Rechtssache C‑382/09

Stils Met SIA

gegen

Valsts ieņēmumu dienests

(Vorabentscheidungsersuchen des Augstākās Tiesas Senāts)

„Gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung – Kombinierte Nomenklatur – Kapitel 73 – Litzen und Kabel aus Stahl – Position 7312 – TARIC-Code – Tarifierungsirrtum – Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr – Verordnung (EG) Nr. 384/96 – Antidumpingzölle – Geldbuße in Höhe der Antidumpingzölle“

Leitsätze des Urteils

1.        Gemeinsamer Zolltarif – Tarifpositionen

(Verordnung Nr. 2658/87 des Rates, Art. 2, Anhang I; Verordnung Nr. 1789/2003 der Kommission)

2.        Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken

(Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Art. 14 Abs. 1)

1.        Der mit Art. 2 der Verordnung Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif eingeführte Integrierte Tarif der Europäischen Gemeinschaften in seiner in den Jahren 2004 und 2005 geltenden Fassung ist dahin auszulegen, dass nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile aus anderem als nicht rostendem Stahl, deren größte Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt und die weder aus Moldawien noch aus Marokko stammen, je nach ihrer Querschnittsabmessung unter die TARIC-Codes 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 oder 7312 10 86 19 fallen.

(vgl. Randnr. 40, Tenor 1)

2.        Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 384/96 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die für den Fall einer falschen zolltariflichen Einreihung von in das Zollgebiet der Union eingeführten Waren eine Geldbuße vorsieht, die dem Gesamtbetrag der bei zutreffender zolltariflicher Einreihung dieser Waren anfallenden Antidumpingzölle entspricht, sofern der Betrag dieser Geldbuße unter Bedingungen festgesetzt wird, die denjenigen entsprechen, die im nationalen Recht für Verstöße gleicher Art und Schwere gelten, wobei die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss, was zu beurteilen Sache des nationalen Gerichts ist.

(vgl. Randnr. 48, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

7. Oktober 2010(*)

„Gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung – Kombinierte Nomenklatur – Kapitel 73 – Litzen und Kabel aus Stahl – Position 7312 – TARIC-Code – Tarifierungsirrtum – Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr – Verordnung (EG) Nr. 384/96 – Antidumpingzölle – Geldbuße in Höhe der Antidumpingzölle“

In der Rechtssache C‑382/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Augstākās Tiesas Senāts (Lettland) mit Entscheidung vom 8. September 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 28. September 2009, in dem Verfahren

Stils Met SIA

gegen

Valsts ieņēmumu dienests

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-J. Kasel sowie der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter) und E. Levits,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Stils Met SIA, vertreten durch V. Meļkovs,

–        des Valsts ieņēmumu dienests, vertreten durch N. Jezdakova als Bevollmächtigte,

–        der lettischen Regierung, vertreten durch K. Drēviņa und K. Krasovska als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sauka und L. Bouyon als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des mit Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) eingeführten Integrierten Tarifs der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: TARIC) und der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Stils Met SIA (im Folgenden: Stils Met), einer Gesellschaft lettischen Rechts, und des Valsts ieņēmumu dienests (staatliche Steuerverwaltung, im Folgenden: Dienests) über die Einfuhr von Kabeln aus Stahl aus der Ukraine zwischen Mai 2004 und September 2005.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Zollrecht

3        In Art. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 (ABl. L 28, S. 16) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87) heißt es:

„(1)      Von der Kommission wird eine Warennomenklatur – nachstehend ‚Kombinierte Nomenklatur‘ … genannt – eingeführt, die den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs, der Statistik des Außenhandels der Gemeinschaft sowie anderer Gemeinschaftspolitiken auf dem Gebiet der Wareneinfuhr oder -ausfuhr genügt.

(2)      Die Kombinierte Nomenklatur umfasst:

a)      die Nomenklatur des Harmonisierten Systems [eingeführt durch das Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren];

b)      die gemeinschaftlichen Unterteilungen dieser Nomenklatur, genannt ‚Unterpositionen KN‘, wenn ihnen ein Zollsatz zugeordnet ist;

c)      die Einführenden Vorschriften, die Zusätzlichen Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln und die Fußnoten, die sich auf die Unterpositionen KN beziehen.

