Rechtssache C‑503/10

Evroetil AD

gegen

Direktor na Agentsia „Mitnitsi“

(Vorabentscheidungsersuchen des Varhoven administrativen sad)

„Richtlinie 2003/30/EG – Art. 2 Abs. 2 Buchst. a – Begriff ‚Bioethanol‘ – Aus Biomasse gewonnenes Erzeugnis mit einem Ethylalkoholgehalt von mehr als 98,5 %, unvergällt – Relevanz der tatsächlichen Verwendung als Biokraftstoff – Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 – Kombinierte Nomenklatur – Zolltarifliche Einreihung von Bioethanol im Hinblick auf die Erhebung von Verbrauchsteuern – Richtlinie 2003/96/EG – Energieerzeugnisse – Richtlinie 92/83/EWG – Art. 20 erster Gedankenstrich und 27 Abs. 1 Buchst. a und b – Begriff ‚Ethylalkohol‘ – Befreiung von der harmonisierten Verbrauchsteuer – Denaturierung“

Leitsätze des Urteils

1.        Umwelt – Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor – Richtlinie 2003/30 – Bioethanol – Begriff

(Richtlinie 2003/30 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a)

2.        Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Verbrauchsteuern – Richtlinie 92/83 – Alkohol und alkoholische Getränke – Ethylalkohol – Begriff

(Richtlinie 2003/30 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a; Richtlinie 92/83 des Rates, Art. 19 Abs. 1)

1.        Die Definition von Bioethanol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor ist dahin auszulegen, dass sie auch ein Erzeugnis erfasst, das insbesondere aus Biomasse gewonnen wird und einen Alkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat, wenn es als Biokraftstoff für den Verkehrssektor in den Verkehr gebracht wird.

(vgl. Randnr. 47, Tenor 1)

2.        Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass ein Erzeugnis, das einen Ethylalkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat und das nicht in einem besonders vorgesehenen Denaturierungsverfahren denaturiert worden ist, mit der in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 92/83 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke vorgesehenen Verbrauchsteuer zu belegen ist, obwohl es aus Biomasse gewonnen wird, und zwar mittels einer anderen Technologie als der für die Herstellung von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs verwendeten, Stoffe enthält, die es zum menschlichen Genuss ungeeignet machen, die Anforderungen des Entwurfs einer Europäischen Norm pr EN 15376 für als Kraftstoff verwendetes Bioethanol erfüllt und möglicherweise der Definition von Ethylalkohol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor entspricht.

(vgl. Randnr. 66, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

21. Dezember 2011(*)

„Richtlinie 2003/30/EG – Art. 2 Abs. 2 Buchst. a – Begriff ‚Bioethanol‘ – Aus Biomasse gewonnenes Erzeugnis mit einem Ethylalkoholgehalt von mehr als 98,5 %, unvergällt – Relevanz der tatsächlichen Verwendung als Biokraftstoff – Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 – Kombinierte Nomenklatur – Zolltarifliche Einreihung von Bioethanol im Hinblick auf die Erhebung von Verbrauchsteuern – Richtlinie 2003/96/EG – Energieerzeugnisse – Richtlinie 92/83/EWG – Art. 20 erster Gedankenstrich und 27 Abs. 1 Buchst. a und b – Begriff ‚Ethylalkohol‘ – Befreiung von der harmonisierten Verbrauchsteuer – Denaturierung“

In der Rechtssache C‑503/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Varhoven administrativen sad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 24. September 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Oktober 2010, in dem Verfahren

Evroetil AD

gegen

Direktor na Agentsia „Mitnitsi“

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters K. Schiemann in Wahrnehmung der Aufgaben der Präsidentin der Achten Kammer sowie der Richter L. Bay Larsen und E. Jarašiūnas (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Evroetil AD, vertreten durch I. Raychinova, advokat,

–        des Direktor na Agentsia „Mitnitsi“, vertreten durch V. Tanov, S. Valkova, N. Yotsova und S. Yordanova als Bevollmächtigte,

–        der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Ivanov und E. Petranova als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch K. Paraskevopoulou und Z. Chatzipavlou als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls, K. Herrmann und S. Petrova als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (ABl. L 123, S. 42), der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2587/91 der Kommission vom 26. Juli 1991 (ABl. L 259, S. 1) geänderten Fassung, des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51) und des Art. 20 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. L 316, S. 21).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Evroetil AD (im Folgenden: Evroetil) und dem Direktor na Agentsia „Mitnitsi“ (Direktor der Zollagentur, im Folgenden: Direktor) über die Rechtmäßigkeit eines Steuerprüfungsbescheids, mit dem Verbrauchsteuer für November und Dezember 2006 sowie Januar, März und Mai 2007 festgesetzt wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 92/83 und Verordnung (EG) Nr. 3199/93

3        Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 92/83 sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie eine Verbrauchsteuer auf Ethylalkohol.“

4        Art. 20 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/83 lautet:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff ‚Ethy[l]alkohol‘

–        alle Erzeugnisse der KN-Codes 2207 und 2208 mit einem vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol., auch wenn diese Erzeugnisse Teil eines Erzeugnisses sind, das unter ein anderes Kapitel der Kombinierten Nomenklatur fällt;“

5        Nach Art. 26 der Richtlinie 92/83 gelten Bezugnahmen auf KN-Codes für die bei Annahme dieser Richtlinie gültige Fassung der KN, d. h. die Fassung der Verordnung Nr. 2587/91.

