Schlussanträge des Generalanwalts
Yves Bot
vom 24. März 2011(1)
Rechtssache C‑15/10
Étimine SA
gegen
Secretary of State for Work and Pensions
(Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Queen’s Bench Division [Administrative Court] [Vereinigtes Königreich])
„Umwelt und Schutz der menschlichen Gesundheit – Richtlinie 67/548/EWG – Richtlinie 2008/58/EG – Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 – Verordnung (EG) Nr. 790/2009 – Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt – Einstufung von Borverbindungen als fortpflanzungsgefährdende Stoffe – Einhaltung der Verfahrensvorschriften – Rechtsgrundlage – Modalitäten der Anhörung des Ausschusses zur Anpassung an den technischen Fortschritt – Kontrolle des offensichtlichen Beurteilungsfehlers – Bei der Bewertung der Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe angewandte Methoden – Begründungspflicht – Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“
1. Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ersucht der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Vereinigtes Königreich), den Gerichtshof, die Gültigkeit der Einstufungen bestimmter borathaltiger Stoffe(2) zu beurteilen, die von der Europäischen Kommission vorgenommen worden sind. Diese Stoffe sind nämlich nunmehr als fortpflanzungsgefährdend eingestuft, womit für die Unternehmen in Sachen Risikomanagement neue Verantwortlichkeiten und Pflichten einhergehen, die ihre wirtschaftlichen Interessen berühren können. Die Unternehmen müssen insbesondere die Verpackungen mit einer besonderen Kennzeichnung versehen, die die Gefahrenhinweise R 60 („Kann die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen“) und R 61 („Kann das Kind im Mutterleib möglicherweise schädigen“) enthalten muss.
2. In der vorliegenden Rechtssache werden zwei Regelungsrahmen tangiert. Der erste ergibt sich aus der Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe(3). Die streitigen Einstufungen wurden nämlich mit der Richtlinie 2008/58/EG der Kommission vom 21. August 2008 zur 30. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt(4) eingeführt.
3. Den zweiten Regelungsrahmen bildet die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008(5), mit der die Richtlinie 67/548 teilweise aufgehoben, geändert und ersetzt wurde, um das von den Vereinten Nationen entwickelte Global Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (im Folgenden: GHS) umzusetzen. Da die auf der Grundlage der Richtlinie 67/548 harmonisierten Einstufungen gültig blieben, hatte die Europäische Kommission entschieden, sie in diesen neuen Regelungsrahmen einzubeziehen. Daher wurden die streitigen Einstufungen in die Verordnung (EG) Nr. 790/2009 der Kommission vom 10. August 2009 zur Änderung der Verordnung Nr. 1272/2008 zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt(6) übernommen.
4. Die Vorlagefragen betreffen die Gültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie und der 1. Anpassungsverordnung. Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, ob die Kommission bei den streitigen Einstufungen, die sie in der 30. Anpassungsrichtlinie und der 1. Anpassungsverordnung vorgenommen hat, die materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften insbesondere der Richtlinie 67/548 und der Verordnung 1272/2008 beachtet hat.
5. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen einige Fragen aufwirft, die mit denjenigen, die sich in der gegenwärtig beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache Nickel Institute (C–14/10) stellen, in der ich ebenfalls die Schlussanträge stelle, übereinstimmen oder zumindest in einem engen Zusammenhang stehen.
I – Unionsrecht
A – Rechtsvorschriften über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe
1. Die Richtlinie 67/548
6. Ziel der Einstufung ist die Bezeichnung aller physikalisch-chemischen, toxischen und ökotoxischen Eigenschaften von Stoffen, die bei gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung eine Gefahr darstellen können. Werden bei einem Stoff oder einer Zubereitung gefährliche Eigenschaften festgestellt, so ist er bzw. sie unter Angabe der Gefahr(en) zu kennzeichnen, um Benutzer, die Öffentlichkeit und die Umwelt zu schützen. Anhang I der Richtlinie 67/548 enthält eine Liste zur Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung von über 8 000 Stoffen oder Stoffgruppen.
2. Das Verfahren zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt
7. Gemäß den Art. 28 und 29 der Richtlinie 67/548 kann die Kommission die Anhänge dieser Richtlinie nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle an den technischen Fortschritt anpassen. Dieses Verfahren ist in Art. 5a des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(7) festgelegt. Diese Vorschrift lautet:
„(1) Die Kommission wird von einem Regelungskontrollausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.
(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuss einen Entwurf der zu ergreifenden Maßnahmen. Der Ausschuss gibt seine Stellungnahme zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist ab, die der Vorsitzende unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der betreffenden Frage festsetzen kann. Die Stellungnahme wird mit der Mehrheit abgegeben, die in Artikel 205 Absätze 2 und 4 des Vertrags für die Annahme der vom Rat auf Vorschlag der Kommission zu fassenden Beschlüsse vorgesehen ist. Bei der Abstimmung im Ausschuss werden die Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten gemäß dem vorgenannten Artikel gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.
…“
8. Die in Art. 205 Abs. 2 EG vorgesehene Mehrheit ist eine qualifizierte Mehrheit.
9. Stehen die beabsichtigten Maßnahmen mit der Stellungnahme des Ausschusses im Einklang, hat die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat den Entwurf von Maßnahmen unverzüglich zur Kontrolle zu unterbreiten und darf diese nur erlassen, wenn sich nach Ablauf einer Frist von drei Monaten weder das Europäische Parlament noch der Rat gegen diesen Entwurf ausgesprochen haben. Stehen die beabsichtigten Maßnahmen dagegen nicht mit der Stellungnahme des Ausschusses im Einklang oder liegt keine Stellungnahme vor, hat die Kommission dem Rat unverzüglich einen Vorschlag für die zu ergreifenden Maßnahmen zu unterbreiten und übermittelt diesen Vorschlag gleichzeitig dem Parlament.
10. Anhang I der Richtlinie 67/548 wurde durch die 30. Anpassungsrichtlinie und zuletzt durch die Richtlinie 2009/2/EG der Kommission vom 15. Januar 2009 zur 31. Anpassung der Richtlinie 67/548(8) geändert, deren Rechtmäßigkeit in der vorliegenden Rechtssache nicht in Frage gestellt wird.
3. Teilweise Aufhebung, Änderung und Ersetzung der Richtlinie 67/548 durch die Verordnung Nr. 1272/2008
11. Mit Wirkung vom 20. Januar 2009 wurde die Richtlinie 67/548 durch die Verordnung Nr. 1272/2008 teilweise aufgehoben, geändert und ersetzt. Mit dieser Verordnung soll insbesondere das GHS umgesetzt werden(9).
12. Wie sich aus dem 53. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1272/2008 ergibt, wurden alle bestehenden harmonisierten Einstufungen unter Verwendung der neuen Kriterien dieser Verordnung in neue harmonisierte Einstufungen umgewandelt. Anhang VII der Verordnung enthält eine entsprechende Umwandlungstabelle.
13. Diese neuen Einstufungen finden sich in Anhang VI Teil 3 der Verordnung Nr. 1272/2008 und insbesondere in Tabelle 3.1.
14. Gemäß Art. 55 Nr. 11 dieser Verordnung wird außerdem Anhang I der Richtlinie 67/548, der die Liste der harmonisierten Einstufungen enthielt, gestrichen. Soweit die Verordnung erst zu einem späteren Zeitpunkt anwendbar wird, bleiben die harmonisierten Einstufungen gemäß den Kriterien der Richtlinie 67/548 bestehen. Sie finden sich daher nunmehr in Tabelle 3.2 des Anhangs VI Teil 3 der Verordnung Nr. 1272/2008.
15. Allerdings ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung deren Anhang VI sämtliche Einstufungen des Anhangs I der Richtlinie 67/548 in der Fassung der Richtlinie 2004/73/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt(10) enthielt. Die mit der 30. Anpassungsrichtlinie eingefügten streitigen Einstufungen enthielt dieser Anhang folglich nicht.
16. Der Inhalt der 30. Anpassungsrichtlinie wurde daher mit Erlass der 1. Anpassungsverordnung in Anhang VI der Verordnung Nr. 1272/2008 aufgenommen.
17. Für die Aufnahme dieses Inhalts stützte sich die Kommission auf die Art. 53 und 54 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1272/2008. Nach diesen Bestimmungen können die Anhänge I bis VII dieser Verordnung nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle gemäß Art. 5a des Beschlusses 1999/468 an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt angepasst werden.
B – Bewertung und Kontrolle der von chemischen Altstoffen ausgehenden Risiken
18. Die Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe(11) sieht nach ihrem 4. Erwägungsgrund hinsichtlich der Bewertung der Risiken von Stoffen, die von der Industrie hergestellt, eingeführt und/oder verwendet werden, eine Aufteilung und Koordinierung der Aufgaben zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und der Industrie vor. So sind die Hersteller und Importeure dieser Stoffe nach den Art. 3 und 4 dieser Verordnung verpflichtet, bestimmte nach Maßgabe des Herstellungs- und Importumfangs relevante Daten zu übermitteln.
19. Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 793/93 erstellt die Kommission Listen von Stoffen, die mit Vorrang auf ihre Risiken zu bewerten sind. Für jeden dieser Stoffe wird gemäß Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats als Berichterstatter benannt.
20. Nach den Art. 9, 10 Abs. 2 und 12 der Verordnung Nr. 793/93 sind die Hersteller und Importeure verpflichtet, gegebenenfalls weitere Angaben zu übermitteln oder Prüfungen vorzunehmen, um fehlende, zur Bewertung der Risiken erforderliche Daten zu beschaffen. In diesem Zusammenhang können die Hersteller und Importeure unter Angabe von Gründen beim Berichterstatter beantragen, dass sie von den zusätzlichen Prüfungen ganz oder teilweise befreit werden, weil eine bestimmte Angabe zur Bewertung des Risikos nicht erforderlich oder nicht zu beschaffen ist. Sie können auch eine längere Frist beantragen, wenn die Umstände dies erfordern.
21. Nachdem der Berichterstatter die Risiken bewertet hat, kann er gegebenenfalls eine Strategie oder Kontrollmaßnahmen zur Begrenzung der festgestellten Risiken vorschlagen (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 793/93). Auf der Grundlage der Risikobewertung und der Strategieempfehlung des Berichterstatters legt die Kommission einen Vorschlag in Bezug auf die Ergebnisse der Risikobewertung der prioritären Stoffe sowie erforderlichenfalls eine Empfehlung für eine geeignete Strategie zur Begrenzung dieser Risiken vor, die nach dem in Art. 15 der Verordnung Nr. 793/93 vorgesehenen Ausschussverfahren gebilligt werden. Auf der Grundlage der auf diese Weise gebilligten Risikobewertung und Strategieempfehlung entscheidet die Kommission, ob es erforderlich ist, Maßnahmen der Gemeinschaft vorzuschlagen.
22. Dieser rechtliche Rahmen wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (REACH)(12) modernisiert.
23. REACH ist ein integriertes System für die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien, das von der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA) verwaltet wird. Eines der Ziele der REACH-Verordnung(13), das in deren Art. 13 niedergelegt ist, besteht darin, die Entwicklung alternativer Beurteilungsmethoden für von Chemikalien ausgehende Gefahren zu fördern.
24. Gemäß den in den Art. 6 und 7 der REACH-Verordnung vorgesehenen Pflichten müssen Hersteller und Importeure, die einen entsprechenden Stoff in einer Menge von mindestens 1 Tonne pro Jahr herstellen oder einführen, diesen bei der ECHA anmelden und registrieren lassen. Zu diesem Zweck müssen sie nach den Art. 10 und 13 der REACH-Verordnung ein ausführliches technisches Dossier einreichen, das Informationen über den Stoff, einschließlich seiner Herstellung, seiner Verwendungen, seiner Einstufungen und inhärenten Eigenschaften, enthält, die gegebenenfalls durch geeignete Versuche oder durch die Ergebnisse einschlägiger Studien nachzuweisen sind.
