SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 25. April 2013 ( 1 )

Rechtssache C‑638/11 P

Rat der Europäischen Union

gegen

Gul Ahmed Textile Mills Ltd

„Rechtsmittel — Dumping — Einfuhren von Bettwäsche aus Baumwolle mit Ursprung in Pakistan — Ursächlicher Zusammenhang zwischen Dumping und Schädigung — Andere bekannte Faktoren als gedumpte Einfuhren, die die Schädigung verursachen — Zur Frage, ob die Schädigung den gedumpten Einfuhren zugerechnet wird“

1. 

Bis zum Jahr 2002 unterlagen Einfuhren von Bettwäsche aus Baumwolle mit Ursprung in Pakistan einem Zoll, zuletzt zu einem Satz von 12 %. Ab dem Jahr 1997 waren sie auch bis auf einige Ausnahmen einem Antidumpingzoll zu einem Satz im Bereich zwischen 6 % und 7 % unterworfen ( 2 ). Im Januar 2002 wurden beide Zölle aufgehoben ( 3 ). Im November 2002 stellte Eurocoton ( 4 ) im Namen von Herstellern, auf die ein erheblicher Teil der gesamten Gemeinschaftsproduktion entfällt, einen Antrag bei der Kommission. Im Anschluss an eine Untersuchung wurde 2004 erneut ein Antidumpingzoll, nunmehr mit einem Satz von 13,1 %, eingeführt ( 5 ).

2. 

Bei der Gul Ahmed Textile Mills Ltd (im Folgenden: Gul Ahmed) handelt es sich um eine pakistanische Herstellerin, deren Ausfuhrware nicht dem früheren Antidumpingzoll unterlegen hatte ( 6 ). Sie erhob Klage beim Gericht mit dem Antrag, die streitige Verordnung für nichtig zu erklären, und führte zur Begründung u. a. an, bei der Feststellung der Schädigung sei der Umstand unberücksichtigt geblieben, dass sich das Einfuhrvolumen infolge der Abschaffung der früheren Zölle erhöht habe, was ein anderer bekannter Faktor als die gedumpten Einfuhren, die den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft schädigen, im Sinne von Art. 3 Abs. 7 der Verordnung Nr. 384/96 ( 7 ) (im Folgenden: Grundverordnung) sei.

3. 

Das Gericht hat der Klage aus diesem Grund stattgegeben ( 8 ).

4. 

Der Rat hat Rechtsmittel eingelegt und trägt, unterstützt durch die Kommission, im Wesentlichen vor, im Rahmen der Feststellung der Ursache der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft ließen sich die Auswirkungen der Aufhebung der früheren Zölle nicht von den Auswirkungen der gedumpten Einfuhren abgrenzen oder unterscheiden. Bei der Aufhebung handele es sich daher nicht um einen „anderen bekannten Faktor als die gedumpten Einfuhren“. Die Streitfrage ist daher übersichtlich: Ist Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung weit oder eng auszulegen?

Einschlägige Rechtsvorschriften

Grundverordnung

5.

Ihren Erwägungsgründen zufolge wurde die Grundverordnung erlassen, um die Gemeinschaftsvorschriften den an völkerrechtlichen Übereinkommen vorgenommenen Änderungen anzupassen, insbesondere an das WTO-Antidumpingübereinkommen ( 9 ).

6.

In Art. 1 Abs. 1 der Grundverordnung ist der Grundsatz normiert, dass ein Antidumpingzoll auf jede Ware erhoben werden kann, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht. Gemäß Art. 1 Abs. 2 gilt eine Ware als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die Gemeinschaft niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.

7.

In Art. 2 sind die Grundsätze und Regeln für die Feststellung des Dumpings aufgeführt. Im Wesentlichen wird für die jeweilige aus einem Drittland ausgeführte Ware ein Normalwert auf dem Inlandsmarkt und ein Ausfuhrpreis in die Gemeinschaft festgestellt und zwischen diesen beiden Preisen ein gerechter Vergleich unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren, die zu Unterschieden zwischen den beiden Preisen führen könnten, durchgeführt. Ergibt ein Vergleich der gewogenen Durchschnittswerte, dass der Normalwert den Ausfuhrpreis übersteigt, wird der resultierende Betrag als Dumpingspanne bezeichnet.

8.

Art. 3 („Feststellung der Schädigung“) sieht insbesondere vor:

„…

(2)   Die Feststellung einer Schädigung stützt sich auf eindeutige Beweise und erfordert eine objektive Prüfung a) des Volumens der gedumpten Einfuhren und ihrer Auswirkungen auf die Preise gleichartiger Waren auf dem Gemeinschaftsmarkt und b) der Auswirkungen dieser Einfuhren auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft.

(3)   Im Zusammenhang mit dem Volumen der gedumpten Einfuhren ist zu berücksichtigen, ob diese Einfuhren entweder absolut oder im Verhältnis zu Produktion oder Verbrauch in der Gemeinschaft erheblich angestiegen sind. Im Zusammenhang mit den Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf die Preise ist in Betracht zu ziehen, ob im Vergleich zu dem Preis einer gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft eine erhebliche Preisunterbietung durch die gedumpten Einfuhren stattgefunden hat oder ob diese Einfuhren auf andere Weise einen erheblichen Preisrückgang verursacht oder Preiserhöhungen, die andernfalls eingetreten wären, deutlich verhindert haben. Weder eines noch mehrere dieser Kriterien sind notwendigerweise ausschlaggebend.

(5)   Die Prüfung der Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf den betroffenen Wirtschaftszweig der Gemeinschaft umfasst eine Beurteilung aller relevanten Wirtschaftsfaktoren und ‑indizes, die die Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beeinflussen, einschließlich der Tatsache, dass ein Wirtschaftszweig sich noch von den Auswirkungen früherer Dumpingpraktiken oder Subventionen erholen muss, der Höhe der tatsächlichen Dumpingspanne, des tatsächlichen und des potenziellen Rückgangs von Absatz, Gewinn, Produktion, Marktanteil, Produktivität, Rentabilität und Kapazitätsauslastung, der Faktoren, die die Preise der Gemeinschaft beeinflussen, der tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen auf Cashflow, Lagerbestände, Beschäftigung, Löhne, Wachstum, Kapitalbeschaffungs- oder Investitionsmöglichkeiten. Diese Liste ist nicht erschöpfend, und weder eines noch mehrere dieser Kriterien sind notwendigerweise ausschlaggebend.

(6)   Aus allen einschlägigen gemäß Absatz 2 vorgelegten Beweisen muss hervorgehen, dass die gedumpten Einfuhren eine Schädigung im Sinne dieser Verordnung verursachen. Insbesondere gehört dazu der Nachweis, dass das gemäß Absatz 3 ermittelte Volumen und/oder Preisniveau für die in Absatz 5 genannten Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft verantwortlich sind und dass diese Auswirkungen ein solches Ausmaß erreichen, dass sie als bedeutend bezeichnet werden können.

(7)   Andere bekannte Faktoren als die gedumpten Einfuhren, die den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft zur gleichen Zeit schädigen, werden ebenfalls geprüft, um sicherzustellen, dass die durch diese anderen Faktoren verursachte Schädigung nicht nach Absatz 6 den gedumpten Einfuhren zugerechnet wird. In diesem Zusammenhang können unter anderem folgende Faktoren berücksichtigt werden: Volumen und Preise der nicht gedumpten Einfuhren, Nachfragerückgang oder Veränderung der Verbrauchsgewohnheiten, handelsbeschränkende Praktiken der ausländischen Hersteller und der Gemeinschaftshersteller sowie Wettbewerb zwischen ihnen, Entwicklungen in der Technologie und Ausfuhrleistung und Produktivität des Wirtschaftszweiges der Gemeinschaft.

…“ ( 10 )

Streitige Verordnung

9.