6        Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 92/83 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten befreien die von dieser Richtlinie erfassten Erzeugnisse von der harmonisierten Verbrauchsteuer nach Maßgabe von Bedingungen, die sie zur Sicherstellung einer korrekten und einfachen Anwendung solcher Steuerbefreiungen sowie zur Vermeidung von Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch festlegen, sofern die betreffenden Erzeugnisse

a)      in Form von Alkohol zum Vertrieb kommen, der nach den Vorschriften eines Mitgliedstaats vollständig denaturiert worden ist, nachdem die betreffenden Vorschriften … ordnungsgemäß gemeldet und genehmigt worden sind. …;

b)      nach den Vorschriften eines Mitgliedstaats denaturiert worden sind und zur Herstellung eines nicht für den menschlichen Genuss bestimmten Erzeugnisses verwendet werden;

…“

7        Die Verordnung (EG) Nr. 3199/93 der Kommission vom 22. November 1993 über die gegenseitige Anerkennung der Verfahren zur vollständigen Denaturierung von Alkohol für Zwecke der Verbrauchsteuerbefreiung (ABl. L 288, S. 12) nennt die Denaturierungsmittel, die im jeweiligen Mitgliedstaat zugelassen sind, um zur vollständigen Denaturierung von Alkohol gemäß Art. 27 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 92/83 eingesetzt zu werden. Die Angabe der für die Republik Bulgarien zugelassenen Denaturierungsmittel wurde durch die am 29. Januar 2008 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 67/2008 der Kommission vom 25. Januar 2008 (ABl. L 23, S. 13) in die Verordnung Nr. 3199/93 aufgenommen.

 KN

8        Die durch die Verordnung Nr. 2658/87 eingeführte KN beruht auf dem weltweiten Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen internationalen Übereinkommen eingeführt wurde, das im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 über den Abschluss des Internationalen Übereinkommens über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren sowie des dazugehörigen Änderungsprotokolls (ABl. L 198, S. 1) genehmigt wurde. Die KN in der Fassung der Verordnung Nr. 2587/91 enthält in ihrem Teil II Abschnitt IV ein Kapitel 22 mit der Überschrift „Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten und Essig“. Position 2207 in diesem Kapitel lautet wie folgt:

„2207 Ethylalkohol mit einem Alkoholgehalt von 80 % vol oder mehr, unvergällt; Ethylalkohol und Branntwein mit beliebigem Alkoholgehalt, vergällt:

2207 10 00 – Ethylalkohol mit einem Alkoholgehalt von 80 % vol oder mehr, unvergällt;

2207 20 00– Ethylalkohol und Branntwein mit beliebigem Alkoholgehalt, vergällt“.

 Richtlinie 2003/30

9        In den Erwägungsgründen 4 bis 7, 10, 14 und 23 der Richtlinie 2003/30 heißt es:

„(4)      Auf den Verkehrssektor entfallen mehr als 30 % des Energieendverbrauchs in der Gemeinschaft, und dieser expandiert, eine Tendenz, die ebenso wie der Ausstoß von Kohlendioxidemissionen steigen dürfte; diese Expansion wird in den Bewerberländern nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union prozentual höher sein.

(5)      … Aus ökologischer Sicht fordert das Weißbuch [der Kommission ‚Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft‘], die Abhängigkeit vom Erdöl (derzeit 98 %) im Verkehrssektor durch den Einsatz alternativer Kraftstoffe wie Biokraftstoffe zu verringern.

(6)      Eine stärkere Verwendung von Biokraftstoffen im Verkehrsbereich ist Teil des für die Einhaltung des Kyoto-Protokolls erforderlichen Maßnahmenpakets sowie jedes Maßnahmenpakets, mit dem weitere Verpflichtungen in dieser Hinsicht erfüllt werden sollen.

(7)      Eine stärkere Verwendung von Biokraftstoffen im Verkehrsbereich … ist für die Gemeinschaft eines der Mittel, mit denen sie ihre Abhängigkeit von Energieeinfuhren verringern und den Kraftstoffmarkt … beeinflussen kann. …

(10)      Die Förderung des Einsatzes von Biokraftstoffen im Verkehr ist ein Schritt in Richtung einer stärkeren Nutzung der Biomasse; dies wird dazu führen, dass in Zukunft vermehrt Biokraftstoffe entwickelt werden können …

(14)      Bioethanol und Biodiesel, die in Reinform oder als Mischung für Fahrzeuge verwendet werden, sollten den Qualitätsnormen genügen, die festgelegt wurden, um eine optimale Motorleistung sicherzustellen. …

(23)      Da das Ziel der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Einführung allgemeiner Grundsätze, die für das Inverkehrbringen und den Vertrieb von Biokraftstoffen einen Mindestprozentsatz vorsehen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann …“

10      Art. 1 der Richtlinie 2003/30 bestimmt:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen als Ersatz für Otto- und Dieselkraftstoffe im Verkehrssektor in den einzelnen Mitgliedstaaten; hierdurch soll dazu beigetragen werden, dass bestimmte Ziele, wie die Erfüllung der Verpflichtungen in Bezug auf die Klimaänderungen, die umweltgerechte Versorgungssicherheit und die Förderung erneuerbarer Energiequellen, erreicht werden.“

11      In Art. 2 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)       ‚Biokraftstoffe‘ flüssige oder gasförmige Verkehrskraftstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden;

(2)      Zumindest die nachstehend genannten Erzeugnisse gelten als Biokraftstoffe:

a)      ‚Bioethanol‘: Ethanol, das aus Biomasse und/oder dem biologisch abbaubaren Teil von Abfällen hergestellt wird und für die Verwendung als Biokraftstoff bestimmt ist;

…“

12      Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

a)       Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass ein Mindestanteil an Biokraftstoffen und anderen erneuerbaren Kraftstoffen auf ihren Märkten in Verkehr gebracht wird, und legen hierfür nationale Richtwerte fest.

…“

 Richtlinie 2003/96

13      Der 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/96 lautet:

„Diese Richtlinie steht der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren [ABl. L 76, S. 1] sowie der Richtlinie 92/83/EWG … nicht entgegen, wenn das zur Verwendung als Kraftstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraftstoffen bestimmte oder als solches zum Verkauf angebotene oder verwendete Erzeugnis Ethylalkohol gemäß der Definition in der Richtlinie 92/83/EWG ist.“

14      Nach Art. 1 der Richtlinie 2003/96 „[erheben d]ie Mitgliedstaaten … nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom“. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie enthält eine Liste der Erzeugnisse, die als „Energieerzeugnisse“ im Sinne dieser Richtlinie gelten. Diese Erzeugnisse werden mit ihren KN-Codes angegeben; nach Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie sind dies die Codes der KN in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung Nr. 2658/87 (ABl. L 279, S. 1), in der Position 2207 den gleichen Wortlaut hat wie in der Verordnung Nr. 2587/91.

