1. Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Gemeinschaftsrichter – Klageschrift – Formerfordernisse
(Satzung des Gerichtshofs, Art. 21; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44 § 1 Buchst. c)
2. Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Begriff – Auslegung unter Berücksichtigung des Normzwecks des Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 43 Abs. 2 und 3)
3. Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Begriff – Beurteilungskriterien
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 43 Abs. 2 und 3)
4. Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Anwendung der Kriterien auf den konkreten Fall
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 43 Abs. 2 und 3)
5. Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Beurteilungskriterien – Erfordernis konkreter und objektiver Beweise
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 15 Abs. 2 Buchst. a und 43 Abs. 2 und 3)
6. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)
1. Nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Nach gefestigter Rechtsprechung kann die Klageschrift zwar zu bestimmten Punkten durch Bezugnahmen auf in der Anlage beigefügte Aktenauszüge untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den genannten Bestimmungen in der Klageschrift selbst enthalten sein müssen.
Es ist nicht Sache des Gerichts, anstelle der Verfahrensbeteiligten zu versuchen, die einschlägigen Umstände in den Schriftstücken aufzusuchen, auf die sich die Verfahrensbeteiligten beziehen.
(vgl. Randnrn. 18-19)
2. Der Normzweck des in Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke festgelegten Erfordernisses, dass die ältere Marke ernsthaft benutzt worden sein muss, um einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung entgegengehalten werden zu können, besteht darin, Markenkonflikte zu begrenzen, soweit kein berechtigter wirtschaftlicher Grund vorliegt, der einer tatsächlichen Funktion der Marke auf dem Markt entspringt. Dagegen zielen diese Bestimmungen weder auf eine Bewertung des kommerziellen Erfolgs noch auf eine Überprüfung der Geschäftsstrategie eines Unternehmens oder darauf ab, den Markenschutz nur umfangreichen geschäftlichen Verwertungen von Marken vorzubehalten.
(vgl. Randnr. 23)
3. Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der durch ihre Eintragung geschützten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei symbolische Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen, ausgeschlossen sind. Ferner wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke verlangt, dass die Marke so, wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird.
Die Ernsthaftigkeit der Benutzung einer Marke im Sinne von Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu prüfen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke.
Bezüglich des Umfangs der Benutzung der älteren Marke sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen.
(vgl. Randnrn. 24-26)
4. Bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einer älteren Marke im konkreten Fall ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Diese Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Umständen. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder große zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt.
Außerdem können der erzielte Umsatz und die Menge der unter der älteren Marke verkauften Waren nicht absolut beurteilt werden, sondern müssen im Zusammenhang mit anderen relevanten Umständen wie dem Umfang der Geschäftstätigkeit, den Produktions- oder Vertriebskapazitäten oder dem Grad der Diversifizierung des Unternehmens, das die Marke verwertet, sowie den Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen auf dem betreffenden Markt gesehen werden. Die Benutzung der älteren Marke braucht nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden.
(vgl. Randnrn. 27-28)
5. Die ernsthafte Benutzung einer Marke im Sinne von Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke lässt sich nicht auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 15 Abs. 2 Buchst. a und Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 als Nachweis der ernsthaften Benutzung einer nationalen oder Gemeinschaftsmarke, auf die ein Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung gestützt ist, auch der Nachweis der Benutzung der älteren Marke in einer Form gilt, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dadurch die Unterscheidungskraft der Marke zu beeinflussen.
(vgl. Randnrn. 29-30)
6. Zwischen dem Wortzeichen peerstorm, das als Gemeinschaftsmarke für „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ in Klasse 25 des Nizzaer Abkommens angemeldet wurde, und der für identische Waren eingetragenen älteren Gemeinschaftswortmarke PETER STORM besteht für den Durchschnittsverbraucher der Europäischen Union Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke.
Zwischen diesen Marken besteht eine gewisse visuelle und klangliche Ähnlichkeit. Dabei besitzt die visuelle Ähnlichkeit für die in Frage stehenden Bekleidungsartikel eine besondere Bedeutung, da anerkannt ist, dass Bekleidungsstücke im Allgemeinen gekauft werden, nachdem die Marken optisch wahrgenommen wurden.
Ferner ist nicht dargetan worden, dass die ältere Marke, die als Ganzes in der Bekleidungsbranche verwendet wird, eine geringe originäre Unterscheidungskraft im Gebiet der Union besitzt.
Selbst wenn man annähme, dass die ältere Marke nur eine geringe Unterscheidungskraft besitzt, kann in Anbetracht der Identität der von der älteren Marke und der von der Anmeldemarke erfassten Waren sowie der insbesondere in visueller Hinsicht festgestellten Ähnlichkeiten zwischen den Zeichen für die maßgeblichen Verkehrskreise eine Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken nicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt umso mehr, als auch eine gewisse begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Marken besteht.
(vgl. Randnrn. 50-51, 75, 78-80)