Gemäß dem 19. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung betraf die Untersuchung von Dumping und Schädigung den Zeitraum vom 1. Oktober 2001 bis zum 30. September 2002 und betraf die Untersuchung der für die Schadensermittlung relevanten Entwicklungen den Zeitraum von 1999 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums ( 11 ).

10.

Nachdem in den Erwägungsgründen 30 bis 102 ein von sämtlichen pakistanischen ausführenden Herstellern praktiziertes Dumping und eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft festgestellt werden, erfolgt in den Erwägungsgründen 103 bis 118 eine Untersuchung der Schadensursache. Im 107. Erwägungsgrund heißt es, dass sowohl die Mengen als auch die Preise der Einfuhren aus Pakistan in die Gemeinschaft erheblichen Druck auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ausgeübt hätten und dass diese Einfuhren und die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft zeitlich zusammengefallen seien. In den Erwägungsgründen 108 bis 115 werden im Einklang mit Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung die Auswirkungen sechs anderer Faktoren untersucht: subventionierte Einfuhren mit Ursprung in Indien, Einfuhren mit Ursprung in anderen Drittländern als Indien und Pakistan, Nachfragerückgang, Einfuhren des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft, Ausfuhrleistung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft sowie Produktivität des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft. Gemäß der Schlussfolgerung in den Erwägungsgründen 116 bis 118 hat keiner dieser Faktoren den ursächlichen Zusammenhang zwischen den subventionierten Einfuhren und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft entkräftet.

11.

Nach Art. 1 der streitigen Verordnung wird auf die Einfuhren von Bettwäsche aus reiner Baumwolle oder aus Baumwolle gemischt mit Chemiefasern oder Flachs (jedoch nicht mehrheitlich aus Flachs bestehend), gebleicht, gefärbt oder bedruckt, mit Ursprung in Pakistan, die bestimmten Codes der Kombinierten Nomenklatur zugewiesen ist, ein endgültiger Antidumpingzoll mit einem Satz von 13,1 % eingeführt ( 12 ).

Angefochtenes Urteil

12.

Das Gericht hat lediglich den dritten Teil des fünften von Gul Ahmed angeführten Klagegrundes geprüft, mit dem geltend gemacht wurde, der Rat habe rechtsfehlerhaft nicht untersucht, ob die Aufhebung des früheren Antidumpingzolls auf Ware aus Pakistan und die Anwendung der allgemeinen Zollpräferenzen zugunsten Pakistans zu Beginn des Jahres 2002 den ursächlichen Zusammenhang zwischen den Einfuhren aus Pakistan und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft entkräftet haben ( 13 ).

13.

In Randnr. 53 des angefochtenen Urteils stellt das Gericht fest, dass die schädigenden Auswirkungen der gedumpten Einfuhren korrekt abzugrenzen und zu unterscheiden seien von den „[a]ndere[n] bekannte[n] Faktoren als die gedumpten Einfuhren, die den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft zur gleichen Zeit schädigen“. Ohne eine solche Abgrenzung und Unterscheidung hätten die Kommission und der Rat keine objektive Grundlage, die die Schlussfolgerung erlaube, dass die gedumpten Einfuhren die Schädigung tatsächlich verursacht hätten. Die Abgrenzung verlange eine konkrete Würdigung des Wesens und der Bedeutung der fraglichen Faktoren, die nicht einfach auf die Hypothese gestützt werden dürfe, dass die anderen Faktoren als die gedumpten Einfuhren die Schädigung nicht verursachten oder mitverursachten.

14.

In den Randnrn. 55 bis 59 verwirft das Gericht die Unterscheidung zwischen einerseits den den Markt betreffenden Entwicklungen oder Verhaltensweisen (die der Rat als andere Faktoren angesehen hatte) und andererseits den Änderungen des Vorschriftenrahmens für den Markt (die der Rat nicht als solche Faktoren eingestuft hatte). Diese Unterscheidung folge weder aus Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung oder Art. 3.5 des WTO-Antidumpingübereinkommens, noch lasse sie sich aus den Merkmalen herleiten, die den in den genannten Vorschriften aufgeführten anderen Faktoren gemeinsam seien.

15.

Erstens sei die Aufzählung solcher Faktoren ausdrücklich nicht erschöpfend, sondern habe lediglich hinweisenden Charakter. Zweitens bezweckten beide Vorschriften die Vermeidung eines unnötigen Schutzes des inländischen Wirtschaftszweigs, indem sie sicherstellten, dass negative Auswirkungen anderer Faktoren, die für die Schädigung maßgeblich seien, nicht den streitigen Einfuhren zugerechnet würden. Drittens, wenn eine Zunahme der Einfuhren einer Ware nach Auslaufen mengenmäßiger Beschränkungen bei der Beurteilung der Existenz einer Schädigung berücksichtigt werden dürfe ( 14 ), müsse das Gleiche auch für die Beurteilung der Kausalität nach Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung gelten. Folglich seien die Aufhebung der früheren Antidumpingzölle und allgemeinen Zölle bekannte Faktoren, die von den Unionsorganen bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen den betreffenden Einfuhren und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft hätten berücksichtigt werden müssen. Anderenfalls bliebe die Verpflichtung aus Art. 3 Abs. 7 wirkungslos, wenn – wie hier – die Folgen der Änderungen des Vorschriftenrahmens im Verwaltungsverfahren eindeutig zur Sprache gekommen seien.

16.

In Randnr. 84 des angefochtenen Urteils führt das Gericht aus:

„… [A]us der von den Unionsorganen im vorliegenden Fall durchgeführten Analyse [ist] nicht ersichtlich – und sei es auch nur in Form einer bloßen Schätzung –, welche Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft ohne jedes Dumping eingetreten wäre, d. h. welche Schädigung allein aufgrund des Inkrafttretens des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen und der Aufhebung der früheren Antidumpingzölle sei es durch den Verlust von Marktanteilen, den Rückgang der Rentabilität oder der Leistung des vorgenannten Wirtschaftszweigs, die Preisgabe unterer Marktsegmente oder sei es gemessen an anderen einschlägigen Wirtschaftsindikatoren eingetreten wäre. Eine Analyse der Auswirkungen der fraglichen Maßnahmen war umso mehr geboten, als es in mehreren Passagen der streitigen Verordnung heißt, dass der Preiswettbewerb ‚massiv‘ gewesen sei, so dass ein Preisrückgang bei Einfuhren aus Pakistan infolge der genannten Vorschriftenänderungen aller Wahrscheinlichkeit nicht ohne Auswirkungen auf die Marktverhältnisse hätte bleiben können.“

17.

Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Rat ohne den gerügten Rechtsfehler einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den den Gegenstand des Antidumpingverfahrens bildenden Einfuhren und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft nicht festgestellt hätte, hat das Gericht die streitige Verordnung für nichtig erklärt, soweit sie Gul Ahmed betrifft, und die Sache de facto zurück an den Rat verwiesen, da das Gericht die Einschätzung des Rates nicht durch seine eigene ersetzen kann. Eine Prüfung der übrigen von Gul Ahmed angeführten Klagegründe und Argumente hat das Gericht für entbehrlich erachtet.

Zusammenfassung des Vorbringens im Rechtsmittelverfahren

18.

Zur Begründung seines einzigen Rechtsmittelgrundes, nämlich dass das Gericht Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung verkannt habe, macht der Rat erstens geltend, dass „andere Faktoren als die gedumpten Einfuhren“ begriffsnotwendig keinen Bezug zu diesen Einfuhren aufwiesen, z. B. Einfuhren aus anderen Drittländern, Kostenineffizienz, Nachfragerückgang sowie Wettbewerb zwischen Herstellern in der Union. Hier seien die Beendigung des früheren Antidumpingzolls und die Anwendung des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen auf Einfuhren der betreffenden Ware eng mit den gedumpten Einfuhren aus Pakistan verknüpft. Die Beendigung des Zolls und die Anwendung des Schemas – so der Rat – mögen eine Zunahme der Einfuhren erleichtert haben, aber die Schädigung aufgrund einer Zunahme der Einfuhren der gedumpten Einfuhren werde durch die Einfuhren verursacht und nicht durch die die Zunahme erleichternden Faktoren ( 15 ).

