URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

28. Februar 2013 ( *1 )

„Freier Dienstleistungsverkehr — Freizügigkeit der Arbeitnehmer — Regelung eines Mitgliedstaats, die es gestattet, die Einkünfte aufgrund von Auslandstätigkeiten im Rahmen der Entwicklungshilfe von der Steuer zu befreien — Voraussetzungen — Sitz des Arbeitgebers im Inland — Versagung, wenn der Arbeitgeber im Ausland ansässig ist“

In der Rechtssache C-544/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. März 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Oktober 2011, in dem Verfahren

Helga Petersen,

Peter Petersen

gegen

Finanzamt Ludwigshafen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits (Berichterstatter) und J.-J. Kasel,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Frau Petersen und Herrn Petersen, vertreten durch Rechtsanwalt R. Sturm,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 56 AEUV.

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau und Herrn Petersen einerseits und dem Finanzamt Ludwigshafen andererseits wegen der Weigerung des Finanzamts, eine Einkommensteuerbefreiung für die Einkünfte von Herrn Petersen aus Tätigkeiten zu gewähren, die er im Rahmen eines von der Danish International Development Agency (Dänische Agentur für internationale Entwicklung, im Folgenden: DANIDA) finanzierten Entwicklungshilfeprojekts in Benin ausgeübt hat.

Rechtlicher Rahmen

3

Nach § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (BGBl. 2002 I S. 4215) sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

4

Art. 34c Abs. 1 und 5 EStG bestimmt:

„(1)   Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, ist die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt;

(5)   Die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden können mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist oder die Anwendung des Absatzes 1 besonders schwierig ist.“

5

Das Bundesministerium der Finanzen gab am 31. Oktober 1983 einen Erlass über die steuerliche Behandlung von Arbeitnehmereinkünften bei Auslandstätigkeiten (BStBl. 1983 I S. 470, im Folgenden: Auslandstätigkeitserlass) heraus, der sich an die obersten Finanzbehörden der Länder wendet und vorsieht, dass bei Arbeitnehmern eines inländischen Arbeitgebers von der Besteuerung des Arbeitslohns abgesehen wird, den der Arbeitnehmer aufgrund eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses für eine begünstigte Tätigkeit im Ausland erhält.

6

Nach Abschnitt I Nr. 4 dieses Erlasses gehören zur Kategorie der von der besagten Regelung begünstigten Tätigkeiten u. a. die Tätigkeiten für einen inländischen Lieferanten, Hersteller oder Auftragnehmer im Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe im Rahmen der Technischen oder Finanziellen Zusammenarbeit.

7

Gemäß Abschnitt II Abs. 1 des Auslandstätigkeitserlasses muss die Tätigkeit mindestens drei Monate ununterbrochen in Staaten ausgeübt werden, mit denen die Bundesrepublik Deutschland kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geschlossen hat, in das Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit einbezogen sind.

8

Die hiernach steuerfrei gestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit unterliegen jedoch nach Abschnitt IV des Auslandstätigkeitserlasses dem Progressionsvorbehalt. Nach dieser Bestimmung ist auf das zu versteuernde Einkommen der Steuersatz anzuwenden, der sich ergibt, wenn die begünstigten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Berechnung der Einkommensteuer einbezogen werden.

9

Gemäß Abschnitt VI („Verfahrensvorschriften“) Nr. 1 Abs. 1 des Auslandstätigkeitserlasses ist der Verzicht auf die Besteuerung im Steuerabzugsverfahren, für den eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird, vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer beim Betriebsstättenfinanzamt zu beantragen. Ein Nachweis, dass von dem Arbeitslohn in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer erhoben wird, ist danach nicht erforderlich. Ist glaubhaft gemacht worden, dass die in Abschnitt I und II bezeichneten Voraussetzungen vorliegen, kann gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Abs. 2 des Erlasses die Freistellungsbescheinigung erteilt werden, solange dem Arbeitgeber eine Änderung des Lohnsteuerabzugs möglich ist. Soweit nicht bereits vom Steuerabzug abgesehen worden ist, hat der Arbeitnehmer den Verzicht auf die Besteuerung nach Abschnitt VI Nr. 2 des Erlasses bei seinem Wohnsitzfinanzamt zu beantragen.

10

Art. 15 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Beistandsleistung in Steuersachen vom 22. November 1995 (BGBl. 1996 II S. 2565, im Folgenden: DBA Deutschland-Dänemark) bestimmt im Wesentlichen, dass Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur im Wohnsitzstaat besteuert werden können, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, können die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Staat besteuert werden.

11

Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Benin wurde kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

12

Seit November 1991 besitzen die Eheleute Petersen, die Kläger des Ausgangsverfahrens, eine Eigentumswohnung in Ludwigshafen (Deutschland), wo sie seit dem 1. Februar 1992 mit ihrer Tochter mit alleinigem Wohnsitz gemeldet sind. Herr Petersen, der dänischer Staatsangehöriger ist, ist seit 1984 Eigentümer eines Ferienhauses in Helsinge (Dänemark).

13

Herr Petersen war bei dem Unternehmen Hoffmann A/S mit Sitz in Glostrup (Dänemark) nichtselbständig beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde er ab dem 15. Januar 2002 für einen Zeitraum von drei Jahren nach Benin entsandt, um an einem von der DANIDA finanzierten Projekt mitzuarbeiten. Die betreffende Tätigkeit wurde im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojekts erbracht. Der Arbeitslohn von Herrn Petersen aus dieser Tätigkeit belief sich im Jahr 2003 auf 449200 DKK, was ungefähr 60200 Euro entsprach.

14

Im Januar 2012 ersuchte der Arbeitgeber von Herrn Petersen die Steuerverwaltung von Helsinge um Steuerbefreiung für den während der Entsendung nach Benin an diesen zu zahlenden Arbeitslohn. Die Steuerverwaltung teilte mit, dass ab dem 15. Januar 2002 keine Steuer auf diesen Lohn einbehalten werde.

15

Für das Jahr 2003 beantragten die Eheleute Petersen bei der deutschen Steuerverwaltung die Zusammenveranlagung und gaben als Wohnsitz Ludwigshafen an. Sie machten geltend, dass die Einkünfte von Herrn Petersen aus der in Benin ausgeübten und von einem dänischen Arbeitgeber entlohnten Tätigkeit nicht der deutschen Einkommensteuer unterlägen und dass nach Art. 15 DBA Deutschland-Dänemark nur Dänemark das Recht zur Besteuerung dieser Einkünfte habe.

16

Hilfsweise beantragten die Eheleute Petersen, die Steuer auf die betreffenden Einkünfte zu erlassen, und führten hierzu aus, dass unter sonst gleichen Voraussetzungen nach dem Auslandstätigkeitserlass die Einkünfte aus einer nichtselbständigen Tätigkeit, die im Ausland im Rahmen der Entwicklungshilfe für einen inländischen Arbeitgeber ausgeübt werde, einkommensteuerfrei gestellt werde.

