11.2.2012 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 39/6 |
Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 15. Dezember 2011 (Vorabentscheidungsersuchen der Corte suprema di cassazione — Italien) — Banca Antoniana Popolare Veneta spa, incorporante la Banca Nazionale dell’Agricoltura SpA/Ministero dell'Economia e delle Finanze, Agenzia delle Entrate
(Rechtssache C-427/10) (1)
(Mehrwertsteuer - Erstattung zu Unrecht gezahlter Steuer - Nationale Regelung, nach der vor verschiedenen Gerichten Klage auf Erstattung einer Nichtschuld erhoben werden kann, wobei unterschiedliche Fristen gelten, je nachdem, ob es sich um den Empfänger oder den Erbringer von Dienstleistungen handelt - Für den Dienstleistungsempfänger bestehende Möglichkeit, vom Dienstleistungserbringer nach Ablauf der für diesen gegenüber der Finanzverwaltung geltenden Klagefrist die Erstattung der Steuer zu verlangen - Grundsatz der Effektivität)
(2012/C 39/08)
Verfahrenssprache: Italienisch
Vorlegendes Gericht
Corte suprema di cassazione
Parteien des Ausgangsverfahrens
Klägerin: Banca Antoniana Popolare Veneta spa, incorporante la Banca Nazionale dell’Agricoltura SpA
Beklagte: Ministero dell'Economia e delle Finanze, Agenzia delle Entrate
Gegenstand
Vorabentscheidungsersuchen — Corte Suprema di Cassazione — Auslegung von Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG: Sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) — Erstattung der rechtsgrundlos gezahlten Steuer — Nationale Regelung, nach der vor verschiedenen Gerichten Klage auf Erstattung eingereicht werden kann, wobei unterschiedliche Fristen gelten, je nachdem, ob es sich um den Erwerber/Empfänger der besteuerten Dienstleistung (Frist von zehn Jahren) oder den Veräußerer/Erbringer dieser Dienstleistung (Frist von zwei Jahren) handelt — Für den Erwerber/Empfänger bestehende Möglichkeit, vom Veräußerer/Erbringer nach Ablauf der für diesen geltenden Klagefrist die Erstattung der Steuer zu verlangen — Grundsätze der steuerlichen Neutralität, der Effektivität und der Nichtdiskriminierung
Tenor
Der Grundsatz der Effektivität steht einer nationalen Regelung über die Rückforderung einer Nichtschuld, die eine längere Verjährungsfrist für die zivilrechtliche Klage auf Rückerstattung einer Nichtschuld, die der Dienstleistungsempfänger gegen den mehrwertsteuerpflichtigen Erbringer dieser Dienstleistungen erhebt, vorsieht als die spezifische Verjährungsfrist für die steuerrechtliche Erstattungsklage, die dieser Dienstleistungserbringer gegenüber der Finanzverwaltung erhebt, nicht entgegen, sofern dieser Steuerpflichtige die Erstattung der Steuer von der Finanzverwaltung tatsächlich verlangen kann. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Anwendung einer solchen Regelung zur Folge hat, dass dem Steuerpflichtigen das Recht, die nicht geschuldete Mehrwertsteuer, die er selbst dem Empfänger seiner Dienstleistungen erstatten musste, von der Finanzverwaltung zurückzuerhalten, vollständig genommen wird.