ zu diesem Zweck die Verordnung (EU) Nr. 720/2010 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Verordnung (EG) Nr. 599/2009 des Rates eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika durch aus Kanada und Singapur versandte Einfuhren von Biodiesel, ob als Ursprungserzeugnisse Kanadas oder Singapurs angemeldet oder nicht, und durch Einfuhren von Biodiesel als Mischung mit einem Gehalt an Biodiesel von bis zu 20 GHT mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren (ABl. L 211, S. 1) sowie die Verordnung (EU) Nr. 721/2010 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Verordnung (EG) Nr. 598/2009 des Rates eingeführten Ausgleichsmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika durch aus Kanada und Singapur versandte Einfuhren von Biodiesel, ob als Ursprungserzeugnisse Kanadas oder Singapurs angemeldet oder nicht, und durch Einfuhren von Biodiesel als Mischung mit einem Gehalt an Biodiesel von bis zu 20 GHT mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren (ABl. L 211, S. 6). Die beiden mit den vorgenannten Verordnungen eingeleiteten Verfahren werden nachfolgend zusammen als „Verfahren wegen Umgehung“ bezeichnet.

31

Nach dem jeweiligen Art. 2 der Verordnung Nr. 720/2010 und der Verordnung Nr. 721/2010 wurden die Zollbehörden der Mitgliedstaaten angewiesen, die Einfuhren in die Union, auf die sich die Verfahren wegen Umgehung bezogen, ab dem Inkrafttreten dieser Verordnungen, d. h. ab 13. August 2010, zollamtlich zu erfassen.

32

Die Untersuchung im Rahmen der Verfahren wegen Umgehung bezog sich auf den Zeitraum vom 1. April 2009 bis 30. Juni 2010 (im Folgenden: Zeitraum der Untersuchung wegen Umgehung).

33

Die Klägerin, BP Products North America Inc., die während des Zeitraums der Untersuchung wegen Umgehung Mischungen mit einem Biodieselgehalt von weniger als 15 % (im Folgenden: < B15-Mischungen), insbesondere Mischungen mit einem Biodieselgehalt zwischen 10,1 und 14,8 %, in die Union eingeführt hatte, kooperierte mit der Kommission, indem sie dieser Informationen über ihre Tätigkeiten lieferte. Insbesondere beantwortete die Klägerin am 21. September 2010 die Fragebogen für ausführende Unternehmen. Das mit ihr verbundene einführende Unternehmen BP France beantwortete zusammen mit anderen einführenden Gesellschaften der BP-Gruppe am 22. Dezember 2010 den Fragebogen für einführende Unternehmen. Überprüfungen wurden am 7. und 8. Dezember 2010 in den Räumen der Klägerin sowie am 1. Februar 2011 im Vereinigten Königreich durchgeführt. Am 28. März 2011 übermittelten die Rechtsanwälte der Klägerin der Kommission einen Schriftsatz zu dem von der Kommission am 16. März 2011 versandten Unterrichtungsdokument.

34

Am 5. Mai 2011 erließ der Rat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 443/2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 598/2009 eingeführten endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika auf die aus Kanada versandten Einfuhren von Biodiesel, ob als Ursprungserzeugnisse Kanadas angemeldet oder nicht, und zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 598/2009 eingeführten endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren von Biodiesel als Mischung mit einem Gehalt an Biodiesel von bis zu 20 GHT mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die aus Singapur versandten Einfuhren (ABl. L 122, S. 1, im Folgenden: angefochtene Antisubventions-Verordnung). Am selben Tag erließ der Rat außerdem die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 444/2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 599/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika auf die aus Kanada versandten Einfuhren von Biodiesel, ob als Ursprungserzeugnisse Kanadas angemeldet oder nicht, und zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 599/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Biodiesel als Mischung mit einem Gehalt an Biodiesel von bis zu 20 GHT mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die aus Singapur versandten Einfuhren (ABL L 122, S. 12, im Folgenden: angefochtene Antidumping-Verordnung). Diese beiden Verordnungen werden im Folgenden zusammen als „angefochtene Verordnungen“ bezeichnet.

35

In Bezug auf die ≤ B20-Mischungen mit Herkunft in den Vereinigten Staaten stellte der Rat in den angefochtenen Verordnungen zunächst fest, dass fünf nordamerikanische Biodieselhersteller, darunter die Klägerin, im Rahmen der Verfahren wegen Umgehung kooperiert hätten und dass von diesen fünf Gesellschaften die Klägerin die einzige gewesen sei, die während des Zeitraums der Untersuchung wegen Umgehung ≤ B20-Mischungen aus den Vereinigten Staaten in die Union eingeführt habe (Erwägungsgründe 52 und 54 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und Erwägungsgründe 57 und 59 der angefochtenen Antidumping-Verordnung). Der Rat bemerkte, dass die Klägerin nicht im Rahmen der Ausgangsuntersuchung kooperiert habe, da sie ihre Geschäftstätigkeit im Bereich von Biodiesel erst zu Anfang des Jahres 2009 aufgenommen und ihre Ausfuhren dieser Ware in die Union erst im Dezember 2009, also nach der Einführung der ursprünglichen Zölle, begonnen habe (62. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung).

36

Der Rat wies darauf hin, dass die Klägerin innerhalb der Union im Vereinigten Königreich, in Frankreich und den Niederlanden Mischungen mit einem Biodieselanteil von bis zu 15 % verkauft und die betreffende Ware in allen diesen Fällen als Mischungsgrundlage gedient habe, um so den diesbezüglich geltenden Rechtsvorschriften in bestimmten Mitgliedstaaten zu genügen (63. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und 68. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung). Die Klägerin habe außerdem geltend gemacht, dass < B15-Mischungen nicht als gleichartiges Produkt in Bezug auf die betroffene Ware angesehen werden könnten (64. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung).

37

In diesem Zusammenhang stellte der Rat fest, dass „[d]as Ziel der Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung [war], festzustellen, ob mit Biodiesel als [≤ B20-]Mischung … die geltenden Maßnahmen umgangen wurden“. Dem Rat zufolge mochte es „durchaus zutreffen, dass ein geringerer Biodiesel-Gehalt geringere Versandkosten zur Folge hat; gleichwohl ist hier festzuhalten, dass es sich bei einer [≤ B20-]Mischung … im Grunde nur um eine andere Zusammensetzung der Mischung handelt im Vergleich zu dem Verfahren, mit dem Biodiesel in einer [> B20-]Mischung … hergestellt wird. Die Zusammensetzung einer Mischung zu ändern ist ein einfacher Vorgang. Die Herstellung einer [≤ B20-]Mischung … wird als eine nur geringfügige Änderung der betroffenen Ware angesehen, wobei der einzige Unterschied im Biodiesel-Gehalt der Mischung besteht.“ Der Rat stellte außerdem fest, dass „sowohl die betroffene Ware als auch die [≤ B20-]Mischung … letztendlich für dieselben Zwecke in der Union bestimmt [waren]“ und dass „Mischungen von Biodiesel mit einem Gehalt an Biodiesel von sowohl bis zu 20 [%] als auch über 20 [%] … dieselben wesentlichen Eigenschaften [hatten]“ (65. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung).

38

Anschließend stellte der Rat fest, dass die weiteren Voraussetzungen, die in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und in Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung vorgesehen sind, damit vom Vorliegen einer Umgehung ausgegangen werden kann, erfüllt seien.

39

Erstens stellte der Rat eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen der Union und den Vereinigten Staaten fest. Hierzu merkte er an, dass die Ausfuhren von ≤ B20-Mischungen aus den Vereinigten Staaten in die Union erst nach der Einführung der endgültigen Maßnahmen begonnen hätten, obgleich schon während der Ausgangsuntersuchung die Beimischung eines Anteils von 5 % Biodiesel in der Union verbindlich gewesen sei. Betrachte man die von den in die Stichprobe einbezogenen, kooperierenden ausführenden Herstellern zur Verfügung gestellten Daten, so seien während der Ausgangsuntersuchung vorwiegend B99,9-Mischungen in die Union ausgeführt worden (67. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und 72. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung). Auf der Grundlage der Daten von Eurostat zu den Einfuhren von Biodiesel mit einem Biodieselanteil von 96,5 % oder darüber stellte der Rat fest, dass die Ausfuhren von B99,9-Mischungen aus den Vereinigten Staaten praktisch zum Erliegen gekommen seien (Erwägungsgründe 18, 19 und 66 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und Erwägungsgründe 18, 19 und 71 der angefochtenen Antidumping-Verordnung). Parallel dazu stellte der Rat fest, dass die Vereinigten Staaten während des gleichen Zeitraums die Ausfuhr von 358291 Tonnen Mischungen mit einem Biodieselgehalt von bis zu 96,5 % (im Folgenden: ≤ B96,5-Mischungen) in die Union gemeldet hätten und auf die Klägerin ein „beträchtlicher Anteil“ dieser Ausfuhren in der Gestalt von ≤ B20-Mischungen entfallen sei (Erwägungsgründe 20, 21, 54, 60 und 61 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und Erwägungsgründe 20, 21, 59, 65 und 66 der angefochtenen Antidumping-Verordnung).

40

Zweitens vertrat der Rat die Auffassung, dass es für die Einfuhren von ≤ B20-Mischungen keine andere hinreichende wirtschaftliche Begründung oder Rechtfertigung gegeben habe als die Vermeidung der ursprünglichen Zölle (71. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und 76. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung).

41

Drittens führte der Rat aus, dass sich unter Berücksichtigung des in der Ausgangsuntersuchung festgestellten nicht schädigenden Preisniveaus ergeben habe, dass die Einfuhren von ≤ B20-Mischungen aus den Vereinigten Staaten sowohl eine Zielpreisunterbietung als auch eine Preisunterbietung aufgewiesen hätten. Diese Einfuhren hätten erst nach der Einführung der ursprünglichen Zölle begonnen, und die betreffenden Mengen seien nicht unerheblich gewesen. Es wurde daher der Schluss gezogen, dass die ursprünglichen Zölle im Hinblick auf die Mengen und Preise untergraben würden (Erwägungsgründe 72 und 73 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und Erwägungsgründe 77 und 78 der angefochtenen Antidumping-Verordnung).