(3)      Die Kombinierte Nomenklatur ist in Anhang I enthalten. …

…“

4        Art. 2 der Verordnung Nr. 2658/87 bestimmt:

„Von der Kommission wird ein [TARIC] erstellt, der den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs, der Außenhandelsstatistiken, der Handels‑ und Agrarpolitik sowie sonstiger Politiken der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Wareneinfuhr oder ‑ausfuhr genügt.

Dieser Tarif beruht auf der Kombinierten Nomenklatur und umfasst:

a)      die in dieser Verordnung enthaltenen Maßnahmen;

b)      die zusätzlichen gemeinschaftlichen Unterteilungen, genannt ‚Unterpositionen Taric‘, die zur Durchführung der in Anhang II aufgeführten besonderen gemeinschaftlichen Maßnahmen notwendig sind;

c)      alle anderen Angaben, die für die Durchführung oder Verwaltung der Taric-Codes und Zusatzcodes nach der Definition in Artikel 3 Absätze 2 und 3 erforderlich sind;

d)      die Zollsätze und anderen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, insbesondere die Abgabenbefreiungen und Präferenzzollsätze, die bei der Ein- oder Ausfuhr bestimmter Waren gelten;

e)      die in Anhang II genannten Maßnahmen, die bei der Einfuhr und Ausfuhr bestimmter Waren gelten.“

5        In Art. 3 Abs. 1 und 2 der Verordnung heißt es:

„(1)      Jede Unterposition KN hat eine achtstellige Codenummer:

a)      die ersten sechs Stellen sind die Codenummern der Positionen und Unterpositionen der Nomenklatur des Harmonisierten Systems;

b)      die siebte und die achte Stelle kennzeichnen die Unterpositionen [der mit Art. 1 eingeführten Kombinierten Nomenklatur der Waren].

(2)      Die Unterpositionen des [Taric] werden durch eine neunte und zehnte Stelle gekennzeichnet, die zusammen mit den in Absatz 1 genannten Codenummern die [Taric]-Codenummern bilden. …“

6        Nach Art. 6 der Verordnung wird der TARIC von der Kommission erstellt, aktualisiert, verwaltet und verbreitet.

7        Teil I der Kombinierten Nomenklatur in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 (ABl. L 281, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN), der den Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 bildet, enthält eine Reihe einführender Vorschriften. Teil I Titel I, in dem die allgemeinen Vorschriften niedergelegt sind, bestimmt in Abschnitt A („Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der [KN]“):

„Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:

1.      Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

…“

8        Teil II der KN enthält einen Abschnitt XV, der „Unedle Metalle und Waren daraus“ betrifft. Dieser Abschnitt enthält u. a. das Kapitel 73 („Waren aus Eisen oder Stahl“).

9        Die Position 7312 der KN ist wie folgt unterteilt:

KN-Code

Warenbezeichnung

7312

Litzen, Kabel, Seile, Seilschlingen und ähnliche Waren, aus Eisen oder Stahl, ausgenommen isolierte Erzeugnisse für die Elektrotechnik

7312 10

− Litzen, Kabel und Seile

7312 10 10

− − ausgerüstet oder gebrauchsfertig, für zivile Luftfahrzeuge

− − andere:

7312 10 30

− − − aus nicht rostendem Stahl

− − − andere, mit einer größten Querschnittsabmessung von:

− − − − 3 mm oder weniger:

7312 10 59

− − − − mehr als 3 mm:

− − − − − Litzen:

7312 10 79

− − − − − Kabel und Seile (einschließlich verschlossene Seile):

− − − − − − nicht überzogen oder nur verzinkt, mit einer größten Querschnittsabmessung von:

7312 10 82

− − − − − − − mehr als 3 mm bis 12 mm

7312 10 84

− − − − − − − mehr als 12 mm bis 24 mm

7312 10 86

− − − − − − − mehr als 24 mm bis 48 mm

7312 10 88

− − − − − − − mehr als 48 mm

7312 10 99

− − − − − − andere


10      In der Anmerkung 1 von Kapitel 72 der KN heißt es:

„Im Sinne des Kapitels 72 – und in Bezug auf die Buchstaben d), e) und f) in der [KN] insgesamt – gelten als:

d)      Stahl:

Andere Eisenwerkstoffe als die der Position 7203 [(d. h. durch Direktreduktion aus Eisenerzen hergestellte Eisenerzeugnisse und anderer Eisenschwamm, in Stücken, Pellets oder ähnlichen Formen; Eisen mit einer Reinheit von 99,94 GHT oder mehr, in Stücken, Pellets oder ähnlichen Formen)], die mit Ausnahme bestimmter Stahlgussstücke gewöhnlich plastisch verformbar sind und 2 GHT oder weniger Kohlenstoff enthalten. Chromstähle dürfen jedoch höhere Kohlenstoffgehalte aufweisen.

e)      Nicht rostender Stahl:

Legierte Stähle, die 1,2 GHT oder weniger Kohlenstoff und 10,5 GHT oder mehr Chrom enthalten, auch mit anderen Elementen.

f)      Anderer legierter Stahl:

Stähle, die nicht der Begriffsbestimmung für nicht rostenden Stahl entsprechen und eines oder mehrere der folgenden Elemente mit den angegebenen Anteilen enthalten:

–      0,3 GHT oder mehr Aluminium,

–      0,0008 GHT oder mehr Bor,

–      0,3 GHT oder mehr Chrom,

–      0,3 GHT oder mehr Cobalt,

–      0,4 GHT oder mehr Kupfer,

–      0,4 GHT oder mehr Blei,

–      1,65 GHT oder mehr Mangan,

–      0,08 GHT oder mehr Molybdän,

–      0,3 GHT oder mehr Nickel,

–      0,06 GHT oder mehr Niob,

–      0,6 GHT oder mehr Silicium,

–      0,05 GHT oder mehr Titan,

–      0,3 GHT oder mehr Wolfram,

–      0,1 GHT oder mehr Vanadium,

–      0,05 GHT oder mehr Zirconium,

–      0,1 GHT oder mehr von jedem anderen einzelnen Element (ausgenommen Schwefel, Phosphor, Kohlenstoff und Stickstoff).

…“

11      In den Jahren 2004 und 2005 enthielt der TARIC hinsichtlich der Unterpositionen KN 7312 10 82, 7312 10 84 und 7312 10 86 folgende Unterpositionen:

7312 10 82

- - - - - - - mehr als 3 mm bis 12 mm

7312 10 82 11

- - - - - - - - aus Stahl

7312 10 82 11

- - - - - - - - - Versand über die Republik Moldau

7312 10 82 12

- - - - - - - - - Versand aus Marokko

7312 10 82 19

- - - - - - - - - andere

7312 10 82 90

- - - - - - - - andere

7312 10 84

- - - - - - - mehr als 12 mm bis 24 mm

7312 10 84 11

- - - - - - - - aus Stahl

7312 10 84 11

- - - - - - - - - Versand über die Republik Moldau

7312 10 84 12

- - - - - - - - - Versand aus Marokko

7312 10 84 19

- - - - - - - - - andere

7312 10 84 90

- - - - - - - - andere

7312 10 86

- - - - - - - mehr als 24 mm bis 48 mm

7312 10 86 11

- - - - - - - - aus Stahl

7312 10 86 11

- - - - - - - - - Versand über die Republik Moldau

7312 10 86 12

- - - - - - - - - Versand aus Marokko

7312 10 86 19

- - - - - - - - - andere

7312 10 86 90

- - - - - - - - andere


12      Die Kombinierte Nomenklatur, die den Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 darstellt, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission vom 7. September 2004 (ABl. L 327, S. 1) geänderten Fassung ist in Bezug auf sämtliche in den Randnrn. 7 bis 11 des vorliegenden Urteils angeführte Bestimmungen mit der KN identisch.

 Vorschriften über Antidumpingmaßnahmen

13      Zu der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit richtete sich die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen durch die Europäische Union nach der Verordnung Nr. 384/96.