15      Weder der KN-Code 2207 noch der KN-Code 2207 10 00, noch der KN-Code 2207 20 00 sind in der Liste in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96 aufgeführt.

16      In Art. 2 Abs. 3 dieser Richtlinie heißt es:

„Zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff bestimmte oder als solche zum Verkauf angebotene bzw. verwendete andere Energieerzeugnisse als diejenigen, für die in dieser Richtlinie ein Steuerbetrag festgelegt wurde, werden je nach Verwendung zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff erhobenen Steuersatz besteuert.

Neben den in Absatz 1 genannten steuerbaren Erzeugnissen sind alle zur Verwendung als Kraftstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraftstoffen bestimmten oder als solche zum Verkauf angebotenen bzw. verwendeten Erzeugnisse zu dem für einen gleichwertigen Kraftstoff erhobenen Steuersatz zu besteuern.

…“

17      Art. 16 Abs. 1 dritter und vierter Gedankenstrich dieser Richtlinie bestimmt:

„[D]ie Mitgliedstaaten [können] auf die in Artikel 2 bezeichneten steuerbaren Erzeugnisse unter Steueraufsicht eine Steuerbefreiung oder einen ermäßigten Steuersatz anwenden, wenn sie eine[s] oder mehrere der nachstehend genannten Erzeugnisse enthalten bzw. wenn sie sich aus einem oder mehreren der nachstehend genannten Erzeugnisse zusammensetzen:

–        Erzeugnisse der KN-Codes 2207 20 00 und 2905 11 00, die nicht von synthetischer Herkunft sind;

–        Erzeugnisse aus Biomasse, einschließlich Erzeugnisse der KN-Codes 4401 und 4402.“

 Nationales Recht

18      Nach Art. 2 des Gesetzes über Verbrauchsteuern und Steuerlager (Zakon za aktsizite i danachnite skladove, DV Nr. 91 vom 15. November 2005) in der auf die fraglichen Besteuerungszeiträume anwendbaren Fassung (DV Nrn. 81 vom 6. Oktober 2006 und 105 vom 22. Dezember 2006 (im Folgenden: Verbrauchsteuergesetz) unterliegen der Verbrauchsteuer:

„1.       Alkohol und alkoholische Getränke;

3.       Energieerzeugnisse und elektrischer Strom;

…“

19      Art. 4 des Verbrauchsteuergesetzes bestimmt:

„1.      ‚Verbrauchsteuerpflichtige Waren‘ sind die in Artikel 2 genannten Waren.

5.      KN-Codes‘ sind die Codes der [KN] gemäß Anhang I der Verordnung … Nr. 2658/87 … Für Alkohol und alkoholische Getränke gelten die KN-Codes der am 31. Dezember 1992 angewandten [KN] und für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom die KN-Codes der am 1. Januar 2002 angewandten [KN].

12.      ‚Denaturierung‘ ist ein Vorgang, bei dem Ethylalkohol giftige oder für den Geschmacks- oder den Geruchssinn unangenehme Stoffe (Zusätze) beigegeben werden, die ihn gesundheitsgefährdend oder zum Trinken ungeeignet machen.

23.      ‚Bioethanol‘ ist Ethanol, das aus Biomasse und/oder dem biologisch abbaubaren Teil von Abfällen hergestellt wird und für die Verwendung als Biokraftstoff bestimmt ist.“

…“

20      In Art. 9 des Verbrauchsteuergesetzes heißt es:

„‚Ethylalkohol (Alkohol)‘ ist jedes Erzeugnis,

1.      das zu den KN-Codes 2207 und 2208 gehört und dessen vorhandener Alkoholgehalt mehr als 1,2 % vol beträgt, auch wenn dieses Erzeugnis Teil eines Erzeugnisses ist, das unter ein anderes Kapitel der [KN] der Republik Bulgarien fällt;

…“

21      Art. 13 des Verbrauchsteuergesetzes enthält eine Liste der Erzeugnisse, die als „Energieerzeugnisse“ im Sinne dieses Gesetzes gelten. Diese Liste stimmt im Wesentlichen mit der in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96 überein.

22      Art. 31 Nr. 5 des Verbrauchsteuergesetzes setzt den Verbrauchsteuersatz für Ethylalkohol auf 1 100 BGN je Hektoliter reinen Alkohols fest. Art. 32 Abs. 1 Nr. 7 dieses Gesetzes sieht die Verbrauchsteuersätze für Kraftstoffe vor; für Bioethanol des KN-Codes 2207 20 00 sind 0 BGN je 1 000 Liter festgesetzt.

23      Art. 35 Abs. 1 und 2 des Verbrauchsteuergesetzes lautet:

„(1)      Energieerzeugnisse nach Art. 13, die für die Verwendung als Heiz- oder Kraftstoff bestimmt sind oder als solche zum Verkauf angeboten bzw. verwendet werden und für die in Art. 32 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 1 kein Verbrauchsteuersatz festgelegt ist, werden zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff festgelegten Steuersatz besteuert.

(2)      Außer den Energieerzeugnissen nach Art. 13 und Bioethanol werden alle Erzeugnisse, die für die Verwendung als Kraftstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraftstoffen bestimmt sind oder als solche zum Verkauf angeboten bzw. verwendet werden, zu dem für einen gleichwertigen Kraftstoff in Art. 32 Abs. 1 festgelegten Steuersatz besteuert.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

24      Evroetil ist eine zur Verwaltung eines Steuerlagers zugelassene Lagerinhaberin, die befugt ist, Alkohol und Bioethanol herzustellen. Sie wurde einer Überprüfung in Bezug auf die Besteuerungszeiträume vom 1. Juli 2006 bis 10. Mai 2007 unterzogen, in denen sie 124 346,05 Liter eines als Bioethanol des KN-Codes 2207 20 00 angemeldeten Erzeugnisses in den freien Verkehr übergeführt hatte. Das Erzeugnis wurde demgemäß mit einem Verbrauchsteuersatz von Null belegt. Später wurden 111 425 Liter dieses Erzeugnisses an Evroetil zurückgegeben und befanden sich zum Zeitpunkt der Überprüfung in dem betreffenden Lager. Die Käuferin verbuchte 10 555,55 Liter als Bioethanol und verkaufte sie als mit Benzin vermischten Kraftstoff.