42

Viertens stellte der Rat im 74. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung fest, dass die wichtigste in der Ausgangsuntersuchung festgestellte Subventionsregelung im Dezember 2010 rückwirkend wiedereingeführt worden sei. Er führte außerdem im 79. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung aus, dass untersucht worden sei, „ob Beweise für Dumping im Vergleich zu dem Normalwert, der in der Ausgangsuntersuchung ermittelt wurde, vorliegen“, und festgestellt worden sei, dass „[d]er Vergleich des gewogenen durchschnittlichen Normalwerts mit dem gewogenen durchschnittlichen Ausfuhrpreis [für ≤ B20-Mischungen] das Vorliegen von Dumping [ergab]“.

43

Schließlich lehnte der Rat im 77. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und in Rn. 82 der angefochtenen Antidumping-Verordnung die von der Klägerin nach Art. 23 Abs. 6 der Antisubventions-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung gestellten Anträge auf Befreiung ab.

44

Vor diesem Hintergrund weitete der Rat im jeweiligen Art. 2 Abs. 1 der angefochtenen Verordnungen die ursprünglichen Zölle auf Einfuhren von ≤ B20-Mischungen mit Herkunft in den Vereinigten Staaten aus (im Folgenden: ausgeweitete Zölle).

45

Bei den ausgeweiteten Zöllen handelt es sich um die im jeweiligen Art. 1 Abs. 2 der ursprünglichen Verordnungen festgesetzten Zölle (siehe oben, Rn. 26), die für die in den vorstehenden Rn. 19 bis 21 genannten drei Unternehmenskategorien festgelegt worden waren.

46

Nach dem jeweiligen Art. 2 Abs. 2 der angefochtenen Verordnungen erfolgte die Erhebung der ausgeweiteten Zölle rückwirkend ab dem Zeitpunkt der verbindlichen Erfassung der Einfuhren von ≤ B20-Mischungen, also ab dem 13. August 2010 (siehe oben, Rn. 31).

47

Aus den Akten ergibt sich, dass der Klägerin die für die dritte Unternehmenskategorie (siehe oben, Rn. 21) geltenden Zölle auferlegt wurden, und zwar rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Erfassung bestimmter Einfuhren, die vor dem Erlass der angefochtenen Verordnungen vorgenommen worden waren.

48

Mit Schreiben vom 6. Mai 2011 antwortete die Kommission auf den in der vorstehenden Rn. 33 erwähnten Schriftsatz der Klägerin vom 28. März 2011

49

Mit Schreiben vom 20. Juni 2011 brachte die Klägerin der Kommission gegenüber zum Ausdruck, dass sie mit dem Ausgang der Verfahren wegen Umgehung nicht einverstanden sei. Sie gab außerdem an, in Erwägung zu ziehen, gegen die angefochtenen Verordnungen eine Klage vor dem Gericht zu erheben, und schlug eine Zusammenkunft mit der Kommission vor, um die Möglichkeit zu erörtern, ihr entweder eine individuelle Behandlung als neuer Ausführer nach Art. 11 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 20 der Antisubventions-Grundverordnung oder eine teilweise Befreiung von den ausgeweiteten Zöllen zu gewähren, die sie als überhöht ansah. Diese Zusammenkunft fand am 15. Juli 2011 statt. Die Kommission gab den Anträgen der Klägerin nicht statt.

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

50

Mit Klageschrift, die am 21. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

51

Mit Schriftsätzen, die am 3. Oktober bzw. 11. November 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Kommission und der EBB beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden.

52

Der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts hat dem Streithilfeantrag der Kommission mit Beschluss vom 22. November 2011 stattgegeben.

53

Mit Schreiben vom 24. November 2011 hat das Gericht als prozessleitende Maßnahme nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung Fragen an die Klägerin, den Rat und die Kommission gestellt und diese ersucht, darauf in der Erwiderung, der Gegenerwiderung bzw. dem Streithilfeschriftsatz zu antworten. Das Gericht hat den Rat außerdem ersucht, bestimmte Unterlagen vorzulegen. Die Beteiligten haben fristgerecht die genannten Schriftsätze eingereicht und den betreffenden prozessleitenden Maßnahmen Folge geleistet.

54

Mit Beschluss vom 9. Februar 2012 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts dem Streithilfeantrag des EBB stattgegeben.

55

Mit Schreiben vom 13. Februar 2012 hat das Gericht als prozessleitende Maßnahme nach Art. 64 der Verfahrensordnung Fragen an den EBB gestellt und diesen ersucht, darauf in seinem Streithilfeschriftsatz zu antworten. Der EBB hat fristgerecht den Streithilfeschriftsatz eingereicht und auf die Fragen geantwortet.

56

Der Rat und die Klägerin haben am 26. März bzw. 5. Juni 2012 beantragt, bestimmte vertrauliche Angaben in der Gegenerwiderung und der Stellungnahme der Klägerin zum Streithilfeschriftsatz des EBB sowie in bestimmten Anlagen zu diesen Schriftsätzen dem EBB nicht zu offenbaren. Zum Zweck der Übermittlung an den EBB haben sie eine nichtvertrauliche Fassung der betreffenden Verfahrensschriftstücke vorgelegt. Dem EBB ist allein diese nichtvertrauliche Fassung der Verfahrensschriftstücke übermittelt worden. Der EBB hat dagegen keine Einwände erhoben.

57

Da zwei Mitglieder der Kammer verhindert waren, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung zwei andere Richter zur Ergänzung der Kammer bestimmt.

58

Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters die mündliche Verhandlung eröffnet und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung schriftlich Fragen an alle Beteiligten gestellt. Das Gericht hat den EBB außerdem ersucht, bestimmte Unterlagen vorzulegen. Die Beteiligten haben fristgemäß diese Fragen beantwortet und die erbetenen Unterlagen vorgelegt.

59

In der Sitzung vom 14. Mai 2013 haben die Beteiligten mündlich verhandelt und die bei dieser Gelegenheit gestellten Fragen des Gerichts beantwortet.

60

Die Klägerin beantragt,

den jeweiligen Art. 2 der angefochtenen Verordnungen für nichtig zu erklären, soweit diese Bestimmungen sie betreffen;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

61

Der Rat beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

62

In der mündlichen Verhandlung hat der Rat außerdem beantragt, die Klage für unzulässig zu erklären.

63

Die Kommission beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

64

Der EBB beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

1. Zur Zulässigkeit

65

Ohne förmlich eine Unzulässigkeitseinrede im Sinne von Art. 114 der Verfahrensordnung zu erheben, hat der Rat in der mündlichen Verhandlung die Zulässigkeit der Klage bestritten, indem er geltend gemacht hat, die Klägerin sei von den angefochtenen Verordnungen nicht unmittelbar betroffen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV.

66

Der Rat hat insoweit vorgetragen, dass die Klägerin kein Hersteller von Biodiesel, sondern ein einem Einführer vergleichbarer Händler sei. Die Klägerin habe nie, weder in den Verfahren wegen Umgehung noch vor dem Gericht, angegeben, dass sie Biodiesel herstelle. Sie habe in Rn. 46 der Erwiderung vielmehr eingeräumt, dass weder sie noch ihre Tochtergesellschaften über Biodieselanlagen verfügten. Nach dem Urteil des Gerichts vom 19. April 2012, Würth und Fasteners (Shenyang)/Rat (T‑162/09), befänden sich aber Einführer oder Händler wie die Klägerin in einer anderen Situation als Hersteller und könnten normalerweise nicht als von einer Verordnung, mit der Antidumping- oder Ausgleichszölle eingeführt würden, individuell betroffen angesehen werden, selbst wenn sie an dem Verfahren, das zum Erlass der betreffenden Verordnung geführt habe, beteiligt gewesen seien.

67

In Beantwortung einer mündlichen Frage des Gerichts hat der Rat ausgeführt, dass er die Zulässigkeit der Klage nicht während des schriftlichen Verfahrens bestritten habe, weil in diesem Verfahrensstadium das in der vorstehenden Rn. 66 angeführte Urteil Würth und Fasteners (Shenyang)/Rat noch nicht verkündet gewesen sei. Die Zulässigkeit einer Klage vor dem Gericht sei indessen eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung, die das Gericht von Amts wegen prüfen müsse.

68

Während der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin beantragt, die Einwendungen des Rates gegen die Zulässigkeit der Klage zurückzuweisen. Sie sei nicht Einführer, sondern Ausführer der in Rede stehenden Ware, was der Rat selbst im 66. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung anerkannt habe. Außerdem habe sie weder reinen Biodiesel (B100) noch B99,9-Mischungen hergestellt; vielmehr habe sie als Raffinierer diese Erzeugnisse gekauft, um sie anschließend mit Mineralöldiesel zu dem Zweck zu verdünnen, Mischungen mit geringerer Konzentration herzustellen, die sie ausgeführt habe. Sie sei daher teils Hersteller, teils Ausführer von Biodieselmischungen. Die Klägerin weist außerdem darauf hin, dass sie sich an den Verfahren wegen Umgehung beteiligt habe und in den angefochtenen Verordnungen ausdrücklich erwähnt worden sei. Schließlich habe der Rat die Zulässigkeit der Klage erst in einem späten Verfahrensstadium bestritten.

69

Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV kann „[j]ede natürliche oder juristische Person … unter den Bedingungen nach den Abs. 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben“.

70

Dazu ist zu bemerken, dass das in Art. 263 Abs. 4 AEUV aufgestellte Kriterium, das die Zulässigkeit der Klage einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Entscheidung, die nicht an sie gerichtet ist, von der Bedingung abhängig macht, dass diese Person von der Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist, eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung darstellt, deren Vorliegen die Unionsgerichte jederzeit – auch von Amts wegen – prüfen können (Beschluss des Gerichtshofs vom 5. Juli 2001, Conseil national des professions de l’automobile u. a./Kommission, C-341/00 P, Slg. 2001, I-5263, Rn. 32, und Urteil des Gerichtshofs vom 29. November 2007, Stadtwerke Schwäbisch Hall u. a./Kommission, C‑176/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 18).