14      Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung lautet:

„Vorläufige oder endgültige Antidumpingzölle werden durch Verordnung eingeführt und von den Mitgliedstaaten in der Form, zu dem Satz und nach den sonstigen Modalitäten erhoben, die in der Verordnung zur Einführung dieser Zölle festgelegt sind. Diese Zölle werden auch unabhängig von den Zöllen, Steuern und anderen normalerweise bei der Einfuhr geforderten Abgaben erhoben. Auf eine Ware dürfen nicht zugleich Antidumpingzölle und Ausgleichszölle erhoben werden, um ein und dieselbe Situation, die sich aus einem Dumping oder der Gewährung einer Ausfuhrsubvention ergibt, zu bereinigen.“

15      In Art. 1 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates vom 12. August 1999 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ungarn, Indien, Mexiko, Polen, Südafrika und der Ukraine, zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Antidumpingzolls auf diese Einfuhren und zur Einstellung des Antidumpingverfahrens gegenüber den Einfuhren mit Ursprung in der Republik Korea (ABl. L 217, S. 1) heißt es:

„(1)      Auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl der KN-Codes ex 7312 10 82 (Taric-Code 7312 10 82*10), ex 7312 10 84 (Taric-Code 7312 10 84*10), ex 7312 10 86 (Taric-Code 7312 10 86*10), ex 7312 10 88 (Taric-Code 7312 10 88*10) und ex 7312 10 99 (Taric-Code 7312 10 99*10) mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ungarn, Indien, Mexiko, Polen, Südafrika und der Ukraine wird ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt.

(3)      Sofern nichts anderes bestimmt ist, finden die geltenden Zollbestimmungen Anwendung.“

 Nationales Recht

16      Zu der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit bestimmte Art. 32 („Verantwortlichkeit im Fall der Verkürzung der Steuerbemessungsgrundlage“) des Gesetzes über Steuern und Abgaben (likums par nodokļiem un nodevām, Latvijas Vēstnesis, 1995, Nr. 26) in Abs. 1 und 2:

„(1)      Verkürzt ein Steuerpflichtiger in seiner Erklärung gegenüber der Steuerverwaltung unter Verstoß gegen die Vorgaben der Steuerbestimmungen die Steuerbemessungsgrundlage, errechnet die Steuerverwaltung den Betrag der ausstehenden Steuerschuld und setzt eine Geldbuße in Höhe dieses Betrags fest, sofern nicht eine besondere Steuerbestimmung einen anderen Betrag der Geldbuße vorsieht.

(2)      Eine Geldbuße wird nicht verhängt, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:

1)      Der Steuerpflichtige hat vor dem Beginn einer Prüfung durch die Verwaltung eine berichtigende oder ergänzende Erklärung (unter Beifügung von Nachweisen) abgegeben.

2)      Er hat innerhalb von fünf Werktagen die ausstehende Steuer sowie den Zuschlag auf die Hauptschuld und die bis zum Tag der Abgabe der berichtigenden oder ergänzenden Erklärung aufgelaufenen Verzugszinsen (unter Beifügung von Nachweisen) gezahlt.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17      Zwischen Mai 2004 und September 2005 führte Stils Met Kabel aus Stahl aus der Ukraine ein, um sie in Lettland in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen. Die Waren wurden unter den TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 90, 7312 10 84 90 und 7312 10 86 90 angemeldet.

18      Im Rahmen einer Prüfung stellte der Dienests fest, dass die betreffenden Waren aus Stahl seien und daher angesichts ihrer Querschnittsabmessung und ihrer Herkunft unter die TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 und 7312 10 86 19 fielen.

19      Infolgedessen forderte der Dienests Stils Met mit Entscheidung vom 20. Juni 2006 auf, 485 286,58 LVL (etwa 697 356 Euro) an den Fiskus zu zahlen, wovon 205 629,87 LVL auf Antidumpingzölle, 37 013,42 LVL auf die Mehrwertsteuer und 242 643,29 LVL auf eine Geldbuße in Höhe des gesamten nicht gezahlten Betrags entfielen.

20      Stils Met erhob eine Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung. Sie machte insbesondere geltend, sie habe bei der Anmeldung der Waren vom Labor des Herstellers ausgestellte Bescheinigungen vorgelegt, mit denen dem Anmelder und der Zollbehörde die chemische Zusammensetzung dieser Waren mitgeteilt und insbesondere nachgewiesen werde, dass diese unter die Bezeichnung „anderer legierter Stahl“ im Sinne des Buchst. f der Anmerkung 1 von Kapitel 72 der KN fielen.

21      Sie trägt außerdem vor, dass der Dienests, selbst wenn er die fraglichen Waren zutreffend eingereiht hätte, nicht berechtigt gewesen sei, gegen sie eine Geldbuße nach der nationalen Regelung zu verhängen.