25      Die Zollbehörden nahmen im Rahmen ihrer Überprüfung mehrere Proben des im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisses. Eine Analyse ergab, dass das Erzeugnis einen Alkoholgehalt von 98,5 % oder mehr hatte, Ester (d. h. Ethylacetat), höhere Alkohole, Aldehyde sowie Methylalkohol enthielt und nicht denaturiert worden war. Letzteres ist unstreitig. Die Zollbehörden gelangten daher zu dem Schluss, dass das Erzeugnis unter dem KN-Code 2207 10 00 als unvergällter Ethylalkohol hätte angemeldet werden müssen und daher Verbrauchsteuer in Höhe von 1100 BGN je Hektoliter reinen Alkohols hätte gezahlt werden müssen. Sie erließen deshalb einen Steuerprüfungsbescheid, mit dem Verbrauchsteuerschulden in Höhe von 1 397 973,17 BGN zuzüglich Zinsen, die sich am 5. November 2007 auf 148 897,89 BGN beliefen, festgesetzt wurden.

26      Nachdem der Administrativen sad gr. Ruse (Verwaltungsgericht Ruse) auf eine Klage von Evroetil hin Verbrauchsteuerschulden in Höhe von 1 372 000,41 BGN und Zinsen in Höhe von 144 292,54 BGN für November und Dezember 2006 sowie Januar, März und Mai 2007 bestätigt hatte, legte Evroetil Kassationsbeschwerde beim vorlegenden Gericht ein.

27      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass ein Sachverständiger im Verfahren vor dem Administrativen sad gr. Ruse festgestellt habe, dass das im Ausgangsverfahren fragliche Erzeugnis nicht zum menschlichen Genuss geeignet sei, weil es karzinogen sei, dass es als Biokraftstoff verwendbar sei, da seine Zusammensetzung den Anforderungen der Technischen Spezifikation entspreche, die Evroetil für Bioethanol, das zur Verwendung als Biokraftstoff bestimmt sei, ausgearbeitet habe, dass es die Anforderungen des Entwurfs einer Europäischen Norm pr EN 15376 für als Kraftstoff verwendetes Bioethanol erfülle und dass für seine Herstellung eine andere Technologie verwendet werde als für die Herstellung von Ethylalkohol. Das vorlegende Gericht erklärt, dass es diesen Feststellungen folge.

28      Evroetil macht vor dem vorlegenden Gericht geltend, dass das im Ausgangsverfahren fragliche Erzeugnis mit dem Verbrauchsteuersatz von Null zu belegen sein. Sie trägt hierzu insbesondere vor, dass die Denaturierung das Erzeugnis für eine Verwendung als Kraftstoff ungeeignet mache. Ferner müsse ihr für den Teil des Erzeugnisses, der von den Käufern zurückgegeben sei, die Verbrauchsteuer erlassen werden.

29      Der Direktor macht geltend, dass das im Ausgangsverfahren fragliche Erzeugnis Ethylalkohol sei, der nicht gemäß der Verordnung Nr. 3199/93 denaturiert worden sei, und dass es folglich unter den KN-Code 2207 10 00 falle und der Verbrauchsteuer unterliege. Dass das Erzeugnis nicht zum menschlichen Genuss geeignet sei, sei dabei unerheblich. Er vertritt außerdem die Auffassung, dass Evroetil durch die Rückverbringung eines Teils des Erzeugnisses in ihr Lager nicht von der Verpflichtung zur Zahlung der Verbrauchsteuer entbunden worden sei.

30      Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Erhebung von Verbrauchsteuer auf das im Ausgangsverfahren fragliche Erzeugnis und der insoweit möglicherweise geschuldete Betrag unmittelbar von der Einreihung des Erzeugnisses in die KN und damit von seiner Natur abhingen. Das Gericht erklärt, dass es ihm Schwierigkeiten bereite, festzustellen, ob zum einen das betreffende Erzeugnis Bioethanol im Sinne der Richtlinie 2003/30 sei, insbesondere angesichts dessen, dass diese Richtlinie von der Verwendung als Biokraftstoff spreche und ein Teil des im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisses in das Lager von Evroetil zurückgebracht worden sei, und ob zum anderen Bioethanol als Energieerzeugnis eingestuft werden könne, was Folgen für seine steuerliche Behandlung nach nationalem Recht hätte. Das vorlegende Gericht ist sich auch nicht sicher, ob Bioethanol, der in der KN nicht erwähnt werde, als Alkohol angesehen werden könne.

31      Der Varhoven administrativen sad hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die sich nach seinen Angaben nur auf die Verbrauchsteuerschulden für Besteuerungszeiträume nach dem Beitritt der Republik Bulgarien zur Union beziehen, d. h. für Januar, März und Mai 2007:

1.      Ist Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 dahin auszulegen, dass die Definition von Bioethanol sich auf Erzeugnisse wie das fragliche bezieht (Erzeugnisse wie das fragliche erfasst), das folgende Merkmale und objektive Eigenschaften aufweist:

–      Es wird aus Biomasse hergestellt,

–        die Herstellung erfolgt mittels einer besonderen Technologie, die in einer von Evroetil erstellten Technischen Spezifikation für die Herstellung von Bioethanol beschrieben ist und sich von der Technologie für die Herstellung von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs nach einer von derselben Herstellerin erstellten Technischen Spezifikation unterscheidet,

–        es enthält mehr als 98,5 % Alkohol und folgende Stoffe, die es zum Verzehr ungeeignet machen: höhere Alkohole – 714,49 bis 8 311 mg/dm³; Aldehyde – 238,16 bis 411 mg/dm³; Ester (Ethylacetat) – 1 014 bis 8 929 mg/dm³,

–        es erfüllt die Anforderungen des Entwurfs einer Europäischen Norm pr EN 15376 für Bioethanol als Kraftstoff,

–        es ist für die Verwendung als Kraftstoff bestimmt und wird durch seine Beigabe zu A95-Benzin tatsächlich als Biokraftstoff verwendet und an Tankstellen verkauft,

–        es wird nicht in einem besonderen Denaturierungsverfahren denaturiert?