II – Sachverhalt und Ausgangsverfahren
A – Verfahren, das zu den streitigen Einstufungen geführt hat(14)
25. Am 28. Januar 1999 legte die Französische Republik der Kommission einen Vorschlag zur Einstufung von Borsäure nach der Richtlinie 67/548 als fortpflanzungs- und entwicklungsgefährdenden Stoff der Kategorie 2 vor; dieser Stoff war bisher in Anhang I dieser Richtlinie nicht aufgeführt. Daraufhin legte das Königreich Dänemark am 10. Februar 1999 einen Vorschlag zur Einstufung von Borsäure und Boraxdecahydrat nach dieser Richtlinie in die Kategorie 2 der fortpflanzungsgefährdenden Stoffe und in die Kategorie 3 der entwicklungsgefährdenden Stoffe vor(15).
26. In ihrer Sitzung vom 15. bis 17. November 2000 empfahl die Arbeitsgruppe der Kommission zur Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe beim Europäischen Chemikalienbüro (das durch die ECHA ersetzt wurde), Borsäure nach der Richtlinie 67/548 als sowohl hinsichtlich der Fruchtbarkeit als auch hinsichtlich der Entwicklung fortpflanzungsgefährdenden Stoff der Kategorie 3 einzustufen. Für Boraxdecahydrat und Dinatriumtetraborat wasserfrei empfahl diese Arbeitsgruppe eine Einstufung gemäß dieser Richtlinie als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 3.
27. Auf Ersuchen der Generaldirektion „Umwelt“ der Kommission lud das Europäische Chemikalienbüro Fachleute ein, um die Einstufung von Boraten gemäß der Richtlinie 67/548 auf ihre Reproduktionstoxizität zu überprüfen. In der Sitzung vom 5. und 6. Oktober 2004 untersuchte die mit entsprechenden Fachleuten besetzte Arbeitsgruppe der Kommission mehrere Borverbindungen, wie z. B. Boraxpentahydrat, Boroxid, Borsäure, Boraxdecahydrat und Dinatriumtetraborat wasserfrei, und gelangte zu dem Ergebnis, dass diese Stoffe auf der Grundlage von Tierversuchen gemäß der Richtlinie 67/548 als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 eingestuft werden sollten.
28. Am 4. April 2005 fand eine Zusammenkunft zwischen der Kommission, der Étimine SA(16) und den türkischen Behörden (die Republik Türkei ist nach dem US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien weltweit der zweitgrößte Hersteller von Borsäure) statt, bei der sich die türkischen Behörden gegen die vorgeschlagene Einstufung der Borverbindungen als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 aussprachen. Mit an die Generaldirektion „Umwelt“ gerichtetem Schreiben vom 8. April 2005 wandte sich Étimine gegen die Schlussfolgerungen der Sachverständigen-Arbeitsgruppe und ersuchte die Kommission, diese nicht zu berücksichtigen.
29. In ihrer Sitzung vom 8. September 2005 setzte die Arbeitsgruppe zur Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe mit Vertretern der türkischen Behörden, von Éti Mine Works General Management (der Muttergesellschaft von Étimine) und türkischen Toxikologen die Erörterung der vorgeschlagenen Einstufung von Borverbindungen gemäß der Richtlinie 67/548 fort und beschloss dann, der Stellungnahme der Sachverständigen-Arbeitsgruppe zu folgen und die Einstufung dieser Stoffe als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 zu empfehlen.
30. Mit Schreiben vom 30. September 2005 ersuchten die türkischen Behörden die Kommission, die Entscheidung über die Einstufung von Borverbindungen gemäß der Richtlinie 67/548 so lange aufzuschieben, bis verschiedene Studien, die hierzu durchgeführt würden, abgeschlossen seien.
31. Mit an die Generaldirektion „Umwelt“ gerichtetem Schreiben vom 17. Oktober 2005 wiederholte Étimine ihre Forderung, die Borverbindungen bei der 30. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt nicht als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 einzustufen.
32. Mit Schreiben vom 18. November 2005 teilte die Generaldirektion „Umwelt“ mit, dass sie die Stellungnahme von Étimine gebührend berücksichtigt habe und auf bestimmte in deren Schreiben vom 8. April 2005 angeführte Gesichtspunkte eingegangen sei.
33. Am 21. August 2008 erließ die Kommission die 30. Anpassungsrichtlinie. Diese Richtlinie wurde nach dem in den Art. 28 und 29 der Richtlinie 67/548 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
34. Schließlich erließ die Kommission am 10. August 2009 auf der Grundlage des Art. 53 der Verordnung Nr. 1272/2008 die 1. Anpassungsverordnung. Die streitigen Einstufungen wurden also mit Wirkung vom 25. September 2009 in Anhang VI dieser Verordnung aufgenommen.
B – Ausgangsverfahren
35. Étimine, eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts, ist Alleinvertreiberin im Vereinigten Königreich der von ihrer Muttergesellschaft, Éti Mine Works General Management, in der Türkei hergestellten Borverbindungen. Die Streithelferin, die Borax Europe Ltd (17), gehört zur Rio Tinto plc, einer amerikanischen Unternehmensgruppe, die Boratminen in Kalifornien und Argentinien betreibt.
36. Am 5. Dezember 2008 erhoben Étimine und die Éti Ab Étiproducts Oy, eine Gesellschaft finnischen Rechts, beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung der 30. Anpassungsrichtlinie, soweit die Einstufung der Borate betroffen war. Mit Beschluss vom 7. Juli 2009 wurde Borax als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen zugelassen. Mit seinem Beschluss Étimine und Étiproducts/Kommission wies das Gericht diese Klage als unzulässig ab, da die Klägerinnen durch die streitige Regelung nicht im Sinne von Art. 230 EG individuell betroffen waren.
37. Gleichzeitig erhob Étimine beim vorlegenden Gericht eine Klage gegen den Secretary of State for Work and Pensions, die darauf gerichtet ist, die Rechtmäßigkeit der „Absicht und/oder Verpflichtung“ der Regierung des Vereinigten Königreichs, die 30. Anpassungsrichtlinie umzusetzen, überprüfen zu lassen.
III – Vorabentscheidungsersuchen
38. Der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court), hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Sind die streitigen Einstufungen von Borverbindungen durch die 30. Anpassungsrichtlinie und/oder durch die 1. Anpassungsverordnung aus einem oder mehreren der folgenden Gründe unwirksam?
a) Sind die Einstufungen in die 30. Anpassungsrichtlinie unter Verstoß gegen wesentliche Verfahrenserfordernisse aufgenommen worden?
b) Ist die Aufnahme der Einstufungen in die 30. Anpassungsrichtlinie unter Verstoß gegen die Richtlinie 67/548 und/oder aufgrund offensichtlicher Bewertungsfehler erfolgt, weil
– die Kommission den in Anhang VI zur Richtlinie 67/548 enthaltenen Grundsatz der Berücksichtigung der ‚gebräuchlichen Handhabung und Verwendung‘ nicht oder nicht richtig angewandt hat;
– es zu einer rechtswidrigen Anwendung der Kriterien für die Risikobewertung gekommen ist;
– die Kommission das Kriterium der „Geeignetheit“ unter Verstoß gegen Abschnitt 4.2.3.3 des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 nicht oder nicht richtig angewandt hat;
– die Kommission die Notwendigkeit von epidemiologischen Daten/Humandaten nicht oder nicht ordnungsgemäß beachtet hat und/oder
– die Kommission rechtswidrig Daten zu einer der Borverbindungen zum Zweck der Einstufung der anderen Borverbindungen herangezogen hat und/oder entgegen Art. 253 EG keine hinreichende Begründung für eine solche Extrapolation gegeben hat?
c) Sind die Einstufungen in die 30. Anpassungsrichtlinie unter Verstoß gegen den für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aufgenommen worden?
2. Sind die streitigen Einstufungen der Borverbindungen durch die 1. Anpassungsverordnung deshalb unwirksam, weil
a) die 1. Anpassungsverordnung fehlerhaft unter Heranziehung des Verfahrens nach Art. 53 als Rechtsgrundlage zustande gekommen ist;
b) die Kriterien für die Neueinführung von harmonisierten Einstufungen nach Anhang I der Verordnung Nr. 1272/2008 nicht angewandt worden sind und stattdessen Anhang VII dieser Verordnung fehlerhaft angewandt worden ist?
39. Erklärungen haben neben den Parteien des Ausgangsverfahrens und der Streithelferin auch die Regierung des Vereinigten Königreichs, die dänische, die deutsche, die französische, die österreichische Regierung und sowie die Kommission abgegeben.
IV – Würdigung
A – Zur Zulässigkeit der ersten Frage
40. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie ihre Einrede der Unzulässigkeit gegen die erste Frage zurücknehme. Da diese Fragestellung jedoch in den Schriftsätzen behandelt wird, werde ich hierauf eingehen.
41. In ihren Erklärungen hat die Kommission vorgetragen, dass die erste Frage unzulässig sei, soweit sie die Gültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie betreffe. Hierfür hat sie die gleichen Argumente vorgebracht wie in der Rechtssache Nickel Institute. Sie hat insbesondere vorgetragen, diese Richtlinie sei mit der 1. Anpassungsverordnung zum 20. Januar 2009 aufgehoben worden, d. h., einige Monate vor Einreichung des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens. Außerdem habe das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, wie die Mehrheit der Mitgliedstaaten, diese Richtlinien nicht in seine interne Rechtsordnung umgesetzt gehabt, so dass sich die Antworten des Gerichtshofs nicht auf den Ausgang des Verfahrens auswirken könnten.
42. Aus denselben Gründen wie denen, die ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Nickel Institute angeführt habe, erscheinen mir diese Ausführungen nicht zutreffend.
43. Insbesondere teile ich nicht die Auffassung der Kommission, dass der Unionsgesetzgeber die 30. Anpassungsrichtlinie aufgehoben hat, indem er Anhang I der Richtlinie 67/548 im Rahmen der Verordnung Nr. 1272/2008 gestrichen hat.
44. Es trifft zwar zu, dass einziges Ziel der 30. Anpassungsrichtlinie die Änderung von Anhang I der Richtlinie 67/548 ist(18), doch lässt sich daraus keine solche Schlussfolgerung ziehen. Die 30. Anpassungsrichtlinie entfaltet nämlich gegenüber den Mitgliedstaaten Rechtswirkungen und kann meines Erachtens nur durch eine formale Aufhebung aufgehoben werden(19). Dies ist durch den Grundsatz der Rechtssicherheit gerechtfertigt. Die 30. Anpassungsrichtlinie ist zwar mittlerweile überholt, sie wurde jedoch im Rahmen der Verordnung Nr. 1272/2008 in der Fassung der 1. Anpassungsverordnung nicht ausdrücklich aufgehoben.
45. Des Weiteren handelt es sich bei der 30. Anpassungsrichtlinie um einen Rechtsakt zur Änderung der Richtlinie 67/548. Folglich hängt ihr Schicksal eng mit dem dieser Richtlinie zusammen. Der Unionsgesetzgeber hat in Art. 60 der Verordnung Nr. 1272/2008 in der Fassung der 1. Anpassungsverordnung ausdrücklich vorgesehen, dass „die Richtlinie 67/548 … mit Wirkung vom 1. Juni 2015 aufgehoben [wird]“. Die Bezugnahme auf die „Richtlinie 67/548“ umfasst erst recht alle Änderungsrichtlinien, die seit dem 27. Juni 1967 erlassen wurden, einschließlich der 30. Anpassungsrichtlinie. Ab Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1272/2008 bis zum 1. Juni 2015 bestehen die 1. Anpassungsverordnung und die Richtlinie 67/548 nebeneinander. Die gemäß den harmonisierten Kriterien der Richtlinie 67/548 vorgenommenen Einstufungen bleiben bestehen und finden sich unverändert in Tabelle 3.2 des Anhangs VI der Verordnung Nr. 1272/2008, während Tabelle 3.1 desselben Anhangs die neue Einstufung gemäß des GHS enthält(20).
46. Der Kommission ist schließlich ein Beurteilungsfehler unterlaufen, wenn sie geltend macht, dass die 30. Anpassungsrichtlinie zum 20. Januar 2009 aufgehoben wurde.