71

Aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs.1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung geht hervor, dass Verordnungen zur Ausweitung von Zöllen auf Umgehungsfälle nur zur Folge haben, dass der Anwendungsbereich der ursprünglichen Verordnungen ausgeweitet wird. Eine Verordnung zur Ausweitung eines Antidumping- oder Ausgleichzolls hat daher gegenüber den dem ausgeweiteten Zoll unterliegenden Unternehmen dieselben Rechtsfolgen wie eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Zolls gegenüber den einem solchen Zoll unterliegenden Unternehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 26. September 2000, Büchel/Rat und Kommission, T-74/97 und T-75/97, Slg. 2000, II-3067, Rn. 52).

72

Im vorliegenden Fall bestreitet der Rat nicht, dass die Klägerin von den angefochtenen Verordnungen unmittelbar betroffen ist. Denn die Zollbehörden der Mitgliedstaaten müssen die Zölle, die mit den angefochtenen Verordnungen auf Einfuhren von ≤ B20-Mischungen mit Herkunft in den Vereinigten Staaten ausgedehnt worden sind, vereinnahmen, ohne dass ihnen insoweit ein Ermessen zustünde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. September 1997, Shanghai Bicycle/Rat, T-170/94, Slg. 1997, II-1383, Rn. 41).

73

Hinsichtlich der Voraussetzung der individuellen Betroffenheit ist darauf hinzuweisen, dass Verordnungen zur Einführung von Antidumping- und Ausgleichszöllen zwar nach den Kriterien des Art. 263 Abs. 4 AEUV aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite tatsächlich insofern Normcharakter haben, als sie für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten; dies schließt jedoch nicht aus, dass ihre Vorschriften bestimmte Wirtschaftsteilnehmer individuell betreffen können (Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 1984, Allied Corporation u. a./Kommission, 239/82 und 275/82, Slg. 1984, 1005, Rn. 11; Urteile des Gerichts vom 20. Juni 2000, Euromin/Rat, T-597/97, Slg. 2000, II-2419, Rn. 43, und vom 28. Februar 2002, BSC Footwear Supplies u. a./Rat, T-598/97, Slg. 2002, II-1155, Rn. 43).

74

Die Unionsgerichte haben festgestellt, dass bestimmte Vorschriften der Verordnungen zur Einführung von Antidumping- und Ausgleichszöllen diejenigen Hersteller und Ausführer des betroffenen Erzeugnisses, denen aufgrund von Angaben über ihre geschäftliche Tätigkeit Dumpingpraktiken vorgeworfen werden, individuell betreffen können. Das trifft im Allgemeinen für diejenigen Produktions- und Exportunternehmen zu, die nachweisen können, dass sie in den Rechtsakten der Kommission oder des Rates bezeichnet worden sind oder von den vorbereitenden Untersuchungen betroffen waren (vgl. in diesem Sinne oben in Rn. 73 angeführte Urteile Allied Corporation u. a./Kommission, Rn. 11 und 12, und Euromin/Rat, Rn. 45, sowie Urteil des Gerichts vom 19. September 2001, Mukand u. a./Rat, T-58/99, Slg. 2001, II-2521, Rn. 21).

75

Im vorliegenden Fall hat der Rat in den angefochtenen Verordnungen anerkannt, dass die Klägerin als Hersteller zu qualifizieren war. Denn in den Erwägungsgründen 52 und 54 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und den Erwägungsgründen 57 und 59 der angefochtenen Antidumping-Verordnung hat er ausgeführt, dass die Klägerin zu der Gruppe der fünf „Hersteller von Biodiesel oder Mischungen von Biodiesel in den Vereinigten Staaten“ gehört habe, die im Rahmen des Verfahrens wegen Umgehung kooperiert hätten. Wie aus Rn. 46 der Erwiderung und den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hervorgeht, sind die Klägerin und ihre Tochtergesellschaften nicht am Prozess der Herstellung von reinem Biodiesel (B100) oder B99,9-Mischungen beteiligt, sondern kaufen diese Erzeugnisse von Herstellern oder Dritten und mischen sie anschließend mit Mineralöldiesel, um Biodieselmischungen mit niedrigerer Konzentration herzustellen, die sie ausführen. Die Klägerin kauft außerdem Biodieselmischungen von Dritten. Sie ist daher teils Hersteller und teils Ausführer von Biodieselmischungen.

76

Die Klägerin hat außerdem im Rahmen der Verfahren wegen Umgehung eine bedeutende Rolle gespielt. Denn der Rat hat im 52. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und im 57. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung festgestellt, dass von den fünf in den Vereinigten Staaten ansässigen Biodieselherstellern, die kooperiert hätten, die Klägerin die einzige gewesen sei, die während des Zeitraums der Untersuchung wegen Umgehung ≤ B20-Mischungen aus den Vereinigten Staaten in die Union eingeführt habe (siehe oben, Rn. 35). Der Rat hat im 61. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und im 66. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung anerkannt, dass die Ausfuhren der Klägerin einen „beträchtlichen Anteil“ aller während dieses Zeitraums festgestellten Ausfuhren von ≤ B96,5-Mischungen mit Herkunft in den Vereinigten Staaten ausgemacht hätten. Der Rat stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin während der Verfahren wegen Umgehung vollumfänglich mit den Organen kooperiert hat, indem sie Daten zu ihrer Geschäftstätigkeit zur Verfügung gestellt hat, und dass diese Daten berücksichtigt worden sind, um den Anwendungsbereich der angefochtenen Verordnungen festzulegen. Schließlich hat der Rat im 77. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und im 82. Erwägungsgrund der Antidumping-Verordnung die von der Klägerin nach Art. 23 Abs. 6 der Antisubventions-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung gestellten Anträge auf Befreiung ausdrücklich abgelehnt.

77

Unter diesen Voraussetzungen steht in Anbetracht der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien, die in der vorstehenden Rn. 74 dargestellt worden sind, außer Zweifel, dass die Klägerin von den angefochtenen Verordnungen individuell betroffen ist.

78

Daher sind die vom Rat in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwendungen gegen die Klagebefugnis der Klägerin zurückzuweisen. Die Klage ist somit für zulässig zu erklären.

2. Zur Begründetheit

79

Die Klägerin macht vier Klagegründe geltend. Dem ersten Klagegrund zufolge hat der Rat dadurch gegen die Antidumping- und die Antisubventions-Grundverordnung sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen und seine Befugnisse missbraucht, dass er die ursprünglichen Zölle mittels der Verfahren wegen Umgehung ausgeweitet hat. Mit dem zweiten Klagegrund werden offensichtliche Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts in Bezug auf die Klägerin geltend gemacht. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt. Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der ordnungsgemäßen Verwaltung geltend gemacht.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Antidumping- und die Antisubventions-Grundverordnung sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit und Missbrauch von Befugnissen durch die Ausweitung der ursprünglichen Zölle mittels der Verfahren wegen Umgehung

80

Im Rahmen des ersten Klagegrundes bestreitet die Klägerin, dass ≤ B20-Mischungen und > B20-Mischungen als „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung angesehen werden können, und rügt einen Verstoß gegen diese Verordnungen und den Grundsatz der Rechtssicherheit sowie einen Befugnismissbrauch.

81

Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen.

82

Im Rahmen des ersten Teils macht die Klägerin geltend, dass zwischen den > B20-Mischungen einerseits und den ≤ B20-Mischungen andererseits Unterschiede bestünden und die letztgenannten Mischungen ausdrücklich vom Anwendungsbereich der ursprünglichen Verordnungen ausgenommen worden seien.

83

Im Rahmen des zweiten Teils bestreitet die Klägerin das Vorliegen einer Veränderung der Ware im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung, da es ≤ B20-Mischungen schon immer gegeben habe und diese nicht speziell zur Vermeidung der Zölle geschaffen worden seien.

Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Unterschiede zwischen > B20-Mischungen und ≤ B20-Mischungen und ausdrücklicher Ausschluss der letztgenannten Mischungen von den ursprünglichen Verordnungen

84

Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes erhebt die Klägerin im Wesentlichen vier Rügen.

85

Sie ist erstens der Auffassung, dass wegen der Unterschiede, die zwischen > B20-Mischungen und ≤ B20-Mischungen bestünden, die letztgenannten Mischungen im Verhältnis zu den erstgenannten nicht als „geringfügig veränderte gleichartige Ware“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung angesehen werden könnten.

86

Zweitens erlaube es der rechtliche Rahmen den Unionsorganen nicht, die Definition einer von einem Antidumping- oder Ausgleichszoll betroffenen Ware zu erweitern, zumal es sich im vorliegenden Fall um Waren handele, die von der Definition der betroffenen Ware und der vergleichbaren Ware ausdrücklich ausgeschlossen worden seien. Unter diesen Voraussetzungen verstoße die Ausweitung der ursprünglichen Zölle auf die von der Klägerin eingeführten ≤ B20-Mischungen gegen die Antidumping-Grundverordnung und die Antisubventions-Grundverordnung und gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

87

Drittens hätten die Unionsorgane ihre Befugnisse dadurch missbraucht, dass sie die ursprünglichen Zölle mittels der Verfahren wegen Umgehung ausgeweitet hätten, anstatt eine neue Untersuchung in Bezug auf die Einfuhren von ≤ B20-Mischungen einzuleiten. In der Erwiderung führt die Klägerin ergänzend aus, dass die Kommission zumindest ein Verfahren zur Interimsüberprüfung im Sinne von Art. 11 Abs. 3 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 19 der Antisubventions-Grundverordnung hätte einleiten müssen.

88

Viertens seien der Klägerin dadurch, dass die ursprünglichen Zölle mittels der Verfahren wegen Umgehung ausgeweitet worden seien, von der Antidumping- und der Antisubventions-Grundverordnung verliehene Verfahrensrechte vorenthalten worden. Hierzu führt die Klägerin in der Erwiderung aus, dass ihr die Möglichkeit genommen worden sei, individuelle Zollsätze zu erhalten, und dass die Berechnung des Dumpings, die die Kommission in den angefochtenen Verordnungen vorgenommen und der Rat übernommen habe, zu schematisch gewesen sei. Die Kommission habe nicht über genügend Daten zu den ≤ B20‑Mischungen verfügt, um die Marktbedingungen und die Dumpingspanne zutreffend bewerten zu können. Auf den Streithilfeschriftsatz des EBB entgegnet die Klägerin, dass sie kein Dumping praktiziert habe, dass ferner die Beihilfen, die sie erhalten habe, viel niedriger gewesen seien als die vom EBB genannten Beträge und dass schließlich der dem Wirtschaftszweig der Union entstandene Schaden nicht geprüft worden sei. In der mündlichen Verhandlung hat sie außerdem geltend gemacht, dass ihre Einfuhren die Abhilfewirkung der ursprünglichen Zölle nicht untergraben hätten.