17

In seinem Einkommensteuerbescheid 2003 unterwarf das Finanzamt Ludwigshafen die Einkünfte von Herrn Petersen in vollem Umfang der Einkommensteuer und setzte diese auf 29718 Euro fest.

18

Nach Zurückweisung ihres Einspruchs gegen diesen Steuerbescheid erhoben die Kläger des Ausgangsverfahrens Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

19

Das Gericht stellt zunächst fest, dass nach seiner Bewertung der Sach- und Rechtslage die streitigen Einkünfte von Herrn Petersen grundsätzlich der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

20

Anschließend führt das Finanzgericht Rheinland-Pfalz aus, da Herr Petersen die im Auslandstätigkeitserlass vorgesehene Steuervergünstigung nicht in Anspruch nehmen könne, weil sein Arbeitgeber kein „inländischer“ Arbeitgeber im Sinne dieses Erlasses sei und weil die Tätigkeiten des Klägers des Ausgangsverfahrens und seines Arbeitgebers nicht im Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe stünden, werde er steuerlich höher belastet als ein inländischer Arbeitnehmer, der eine vergleichbare Tätigkeit für einen inländischen Arbeitgeber ausführe.

21

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gibt schließlich zu bedenken, dass die Tätigkeit des Arbeitgebers des Klägers in den Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV falle und dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung eine ungerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Arbeitgebers darstellen könne. Die höhere steuerliche Belastung, der ein Arbeitnehmer in der Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens unterliege, mache nämlich das Arbeitsverhältnis für den Kläger wirtschaftlich weniger attraktiv im Vergleich zu den entsprechenden Arbeitsverhältnissen inländischer Arbeitnehmer von Unternehmen, die in Deutschland ansässig seien und auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe tätig würden. Der steuerliche Nachteil könne von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nur durch Zahlung eines höheren Bruttogehalts ausgeglichen werden, was ihn veranlasse, Arbeitnehmer zu beschäftigen, die in seinem Ansässigkeitsstaat wohnhaft und steuerpflichtig seien, und es ihm somit erschwere, qualifizierte Arbeitnehmer in einem anderen Mitgliedstaat zu rekrutieren. Arbeitnehmer mit entsprechenden Qualifikationen würden sich ausschließlich in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat um Arbeitsverhältnisse bemühen.

22

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist eine Rechtsvorschrift, die eine Steuerbefreiung für Einkünfte einer im Inland steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit davon abhängig macht, dass der Arbeitgeber seinen Sitz im Inland hat, eine derartige Steuerbefreiung aber nicht vorsieht, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, mit Art. 49 EG vereinbar?

Zur Vorlagefrage

Vorbemerkungen

Zur einschlägigen Verkehrsfreiheit

23

Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache des Gerichtshofs, im Rahmen des in Art. 267 AEUV vorgesehenen Verfahrens der Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten dem vorlegenden Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegte Frage gegebenenfalls umzuformulieren (vgl. u. a. Urteile vom 4. Mai 2006, Haug, C-286/05, Slg. 2006, I-4121, Randnr. 17, vom 11. März 2008, Jager, C-420/06, Slg. 2008, I-1315, Randnr. 46, und vom 8. Dezember 2011, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C-157/10, Slg. 2011, I-13023, Randnr. 18).

24

Ebenso kann der Gerichtshof nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung, um dem Gericht, das um Vorabentscheidung ersucht, sachdienlich zu antworten, auf unionsrechtliche Vorschriften eingehen, die in den Vorlagefragen nicht angeführt sind (vgl. u. a. Urteile vom 12. Oktober 2004, Wolff & Müller, C-60/03, Slg. 2004, I-9553, Randnr. 24, vom 7. Juli 2005, Weide, C-153/03, Slg. 2005, I-6017, Randnr. 25, vom 23. Februar 2006, van Hilten-van der Heijden, C-513/03, Slg. 2006, I-1957, Randnr. 26, sowie Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, Randnr. 19).

25

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach Einkünfte einer in diesem Mitgliedstaat wohnhaften und unbeschränkt steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit von der Einkommensteuer befreit sind, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in diesem Mitgliedstaat hat, aber nicht, wenn er seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.

26

Die deutsche Regierung und die Europäische Kommission sind allerdings der Auffassung, dass das Ausgangsverfahren nicht anhand von Art. 56 AEUV geprüft werden könne. So macht die Kommission geltend, dass eine nationale Bestimmung, die zum Gegenstand habe, eine Befreiung auf steuerpflichtige Arbeitnehmer zu beschränken, die bei einem Arbeitgeber mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat beschäftigt seien, im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu prüfen sei. Der deutschen Regierung zufolge ist hingegen auch die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht einschlägig, da der Kläger des Ausgangsverfahrens die streitige Tätigkeit in einem Drittstaat ausgeübt habe.

27

Daher ist vorab festzustellen, ob und gegebenenfalls inwieweit eine nationale Regelung wie die hier in Rede stehende die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer berühren kann.

28

Um festzustellen, ob eine nationale Regelung unter die eine oder unter die andere der nach dem AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten fällt, ist nach ständiger Rechtsprechung auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (vgl. Urteil vom 1. Juli 2010, Dijkman und Dijkman-Lavaleije, C-233/09, Slg. 2010, I-6649, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Im Ausgangsverfahren hat die nationale Regelung zum Gegenstand, unter bestimmten Voraussetzungen eine Steuervergünstigung in Bezug auf den Lohn zu gewähren, den ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält. So heißt es in der Einleitung des Auslandstätigkeitserlasses, dass bei Arbeitnehmern eines inländischen Arbeitgebers von der Besteuerung des Arbeitslohns abgesehen wird, den der Arbeitnehmer für eine durch diesen Erlass begünstigte Tätigkeit im Ausland erhält.

30

Es ist darauf hinzuweisen, dass zum einen als „Arbeitnehmer“ im Sinne von Art. 45 AEUV jeder anzusehen ist, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. u. a. Urteile vom 3. Juli 1986, Lawrie-Blum, 66/85, Slg. 1986, 2121, Randnr. 17, vom 23. März 2004, Collins, C-138/02, Slg. 2004, I-2703, Randnr. 26, und vom 7. September 2004, Trojani, C-456/02, Slg. 2004, I-7573, Randnr. 15).

31

Zum anderen sind nach Art. 57 Abs. 1 AEUV Dienstleistungen im Sinne der Verträge Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass sich die Bestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit auf Tätigkeiten beziehen, die von selbständigen Leistungserbringern ausgeübt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 1997, SETTG, C-398/95, Slg. 1997, I-3091, Randnr. 7).

32

Daraus folgt, dass eine Regelung, die die Besteuerung eines Arbeitnehmers betrifft, der für einen Arbeitgeber nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält, und der sich daher in einem durch ein Abhängigkeitsverhältnis und die Zahlung einer Vergütung als Gegenleistung für die erbrachten Leistungen gekennzeichneten Arbeitsverhältnis wie dem befindet, um das es vorbehaltlich der Prüfung durch das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren geht, unter die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer fällt.

