Rechtssache C-185/10
Europäische Kommission
gegen
Republik Polen
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats — Richtlinie 2001/83/EG — Art. 5 und 6 — Arzneispezialitäten — Humanarzneimittel — Genehmigung für das Inverkehrbringen — Regelung eines Mitgliedstaats, nach der Arzneimittel, die genehmigten Arzneimitteln gleichartig, aber kostengünstiger sind, von der Genehmigung für das Inverkehrbringen befreit sind“
Leitsätze des Urteils
Rechtsangleichung — Humanarzneimittel — Richtlinie 2001/83 — Einfuhr eines Erzeugnisses, das ein Arzneimittel darstellt, in einen Mitgliedstaat — Erfordernis, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erwirken — Ausnahme in besonderen Bedarfsfällen — Tragweite
(Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung, Art. 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1)
Rechtsangleichung — Humanarzneimittel — Richtlinie 2001/83 — Einfuhr eines Erzeugnisses, das ein Arzneimittel darstellt, in einen Mitgliedstaat — Erfordernis, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erwirken — Ausnahme in besonderen Bedarfsfällen — Tragweite — Ausnahmecharakter — Voraussetzungen
(Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung, Art. 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1)
Ein Mitgliedstaat verstößt gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 der Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung, wenn er eine Rechtsvorschrift erlässt und beibehält, die aus dem Ausland eingeführte Arzneimittel, die dieselben Wirkstoffe, dieselbe Dosierung und dieselbe Darreichungsform aufweisen wie Arzneimittel, die in diesem Mitgliedstaat eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erhalten haben, unter u. a. der Voraussetzung von der Genehmigung für das Inverkehrbringen befreit, dass der Preis dieser eingeführten Arzneimittel im Verhältnis zum Preis der Erzeugnisse, für die eine solche Genehmigung erteilt wurde, wettbewerbsfähig ist.
Sind Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen, derselben Dosierung und derselben Darreichungsform wie die, die der behandelnde Arzt für die Behandlung seiner Patienten verschreiben zu müssen glaubt, bereits genehmigt und auf dem nationalen Markt verfügbar, kann von „besonderen Bedarfsfällen“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83, die eine Ausnahme von dem Erfordernis einer Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie verlangen, keine Rede sein.
Allein aufgrund finanzieller Erwägungen kann nicht vom Vorliegen solcher besonderen Bedarfsfälle ausgegangen werden, durch die die Anwendung der Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie gerechtfertigt werden kann.
(vgl. Randnrn. 37-38, 52)
Die Möglichkeit, nicht genehmigte Arzneimittel einzuführen, die eine nationale Rechtsvorschrift in Ausübung der in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung geltenden Befugnis vorsieht, muss die Ausnahme bleiben, um die praktische Wirksamkeit des Verfahrens der Genehmigung für das Inverkehrbringen zu wahren.
Die sich aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 ergebende Befugnis, die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie auszuschließen, kann somit nur ausgeübt werden, wenn dies unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Patienten erforderlich ist. Eine andere Auslegung liefe dem Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zuwider, das durch die Harmonisierung der Vorschriften über Arzneimittel, insbesondere der Vorschriften über die Genehmigung für das Inverkehrbringen, erreicht wird.
Der Begriff „besondere Bedarfsfälle“ in Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie bezieht sich allein auf aus medizinischen Gründen gerechtfertigte Einzelfälle und setzt voraus, dass das Arzneimittel erforderlich ist, um den Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden. Ferner bedeutet das Erfordernis, dass die Arzneimittel „auf eine nach Treu und Glauben aufgegebene Bestellung, für die nicht geworben wurde“, geliefert werden müssen, dass das Arzneimittel vom Arzt nach einer tatsächlichen Untersuchung seiner Patienten und aufgrund rein therapeutischer Erwägungen verschrieben worden sein muss.
Sieht man alle in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 genannten Voraussetzungen im Licht der wesentlichen Ziele dieser Richtlinie und insbesondere des Ziels betreffend den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, so ergibt sich, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme nur Situationen betreffen kann, in denen nach Ansicht des Arztes der Gesundheitszustand seiner einzelnen Patienten die Verabreichung eines Arzneimittels erfordert, für das es auf dem nationalen Markt kein genehmigtes Äquivalent gibt oder das auf diesem Markt nicht verfügbar ist.
