Beschluss des Gerichtshofs (Siebte Kammer) vom 17. Dezember 2010 – Polisseni/Azienda Sanitaria Locale n° 14 VCO et Giuliano

(Rechtssache C‑217/09)

„Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung – Art. 49 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Öffentliche Gesundheit – Apotheken – Nähe – Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln – Genehmigung des Betriebs – Territoriale Verteilung der Apotheken – Einführung von Grenzen, die auf einem Kriterium der demografischen Dichte beruhen – Mindestentfernung zwischen den Apotheken“

Niederlassungsfreiheit – Beschränkungen – Nationale Regelung, die für die Eröffnung und die Verlegung von Apotheken in einem bestimmten Gebiet eine vorherige Genehmigung der Verwaltung verlangt (Art. 49 AEUV) (vgl. Randnrn. 33-34, Tenor 1-2)

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen – Tribunale Amministrativo Regionale del Piemonte – Auslegung der Art. 43 EG, 152 EG und 153 EG – Eröffnung neuer Apotheken – Nationale Rechtsvorschriften, die die Genehmigung der Verlegung einer Apotheke von der Einhaltung einer Mindestentfernung zwischen zwei Apotheken abhängig machen

Tenor

1.

Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er grundsätzlich einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die Grenzen für die Errichtung von Apotheken vorschreibt und dabei vorsieht, dass

–        in jedem Apothekengebiet grundsätzlich eine einzige Apotheke für je 4 000 oder 5 000 Einwohner errichtet werden darf und

–        jede Apotheke eine Mindestentfernung von bereits bestehenden Apotheken einhalten muss, die in der Regel 200 m beträgt.

2.

Art. 49 AEUV steht jedoch einer solchen nationalen Regelung entgegen, soweit die Grundregeln von 4 000 oder 5 000 Einwohnern und 200 m Entfernung in allen geografischen Gebieten, die besondere demografische Merkmale aufweisen, die Errichtung einer zur Gewährleistung eines angemessenen Apothekendienstes ausreichenden Zahl von Apotheken verhindert; dies zu prüfen ist Sache des nationalen Gerichts.