Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung Nr. 44/2001 – Zeitlicher Anwendungsbereich – Mitgliedstaat, der der Europäischen Union 2004 beigetreten ist – Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen – Versagungsgründe – Antrag, im ersuchten Mitgliedstaat eine Entscheidung zu vollstrecken, die in einem anderen Mitgliedstaat verkündet worden war, bevor die Verordnung in dem ersuchten Mitgliedstaat in Kraft getreten ist – Begriff des Inkrafttretens im Sinne von Art. 66 Abs. 2 der Verordnung – Erforderlichkeit einer Inkraftsetzung zum Zeitpunkt der Verkündung der betreffenden Entscheidung sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im ersuchten Mitgliedstaat – Anwendbarkeit der Verordnung nur für die Zeit nach diesen Inkraftsetzungen

(Verordnung Nr. 44/2001 des Rates, Art. 66 Abs. 2)

Leitsätze

Art. 66 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass diese Verordnung für die Anerkennung und Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung nur dann zum Tragen kommt, wenn sie zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im ersuchten Mitgliedstaat in Kraft war.

Die Anwendung der in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen vereinfachten Vorschriften für Anerkennung und Vollstreckung, die insbesondere den Kläger schützen, indem sie ihm eine schnelle, sichere und effiziente Vollstreckung der im Ursprungsstaat zu seinen Gunsten erlassenen Gerichtsentscheidung ermöglichen, ist nämlich nur insoweit gerechtfertigt, als die anzuerkennende oder zu vollstreckende Entscheidung in Übereinstimmung mit den Zuständigkeitsregeln dieser Verordnung ergangen ist, die die Interessen des Beklagten insbesondere dadurch schützen, dass er grundsätzlich nicht vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats als dem seines Wohnsitzes verklagt werden kann.

Wenn hingegen die beklagte Partei ihren Wohnsitz in einem Staat hat, der sowohl zum Zeitpunkt der Klageerhebung als auch zu dem der Verkündung der Gerichtsentscheidung noch nicht Mitglied der Union war, und damit für die Zwecke der Anwendung der Verordnung Nr. 44/2001 als in einem Drittstaat ansässig angesehen wird, ist dieses Interessengleichgewicht zwischen den Parteien nicht mehr gewährleistet. Im Übrigen enthält die Verordnung Nr. 44/2001 bestimmte Mechanismen, die während des Erkenntnisverfahrens im Ursprungsstaat den Schutz der Rechte des Beklagten gewährleisten; diese kommen aber nur zur Anwendung, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Union hat. Somit ergibt sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch aus der Systematik und dem Zweck von Art. 66 der Verordnung Nr. 44/2001, dass unter dem in dieser Vorschrift vorgesehenen Begriff „Inkrafttreten“ der Zeitpunkt zu verstehen ist, ab dem die Verordnung Nr. 44/2001 in den beiden betroffenen Mitgliedstaaten anwendbar ist.

(vgl. Randnrn. 27-29, 33 und Tenor)


Rechtssache C-514/10

Wolf Naturprodukte GmbH

gegen

SEWAR spol. s r.o.

(Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší soud)

„Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen — Verordnung (EG) Nr. 44/2001 — Zeitlicher Anwendungsbereich — Vollstreckung einer Entscheidung, die vor dem Beitritt des Vollstreckungsstaats zur Europäischen Union erlassen wurde“

Leitsätze des Urteils

Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung Nr. 44/2001 – Zeitlicher Anwendungsbereich – Mitgliedstaat, der der Europäischen Union 2004 beigetreten ist – Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen – Versagungsgründe – Antrag, im ersuchten Mitgliedstaat eine Entscheidung zu vollstrecken, die in einem anderen Mitgliedstaat verkündet worden war, bevor die Verordnung in dem ersuchten Mitgliedstaat in Kraft getreten ist – Begriff des Inkrafttretens im Sinne von Art. 66 Abs. 2 der Verordnung – Erforderlichkeit einer Inkraftsetzung zum Zeitpunkt der Verkündung der betreffenden Entscheidung sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im ersuchten Mitgliedstaat – Anwendbarkeit der Verordnung nur für die Zeit nach diesen Inkraftsetzungen

(Verordnung Nr. 44/2001 des Rates, Art. 66 Abs. 2)

Art. 66 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass diese Verordnung für die Anerkennung und Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung nur dann zum Tragen kommt, wenn sie zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im ersuchten Mitgliedstaat in Kraft war.

Die Anwendung der in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen vereinfachten Vorschriften für Anerkennung und Vollstreckung, die insbesondere den Kläger schützen, indem sie ihm eine schnelle, sichere und effiziente Vollstreckung der im Ursprungsstaat zu seinen Gunsten erlassenen Gerichtsentscheidung ermöglichen, ist nämlich nur insoweit gerechtfertigt, als die anzuerkennende oder zu vollstreckende Entscheidung in Übereinstimmung mit den Zuständigkeitsregeln dieser Verordnung ergangen ist, die die Interessen des Beklagten insbesondere dadurch schützen, dass er grundsätzlich nicht vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats als dem seines Wohnsitzes verklagt werden kann.

Wenn hingegen die beklagte Partei ihren Wohnsitz in einem Staat hat, der sowohl zum Zeitpunkt der Klageerhebung als auch zu dem der Verkündung der Gerichtsentscheidung noch nicht Mitglied der Union war, und damit für die Zwecke der Anwendung der Verordnung Nr. 44/2001 als in einem Drittstaat ansässig angesehen wird, ist dieses Interessengleichgewicht zwischen den Parteien nicht mehr gewährleistet. Im Übrigen enthält die Verordnung Nr. 44/2001 bestimmte Mechanismen, die während des Erkenntnisverfahrens im Ursprungsstaat den Schutz der Rechte des Beklagten gewährleisten; diese kommen aber nur zur Anwendung, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Union hat. Somit ergibt sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch aus der Systematik und dem Zweck von Art. 66 der Verordnung Nr. 44/2001, dass unter dem in dieser Vorschrift vorgesehenen Begriff „Inkrafttreten“ der Zeitpunkt zu verstehen ist, ab dem die Verordnung Nr. 44/2001 in den beiden betroffenen Mitgliedstaaten anwendbar ist.

(vgl. Randnrn. 27-29, 33 und Tenor)