19.

Zweitens halte die vom Gericht gegebene Begründung einer Überprüfung nicht stand.

20.

Der Hinweis, dass die Aufzählung in Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung nicht erschöpfend sei, liege neben der Sache. Der Rat habe lediglich vorgetragen, dass es sich bei den beiden in Rede stehenden Faktoren nicht um andere Faktoren im Sinne der genannten Bestimmung handele.

21.

In Randnr. 57 des angefochtenen Urteils erfolge keine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Rates, dass die Änderungen des Vorschriftenrahmens nur insofern eine Rolle spielten, als sie sich auf den Markt auswirkten, und dass die beiden in Rede stehenden Faktoren geeignet seien, sich auf die gedumpten Einfuhren auszuwirken, nicht aber auf die Leistung des Wirtschaftszweigs der Union.

22.

Richtig sei, dass alle anderen bekannten Faktoren zu berücksichtigen seien und dass Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung sicherstellen wolle, dass die durch andere Faktoren verursachte Schädigung nicht den gedumpten Einfuhren zugerechnet werde. Mit seiner These, dass Art. 3 Abs. 7 nicht zwischen den den Markt betreffenden Entwicklungen oder Verhaltensweisen und den Änderungen des Vorschriftenrahmens unterscheide, verkenne das Gericht jedoch, dass solche Änderungen schädigende Auswirkungen nur insoweit haben könnten, als sie Auswirkungen auf den Markt hätten. Die einzige geltend gemachte Auswirkung der beiden streitigen Faktoren bestehe darin, dass sie möglicherweise gedumpte Einfuhren erleichtert hätten, dass eine durch die gedumpten Einfuhren verursachte Schädigung durch die Einfuhren und nicht durch die sie möglicherweise erleichternden Faktoren verursacht werde und dass es sich deshalb bei den beiden streitigen Faktoren nicht um „andere Faktoren als die gedumpten Einfuhren“ im Sinne von Art. 3 Abs. 7 handele.

23.

Nach Ansicht des Rates spricht das Urteil Foshan Golden Step sogar für die von ihm vertretene Auffassung. In jenem Urteil habe das Gericht das Argument, die Abschaffung der mengenmäßigen Kontingente verzerre die Daten über die Schädigung, verworfen und entschieden, dass der Rat im Rahmen seiner Beurteilung der Schädigung zu Recht die Zunahme der Einfuhren nach Abschaffung der Kontingente berücksichtigt habe. Soweit die Schädigung in einer Zunahme der gedumpten Einfuhren bestehe, dürften also die Organe die gesamte Schädigung den gedumpten Einfuhren zurechnen und bräuchten die Auswirkungen der Abschaffung der Kontingente nicht abzugrenzen und zu unterscheiden.

24.

Drittens erliege das Gericht einem grundsätzlichen Missverständnis hinsichtlich Art. 3 Abs. 6 und 7 der Grundverordnung. In Randnr. 84 seines Urteils vertrete es die Auffassung, die Organe hätten, um Maßnahmen einführen zu können, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Dumping und der eingetretenen Schädigung nachzuweisen. Aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 6 und 7 sowie aus der ständigen Rechtsprechung ( 16 ) gehe jedoch hervor, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung, nicht zwischen dem Dumping und der Schädigung festgestellt werden müsse.

25.

Schließlich führe die Entscheidung des Gerichts zu abwegigen und inakzeptablen Ergebnissen. Wenn Antidumpingzölle ausliefen, weil der Wirtschaftszweig der Union keine Überprüfung der Beendigung beantrage oder die Organe zu der Auffassung gelangten, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung nicht gegeben seien, und wenn daraufhin die gedumpten Einfuhren aus dem betreffenden Land massiv zunähmen und dem Wirtschaftszweig der Union einen erheblichen Marktanteil entzögen, hätten die Organe dem Gericht zufolge zu prüfen, welcher Anteil der Zunahme der gedumpten Einfuhren auf das Auslaufen der früheren Zölle zurückzuführen sei, und die durch diese Zunahme verursachte Schädigung von der durch die gedumpten Einfuhren verursachten Schädigung „abzugrenzen und zu unterscheiden“. Dies liefe nach Ansicht des Rates auf die Annahme hinaus, dass das Auslaufen von Antidumpingzöllen künftiges Dumping rechtfertige und die Möglichkeiten der Organe beschränke, den Wirtschaftszweig der Union vor den schädigenden Auswirkungen zu schützen. Wenn nach der Aufhebung der Antidumpingzölle das Dumping wiederaufgenommen oder fortgesetzt werde und der Wirtschaftszweig der Union aufgrund des Volumens und der Preise der gedumpten Einfuhren geschädigt werde, dann werde die Schädigung durch die gedumpten Einfuhren und nicht durch den mangelnden Schutz verursacht. Das Gleiche gelte in Bezug auf die Anwendung des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen. Die Zollpräferenzen erleichterten die Einfuhren, sie bezweckten jedoch die Erleichterung fairer Einfuhren und nicht schädigender gedumpter Einfuhren.

26.

Nach Ansicht von Gul Ahmed sind die Rechtsmittelgründe ungenau, unerheblich und rechtlich unzutreffend.

27.

Erstens enthalte Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung keine Beschränkung hinsichtlich der Faktoren, deren schädigende Auswirkungen zu berücksichtigen seien. Selbst wenn dies jedoch der Fall wäre, sei die Auffassung falsch, die Aufhebung der früheren Zölle im Jahr 2002 sei eng mit gedumpten Einfuhren verknüpft. Die Aufhebung sei vielmehr aufgrund souveräner Maßnahmen der Unionsorgane erfolgt. Im Übrigen würden die allgemeinen Zollpräferenzen keineswegs speziell auf Bettwäsche angewandt.

28.

Zweitens handele es sich bei der These, eine Schädigung aufgrund einer Zunahme gedumpter Einfuhren resultiere nicht aus Faktoren, die die Zunahme gedumpter Einfuhren erleichterten, um einen Zirkelschluss. Der vom Rat angeführte Bericht im Streitfall EU – Footwear (China) enthalte keine hinreichende Begründung, sondern die widersprüchliche Behauptung, dass ein „exogenes Ereignis“ – in jenem Fall die Aufhebung einer Quote – mit gedumpten Einfuhren „eng verknüpft“ sein könne. Die im vorliegenden Fall streitigen Faktoren hätten unmittelbar zu einer Senkung der Unionszollbelastung sämtlicher Bettwäscheeinfuhren aus Pakistan geführt und damit unmittelbar das Preisniveau dieser Einfuhren auf dem Unionsmarkt beeinflusst und nicht nur einfach eine Mengenerhöhung gedumpter Einfuhren erleichtert.

29.

Drittens hätten die in Rede stehenden Faktoren unmittelbare Auswirkungen auf den Unionsmarkt. Es handele sich um zielgerichtete staatliche Akte, die unmittelbar dazu geführt hätten, dass die Unionshersteller mit in der Union in den Verkehr gebrachten, erheblich preisgünstigeren Einfuhren konfrontiert worden seien, ohne dass sich die fob-Preise für die pakistanischen Hersteller geändert hätten. Mit anderen Worten, die in Rede stehenden Faktoren hätten sich unmittelbar und eigenständig in erheblichem Umfang auf das Preisniveau in der Gemeinschaft ausgewirkt.

30.

Viertens lege der Rat nicht dar, weshalb der ursächliche Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung und nicht zwischen dem Dumping und der Schädigung bestehen müsse. Ob die beiden in Rede stehenden Faktoren und ihre Auswirkungen nun im Hinblick auf das Dumping oder im Hinblick auf die gedumpten Einfuhren geprüft würden: Es handele sich jedenfalls um souveräne Akte der Unionsorgane, die für sich allein genommen unmittelbare Auswirkungen auf die im Rahmen der Schädigungs- und Schadensursachenbeurteilung geprüften Wirtschaftsindikatoren hätten.