33

Sollte eine solche Regelung zu Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat wie denjenigen führen, die vom vorlegenden Gericht oder von den Klägern des Ausgangsverfahrens angeführt werden und darin bestehen sollen, dass inländische Arbeitgeber günstiger behandelt werden als solche mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, wenn es um die Verpflichtung qualifizierten Personals geht, das im Rahmen von Entwicklungshilfeprojekten ins Ausland entsandt werden kann, wären derartige Auswirkungen die unvermeidliche Folge einer eventuellen Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und rechtfertigen daher keine selbständige Prüfung anhand von Art. 56 AEUV.

Zur Anwendbarkeit von Art. 45 AEUV

34

Jeder Unionsbürger, der von dem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer Gebrauch gemacht und in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzstaat eine Berufstätigkeit ausgeübt hat, fällt unabhängig von seinem Wohnort und seiner Staatsangehörigkeit in den Anwendungsbereich von Art. 45 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2002, de Groot, C-385/00, Slg. 2002, I-11819, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35

Außerdem ist es ständige Rechtsprechung, dass sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Unionsbürgern die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im gesamten Gebiet der Union erleichtern sollen und Maßnahmen entgegenstehen, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie eine Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen (Urteile vom 7. Juli 1992, Singh, C-370/90, Slg. 1992, I-4265, Randnr. 16, vom 26. Januar 1999, Terhoeve, C-18/95, Slg. 1999, I-345, Randnr. 37, und de Groot, Randnr. 77).

36

Auch wenn die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach ihrem Wortlaut insbesondere die Inländerbehandlung im Aufnahmestaat sichern sollen, verbieten sie es doch auch, dass der Herkunftsstaat die freie Annahme und Ausübung einer Beschäftigung durch einen seiner Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat behindert (vgl. in diesem Sinne Urteile Terhoeve, Randnrn. 27 bis 29, und de Groot, Randnr. 79).

37

Entsprechend verbieten die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auch, dass der Wohnsitzmitgliedstaat eines steuerpflichtigen Unionsbürgers die freie Annahme und Ausübung einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat behindert, selbst wenn dieser andere Staat der Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit des betreffenden Unionsbürgers ist.

38

Nach Auffassung der deutschen Regierung kann allerdings im Ausgangsrechtsstreit Art. 45 AEUV nicht geltend gemacht werden, da der Kläger des Ausgangsverfahrens die streitige Tätigkeit in einem Drittstaat ausgeübt habe und kein hinreichender Bezug zwischen den Gebieten der beiden betroffenen Mitgliedstaaten bestehe. Für die Zwecke des Unionsrechts könne von einem im Rahmen der Entwicklungshilfe gezielt ausschließlich in einem Drittstaat tätigen Arbeitnehmer nicht angenommen werden, dass er zugleich oder sogar primär grenzüberschreitend innerhalb der Union tätig sei.

39

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits klargestellt hat, dass in einer Rechtssache, in der es um einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats geht, der als Arbeitnehmer von einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft beschäftigt wird, grundsätzlich die unionsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer einschlägig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 1984, Prodest, 237/83, Slg. 1984, 3153, Randnr. 5).

40

Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass die unionsrechtlichen Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer bei der Prüfung sämtlicher Rechtsbeziehungen zu beachten sind, die aufgrund des Ortes, an dem sie entstanden sind oder an dem sie ihre Wirkungen entfalten, einen räumlichen Bezug zum Gebiet der Union aufweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil Prodest, Randnr. 6).

41

Unionsvorschriften können nämlich auf eine außerhalb des Unionsgebiets ausgeübte Berufstätigkeit anwendbar sein, wenn das Arbeitsverhältnis einen hinreichend engen Bezug zum Unionsgebiet behält (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Prodest, Randnr. 6, vom 27. September 1989, Lopes da Veiga, 9/88, Slg. 1989, 2989, Randnr. 15, und vom 29. Juni 1994, Aldewereld, C-60/93, Slg. 1994, I-2991, Randnr. 14). Dieser Grundsatz ist dahin gehend zu verstehen, dass er auch für Fälle gilt, in denen das Arbeitsverhältnis einen hinreichend engen Bezug zum Recht eines Mitgliedstaats und damit zu den einschlägigen Regeln des Unionsrechts besitzt (Urteil vom 30. April 1996, Boukhalfa, C-214/94, Slg. 1996, I-2253, Randnr. 15).

42

In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens ergibt sich ein solcher Bezug aus dem Umstand, dass ein Unionsbürger, der in einem Mitgliedstaat wohnt, von einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat angestellt worden ist, für das er seine Tätigkeiten ausübt. Zudem wurde nach Angaben des Klägers des Ausgangsverfahrens und vorbehaltlich der Prüfung dieses Punktes durch das vorlegende Gericht der Arbeitsvertrag mit seinem Arbeitgeber, einem Unternehmen mit Sitz in Dänemark, nach dänischem Recht geschlossen. Hinzu kommt, wie die deutsche Regierung vorträgt und vorbehaltlich der Prüfung durch das vorlegende Gericht, dass Herr Petersen in Dänemark krankenversichert ist und sein Gehaltskonto dort geführt wird.

43

Der Umstand, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens seine Tätigkeit im Rahmen der Entwicklungshilfe gezielt ausschließlich in einem Drittstaat ausgeübt hat, stellt die in der vorstehenden Randnummer angeführten Bezüge zum Unionsrecht nicht in Frage; diese genügen, um es dem Kläger des Ausgangsverfahrens zu ermöglichen, sich in einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, auf Art. 45 AEUV zu berufen.

Zum Vorliegen einer Beschränkung

44

Die für einen im Inland wohnhaften Steuerpflichtigen bestehende Möglichkeit, in den Genuss der in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehenen Befreiung von der Einkommensteuer zu kommen, stellt eine Steuervergünstigung dar.

45

Diese Vergünstigung wird nur gewährt, wenn der in Deutschland wohnhafte Steuerpflichtige von einem dort ansässigen Arbeitgeber beschäftigt wird, nicht aber, wenn er von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt wird.

46

Indem die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung somit den Lohn der Arbeitnehmer je nachdem, in welchem Mitgliedstaat ihr Arbeitgeber seinen Sitz hat, unterschiedlich behandelt, ist sie geeignet, diese Arbeitnehmer von der Annahme einer Beschäftigung bei einem Arbeitgeber abzuhalten, der in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässig ist; sie stellt daher eine nach Art. 45 AEUV grundsätzlich verbotene Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer dar.

47

Eine Maßnahme, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigt, ist nur dann zulässig, wenn mit ihr ein berechtigter, mit dem Vertrag vereinbarer Zweck verfolgt wird und sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In einem derartigen Fall muss aber die Anwendung einer solchen Maßnahme auch geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zwecks zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zu seiner Erreichung erforderlich ist (vgl. Urteile vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais, C-325/08, Slg. 2010, I-2177, Randnr. 38, und vom 8. November 2012, Radziejewski, C-461/11, Randnr. 33).

