Rechtssache C-553/11

Bernhard Rintisch

gegen

Klaus Eder

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs)

„Marken — Richtlinie 89/104/EWG — Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. a — Ernsthafte Benutzung — Benutzung in einer ihrerseits als Marke eingetragenen Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird — Zeitliche Wirkungen eines Urteils“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 25. Oktober 2012

  1. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Zuständigkeit des nationalen Gerichts – Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits – Erforderlichkeit einer Vorlage und Erheblichkeit der gestellten Fragen – Beurteilung durch das nationale Gericht

    (Art. 267 AEUV)

  2. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Offensichtlich unerhebliche Fragen und hypothetische Fragen, die in einem eine zweckdienliche Antwort ausschließenden Zusammenhang gestellt werden – Fehlende Zuständigkeit des Gerichtshofs

    (Art. 267 AEUV)

  3. Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Keine ernsthafte Benutzung der Marke – Marke, die in einer nur in Bestandteilen abweichenden Form benutzt wird, ohne dass dadurch ihre Unterscheidungskraft beeinflusst wird – Eintragung der benutzten Form, die von der Form abweicht, in der die Marke eingetragen wurde – Keine Auswirkung

    (Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 10 Abs. 2 Buchst. a)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Randnr. 15)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Randnr. 16)

  3.  Es steht der Anwendung von Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104 nicht entgegen, wenn die Form, in der eine eingetragene Marke benutzt wird und die von der Form abweicht, in der diese Marke eingetragen wurde, ohne dass dadurch deren Unterscheidungskraft beeinflusst wird, ihrerseits als Marke eingetragen ist.

    Zum einen nämlich bedeutet die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne der Bestimmungen der Richtlinie 89/104, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

    Zum anderen ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104 nicht, dass die abweichende Form, in der die Marke benutzt wird, nicht ihrerseits als Marke eingetragen sein darf. Die einzige in dieser Vorschrift genannte Voraussetzung lautet nämlich, dass die Form, in der die Marke benutzt wird, von der Form, in der diese Marke eingetragen wurde, nur in Bestandteilen abweichen darf, die keinen Einfluss auf die Unterscheidungskraft der Marke haben.

    Zum Zweck von Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104 ist festzustellen, dass diese Bestimmung, indem sie es vermeidet, eine strikte Übereinstimmung zwischen der im Handel verwendeten Form und der Form, in der die Marke eingetragen worden ist, zu verlangen, es dem Inhaber Letzterer ermöglichen soll, im Rahmen seines Geschäftsbetriebs Veränderungen an dem Zeichen vorzunehmen, die, ohne seine Unterscheidungskraft zu beeinflussen, seine bessere Anpassung an die Erfordernisse der Vermarktung und der Förderung des Absatzes der betreffenden Waren oder Dienstleistungen gestatten.

    Dieser Zweck würde jedoch in Frage gestellt, wenn für den Nachweis der Benutzung der eingetragenen Marke eine zusätzliche Voraussetzung aufgestellt würde, die darin bestünde, dass die abweichende Form, in der die Marke benutzt wird, nicht ihrerseits als Marke eingetragen sein darf. Die Eintragung neuer Formen einer Marke ermöglicht es nämlich gegebenenfalls, möglicherweise eintretende Veränderungen im Erscheinungsbild der Marke zu antizipieren und sie dadurch an die Realitäten eines sich fortentwickelnden Marktes anzupassen.

    Außerdem ergibt sich aus dem zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 89/104, dass sich ihre Vorschriften „mit denen der … Pariser Verbandsübereinkunft [zum Schutz des gewerblichen Eigentums] in vollständiger Übereinstimmung“ befinden müssen. Deshalb ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der genannten Richtlinie im Einklang mit Art. 5 C Abs. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft auszulegen. In der letztgenannten Vorschrift lässt jedoch nichts darauf schließen, dass die Eintragung eines Zeichens als Marke zur Folge hätte, dass seine Benutzung nicht mehr geltend gemacht werden kann, um den Nachweis der Benutzung einer anderen eingetragenen Marke zu erbringen, von der das Zeichen nur in einer Weise abweicht, die keinen Einfluss auf die Unterscheidungskraft der Marke hat.