31.

Schließlich würden mit dem Rechtsmittel die Konsequenzen der Entscheidung des Gerichts verkannt, da die Änderungen des Vorschriftenrahmens falsch dargestellt würden. Bei der Aufhebung des früheren Antidumpingzolls habe es sich nicht um ein Auslaufen dieses Zolls gehandelt, sondern um die Berichtigung einer unberechtigten Erhebung im Anschluss an die Feststellung, dass tatsächlich kein Dumping stattgefunden habe. Die Einräumung der besonderen Zollpräferenzen habe nicht nur Einfuhren erleichtert – sie habe auch unmittelbar und ohne das Tätigwerden pakistanischer ausführender Hersteller das Preisniveau der Einfuhren auf dem Unionsmarkt gesenkt.

32.

Die Entscheidung des Gerichts impliziere keineswegs, dass das Auslaufen der Antidumpingzölle künftiges schädigendes Dumping rechtfertige und die Möglichkeiten der Organe beschränke, den Wirtschaftszweig der Union vor den Auswirkungen eines solchen Dumpings zu schützen. Die Entscheidung verlange lediglich, dass die Folgen bewusster im Wege souveräner Akte vorgenommener Änderungen des Vorschriftenrahmens der Union bei der Bewertung der Wirtschaftsindikatoren einer Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union als eigenständiger anderer Faktor zu berücksichtigen seien. Das Ergebnis dieser Bewertung werde damit keineswegs vorweggenommen.

33.

Zur Unterstützung des Rechtsmittelantrags des Rates befasst sich die Kommission mit Aufbau und Ratio von Art. 3 der Grundverordnung, insbesondere dessen Abs. 6 und 7.

34.

Bei Art. 3 Abs. 6 komme es entscheidend darauf an, ob „gedumpte Einfuhren“, wie es in Art. 3 heiße, eine Schädigung verursachten, und insbesondere darauf, ob ihr Volumen und/oder Preisniveau für die Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft verantwortlich seien. Nach Art. 3 Abs. 2 und 3 sei eine objektive Analyse erforderlich. Was das Preiskriterium betreffe, sei auf das Preisniveau als solches abzustellen und nicht auf die Gründe, die zur Festlegung der Preise in der jeweiligen Höhe führten. Im vorliegenden Fall sei das Niveau der Unionszölle und anderer Einfuhrabgaben ein Faktor, der die Wahl des Preisniveaus beeinflusst habe (da der Ausführer sich offenbar dagegen entschieden habe, seine Preise ab Werk zu erhöhen und sich die niedrigeren Zölle auf diese Weise zunutze zu machen). Falls sowohl die Preise als auch die für die Preisfestlegung maßgeblichen Gründe als ursächliche Faktoren berücksichtigt würden, käme es zu einer Art Zweifachanrechnung.

35.

Mit der Wendung „andere Faktoren als die gedumpten Einfuhren“ müsse daher etwas anderes gemeint sein als das Volumen und/oder Preisniveau dieser Einfuhren oder die dafür maßgeblichen Gründe. Hierfür sprächen auch die aufgezählten Beispiele für solche Faktoren, von denen sich keiner auf die gedumpten Einfuhren oder den Preis bzw. das Volumen dieser Einfuhren beziehe. Auch wenn es sich nur um Veranschaulichungsbeispiele und nicht um eine erschöpfende Aufzählung handele, zeige die Formulierung doch die Absicht, Bereiche auszuschließen, die die gedumpten Einfuhren selbst beträfen.

Würdigung

36.

Das Verfahren für die Entscheidung zur Einführung eines Antidumpingzolls gemäß der Grundverordnung und dem WTO-Antidumpingübereinkommen verläuft in Einzelschritten nach einer deutlichen inneren Logik. Erstens muss festgestellt werden, ob Dumping stattfindet. Zu diesem Zweck müssen nacheinander verschiedene Schritte durchgeführt werden. Zunächst ist der Normalwert der betreffenden Ware zu ermitteln, dann der Ausfuhrpreis, und anschließend müssen die beiden verglichen werden, um festzustellen, ob ein Dumping vorliegt und wie hoch gegebenenfalls die Dumpingspanne ist. Dieser Vorgang ist in Art. 2 der Grundverordnung recht detailliert festgelegt. Liegt nach den Feststellungen ein Dumping vor, schließt sich das Verfahren zur Feststellung der Schädigung nach Art. 3 an. Dabei müssen verschiedene Faktoren geprüft werden, um festzustellen, ob das Volumen und/oder Preisniveau der gedumpten Einfuhren für bedeutende Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft verantwortlich sind. Ist dies der Fall, ist zu prüfen, ob auch andere bekannte Faktoren als die gedumpten Einfuhren den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft schädigen; die Ergebnisse dieser Prüfung sind bei der Festsetzung der Höhe eines Antidumpingzolls zu berücksichtigen. Andere Faktoren sind also erst dann zu prüfen, wenn festgestellt worden ist, dass Dumping stattfindet und dass das Volumen und/oder das Preisniveau der gedumpten Einfuhren für bedeutende Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft verantwortlich sind.

37.

Mit ihrer Klage im ersten Rechtszug hatte Gul Ahmed eine Reihe von Aspekten des Verfahrensabschnitts gerügt, der vor dem Stadium liegt, in dem andere Faktoren als die gedumpten Einfuhren zu untersuchen sind. Das Gericht ist auf diese Aspekte nicht eingegangen, weil es zu der Ansicht gelangt ist, dass bereits die Unterlassung der Prüfung der Frage, ob die Abschaffung der früheren Zölle ein anderer bekannter Faktor als die gedumpten Einfuhren ist und den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ebenfalls geschädigt hat, eine Nichtigerklärung rechtfertige ( 17 ). Selbst wenn man also unterstellt, dass die Untersuchung ordnungsgemäß eingeleitet, der Normalwert korrekt festgestellt, dieser dann in einem gerechten Vergleich den Ausfuhrpreisen gegenübergestellt und auf diese Weise zuverlässig die Dumpingspanne berechnet wurde, macht dem Urteil des Gerichts zufolge das Versäumnis, die Aufhebung der früheren Zölle als anderen bekannten die Schädigung verursachenden Faktor anzusehen und als einen solchen Faktor zu prüfen, die streitige Verordnung ungültig.

38.

Dieser beschränkte Prüfungsgegenstand des angefochtenen Urteils begrenzt auch das Rechtsmittel. Der Gerichtshof muss ebenfalls davon ausgehen, dass die Vornahme von Dumping (durch alle pakistanischen ausführenden Hersteller) korrekt im Einklang mit Art. 2 der Grundverordnung festgestellt wurde und dass im Einklang mit allen Bestimmungen von Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 der Verordnung hinreichend nachgewiesen wurde, dass die gedumpten Einfuhren eine bedeutende Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verursachen.

39.

Ich möchte jedoch betonen, dass diese Annahmen ausschließlich für das vorliegende Rechtsmittelverfahren gelten. Sollte der Gerichtshof – wie ich vorschlagen werde – dem Rechtsmittel des Rates stattgeben und die Sache an das Gericht zurückverweisen, werden diese Fragen zu prüfen sein, und es mag sich herausstellen, dass die streitige Verordnung aus einem oder mehreren anderen von Gul Ahmed angeführten Gründen für nichtig erklärt werden muss.

40.