22      Das Administratīvā rajona tiesa (Bezirksverwaltungsgericht) gab der Klage von Stils Mets statt und hob die Entscheidung des Dienests mit Urteil vom 4. Oktober 2007 auf. Nach Überprüfung der Angaben zur chemischen Zusammensetzung der betreffenden Waren stellte es fest, dass dem Dienests nicht der Nachweis gelungen sei, dass es sich bei diesen Waren um Stahl im Sinne des Buchst. d der Anmerkung 1 von Kapitel 72 der KN handele.

23      Der Dienests legte gegen dieses Urteil Berufung beim Administratīvā apgabaltiesa (regionales Verwaltungsgericht) ein, das dem Rechtsmittel stattgab. Dieses Gericht vertrat im Hinblick darauf, dass die Waren nach der KN in Erzeugnisse aus nicht rostendem Stahl und Erzeugnisse aus Eisen oder Stahl unterteilt seien, die Ansicht, dass die Kategorie „Stahl“ der aus den Unterpositionen KN 7312 10 82, 7312 10 84 und 7312 10 86 hervorgegangenen TARIC-Unterpositionen Erzeugnisse aus Stahl unabhängig von ihrer chemischen Zusammensetzung erfasse, mit Ausnahme derjenigen aus nicht rostendem Stahl, während die Kategorie „andere“ Erzeugnisse erfasse, die nicht aus Stahl seien, d. h. solche aus Eisen.

24      Stils Met legte gegen das Berufungsurteil Kassationsbeschwerde beim Augstākās Tiesas Senāts (Senat des obersten Gerichtshofs) ein.

25      Nach Ansicht von Stils Met richtet es sich nach der Anmerkung 1 von Kapitel 72 der KN, unter welche Kategorie – d) „Stahl“ oder e) „nicht rostender Stahl“ – die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren fallen. Wenn die Angaben zur chemischen Zusammensetzung der betreffenden Erzeugnisse nicht hinreichend belegten, dass es sich bei diesem Material um einen „anderen legierten Stahl“ handele, seien sie in die TARIC-Unterpositionen einzureihen, die Erzeugnissen aus Stahl entsprächen, d. h. in diejenigen, deren Code auf die Ziffern 11 ende, wie es der Dienests getan habe. Reichten diese Angaben dagegen aus, um nachzuweisen, dass es sich bei dem Material um einen „anderen legierten Stahl“ handele, seien die Erzeugnisse in die entsprechenden TARIC-Unterpositionen einzuordnen, die anderen Erzeugnissen als solchen aus Stahl entsprächen, d. h. in diejenigen, deren Code auf die Ziffern 90 ende.

26      Darüber hinaus macht Stils Met geltend, dass Antidumpingzölle weder Steuern noch Abgaben im Sinne des Gesetzes über Steuern und Abgaben seien, so dass die in diesem Gesetz vorgesehene Geldbuße im Ausgangsverfahren keine Anwendung finden könne.

27      Da der Augstākās Tiesas Senāts der Auffassung war, dass der Ausgang des bei ihm anhängigen Rechtsstreits von der Auslegung der anwendbaren Gemeinschaftsregelung abhänge, hat er beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die TARIC-Codes 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 und 7312 10 86 19 dahin auszulegen, dass Waren aus Stahl – Litzen, Kabel und Seile, nicht überzogen oder nur verzinkt, insbesondere aus legiertem (nicht aber aus nicht rostendem) Stahl –, die weder aus Moldawien noch aus Marokko eingeführt worden waren, in den Jahren 2004 und 2005 unabhängig von ihrer chemischen Zusammensetzung nach Maßgabe ihrer Querschnittsabmessung in diese Codes einzureihen waren?

2.      Ist Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 384/96 dahin auszulegen, dass er der Verhängung einer nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats (Art. 32 Abs. 2 des lettischen Gesetzes über Steuern und Abgaben) für den Fall eines Verstoßes gegen steuerrechtliche Vorschriften vorgesehenen Geldbuße entgegensteht, die dem Gesamtbetrag der Antidumpingzölle entspricht?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

28      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der TARIC dahin auszulegen ist, dass Kabel aus anderem als nicht rostendem Stahl wie die im Ausgangsverfahren fraglichen, die nicht überzogen oder nur verzinkt sind, deren größte Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt und die weder aus Moldawien noch aus Marokko stammen, in den Jahren 2004 und 2005 in die TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 oder 7312 10 86 19 einzureihen waren, oder dahin, dass sie in die TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 90, 7312 10 84 90 oder 7312 10 86 90 einzureihen waren.