89

Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin mit Unterstützung der Kommission und des EBB entgegen.

90

Zunächst bestreitet die Klägerin nicht, dass die Kommission und der Rat in ihrem Fall die Verfahrensrechte beachtet haben, die nach Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung bei Verfahren wegen Umgehung vorgesehen sind. Soweit die Klägerin im Rahmen der vierten Rüge eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte beanstandet, beanstandet sie damit in Wirklichkeit, dass keine neuen Verfahren eingeleitet worden sind, in deren Verlauf zu ihren Gunsten individuelle Zollsätze auf der Grundlage einer genauen Berechnung der Dumpingspanne, der Subvention und des Schadens, die den betreffenden Einfuhren zuzurechnen sind, hätten festgelegt werden können. Die vierte Rüge ist somit nur eine Folge der dritten Rüge eines Befugnismissbrauchs.

91

Ferner hat die Klägerin ihre im Rahmen der vierten Rüge geltend gemachte Kritik an der Art und Weise, in der die Kommission das Dumping, die Schädigung und das Untergraben der Abhilfewirkung der ursprünglichen Zölle festgestellt hat, lediglich in der Erwiderung, in ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des EBB und in der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, werden die vom Rat in den angefochtenen Verordnungen vorgenommenen Wertungen, dass die Einfuhren von ≤ B20-Mischungen gedumpt seien und die Abhilfewirkungen der ursprünglichen Zölle untergrüben, in der Klageschrift nicht in Frage gestellt. Dieses Vorbringen ist folglich als ein verspätetes und somit nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung unzulässiges neues Angriffsmittel anzusehen.

92

In Bezug auf die Prüfung der drei anderen Rügen ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsorgane nach ständiger Rechtsprechung im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Situationen über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügen (vgl. Urteil des Gerichts vom 28. Oktober 2004, Shanghai Teraoka Electronic/Rat, T-35/01, Slg. 2004, II-3663, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Nachprüfung solcher Beurteilungen der Organe durch den Unionsrichter ist demnach auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Befugnismissbrauch vorliegen (vgl. Urteil Shanghai Teraoka Electronic/Rat, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93

Zunächst ist die erste Rüge der Klägerin zu prüfen. Denn falls das Gericht auf der Grundlage einer objektiven Analyse der wesentlichen Eigenschaften der in Rede stehenden Mischungen annehmen würde, dass die Unionsorgane einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben, als sie zu dem Ergebnis gelangten, dass die von der Klägerin eingeführten ≤ B20-Mischungen eine geringfügige Veränderung der > B20-Mischungen darstellten, wäre der Klage ohne Prüfung der übrigen Rügen und Klagegründe stattzugeben. Sollte hingegen anzunehmen sein, dass die angefochtenen Verordnungen nicht mit einem solchen offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sind, müsste noch geprüft werden, ob die Kommission, ohne ihre Befugnisse zu missbrauchen und gegen die Antidumping-Grundverordnung und die Antisubventions-Grundverordnung sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit zu verstoßen, Verfahren wegen Umgehung in Bezug auf die Einfuhren der Klägerin einleiten konnte, obgleich ≤ B20-Mischungen ausdrücklich vom Anwendungsbereich der ursprünglichen Verordnungen ausgenommen worden waren.

– Zu den wesentlichen Eigenschaften von ≤ B20- und > B20-Mischungen

94

Die Klägerin macht geltend, dass Mischungen mit niedrigerem Biodieselgehalt, insbesondere die < B15-Mischungen, die sie in die Union ausgeführt habe, nicht demselben Markt wie Mischungen mit einem höheren Gehalt zuzuordnen seien und andere Eigenschaften aufwiesen. Für diese These führt sie drei Reihen von Argumenten an. Die erste Reihe von Argumenten betrifft die Besonderheiten des Markts für Biodiesel in den Vereinigten Staaten. Die zweite Reihe stellt auf die objektiven Unterschiede zwischen den Mischungen aufgrund ihres Biodieselgehalts ab. Die dritte Reihe von Argumenten gründet sich auf den Umstand, dass die Kommission anerkannt habe, dass > B20-Mischungen und ≤ B20-Mischungen verschieden seien, als sie sich geweigert habe, die Klägerin als neuen Ausführer im Sinne von Art. 11 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 20 der Antisubventions-Grundverordnung zu behandeln.

95

Der Rat tritt mit Unterstützung der Kommission und des EBB dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

96

In Anbetracht des weiten Beurteilungsspielraums, über den die Unionsorgane im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen verfügen (siehe oben, Rn. 92), ist zu prüfen, ob die Klägerin dargetan hat, dass der Rat einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als er angenommen hat, dass die von der Klägerin ausgeführten ≤ B20-Mischungen eine geringfügige Veränderung der betroffenen Ware darstellten und daher als gegenüber > B20-Mischungen „geringfügig veränderte gleichartige Ware“ mit den „gleichen wesentlichen Eigenschaften“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung angesehen werden konnten. Zu diesem Zweck wird das Gericht die drei Argumentsreihen der Klägerin prüfen, allerdings in einer anderen Reihenfolge als die, in der sie vorgetragen worden sind.

97

Was an erster Stelle die objektiven Unterschiede zwischen den Mischungen aufgrund ihres Biodieselgehalts betrifft, macht die Klägerin zunächst geltend, dass in der Dieselindustrie der Biodieselgehalt dafür ausschlaggebend sei, ob Biodieselmischungen als Mineral- bzw. Mineralölerzeugnisse oder als chemische Erzeugnisse einzustufen seien. Die Kombinierte Nomenklatur unterscheide ebenfalls nach der Zusammensetzung der Mischungen und ihrem Biodieselgehalt. Die Position 2710 der Kombinierten Nomenklatur in deren Mineralöle betreffendem Kapitel beispielsweise finde auf > B30-Mischungen keine Anwendung. Die Klägerin selbst verwende in ihren Verträgen und Rechnungen je nach dem prozentualen Biodieselanteil unterschiedliche Beschreibungen.

98

Sodann bemerkt die Klägerin, dass Mischungen mit einem Biodieselanteil von mindestens 15 % (im Folgenden: ≥ B15‑Mischungen) aus logistischer Sicht in Anlage II des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (Marpol) vom 2. November 1973 als chemische Erzeugnisse eingestuft würden, die in speziellen Schiffen befördert werden müssten, während < B15-Mischungen als Mineral- oder Mineralölerzeugnisse angesehen würden. Daher weise zumindest ein Teil der ≤ B20-Mischungen – nämlich die < B15 Mischungen, die sie ausgeführt habe – Unterschiede zu den > B20-Mischungen auf. Außerdem sei die Lagerzeit für hochkonzentrierte Mischungen geringer, und reiner Biodiesel sowie B99,9-Mischungen müssten in für „fatty acid methyl esters“ (Fettsäuremethylester, im Folgenden: FAME) geeigneten Behältern gelagert werden, die kleiner und teurer seien als Behälter, die für Mischungen mit einer geringen Konzentration verwendet würden. Zudem sei es einfacher, eine Mischung mit einer geringeren Konzentration zu verdünnen, um B7- und B5-Mischungen zu erhalten, als eine Mischung mit einer höheren Konzentration.

99

Schließlich führt die Klägerin aus, dass Mischungen mit einem höheren Biodieselanteil weder denselben Endverwendungszweck noch dieselbe Kraft oder Wirksamkeit hätten wie Mischungen mit einem niedrigeren Biodieselanteil.

100

Hierzu ist erstens zu bemerken, dass die Handelsklassifizierungen, die der Wirtschaftszweig für die betreffenden Waren vergibt oder die sich aus der Kombinierten Nomenklatur ergeben, formeller Art sind und nicht zwangsläufig bedeuten, dass unterschiedliche klassifizierte Waren nicht die gleichen wesentlichen Eigenschaften im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung aufweisen (siehe oben, Rn. 3). Wie der Rat zu Recht ausführt, wird mit bestimmten Umgehungspraktiken gerade bezweckt, eine geringfügig veränderte Ware auszuführen, die nicht unter eine spezielle Position der Kombinierten Nomenklatur fällt, auf die sich die ursprünglichen Zölle beziehen.

101

Zweitens ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin zu den Unterschieden zwischen den Mischungen aus logistischer Sicht – mit Ausnahme der Argumente, die sich auf die Regelung über den Seefrachtverkehr gründen – nicht auf den in den Mischungen enthaltenen spezifischen prozentualen Biodieselanteil abstellt. Dieses Vorbringen stellt auf die Unterschiede zwischen Mischungen mit einer hohen oder geringen Konzentration ab, geht aber nicht auf die wesentliche Frage ein, ob ≤ B20-Mischungen dieselben wesentlichen Eigenschaften im Sinne der einschlägigen Antidumping- und Antisubventionsregelung aufweisen wie > B20-Mischungen.

102

Was die Argumente betrifft, die sich auf die Regelung über den Seefrachtverkehr gründen, ist darauf hinzuweisen, dass der einzige Unterschied, den das Marpol bei der Einstufung zwischen ≥ B15-Mischungen und < B15-Mischungen macht, als solcher weder die grundlegenden materiellen, chemischen und technischen Eigenschaften noch die kommerziellen Verwendungszwecke von ≤ B20-Mischungen betrifft. Zudem unterscheidet die betreffende Regelung für die Schifffahrt nicht anhand eines 20%-Anteils, der im Mittelpunkt des vorliegenden Rechtsstreits steht, sondern anhand eines 15%-Anteils.