Darüber hinaus ist im vorliegenden Rechtsmittelverfahren von der Tatsache auszugehen – erst recht, da sie von Gul Ahmed im ersten Rechtszug nicht in Frage gestellt worden ist –, dass der Rat diejenigen anderen Faktoren als die gedumpten Einfuhren, die er gemäß Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung berücksichtigt hat, einwandfrei geprüft hat und einwandfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass keiner von ihnen den ursächlichen Zusammenhang zwischen den pakistanischen Einfuhren und der durch diese Einfuhren verursachten bedeutenden Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft entkräftet. Als Faktoren wurden u. a. die Auswirkungen subventionierter Einfuhren aus Indien, Einfuhren aus anderen Drittländern als Indien und Pakistan sowie Einfuhren des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft untersucht. (Da im Rahmen der streitigen Verordnung bereits festgestellt worden war, dass alle pakistanischen ausführenden Hersteller Dumping vornehmen ( 18 ), gab es unter Zugrundelegung dieser Feststellung keine nicht gedumpten Einfuhren aus Pakistan, die ebenfalls hätten untersucht werden können.) Auch diese Auswirkungen wurden in unterschiedlichem Maße durch die Abschaffung der früheren Zölle beeinflusst.

41.

Insoweit sind die Ausführungen des Gerichts in Randnr. 84 seines Urteils, wonach aus der von den Unionsorganen durchgeführten Analyse nicht ersichtlich sei, welche Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft ohne jedes Dumping allein aufgrund der Aufhebung der früheren Zölle eingetreten wäre, wohl nicht ganz gerechtfertigt.

42.

Zum einen wurde der Eintritt (oder Nichteintritt) einer Schädigung aufgrund anderer, ebenfalls von der Aufhebung beeinflusster Umstände sehr wohl untersucht, und zwar mit dem Ergebnis, dass der ursächliche Zusammenhang nicht entkräftet sei.

43.

Zum anderen kommt es zu einer Untersuchung anderer Faktoren als die gedumpten Einfuhren erst dann, wenn bereits feststeht, dass Dumping erfolgt und dass gedumpte Einfuhren eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verursachen. Die Existenz des Dumpings und einer durch die gedumpten Einfuhren verursachten Schädigung ist Voraussetzung für diese Untersuchung, die sich auf Faktoren erstreckt, die zur gleichen Zeit wie die gedumpten Einfuhren schädigen, und die eine Abgrenzung und Unterscheidung der Auswirkungen bezweckt. Ohne das Vorliegen von Dumping und gedumpter Einfuhren ist die Prüfung von Faktoren, die eine Schädigung verursacht haben könnten, insoweit zwecklos.

44.

Der Rat räumt allerdings ein, bei der Prüfung anderer Faktoren als die gedumpten Einfuhren die Aufhebung der früheren Zölle zwar mittelbar, nicht jedoch unmittelbar als eigenständigen Faktor untersucht zu haben. Was der Rat allerdings gerade bestreitet, ist das Bestehen eines Erfordernisses zur Durchführung einer solchen unmittelbaren und eigenständigen Untersuchung.

45.

Im Übrigen ist unstreitig, dass die schädigenden Auswirkungen der gedumpten Einfuhren korrekt von den anderen bekannten Faktoren abgegrenzt und unterschieden werden müssen, die den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft zur gleichen Zeit schädigen, und dass ohne eine solche Abgrenzung und Unterscheidung keine objektive Grundlage für die Schlussfolgerung besteht, dass die gedumpten Einfuhren die (gesamte) Schädigung tatsächlich verursachen ( 19 ).

46.

Fraglich ist indes, ob es korrekt ist, die Auswirkungen der Aufhebung der früheren Zölle von den Auswirkungen der gedumpten Ware abzugrenzen und zu unterscheiden, oder ob es vielmehr korrekt ist, die beiden Wirkungsketten als so eng miteinander verknüpft anzusehen, dass eine Abgrenzung und Unterscheidung unangebracht wäre.

47.

Der Rat und die Kommission weisen auf den Unterschied zwischen „Dumping“ und „gedumpten Einfuhren“ im Rahmen der Grundverordnung hin. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass dieser Unterschied von Bedeutung ist.

48.

Der Begriff „Dumping“ impliziert nach seiner Definition sowohl in Art. 2 des WTO-Antidumpingübereinkommens als auch in Art. 2 der Grundverordnung eine strategische Entscheidung eines Ausführers. Einfach ausgedrückt: Der Ausführer beschließt, die für einen oder mehrere Ausfuhrmärkte bestimmte Ware in der Hoffnung auf Erzielung eines kommerziellen Vorteils zu einem Preis zu verkaufen, der erheblich unter dem Preis liegt, den er normalerweise auf seinem Inlandsmarkt verlangen würde. Selbstverständlich wird der Ausführer seinen Preis – zumindest anfangs – so kalkulieren, dass er auf dem Markt des Einfuhrgebiets günstig ist. Deshalb werden bei der Kalkulation gegebenenfalls anfallende Einfuhrabgaben berücksichtigt. Werden die Einfuhrabgaben abgeschafft, kann der Ausführer seine Strategie so anpassen, dass er aus dem neu gewonnenen Spielraum optimalen Nutzen zieht. Für die Frage, ob Dumping stattfindet, spielt dies jedoch keine Rolle.

49.

Die auf diese Weise vertriebenen Waren werden im Einfuhrgebiet zu gedumpten Einfuhren. Falls der Preis, zu dem sie dort erworben werden können, nennenswert niedriger ist als der Preis, zu dem der einheimische Wirtschaftszweig gleichartige Ware abzusetzen vermag, und falls das Volumen der Einfuhren erheblich ist, wird der einheimische Wirtschaftszweig wahrscheinlich bedeutend geschädigt im Sinne von sowohl Art. 3 des WTO-Antidumpingübereinkommens als auch Art. 3 der Grundverordnung.

50.

Demzufolge ist Dumping ohne Schädigung und Schädigung ohne Dumping denkbar. Beim Dumping kann es zu einer erheblichen Unterbietung der einheimischen Preise im Einfuhrgebiet kommen, das Volumen der gedumpten Einfuhren mag jedoch zu gering sein, um zu einer bedeutenden Schädigung zu führen; auch könnte ein Ausführer in dem Bestreben, auf einem bestimmten Ausfuhrmarkt Fuß zu fassen, einen ungewöhnlich niedrigen Preis ab Werk festsetzen, aber die Frachtkosten sind vielleicht so hoch, dass sein Wettbewerbsvorteil auf dem Einfuhrmarkt nicht ausreicht, um erhebliche Auswirkungen auf den einheimischen Wirtschaftszweig zu entfalten. Umgekehrt ist vorstellbar, dass die Herstellungskosten im Ausfuhrland (und die Kosten der Beförderung in das Einfuhrgebiet) so niedrig sind, dass die Ware im Ausfuhrverkehr zum „Normalwert“ verkauft werden kann und trotzdem den einheimischen Wirtschaftszweig im Einfuhrgebiet bedeutend schädigt.

51.

Antidumpingzölle dürfen jedoch nur dann eingeführt werden, wenn sowohl das Dumping als auch die Schädigung nachgewiesen werden. Das Vorliegen beider Merkmale muss unabhängig voneinander jeweils in einem eigenen Verfahren festgestellt werden – eine Vermengung ist unzulässig.

52.

Wie der Rat und die Kommission hervorheben, ist unmittelbare Ursache einer Schädigung des einheimischen Wirtschaftszweigs das Zusammenwirken von Preis (im Einfuhrgebiet) und Volumen der gedumpten Einfuhren. Aus Art. 3 des WTO-Antidumpingübereinkommens und Art. 3 der Grundverordnung geht insgesamt hervor, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung festgestellt werden muss. Das Dumping als solches (Verkauf im Ausfuhrverkehr zu einem erheblich niedrigeren Preis als dem Normalpreis im Ausfuhrland) ist einer (wenngleich vielleicht der wichtigste) der Faktoren, die für den Preis der gedumpten Einfuhren im Einfuhrgebiet bestimmend sind. Ein weiterer offensichtlicher Faktor sind die Kosten der Warenbeförderung. Ein dritter Faktor ist die Auferlegung oder Nichtauferlegung (und im Fall der Auferlegung die Höhe) von Abgaben, denen die Ware im Einfuhrgebiet unterliegt. Alle diese Faktoren (und es mag noch weitere geben) haben unmittelbaren Einfluss auf den Preis, zu dem gedumpte Einfuhren im Einfuhrgebiet vertrieben werden, was seinerseits eine unmittelbare Ursache der betreffenden Schädigung ist. Dementsprechend handelt es sich bei solchen Faktoren nur um mittelbare Ursachen der Schädigung, die im zweiten Glied wirken.