29      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. insbesondere Urteil vom 18. Juni 2009, Kloosterboer Services, C‑173/08, Slg. 2009, I‑5347, Randnr. 24).

30      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Waren, um die es im Ausgangsverfahren geht, je nach ihrer Querschnittsabmessung unter die Unterpositionen 7312 10 82, 7312 10 84 und 7312 10 86 der KN fallen. Nach ihrem Wortlaut erfassen diese Unterpositionen nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile aus Eisen oder anderem als nicht rostendem Stahl, deren Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt. Im Rahmen des TARIC sind diese Erzeugnisse in solche „aus Stahl“ (TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 11, 7312 10 84 11 und 7312 10 86 11) und „andere“ (TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 90, 7312 10 84 90 und 7312 10 86 90) unterteilt.

31      Stils Met macht geltend, dass es sich nach der Anmerkung 1 von Kapitel 72 der KN bestimme, ob die im Ausgangsverfahren fraglichen Kabel aus Stahl in die Kategorie „Stahl“, „nicht rostender Stahl“ oder „anderer legierter Stahl“ gehörten. Daher seien diese Erzeugnisse, wenn die Angaben zu ihrer chemischen Zusammensetzung hinreichend belegten, dass es sich bei dem Material um einen „anderen legierten Stahl“ handele, je nach ihrer maximalen Querschnittsabmessung in die TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 90, 7312 10 84 90 oder 7312 10 86 90 einzureihen.

32      Der Dienests, die lettische Regierung und die Europäische Kommission tragen dagegen vor, Kabel aus legiertem Stahl wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden seien in die TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 oder 7312 10 86 19 einzureihen. Während den Erzeugnissen aus nicht rostendem Stahl ein eigener KN-Code zugewiesen sei, unterschieden die TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 und 7312 10 86 19 nicht nach der Art des Stahls, so dass sie sowohl legierten als auch nicht legierten Stahl erfassten. Dagegen seien Erzeugnisse aus Eisen, d. h. solche, die nicht aus Stahl seien, unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Gliederung der Position 7312 in die TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 90, 7312 10 84 90 und 7312 10 86 90 einzureihen.

33      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut der Position 7312 der KN „Litzen, Kabel, Seile, Seilschlingen und ähnliche Waren, aus Eisen oder Stahl, ausgenommen isolierte Erzeugnisse für die Elektrotechnik“ unter diese Position fallen. Die KN nennt in Unterposition 7312 10 30 Litzen, Kabel und Seile „aus nicht rostendem Stahl“ und in den nachfolgenden Unterpositionen „andere“ Litzen, Kabel und Seile. Daraus folgt, dass Litzen, Kabel und Seile aus nicht rostendem Stahl von der Unterposition 7312 10 30 der KN erfasst werden, während solche aus Eisen oder aus anderem als nicht rostendem Stahl unter die nachfolgenden Unterpositionen fallen.

34      Daher gehören nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile aus Eisen oder anderem als nicht rostendem Stahl, deren größte Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt, in die Unterpositionen 7312 10 82, 7312 10 84 oder 7312 10 86.

35      Daraus folgt, dass die TARIC-Codes 7312 10 82 11, 7312 10 84 11 und 7312 10 86 11 Kabel und Seile aus anderem als nicht rostendem Stahl erfassen. Zudem ergibt sich aus der Gliederung und dem Wortlaut der maßgeblichen TARIC-Unterpositionen, dass für die TARIC-Codes 7312 10 82 11 (Versand über die Republik Moldau), 7312 10 82 12 (Versand aus Marokko) und 7312 10 82 19 (andere) die geografische Herkunft dieser Kabel und Seile maßgebend ist. Das Gleiche gilt für die TARIC-Codes, die auf die in den Unterpositionen 7312 10 84 und 7312 10 86 der KN genannten Kabel und Seile Anwendung finden. Demnach fallen unter die TARIC-Codes 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 und 7312 10 86 19 nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile aus anderem als nicht rostendem Stahl, deren Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt und die aus anderen Ländern als Moldawien oder Marokko stammen.