48

Die deutsche Regierung macht geltend, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung erstens durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sei, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten.

49

Zum einen sei es für die deutsche Steuerverwaltung schwer nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen für eine eventuelle Steuerbefreiung erfüllt seien, wenn die Tätigkeiten für Träger mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt würden, da sie mit den staatlichen Stellen, die die Entwicklungshilfe verwalteten, anders als im Fall von Trägern, die in Deutschland ansässig seien und im Rahmen der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe tätig würden, nicht unmittelbar Kontakt aufnehmen könne. Zum anderen stünden die sekundärrechtlichen Instrumente zur Amtshilfe in Steuersachen nicht zur Verfügung, wenn es um Kontrollen gehe, die in Drittstaaten durchgeführt werden müssten.

50

Der Gerichtshof hat insoweit bereits entschieden, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten, ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist, der eine Beschränkung der vom Vertrag garantierten Verkehrsfreiheiten rechtfertigen kann (vgl. u. a. Urteile vom 18. Dezember 2007, A, C-101/05, Slg. 2007, I-11531, Randnr. 55, und vom 5. Juli 2012, SIAT, C-318/10, Randnr. 36).

51

Ein Mitgliedstaat kann sich jedoch nicht auf die Unmöglichkeit, die Zusammenarbeit eines anderen Mitgliedstaats bei der Durchführung von Ermittlungen oder der Beschaffung von Auskünften zu verlangen, berufen, um die Versagung einer Steuervergünstigung zu rechtfertigen. Denn die zuständigen Steuerbehörden sind durch nichts daran gehindert, von den Steuerpflichtigen die Nachweise zu verlangen, die sie für die zutreffende Festsetzung der betreffenden Steuern und Abgaben als erforderlich ansehen, und gegebenenfalls bei Nichtvorlage dieser Nachweise die beantragte Steuerbefreiung zu verweigern (vgl. Urteil vom 11. Oktober 2007, ELISA, C-451/05, Slg. 2007, I-8251, Randnr. 95).

52

Es ist nämlich nicht von vornherein auszuschließen, dass der Steuerpflichtige zur Vorlage von Belegen in der Lage ist, anhand deren die Steuerbehörden des Mitgliedstaats der Besteuerung eindeutig und genau prüfen können, ob er die Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Steuervergünstigung erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Juli 1999, Baxter u. a., C-254/97, Slg. 1999, I-4809, Randnr. 20, vom 10. März 2005, Laboratoires Fournier, C-39/04, Slg. 2005, I-2057, Randnr. 25, ELISA, Randnr. 96, und A, Randnr. 59).

53

Im Ausgangsverfahren ergibt sich aus dem Auslandstätigkeitserlass, insbesondere aus dessen Abschnitt VI, der Verfahrensvorschriften enthält, dass der Steuerpflichtige, um die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuervergünstigung zu erhalten, der zuständigen Verwaltung geeignete Dokumente vorlegen muss, die belegen, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind. Dem Arbeitnehmer obliegt der Nachweis, dass der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland hat, dass dieser Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe ausführt und dass er selbst einen Arbeitsvertrag besitzt, der sich auf eine Tätigkeit bezieht, die mindestens drei Monate ununterbrochen in einem Staat ausgeübt wird, mit dem die Bundesrepublik Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat.

54

Anders als von der deutschen Regierung angedeutet, scheint eine Überprüfung bei den die Entwicklungshilfe verwaltenden Behörden – sei es eine deutsche Behörde oder die eines anderen Mitgliedstaats –, die den deutschen Steuerbehörden Schwierigkeiten bereiten könnte, nach der nationalen Regelung nicht erforderlich zu sein.

55

Zwar hat der Gerichtshof auch entschieden, dass, wenn die Regelung eines Mitgliedstaats die Gewährung einer Steuervergünstigung von der Erfüllung von Bedingungen abhängig macht, deren Einhaltung nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass Auskünfte von den zuständigen Behörden eines Drittstaats eingeholt werden, es grundsätzlich gerechtfertigt ist, dass dieser Mitgliedstaat die Gewährung der Vergünstigung verweigert, wenn es sich, insbesondere wegen des Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung des Drittstaats zur Auskunftserteilung, als unmöglich erweist, die Auskünfte von diesem Staat zu erhalten (Urteile A, Randnr. 63, und vom 27. Januar 2009, Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnr. 70). Denn der Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, der durch die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) und die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799 (ABl. L 64, S. 1) geschaffen wurde, besteht zwischen ihnen und den zuständigen Behörden eines Drittstaats nicht, wenn dieser keine Verpflichtung zur gegenseitigen Amtshilfe eingegangen ist (Urteil vom 19. Juli 2012, A, C-48/11, Randnr. 35).

56

Dem Auslandstätigkeitserlass ist jedoch zu entnehmen, dass nicht nachgewiesen zu werden braucht, dass die im Drittstaat ausgeübte Tätigkeit dort einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer unterliegt.

57

Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung scheint die Gewährung eines Steuervorteils also nicht von der Erfüllung von Bedingungen abhängig zu machen, deren Einhaltung nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass Auskünfte von den zuständigen Behörden eines Drittstaats eingeholt werden.

58

Folglich kann die im Ausgangsverfahren streitige Beschränkung nicht mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten.

59

Zweitens macht die deutsche Regierung geltend, dass die in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehene Steuervergünstigung entwicklungspolitische Ziele verfolge, indem sie es den Entwicklungshilfeorganisationen ermögliche, von niedrigeren Lohnkosten zu profitieren. Die Mitgliedstaaten müssten frei bleiben, durch Steuervergünstigungen gezielt die Aktivitäten der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit des jeweiligen Mitgliedstaats nach den eigenen Prioritäten zu fördern. Die steuerliche Förderung nach Maßgabe der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung sei erforderlich, um diesen Zielen gerecht zu werden, und der Bundesrepublik Deutschland stünden keine ausreichenden Mittel zur Erfüllung ihrer eigenen Zusagen zur Verfügung, wenn sie auch die Aktivitäten von Organisationen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten fördern müsste.

60

Hierzu genügt die Feststellung, dass nur die Voraussetzung, wonach das Unternehmen seinen Sitz im Inland haben muss, Gegenstand der Frage des vorlegenden Gerichts an den Gerichtshof ist.

61

In ihren Ausführungen zur Verfolgung der Ziele der deutschen Entwicklungspolitik erläutert die deutsche Regierung jedoch nicht, warum nur Unternehmen mit Sitz in Deutschland fähig sein sollen, die auf die Erreichung dieser Ziele gerichteten Aktivitäten auszuführen.

62

Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 45 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach Einkünfte einer in diesem Mitgliedstaat wohnhaften und unbeschränkt steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit von der Einkommensteuer befreit sind, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in diesem Mitgliedstaat hat, aber nicht, wenn er seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.