103

Drittens substantiiert die Klägerin in keiner Weise die in der Erwiderung aufgestellte Behauptung, dass Mischungen mit hohem Biodieselgehalt oder solche mit niedrigem weder dieselbe Kraft noch dieselbe Wirksamkeit besäßen. Was die Verwendungen von Mischungen in Abhängigkeit von ihrer Konzentration betrifft, bestreitet die Klägerin nicht, dass die Verdünnung von Biodiesel in Mineralöldiesel ein in technischer Hinsicht verhältnismäßig einfach durchzuführender Vorgang ist. Sie stellt auch nicht in Abrede, dass die < B15-Mischungen, die sie ausgeführt hat, ebenso wie die > B20-Mischungen dazu bestimmt waren, erneut mit Mineralöldiesel vermischt zu werden, um in der Union Kraftstoffe herzustellen. Unabhängig davon, ob es sich um B99,9-Mischungen handelt, die am meisten von den ursprünglichen Zöllen erfasst wurden, oder um < B15-Mischungen, die von der Klägerin ausgeführt wurden, mussten alle diese Mischungen noch einer Umwandlung unterzogen werden, um den Mengenverhältnissen der Mischungen zu entsprechen, die zum Verkauf an Endnutzer in der Union zugelassen sind, d. h. B7- und B5-Mischungen (siehe oben, Rn. 36). Folglich mussten alle Einfuhren von Biodieselmischungen demselben Umwandlungsprozess unterzogen werden und dienten derselben Endnachfrage, wodurch sie den entsprechenden europäischen Wirtschaftszweig schädigten.

104

Was an zweiter Stelle die Besonderheiten des Biodieselmarkts in den Vereinigten Staaten betrifft, ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass alle Dieselmotoren mit ? B20-Mischungen betrieben werden können, ohne dass die Garantie der Fahrzeughersteller verfällt, so dass solche Mischungen unmittelbar an die Verbraucher in den Vereinigten Staaten verkauft werden (siehe oben, Rn. 14). Die Klägerin erläutert jedoch nicht in ausreichendem Maße, weshalb allein diese Feststellung den Rat und die Kommission daran hindern solle, die von der Klägerin ausgeführten ≤ B20-Mischungen als im Verhältnis zu > B20-Mischungen „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ anzusehen. Jedenfalls hat diese Besonderheit des Markts in den Vereinigten Staaten keinen Einfluss auf die vom Rat im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung getroffene Feststellung, dass die grundlegenden materiellen, chemischen und technischen Eigenschaften von > B20-Mischungen und von ≤ B20-Mischungen einander hinreichend ähnlich waren, um sie den gleichen Umwandlungsvorgängen zu unterziehen, die ihren Endverbrauch in der Union zuließen (siehe oben, Rn. 37).

105

Was an dritter und letzter Stelle die Weigerung der Kommission betrifft, die Klägerin als neuen Ausführer im Sinne von Art. 11 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 20 der Antisubventions-Grundverordnung zu behandeln, handelt es sich um rechtliche Erwägungen, die die in der vorstehenden Randnummer genannten technischen Feststellungen nicht beeinflussen können. Denn nach diesen Vorschriften findet eine Überprüfung im Hinblick auf die Regelung für neue Ausführer nur bei Wirtschaftsteilnehmern statt, die erst nach dem Erlass einer Antidumping- oder Antisubventions-Verordnung beginnen, die unter diese Verordnungen fallende Ware einzuführen. Im vorliegenden Fall fielen ≤ B20-Mischungen aber nicht unter die ursprünglichen Verordnungen. Dieser Umstand besagt jedoch nichts darüber, ob diese Mischungen im Verhältnis zu > B20-Mischungen als „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ angesehen werden konnten.

106

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass der Rat einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als er zu dem Ergebnis gelangte, dass die von der Klägerin ausgeführten ≤ B20-Mischungen eine geringfügige Veränderung der betroffenen Ware darstellten und daher als gegenüber > B20-Mischungen „geringfügig veränderte gleichartige Ware“ angesehen werden konnten, da sie die „gleichen wesentlichen Eigenschaften“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung aufwiesen.

107

Die erste Rüge der Klägerin ist somit zurückzuweisen.

– Zum ausdrücklichen Ausschluss von ≤ B20-Mischungen von den ursprünglichen Verordnungen

108

Die Klägerin trägt vor, dass den ursprünglichen Definitionen der betroffenen Ware und der vergleichbaren Ware entscheidende Bedeutung im Hinblick auf die Frage zukomme, ob die ursprünglichen Zölle umgangen worden seien. Diese Definitionen müssten kohärent bleiben. Die Verfahren wegen Umgehung und der Grundsatz der Rechtssicherheit erlaubten es den Unionsorganen nicht, die ursprüngliche Definition auszuweiten, insbesondere dann nicht, wenn sich die Ausweitung auf eine Ware beziehe, die von der ursprünglichen Definition der betroffenen Ware und der der vergleichbaren Ware ausdrücklich ausgeschlossen gewesen sei. Das Urteil des Gerichts vom 10. September 2008, JSC Kirovo-Chepetsky Khimichesky Kombinat/Rat (T‑348/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), bestätige diese Grundsätze.

109

Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin mit Unterstützung der Kommission und des EBB entgegen.

110

Insoweit ist erstens zu bemerken, dass die Verfahren wegen Umgehung nach Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung gerade auf solche Waren abzielen, die formell nicht von der ursprünglichen Definition der betroffenen Ware und der ähnlichen Ware erfasst waren, aber dennoch „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ darstellen, da sie mit den von der ursprünglichen Definition erfassten Waren die gleichen „wesentlichen Eigenschaften“ teilen. Der Rat hat daher, als er die ursprünglichen Zölle auf ≤ B20-Mischungen ausgeweitet hat, im Einklang mit den Zielen dieser Bestimmungen gehandelt.

111

Zweitens bestätigt das vorstehend in Rn. 108 angeführte Urteil JSC Kirovo-Chepetsky Khimichesky Kombinat/Rat entgegen dem Vorbringen der Klägerin diese Grundsätze. Denn dieses Urteil betraf kein Verfahren wegen Umgehung, sondern eine teilweise Interimsüberprüfung nach Art. 11 Abs. 3 der angefochtenen Antidumping-Grundverordnung. Im Rahmen dieser Interimsüberprüfung hatte der Rat die ursprüngliche Definition der betroffenen Ware ausgeweitet, um die in Rede stehenden Zölle auf Waren zu erheben, die die ursprünglich betroffene Ware als Bestandteil enthielten. Das Gericht hat angenommen, dass der Rat im Rahmen einer Interimsüberprüfung im Sinne von Art. 11 Abs. 3 der Antidumping-Grundverordnung die ursprüngliche Definition der betroffenen Ware nicht ändern durfte (Urteil JSC Kirovo-Chepetsky Khimichesky Kombinat/Rat, oben in Rn. 108 angeführt, Rn. 61 bis 65). Das Gericht hat jedoch ausgeführt, dass die Unionsorgane hätten prüfen müssen, ob die neuen Waren, die die betroffene Ware als Bestandteil einschlossen, als „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung angesehen werden konnten. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass der Rat das Erfordernis einer Untersuchung nach der letztgenannten Vorschrift nicht dadurch umgehen durfte, dass er die Definition der betroffenen Ware im Rahmen der Anwendung von Art. 11 Abs. 3 der Antidumping-Grundverordnung änderte (Urteil JSC Kirovo-Chepetsky Khimichesky Kombinat/Rat, oben in Rn. 108 angeführt, Rn. 66 bis 70).

112

Was drittens den ausdrücklichen Ausschluss von ≤ B20-Mischungen aus den ursprünglichen Verordnungen betrifft, ist zu bemerken, dass sich dieser Ausschluss – entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der Erwiderung und ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz der Kommission – weder auf Unterschiede hinsichtlich der grundlegenden materiellen, chemischen und technischen Eigenschaften der betreffenden Mischungen noch auf die Situation in der Union gründete.

113

Wie in den vorstehenden Rn. 13 bis 15 und 25 ausgeführt, wurde der Ausschluss von ≤ B20-Mischungen aus dem Anwendungsbereich der ursprünglichen Verordnungen allein mit den Besonderheiten des Markts in den Vereinigten Staaten gerechtfertigt, wo ≤ B20-Mischungen im Gegensatz zu > B20-Mischungen dazu bestimmt waren, unmittelbar an die Verbraucher verkauft zu werden, und daher nicht ausgeführt wurden. Diese Feststellung hatte den Rat veranlasst, die Schwelle auf dem Niveau der > B20-Mischungen festzulegen, um „eine klare Trennlinie zu ziehen und Verwirrungen in Bezug auf die Waren, die Märkte und die verschiedenen Parteien in den [Vereinigten Staaten] zu vermeiden“ (33. Erwägungsgrund der ursprünglichen Antidumping-Verordnung und 34. Erwägungsgrund der ursprünglichen Antisubventions-Verordnung).

114

Zum einen war die Position der Unionsorgane zu den wesentlichen Eigenschaften von ≤ B20-Mischungen und > B20-Mischungen folglich nicht widersprüchlich, und die Klägerin kann daher im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit geltend machen.

115

Zum anderen waren die Kommission und der Rat aus den in der vorstehenden Rn. 104 genannten Gründen durch die spezifischen Marktbedingungen in den Vereinigten Staaten nicht gehindert, die von der Klägerin ausgeführten ≤ B20-Mischungen als im Verhältnis zu > B20-Mischungen „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung anzusehen.

116

Unter diesen Bedingungen steht der wegen der Besonderheiten des Markts in den Vereinigten Staaten vorgenommene Ausschluss von ≤ B20-Mischungen von den ursprünglichen Verordnungen der Einleitung von Verfahren wegen Umgehung in Bezug auf diese Mischungen durch die Kommission und den Rat nicht entgegen.

117

Die zweite Rüge der Klägerin ist somit zurückzuweisen.