2.      Ist Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 dahin auszulegen, dass das fragliche Erzeugnis nur dann als Bioethanol eingestuft werden kann, wenn es tatsächlich als Biokraftstoff verwendet wird, oder genügt es, dass es für die Verwendung als Biokraftstoff bestimmt und/oder tatsächlich für die Verwendung als Biokraftstoff geeignet ist?

3.      Falls aufgrund der Antworten auf die Fragen 1 und 2 davon auszugehen ist, dass es sich bei dem fraglichen Erzeugnis oder einem entsprechenden Teil davon um Bioethanol handelt, unter welchen KN-Code ist dann das Erzeugnis einzureihen:

a)      Sind die Bestimmungen des Kapitels 22 der KN und konkret Position 2207 dahin auszulegen, dass sie die Einreihung des Erzeugnisses Bioethanol umfassen?

b)      Falls Frage 3 Buchst. a bejaht wird, ist dann bei der Einreihung von Bioethanol und konkret des fraglichen Erzeugnisses zu berücksichtigen, ob das Erzeugnis denaturiert worden ist (nach den in der Verordnung Nr. 3199/93 genannten Verfahren oder nach anderen zulässigen Verfahren)?

c)      Falls Frage 3 Buchst. b bejaht wird, sind dann die Bestimmungen der KN bezüglich Position 2207 dahin auszulegen, dass nur vergälltes Bioethanol unter den KN-Code 2207 20 00 einzureihen ist?

d)      Falls Frage 3 Buchst. c bejaht wird, sind dann die Bestimmungen der KN bezüglich Position 2207 dahin auszulegen, dass unvergälltes Bioethanol unter den KN-Code 2207 10 00 einzureihen ist?

e)      Falls Frage 3 Buchst. a bejaht und Frage 3 Buchst. b verneint wird, in welche der beiden Unterpositionen – 2207 10 00 oder 2207 20 00 – ist dann das fragliche Erzeugnis einzureihen?

f)      Falls Frage 3 Buchst. a verneint wird, ist Bioethanol dann unter einen der in der Definition nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96 angeführten KN-Codes einzureihen und unter welchen?

4.      Falls aufgrund der Antworten auf die Fragen 1 und 2 davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem fraglichen Erzeugnis oder einem entsprechenden Teil davon nicht um Bioethanol handelt, ist dann das fragliche Erzeugnis, das die in Frage 1 genannten Merkmale und objektiven Eigenschaften aufweist, als Ethylalkohol im Sinne von Art. 20 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/83 einzustufen?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zulässigkeit

32      Evroetil hält sämtliche Vorlagefragen für unzulässig, weil sie auf die Klärung von Tatsachen und die Einholung eines Gutachtens abzielten. Außerdem seien die Bestimmungen, um deren Auslegung in den Fragen 1, 2 und 4 ersucht werde, eindeutig, und die Antwort, die auf Frage 3 gegeben werden könne, sei für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht sachdienlich.

33      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten nach Art. 267 AEUV allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts ist, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der bei ihm anhängigen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen (Urteil vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio, C‑217/05, Slg. 2006, I‑11987, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Sofern die von einem nationalen Gericht vorgelegten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts betreffen, ist der Gerichtshof somit grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden, es sei denn, er soll offensichtlich in Wirklichkeit dazu veranlasst werden, über einen konstruierten Rechtsstreit zu entscheiden oder Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben, die begehrte Auslegung des Unionsrechts steht in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Rechtsstreits oder der Gerichtshof verfügt nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Dies ist beim vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen jedoch nicht der Fall. Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich eindeutig hervor, dass das nationale Gericht die Antworten auf die gestellten Fragen, die die Auslegung mehrerer Bestimmungen des Unionsrechts betreffen, als notwendig ansieht, damit es feststellen kann, wie ein Erzeugnis wie das in der ersten Frage beschriebene nach dem Unionsrecht steuerlich zu behandeln ist, und dementsprechend den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheiden kann.

36      Zweitens ist zu dem Vorbringen, dass die Antwort auf die Vorlagefragen auf der Hand liege, darauf hinzuweisen, dass ein solcher Umstand es einem nationalen Gericht keineswegs untersagt, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, und sich nicht so auswirkt, dass der Gerichtshof für die Entscheidung über solche Fragen unzuständig wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2008, UGT‑Rioja u. a., C‑428/06 bis C‑434/06, Slg. 2008, I‑6747, Randnrn. 42 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Somit sind die Vorlagefragen zu beantworten.

 Zur ersten und zur zweiten Frage

38      Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Definition von Bioethanol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 dahin auszulegen ist, dass sie zum einen auch ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche erfasst, das aus Biomasse gewonnen wird, und zwar mittels einer anderen Technologie als der für die Herstellung von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs verwendeten, das einen Alkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat, das Stoffe enthält, die es zum menschlichen Genuss ungeeignet machen, das die Anforderungen des Entwurfs einer Europäischen Norm pr EN 15376 für als Kraftstoff verwendetes Bioethanol erfüllt und das nicht in einem besonderen Denaturierungsverfahren denaturiert worden ist, und dass sie zum anderen eine tatsächliche Verwendung dieses Erzeugnisses als Biokraftstoff verlangt.

39      Der Direktor, die bulgarische und die griechische Regierung sowie die Europäische Kommission tragen vor, dass die Definition in der genannten Bestimmung auch ein solches Erzeugnis erfasse. Der Direktor und die bulgarische Regierung vertreten darüber hinaus die Ansicht, dass das Erzeugnis tatsächlich als Kraftstoff verwendet werden müsse, und die griechische Regierung ist der Ansicht, dass der Begriff „Bioethanol“ im Sinne der Richtlinie 2003/30 nicht unabhängig von der Zweckbestimmung dieses Erzeugnisses ausgelegt werden könne. Zum letzteren Punkt hat die Kommission in der Sitzung geltend gemacht, dass das entscheidende Kriterium für die Einstufung eines Erzeugnisses als „Bioethanol“ im Sinne der betreffenden Bestimmung die tatsächliche Verwendung des Erzeugnisses als Biokraftstoff sei, hat allerdings auf Befragung hierzu betont, dass die Richtlinie 2003/30 den Schwerpunkt darauf lege, dass das Erzeugnis geeignet ist, als Biokraftstoff verwendet zu werden.