47. Dies ist nicht das richtige Datum. Es entspricht dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1272/2008. Gemäß Art. 55 Nr. 11 dieser Verordnung wird Anhang I der Richtlinie 67/548 mit sofortiger Wirkung gestrichen(21). Dabei handelt es sich um Anhang I in der Fassung der Richtlinie 2004/73 zur, wie bereits erwähnt, 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt. Wie die Kommission in ihren Erklärungen ausführt, konnte der Unionsgesetzgeber die Änderungen dieses Anhangs, die aufgrund der 30. Anpassungsrichtlinie erfolgten, nicht berücksichtigen, da der Text der Verordnung Nr. 1272/2008 zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens „eingefroren“ war.
48. Diese Änderungen wurden von der Kommission daher am 10. August 2009 im Rahmen der 1. Anpassungsverordnung übernommen(22). Wie sich aus dem Erwägungsgrund 2 dieser Verordnung ergibt, war die Kommission der Ansicht, dass „Anhang VI der Verordnung … Nr. 1272/2008 … geändert werden [muss], um den kürzlich verabschiedeten Änderungen von Anhang I der Richtlinie … 67/548 Rechnung zu tragen, die mit der [30. Anpassungsrichtlinie] … und der [31. Anpassungsrichtlinie] eingeführt worden sind[(23)]. Somit ist festzustellen, dass die 30. Anpassungsrichtlinie vor dem Inkrafttreten der 1. Anpassungsverordnung am 10. August 2009 in Kraft war.
49. Folglich war die 30. Anpassungsrichtlinie in Kraft, als das vorlegende Gericht das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt hat.
50. Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist die Beurteilung der Gültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens nicht offensichtlich unerheblich. Denn die Verordnung Nr. 1272/2008 in der Fassung der 1. Anpassungsverordnung übernimmt, wie bereits dargelegt, in Tabelle 3.2 ihres Anhangs VI Teil 3 die Einstufung gemäß der Richtlinie 67/548 in der zuletzt durch die 30. und 31. Anpassungsrichtlinie geänderten Fassung. Demnach lässt sich die Beurteilung der Gültigkeit der Verordnung Nr. 1272/2008 nicht von der Beurteilung der Gültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie trennen.
51. Nach alledem halte ich die erste Frage für zulässig, soweit sie die Gültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie betrifft.
B – Zur ersten Frage
52. Mit seiner ersten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof, die Rechtmäßigkeit der streitigen Einstufungen unter drei Gesichtspunkten zu prüfen. Aus seiner Sicht ist erstens fraglich, ob die Kommission die Verfahrensvorschriften des Art. 29 der Richtlinie 67/548 und des Art. 5 des Beschlusses 1999/468 eingehalten hat. Zweitens soll der Gerichtshof prüfen, ob der Kommission bei der Bewertung der inhärenten Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe nicht eine Reihe von Beurteilungsfehlern unterlaufen ist. Drittens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Kommission bei dieser Bewertung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet hat.
1. Zur Einhaltung der Verfahrensvorschriften
53. Das vorlegende Gericht möchte zunächst wissen, ob die Gültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie nicht durch eine Verletzung der Verfahrensvorschriften des Art. 29 der Richtlinie 67/548 und des Art. 5 des Beschlusses 1999/468 berührt wird.
54. Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission nach diesen Bestimmungen den Entwurf der ihrer Auffassung nach für die Anpassung an den technischen Fortschritt erforderlichen Maßnahmen dem Ausschuss „Anpassung an den technischen Fortschritt“(24) vorzulegen. Der Anpassungsausschuss hat eine Stellungnahme abzugeben, und zwar mit qualifizierter Mehrheit, wobei die Stimmen der Mitgliedstaaten gemäß Art. 205 Abs. 2 EG gewogen werden.
55. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens macht geltend, dass dieses Verfahren nicht eingehalten worden sei, da der Anpassungsausschuss nicht die Möglichkeit gehabt habe, sich speziell zu den streitigen Einstufungen zu äußern, sondern mit der Gesamtheit der Einstufungs-, Änderungs- und Aufhebungsvorschläge des Entwurfs der 30. Anpassung an den technischen Fortschritt befasst worden sei. Mit dieser Vorgehensweise habe sich die Kommission über die Vorbehalte hinweggesetzt, die von sieben Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Einstufung der in Rede stehenden Stoffe als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 geäußert worden seien.
56. Ich halte diese Rüge für unbegründet; sie kann nicht zur Ungültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie führen.
57. Zwar haben bei der Abstimmung über den Entwurf der 30. Anpassung an den technischen Fortschritt, wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens geltend macht, in der Tat sieben Mitgliedstaaten Vorbehalte im Hinblick auf die von der Kommission vorgeschlagene Einstufung der Borverbindungen geäußert. Diese Vorbehalte sind im Protokoll der Sitzung vom 16. Februar 2007 vermerkt(25). Diesem Protokoll zufolge, so möchte ich gleich feststellen, hat der Anpassungsausschuss mit qualifizierter Mehrheit eine befürwortende Stellungnahme zu dem Vorschlag der Kommission abgegeben. Zwar war die Republik Estland nicht vertreten und die Republik Italien und die Republik Polen haben sich der Stimme enthalten, von den anderen Mitgliedstaaten hat sich aber keiner gegen diesen Vorschlag ausgesprochen.
58. War die Kommission unter diesen Umständen wegen der von einigen Mitgliedstaaten geäußerten Vorbehalte verpflichtet, über den Vorschlag der Einstufung der Borate gesondert abstimmen zu lassen?
59. Das glaube ich – anders als die Klägerin des Ausgangsverfahrens – nicht.
60. Für eine solche Verpflichtung gibt es nämlich keinerlei Rechtsgrundlage. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs, die dänische, die deutsche und die französische Regierung ausgeführt haben, verlangt Art. 29 der Richtlinie 67/548 ebenso wenig wie Art. 5 des Beschlusses 1999/468, auf den er verweist, dass die Kommission über ihre Einstufungsvorschläge jeweils gesondert abstimmen lässt.
61. Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus der Geschäftsordnung des Ausschusses(26). Insbesondere liegen die Voraussetzungen des in der mündlichen Verhandlung mehrmals angeführten Art. 5 Abs. 2 dieser Geschäftsordnung nicht vor. Diese Bestimmung lautet:
„The Chairman, on his own initiative or at the request of a committee member, may postpone the vote on a particular agenda point until the end of the meeting or a later meeting in the following cases:
a) if a substantive change is made to the proposal during the meeting,
b) if the text of the proposal has been submitted to the committee during the meeting,
c) if a new point has been added to the agenda, in accordance with Article 3(3).
If there are specific difficulties, the Chairman, in agreement with the Committee members, may extend the meeting until the following day.“
62. Zwar haben die Mitglieder des Anpassungsausschusses somit die Möglichkeit, die Abstimmung hinauszuzögern; eine gesonderte Abstimmung können sie im Fall wie dem vorliegenden aber offenbar nicht verlangen.
63. Mithin kann mangels Rechtsgrundlage nicht angenommen werden, dass die Kommission beim Erlass der 30. Anpassungsrichtlinie offensichtlich gegen die Verfahrensvorschriften des Art. 29 der Richtlinie 67/548 und des Art. 5 des Beschlusses 1999/468 verstoßen hätte, es sei denn, man wollte sich zum Gesetzgeber aufschwingen.
2. Zur sachlichen Richtigkeit der Bewertung der inhärenten Eigenschaften der Borate
64. Fortpflanzungsgefährdende Stoffe sind in Art. 2 Abs. 2 Buchst. n der Richtlinie 67/548 definiert. Es handelt sich dabei um „Stoffe ..., die bei Einatmen, Verschlucken oder Hautresorption nicht vererbbare Schäden der Nachkommenschaft hervorrufen oder die Häufigkeit solcher Schäden erhöhen oder eine Beeinträchtigung der männlichen oder weiblichen Fortpflanzungsfunktionen oder ‑fähigkeit zur Folge haben können“.
65. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie erfolgt diese Einstufung aufgrund der inhärenten Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe nach den Grundsätzen von Anhang VI der Richtlinie.
66. Nach Abschnitt 1.1 dieses Anhangs ist „Ziel der Einstufung ... die Bezeichnung aller physikalisch-chemischen, toxischen und ökotoxischen Eigenschaften von Stoffen ..., die bei gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung eine Gefahr darstellen können“.
67. Im Einzelnen sieht Abschnitt 1.6.1 Buchst. b dieses Anhangs(27) vor, dass die zur Einstufung der betreffenden Stoffe erforderlichen Informationen aus verschiedenen Quellen bezogen werden können, zu denen nicht nur die Ergebnisse früherer Prüfungen, Informationen aus Referenzarbeiten und aus der Literatur oder Informationen aufgrund praktischer Erfahrungen, sondern auch die Ergebnisse validierter Struktur-Aktivitäts-Beziehungen und die Beurteilung durch eine fachkundige Person gehören.
68. Bei den fortpflanzungsgefährdenden Stoffen erfolgen diese Bewertungen nach Anhang VI Abschnitt 4.2.3 der Richtlinie 67/548 in erster Linie auf der Grundlage von tierexperimentellen Daten.
69. Im Ausgangsverfahren macht Étimine geltend, dass die Kommission mehrere Beurteilungsfehler begangen habe, die die Rechtmäßigkeit der streitigen Einstufungen beeinträchtigten. Zunächst habe sie die mit der gebräuchlichen Handhabung oder Verwendung der Borverbindungen verbundenen Gefahren nicht richtig beurteilt und fälschlicherweise eine Bewertung der von diesen Stoffen ausgehenden Risiken vorgenommen. Sodann habe sie bei der Beurteilung der Geeignetheit des bei den Tierversuchen gewählten Verabreichungswegs einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. Ferner habe sie den epidemiologischen Daten keine hinreichende Beachtung geschenkt. Schließlich habe sie bei der Bewertung der Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe die „Read-across“-Methode angewandt.
70. Nach dem Vorabentscheidungsersuchen haben wir uns mit allen diesen Punkten zu befassen.
a) Vorbemerkungen zum Ermessensspielraum der Kommission
71. Zur Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter der Kommission nach ständiger Rechtsprechung(28) ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung der hoch komplexen wissenschaftlichen und technischen tatsächlichen Umstände zuerkennt, damit sie in voller Kenntnis aller Umstände die zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung erforderlichen und geeigneten Maßnahmen bestimmen kann. Dies ist geboten, wenn die Maßnahmen der Kommission in einem komplexen technischen, sich ständig weiterentwickelnden Rahmen wie im Ausgangsverfahren erfolgen und es sich um einen gefährlichen Stoff wie Borat handelt, dessen Einstufung und Kennzeichnung schwierige und wissenschaftlich umstrittene Fragen aufwirft. Die Richtlinie 67/548 belässt daher der Kommission in der Sache ein weites Ermessen hinsichtlich des Umfangs der Maßnahmen, die zu ergreifen sind, um die Anhänge dieser Richtlinie an den technischen Fortschritt anzupassen.
72. Die Kontrolle durch den Unionsrichter ist wiederum auf die Prüfung beschränkt, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob der Gesetzgeber die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschritten hat. In einem solchen Kontext ist der Gerichtshof der Ansicht, dass er seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art nicht an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen darf, dem der EG-Vertrag diese Aufgabe anvertraut hat(29).
b) Zum Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler
i) Zur Beurteilung der mit der gebräuchlichen Handhabung oder Verwendung der in Rede stehenden Stoffe verbundenen Gefahren
73. Étimine rügt erstens, die Kommission habe die im Sinne von Anhang VI Abschnitt 1.1 der Richtlinie 67/548 mit einer „gebräuchliche[n] Handhabung oder Verwendung“ der Borate verbundenen Gefahren nicht richtig beurteilt. Der Kommission habe nämlich dadurch einen Fehler begangen, dass sie sich auf Versuche mit Tieren gestützt habe, denen oral Borsäure verabreicht worden sei. Bei einer gebräuchlichen Handhabung oder Verwendung dieser Stoffe durch den Menschen bestehe aber keine Gefahr des Verschluckens. Zum einen könne es bei gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung von Borverbindungen(30) nicht zum Verschlucken bedenklicher Mengen kommen. Zum anderen müsste ein Mensch, um das Expositionsniveau zu erreichen, dem die Tiere ausgesetzt worden seien, bewusst mehrmals große Mengen von Borat verschlucken, was bei ihm automatisch einen Brechreiz verursachen würde.