– Zum Befugnismissbrauch

118

Mit ihrer dritten Rüge macht die Klägerin geltend, dass die Kommission und der Rat die ursprünglichen Zölle nicht mittels der Verfahren wegen Umgehung auf die Einfuhren von ≤ B20-Mischungen hätten ausweiten können, ohne einen Befugnismissbrauch zu begehen, und stattdessen in Bezug auf diese Mischungen neue Untersuchungen gemäß Art. 5 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 10 der Antisubventions-Grundverordnung hätten einleiten müssen. In der Erwiderung führt die Klägerin ergänzend aus, dass die Kommission zumindest von Amts wegen eine erneute Prüfung nach Art. 11 Abs. 3 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 19 der Antisubventions-Grundverordnung hätte vornehmen müssen.

119

Der Rat hält, unterstützt von der Kommission und dem EBB, das Vorbringen der Klägerin für nicht stichhaltig. Im Übrigen habe die Klägerin ihr Argument, dass die Kommission zumindest eine Interimsüberprüfung hätte vornehmen müssen, weder im Verlauf der Verfahren wegen Umgehung noch in der Klageschrift vorgebracht. Dieses Argument sei daher unzulässig. Die Klägerin ist vom Gericht aufgefordert worden, sich zu dieser Frage in der mündlichen Verhandlung zu äußern.

120

Es ist darauf hinzuweisen, dass einer Maßnahme dann ein Befugnismissbrauch zugrunde liegt, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel vorgenommen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 1999, Vlaamse Televisie Maatschappij/Kommission, T-266/97, Slg. 1999, II-2329, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung).

121

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin – wie aus der vorstehenden Rn. 106 hervorgeht – nicht dargetan, dass der Rat einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als er zu dem Ergebnis gelangte, dass die von der Klägerin ausgeführten ≤ B20-Mischungen eine geringfügige Veränderung der betroffenen Ware im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung darstellten. Ebenso wenig waren die Kommission und der Rat durch den Ausschluss von ≤ B20-Mischungen von den ursprünglichen Verordnungen daran gehindert, Verfahren wegen Umgehung gegen die Klägerin einzuleiten (vgl. oben, Rn. 116).

122

Demzufolge haben die Kommission und der Rat nicht das Verfahren umgangen, das die Antidumping- und die Antisubventions-Grundverordnung speziell vorsehen, um die konkrete Sachlage zu bewältigen.

123

Die dritte Rüge ist daher zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, die Zulässigkeit des Arguments der Klägerin zu prüfen, dass die Kommission zumindest verpflichtet gewesen wäre, anstatt eines Verfahrens wegen Umgehung eine Interimsüberprüfung einzuleiten.

124

Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes, der sich auf die zwischen den > B20- und den ≤ B20-Mischungen bestehenden Unterschiede und auf den Ausschluss der Letztgenannten von den ursprünglichen Verordnungen bezieht, zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: keine Veränderung der betroffenen Ware

125

Die Klägerin macht geltend, die ≤ B20-Mischungen seien nicht im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung geringfügig verändert worden, da es diese Mischungen schon immer gegeben habe und diese nicht speziell geschaffen worden seien, um sich der Verhängung der ursprünglichen Zölle zu entziehen.

126

Hierzu ist in Übereinstimmung mit dem Rat festzustellen, dass die die Verfahren wegen Umgehung betreffenden Bestimmungen der Antidumping- und der Antisubventions-Grundverordnung nicht verlangen, dass dargetan wird, dass die „geringfügig veränderten gleichartigen Waren“ im Sinne dieser Bestimmungen speziell geschaffen wurden, um die Zahlung der Zölle zu vermeiden.

127

Im vorliegenden Fall gab es – wie aus den vorstehenden Rn. 13 bis 15, 25 und 39 hervorgeht – ≤ B20-Mischungen auf dem Markt in den Vereinigten Staaten, diese wurden aber nicht in die Union ausgeführt. Erst nach der Einführung der ursprünglichen Zölle wurde damit begonnen, ≤ B20-Mischungen nach Europa einzuführen. Da diese Mischungen und > B20-Mischungen sehr ähnliche grundlegende materielle, chemische und technische Eigenschaften aufweisen und ihr Verwendungszweck in der Union identisch war (sieheoben, Rn. 104), ist der Rat im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin eingeführten ≤ B20-Mischungen eine geringfügige Veränderung der betroffenen Ware darstellten.

128

Folglich sind der zweite Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Vorliegen offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts in Bezug auf die Klägerin

129

Der zweite Klagegrund, mit dem mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler gerügt werden, die der Rat begangen haben soll, umfasst drei Teile.

130

Der erste Teil betrifft die Umkehrbarkeit der Veränderung der betroffenen Ware und gründet sich auf die Feststellung, dass eine Rückumwandlung von ≤ B20-Mischungen in > B20-Mischungen nach der Einfuhr nicht möglich sei.

131

Im Rahmen des zweiten Teils bestreitet die Klägerin, dass es, was sie betreffe, zu einer Veränderung des Handelsgefüges im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung gekommen sei.

132

Im Rahmen des dritten Teils macht sie geltend, dass der Rat die von ihr vorgebrachten wirtschaftlichen Rechtfertigungen ihrer Einfuhren von < B15-Mischungen nicht zutreffend beurteilt habe.

Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Unmöglichkeit der Rückumwandlung von ≤ B20-Mischungen in > B20-Mischungen

133

Die Klägerin bemerkt, dass eine Rückumwandlung von ≤ B20-Mischungen in > B20-Mischungen nicht möglich sei, so dass eine Umgehung der ursprünglichen Zölle tatsächlich unmöglich sei. Da in den angefochtenen Verordnungen das Gegenteil behauptet werde, lägen dort offensichtliche Beurteilungsfehler vor.

134

Der Rat bestreitet, unterstützt von der Kommission, das Vorbringen der Klägerin.

135

Zunächst ist – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – zu bemerken, dass der Rat in den angefochtenen Verordnungen nie angegeben hat, dass eine Rückumwandlung von ≤ B20-Mischungen in > B20-Mischungen möglich sei.

136

Sodann ist in Übereinstimmung mit dem Rat darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ein neues Kriterium für die Feststellung einer Umgehung einführt, das nicht von der Antidumping- und der Antisubventions-Grundverordnung vorgesehen ist, wenn sie verlangt, dass nach der Einfuhr eine Rückumwandlung der veränderten Ware in die betroffene Ware stattfinden müsse. Die Klägerin verwechselt somit offenbar die verschiedenen Arten der Umgehung, die diese Verordnungen vorsehen. Im vorliegenden Fall bezog sich die Untersuchung auf „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung. Diese Art der Umgehung unterscheidet sich von der in Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung genannten Umgehungsart, die darin besteht, die betroffene Ware in Einzelteile zerlegt einzuführen, um sie anschließend in der Union zu montieren und so die Zahlung der auf die gesamte Ware erhobenen Zölle zu vermeiden.

137

Schließlich weisen die von der Klägerin eingeführten ≤ B20-Mischungen und > B20-Mischungen – wie in der vorstehenden Rn. 104 ausgeführt – sehr ähnliche grundlegende materielle, chemische und technische Eigenschaften auf, und ihr Verwendungszweck in der Union ist identisch. Diese Feststellungen genügen für die Annahme, dass es sich bei diesen Mischungen um „geringfügig veränderte gleichartige Waren“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung handelt.

138

Somit ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: keine Veränderung des Handelsgefüges

139

Die Klägerin trägt vor, dass es, was sie betreffe, zu keiner Veränderung des Handelsgefüges gekommen sei. Denn sie habe weder ihr Verhalten geändert noch damit aufgehört, die von den ursprünglichen Zöllen betroffenen Waren einzuführen, da sie diese Waren vor dem Erlass der ursprünglichen Verordnungen nie eingeführt habe. Ihr könne daher nicht vorgeworfen werden, eine Maßnahme zu umgehen, die sie nicht betroffen habe.

140

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

141

Es ist festzustellen, dass Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nicht verlangen, dass die Unternehmen, auf die sich ein Verfahren wegen Umgehung bezieht, zuvor die mit den ursprünglichen Zöllen belegten Waren eingeführt haben müssen, damit festgestellt werden kann, dass eine Veränderung des Handelsgefüges vorliegt. Eine solche Voraussetzung würde den Anwendungsbereich von Verfahren wegen Umgehung erheblich und ungerechtfertigt einschränken.

142

Diese Verfahren sollen nämlich den Wirtschaftszweig der Union gegen bestimmte Einfuhren unabhängig davon schützen, welche Unternehmen an den Einfuhren beteiligt sind. Im vorliegenden Fall geht es um die Einfuhr von „geringfügig veränderten vergleichbaren Waren“. Es handelt sich somit um Substitutionserzeugnisse mit dem Zweck, sich der Erhebung der Zölle zu entziehen, obschon diese Waren immer noch gedumpt oder subventioniert sind, den Wirtschaftszweig der Union schädigen oder die Ausgleichswirkung der ursprünglichen Zölle untergraben. Zum Nachweis dafür, dass es zu einer Veränderung des Handelsgefüges gekommen ist, können sich die Organe daher auf die Feststellung des Auftretens von Einfuhren des Substitutionserzeugnisses zulasten der mit den ursprünglichen Zöllen belegten Waren beschränken, unabhängig davon, ob die neuen Einfuhren von Unternehmen vorgenommen worden sind, die bereits mit den ursprünglichen Zöllen belegt wurden.

143

Im vorliegenden Fall wird nicht bestritten, dass die Einfuhren der ursprünglich betroffenen Ware infolge der Erhebung der ursprünglichen Zölle praktisch zum Erliegen kamen und zur gleichen Zeit die Ausfuhren von ≤ B20-Mischungen aus den Vereinigten Staaten in die Union begannen.

144

Unter diesen Bedingungen haben die Kommission und der Rat zu Recht festgestellt, dass es zu einer Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Vereinigten Staaten und der Union im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung gekommen ist.

145

Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes ist somit zurückzuweisen.

Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Beurteilung der von der Klägerin vorgebrachten wirtschaftlichen Rechtfertigungen

146

Die Klägerin macht geltend, dass der Rat einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als er in Bezug auf sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass es außer der Umgehung der ursprünglichen Zölle keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung dafür gegeben habe, mit der Einfuhr von < B15-Mischungen zu beginnen.