    (vgl. Randnrn. 19-24)


Rechtssache C-553/11

Bernhard Rintisch

gegen

Klaus Eder

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs)

„Marken — Richtlinie 89/104/EWG — Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. a — Ernsthafte Benutzung — Benutzung in einer ihrerseits als Marke eingetragenen Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird — Zeitliche Wirkungen eines Urteils“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 25. Oktober 2012

  1. Vorabentscheidungsverfahren — Zuständigkeit des Gerichtshofs — Grenzen — Zuständigkeit des nationalen Gerichts — Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits — Erforderlichkeit einer Vorlage und Erheblichkeit der gestellten Fragen — Beurteilung durch das nationale Gericht

    (Art. 267 AEUV)

  2. Vorabentscheidungsverfahren — Zuständigkeit des Gerichtshofs — Grenzen — Offensichtlich unerhebliche Fragen und hypothetische Fragen, die in einem eine zweckdienliche Antwort ausschließenden Zusammenhang gestellt werden — Fehlende Zuständigkeit des Gerichtshofs

    (Art. 267 AEUV)

  3. Rechtsangleichung — Marken — Richtlinie 89/104 — Keine ernsthafte Benutzung der Marke — Marke, die in einer nur in Bestandteilen abweichenden Form benutzt wird, ohne dass dadurch ihre Unterscheidungskraft beeinflusst wird — Eintragung der benutzten Form, die von der Form abweicht, in der die Marke eingetragen wurde — Keine Auswirkung

    (Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 10 Abs. 2 Buchst. a)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Randnr. 15)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Randnr. 16)

  3.  Es steht der Anwendung von Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104 nicht entgegen, wenn die Form, in der eine eingetragene Marke benutzt wird und die von der Form abweicht, in der diese Marke eingetragen wurde, ohne dass dadurch deren Unterscheidungskraft beeinflusst wird, ihrerseits als Marke eingetragen ist.

    Zum einen nämlich bedeutet die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne der Bestimmungen der Richtlinie 89/104, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

    Zum anderen ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104 nicht, dass die abweichende Form, in der die Marke benutzt wird, nicht ihrerseits als Marke eingetragen sein darf. Die einzige in dieser Vorschrift genannte Voraussetzung lautet nämlich, dass die Form, in der die Marke benutzt wird, von der Form, in der diese Marke eingetragen wurde, nur in Bestandteilen abweichen darf, die keinen Einfluss auf die Unterscheidungskraft der Marke haben.

    Zum Zweck von Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 89/104 ist festzustellen, dass diese Bestimmung, indem sie es vermeidet, eine strikte Übereinstimmung zwischen der im Handel verwendeten Form und der Form, in der die Marke eingetragen worden ist, zu verlangen, es dem Inhaber Letzterer ermöglichen soll, im Rahmen seines Geschäftsbetriebs Veränderungen an dem Zeichen vorzunehmen, die, ohne seine Unterscheidungskraft zu beeinflussen, seine bessere Anpassung an die Erfordernisse der Vermarktung und der Förderung des Absatzes der betreffenden Waren oder Dienstleistungen gestatten.

    Dieser Zweck würde jedoch in Frage gestellt, wenn für den Nachweis der Benutzung der eingetragenen Marke eine zusätzliche Voraussetzung aufgestellt würde, die darin bestünde, dass die abweichende Form, in der die Marke benutzt wird, nicht ihrerseits als Marke eingetragen sein darf. Die Eintragung neuer Formen einer Marke ermöglicht es nämlich gegebenenfalls, möglicherweise eintretende Veränderungen im Erscheinungsbild der Marke zu antizipieren und sie dadurch an die Realitäten eines sich fortentwickelnden Marktes anzupassen.

    Außerdem ergibt sich aus dem zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 89/104, dass sich ihre Vorschriften „mit denen der … Pariser Verbandsübereinkunft [zum Schutz des gewerblichen Eigentums] in vollständiger Übereinstimmung“ befinden müssen. Deshalb ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der genannten Richtlinie im Einklang mit Art. 5 C Abs. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft auszulegen. In der letztgenannten Vorschrift lässt jedoch nichts darauf schließen, dass die Eintragung eines Zeichens als Marke zur Folge hätte, dass seine Benutzung nicht mehr geltend gemacht werden kann, um den Nachweis der Benutzung einer anderen eingetragenen Marke zu erbringen, von der das Zeichen nur in einer Weise abweicht, die keinen Einfluss auf die Unterscheidungskraft der Marke hat.

    (vgl. Randnrn. 19-24)