74. Zur Stützung dieser Anträge macht auch die Streithelferin geltend, dass die Kommission die normalen Bedingungen der Handhabung und Verwendung der Borate nicht definiert habe. Sie habe insbesondere nicht definiert, unter welchen Umständen eine Exposition der Arbeitnehmer in der Europäischen Union denkbar sei, da sie sich lediglich auf zur beruflichen Exposition in der Türkei durchgeführte Untersuchungen gestützt habe.
75. Ich halte diese Rügen für unbegründet; sie erlauben nicht die Feststellung, dass die Kommission ihr Ermessen offensichtlich überschritten oder dieses offensichtlich fehlerhaft ausgeübt hätte.
76. Wie ich bereits in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Nickel Institute dargelegt habe, beruht das System zur Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen, das mit der Richtlinie 67/548 eingeführt und von der Verordnung Nr. 1272/2008 übernommen wurde, auf der Übermittlung von Informationen über die durch die inhärenten Eigenschaften der Stoffe bedingten Gefahren.
77. Dies geht aus Art. 4 Abs. 1 und Anhang VI der Richtlinie 67/548 hervor. Nach den Abschnitten 1.1 und 1.7 dieses Anhangs ist Ziel der Einstufung nämlich die Bezeichnung aller physikalisch-chemischen, toxischen und ökotoxischen Eigenschaften von Stoffen, die bei gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung eine Gefahr darstellen können[(31)]. Nach Abschnitt 1.4 dieses Anhangs berücksichtigt die Kennzeichnung somit alle potenziellen Gefahren, die bei einer solchen Handhabung oder Verwendung auftreten können.
78. Dies geht ferner aus dem Wortlaut der Richtlinie 93/67/EWG der Kommission vom 20. Juli 1993 zur Festlegung von Grundsätzen für die Bewertung der Risiken für Mensch und Umwelt von gemäß der Richtlinie 67/548/EWG des Rates notifizierten Stoffen(32) hervor. Nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 93/67 ist unter „Ermittlung schädlicher Wirkungen [eines Stoffes]“ die „Feststellung schädlicher Wirkungen, die von [diesem] Stoff(33)ausgehen können“, zu verstehen.
79. Die Bewertung der von einem Stoff ausgehenden Gefahren darf daher nicht mit der Bewertung der Risiken, die mit seiner Handhabung oder Verwendung verbunden sind, verwechselt werden.
80. Bei der Risikobewertung kommt es auf die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung einer der von einem Stoff ausgehenden Gefahr in Abhängigkeit von der Exposition des Menschen oder der Umwelt an. Eine Einstufung und eine Kennzeichnung nach den Risiken beziehen sich mithin auf eine spezifische Verwendung und auf spezifische Expositionsbedingungen, wie dies z. B. bei Arbeitern in den türkischen oder kalifornischen Borminen oder bei in einer Glas- oder Reinigungsmittelfabrik Beschäftigten der Fall ist. Sie spiegeln somit nicht die tatsächliche Expositionssituation wider und erlauben es daher nicht, Maßnahmen zum Risikomanagement zu treffen.
81. Mit einer Einstufung und einer Kennzeichnung, die auf den Gefahren im Zusammenhang mit einer gebräuchlichen Handhabung und Verwendung eines Stoffs beruhen, lässt sich dagegen jedem Verwender von Chemikalien, unabhängig vom Ort und den Umständen der Verwendung, dieselbe Information in geeigneter Form übermitteln. Aufgrund einer Information über die Gefahren können auch die zuständigen Behörden selbständig über Maßnahmen zum Risikomanagement entscheiden, die je nach den Bedingungen und der Art der Verwendung unterschiedlich ausfallen können. Die Bewertung der Gefahren muss daher unabhängig von Art oder Ort der Verwendung des Stoffes – innerhalb oder außerhalb eines Labors –, vom Expositionsweg – oral, dermal oder inhalativ – und vom Grad der Exposition erfolgen.
82. Mithin ist im Rahmen der Richtlinie 67/548 und der Verordnung Nr. 1272/2008 bei der Bewertung der Gefahren, wie sie von der Kommission vorgenommen wird, allein die Bewertung der inhärenten Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe maßgeblich.
83. Was ist nun aber unter „gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung“ eines Stoffes zu verstehen?
84. Zwar ist dieser Ausdruck nirgends definiert. Anders als die Klägerin des Ausgangsverfahrens und die Streithelferin geltend machen, hat der Juristische Dienst der Kommission aber Leitlinien für die Mitglieder des Technischen Ausschusses für die Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (im Folgenden: TAEK) aufgestellt. Diese sind in dem Protokoll der Sitzung des TAEK vom 8. September 2005(34) teilweise wiedergegeben:
„In order to identify the potentially dangerous intrinsic properties of a substance, one shall take into account (at least) the following elements:
– The form under which the substance is normally used or may be used: if it is liquid, then it could be drinkable even though it is not intended to be drunk; it could also be spilled on the hands/body even though it’s not a body lotion; this covers all physical forms in which the substance is manufactured and placed on the market or all physical forms into which it might be transformed.
– The normal behaviour of the persons that are handling/using the substance: if it is intended to be used by general consumers, the normal/foreseeable behaviour of adults and children shall be taken into account. But one shall not assess this behaviour taking into account the instruction of the manufacturer; instructions of manufacturers are risk reduction measures that shall be drafted with regard to the intrinsic properties of the product. Under directive 67/548 what shall be identified are the intrinsic properties of a substance without taking into account any risk reduction measure. If a substance is marketed and used in a liquid form but is not intended for oral consumption (for instance washing liquid), the instruction of the manufacturer would be ‘not for oral consumption’ and ‘take away from children’. However in identifying the intrinsic properties of the said substance we should consider what would happen if the said substance was accidentally swallowed.
– Foreseeable and realistic accidents (young children eating/drinking a bit of a product not intended for oral consumption …)
While identifying the intrinsic properties of a substance, we shall not take into account unrealistic scenario:
– We shall not consider as an intrinsic property a property that occurs when the substance is deliberately used in an unintended way with an intention to kill/harm: whereas the effect on the human body of one single absorption of a substance that is not intended to be drunk shall be considered (this is a foreseeable accident), the effect of a regular daily absorption of the product shall not be taken into account because this would correspond to an unrealistic scenario/a gross abuse.
– The effect of concentrations that are far above the maximum physically possible concentration in human.“
85. Der Ausdruck in Anhang VI Abschnitt 1.1 der Richtlinie 67/548 muss somit meines Erachtens ganz klar den Fall erfassen, dass ein Stoff bestimmungsgemäß gehandhabt und verwendet wird. Soweit es das Vorsorgeprinzip gebietet, muss er meines Erachtens auch die Handlungen des täglichen Lebens, insbesondere Heimunfälle, umfassen. Fälle, in denen ein Kind der elterlichen Aufsicht entwischt und Waschmittel kostet oder ein Reinigungsmittel umstößt, können nicht ausgeschlossen werden. Es sind mithin sämtliche unter normalen Umständen denkbaren Handhabungen und Verwendungen eines Stoffes zu berücksichtigen; danach ist der Fall, dass ein Mensch Gefahr läuft, Borat zu verschlucken, nicht ausgeschlossen.
86. Im Übrigen stellt Art. 2 Abs. 2 Buchst. n der Richtlinie 67/548 bei fortpflanzungsgefährdenden Stoffen darauf ab, dass sich diese nicht nur bei Einatmen oder Hautresorption, sondern auch bei Verschlucken schädlich auf die Fortpflanzungsfähigkeit auswirken können.
87. Deshalb ist der Kommission dadurch, dass sie ihre Beurteilung auf Daten gestützt hat, die bei einer oralen Verabreichung der in Rede stehenden Stoffe gewonnen worden sind, meines Erachtens kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.
ii) Zur Bewertung der Risiken
88. Die Klägerin rügt zweitens, dass die Kommission eine Bewertung der Risiken gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1488/94(35) vorgenommen habe. Dies gehe aus Abschnitt 1.1.5 der Begründung ihres Entwurfs der 30. Anpassung an den technischen Fortschritt hervor(36).
89. Dieser Abschnitt mit der Überschrift „Normal Handling and Use“ lautet:
„…
Several of the available epidemiology studies indicate an average repeated daily occupational exposure of 5 mg/m³ with average daily exposures reaching even 10 mg/m³. Applying the principles of Regulation (EEC) 1488/94 using a Margin of Safety … of 60 for occupational exposure, an exposure to 5 mg/m³ would give rise to the conclusion that there is a need for limiting the risks and that additional risk management measures, beyond those already in place, are needed. In this context it should be noted that under the implementation of Regulation (EEC) 1488/94 a [Margin of Safety] of 100 or lower generally gives rise to the identification of a risk which needs limiting and in specific cases even a [Margin of Safety] higher than 100 may be considered insufficient [(37)]. Furthermore, the available evidence does not demonstrate that at these inhalation exposure levels (e.g. around 5 mg/m³) humans would be prevented from taking up the substance due to vomiting. The available information therefore demonstrates that under normal handling and use conditions, inhalation exposures can occur which, when applying the principles of Regulation (EEC) 1488/94, would give rise to concern and therefore may constitute a risk [(38)]“.
90. In Anbetracht dieses Abschnitts lässt sich meines Erachtens nicht die Auffassung vertreten, dass der Kommission bei der Beurteilung der von den Boraten ausgehenden Gefahren offensichtlich ein Beurteilungsfehler unterlaufen wäre.
91. Der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens beigebrachte Beweis ist meines Erachtens bei Weitem nicht ausreichend.
92. Zum einen erlaubt Abschnitt 1.1.5 der Begründung der Kommission für sich genommen nicht die Feststellung, dass diese ihre Analyse tatsächlich auf eine gemäß der Verordnung Nr. 1488/94 durchgeführte Bewertung der Risiken gestützt hätte. Da die Arbeiten öffentlich sind und die Erörterungen der Sachverständigen in allen Einzelheiten festgehalten werden, hätte die Klägerin des Ausgangsverfahrens meines Erachtens weitere Beweise beibringen können, wenn die Kommission tatsächlich so vorgegangen wäre. Dies ist aber nicht der Fall.
93. Zum anderen ist dieser Abschnitt in seinem Kontext zu sehen. In den ihm vorausgehenden Zeilen legt die Kommission die Methoden und Studien dar, auf die sie sich bei der Bewertung der inhärenten Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe gestützt hat und gibt jeweils an, inwieweit sie nützlich waren und wo ihre Grenzen lagen. Mit den „verfügbaren Informationen“, auf die sich die Kommission dann im letzten Satz dieses Abschnitts bezieht, sind meines Erachtens im Rahmen einer zusammenfassenden Äußerung sämtliche für die Anwendung der Richtlinie 67/548 zusammengetragenen Informationen gemeint.
94. Was den Verweis auf die Verordnung Nr. 1488/94 angeht, ist zu beachten, dass der Konditional verwendet wird. Die Kommission trägt vor, sie habe darauf hinweisen wollen, dass die von den Boraten ausgehenden Risiken durchaus ernst zu nehmen seien. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs, die dänische und die französische Regierung geltend machen, wollte die Kommission nämlich auf die von der Industrie zu der Schwere der von den Boraten ausgehenden Risiken vorgebrachten Argumente eingehen. Was auch immer die Absicht der Kommission gewesen sein mag, aus dem Wortlaut ihrer Erklärungen lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass sie eine solche Bewertung der Risiken vorgenommen hätte.
95. Nach den zur Verfügung stehenden Informationen und in Anbetracht der Dürftigkeit der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens beigebrachten Beweise lässt sich meines Erachtens schwerlich annehmen, dass die Kommission bei der Beurteilung der von den Boraten ausgehenden Gefahren ihr Ermessen offensichtlich überschritten oder offensichtlich fehlerhaft ausgeübt hätte.
iii) Zur Beurteilung der Geeignetheit des angewandten Verabreichungswegs
96. Drittens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Kommission die in Anhang VI Abschnitt 4.2.3.3 Abs. 4 der Richtlinie 67/548 festgelegten Grundsätze für die Übertragung der bei Tieren gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen richtig angewandt hat. Es möchte insbesondere wissen, ob der Kommission dadurch ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, dass sie die Geeignetheit des bei den Tierversuchen angewandten Verabreichungswegs nicht oder fehlerhaft beurteilt hat.
97. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens meint nämlich, dass die orale Verabreichung der Borsäure nicht geeignet gewesen sei, da ein Mensch einen solchen Stoff bei gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung nicht verschlucken könne. Die Kommission hätte die in Rede stehenden Stoffe deshalb als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 3 einstufen müssen.
98. Ich halte diese Rüge für unbegründet; sie erlaubt nicht die Feststellung, dass die Kommission ihr Ermessen offensichtlich überschritten oder offensichtlich fehlerhaft ausgeübt hätte.
99. Anhang VI Abschnitt 4.2.3.3 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 67/548 lautet:
„Die Einstufung eines Stoffes in Kategorie 1 unter den Aspekten der Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit und/oder fruchtschädigenden Wirkung erfolgt auf der Grundlage von Erfahrungen am Menschen. Die Einstufung eines Stoffes in Kategorie 2 oder 3 erfolgt in erster Linie auf der Grundlage von tierexperimentellen Daten. …
… Selbst wenn im Tierexperiment eindeutige Wirkungen nachgewiesen wurden, muss die Bedeutung dieser Befunde für den Menschen kritisch geprüft werden. Diesbezüglich zu berücksichtigende Aspekte sind die Verursachung reproduktionstoxischer Wirkungen ausschließlich bei hohen Dosierungen, deutliche toxikokinetische Unterschiede zwischen Tier und Mensch oder nicht geeignete Verabreichungswege[(39)]. Aus diesen oder ähnlichen Gründen kann eine Einstufung in Kategorie 3 oder auch keine diesbezügliche Einstufung angemessen sein.“
100. Zum einen hat die Kommission, anders als die Klägerin des Ausgangsverfahrens geltend macht, durchaus eine Beurteilung der Geeignetheit der Verabreichungswege vorgenommen. Das geht aus Abschnitt 1.1.4 der Begründung ihres Entwurfs der 30. Anpassung an den technischen Fortschritt hervor(40).
101. In diesem Abschnitt mit der Überschrift „Human Data and Toxico-kinetic Information“ hat die Kommission geprüft, ob sich die bei Tieren gewonnenen Erkenntnisse gemäß Anhang VI Abschnitt 4.2.3.3 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 67/548 auf den Menschen übertragen lassen. Sie hat also untersucht, wie hoch die bei den Tierversuchen angewandten Dosen waren. Sie hat dann darauf hingewiesen, dass nach den toxikokinetischen Daten kein wesentlicher Unterschied zwischen den Labortieren und Menschen bestehe. Schließlich hat sie festgestellt, dass die Tierversuche mit oraler Verabreichung durchgeführt worden seien, und die Auffassung vertreten, dass dieser Verabreichungsweg gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. n der Richtlinie 67/548 geeignet gewesen sei. Wie bereits ausgeführt, ist ein fortpflanzungsgefährdender Stoff nach dieser Bestimmung nämlich ein Stoff, der sich schädlich auf die Fortpflanzungsfähigkeit oder die Entwicklung auswirken kann, wenn er eingeatmet, verschluckt oder über die Haut resorbiert wird.
102. Zum anderen ist es meines Erachtens nicht Aufgabe des Gerichtshofs, die sachliche Richtigkeit der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung der Geeignetheit des bei den Tierversuchen angewandten Verabreichungswegs zu überprüfen. Diese Frage kann nämlich nur Gegenstand eines recht komplexen wissenschaftlichen Gutachtens sein, nicht aber einer rechtlichen Beurteilung.
103. Zwar waren – das ist mir durchaus bewusst – andere Verabreichungswege denkbar, die Entscheidung für den einen oder anderen Verabreichungsweg hängt aber meines Erachtens ohnehin nicht allein von dem beim Menschen wahrscheinlichen Expositionsweg ab. Die Sachverständigen haben weitere Faktoren zu berücksichtigen, u. a. die physikalischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und das verfolgte Ziel. Zu den Prüfungen auf Teratogenität und auf Reproduktionstoxizität geht im Übrigen aus Anhang V Teil B der Richtlinie 67/548 („Methoden zur Bestimmung der Toxizität und sonstiger Auswirkungen auf die Gesundheit“) ausdrücklich hervor, dass die Prüfmethoden hauptsächlich auf die orale Verabreichung ausgelegt sind(41). Überdies ist, wie bereits ausgeführt, nicht auszuschließen, dass ein Mensch einem solchen Risiko ausgesetzt ist, indem er den Stoff unmittelbar verschluckt oder einatmet; bestimmte Verbindungen können, nachdem sie eingeatmet worden sind, im Verdauungstrakt absorbiert werden.
104. Deshalb vertrete ich in Anbetracht der unserer Überprüfung gesteckten Grenzen die Auffassung, dass die Kommission dadurch, dass sie den bei den Tierversuchen angewandten Verabreichungsweg für geeignet hielt, ihr Ermessen weder offensichtlich überschritten noch offensichtlich fehlerhaft ausgeübt hat.
iv) Zum Fehlen epidemiologischer Daten
105. Das vorlegende Gericht möchte viertens wissen, ob der Kommission dadurch ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, dass sie den epidemiologischen Daten keine hinreichende Bedeutung beigemessen hat. Nach Auffassung der Klägerin des Ausgangsverfahrens ist die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass die bei Tieren gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen übertragen werden können.
106. Meines Erachtens ist die Analyse der Kommission insoweit nicht zu beanstanden. Ich stütze mich dabei auf die Systematik der der Einstufung der fortpflanzungsgefährdenden Stoffe zugrunde liegenden Regelung.
107. Die Bewertung der toxischen Eigenschaften von Stoffen, insbesondere der Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit und die Entwicklung, erfolgt nämlich auf der Grundlage von Tierversuchen(42). Die Kommission hat also die für den Menschen bestehenden Gefahren auf der Grundlage von Annahmen oder Analogien zu beurteilen. In Anhang VI Abschnitt 4.2.3.1 und Abschnitt 4.2.3.3 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 67/548 hat der Unionsgesetzgeber bestimmt, dass diese Annahmen zunächst auf dem eindeutigen Nachweis einer Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit und der fruchtschädigenden Wirkung beim Tier gründen müssen. Sie müssen dann auf zusätzliche Beweise gestützt werden, die für die Kommission die Schlussfolgerung erlauben, dass vergleichbare Wirkungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beim Menschen erwartet werden können(43).
108. Somit beruht die Bewertung der Toxizität eines Stoffes zwangsläufig hauptsächlich auf bei Tieren gewonnenen Erkenntnissen. Epidemiologische Studien stellen wohl zusätzliche Beweismittel dar, deren Gewicht und Aussagekraft die Sachverständigen im Rahmen ihrer Erörterungen zu beurteilen haben.
109. Die Kommission ist im vorliegenden Fall aber offenbar gerade diesem Ansatz gefolgt.
110. Wie aus den Protokollen vom 22. November 2004 und 20. Februar 2006 und aus der Begründung des Entwurfs der 30. Anpassung an den technischen Fortschritt hervorgeht, haben die Sachverständigen des TAEK nämlich zunächst die schädlichen Auswirkungen des Verschluckens von Borsäure auf die Fortpflanzungsfähigkeit von Ratten, Mäusen und Hunden und auf die Entwicklung von Ratten, Mäusen und Kaninchen festgestellt. Wie die Kommission in ihren Erklärungen ausführt, erlaubten diese Ergebnisse im Sinne von Anhang VI Abschnitt 4.2.3.1 der Richtlinie 67/548 die Feststellung „eindeutige[r] ... Nachweise“ einer Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit und der Entwicklung bei diesen Tierarten. Die Sachverständigen haben sodann geprüft, ob die bei Menschen durchgeführten epidemiologischen Studien einen anderen Schluss zulassen. Insoweit haben sie festgestellt, dass die bislang im Rahmen der beruflichen Exposition von in Boratminen tätigen Bergarbeitern durchgeführten Studien nicht genügten, um den Nachweis des Fehlens schädlicher Auswirkungen der in Rede stehenden Stoffe auf die Fortpflanzungsfähigkeit zu erbringen, und nicht ausreichten, um eine Modifikation der Ergebnisse der Tierversuche zu rechtfertigen.
111. Somit hat die Kommission die epidemiologischen Daten durchaus berücksichtigt. Zwar hat sie diesen nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen; das ist meines Erachtens aber nicht zu beanstanden, da die zur Verfügung stehenden Daten nicht ausreichten, um die auf Tierversuche gestützten Voraussagen zu entkräften und die Ergebnisse dieser Versuche nach Auffassung der Sachverständigen besonders eindeutig waren. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass sich die Kommission verpflichtet hat, weiteren Ergebnissen der epidemiologischen Studien besondere Aufmerksamkeit zu widmen(44).
112. Mithin hat die Kommission die in Anhang VI Abschnitt 4.2.3.1 und Abschnitt 4.2.3.3 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 67/548 genannten Einstufungsgrundsätze meines Erachtens durchaus beachtet.
v) Zum Rückgriff auf Analogien
113. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens vertritt die Auffassung, die Kommission habe dadurch, dass sie im Rahmen der 30. Anpassungsrichtlinie die streitigen Einstufungen vorgenommen habe, die allgemeinen Einstufungsgrundsätze gemäß Anhang VI der Richtlinie 67/548 nicht beachtet. Sie rügt zum einen, die zuständigen Behörden hätten bei ihrer Prüfung Analogien angewandt, anstatt die Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe zu bewerten. Sie rügt zum anderen, die Kommission habe den Rückgriff auf diese Bewertungsmethode nicht begründet.
– Zur Rechtmäßigkeit der Anwendung der „Read-across“-Methode
114. Anders als die Klägerin des Ausgangsverfahrens geltend macht, hat die Kommission meines Erachtens dadurch, dass sie bei ihrer Analyse auf die „Read-across“-Methode zurückgegriffen hat, die Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten. Ich stütze mich dabei auf die Erwägungen, die ich bereits in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Nickel Institute dargelegt habe.
115. Erstens ist die Kommission im vorliegenden Fall meiner Ansicht nach nicht von den Grundsätzen des Abschnitts 1.6.1 Buchst. b des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 abgewichen, als sie für die streitige Einstufung die „Read-across“-Methode angewandt hat(45).
116. Während die Verwendung dieser Methode im Rahmen der REACH-Verordnung ausdrücklich vorgesehen ist, wird sie auch im Rahmen der Richtlinie 67/548 regelmäßig angewandt, was im Übrigen von allen Wissenschaftlern anerkannt wird. Im Jahr 2007 hat die Kommission eine umfangreiche Studie über die Verwendung des „Read-across“ im Rahmen dieser Richtlinie durchgeführt und zur Veranschaulichung ihrer Ausführungen zahlreiche Beispiele von Einstufungen angeführt, die auf dieser Methode beruhen. Hierzu gehören die Einstufungen von Nickel und Boraten(46). Im selben Jahr hat die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ausdrücklich auf diese Methode als eine in der Richtlinie 67/548 vorgesehene Methode zur Bewertung der inhärenten Eigenschaften von Stoffen Bezug genommen(47). Schließlich war die Verwendung der „Read-across“-Methode im Rahmen der Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe Gegenstand zahlreicher Stellungnahmen in der Lehre(48).
117. Somit ist festzustellen, dass die Verwendung der „Read-across“-Methode in der Wissenschaft weithin anerkannt und Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen ist.
118. Worin besteht diese Methode nun genau?
119. Bei der „Read-across“-Methode handelt es sich um eine Vorhersagemethode, die auf der Ähnlichkeit der chemischen Moleküle beruht. Die Wissenschaftler werten dabei die verfügbaren Daten über Stoffe aus, bei denen infolge struktureller Ähnlichkeiten eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ihre physikalisch-chemischen, toxikologischen und ökotoxikologischen Eigenschaften ähnlich sind oder einem regelmäßigen Muster folgen (die Stoffe können als Stoffgruppe oder „Stoffkategorie“ betrachtet werden(49)). Die Endpunktinformationen eines Stoffes werden daher verwendet, um Aussagen zum selben Endpunkt eines anderen Stoffes zu treffen, der ähnliche Merkmale wie der erste Stoff aufweist(50). Es ist dann nicht notwendig, jeden Stoff für jeden Gefahrenendpunkt zu prüfen.