53.

Es wäre abwegig, wenn nach erbrachtem Nachweis gemäß Art. 3 Abs. 6 der Grundverordnung, dass das Volumen und/oder Preisniveau der gedumpten Einfuhren für Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft verantwortlich sind, in die Prüfung „anderer bekannter Faktoren als die gedumpten Einfuhren“ nach Art. 3 Abs. 7 auch das Dumping selbst als einer dieser Faktoren einbezogen würde. Ebenso abwegig erscheint es, niedrige Frachtkosten oder die bloße Nichtbelastung der Einfuhren mit Zöllen als solche anderen Faktoren anzusehen.

54.

Hieran kann sich meines Erachtens nichts ändern, wenn die Frachtkosten plötzlich sinken oder ein zuvor erhobener Zoll aufgehoben wird. Solche Ereignisse stehen einen Schritt hinter der unmittelbaren Ursache, sind aber untrennbarer Bestandteil ihrer Entstehung. Wenn die Entscheidung eines Herstellers, seinen Preis ab Werk für Ausfuhrware um z. B. 10 % zu senken, so dass der Verkauf mit nur minimalem Gewinn oder sogar mit Verlust erfolgt, nicht als „anderer Faktor als die gedumpten Einfuhren“ anzusehen ist, dessen schädigende Auswirkungen von den Auswirkungen gedumpter Einfuhren „abgegrenzt und unterschieden“ werden können, dann muss das Gleiche für eine Entscheidung der betreffenden Behörde des Einfuhrgebiets gelten, den zuvor geltenden Zoll in Höhe von 12 % abzuschaffen.

55.

Einfacher ausgedrückt: Ein Einfuhrzoll – sei er nun höher oder niedriger – kann nur dann irgendwelche negativen Auswirkungen auf den betreffenden einheimischen Wirtschaftszweig haben, wenn Ware tatsächlich eingeführt wird. Das Gleiche gilt für die Aufhebung oder Herabsetzung des Zolls. Es ist keine Situation vorstellbar, bei der die Aufhebung eines auf Einfuhren erhobenen Zolls eine bedeutende Schädigung des einheimischen Wirtschaftszweigs verursacht, wenn keine Einfuhren erfolgen. Jedwede Auswirkung einer Aufhebung ist untrennbar mit der Auswirkung der Einfuhren verbunden, deren Preis durch die Aufhebung beeinflusst wird, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um gedumpte Einfuhren handelt oder nicht. Werden die Auswirkungen aller bekannten gedumpten und nicht gedumpten Einfuhren untersucht, dann müssen auch die Auswirkungen einer Anwendung oder Aufhebung von Zöllen untersucht werden, die die Preise dieser Einfuhren beeinflussen.

56.

Im vorliegenden Fall haben die Organe die Einfuhren aus Pakistan untersucht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sie allesamt gedumpt seien ( 20 ). Im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens muss dieses Ergebnis als richtig unterstellt werden. Die Organe haben außerdem die Auswirkungen subventionierter Einfuhren aus Indien, Einfuhren aus anderen Ländern als Indien und Pakistan sowie Einfuhren des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft untersucht. Gul Ahmed macht nicht geltend, dass eine Prüfung der Auswirkungen irgendwelcher anderen Einfuhren erforderlich gewesen sei. Deshalb meine ich, dass die Organe keinerlei Möglichkeit hatten, die Aufhebung der früheren Zölle isoliert als möglichen eigenständigen Faktor zu prüfen, der den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft zur gleichen Zeit schädigt.

57.

Entscheidend ist, dass die Auswirkungen der Aufhebung eines Zolls an der anschließenden Preis- und Volumenentwicklung der Einfuhren – die gedumpt sein mögen oder auch nicht – abgelesen werden. Eine eigenständige Bewertung ist nicht möglich ( 21 ).

58.

Ich verkenne nicht die Attraktivität der gegenteiligen Ansicht, der zufolge es auf der Hand liegt, dass eine Entscheidung des Unionsgesetzgebers, mit der nahezu gleichzeitig ein Zoll und ein Antidumpingzoll aufgehoben würden, die beide bis dahin auf Ware einer bestimmten Kategorie erhoben worden seien, etwas betreffe, was gar nicht im Einflussbereich der Hersteller dieser Ware liege. Die Entscheidung sei daher als ein „anderer“ Faktor als das von den Herstellern betriebene Dumping anzusehen.

59.

Bei einer solchen Entscheidung handelt es sich jedoch um einen anderen Faktor als das Dumping, der zur gleichen Zeit den Preis – und damit womöglich das Volumen – der gedumpten Einfuhren beeinflusst. Sie ist jedoch kein anderer Faktor als die gedumpten Einfuhren, der den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft zur gleichen Zeit schädigt.

60.

Insoweit ist zu beachten, dass ein Antidumpingzoll keine Sanktion darstellt, mit der ein Dumping betreibender Ausführer für sein Verhalten bestraft werden soll. Es handelt sich vielmehr um einen Mechanismus (so unbeholfen er auch sein mag) zur möglichst weitgehenden Beseitigung eines Ungleichgewichts, das als unfair gegenüber dem einheimischen Wirtschaftszweig empfunden wird. Von dieser Warte aus betrachtet erscheint der Umstand, dass die Aufhebung früherer Zölle keinen Bezug zu dem Verhalten eines Dumping betreibenden Ausführers aufweist, für die Prüfung der Frage, ob ihre Auswirkungen von den Auswirkungen der gedumpten Ausfuhren abzugrenzen und zu unterscheiden sind, als bedeutungslos.

61.

Schließlich möchte ich daran erinnern, dass sich die Aufhebung der früheren Zölle im vorliegenden Fall nicht nur auf den Preis der gedumpten Einfuhren, sondern auch auf den Preis der nicht gedumpten Einfuhren auswirkte. Nach den Feststellungen verursachten die gedumpten Einfuhren eine Schädigung, die anderen hingegen nicht.

62.

Aufgrund einer Würdigung der für die Einführung von Antidumpingzöllen geltenden Grundsätze und Verfahren gelange ich daher zu der Auffassung, dass das Gericht zu Unrecht entschieden hat, dass im Rahmen von Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung die Aufhebung der früheren Zölle als eigenständiger anderer Faktor als die gedumpten Einfuhren hätte untersucht werden müssen.

63.

Dieser Auffassung sind jedoch bestimmte andere konkrete Gesichtspunkte gegenüberzustellen, auf die das Gericht in seinem Urteil bzw. die Verfahrensbeteiligten im Zuge des Rechtsmittelverfahrens hingewiesen haben.

64.

Erstens: Lassen sich irgendwelche Rückschlüsse aus der Beispielliste der „anderen Faktoren als die gedumpten Einfuhren“ in Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung ziehen?

65.

Als Faktoren sind dort aufgezählt: Volumen und Preise der nicht gedumpten Einfuhren, Nachfragerückgang, Veränderung der Verbrauchsgewohnheiten, handelsbeschränkende Praktiken der ausländischen Hersteller und der Gemeinschaftshersteller sowie Wettbewerb zwischen ihnen, Entwicklungen in der Technologie sowie Ausfuhrleistung und Produktivität des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft.

66.

