12.1.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 9/11


Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 15. November 2012 (Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf — Deutschland) — Raiffeisen-Waren-Zentrale Rhein-Main e.G./Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH

(Rechtssache C-56/11) (1)

(Gemeinschaftlicher Sortenschutz - Verordnung (EG) Nr. 2100/94 - Aufbereitung - Auskunftspflicht des Aufbereiters gegenüber dem Sortenschutzinhaber - Vorgaben hinsichtlich Zeitpunkt und Inhalt des Auskunftsverlangens)

2013/C 9/15

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Oberlandesgericht Düsseldorf

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Raiffeisen-Waren-Zentrale Rhein-Main e.G.

Beklagte: Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen — Oberlandesgericht Düsseldorf — Auslegung von Art. 14 Abs. 3 sechster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. L 227, S. 1) und von Art. 9 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. L 173, S. 14) — Auskunftspflicht des Aufbereiters gegenüber dem Inhaber des gemeinschaftlichen Sortenschutzes — Erfordernisse in Bezug auf den Zeitpunkt und den Inhalt eines Auskunftsverlangens für die Begründung der Auskunftspflicht

Tenor

1.

Art. 9 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Auskunftspflicht eines Aufbereiters bezüglich geschützter Sorten besteht, wenn sich das auf ein bestimmtes Wirtschaftsjahr beziehende Auskunftsersuchen vor dem Ablauf dieses Wirtschaftsjahrs gestellt wurde. Jedoch kann eine Auskunftspflicht auch hinsichtlich der Informationen bestehen, die sich auf die bis zu drei Wirtschaftsjahre beziehen, die dem laufenden Wirtschaftsjahr vorangehen, sofern der Sortenschutzinhaber im ersten der von dem Auskunftsersuchen betroffenen vorangehenden Wirtschaftsjahre erstmals ein Ersuchen zu denselben Sorten an denselben Aufbereiter gerichtet hat.

2.

Art. 14 Abs. 3 sechster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz in Verbindung mit Art. 9 der Verordnung Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung Nr. 2605/98 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass das Auskunftsersuchen des Sortenschutzinhabers an einen Aufbereiter nicht die Nachweise für die darin geltend gemachten Anhaltspunkte enthalten muss. Ferner kann die Tatsache, dass ein Landwirt eine geschützte Sorte im Vertragsanbau nachbaut, für sich allein keinen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass ein Aufbereiter das durch Anbau von Vermehrungsgut dieser Sorte gewonnene Ernteerzeugnis zu Nachbauzwecken aufbereitet hat oder aufzubereiten beabsichtigt. Jedoch kann diese Tatsache je nach den sonstigen Umständen des Falles den Schluss zulassen, dass ein solcher Anhaltspunkt vorliegt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit ist.


(1)  ABl. C 145 vom 14.5.2011.