(vgl. Randnrn. 32-36)
Rechtssache C-185/10
Europäische Kommission
gegen
Republik Polen
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats — Richtlinie 2001/83/EG — Art. 5 und 6 — Arzneispezialitäten — Humanarzneimittel — Genehmigung für das Inverkehrbringen — Regelung eines Mitgliedstaats, nach der Arzneimittel, die genehmigten Arzneimitteln gleichartig, aber kostengünstiger sind, von der Genehmigung für das Inverkehrbringen befreit sind“
Leitsätze des Urteils
Rechtsangleichung – Humanarzneimittel – Richtlinie 2001/83 – Einfuhr eines Erzeugnisses, das ein Arzneimittel darstellt, in einen Mitgliedstaat – Erfordernis, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erwirken – Ausnahme in besonderen Bedarfsfällen – Tragweite
(Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung, Art. 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1)
Rechtsangleichung – Humanarzneimittel – Richtlinie 2001/83 – Einfuhr eines Erzeugnisses, das ein Arzneimittel darstellt, in einen Mitgliedstaat – Erfordernis, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erwirken – Ausnahme in besonderen Bedarfsfällen – Tragweite – Ausnahmecharakter – Voraussetzungen
(Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung, Art. 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1)
Ein Mitgliedstaat verstößt gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 der Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung, wenn er eine Rechtsvorschrift erlässt und beibehält, die aus dem Ausland eingeführte Arzneimittel, die dieselben Wirkstoffe, dieselbe Dosierung und dieselbe Darreichungsform aufweisen wie Arzneimittel, die in diesem Mitgliedstaat eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erhalten haben, unter u. a. der Voraussetzung von der Genehmigung für das Inverkehrbringen befreit, dass der Preis dieser eingeführten Arzneimittel im Verhältnis zum Preis der Erzeugnisse, für die eine solche Genehmigung erteilt wurde, wettbewerbsfähig ist.
Sind Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen, derselben Dosierung und derselben Darreichungsform wie die, die der behandelnde Arzt für die Behandlung seiner Patienten verschreiben zu müssen glaubt, bereits genehmigt und auf dem nationalen Markt verfügbar, kann von „besonderen Bedarfsfällen“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83, die eine Ausnahme von dem Erfordernis einer Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie verlangen, keine Rede sein.
Allein aufgrund finanzieller Erwägungen kann nicht vom Vorliegen solcher besonderen Bedarfsfälle ausgegangen werden, durch die die Anwendung der Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie gerechtfertigt werden kann.
(vgl. Randnrn. 37-38, 52)
Die Möglichkeit, nicht genehmigte Arzneimittel einzuführen, die eine nationale Rechtsvorschrift in Ausübung der in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Verordnung Nr. 1394/2007 geänderten Fassung geltenden Befugnis vorsieht, muss die Ausnahme bleiben, um die praktische Wirksamkeit des Verfahrens der Genehmigung für das Inverkehrbringen zu wahren.
Die sich aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 ergebende Befugnis, die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie auszuschließen, kann somit nur ausgeübt werden, wenn dies unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Patienten erforderlich ist. Eine andere Auslegung liefe dem Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zuwider, das durch die Harmonisierung der Vorschriften über Arzneimittel, insbesondere der Vorschriften über die Genehmigung für das Inverkehrbringen, erreicht wird.
Der Begriff „besondere Bedarfsfälle“ in Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie bezieht sich allein auf aus medizinischen Gründen gerechtfertigte Einzelfälle und setzt voraus, dass das Arzneimittel erforderlich ist, um den Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden. Ferner bedeutet das Erfordernis, dass die Arzneimittel „auf eine nach Treu und Glauben aufgegebene Bestellung, für die nicht geworben wurde“, geliefert werden müssen, dass das Arzneimittel vom Arzt nach einer tatsächlichen Untersuchung seiner Patienten und aufgrund rein therapeutischer Erwägungen verschrieben worden sein muss.
Sieht man alle in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 genannten Voraussetzungen im Licht der wesentlichen Ziele dieser Richtlinie und insbesondere des Ziels betreffend den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, so ergibt sich, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme nur Situationen betreffen kann, in denen nach Ansicht des Arztes der Gesundheitszustand seiner einzelnen Patienten die Verabreichung eines Arzneimittels erfordert, für das es auf dem nationalen Markt kein genehmigtes Äquivalent gibt oder das auf diesem Markt nicht verfügbar ist.
(vgl. Randnrn. 32-36)