Kosten

63

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 45 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach Einkünfte einer in diesem Mitgliedstaat wohnhaften und unbeschränkt steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit von der Einkommensteuer befreit sind, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in diesem Mitgliedstaat hat, aber nicht, wenn er seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.


Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache C-544/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. März 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Oktober 2011, in dem Verfahren

Helga Petersen,

Peter Petersen

gegen

Finanzamt Ludwigshafen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits (Berichterstatter) und J.-J. Kasel,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– von Frau Petersen und Herrn Petersen, vertreten durch Rechtsanwalt R. Sturm,

– der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 56 AEUV.

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau und Herrn Petersen einerseits und dem Finanzamt Ludwigshafen andererseits wegen der Weigerung des Finanzamts, eine Einkommensteuerbefreiung für die Einkünfte von Herrn Petersen aus Tätigkeiten zu gewähren, die er im Rahmen eines von der Danish International Development Agency (Dänische Agentur für internationale Entwicklung, im Folgenden: DANIDA) finanzierten Entwicklungshilfeprojekts in Benin ausgeübt hat.

Rechtlicher Rahmen

3. Nach § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (BGBl. 2002 I S. 4215) sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

4. Art. 34c Abs. 1 und 5 EStG bestimmt:

„(1) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, ist die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt;

(5) Die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden können mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist oder die Anwendung des Absatzes 1 besonders schwierig ist.“

5. Das Bundesministerium der Finanzen gab am 31. Oktober 1983 einen Erlass über die steuerliche Behandlung von Arbeitnehmereinkünften bei Auslandstätigkeiten (BStBl. 1983 I S. 470, im Folgenden: Auslandstätigkeitserlass) heraus, der sich an die obersten Finanzbehörden der Länder wendet und vorsieht, dass bei Arbeitnehmern eines inländischen Arbeitgebers von der Besteuerung des Arbeitslohns abgesehen wird, den der Arbeitnehmer aufgrund eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses für eine begünstigte Tätigkeit im Ausland erhält.

6. Nach Abschnitt I Nr. 4 dieses Erlasses gehören zur Kategorie der von der besagten Regelung begünstigten Tätigkeiten u. a. die Tätigkeiten für einen inländischen Lieferanten, Hersteller oder Auftragnehmer im Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe im Rahmen der Technischen oder Finanziellen Zusammenarbeit.

7. Gemäß Abschnitt II Abs. 1 des Auslandstätigkeitserlasses muss die Tätigkeit mindestens drei Monate ununterbrochen in Staaten ausgeübt werden, mit denen die Bundesrepublik Deutschland kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geschlossen hat, in das Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit einbezogen sind.

8. Die hiernach steuerfrei gestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit unterliegen jedoch nach Abschnitt IV des Auslandstätigkeitserlasses dem Progressionsvorbehalt. Nach dieser Bestimmung ist auf das zu versteuernde Einkommen der Steuersatz anzuwenden, der sich ergibt, wenn die begünstigten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Berechnung der Einkommensteuer einbezogen werden.

9. Gemäß Abschnitt VI („Verfahrensvorschriften“) Nr. 1 Abs. 1 des Auslandstätigkeitserlasses ist der Verzicht auf die Besteuerung im Steuerabzugsverfahren, für den eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird, vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer beim Betriebsstättenfinanzamt zu beantragen. Ein Nachweis, dass von dem Arbeitslohn in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer erhoben wird, ist danach nicht erforderlich. Ist glaubhaft gemacht worden, dass die in Abschnitt I und II bezeichneten Voraussetzungen vorliegen, kann gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Abs. 2 des Erlasses die Freistellungsbescheinigung erteilt werden, solange dem Arbeitgeber eine Änderung des Lohnsteuerabzugs möglich ist. Soweit nicht bereits vom Steuerabzug abgesehen worden ist, hat der Arbeitnehmer den Verzicht auf die Besteuerung nach Abschnitt VI Nr. 2 des Erlasses bei seinem Wohnsitzfinanzamt zu beantragen.

10. Art. 15 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Beistandsleistung in Steuersachen vom 22. November 1995 (BGBl. 1996 II S. 2565, im Folgenden: DBA Deutschland-Dänemark) bestimmt im Wesentlichen, dass Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur im Wohnsitzstaat besteuert werden können, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, können die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Staat besteuert werden.

11. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Benin wurde kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

12. Seit November 1991 besitzen die Eheleute Petersen, die Kläger des Ausgangsverfahrens, eine Eigentumswohnung in Ludwigshafen (Deutschland), wo sie seit dem 1. Februar 1992 mit ihrer Tochter mit alleinigem Wohnsitz gemeldet sind. Herr Petersen, der dänischer Staatsangehöriger ist, ist seit 1984 Eigentümer eines Ferienhauses in Helsinge (Dänemark).

13. Herr Petersen war bei dem Unternehmen Hoffmann A/S mit Sitz in Glostrup (Dänemark) nichtselbständig beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde er ab dem 15. Januar 2002 für einen Zeitraum von drei Jahren nach Benin entsandt, um an einem von der DANIDA finanzierten Projekt mitzuarbeiten. Die betreffende Tätigkeit wurde im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojekts erbracht. Der Arbeitslohn von Herrn Petersen aus dieser Tätigkeit belief sich im Jahr 2003 auf 449 200 DKK, was ungefähr 60 200 Euro entsprach.

14. Im Januar 2012 ersuchte der Arbeitgeber von Herrn Petersen die Steuerverwaltung von Helsinge um Steuerbefreiung für den während der Entsendung nach Benin an diesen zu zahlenden Arbeitslohn. Die Steuerverwaltung teilte mit, dass ab dem 15. Januar 2002 keine Steuer auf diesen Lohn einbehalten werde.

15. Für das Jahr 2003 beantragten die Eheleute Petersen bei der deutschen Steuerverwaltung die Zusammenveranlagung und gaben als Wohnsitz Ludwigshafen an. Sie machten geltend, dass die Einkünfte von Herrn Petersen aus der in Benin ausgeübten und von einem dänischen Arbeitgeber entlohnten Tätigkeit nicht der deutschen Einkommensteuer unterlägen und dass nach Art. 15 DBA Deutschland-Dänemark nur Dänemark das Recht zur Besteuerung dieser Einkünfte habe.

16. Hilfsweise beantragten die Eheleute Petersen, die Steuer auf die betreffenden Einkünfte zu erlassen, und führten hierzu aus, dass unter sonst gleichen Voraussetzungen nach dem Auslandstätigkeitserlass die Einkünfte aus einer nichtselbständigen Tätigkeit, die im Ausland im Rahmen der Entwicklungshilfe für einen inländischen Arbeitgeber ausgeübt werde, einkommensteuerfrei gestellt werde.

17. In seinem Einkommensteuerbescheid 2003 unterwarf das Finanzamt Ludwigshafen die Einkünfte von Herrn Petersen in vollem Umfang der Einkommensteuer und setzte diese auf 29 718 Euro fest.