40      Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 ist Bioethanol Ethanol, also Ethylalkohol, der insbesondere aus Biomasse hergestellt wird und für die Verwendung als Biokraftstoff bestimmt ist. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a sind Biokraftstoffe flüssige oder gasförmige Verkehrskraftstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden. Demnach fällt ein Erzeugnis, das einen Ethylalkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat und aus Biomasse gewonnen wird, unter die Definition von Bioethanol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie, wenn es „für die Verwendung als Biokraftstoff bestimmt ist“.

41      Was die letztere Voraussetzung betrifft, ergibt eine vergleichende Prüfung der verschiedenen Sprachfassungen dieser Bestimmung, wie auch von der bulgarischen Regierung vorgetragen, dass bestimmte Fassungen, wie die tschechische und die französische, daran denken lassen, dass die tatsächliche Verwendung als Biokraftstoff verlangt wird. Andere Fassungen, etwa die italienische und die litauische, scheinen darauf hinzudeuten, dass es bereits genügt, dass das Erzeugnis dazu bestimmt ist, als Biokraftstoff verwendet zu werden. Wieder andere Sprachfassungen, wie die spanische und die polnische, können so verstanden werden, dass sie sich im einen wie im anderen Sinne auslegen lassen.

42      Nach ständiger Rechtsprechung gebietet die Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung und damit Auslegung der verschiedenen Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts, dass die fragliche Vorschrift, wenn die Fassungen voneinander abweichen, nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt wird, zu der sie gehört (Urteile vom 24. Oktober 1996, Kraaijeveld u. a., C‑72/95, Slg. 1996, I‑5403, Randnr. 28, und vom 19. April 2007, Profisa, C‑63/06, Slg. 2007, I‑3239, Randnr. 14).

43      Aus Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2003/30 geht hervor, dass Bioethanol, das in Abs. 2 Buchst. a beschrieben wird, nur ein Beispiel für ein Erzeugnis ist, das als Biokraftstoff im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden kann. Wie bereits in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils festgestellt, bezieht sich dieser Begriff spezifisch auf einen Verkehrskraftstoff, der aus Biomasse hergestellt wird. Des Weiteren geht insbesondere aus den Erwägungsgründen 4 bis 7, 10 und 14 der Richtlinie 2003/30 sowie aus deren Titel und Art. 1 hervor, dass diese Richtlinie die Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen als Ersatz für die bisher verwendeten Otto- und Dieselkraftstoffe im Verkehrssektor fördern soll.

44      Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn der Begriff „Bioethanol“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 dahin ausgelegt würde, dass es genügt, dass ein bestimmtes Erzeugnis geeignet ist, als Biokraftstoff verwendet zu werden. Ginge man jedoch davon aus, dass ein Erzeugnis nur dann unter diesen Begriff fällt, wenn es tatsächlich als Biokraftstoff verwendet wird, hinge eine solche Einstufung von späteren Tatsachenprüfungen ab und wäre damit kaum praktikabel. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach dem 23. Erwägungsgrund und Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 die Verwendung von Biokraftstoffen und anderen erneuerbaren Kraftstoffen als alternative Kraftstoffe für den Verkehrssektor durch ihr Inverkehrbringen auf den Märkten gefördert werden sollte.

45      Folglich ist Ethanol, das aus Biomasse hergestellt wird, nur dann Bioethanol im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30, wenn es als Biokraftstoff für den Verkehrssektor in den Verkehr gebracht wird.

46      Da diese Bestimmung keine weitere Voraussetzungen aufstellt, die sich auf die Herstellungstechnologie, die Stoffe, die das Erzeugnis enthalten muss, die Normen, die es erfüllen muss, oder seine etwaige Denaturierung beziehen, haben diese Gesichtspunkte keine Bedeutung für die Frage, ob ein bestimmtes Erzeugnis als Bioethanol im Sinne der genannten Bestimmung angesehen werden kann.

47      Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass die Definition von Bioethanol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 dahin auszulegen ist, dass sie auch ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche erfasst, das insbesondere aus Biomasse gewonnen wird und einen Alkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat, wenn es als Biokraftstoff für den Verkehrssektor in den Verkehr gebracht wird.

 Zur dritten und zur vierten Frage

48      Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen des durch Art. 267 EG eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Verfahrens sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegte Frage gegebenenfalls umzuformulieren (Urteile vom 17. Juli 1997, Krüger, C‑334/95, Slg. 1997, I‑4517, Randnrn. 22 und 23, sowie vom 11. März 2008, Jager, C‑420/06, Slg. 2008, I‑1315, Randnr. 46).

49      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das nationale Gericht mit seiner dritten und seiner vierten Frage in Wirklichkeit wissen möchte, welche Steuerregelung für ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche gilt, das möglicherweise unter die Definition von Bioethanol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2003/30 fällt. Aus den Richtlinien 92/83 und 2003/96 geht nämlich hervor, dass die steuerliche Behandlung eines solchen Erzeugnisses insbesondere von dessen Einreihung in die KN abhängt.

50      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, sind daher die dritte und die vierte Frage so zu verstehen, dass damit geklärt werden soll, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das möglicherweise unter die Definition von Bioethanol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2003/30 fällt, das aus Biomasse gewonnen wird, und zwar mittels einer anderen Technologie als der für die Herstellung von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs verwendeten, das einen Alkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat, das Stoffe enthält, die es zum menschlichen Genuss ungeeignet machen, das die Anforderungen des Entwurfs einer Europäischen Norm pr EN 15376 für als Kraftstoff verwendetes Bioethanol erfüllt und das nicht in einem besonders vorgesehenen Denaturierungsverfahren denaturiert worden ist, bezüglich der anwendbaren Verbrauchsteuer den Bestimmungen der Richtlinie 92/83 oder denen der Richtlinie 2003/96 unterliegt.