36      Aus der Gliederung des TARIC ergibt sich auch, dass die TARIC-Codes 7312 10 82 90, 7312 10 84 90 oder 7312 10 86 90 nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile erfassen, deren Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt und die nicht aus Stahl sind, d. h. solche, die aus Eisen sind.

37      Darüber hinaus sind nach ständiger Rechtsprechung sowohl die Anmerkungen zu den Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs als auch die Erläuterungen zur Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens wichtige Hilfsmittel dafür, eine einheitliche Anwendung des Zolltarifs zu gewährleisten, und stellen deshalb wertvolle Erkenntnismittel für die Auslegung des Tarifs dar (vgl. insbesondere Urteile vom 20. November 1997, Wiener SI, C‑338/95, Slg. 1997, I‑6495, Randnr. 11, und vom 7. Februar 2002, Turbon International, C‑276/00, Slg. 2002, I‑1389, Randnr. 22).

38      Im vorliegenden Fall wird in der Anmerkung 1 von Kapitel 72 der KN erläutert, was unter Stahl, nicht rostendem Stahl und anderem legierten Stahl zu verstehen ist. Nach dem Wortlaut dieser Anmerkung sind ihre Definitionen für die gesamte KN und damit auch für deren Kapitel 73 maßgeblich. In Buchst. d der Anmerkung wird „Stahl“ allgemein definiert. Der in ihrem Buchst. e definierte „nicht rostende Stahl“ und der in ihrem Buchst. f definierte „andere legierte Stahl“ stellen besondere Kategorien von Stahl dar und sind daher als der allgemeinen Kategorie „Stahl“ zugehörig anzusehen.

39      Unter Berücksichtigung dieser Definitionen bei der Einreihung von Kabeln aus Stahl wie denjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, fallen Kabel und Seile aus nicht rostendem Stahl im Sinne des Buchst. e der Anmerkung 1 von Kapitel 72 der KN unter die Unterposition KN 7312 10 30. Dagegen ist, da im Rahmen der Position 7312 der KN nicht zwischen Kabeln und Seilen aus Stahl und solchen aus „anderem legierten Stahl“ im Sinne des Buchst. f der genannten Anmerkung unterschieden wird, davon auszugehen, dass nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile aus anderem als nicht rostendem Stahl, die aus anderen Ländern als der Republik Moldau oder Marokko stammen, je nach ihrer Querschnittsabmessung von den TARIC-Unterpositionen 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 oder 7312 10 86 19 erfasst werden.

40      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass der TARIC in seiner in den Jahren 2004 und 2005 geltenden Fassung dahin auszulegen ist, dass nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile aus anderem als nicht rostendem Stahl, deren größte Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt und die weder aus Moldawien noch aus Marokko stammen, je nach ihrer Querschnittsabmessung unter die TARIC-Codes 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 oder 7312 10 86 19 fallen.

 Zur zweiten Frage

41      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 384/96 dahin auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die für den Fall einer falschen zolltariflichen Einreihung von in das Zollgebiet der Union eingeführten Waren eine Geldbuße vorsieht, die dem Gesamtbetrag der bei zutreffender zolltariflicher Einreihung dieser Waren anfallenden Antidumpingzölle entspricht.

42      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Antidumpingzölle nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 384/96 durch Verordnung eingeführt und von den Mitgliedstaaten in der Form, zu dem Satz und nach den sonstigen Modalitäten erhoben werden, die in der Verordnung zur Einführung dieser Zölle festgelegt sind. Im vorliegenden Fall sieht die Verordnung Nr. 1796/1999 keine Sanktionen für Verstöße gegen ihre Bestimmungen vor.

43      Nach Art. 1 Abs. 3 dieser Verordnung finden allerdings die geltenden Zollbestimmungen Anwendung, sofern nichts anderes bestimmt ist. Festzustellen ist jedoch, dass auch diese keine Sanktion für die falsche zolltarifliche Einreihung von in das Zollgebiet der Union eingeführten Waren vorsehen.