18. Nach Zurückweisung ihres Einspruchs gegen diesen Steuerbescheid erhoben die Kläger des Ausgangsverfahrens Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

19. Das Gericht stellt zunächst fest, dass nach seiner Bewertung der Sach- und Rechtslage die streitigen Einkünfte von Herrn Petersen grundsätzlich der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

20. Anschließend führt das Finanzgericht Rheinland-Pfalz aus, da Herr Petersen die im Auslandstätigkeitserlass vorgesehene Steuervergünstigung nicht in Anspruch nehmen könne, weil sein Arbeitgeber kein „inländischer“ Arbeitgeber im Sinne dieses Erlasses sei und weil die Tätigkeiten des Klägers des Ausgangsverfahrens und seines Arbeitgebers nicht im Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe stünden, werde er steuerlich höher belastet als ein inländischer Arbeitnehmer, der eine vergleichbare Tätigkeit für einen inländischen Arbeitgeber ausführe.

21. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gibt schließlich zu bedenken, dass die Tätigkeit des Arbeitgebers des Klägers in den Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV falle und dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung eine ungerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Arbeitgebers darstellen könne. Die höhere steuerliche Belastung, der ein Arbeitnehmer in der Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens unterliege, mache nämlich das Arbeitsverhältnis für den Kläger wirtschaftlich weniger attraktiv im Vergleich zu den entsprechenden Arbeitsverhältnissen inländischer Arbeitnehmer von Unternehmen, die in Deutschland ansässig seien und auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe tätig würden. Der steuerliche Nachteil könne von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nur durch Zahlung eines höheren Bruttogehalts ausgeglichen werden, was ihn veranlasse, Arbeitnehmer zu beschäftigen, die in seinem Ansässigkeitsstaat wohnhaft und steuerpflichtig seien, und es ihm somit erschwere, qualifizierte Arbeitnehmer in einem anderen Mitgliedstaat zu rekrutieren. Arbeitnehmer mit entsprechenden Qualifikationen würden sich ausschließlich in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat um Arbeitsverhältnisse bemühen.

22. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist eine Rechtsvorschrift, die eine Steuerbefreiung für Einkünfte einer im Inland steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit davon abhängig macht, dass der Arbeitgeber seinen Sitz im Inland hat, eine derartige Steuerbefreiung aber nicht vorsieht, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, mit Art. 49 EG vereinbar?

Zur Vorlagefrage

Vorbemerkungen

Zur einschlägigen Verkehrsfreiheit

23. Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache des Gerichtshofs, im Rahmen des in Art. 267 AEUV vorgesehenen Verfahrens der Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten dem vorlegenden Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegte Frage gegebenenfalls umzuformulieren (vgl. u. a. Urteile vom 4. Mai 2006, Haug, C-286/05, Slg. 2006, I-4121, Randnr. 17, vom 11. März 2008, Jager, C-420/06, Slg. 2008, I-1315, Randnr. 46, und vom 8. Dezember 2011, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C-157/10, Slg. 2011, I-13023, Randnr. 18).

24. Ebenso kann der Gerichtshof nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung, um dem Gericht, das um Vorabentscheidung ersucht, sachdienlich zu antworten, auf unionsrechtliche Vorschriften eingehen, die in den Vorlagefragen nicht angeführt sind (vgl. u. a. Urteile vom 12. Oktober 2004, Wolff & Müller, C-60/03, Slg. 2004, I-9553, Randnr. 24, vom 7. Juli 2005, Weide, C-153/03, Slg. 2005, I-6017, Randnr. 25, vom 23. Februar 2006, van Hilten-van der Heijden, C-513/03, Slg. 2006, I-1957, Randnr. 26, sowie Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, Randnr. 19).

25. Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach Einkünfte einer in diesem Mitgliedstaat wohnhaften und unbeschränkt steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit von der Einkommensteuer befreit sind, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in diesem Mitgliedstaat hat, aber nicht, wenn er seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.

26. Die deutsche Regierung und die Europäische Kommission sind allerdings der Auffassung, dass das Ausgangsverfahren nicht anhand von Art. 56 AEUV geprüft werden könne. So macht die Kommission geltend, dass eine nationale Bestimmung, die zum Gegenstand habe, eine Befreiung auf steuerpflichtige Arbeitnehmer zu beschränken, die bei einem Arbeitgeber mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat beschäftigt seien, im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu prüfen sei. Der deutschen Regierung zufolge ist hingegen auch die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht einschlägig, da der Kläger des Ausgangsverfahrens die streitige Tätigkeit in einem Drittstaat ausgeübt habe.

27. Daher ist vorab festzustellen, ob und gegebenenfalls inwieweit eine nationale Regelung wie die hier in Rede stehende die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer berühren kann.

28. Um festzustellen, ob eine nationale Regelung unter die eine oder unter die andere der nach dem AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten fällt, ist nach ständiger Rechtsprechung auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (vgl. Urteil vom 1. Juli 2010, Dijkman und Dijkman-Lavaleije, C-233/09, Slg. 2010, I-6649, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29. Im Ausgangsverfahren hat die nationale Regelung zum Gegenstand, unter bestimmten Voraussetzungen eine Steuervergünstigung in Bezug auf den Lohn zu gewähren, den ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält. So heißt es in der Einleitung des Auslandstätigkeitserlasses, dass bei Arbeitnehmern eines inländischen Arbeitgebers von der Besteuerung des Arbeitslohns abgesehen wird, den der Arbeitnehmer für eine durch diesen Erlass begünstigte Tätigkeit im Ausland erhält.

30. Es ist darauf hinzuweisen, dass zum einen als „Arbeitnehmer“ im Sinne von Art. 45 AEUV jeder anzusehen ist, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbr ingt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. u. a. Urteile vom 3. Juli 1986, Lawrie-Blum, 66/85, Slg. 1986, 2121, Randnr. 17, vom 23. März 2004, Collins, C-138/02, Slg. 2004, I-2703, Randnr. 26, und vom 7. September 2004, Trojani, C-456/02, Slg. 2004, I-7573, Randnr. 15).

31. Zum anderen sind nach Art. 57 Abs. 1 AEUV Dienstleistungen im Sinne der Verträge Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass sich die Bestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit auf Tätigkeiten beziehen, die von selbständigen Leistungserbringern ausgeübt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 1997, SETTG, C-398/95, Slg. 1997, I-3091, Randnr. 7).

32. Daraus folgt, dass eine Regelung, die die Besteuerung eines Arbeitnehmers betrifft, der für einen Arbeitgeber nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält, und der sich daher in einem durch ein Abhängigkeitsverhältnis und die Zahlung einer Vergütung als Gegenleistung für die erbrachten Leistungen gekennzeichneten Arbeitsverhältnis wie dem befindet, um das es vorbehaltlich der Prüfung durch das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren geht, unter die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer fällt.