51      Evroetil vertritt die Auffassung, dass ein solches Erzeugnis in den Geltungsbereich der Richtlinie 2003/96 falle, und zwar insbesondere deswegen, weil es, da zum menschlichen Genuss ungeeignet, nicht als Trinkalkohol besteuert werden könne. Der Direktor, die bulgarische und die griechische Regierung sowie die Kommission sind hingegen der Ansicht, dass ein solches Erzeugnis hinsichtlich seiner steuerlichen Behandlung unter die Richtlinie 92/83 falle. Die Kommission trägt insbesondere vor, dass die Anwendung der Richtlinie 92/83 Vorrang vor der Anwendung der Richtlinie 2003/96 habe.

52      Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass durch die Bestimmungen der Richtlinie 2003/30 keine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Einführung oder Beibehaltung eines Steuerbefreiungsregimes für Biokraftstoffe begründet wird. Folglich kann aus den Bestimmungen dieser Richtlinie kein Recht auf eine Steuerbefreiung abgeleitet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Plantanol, C‑201/08, Slg. 2009, I‑8343, Randnrn. 33 bis 38). Anders als offenbar Evroetil und das vorlegende Gericht meinen, hat die Einstufung als „Bioethanol“ im Sinne der Richtlinie 2003/30 keine Bedeutung für die Frage, wie ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche nach dem Unionsrecht steuerlich zu behandeln ist.

53      Zweitens ist festzustellen, dass die Richtlinie 2003/96 nach ihrem 27. Erwägungsgrund der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 92/83 nicht entgegensteht, wenn das zur Verwendung als Kraftstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraftstoffen bestimmte oder als solches zum Verkauf angebotene oder verwendete Erzeugnis Ethylalkohol gemäß der Definition in der Richtlinie 92/83 ist. Wie die Kommission zutreffend ausführt, erfolgt die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2003/96 hinsichtlich von Ethylalkohol im Sinne der Richtlinie 92/83 subsidiär im Verhältnis zur Anwendung der Bestimmungen der letztgenannten Richtlinie 92/83. Nur wenn ein als „Ethylalkohol“ im Sinne der Richtlinie 92/83 eingestuftes Erzeugnis nach dieser Richtlinie von der Verbrauchsteuer befreit ist, können somit gegebenenfalls die Bestimmungen der Richtlinie 2003/96 auf dieses Erzeugnis angewandt werden.

54      Nach Art. 20 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/83 bezeichnet der Begriff „Ethylalkohol“ u. a. „alle Erzeugnisse der KN-Codes 2207 und 2208 mit einem vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol.“. Der KN-Code 2207 erfasst insbesondere unvergällten Ethylalkohol mit einem Alkoholgehalt von mindestens 80 % vol oder vergällten Ethylalkohol mit beliebigem Alkoholgehalt.

55      Ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche, nämlich Ethylalkohol mit einem Alkoholgehalt von mehr als 80 % vol, fällt somit unter den KN-Code 2207.

56      Dass der Begriff „Bioethanol“ im Wortlaut dieser KN-Position nicht vorkommt, ist dabei unbeachtlich. Im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit ist nämlich das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. Urteil vom 18. Juli 2007, Olicom, C‑142/06, Slg. 2007, I‑6675, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche bleibt aber, auch wenn es insbesondere hinsichtlich der Art und Weise seiner Herstellung einige Besonderheiten aufweist, angesichts seiner objektiven Merkmalen und Eigenschaften Ethylalkohol mit einem Alkoholgehalt von 80 % vol.

57      Dass ein solches Erzeugnis zum menschlichen Genuss ungeeignet ist, ist für seine Einreihung in die KN-Position 2207 ebenso wenig von Belang. Wie sich schon ihrem Titel entnehmen lässt, dient die Richtlinie 92/83 der Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern sowohl auf alkoholische Getränke als auch auf Alkohol im Allgemeinen (Urteil vom 9. Dezember 2010, Repertoire Culinaire, C‑163/09, Slg. 2010, I‑0000, Randnrn. 27 und 29).

58      Demnach entspricht ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das unter den KN-Code 2207 fällt und einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol hat, der Definition von Ethylalkohol in Art. 20 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/83. Es ist daher nach Art. 19 Abs. 1 dieser Richtlinie der harmonisierten Verbrauchsteuer zu unterwerfen, allerdings unter dem Vorbehalt der in Art. 27 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie vorgesehenen Befreiung.

59      Wie sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, hängt die Gewährung bzw. Versagung der Steuerbefreiung von der Denaturierungsmethode ab. Wurde diese Methode auf Unionsebene genehmigt, wird auf den Alkohol gemäß Art. 27 Abs. 1 Buchst. a keine Verbrauchsteuer erhoben. Wurde der Alkohol, der in einem nicht für den menschlichen Genuss bestimmten Erzeugnis enthalten ist, hingegen nach einer mitgliedstaatlich genehmigten Methode denaturiert, ist die Steuerbefreiung nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. b anzuwenden. Entspricht die Denaturierungsmethode keiner durch Unionsrecht oder durch innerstaatliches Recht genehmigten Methode, kann das Erzeugnis nicht von der Steuer befreit werden (Urteil vom 7. Dezember 2000, Italien/Kommission, C‑482/98, Slg. 2000, I‑10861, Randnrn. 40 und 41).

60      In diesem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Denaturierung ein Vorgang ist, bei dem Alkohol durch die absichtliche Zugabe bestimmter Stoffe toxisch gemacht wird, damit er nicht für den Gebrauch als Lebensmittel umgewandelt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Italien/Kommission, Randnrn. 21 und 22; vgl. ferner zur Information die Erläuterungen der Weltzollorganisation zur HS-Position 2207, auf die in den von der Kommission gemäß den Art. 9 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich und 10 der Verordnung Nr. 2658/87 in der Fassung der Verordnung [EG] Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 [ABl. L 28, S. 16)] erlassenen KN-Erläuterungen zum KN-Code 2207 in ihrer am 1. Januar 2007 geltenden Fassung [ABl. 2006, C 50, S. 1] verwiesen wird).

