26.5.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 151/14


Beschluss des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 16. Februar 2012 (Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale di Milano — Italien) — Strafverfahren gegen Vincenzo Veneruso

(Rechtssache C-612/11) (1)

(Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung - Niederlassungsfreiheit - Freier Dienstleistungsverkehr - Glücksspiele - Annahme von Sportwetten - Erfordernis einer Konzession - Folgen einer Verletzung des Unionsrechts bei der Vergabe von Konzessionen - Vergabe von 16 300 zusätzlichen Konzessionen - Grundsatz der Gleichbehandlung und Transparenzgebot - Grundsatz der Rechtssicherheit - Schutz der Inhaber früher erteilter Konzessionen - Nationale Regelung - Verbindliche Mindestabstände zwischen Wettannahmestellen - Zulässigkeit - Grenzüberschreitende Tätigkeiten, die mit den konzessionierten vergleichbar sind - Verbot durch eine nationale Regelung - Zulässigkeit)

2012/C 151/23

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Tribunale di Milano

Beteiligter des Ausgangsverfahrens

Vincenzo Veneruso

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen — Consiglio di Giustizia Amministrativa per la Regione siciliana — Freizügigkeit — Niederlassungsfreiheit — Freier Dienstleistungsverkehr– Tätigkeit der Annahme von Wetten — Nationale Rechtsvorschriften, nach denen die Ausübung dieser Tätigkeit einer Genehmigung und einer ordnungspolizeilichen Konzession bedarf — Schutz der Inhaber von Genehmigungen und Konzessionen, die aufgrund von Vergabeverfahren erteilt wurden, von denen andere Wirtschaftsteilnehmer desselben Sektors rechtswidrig ausgeschlossen waren — Vereinbarkeit mit den Art. 43 EG und 49 EG (jetzt Art. 49 und 56 AEUV)

Tenor

1.

Die Art. 43 EG und 49 EG sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Effektivität sind dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat, der unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern von der Vergabe von Konzessionen für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgeschlossen hat und diesen Verstoß durch Ausschreibung einer großen Zahl neuer Konzessionen beheben will, verwehren, die von den bestehenden Betreibern erworbenen Geschäftspositionen u. a. durch die Festlegung von Mindestabständen zwischen den Einrichtungen der neuen Konzessionäre und denen der bestehenden Betreiber zu schützen.

2.

Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie die Verhängung von Sanktionen für die Ausübung der Tätigkeit der organisierten Wettannahme ohne Konzession oder polizeiliche Genehmigung gegen Personen, die an einen Wirtschaftsteilnehmer gebunden sind, der von einer Ausschreibung unter Verstoß gegen das Union ausgeschlossen worden war, auch nach der Neuausschreibung zur Behebung dieses Unionsrechtsverstoßes entgegenstehen, soweit diese Ausschreibung und die daraus folgende Vergabe neuer Konzessionen den rechtswidrigen Ausschluss des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers von der früheren Ausschreibung nicht wirksam behoben haben.

3.

Aus den Art. 43 EG und 49 EG, dem Grundsatz der Gleichbehandlung, dem Transparenzgebot und dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgt, dass die Bedingungen und Modalitäten eines Vergabeverfahrens wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden und insbesondere Bestimmungen, die wie Art. 23 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 des Mustervertrags zwischen der Amministrazione Autonoma dei Monopoli di Stato und der Person, die die Konzession für Glücksspiele in Bezug auf andere Ereignisse als Pferderennen erteilt wurde, den Entzug nach einer solchen Ausschreibung vergebener Konzessionen vorsehen, klar, genau und eindeutig formuliert sein müssen; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.


(1)  ABl. C 65 vom 3.3.2012.