33. Sollte eine solche Regelung zu Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit der Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat wie denjenigen führen, die vom vorlegenden Gericht oder von den Klägern des Ausgangsverfahrens angeführt werden und darin bestehen sollen, dass inländische Arbeitgeber günstiger behandelt werden als solche mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, wenn es um die Verpflichtung qualifizierten Personals geht, das im Rahmen von Entwicklungshilfeprojekten ins Ausland entsandt werden kann, wären derartige Auswirkungen die unvermeidliche Folge einer eventuellen Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und rechtfertigen daher keine selbständige Prüfung anhand von Art. 56 AEUV.

Zur Anwendbarkeit von Art. 45 AEUV

34. Jeder Unionsbürger, der von dem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer Gebrauch gemacht und in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzstaat eine Berufstätigkeit ausgeübt hat, fällt unabhängig von seinem Wohnort und seiner Staatsangehörigkeit in den Anwendungsbereich von Art. 45 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2002, de Groot, C-385/00, Slg. 2002, I-11819, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35. Außerdem ist es ständige Rechtsprechung, dass sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Unionsbürgern die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im gesamten Gebiet der Union erleichtern sollen und Maßnahmen entgegenstehen, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie eine Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen (Urteile vom 7. Juli 1992, Singh, C-370/90, Slg. 1992, I-4265, Randnr. 16, vom 26. Januar 1999, Terhoeve, C-18/95, Slg. 1999, I-345, Randnr. 37, und de Groot, Randnr. 77).

36. Auch wenn die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach ihrem Wortlaut insbesondere die Inländerbehandlung im Aufnahmestaat sichern sollen, verbieten sie es doch auch, dass der Herkunftsstaat die freie Annahme und Ausübung einer Beschäftigung durch einen seiner Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat behindert (vgl. in diesem Sinne Urteile Terhoeve, Randnrn. 27 bis 29, und de Groot, Randnr. 79).

37. Entsprechend verbieten die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auch, dass der Wohnsitzmitgliedstaat eines steuerpflichtigen Unionsbürgers die freie Annahme und Ausübung einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat behindert, selbst wenn dieser andere Staat der Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit des betreffenden Unionsbürgers ist.

38. Nach Auffassung der deutschen Regierung kann allerdings im Ausgangsrechtsstreit Art. 45 AEUV nicht geltend gemacht werden, da der Kläger des Ausgangsverfahrens die streitige Tätigkeit in einem Drittstaat ausgeübt habe und kein hinreichender Bezug zwischen den Gebieten der beiden betroffenen Mitgliedstaaten bestehe. Für die Zwecke des Unionsrechts könne von einem im Rahmen der Entwicklungshilfe gezielt ausschließlich in einem Drittstaat tätigen Arbeitnehmer nicht angenommen werden, dass er zugleich oder sogar primär grenzüberschreitend innerhalb der Union tätig sei.

39. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits klargestellt hat, dass in einer Rechtssache, in der es um einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats geht, der als Arbeitnehmer von einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft beschäftigt wird, grundsätzlich die unionsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer einschlägig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 1984, Prodest, 237/83, Slg. 1984, 3153, Randnr. 5).

40. Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass die unionsrechtlichen Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer bei der Prüfung sämtlicher Rechtsbeziehungen zu beachten sind, die aufgrund des Ortes, an dem sie entstanden sind oder an dem sie ihre Wirkungen entfalten, einen räumlichen Bezug zum Gebiet der Union aufweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil Prodest, Randnr. 6).

41. Unionsvorschriften können nämlich auf eine außerhalb des Unionsgebiets ausgeübte Berufstätigkeit anwendbar sein, wenn das Arbeitsverhältnis einen hinreichend engen Bezug zum Unionsgebiet behält (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Prodest, Randnr. 6, vom 27. September 1989, Lopes da Veiga, 9/88, Slg. 1989, 2989, Randnr. 15, und vom 29. Juni 1994, Aldewereld, C-60/93, Slg. 1994, I-2991, Randnr. 14). Dieser Grundsatz ist dahin gehend zu verstehen, dass er auch für Fälle gilt, in denen das Arbeitsverhältnis einen hinreichend engen Bezug zum Recht eines Mitgliedstaats und damit zu den einschlägigen Regeln des Unionsrechts besitzt (Urteil vom 30. April 1996, Boukhalfa, C-214/94, Slg. 1996, I-2253, Randnr. 15).

42. In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens ergibt sich ein solcher Bezug aus dem Umstand, dass ein Unionsbürger, der in einem Mitgliedstaat wohnt, von einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat angestellt worden ist, für das er seine Tätigkeiten ausübt. Zudem wurde nach Angaben des Klägers des Ausgangsverfahrens und vorbehaltlich der Prüfung dieses Punktes durch das vorlegende Gericht der Arbeitsvertrag mit seinem Arbeitgeber, einem Unternehmen mit Sitz in Dänemark, nach dänischem Recht geschlossen. Hinzu kommt, wie die deutsche Regierung vorträgt und vorbehaltlich der Prüfung durch das vorlegende Gericht, dass Herr Petersen in Dänemark krankenversichert ist und sein Gehaltskonto dort geführt wird.

43. Der Umstand, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens seine Tätigkeit im Rahmen der Entwicklungshilfe gezielt ausschließlich in einem Drittstaat ausgeübt hat, stellt die in der vorstehenden Randnummer angeführten Bezüge zum Unionsrecht nicht in Frage; diese genügen, um es dem Kläger des Ausgangsverfahrens zu ermöglichen, sich in einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, auf Art. 45 AEUV zu berufen.

Zum Vorliegen einer Beschränkung

44. Die für einen im Inland wohnhaften Steuerpflichtigen bestehende Möglichkeit, in den Genuss der in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehenen Befreiung von der Einkommensteuer zu kommen, stellt eine Steuervergünstigung dar.

45. Diese Vergünstigung wird nur gewährt, wenn der in Deutschland wohnhafte Steuerpflichtige von einem dort ansässigen Arbeitgeber beschäftigt wird, nicht aber, wenn er von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt wird.

46. Indem die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung somit den Lohn der Arbeitnehmer je nachdem, in welchem Mitgliedstaat ihr Arbeitgeber seinen Sitz hat, unterschiedlich behandelt, ist sie geeignet, diese Arbeitnehmer von der Annahme einer Beschäftigung bei einem Arbeitgeber abzuhalten, der in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässig ist; sie stellt daher eine nach Art. 45 AEUV grundsätzlich verbotene Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer dar.

47. Eine Maßnahme, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigt, ist nur dann zulässig, wenn mit ihr ein berechtigter, mit dem Vertrag vereinbarer Zweck verfolgt wird und sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In einem derartigen Fall muss aber die Anwendung einer solchen Maßnahme auch geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zwecks zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zu seiner Erreichung erforderlich ist (vgl. Urteile vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais, C-325/08, Slg. 2010, I-2177, Randnr. 38, und vom 8. November 2012, Radziejewski, C-461/11, Randnr. 33).

48. Die deutsche Regierung macht geltend, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung erstens durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sei, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten.