120. Nach Auffassung der dänischen Regierung entspricht die „Read-across“-Methode der in Abschnitt 1.6.1 Buchst. b des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 vorgesehenen Methode, Ergebnisse validierter Struktur-Aktivitäts-Beziehungen heranzuziehen. Die Regierung des Vereinigten Königreichs macht geltend, der Unionsgesetzgeber habe dadurch, dass er den Rückgriff auf „Ergebnisse früherer Prüfungen“ und auf Ergebnisse validierter Struktur-Aktivitäts-Beziehungen erlaubt habe, in diesem Abschnitt implizit die Anwendung dieser Methode zur Einstufung eines Stoffes zugelassen.
121. Anders als die dänische Regierung bin ich nicht davon überzeugt, dass diese Methode mit dem Modell der Struktur-Aktivitäts-Beziehung identisch ist. Gleichwohl dürfen diese Methoden meines Erachtens nicht als Methoden betrachtet werden, die voneinander verschieden und unabhängig sind. Da sie auf den gleichen Grundsätzen beruhen, gehören beide zu demselben Fachbereich, und ich neige daher zu der Auffassung, dass der Verweis auf die eine Methode einen Rückgriff auf die andere Methode nicht ausschließt.
122. Beim Modell der Struktur-Aktivitäts-Beziehung wird versucht, durch die Verwendung verschiedener Datenbanken und theoretischer Modelle und unter Verzicht auf die Durchführung von Prüfungen inhärente Eigenschaften von Chemikalien vorherzusagen. Basierend auf der Kenntnis der chemischen Struktur setzt dieses Modell Eigenschaften der Chemikalien quantitativ in Beziehung zum Maß einer bestimmten Wirkung. Bei diesem Modell können anhand eines Strukturmerkmals eines Stoffes qualitative Schlussfolgerungen zum Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Eigenschaft dieses Stoffes gezogen werden(51).
123. Wenn daher Daten aus einer validierten Struktur-Aktivitäts-Beziehung eines bereits eingestuften Stoffes vorliegen, kann eine fachkundige Person eine Extrapolation dieser Daten vornehmen, um einen Stoff, der ähnliche Strukturen und Eigenschaften aufweist, einzustufen. Mit der „Read-across“-Methode ist jedoch stets die Verwendung von Daten anderer Stoffe verbunden.
124. Daher bin ich der Ansicht, dass die Grundsätze von Abschnitt 1.6.1 Buchst. b des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 dem nicht entgegenstehen, dass die Kommission für ihre Bewertung die „Read-across“-Methode anwendet.
125. Zweitens wird die Anwendung dieser Technik im Rahmen der REACH-Verordnung(52) gefördert, um die Durchführung zusätzlicher Tierversuche zu vermeiden.
126. Gemäß Art. 13 der REACH-Verordnung sind Informationen über inhärente Eigenschaften der Chemikalien und insbesondere über deren Toxizität für den Menschen, sofern irgend möglich, durch andere Mittel als Versuche mit Wirbeltieren zu gewinnen, also durch die Verwendung von alternativen Methoden, z. B. von Modellen der qualitativen oder quantitativen Struktur-Wirkungs-Beziehung oder von Daten über strukturell verwandte Stoffe (Gruppierung oder Analogie). Wie der Unionsgesetzgeber in Abschnitt 1.3 des Anhangs XI dieser Verordnung ausführt, reichen die Ergebnisse aus, um den Stoff einzustufen, zu kennzeichnen(53) und sein Risiko zu bewerten.
127. Außerdem wird die Anwendung dieser Methode – wie derjenigen der Struktur-Aktivitäts-Beziehung – im Rahmen der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere(54), auf die in Anhang VI der Richtlinie 67/548 ausdrücklich verwiesen wird, gefördert.
128. Schließlich sind auf die „Read-across“-Methode gestützte Vorhersagen im Rahmen der Verordnung Nr. 1272/2008 derzeit ausdrücklich zugelassen. In Abschnitt 1.1.1.3 des Anhangs I dieser Verordnung heißt es insbesondere, dass alle verfügbaren Informationen, die für die Gefahrenbestimmung relevant sind, wie z. B. Informationen aus der Anwendung des Kategorienkonzepts (Gruppierung, Übertragung), für die Ermittlung der Beweiskraft der Daten betrachtet werden müssen.
129. Drittens ist die Frage der Anwendung dieser Methode meines Erachtens eine solche des wissenschaftlichen Fachwissens, dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Wie aus einigen Sitzungsprotokollen des TAEK hervorgeht, wurde diese Frage mehrere Jahre lang von einem breiten Spektrum von Experten erörtert(55), und Vertreter der Boratindustrie wurden angehört. Die Experten haben im vorliegenden Fall, wie sich auch aus den von den Regierungen der Mitgliedstaaten eingereichten Erklärungen ergibt, festgestellt, dass das Risiko einer Toxizität der fraglichen Stoffe, nämlich Natriumperborat Monohydrat und Natriumperborat Tetrahydrat, anhand der Toxizität der Borsäure, aus der die Borate bestehen, zu beurteilen sei. Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte geht nämlich hervor, dass Borate in wässrigen Lösungen bei einem physiologischen pH (7,4) und Umwelt-pH im Wesentlichen in Form der undissoziierten Borsäure vorkommen. Die Experten haben daher entschieden, die physikalisch-chemischen Eigenschaften und die Auswirkungen der fraglichen Stoffe auf die Gesundheit aus den Daten zu den Borverbindungen abzuleiten, die zu derselben Gruppe gehören.
130. Somit hat die Kommission dadurch, dass sie bei der Bewertung der Eigenschaften der in Rede stehenden Stoffe auf Analogien zurückgegriffen hat, die Grenzen ihres Ermessens meines Erachtens nicht offensichtlich überschritten.
– Zum Vorliegen eines Begründungsmangels
131. Das vorlegende Gericht möchte nun wissen, ob die 30. Anpassungsrichtlinie – unter Verstoß gegen Art. 253 EG – mit einem Begründungsmangel behaftet ist. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens rügt nämlich, dass die Kommission nicht dargelegt habe, warum sie solche Analogien als für die streitigen Einstufungen erforderlich erachtet habe.
132. Gemäß Art. 253 EG sind Verordnungen und Richtlinien mit Gründen zu versehen. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, klar und eindeutig zum Ausdruck bringen. Sie muss es zum einen den Betroffenen ermöglichen, die Bedeutung und die Gründe für die getroffene Maßnahme nachzuvollziehen, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und zum anderen den Unionsrichter in die Lage versetzen, seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben(56).
133. Der erforderliche Begründungsumfang ist jedoch unterschiedlich. So hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des Rechtsakts und dem gesamten Akteninhalt ab. Außerdem ist die Begründungspflicht anhand des Wortlauts des Rechtsakts, anhand des Kontextes und des Verfahrens, in denen er erlassen wurde, sowie anhand sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen(57).
134. In Bezug auf Verordnungen, die sich in eine komplexe Regelung einfügen, hat der Gerichtshof entschieden, „dass nicht verlangt werden kann, dass in der Begründung der Verordnungen die verschiedenen, manchmal sehr zahlreichen und komplexen tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten dargelegt werden, die Gegenstand der Verordnungen sind, wenn sie sich im systematischen Rahmen der Gesamtregelung halten, zu der sie gehören. Geht also aus dem angegriffenen Rechtsakt der von dem Organ verfolgte Zweck in seinen wesentlichen Zügen hervor, wäre es übertrieben, eine besondere Begründung für jede der Einzelentscheidungen, die das Organ getroffen hat, zu verlangen“(58).
135. Darüber hinaus hat der Gerichtshof ausgeführt, dass das Begründungserfordernis nach Maßgabe des Interesses, das der Adressat an Erläuterungen haben kann, zu beurteilen ist(59). Der Gerichtshof erkennt daher an, dass eine an einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung keiner eingehenden Begründung bedarf, wenn die betroffene Regierung an deren Entstehung eng beteiligt war(60). Folglich kann die Beteiligung der Betroffenen am Entstehungsprozess des Rechtsakts die Begründungserfordernisse herabsetzen, da sie zu ihrer Information beiträgt(61).
136. In den Erwägungsgründen der 30. Anpassungsrichtlinie wird die Notwendigkeit betont, Anhang I der Richtlinie 67/548 zu aktualisieren, um angesichts der Entwicklung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes bestimmte bereits vorhandene Stoffe aufzunehmen und Einträge anzupassen. Hinsichtlich der Borverbindungen weist die Kommission darauf hin, dass die Industrie nur vorläufige und unvollständige Informationen vorgelegt habe. Da diese Informationen jedoch noch keinem Peer Review unterzogen worden seien, müsse den epidemiologischen Studien zu den Boraten, einschließlich der in China durchgeführten laufenden Studie, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Außerdem entsprächen die im Rahmen dieser Richtlinie angenommenen Maßnahmen der Stellungnahme des Anpassungsausschusses.
137. In dem besonderen Zusammenhang der Ausarbeitung der Anpassungen der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt halte ich die Begründung der 30. Anpassungsrichtlinie für ausreichend.
138. Erstens erfolgt, wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Nickel Institute ausgeführt habe, die Ausarbeitung der 30. Anpassungsrichtlinie in einem komplizierten rechtlichen und sich entwickelnden Rahmen und erfordert hoch komplexe wissenschaftliche und technische Bewertungen. Meines Erachtens war die Kommission daher nicht verpflichtet, sämtliche wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse, auf die sie sich bei den streitigen Einstufungen stützte, anzugeben.
139. Zweitens haben wir gesehen, dass, nachdem die Französische Republik und das Königreich Dänemark 1999 ihre Einstufungsvorschläge vorgelegt hatten, sämtliche Mitgliedstaaten und die Borathersteller eng an der Ausarbeitung der 30. Anpassungsrichtlinie beteiligt waren – Erstere im Rahmen der Expertentreffen, insbesondere im TAEK und im Anpassungsausschuss, und Letztere aufgrund ihrer sich aus der Verordnung Nr. 793/93 ergebenden Verpflichtung zur Übermittlung von Daten.
140. Außerdem geht aus den Akten hervor, dass die Erörterungen, in deren Rahmen beschlossen wurde, die „Read-across“-Methode anzuwenden, in den Protokollen wiedergegeben sind, die den Betroffenen vor dem Erlass der 30. Anpassungsrichtlinie zugänglich waren. Die Konsultation der Website der Generaldirektion „Umwelt und Verbraucher“ der Kommission und der zahlreichen Anhänge, die die Streithelferin ihren Erklärungen beigefügt hat(62), lässt in der Tat erkennen, dass diese Arbeiten zugänglich und öffentlich waren. Meines Erachtens war Étimine angesichts ihrer Beteiligung am Verfahren und der Zugänglichkeit der Arbeiten der Kommission daher umfassend über die Erörterungen und die von der Kommission für die streitigen Einstufungen gewählten Methoden informiert. Dazu ist festzustellen, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens heute in der Lage ist, in voller Sachkenntnis vor dem nationalen Gericht zu klagen. Auch das Unionsgericht ist meiner Ansicht nach in der Lage, die ihm obliegende Kontrolle auszuüben.
141. Mithin ist die 30. Anpassungsrichtlinie meines Erachtens nicht mit einem Begründungsmangel behaftet.
3. Zur Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
142. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die streitigen Einstufungen unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erlassen worden sind. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens macht nämlich geltend, die Kommission hätte bis zum Vorliegen neuer epidemiologischer Studien davon absehen müssen, eine Einstufung von borathaltigen Stoffen vorzuschlagen. Allenfalls hätte sie die in Rede stehenden Stoffe als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 3 einstufen dürfen.
143. Ich halte diese Rüge für unbegründet.
144. Nach ständiger Rechtsprechung dürfen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Wenn das Organ zwischen mehreren geeigneten Maßnahmen zu wählen hat, hat es somit die am wenigsten belastende zu wählen, und, falls mit diesen Maßnahmen Nachteile verbunden sind, darauf zu achten, dass diese Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen(63).
