24.11.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 366/17


Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 4. Oktober 2012 (Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État — Frankreich) — Société ED et F Man Alcohols/Office national interprofessionnel des fruits, des légumes, des vins et de l’horticulture (Viniflhor)

(Rechtssache C-669/11) (1)

(Schutz der finanziellen Interessen der Union - Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 - Sachlicher Anwendungsbereich - Begriff „Handlung zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union“ - Einfache Ausschreibung zur Ausfuhr von Weinalkohol aus Beständen der Interventionsstellen - Ausfuhr der Alkoholpartien aus der Union nach Ablauf der gesetzten Frist - Verfall der Sicherheit für die ordnungsgemäße Durchführung - Verwaltungsmaßnahmen - Verwaltungsrechtliche Sanktionen - Verordnung (EG) Nr. 360/95 - Verordnung (EG) Nr. 1623/2000 - Rückwirkende Anwendung der am wenigsten einschneidenden Sanktion)

2012/C 366/28

Verfahrenssprache: Französisch

Vorlegendes Gericht

Conseil d’État

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kassationsbeschwerdeführerin: Société ED et F Man Alcohols

Kassationsbeschwerdegegner: Office national interprofessionnel des fruits, des légumes, des vins et de l’horticulture (Viniflhor)

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen — Conseil d’État — Auslegung des Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 360/95 der Kommission vom 22. Februar 1995 zur Eröffnung von im Wege der einfachen Ausschreibung durchzuführenden Verkäufen von Weinalkohol aus Beständen der Interventionsstellen zur Ausfuhr (ABl. L 41, S. 14), des Art. 91 Abs. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1623/2000 der Kommission vom 25. Juli 2000 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein bezüglich der Marktmechanismen (ABl. L 194, S. 45), des Art. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312, S. 1) sowie der Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 377/93 der Kommission vom 12. Februar 1993 mit Durchführungsbestimmungen für den Absatz von Alkohol aus der Destillation nach den Artikeln 35, 36 und 39 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates aus Beständen der Interventionsstellen (ABl. L 43, S. 6) und der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. L 205, S. 5) — Im Wege der einfachen Ausschreibung durchzuführende Verkäufe von Weinalkohol aus Beständen der Interventionsstellen zur Ausfuhr und endgültigen Verwendung im Kraftstoffsektor — Überschreitung der Ausfuhrfrist durch den Zuschlagsempfänger — Verwaltungsrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen anderer Art — Verstoß, der einen Schaden für den Haushalt der Union bewirken kann

Tenor

1.

Missachtet ein Wirtschaftsteilnehmer die vorgesehene Ausfuhrfrist für Alkoholmengen, die er im Rahmen eines von der Europäischen Kommission durchgeführten Zuschlagsverfahrens erhalten hat, wie es in der Verordnung (EG) Nr. 360/95 der Kommission vom 22. Februar 1995 zur Eröffnung von im Wege der einfachen Ausschreibung durchzuführenden Verkäufen von Weinalkohol aus Beständen der Interventionsstellen zur Ausfuhr geregelt ist, stellt dies eine „Unregelmäßigkeit“ im Sinne des Art. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften dar.

2.

Der vollständige oder teilweise Verlust einer Sicherheit für die ordnungsgemäße Durchführung, wie sie in Art. 5 Abs. 5 der Verordnung Nr. 360/95 vorgesehen ist, oder einer Sicherheit für die Gewährleistung einer fristgerechten Ausfuhr, wie sie in Art. 91 Abs. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1623/2000 der Kommission vom 25. Juli 2000 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein bezüglich der Marktmechanismen vorgesehen ist, fällt unter den Begriff „verwaltungsrechtliche Sanktion“ im Sinne des Art. 5 der Verordnung Nr. 2988/95.

3.

Art. 5 Abs. 5 der Verordnung Nr. 360/95 bildet unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die erforderliche rechtliche Grundlage für die Verhängung einer im vollständigen oder teilweisen Verlust einer Sicherheit für die ordnungsgemäße Durchführung bestehenden Sanktion.

4.

Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/95 ist unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens dahin auszulegen, dass für die Ahndung der Nichtbeachtung einer Frist für die Durchführung der Ausfuhr der im Wege des Zuschlags in Anwendung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 360/95 erhaltenen Alkoholmengen nach Brasilien die nationalen Behörden die in Art. 5 Abs. 5 der letztgenannten Verordnung vorgesehene und nicht die in Art. 91 Abs. 12 der Verordnung Nr. 1623/2000 vorgesehene Sanktion anwenden müssen.


(1)  ABl. C 89 vom 24.3.2012.