147

In diesem Zusammenhang weist die Klägerin darauf hin, dass sie mit ihrer Tätigkeit in der Biodieselbranche erst Anfang 2009 begonnen habe, um die Tätigkeiten der BP-Gruppe zu unterstützen, und dass sie sich aus Gründen wirtschaftlicher Natur zur Einfuhr von < B15-Mischungen entschlossen habe. Dieser Mischungstyp habe es ihr erstens erlaubt, den Einsatz kleinerer und kostspieligerer Schiffe mit Spezialausrüstung zu vermeiden, die nach dem Marpol für die Beförderung von ≥ B15-Mischungen vorgeschrieben seien, und die Mischungen in ihren eigenen oder langfristig gecharterten Schiffen ohne Spezialausrüstung zu befördern. Zweitens könnten diese Mischungen einfacher in nicht speziell für FAME ausgelegten Behältern in der Zone Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (im Folgenden: ARA-Zone) gelagert werden, wo die Klägerin über Dieselüberschüsse verfügt habe, die sie zur Herstellung von B7- und B5-Mischungen habe verwenden wollen. Drittens könne der im südfranzösischen Frontignan gelegene Umschlagpunkt von BP France, wohin sie eine „erhebliche Menge“ Biodiesels ausführe, keine Schiffe mit Spezialausrüstung aufnehmen, in denen ≥ B15-Mischungen befördert werden müssten. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dieses Argument betont und hierzu ausgeführt, dass von ihr im Süden Frankreichs in erheblichem Umfang B7- und B5-Mischungen nachgefragt worden seien, die sie auf dem Umschlagplatz in Frontignan verdünnt habe.

148

Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin mit Unterstützung der Kommission und des EBB entgegen.

149

Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin als Rechtfertigung für die Einfuhren von < B15-Mischungen in die Union im Wesentlichen Gründe logistischer Natur anführt. Zwar mögen Erwägungen logistischer Natur bei der Entscheidung, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, eine Rolle spielen; sie vermögen jedoch für sich allein genommen eine solche Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Denn eine wirtschaftliche Tätigkeit wird im Allgemeinen nur nach einer Kosten-Nutzen-Analyse aufgenommen. Bei einer solchen Analyse kann die Vermeidung von Zöllen, die unbestritten hoch sind, sich als ein wirtschaftlich wichtigerer Faktor erweisen als Erwägungen logistischer Art.

150

Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Klägerin nicht die Feststellung des Rates bestritten hat, dass die von ihr angeführte Einsparung durch die Nichtbenutzung von Schiffen mit Spezialausrüstung für die Beförderung von ≥ B15-Mischungen nur 2,3 % des Betrags der ursprünglichen Zölle ausmachte, die sie während des Zeitraums der Untersuchung wegen Umgehung vermieden hat. Unter diesen Bedingungen hat der Rat zu Recht die von der Klägerin angeführten wirtschaftlichen Rechtfertigungen nicht berücksichtigt, die sich auf die Entscheidung bezogen, Schiffe ohne Spezialausrüstung für die Beförderung von Biodieselmischungen auf dem Seeweg zu verwenden.

151

Was zweitens die Schwierigkeiten bei der Lagerung von B100- und B99,9-Mischungen in den Behältern der ARA-Zone, die Existenz von Überschüssen an Mineraldiesel in dieser Zone und die technischen Einschränkungen des Umschlagplatzes Frontignan betrifft, sind die Ausführungen der Klägerin wenig überzeugend. Jedenfalls bringt die Klägerin keine konkreten Tatsachen vor, die es ermöglichen würden, die Kosten-Nutzen-Bilanz dieser Vorgänge nachvollzuziehen. Die Klägerin bringt ferner keine bezifferten, quantifizierten oder dokumentierten Anhaltspunkte dafür vor, dass es in Südfrankreich nachweislich eine Nachfrage nach dieser Art von Mischung gibt. Außerdem ist dieses Argument erst in der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden. Im Übrigen steht die komplexe und nicht substantiierte These in Bezug auf die Nachfrage nach Biodiesel in Südfrankreich im Widerspruch zu den konkreten Zahlenwerten, die von der Kommission und vom Rat vorgelegt worden sind. Diesen Zahlenwerten zufolge sind die Ausfuhren von > B20-Mischungen nach der Einführung der ursprünglichen Zölle praktisch zum Erliegen gekommen, während die Einfuhren von ≤ B20-Mischungen erst nach diesem Zeitpunkt aufgetreten sind (vgl. oben, Rn. 39). Außerdem wurden die ursprünglichen Zölle als relativ hoch angesehen, so dass die Einfuhren von Substitutionserzeugnissen, wie ≤ B20-Mischungen, wirtschaftlich interessant waren.

152

In Anbetracht dieser Erwägung ist festzustellen, dass der Rat zu Recht angenommen hat, dass es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Einfuhren von < B15-Mischungen gab.

153

Der dritte Teil des zweiten Klagegrundes und damit der zweite Klagegrund insgesamt sind zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

154

Die Klägerin macht geltend, dass die angefochtenen Verordnungen nicht genügend begründet seien, um die Ausweitung der ursprünglichen Zölle rechtfertigen zu können. Der Rat wäre wegen der erheblichen Auswirkungen, die diese Ausweitung für sie gehabt habe, verpflichtet gewesen, eine substantiiertere Begründung zu liefern.

155

Erstens sei der Rat weder auf ihr Vorbringen, dass eine Rückumwandlung von ≤ B20-Mischungen nach ihrer Einfuhr in höher konzentrierte Mischungen nicht möglich sei, noch auf das Vorbringen eingegangen, dass sie keine Maßnahme habe umgehen können, die sie anfänglich nicht betroffen habe. Zweitens habe für den Rat von vornherein festgestanden, dass die einzige wirtschaftliche Rechtfertigung für die Ausfuhr von ≤ B20-Mischungen die Gewährung von Subventionen in den Vereinigten Staaten und die Absicht gewesen sei, die Zahlung der ursprünglichen Zölle zu vermeiden. Drittens habe der Rat nicht erläutert, inwiefern es ihm möglich gewesen sei, die in Rede stehenden Maßnahmen auf ≤ B20-Mischungen auszudehnen, obgleich er diese bei der Ausgangsuntersuchung ausdrücklich von der Definition der betroffenen Ware und der vergleichbaren Ware ausgeschlossen habe. Viertens hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung außerdem vorgetragen, dass im 79. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung nicht angegeben werde, wie das Vorliegen von Dumping im Rahmen des Verfahrens wegen Umgehung festgestellt worden sei. Nach Ansicht der Klägerin ergebe sich aus den Erläuterungen, die der Rat und die Kommission vor dem Gericht abgegeben hätten, dass sich die Kommission auf Angaben zu ≤ B20-Mischungen, die ein Wirtschaftsteilnehmer im Verlauf der Ausgangsuntersuchung gemacht habe, sowie auf den für > B20-Mischungen festgestellten ursprünglichen Normalwert gestützt habe, der zwecks Übertragung auf ≤ B20-Mischungen angepasst worden sei.

156

Der Rat weist das Vorbringen der Klägerin zurück.

157

Es ist daran zu erinnern, dass die Begründung eines Rechtsakts der Unionsorgane die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen und ihre Rechte verteidigen können und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil des Gerichts vom 27. September 2005, Common Market Fertilizers/Kommission, T-134/03 und T-135/03, Slg. 2005, II-3923, Rn. 156). Zudem ist die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur im Hinblick auf seinen Wortlaut zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Februar 1996, Belgien/Kommission, C-56/93, Slg. 1996, I-723, Rn. 86, und Urteil des Gerichts vom 27. November 1997, Kaysersberg/Kommission, T-290/94, Slg. 1997, II-2137, Rn. 150).

158

Im vorliegenden Fall hat der Rat diese Grundsätze aus den nachfolgend dargestellten Gründen beachtet.

159

Was erstens den Umstand betrifft, dass in den angefochtenen Verordnungen auf einige Argumente der Klägerin nicht ausdrücklich eingegangen wird, ist darauf hinzuweisen, dass eine Verordnung zur Einführung von Antidumping- oder Ausgleichszöllen nur im Hinblick auf sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Umstände begründet werden muss, die für die insoweit vorgenommene Beurteilung maßgeblich sind. (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Whirlpool Europe/Rat, T-314/06, Slg. 2010, II-5005, Rn. 116).

160

Wie in den vorstehenden Rn. 136 und 141 ausgeführt, verlangen Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 1 und 3 der Antisubventions-Grundverordnung weder, dass nach der Einfuhr eine Rückumwandlung der veränderten Ware in die betroffene Ware stattfinden muss, noch, dass die Unternehmen, auf die sich ein Verfahren wegen Umgehung bezieht, zuvor die mit den ursprünglichen Zöllen belegten Waren eingeführt haben müssen. Der Rat war also nicht verpflichtet, zu dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin Stellung zu nehmen.

161

Was zweitens die wirtschaftlichen Rechtfertigungen für die Einfuhren von ≤ 20-Mischungen betrifft, zielt die Kritik der Klägerin an den angefochtenen Verordnungen auf die Stichhaltigkeit der Feststellungen, die der Rat hierzu in den Erwägungsgründen 70, 71 und 76 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und den Erwägungsgründen 75, 76 und 81 der angefochtenen Antidumping-Verordnung getroffen hat, nicht aber auf einen Begründungsmangel hinsichtlich dieser Rechtfertigungen. Die Kritik der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

162

Was drittens die Begründung für die Ausweitung der ursprünglichen Zölle auf ≤ B20-Mischungen angeht, die vorher vom Anwendungsbereich der ursprünglichen Verordnungen ausgenommen waren, hat der Rat in den Erwägungsgründen 55 und 56 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und den Erwägungsgründen 60 und 61 der angefochtenen Antidumping-Verordnung die Argumente des National Biodiesel Board (NBB), der die amerikanische Biodieselbranche vertritt, und anderer interessierter Parteien zu diesem Ausschluss wiedergegeben. Als Antwort auf diese Argumente hat der Rat in den Erwägungsgründen 57 bis 59 der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und den Erwägungsgründen 62 bis 64 der angefochtenen Antidumping-Verordnung ausgeführt, dass hinreichende „Anscheinsbeweise für eine Umgehung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung vorhanden seien. Der Rat hat außerdem darauf hingewiesen, dass das von diesen Bestimmungen vorgesehene Verfahren die Definition der betroffenen Ware oder der gleichartigen Ware nicht verändert habe. Im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Antisubventions-Verordnung und im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung hat er erläutert, weshalb ≤ B20-Mischungen seiner Ansicht nach als eine „geringfügige Veränderung der betroffenen Ware“ angesehen werden können, die Gegenstand eines Verfahrens wegen Umgehung sein können.