Vielleicht mit Ausnahme der „Entwicklungen in der Technologie“ erscheint keiner dieser Faktoren als Ursache für die Auswirkungen der gedumpten Einfuhren geeignet. Insbesondere wirken sie sich nicht auf den Preis aus, zu dem die Einfuhren in der Union angeboten werden und der der Faktor ist, der die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verursacht.

67.

Zwar mögen sich technische Entwicklungen, die die Produktivität des ausführenden Wirtschaftszweigs erhöhen, auf diesen Preis auswirken. Da jedoch die Produktivität des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft (im zwangsläufig gebotenen Vergleich zu der Produktivität des ausführenden Wirtschaftszweigs) im nächsten Punkt der Beispielliste aufgeführt ist, kann es sich dabei nicht um den Aspekt der technologischen Entwicklungen handeln, der hier gemeint ist. Ich bin daher mit der Kommission der Meinung, dass die Wendung „Entwicklungen in der Technologie“ nicht in dem Sinne auszulegen ist, dass sie sich auf Entwicklungen bezieht, die sich aufgrund der damit verbundenen Produktivitätssteigerung auf das Preisniveau auswirken, sondern vielmehr im Sinne von Entwicklungen, aufgrund deren ein moderneres Produkt gegenüber dem Vorgängermodell unabhängig vom Preisniveau attraktiver wird und sich deshalb besser verkaufen lässt. Ein offensichtliches Beispiel hierfür sind die aufeinanderfolgenden „Generationen“ der Mobiltelefontechnologie.

68.

Das Wesen der in Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung aufgezählten Faktoren spricht daher für meine Auffassung, dass Faktoren gemeint sind, die ihrer Art nach den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft unabhängig von den gedumpten Einfuhren und insbesondere nicht durch Auswirkungen auf deren Preisniveau schädigen.

69.

Zweitens: Spricht das Urteil Foshan Golden Step ( 22 ) für die entgegengesetzte Ansicht?

70.

Ich meine nicht. Im Gegenteil, ich stimme dem Rat darin zu, dass das Gericht im angefochtenen Urteil seine frühere Rechtsprechung offenbar missverstanden hat. In der Rechtssache Foshan Golden Step war die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft für einen Zeitraum festgestellt worden, in dessen Verlauf die zuvor für Einfuhren geltenden mengenmäßigen Beschränkungen aufgehoben worden waren. Die Klägerin machte geltend, der aufgrund der Aufhebung zwangsläufig eingetretene Anstieg des Einfuhrvolumens dürfe bei der Feststellung der Schädigung, die durch die gedumpten Einfuhren im betreffenden Zeitraum verursacht worden sei, nicht berücksichtigt werden. Das Gericht hat entschieden, dass „die Gemeinschaftsorgane, [wenn sie] feststellen, dass die Einfuhren eines Produkts, das bislang mengenmäßigen Beschränkungen unterlag, nach Auslaufen dieser Beschränkungen zunehmen, … diese Zunahme bei ihrer Beurteilung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft berücksichtigen [können]“. Wenn man – was vernünftig erscheint – diese Gedankenführung auf die Auswirkungen überträgt, die die Aufhebung früherer Zölle auf das Preisniveau hat, muss man zu dem Ergebnis kommen, dass ein aufgrund dieser Aufhebung eintretender Preisverfall bei der Beurteilung der Schädigung berücksichtigt werden darf, und nicht zu dem Ergebnis, dass er als eigenständiger Faktor anzusehen ist, der ebenfalls eine Schädigung verursacht. Dieselbe Argumentation und Schlussfolgerung findet sich in dem Bericht im Streitfall EU – Footwear (China) ( 23 ).

71.

Drittens: Spielt der Umstand eine Rolle, dass es sich bei der Aufhebung der früheren Zölle – wie Gul Ahmed hervorhebt – um einen „souveränen Akt“ der Unionsorgane handelt?

72.

Auch dies ist meines Erachtens zu verneinen, und ich habe die Gründe hierfür insbesondere oben in den Nrn. 59 f. dargelegt. Der souveräne Akt der Unionsorgane war zwar zweifellos ein anderer Faktor als das Dumping, der den Preis der gedumpten Einfuhren beeinflusste. Er war jedoch kein anderer Faktor als die gedumpten Einfuhren, der die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft eigenständig verursacht hat.

73.

Schließlich: Würde das angefochtene Urteil im Fall seiner Bestätigung zu abwegigen und inakzeptablen Ergebnissen führen, wie dies der Rat geltend macht?

74.

Der Rat trägt im Wesentlichen vor, dass, sollte die Aufhebung eines früheren Zolls als anderer Faktor als die gedumpten Einfuhren anzusehen sein, der den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft zur gleichen Zeit wie diese Einfuhren schädige, die Union nur noch über begrenzte Möglichkeiten zur Einführung eines weiteren Antidumpingzolls auf Ware verfüge, für die ein früherer Antidumpingzoll ausgelaufen sei, da das Auslaufen des früheren Zolls dann als Faktor anzusehen sei, der sich auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung auswirke.

75.

Dieses Argument überzeugt mich nicht ganz. Das Ergebnis wäre de iure nicht unbedingt so drastisch, wie es der Rat darstellt. Wenn das Auslaufen eines früheren Antidumpingzolls bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft berücksichtigt werden muss, so bedeutet das nicht, dass der ursächliche Zusammenhang durch das Auslaufen stets entkräftet wird. Es hängt vielmehr alles von einer korrekten Würdigung der Tatsachen und einer korrekten Zurechnung der Kausalität ab, was theoretisch zu einer Herabsetzung des neuen Zolls führen kann.

76.

Dass diese Argumentation des Rates meines Erachtens nicht schlüssig ist, ändert jedoch nichts an der Auffassung, zu der ich aus anderen Gründen gelangt bin. Ich meine auch, dass der Gerichtshof die Argumentation berücksichtigen sollte, falls er zu der entgegensetzten Auffassung neigt. Wenn die Kommission und der Rat Zweifel hinsichtlich ihrer Möglichkeit hegen, in Fällen, in denen nach dem Auslaufen eines früheren Zolls erneutes Dumping erfolgt, einen Antidumpingzoll wiedereinzuführen, könnten sie sehr viel weniger bereit sein, Zölle überhaupt erst auslaufen zu lassen, es sei denn, sie wären ausdrücklich hierzu verpflichtet.

77.

Ich halte daher an meiner Auffassung fest, dass das Gericht im angefochtenen Urteil zu Unrecht entschieden hat, dass im Rahmen von Art. 3 Abs. 7 der Grundverordnung die Aufhebung der früheren Zölle als eigenständiger anderer Faktor als die gedumpten Einfuhren hätte untersucht werden müssen.

78.

Dementsprechend meine ich, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist. In diesem Fall ist der Rechtsstreit zur endgültigen Entscheidung durch den Gerichtshof über den dritten Teil des fünften von Gul Ahmed im ersten Rechtszug angeführten Klagegrundes reif, der demnach zurückzuweisen ist. Über die übrigen Klagegründe und Argumente, die im ersten Rechtszug nicht geprüft worden sind, kann der Gerichtshof hingegen nicht entscheiden. Die Sache ist daher an das Gericht zur Entscheidung über diese Klagegründe und Argumente zurückzuverweisen.

Kosten

79.

Sollte sich der Gerichtshof meiner Würdigung des Rechtsmittels anschließen, ist Gul Ahmed als unterliegende Partei gemäß Art. 137 in Verbindung mit den Art. 138, 140 und 184 der Verfahrensordnung zur Tragung der Kosten des Rates zu verurteilen, während der Kommission als Streithelferin ihre eigenen Kosten aufzuerlegen sind. Die angemessene Kostenentscheidung für den ersten Rechtszug muss jedoch das Gericht unter Berücksichtigung seiner Entscheidung über die an das Gericht zurückverwiesenen Punkte erneut treffen.

Ergebnis

80.