145. Die Nachprüfung durch den Unionsrichter in diesem Bereich hängt von dem Ermessen ab, über das das Organ verfügt. Verfügt es über ein weites Ermessen in einem Bereich, in dem von ihm politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt werden und in dem es komplexe Prüfungen durchführen muss, ist die gerichtliche Nachprüfbarkeit beschränkt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme somit nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist(64).
146. Im vorliegenden Fall ist also zu prüfen, ob die Einstufung der Borverbindungen als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 ein Mittel darstellt, das in einem angemessenen Verhältnis zur Erreichung der Ziele der Richtlinie 67/548 steht.
147. Erstens ist festzustellen, dass nach Erwägungsgrund 2 der Richtlinie 67/548 bei den Maßnahmen zur Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe hinsichtlich Gesundheit, Sicherheit und Schutz von Mensch und Umwelt ein hohes Schutzniveau zugrunde gelegt werden muss(65).
148. Zweitens werden in Art. 95 Abs. 3 EG die Ziele des Gesundheits‑, Umwelt‑ und Verbraucherschutzes genannt, bei denen der Unionsgesetzgeber von einem hohen Schutzniveau ausgeht und insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen berücksichtigt. Diese Ziele werden auch mit Art. 174 Abs. 1 und 2 EG verfolgt, nach dem die Umweltpolitik der Union u. a. auf dem Grundsatz der Vorsorge beruht.
149. Im vorliegenden Fall ist die Einstufung eines Stoffes, da sie der Information der Benutzer über die mit seiner Handhabung und Verwendung verbundenen Gefahren dient, meines Erachtens ganz klar zur Erreichung der vom Unionsgesetzgeber in diesem Bereich verfolgten Ziele geeignet.
150. Es bleibt zu prüfen, ob die in Rede stehende Einstufung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.
151. Aus den Akten geht hervor, dass die Einstufung der Borverbindungen als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 3 immer wieder zur Debatte stand. Über diese Frage ist zwar bei der Abstimmung über den Entwurf der 30. Anpassung an den technischen Fortschritt entschieden worden; allerdings haben in der Tat sieben Mitgliedstaaten insoweit Vorbehalte geäußert(66). Diese Staaten hielten eine Einstufung in die Kategorie 3 insbesondere in Anbetracht des beschränkten Expositionsrisikos beim Menschen (Brechreiz im Fall des Verschluckens) und der Ergebnisse der epidemiologischen Studien(67) für geeigneter. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten hat sich aber insbesondere deshalb für eine Einstufung in die Kategorie 2 ausgesprochen, weil nach den Ergebnissen der Tierversuche klar ein Risiko der Fortpflanzungsgefährdung bestehe und diese Schlussfolgerung durch die zur Verfügung stehenden epidemiologischen Daten nicht in Frage gestellt werden könne(68).
152. Vor diesem Hintergrund komplexer wissenschaftlicher Bewertungen und der Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit, das Bestehen oder die Tragweite von Gefahren für den Menschen mit Sicherheit festzustellen, hat sich die Kommission, beraten durch ihre Sachverständigen, dafür entschieden, die in Rede stehenden Stoffe als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 einzustufen.
153. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Einstufung Folgen industrieller (Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit oder die Produktionskosten), sozialer (Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Arbeitsbedingungen) und wirtschaftlicher (Auswirkungen auf die Verbraucherpreise und die Qualität des Endprodukts) Art hat. Insbesondere werden den Unternehmen durch diese Maßnahme insbesondere in Sachen Risikomanagement neue Verantwortlichkeiten übertragen und zahlreiche Pflichten auferlegt, was ihre wirtschaftlichen Interessen berühren kann. Es ist aber zu beachten, dass in diesem Bereich das Vorsorgeprinzip gilt. Da es sich als unmöglich erweist, den Umfang der für den Menschen mit der Handhabung und Verwendung von Boraten verbundenen Gefahren mit Sicherheit festzustellen, nach den zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Daten aber die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die Gesundheit besteht, rechtfertigt das Vorsorgeprinzip meines Erachtens den Erlass der in Rede stehenden Maßnahmen, die in der Tat sehr viel beschränkender sind als diejenigen, für die sich die Industrie ausgesprochen hat.
154. Schließlich ist festzustellen, dass sich die Kommission, wie aus dem letzten Erwägungsgrund der Richtlinie 67/548 und wörtlich aus Erwägungsgrund 2 der 30. Anpassungsrichtlinie hervorgeht, die Möglichkeit vorbehält, die streitigen Einstufungen zu überprüfen, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, und zwar gemäß Art. 95 Abs. 3 EG.
155. Somit gehen die streitigen Einstufungen meiner Ansicht nach nicht über das hinaus, was zur Erreichung der Ziele der Richtlinie 67/548 erforderlich ist.
156. Die Kommission hat meines Erachtens also dadurch, dass sie die Borverbindungen als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 eingestuft hat, nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.
157. Nach alledem hat die Prüfung der ersten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit der 30. Anpassungsrichtlinie und der 1. Anpassungsverordnung, soweit die Kommission die unter den Eintragsnummern 005‑007‑00‑2, 005‑008‑00‑8, 005‑011‑00‑4, 005‑011‑01‑1 und 005‑011‑02‑9 dieser Richtlinie aufgeführten Borverbindungen als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 (R 60 und R 61) eingestuft hat, berühren könnte.
C – Zur zweiten Frage
158. Die zweite Frage ist auch im Rahmen der Rechtssache Nickel Institute gestellt worden. Meine Ausführungen dazu entsprechen daher denjenigen in meinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache.
1. Zur Gültigkeit der Rechtsgrundlage der 1. Anpassungsverordnung
159. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich die Kommission für den Erlass der 1. Anpassungsverordnung auf Art. 53 der Verordnung Nr. 1272/2008 stützen durfte.
160. Wie aus dem 2. Erwägungsgrund der 1. Anpassungsverordnung ersichtlich ist, war die Kommission der Ansicht, dass „Anhang VI der Verordnung … Nr. 1272/2008 … geändert werden [muss], um den kürzlich verabschiedeten Änderungen von Anhang I der Richtlinie [67/548] Rechnung zu tragen, die mit der [30. Anpassungsrichtlinie] eingeführt worden sind“. Außerdem „[bildeten diese] Maßnahmen … Anpassungen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt im Sinne von Artikel 53 der Verordnung … Nr. 1272/2008“.
161. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens macht geltend, dass die einzige zulässige Rechtsgrundlage für die in der 1. Anpassungsverordnung enthaltenen Maßnahmen nicht Art. 53 der Verordnung Nr. 1272/2008, sondern deren Art. 37 sei. Sie möchte im Grunde, dass die zuständigen Behörden die inhärenten Eigenschaften der fraglichen Stoffe neu bewerten.
162. Meiner Ansicht nach ist Art. 37 der Verordnung Nr. 1272/2008 angesichts seines Gegenstands hier nicht anwendbar.
163. Diese Bestimmung ist Teil von Kapitel I des Titels V dieser Verordnung, das mit „Schaffung(69) einer harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen“ überschrieben ist. Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten und die Industrie der ECHA einen Vorschlag für eine harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen nach den in dieser Verordnung entwickelten Grundsätzen vorlegen. Dieser Vorschlag wird vom Ausschuss für Risikobeurteilung der ECHA und dann von der Kommission geprüft, die schließlich einen Entwurf für eine Entscheidung über die Aufnahme dieses Stoffes zusammen mit den relevanten Einstufungs- und Kennzeichnungselementen im Rahmen von Tabelle 3.1 des Anhangs VI Teil 3 der Verordnung Nr. 1272/2008 unterbreitet(70).
164. Meines Erachtens wird in Art. 37 dieser Verordnung das Verfahren festgelegt, das einzuhalten ist, wenn erstmalig die Einstufung oder Kennzeichnung eines Stoffes ausschließlich nach den in Anhang I dieser Verordnung genannten Kriterien vorgeschlagen wird. Es dient jedoch nicht dazu, harmonisierte Einstufungen oder Kennzeichnungen von Stoffen, die bereits auf der Grundlage der im Rahmen der Richtlinie 67/548 festgelegten Grundsätze erfolgten, zu übernehmen.
165. Auf der Grundlage von Art. 53 der Verordnung Nr. 1272/2008 ist dies jedoch durchaus möglich. Wie aus dessen Überschrift hervorgeht, ist dort das Verfahren für die „Anpassungen [dieser Verordnung] an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt“ geregelt. Nach dieser Bestimmung kann „die Kommission … die Anhänge I bis VII [dieser Verordnung] an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt anpassen“(71). Mir erscheint offensichtlich, dass die Kommission mit der 1. Anpassungsverordnung die Verordnung Nr. 1272/2008 an die letzten Änderungen der Richtlinie 67/548 aufgrund der 30. und 31. Anpassungsrichtlinie „angepasst“ hat. Es darf nicht übersehen werden, dass diese Änderungen im Rahmen der ersten Fassung der Verordnung Nr. 1272/2008 nicht übernommen werden konnten, da deren Text während des Mitentscheidungsverfahrens „eingefroren“ war. Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Änderungen meines Erachtens gerechtfertigt waren, da es einen technischen Fortschritt im Sinne von Art. 28 der Richtlinie 67/548 gegeben hatte.
166. Aufgrund all dessen bin ich folglich der Auffassung, dass Art. 53 der Verordnung Nr. 1272/2008 eine Rechtsgrundlage darstellt, auf die die in der 1. Anpassungsverordnung enthaltenen Maßnahmen gestützt werden konnten.
2. Zur Rechtmäßigkeit der Einstufungen in Tabelle 3.1 des Anhangs VI Teil 3 der Verordnung Nr. 1272/2008
167. Diese Frage betrifft die Einstufung der fraglichen Stoffe in Tabelle 3.1 des Anhangs VI Teil 3 der Verordnung Nr. 1272/2008. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob sich die Kommission für diese Einstufung auf Anhang VI dieser Verordnung stützen durfte. Nach Ansicht der Klägerin des Ausgangsverfahrens hätte die Kommission die inhärenten Eigenschaften der Borate anhand der Kriterien gemäß Anhang I dieser Verordnung neu bewerten müssen.
168. Meines Erachtens hat die Kommission diesbezüglich weder einen offensichtlichen Beurteilungsfehler noch einen Ermessensmissbrauch begangen, der die Gültigkeit der 1. Anpassungsverordnung berühren könnte. Wie ausgeführt, sollten nach dem Willen des Unionsgesetzgebers alle bestehenden harmonisierten Einstufungen unter Verwendung der neuen Kriterien der Verordnung Nr. 1272/2008 in neue harmonisierte Einstufungen umgewandelt werden. Zu diesem Zweck enthält Anhang VII der Verordnung eine Tabelle, die speziell dazu dient, die Umwandlung der Einstufung eines Stoffes nach der Richtlinie 67/548 in die entsprechende Einstufung gemäß der Verordnung Nr. 1272/2008 zu erleichtern. Die Kommission hat sich daher völlig zu Recht auf diesen Anhang gestützt.
169. Nach alledem hat die Prüfung der zweiten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit der 1. Anpassungsverordnung zur 1. Anpassung der Verordnung Nr. 1272/2008 an den technischen Fortschritt, soweit die Kommission die Einstufung der Borate vorgenommen hat, berühren könnte.
V – Ergebnis
170. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:
Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinie 2008/58/EG der Kommission vom 21. August 2008 zur 30. Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt und der Verordnung (EG) Nr. 790/2009 der Kommission vom 10. August 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, soweit die Europäische Kommission darin die unter den Einträgen 005‑007‑00‑2, 005‑008‑00‑8, 005‑011‑00‑4, 005‑011‑01‑1 und 005‑011‑02‑9 der Richtlinie 2008/58 aufgeführten Borverbindungen als fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 2 (R 60 und R 61) eingestuft hat, berühren könnte.
1 – Originalsprache: Französisch.
2 – Borate sind die Salze oder Ester der Borsäure.
3 – ABl. 1967, Nr. 196, S. 1, in der durch die Richtlinie 92/32/EWG des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 154, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 67/548).