44      Sieht eine Unionsregelung keine spezifische Sanktion für den Fall eines Verstoßes gegen ihre Bestimmungen vor oder verweist sie insoweit auf die nationalen Vorschriften, so sind die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung gemäß Art. 10 EG verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und die Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten. Dabei müssen die Mitgliedstaaten, denen bei der Wahl der Sanktionen ein Ermessen verbleibt, darauf achten, dass die Verstöße gegen die Unionsregelung unter materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Bedingungen geahndet werden, die denjenigen entsprechen, die für nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht gelten, wobei die Sanktion jedenfalls wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss (vgl. Urteile vom 26. Oktober 1995, Siesse, C‑36/94, Slg. 1995, I‑3573, Randnr. 20, und vom 16. Oktober 2003, Hannl-Hofstetter, C‑91/02, Slg. 2003, I‑12077, Randnr. 17).

45      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten die Sanktionen wählen können, die ihnen im Fall des Verstoßes gegen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1796/1999 sachgerecht erscheinen. Sie sind jedoch verpflichtet, bei der Ausübung dieser Befugnis das Unionsrecht und seine allgemeinen Grundsätze, also auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu beachten (vgl. entsprechend Urteile Siesse, Randnr. 21, vom 7. Dezember 2000, De Andrade, C‑213/99, Slg. 2000, I‑11083, Randnr. 20, und Hannl-Hofstetter, Randnr. 18).

46      Das Prinzip einer Geldbuße wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, mit der sichergestellt werden soll, dass die Steuerpflichtigen ihren Verpflichtungen im Bereich der Steuererklärung nachkommen, verstößt als solches nicht gegen das Unionsrecht. Mit einer Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen können die Wirtschaftsteilnehmer nämlich dazu angehalten werden, bei den zuständigen nationalen Behörden Erklärungen einzureichen, die mit den geltenden Vorschriften einschließlich der Zollvorschriften der Union und der auf den Unionsvorschriften beruhenden Antidumpingmaßnahmen im Einklang stehen. Ohne eine solche Maßnahme hätten Fehler bei der zolltariflichen Einreihung von Waren, auf die Antidumpingzölle erhoben werden, letztlich keine Konsequenzen für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer.

47      Der Betrag der Geldbuße muss nach der in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung unter Bedingungen festgesetzt werden, die denjenigen entsprechen, die im nationalen Recht für Verstöße gleicher Art und Schwere gelten. Zwar scheint dies bei einer nationalen Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden angesichts ihres Wortlauts grundsätzlich der Fall zu sein; es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob die im Ausgangsverfahren fragliche Geldbuße tatsächlich mit diesen Grundsätzen im Einklang steht.

48      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 384/96 dahin auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die für den Fall einer falschen zolltariflichen Einreihung von in das Zollgebiet der Union eingeführten Waren eine Geldbuße vorsieht, die dem Gesamtbetrag der bei zutreffender zolltariflicher Einreihung dieser Waren anfallenden Antidumpingzölle entspricht, sofern der Betrag dieser Geldbuße unter Bedingungen festgesetzt wird, die denjenigen entsprechen, die im nationalen Recht für Verstöße gleicher Art und Schwere gelten, wobei die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss, was zu beurteilen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 Kosten

49      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Der mit Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif eingeführte Integrierte Tarif der Europäischen Gemeinschaften in seiner in den Jahren 2004 und 2005 geltenden Fassung ist dahin auszulegen, dass nicht überzogene oder nur verzinkte Kabel und Seile aus anderem als nicht rostendem Stahl, deren größte Querschnittsabmessung mehr als 3 mm bis 48 mm beträgt und die weder aus Moldawien noch aus Marokko stammen, je nach ihrer Querschnittsabmessung unter die TARIC-Codes 7312 10 82 19, 7312 10 84 19 oder 7312 10 86 19 fallen.

2.      Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die für den Fall einer falschen zolltariflichen Einreihung von in das Zollgebiet der Union eingeführten Waren eine Geldbuße vorsieht, die dem Gesamtbetrag der bei zutreffender zolltariflicher Einreihung dieser Waren anfallenden Antidumpingzölle entspricht, sofern der Betrag dieser Geldbuße unter Bedingungen festgesetzt wird, die denjenigen entsprechen, die im nationalen Recht für Verstöße gleicher Art und Schwere gelten, wobei die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss, was zu beurteilen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Lettisch.