Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Nichtigkeitsgründe – Kollision mit einem älteren Geschmacksmuster – Geschmacksmuster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck als das ältere Geschmacksmuster erweckt – Informierter Benutzer – Begriff

(Verordnung Nr. 6/2002 des Rates, Art. 6 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 25 Abs. 1 Buchst. d)

2. Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Beschwerdeverfahren – Klage beim Gemeinschaftsrichter – Zuständigkeit des Gerichts – Offensichtliche Beurteilungsfehler – Ermessensspielraum des Amts

(Verordnung Nr. 6/2002 des Rates, Art. 61)

Leitsätze

1. Der Begriff des informierten Benutzers ist als Begriff zu verstehen, der zwischen dem im Markenbereich anwendbaren Begriff des Durchschnittsverbrauchers, von dem keine speziellen Kenntnisse erwartet werden und der im Allgemeinen keinen direkten Vergleich zwischen den einander gegenüberstehenden Marken anstellt, und dem des Fachmanns als Sachkundigen mit profunden technischen Fertigkeiten liegt. Somit kann der Begriff des informierten Benutzers als Bezeichnung eines Benutzers verstanden werden, dem keine durchschnittliche Aufmerksamkeit, sondern eine besondere Wachsamkeit eigen ist, sei es wegen seiner persönlichen Erfahrung oder seiner umfangreichen Kenntnisse in dem betreffenden Bereich.

Die Natur des informierten Benutzers an sich bedingt es, dass er, soweit möglich, einen direkten Vergleich der fraglichen Geschmacksmuster vornimmt. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher Vergleich im betreffenden Bereich undurchführbar oder ungewöhnlich ist, insbesondere wegen spezieller Umstände oder der Merkmale der Gegenstände, die die Geschmacksmuster darstellen. Mangels eines entsprechenden konkreten Hinweises im Rahmen der Verordnung Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster kann nicht angenommen werden, dass der Unionsgesetzgeber die Beurteilung von Geschmacksmustern auf einen direkten Vergleich beschränken wollte.

Was den Grad der Aufmerksamkeit des informierten Benutzers betrifft, ist dieser zwar nicht der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der ein Geschmacksmuster in der Regel als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet, aber auch kein Sachkundiger oder Fachmann, der minimale Unterschiede, die zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern bestehen können, im Detail feststellen kann. Somit setzt die Bezeichnung „informiert“ voraus, dass der Benutzer, ohne dass er ein Entwerfer oder technischer Sachverständiger wäre, verschiedene Geschmacksmuster kennt, die es in dem betroffenen Wirtschaftsbereich gibt, dass er gewisse Kenntnisse in Bezug auf die Elemente besitzt, die diese Geschmacksmuster für gewöhnlich aufweisen, und dass er diese Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit benutzt.

(vgl. Randnrn. 53, 55, 57, 59)

2. Das Gericht ist im Rahmen einer gegen eine Entscheidung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) gerichteten Aufhebungsklage dafür zuständig, die vom Amt vorgenommene Beurteilung der vom Antragsteller vorgebrachten Angaben einer vollen Rechtmäßigkeitsprüfung zu unterziehen.

Was den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung betrifft, kann das Gericht dem Amt einen gewissen Ermessensspielraum einräumen, insbesondere wenn das Amt hochtechnische Beurteilungen vorzunehmen hat, und sich in Bezug auf den Umfang seiner Prüfung von Entscheidungen der Beschwerdekammer im Bereich der gewerblichen Geschmacksmuster auf die Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler beschränken.

(vgl. Randnrn. 66-67)