4 – ABl. L 246, S. 1, im Folgenden: 30. Anpassungsrichtlinie. Die in Rede stehenden Stoffe finden sich unter den Einträgen 005-007-00-2 (Borsäure), 005-008-00-8 (Dibortrioxid und Boroxid), 005-011-00-4 (Dinatriumtetraborat, wasserfrei, Borsäure, Dinatriumsalz, Tetrabordinatriumheptaoxid, Hydrat, Orthoborsäure, Natriumsalz), 005-011-01-1 (Dinatriumtetraboratdecahydrat, Boraxdecahydrat) und 005-011-02-9 (Dinatriumtetraboratpentahydrat, Boraxpentahydrat).
5 – Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353, S. 1).
6 – ABl. L 235, S. 1, im Folgenden: 1. Anpassungsverordnung.
7 – ABl. L 184, S. 23, in der durch den Beschluss 2006/512/EG des Rates vom 17. Juli 2006 (ABl. L 200, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Beschluss 1999/468). Diese Bestimmung ist im Zusammenhang mit Anhang III Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (Einstimmigkeit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122, S. 36) zu lesen.
8 – ABl. L 11, S. 6, im Folgenden: 31. Anpassungsrichtlinie.
9 – Vgl. die Erwägungsgründe 5 bis 8 der Verordnung.
10 – ABl. L 152, S. 1, Berichtigung im ABl. 2004, L 216, S. 3.
11 – ABl. L 84, S. 1, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 (ABl. L 284, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 793/93).
12 – Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1, Berichtigung ABl. 2007, L 136, S. 3, im Folgenden: REACH-Verordnung).
13 – 1. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung.
14 – Ich nehme Bezug auf die Darstellung des Sachverhalts in der Rechtssache, in der der Beschluss des Gerichts der Europäischen Union vom 7. September 2010, Étimine und Étiproducts/Kommission (T‑539/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), ergangen ist.
15 – „Kann das Kind im Mutterleib möglicherweise schädigen“ (R 63).
16 – Im Folgenden: Étimine.
17 – Im Folgenden: Borax.
18 – Vgl. Erwägungsgrund 1 der 30. Anpassungsrichtlinie.
19 – Vgl. hierzu Ziel 4 Aktion A („Klärung der Frage, welche Rechtsvorschriften in Kraft sind“) der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Aktualisierung und Vereinfachung des Acquis communautaire vom 11. Februar 2003 (Kom[2003] 71 endg.).
20 – Gemäß Art. 61 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1272/2008 werden Stoffe daher bis zum 1. Dezember 2010 gemäß der Richtlinie 67/548 eingestuft. Vom 1. Dezember 2010 bis 1. Juni 2015 „werden Stoffe [dann] sowohl gemäß der Richtlinie 67/548 als auch gemäß [der] Verordnung [Nr. 1272/2008] eingestuft“.
21 – In der französischen Fassung dieser Vorschrift heißt es ausdrücklich „[l’]annexe I est supprimée“ [„Anhang I wird gestrichen“], und die englische Fassung lautet „Annex I shall be deleted“.
22 – Die Kommission stützte sich auf Art. 53 der Verordnung Nr. 1272/2008, der u. a. eine Anpassung von Anhang VI an den technischen Fortschritt vorsieht.
23 – Hervorhebung nur hier.
24 – Im Folgenden: Anpassungsausschuss.
25 – Protokoll der Sitzung des Ausschusses zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt, von dem in Anlage 1 zu den Erklärungen der französischen Regierung eine Zusammenfassung in englischer Sprache vorliegt.
26 – Geschäftsordnung des Ausschusses zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt; liegt in englischer Sprache in Anhang 2 der Erklärungen der französischen Regierung vor.
27 – Diese Bestimmung bezieht sich auf die im Europäischen Altstoffverzeichnis (EINECS) aufgeführten Altstoffe, während Abschnitt 1.6.1. Buchst. a des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 neue Stoffe betrifft.
28 – Urteile vom 17. Juli 2008, cp-Pharma (C‑448/06, Slg. 2008, I‑5685, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C‑343/09, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 28).
29 – Urteil Afton Chemical (Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
30 – Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat Seife, Glas, Dämmstoffe, Klebstoffe, Papier, Reinigungsmittel, Glasfasern, Keramik, Kosmetikprodukte und Biozide im Blick.
31 – Hervorhebung nur hier.
32 – ABl. L 227, S. 9; die Richtlinie wurde aufgehoben.
33 – Betrifft nicht die deutsche Fassung der Bestimmung.
34 – Zusammenfassender Bericht über die Sitzung des TAEK und der Arbeitsgruppe von Sachverständigen auf dem Gebiet der Fortpflanzungsgefährdung über die Einstufung von Borsäure und Boraten, der in englischer Sprache in Anlage 1 zu den Erklärungen der Kommission vorliegt.
35 – Verordnung der Kommission vom 28. Juni 1994 zur Festlegung von Grundsätzen für die Bewertung der von Altstoffen ausgehenden Risiken für Mensch und Umwelt gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates (ABl. L 161, S. 3).
36 – Entwurf, der in englischer Sprache in Anlage 2 zu den Erklärungen der Kommission vorliegt.
37 – Hervorhebung nur hier.
38 – Idem.
39 – Idem.
40 – Abschnitt 1.4 Abs. 4 bis 7 dieser Begründung lautet:
„… Annex VI, Section 4.2.3.3 lists three reasons, why animal data on reproductive toxic effects may not be relevant for humans: the level of the doses administered, for example where effects have been demonstrated only at high doses, or where marked toxico-kinetic differences exist, or the route of administration is inappropriate.
In Section 1.1.3 it is demonstrated that NOAEL [No Observed Adverse Effect Level] observed in the animal studies is well below the maximum dose administered in an Annex V method for investigating reproductive toxicity.
The available data on toxico-kinetics do not indicate major differences between laboratory animals and humans. It is not known whether there are significant differences in the toxico-dynamics between humans and laboratory animal models and in the absence of such knowledge it must be assumed that the effects seen in animals could occur in humans.
The available studies on animals were conducted using the oral route of administration. This route is an appropriate route of administration in accordance with Article 2(2)(n) of Directive 67/548.“
Bei dem englischen Akronym „NOAEL“ handelt es sich um eine Maßeinheit, mit der die nichttoxische Dosis angegeben wird, d. h. die höchste Dosis eines Stoffes, bei der keine toxische Wirkung („adverse effect“) festzustellen ist.
41 – Vgl. insbesondere die Methode B.31 unter B.IV „Reproduktionstoxizität“.
42 – Vgl. Anhang VI Abschnitte 3.1.1 und 4.2.3 der Richtlinie 67/548.
43 – In Anhang VI Abschnitt 4.2.3.3 Abs. 6 der Richtlinie 67/548 ist von zusätzlichen Hinweisen wie unterstützenden Daten zum Wirkungsmechanismus oder Wirkungsort, einer chemischen Verwandtschaft zu anderen bekannten, die Fruchtbarkeit beeinträchtigenden Stoffen oder sonstigen diesbezüglichen Erfahrungen am Menschen die Rede.
44 – Vgl. Erwägungsgrund 2 der 30. Anpassungsrichtlinie.
45 – Wie bereits ausgeführt, sieht diese Bestimmung vor, dass die zur Einstufung der betreffenden Stoffe erforderlichen Informationen aus verschiedenen Quellen bezogen werden können, zu denen nicht nur die Ergebnisse früherer Prüfungen, Informationen aus Referenzarbeiten und aus der Literatur oder Informationen aufgrund praktischer Erfahrungen, sondern auch die Ergebnisse validierter Struktur-Aktivitäts-Beziehungen und die Beurteilung durch eine fachkundige Person gehören.
46 – Vgl. das Kommissionsdokument des Gemeinsamen Forschungszentrums „A Compendium of Case Studies that helped to shape the REACH guidance on Chemical Categories and Read across“, 2007, das auf der Internetseite http://ecb.jrc.ec.europa.eu/documents/QSAR/EUR_22481_EN.pdf abrufbar ist. Vgl. insbesondere Gallegos, A., Langezaal, I., und Worth, A., „Summary of Discussions on the Use of QSARs, Read-Across and Grouping in the Technical Committee for Classification and Labelling (TC C & L)“, 28. Februar 2007, S. 67 des Kommissionsdokuments.
47 – Vgl. den Bericht „Report on the regulatory uses and application in OECD member countries of (quantitative) structure-activity relationship [(Q)SAR] models in the assessment of new and existing chemicals“, der auf der Internetseite http://www.oecd.org/dataoecd/55/22/38131728.pdf abrufbar ist.
48 – Vgl. z. B. den Bericht von Hart, J., „Nickels compounds – a category approach for metals in EU legislation“, Bericht an die Danish Environmental Protection Agency, Januar 2008, der auf der Internetseite http://cms.mim.dk/NR/rdonlyres/07DB028E-134E-4796-BF6D-97B9AD5F9E82/0/Nikkel.pdf abrufbar ist, den Bericht von Hart, J., und Veith, G. D., „Applying chemical Categories to Classification & Labelling: A Case Study of Volatile Aliphatic Ethers“, Bericht an die Danish Environmental Protection Agency, Januar 2007, der auf der Internetseite http://www.qsari.org/documents/aliphaticethers.pdf abrufbar ist, sowie Comber, M., und Simpson, B., „Grouping of Petroleum Substances“, September 2006, S. 113 des in Fußnote 46 genannten Kommissionsdokuments.
49 – Voraussetzung für die Anwendung des Stoffgruppenkonzepts ist, dass für einen Stoff die physikalisch-chemischen Eigenschaften, die Wirkung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt oder der Verbleib in der Umwelt durch Interpolation aus den Daten für Bezugsstoffe abgeleitet werden können, der derselben Stoffgruppe angehört. Eine Kategorie sollte vorzugsweise alle potenziellen Mitglieder gleichartiger Stoffe enthalten.
50 – Vgl. Punkt 2.1 der „Praxisanleitungen 6: Anleitung zum Melden von Daten mit Analogie- und Kategoriekonzepten“ sowie Punkt 3.1.2.4 der „Bewertungsaktivitäten gemäß REACH – Fortschrittsbericht 2009“, die auf der Internetseite der ECHA abrufbar sind.
51 – Vgl. „Bewertungsaktivitäten gemäß REACH – Fortschrittsbericht 2009“, Punkt 3.1.2.2.
52 – Vgl. auch Art. 10 Abs. 5 der Verordnung Nr. 793/93.
53 – Hervorhebung nur hier. Vgl. auch Punkt 1.5 dieses Anhangs.
54 – ABl. L 358, S. 1.
55 – Vgl. z. B. Gallegos, A., Langezaal, I., und Worth, A., a. a. O. (S. 72 mit zahlreichen Hinweisen).
56 – Vgl. Urteil vom 12. Dezember 2006, Deutschland/Parlament und Rat (C‑380/03, Slg. 2006, I‑11573, Randnr. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung).
57 – Ebd. (Randnr. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).
58 – Urteil vom 22. Januar 1986, Eridania zuccherifici nazionali u. a. (250/84, Slg. 1986, 117, Randnr. 38). Vgl. auch Urteil vom 8. Juni 1989, AGPB (167/88, Slg. 1989, 1653, Randnr. 34).
59 – Urteil vom 21. März 1991, Italien/Kommission (C‑303/88, Slg. 1991, I‑1433, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).
60 – Urteil vom 14. Januar 1981, Deutschland/Kommission (819/79, Slg. 1981, 21).
61 – Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Juni 1997, Tiercé Ladbroke/Kommission (T‑504/93, Slg. 1997, II‑923, Randnrn. 52 bis 55).
62 – Vgl. „background documentation to boron“, im Internet abrufbar unter: http://tcsweb3.jrc.it/home.php?CONTENU=/DOCUMENTS/Classification-Labelling/.
63 – Urteil Afton Chemical (Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).
64 – Ebd. (Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
65 – Vgl. auch Erwägungsgründe 1 und 3 der Verordnung Nr. 1272/2008.
66 – Vgl. Protokoll der Sitzung vom 16. Februar 2007, angeführt in Fn. 25.
67 – Vgl. insoweit Protokoll der TAEK-Sitzung vom 20. Februar 2006, angeführt in Nr. 110 der vorliegenden Schlussanträge.
68 – Ebd.
69 – Hervorhebung nur hier.
70 – Diese Maßnahme wird nach dem in Art. 5a Abs. 1 bis 4 des Beschlusses 1999/468 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
71 – Idem.