61      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass dem im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnis kein Denaturierungsmittel absichtlich beigegeben wurde, um dieses Erzeugnis auf unumkehrbare Weise für den menschlichen Genuss ungeeignet zu machen. Daher genügt die Feststellung, dass das Erzeugnis nicht im Sinne von Art. 27 Absatz 1 Buchst. a oder Buchst. b der Richtlinie 92/83 denaturiert wurde, ohne dass geklärt werden müsste, ob die angewandte Denaturierungsmethode einer der im Unionsrecht oder in der bulgarischen Rechtsordnung zugelassenen Methoden entspricht.

62      Folglich ist sowohl der Umstand unbeachtlich, dass für die Republik Bulgarien die Beschreibung der zur vollständigen Denaturierung von Alkohol gemäß Art. 27 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 92/83 einzusetzenden Denaturierungsmittel erst durch die Verordnung Nr. 67/2008 in die Verordnung Nr. 3199/93 aufgenommen wurde, als auch der von Evroetil in der Sitzung geltend gemachte Umstand – unterstellt man ihn als erwiesen –, dass erst im Jahr 2011 Bestimmungen, die sich spezifisch auf die Denaturierung von Bioethanol beziehen, in das bulgarische Recht aufgenommen wurden. Darüber hinaus lässt sich der Vorlageentscheidung entnehmen, dass Art. 4 des Verbrauchsteuergesetzes bereits zum Zeitpunkt des Sachverhalts, auf den sich die dem Gerichtshof gestellten Fragen beziehen, in Nr. 12 bestimmte, dass die „‚Denaturierung‘… ein Vorgang [ist], bei dem Ethylalkohol giftige oder für den Geschmacks- oder den Geruchssinn unangenehme Stoffe (Zusätze) beigegeben werden, die ihn gesundheitsgefährdend oder zum Trinken ungeeignet machen“.

63      Dass ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche selbst zum menschlichen Genuss ungeeignet ist, genügt im Übrigen nicht, damit es als denaturiert im Sinne von Art. 27 Abs. 1 Buchst. a oder b der Richtlinie 92/83 angesehen werden kann. Wie aus Randnr. 60 des vorliegenden Urteils hervorgeht, wird nämlich bei der Denaturierung Alkohol durch die absichtliche Zugabe bestimmter Stoffe toxisch gemacht, damit er auf unumkehrbare Weise für den menschlichen Genuss ungeeignet gemacht wird. Der bloße Umstand, dass dieser Alkohol selbst toxisch ist, schließt aber nicht aus, dass er anschließend behandelt werden kann, damit ihm seine Toxizität genommen wird. Da das Erfordernis der Unumkehrbarkeit der Denaturierung der Vermeidung von Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch im Bereich der Befreiungen von den Verbrauchsteuern dient, können die bloßen Kosten dieser Behandlung, auch wenn sie sehr hoch sein sollten, entgegen dem Vorbringen von Evroetil nicht genügen, um eine solche Möglichkeit auszuschließen.

64      Schließlich enthält, worauf die Kommission in der Sitzung zu Recht hingewiesen hat, der Entwurf einer Europäischen Norm pr EN 15376, der inzwischen durch die am 24. Dezember 2010 vom Europäischen Komitee für Normung angenommene Norm EN 15376:2011 „Kraftstoffe für Kraftfahrzeuge – Ethanol zur Verwendung als Blendkomponente in Ottokraftstoff – Anforderungen und Prüfverfahren“ ersetzt worden ist, in Nr. 4.3 eine Liste der empfohlenen Denaturierungsmittel, die keine schädlichen Auswirkungen auf die Fahrzeuge haben. Das Vorbringen von Evroetil, die Denaturierung des im Ausgangsverfahrens fraglichen Erzeugnisses könne nicht verlangt werden, weil sie das Erzeugnis für eine Verwendung als Biokraftstoff ungeeignet mache, ist daher zurückzuweisen.

65      Demnach kann ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahrens fragliche, dass der Definition von Ethylalkohol in Art. 20 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/83 entspricht und nicht gemäß Art. 27 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Richtlinie denaturiert wurde, nicht von der in der Richtlinie vorgesehenen Verbrauchsteuer befreit werden. Wie sich aus Randnr. 53 des vorliegenden Urteils ergibt, schließt diese Feststellung aus, dass das Erzeugnis in den Geltungsbereich der Richtlinie 2003/96 fallen kann.

66      Nach alledem ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das einen Ethylalkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat und das nicht in einem besonders vorgesehenen Denaturierungsverfahren denaturiert worden ist, mit der in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 92/83 vorgesehenen Verbrauchsteuer zu belegen ist, obwohl es aus Biomasse gewonnen wird, und zwar mittels einer anderen Technologie als der für die Herstellung von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs verwendeten, Stoffe enthält, die es zum menschlichen Genuss ungeeignet machen, die Anforderungen des Entwurfs einer Europäischen Norm pr EN 15376 für als Kraftstoff verwendetes Bioethanol erfüllt und möglicherweise der Definition von Ethylalkohol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 entspricht.

 Kosten

67      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Definition von Bioethanol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor ist dahin auszulegen, dass sie auch ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche erfasst, das insbesondere aus Biomasse gewonnen wird und einen Alkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat, wenn es als Biokraftstoff für den Verkehrssektor in den Verkehr gebracht wird.

2.      Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das einen Ethylalkoholgehalt von mehr als 98,5 % hat und das nicht in einem besonders vorgesehenen Denaturierungsverfahren denaturiert worden ist, mit der in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke vorgesehenen Verbrauchsteuer zu belegen ist, obwohl es aus Biomasse gewonnen wird, und zwar mittels einer anderen Technologie als der für die Herstellung von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs verwendeten, Stoffe enthält, die es zum menschlichen Genuss ungeeignet machen, die Anforderungen des Entwurfs einer Europäischen Norm pr EN 15376 für als Kraftstoff verwendetes Bioethanol erfüllt und möglicherweise der Definition von Ethylalkohol in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/30 entspricht.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Bulgarisch.