49. Zum einen sei es für die deutsche Steuerverwaltung schwer nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen für eine eventuelle Steuerbefreiung erfüllt seien, wenn die Tätigkeiten für Träger mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt würden, da sie mit den staatlichen Stellen, die die Entwicklungshilfe verwalteten, anders als im Fall von Trägern, die in Deutschland ansässig seien und im Rahmen der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe tätig würden, nicht unmittelbar Kontakt aufnehmen könne. Zum anderen stünden die sekundärrechtlichen Instrumente zur Amtshilfe in Steuersachen nicht zur Verfügung, wenn es um Kontrollen gehe, die in Drittstaaten durchgeführt werden müssten.

50. Der Gerichtshof hat insoweit bereits entschieden, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten, ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist, der eine Beschränkung der vom Vertrag garantierten Verkehrsfreiheiten rechtfertigen kann (vgl. u. a. Urteile vom 18. Dezember 2007, A, C-101/05, Slg. 2007, I-11531, Randnr. 55, und vom 5. Juli 2012, SIAT, C-318/10, Randnr. 36).

51. Ein Mitgliedstaat kann sich jedoch nicht auf die Unmöglichkeit, die Zusammenarbeit eines anderen Mitgliedstaats bei der Durchführung von Ermittlungen oder der Beschaffung von Auskünften zu verlangen, berufen, um die Versagung einer Steuervergünstigung zu rechtfertigen. Denn die zuständigen Steuerbehörden sind durch nichts daran gehindert, von den Steuerpflichtigen die Nachweise zu verlangen, die sie für die zutreffende Festsetzung der betreffenden Steuern und Abgaben als erforderlich ansehen, und gegebenenfalls bei Nichtvorlage dieser Nachweise die beantragte Steuerbefreiung zu verweigern (vgl. Urteil vom 11. Oktober 2007, ELISA, C-451/05, Slg. 2007, I-8251, Randnr. 95).

52. Es ist nämlich nicht von vornherein auszuschließen, dass der Steuerpflichtige zur Vorlage von Belegen in der Lage ist, anhand deren die Steuerbehörden des Mitgliedstaats der Besteuerung eindeutig und genau prüfen können, ob er die Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Steuervergünstigung erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Juli 1999, Baxter u. a., C-254/97, Slg. 1999, I-4809, Randnr. 20, vom 10. März 2005, Laboratoires Fournier, C-39/04, Slg. 2005, I-2057, Randnr. 25, ELISA, Randnr. 96, und A, Randnr. 59).

53. Im Ausgangsverfahren ergibt sich aus dem Auslandstätigkeitserlass, insbesondere aus dessen Abschnitt VI, der Verfahrensvorschriften enthält, dass der Steuerpflichtige, um die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuervergünstigung zu erhalten, der zuständigen Verwaltung geeignete Dokumente vorlegen muss, die belegen, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind. Dem Arbeitnehmer obliegt der Nachweis, dass der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland hat, dass dieser Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe ausführt und dass er selbst einen Arbeitsvertrag besitzt, der sich auf eine Tätigkeit bezieht, die mindestens drei Monate ununterbrochen in einem Staat ausgeübt wird, mit dem die Bundesrepublik Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat.

54. Anders als von der deutschen Regierung angedeutet, scheint eine Überprüfung bei den die Entwicklungshilfe verwaltenden Behörden – sei es eine deutsche Behörde oder die eines anderen Mitgliedstaats –, die den deutschen Steuerbehörden Schwierigkeiten bereiten könnte, nach der nationalen Regelung nicht erforderlich zu sein.

55. Zwar hat der Gerichtshof auch entschieden, dass, wenn die Regelung eines Mitgliedstaats die Gewährung einer Steuervergünstigung von der Erfüllung von Bedingungen abhängig macht, deren Einhaltung nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass Auskünfte von den zuständigen Behörden eines Drittstaats eingeholt werden, es grundsätzlich gerechtfertigt ist, dass dieser Mitgliedstaat die Gewährung der Vergünstigung verweigert, wenn es sich, insbesondere wegen des Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung des Drittstaats zur Auskunftserteilung, als unmöglich erweist, die Auskünfte von diesem Staat zu erhalten (Urteile A, Randnr. 63, und vom 27. Januar 2009, Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnr. 70). Denn der Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, der durch die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) und die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799 (ABl. L 64, S. 1) geschaffen wurde, besteht zwischen ihnen und den zuständigen Behörden eines Drittstaats nicht, wenn dieser keine Verpflichtung zur gegenseitigen Amtshilfe eingegangen ist (Urteil vom 19. Juli 2012, A, C-48/11, Randnr. 35).

56. Dem Auslandstätigkeitserlass ist jedoch zu entnehmen, dass nicht nachgewiesen zu werden braucht, dass die im Drittstaat ausgeübte Tätigkeit dort einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer unterliegt.

57. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung scheint die Gewährung eines Steuervorteils also nicht von der Erfüllung von Bedingungen abhängig zu machen, deren Einhaltung nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass Auskünfte von den zuständigen Behörden eines Drittstaats eingeholt werden.

58. Folglich kann die im Ausgangsverfahren streitige Beschränkung nicht mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten.

59. Zweitens macht die deutsche Regierung geltend, dass die in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehene Steuervergünstigung entwicklungspolitische Ziele verfolge, indem sie es den Entwicklungshilfeorganisationen ermögliche, von niedrigeren Lohnkosten zu profitieren. Die Mitgliedstaaten müssten frei bleiben, durch Steuervergünstigungen gezielt die Aktivitäten der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit des jeweiligen Mitgliedstaats nach den eigenen Prioritäten zu fördern. Die steuerliche Förderung nach Maßgabe der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung sei erforderlich, um diesen Zielen gerecht zu werden, und der Bundesrepublik Deutschland stünden keine ausreichenden Mittel zur Erfüllung ihrer eigenen Zusagen zur Verfügung, wenn sie auch die Aktivitäten von Organisationen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten fördern müsste.

60. Hierzu genügt die Feststellung, dass nur die Voraussetzung, wonach das Unternehmen seinen Sitz im Inland haben muss, Gegenstand der Frage des vorlegenden Gerichts an den Gerichtshof ist.

61. In ihren Ausführungen zur Verfolgung der Ziele der deutschen Entwicklungspolitik erläutert die deutsche Regierung jedoch nicht, warum nur Unternehmen mit Sitz in Deutschland fähig sein sollen, die auf die Erreichung dieser Ziele gerichteten Aktivitäten auszuführen.

62. Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 45 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach Einkünfte einer in diesem Mitgliedstaat wohnhaften und unbeschränkt steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit von der Einkommensteuer befreit sind, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in diesem Mitgliedstaat hat, aber nicht, wenn er seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.

Kosten

63. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 45 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach Einkünfte einer in diesem Mitgliedstaat wohnhaften und unbeschränkt steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit von der Einkommensteuer befreit sind, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in diesem Mitgliedstaat hat, aber nicht, wenn er seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.