Daher schlage ich dem Gerichtshof vor,

das Urteil des Gerichts vom 27. September 2011, Gul Ahmed Textile Mills/Rat (T‑199/04), aufzuheben,

den dritten Teil des fünften von Gul Ahmed in jener Rechtssache angeführten Klagegrundes zurückzuweisen,

die Sache an das Gericht zur Entscheidung über die übrigen von Gul Ahmed angeführten Klagegründe zurückzuverweisen,

im vorliegenden Rechtsmittelverfahren Gul Ahmed zur Tragung der Kosten des Rates zu verurteilen und der Kommission ihre eigenen Kosten aufzuerlegen,

im Übrigen die Kostenentscheidung vorzubehalten.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Vgl. Verordnung (EG) Nr. 2398/97 des Rates vom 28. November 1997 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Bettwäsche aus Baumwolle mit Ursprung in Ägypten, Indien und Pakistan (ABl. L 332, S. 1) in geänderter Fassung.

( 3 ) Vgl. Verordnung (EG) Nr. 2501/2001 des Rates vom 10. Dezember 2001 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 (ABl. L 346, S. 1) und Verordnung (EG) Nr. 160/2002 des Rates vom 28. Januar 2002 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2398/97 (ABl. L 26, S. 1). Was die letztgenannte Verordnung betrifft, hatte eine Neuberechnung ergeben, dass keines der in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen in Pakistan im Untersuchungszeitraum Ware zu gedumpten Preisen ausgeführt hatte (vgl. 13. Erwägungsgrund); auch die Antidumpingzölle auf Einfuhren aus Ägypten wurden de facto abgeschafft (vgl. Art. 1 Abs. 2).

( 4 ) Committee of the Cotton and Allied Textile Industries of the European Communities.

( 5 ) Durch die Verordnung (EG) Nr. 397/2004 des Rates vom 2. März 2004 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Bettwäsche aus Baumwolle mit Ursprung in Pakistan (ABl. L 66, S. 1, im Folgenden: streitige Verordnung).

( 6 ) Vgl. Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2398/97 und 29. Erwägungsgrund. Genauer gesagt hatte für sie ein Zollsatz von 0,0 % gegolten.

( 7 ) Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 56, S. 1), jetzt aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (kodifizierte Fassung) (ABl. L 343, S. 51).

( 8 ) Urteil des Gerichts vom 27. September 2011, Gul Ahmed Textile Mills/Rat (T‑199/04, im Folgenden: angefochtenes Urteil).

( 9 ) Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (WTO-GATT 1994) (ABl. 1994, L 336, S. 103) in Anhang 1A des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) (ABl. 1994, L 336, S. 1).

( 10 ) Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 der Grundverordnung entspricht Art. 3.1, 3.2 und 3.4 des WTO-Antidumpingübereinkommens; Art. 3 Abs. 6 und 7 entspricht Art. 3.5.

( 11 ) Die Untersuchung bei der Einführung des früheren Antidumpingzolls betraf den Zeitraum vom 1. Juli 1995 bis 30. Juni 1996 (vgl. neunter Erwägungsgrund der Verordnung [EG] Nr. 1069/97 der Kommission vom 12. Juni 1997 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Bettwäsche aus Baumwolle mit Ursprung in Ägypten, Indien und Pakistan [ABl. L 156, S. 11]).

( 12 ) Im Gegensatz zum früheren Antidumpingzoll galt für alle ausführenden Hersteller derselbe Satz. In der Folgezeit wurde aufgrund einer beschränkten Interimsüberprüfung dieser Satz durch die Verordnung (EG) Nr. 695/2006 des Rates vom 5. Mai 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 397/2004 (ABl. L 121, S. 23) für verschiedene Hersteller entsprechend ihren jeweiligen Dumpingspannen unterschiedlich festgelegt. Im Rahmen dieser Verordnung wurden jedoch weder die Schädigung noch die Schadensursache neu untersucht.

( 13 ) Gul Ahmed hatte außerdem die Rechtmäßigkeit der Einleitung der Untersuchung, die Berechnung des Normalwerts, den Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis sowie die Feststellung einer bedeutenden Schädigung gerügt. Diese Gesichtspunkte sind vom Gericht nicht untersucht worden und sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens.

( 14 ) Hierzu führt das Gericht in Randnr. 58 seines Urteils das Urteil des Gerichts vom 4. März 2010, Foshan City Nanhai Golden Step Industrial/Rat (T-410/06, Slg. 2010, II-879, im Folgenden: Urteil Foshan Golden Step, Randnrn. 130 bis 135), an.

( 15 ) Der Rat verweist auf den Bericht des WTO-Panels vom 22. Februar 2012 im Streitfall European Union – Anti-dumping duties on certain footwear from China (WT/DS405/R, im Folgenden: Streitfall EU – Footwear [China]); dort hatte China geltend gemacht, die Union habe die Aufhebung der früheren Einfuhrquote für Einfuhren aus China nicht als eine Ursache der Schädigung berücksichtigt. In Nr. 7.527 führt das Panel aus, dass „ein exogenes Ereignis wie die Aufhebung einer Einfuhrquote, das eine Zunahme der gedumpten Einfuhrmengen ermöglicht, als solches noch kein die Schädigung verursachender Faktor ist“.

( 16 ) Der Rat führt an: Urteil des Gerichts vom 14. März 2007, Aluminium Silicon Mill Products/Rat (T‑I07/04, Slg. 2007, II‑669, Randnrn. 41 bis 46), Bericht des GATT‑Panels vom 27. April 1994 im Streitfall Imposition of Anti-Dumping Duties on Imports of Fresh and Chilled Atlantic Salmon from Norway (ADP/87, Nrn. 562 bis 572), Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2011, CHEMK und KF/Rat (T-190/08, Slg. 2011, II-7359, Randnrn. 134 bis 152), sowie Bericht des WTO-Rechtsmittelgremiums vom 23. August 2001 im Streitfall United States – Anti-dumping measures on certain hot-rolled steel products from Japan (WT/DS184/R, geändert durch Bericht des Rechtsmittelgremiums WT/DS184/AB/R, im Folgenden: Streitfall US – Hot-rolled steel, Nrn. 216 bis 236).

( 17 ) Randnrn. 84 f. des angefochtenen Urteils.

( 18 ) Vgl. 70. Erwägungsgrund.

( 19 ) Randnr. 53 des angefochtenen Urteils; vgl. auch Bericht im Streitfall US – Hot-rolled steel, oben in Fn. 16 angeführt, Nr. 223.

( 20 ) Ich füge hinzu, dass, hätte es nicht gedumpte Einfuhren aus Pakistan gegeben, die Aufhebung der früheren Zölle sogar dazu hätte führen können, dass diese Einfuhren zu (noch) niedrigeren Preisen hätten verkauft werden können, was eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft hätte verursachen können. Durch die Aufhebung der Zölle wären aus diesen Einfuhren jedoch keine gedumpten Einfuhren geworden. Die Aufhebung hätte somit auch keine Grundlage für die Einführung eines Antidumpingzolls bilden können.

( 21 ) Vgl. auch Bericht des WTO-Rechtsbehelfsgremiums vom 17. Dezember 2007 im Streitfall Japan – Countervailing Duties on Dynamic Random Access Memories from Korea (WT/DS336/AB/R, Nrn. 261 ff.) betreffend Art. 15.5 des Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen (ABl. 1994, L 336, S. 156), der Art. 3 Abs. 6 und 7 der Grundverordnung entspricht. Im Bericht wird die Auffassung, dass die Auswirkungen von Subventionen von den Auswirkungen subventionierter Einfuhren zu unterscheiden seien, mit dem Hinweis verworfen, diesen Einfuhren dürften keine „anderen bekannten Faktoren als subventionierte Einfuhren“ zugerechnet werden (Nr. 267, Hervorhebung im Original).

( 22 ) Oben in Fn. 14 angeführt, insbesondere Randnr. 134.

( 23 ) Oben in Fn. 15 angeführt.