163

Diese Begründung ist – entgegen der Auffassung der Klägerin – in keiner Weise mit irgendeinem Mangel behaftet.

164

Was viertens die Begründung der Art und Weise der Feststellung des Dumpings betrifft, die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine fehlende oder unzureichende Begründung einen Mangel darstellt, den der Unionsrichter von Amts wegen prüfen kann und muss (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 20. Februar 1997, Kommission/Daffix, C-166/95 P, Slg. 1997, I-983, Rn. 24). Das Vorbringen der Klägerin kann folglich nicht als verspätet zurückgewiesen werden.

165

Der Rat hat im 79. Erwägungsgrund der angefochtenen Antidumping-Verordnung ausgeführt, dass „[n]ach Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung … untersucht [wurde], ob Beweise für Dumping im Vergleich zu dem Normalwert, der in der Ausgangsuntersuchung ermittelt wurde, vorliegen“, und dass „[d]er Vergleich des gewogenen durchschnittlichen Normalwerts mit dem gewogenen durchschnittlichen Ausfuhrpreis … das Vorliegen von Dumping [ergab]“.

166

Aus dieser Begründung gehen in rechtlich hinreichender Weise die Anhaltspunkte hervor, auf deren Grundlage ein Dumping festgestellt wurde.

167

Infolgedessen ist der dritte Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der ordnungsgemäßen Verwaltung

168

Mit ihrem vierten Klagegrund trägt die Klägerin vor, dass sie im Rahmen der Verfahren wegen Umgehung vollumfänglich kooperiert habe, gegen sie aber trotzdem der Zollsatz verhängt worden sei, der für alle anderen Unternehmen gelte, die nicht kooperiert oder sich während der Ausgangsuntersuchung nicht gemeldet hätten, im vorliegenden Fall also für die in der vorstehenden Rn. 21 genannte dritte Kategorie von Unternehmen. Die Klägerin habe sich zwar nicht an der Ausgangsuntersuchung beteiligt; der Grund dafür aber sei, dass sie zur damaligen Zeit keinen Biodiesel ausgeführt habe.

169

In Anbetracht ihrer besonderen Situation ist die Klägerin erstens der Auffassung, dass der Rat entsprechend dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung ihr gegenüber den Zollsatz hätte anwenden müssen, der für die Gesellschaften gelte, die im Verlauf der Ausgangsuntersuchung kooperiert hätten und nicht in die Stichprobe einbezogen worden seien, welche in den vorläufigen Verordnungen in einem Anhang aufgeführt worden seien, im vorliegenden Fall also für die in der vorstehenden Rn. 20 genannte zweite Kategorie von Unternehmen. Die Klägerin sieht sich in derselben Situation wie diese Unternehmen.

170

Zweitens vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die von ihr gemachten Angaben ausreichend gewesen seien, so dass ihr eine individuelle Behandlung hätte gewährt werden müssen. Aufgrund des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung hätte der Rat den von der Ausgangsuntersuchung nicht betroffenen Gesellschaften eine individuelle Behandlung zuteilwerden lassen müssen, bevor er auf einer willkürlichen Grundlage und ohne Prüfung, inwieweit sie Dumping praktiziert hätten oder nicht, die Maßnahmen auf diese Gesellschaften anwende. In Beantwortung des Streithilfeschriftsatzes des EBB trägt die Klägerin vor, die Kommission habe sie glauben lassen, dass sie die Ausfuhren der Klägerin nicht als Umgehung ansehe. Die Klägerin rügt jedoch weder ausdrücklich einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung noch leitet sie irgendwelche Folgen aus dem obigen Vorbringen ab.

171

Der Rat hält, unterstützt von der Kommission, das Vorbringen der Klägerin für unerheblich.

172

Was erstens die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung betrifft, ist in Übereinstimmung mit dem Rat festzustellen, dass sich die Klägerin nicht in der gleichen Situation befindet wie die Gesellschaften, die im Verlauf der Ausgangsuntersuchung kooperiert haben und nicht in die Stichprobe einbezogen worden sind. Denn obwohl die Klägerin im Rahmen der Verfahren wegen Umgehung mit den Unionsorganen zusammengearbeitet hat, umgingen ihre Einfuhren die ursprünglichen Zölle. Im Gegensatz zu klassischen Antidumping- und Antisubventionsverfahren, die die Verhängung niedrigerer Zölle für Unternehmen, die kooperiert haben, zum Ergebnis haben können, führen die Verfahren wegen Umgehung nicht zur Einführung eines Zolls, sondern beschränken sich auf eine Ausweitung des ursprünglichen Zolls, der umgangen wurde.

173

Im vorliegenden Fall wären die Zölle, die auf die Klägerin angewandt worden wären, wenn sie nicht die in Rede stehenden Maßnahmen umgangen hätte, grundsätzlich die für alle anderen Unternehmen geltenden Zölle gewesen, es sei denn, dass die Klägerin vor der Durchführung ihrer Einfuhren von > B20-Mischungen einen Antrag nach Art. 11 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 20 der Antisubventions-Grundverordnung gestellt hätte, ihr eine individuelle Behandlung als neuer Einführer zu gewähren, und diesem Antrag stattgegeben worden wäre.

174

Unter diesen Bedingungen hat der Rat nicht gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoßen, als er gegen die Klägerin die residualen Zollsätze verhängte, die auf alle anderen Unternehmen anwendbar sind, die nicht kooperiert oder sich nicht im Rahmen der Ausgangsuntersuchung gemeldet hatten.

175

Im Übrigen berücksichtigen die auf die Klägerin anwendbaren residualen Zollsätze, obwohl sie hoch sind, bereits im Rahmen der Ausgangsuntersuchung für die Unternehmen einen allgemeinen Mitarbeitswert von 81 % (siehe oben, Rn. 21).

176

Was zweitens die Rüge betrifft, dass dadurch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen worden sei, dass der Klägerin keine individuelle Behandlung zuteilgeworden wäre, ist zu bemerken, dass eine solche Behandlung im Rahmen der Verfahren wegen Umgehung nicht möglich war. Denn, wie in der vorstehenden Rn. 172 ausgeführt, bezwecken diese Verfahren eine Ausdehnung der Zölle, die der Rat ursprünglich in der Verordnung, die umgangen wurde, verhängt hatte, aber sie führen nicht zur Einführung neuer Zölle, die aufgrund einer Berechnung der Dumpingspanne oder des Subventionssatzes und des Schadens festgesetzt werden, die den Einfuhren der Wirtschaftsteilnehmer zuzurechnen sind, die die Maßnahmen umgangen haben. Im Übrigen war die Möglichkeit, der Klägerin eine individuelle Behandlung als neuer Ausführer zu gewähren, aus den in der vorstehenden Rn. 105 genannten Gründen ausgeschlossen.

177

Auch der Umstand, dass sich die Klägerin nicht an der Ausgangsuntersuchung beteiligt hat, weil sie zur damaligen Zeit keinen Biodiesel in die Union eingeführt hat, rechtfertigt nicht, ihr ausnahmsweise eine individuelle Behandlung auf der Grundlage des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung zuteilwerden zu lassen. Denn, wie in der vorstehenden Rn. 141 ausgeführt, verlangen die Antidumping- und die Antisubventions-Grundverordnung nicht, dass die Unternehmen, auf die sich ein Verfahren wegen Umgehung bezieht, zuvor die mit den ursprünglichen Zöllen belegten Waren eingeführt haben müssen. Unter diesen Bedingungen ist es, wie die Kommission betont, nicht außergewöhnlich, dass Hersteller oder Einführer, die von den ursprünglichen Verordnungen nicht betroffen waren, infolge eines Verfahrens wegen Umgehung zur Zahlung ausgeweiteter Zölle verpflichtet werden. In diesem Fall entsprechen die ausgeweiteten Zölle den residualen Zöllen, die in den ursprünglichen Verordnungen festgesetzt worden sind.

178

Folglich ist die Rüge der Klägerin, dass der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt sei, weil ihr keine individuelle Behandlung zuteilgeworden sei, nicht begründet.

179

Nach alledem ist der vierte Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

180

Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

181

Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr den Anträgen des Rates und des EBB entsprechend ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates und des EBB aufzuerlegen.

182

Die Kommission trägt gemäß Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

BP Products North America Inc. trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates der Europäischen Union und des European Biodiesel Board (EBB).

 

3.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

 

Martins Ribeiro

Dehousse

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Januar 2014.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Rechtlicher Rahmen

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

Die Ausgangsverfahren

 

Die Verfahren wegen Umgehung

 

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

 

Rechtliche Würdigung

 

1. Zur Zulässigkeit

 

2. Zur Begründetheit

 

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Antidumping- und die Antisubventions-Grundverordnung sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit und Missbrauch von Befugnissen durch die Ausweitung der ursprünglichen Zölle mittels der Verfahren wegen Umgehung

 

Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Unterschiede zwischen > B20-Mischungen und ≤ B20-Mischungen und ausdrücklicher Ausschluss der letztgenannten Mischungen von den ursprünglichen Verordnungen

 

– Zu den wesentlichen Eigenschaften von ≤ B20- und > B20-Mischungen

 

– Zum ausdrücklichen Ausschluss von ≤ B20-Mischungen von den ursprünglichen Verordnungen

 

– Zum Befugnismissbrauch

 

Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: keine Veränderung der betroffenen Ware

 

Zum zweiten Klagegrund: Vorliegen offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts in Bezug auf die Klägerin

 

Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Unmöglichkeit der Rückumwandlung von ≤ B20-Mischungen in > B20-Mischungen

 

Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: keine Veränderung des Handelsgefüges

 

Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Beurteilung der von der Klägerin vorgebrachten wirtschaftlichen Rechtfertigungen

 

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

 

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der ordnungsgemäßen Verwaltung

 

Kosten


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.