Rechtssache C‑118/09

Robert Koller

(Vorabentscheidungsersuchen der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission)

„Begriff des ‚einzelstaatlichen Gerichts‘ im Sinne von Art. 234 EG – Anerkennung der Diplome – Richtlinie 89/48/EWG –Rechtsanwalt/Rechtsanwältin – Eintragung bei der Berufskammer eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen, in dem der Studienabschluss als gleichwertig anerkannt worden ist“

Leitsätze des Urteils

1.        Vorabentscheidungsverfahren – Anrufung des Gerichtshofs – Einzelstaatliches Gericht im Sinne von Art  234 EG – Begriff

(Art. 234 EG)

2.        Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Arbeitnehmer – Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen – Richtlinie 89/48 – Begriff „Diplom“

(Richtlinie 2001/19 des Europäischen Parlaments und des Rates; Richtlinie 89/48 des Rates)

3.        Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Arbeitnehmer – Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen – Richtlinie 89/48 – Eignungsprüfung

(Richtlinie 2001/19 des Europäischen Parlaments und des Rates; Richtlinie 89/48 des Rates)

1.        Zur Beurteilung der rein unionsrechtlichen Frage, ob es sich bei einer vorlegenden Einrichtung um ein Gericht im Sinne von Art. 234 EG handelt, stellt der Gerichtshof auf eine Reihe von Gesichtspunkten ab, wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit. Die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission, eine anerkanntermaßen obligatorische Gerichtsbarkeit, weist insoweit alle erforderlichen Eigenschaften auf, um als Gericht im Sinne von Art. 234 EG anerkannt zu werden.

(vgl. Randnrn. 22-23)

2.        Im Hinblick auf den Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts im Aufnahmemitgliedstaat, kann sich, vorbehaltlich des Bestehens einer Eignungsprüfung, der Inhaber eines in diesem Mitgliedstaat verliehenen Titels, mit dem ein mehr als dreijähriges Studium abgeschlossen wurde, sowie eines gleichwertigen Titels, der ihm in einem anderen Mitgliedstaat nach einer Ergänzungsausbildung verliehen wurde, die weniger als drei Jahre dauerte und ihm in diesem letztgenannten Staat das Recht auf Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts verleiht, den er zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Zulassung zur Eignungsprüfung beantragte, dort tatsächlich ausübte, auf die Bestimmungen der Richtlinie 89/48 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, in der durch die Richtlinie 2001/19 geänderten Fassung berufen.

Eine solche Person ist nämlich Inhaber eines „Diploms“ im Sinne von Art. 1 Buchst. a der geänderten Richtlinie 89/48. Insbesondere bescheinigt der in einem anderen Mitgliedstaat erworbene Befähigungsnachweis, auf den sich dieser Inhaber beruft, dass dieser eine zusätzliche Qualifikation zu der im Aufnahmemitgliedstaat erworbenen erlangt hat. Daher ist zwar richtig, dass ein Befähigungsnachweis zur Bescheinigung beruflicher Qualifikationen nicht einem „Diplom“ im Sinne der geänderten Richtlinie 89/48 gleichgestellt werden kann, ohne dass die Qualifikationen ganz oder teilweise im Rahmen des Bildungssystems des Mitgliedstaats, in dem dieser Befähigungsnachweis ausgestellt worden ist, erworben wurden, jedoch ist dies bei dem betreffenden Befähigungsnachweis nicht der Fall. Darüber hinaus ist der Umstand, dass dieser Befähigungsnachweis keine dreijährige in dem anderen Mitgliedstaat absolvierte Berufsausbildung bescheinigt, insoweit ohne Belang, da nach Art. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich dieser Richtlinie nicht erforderlich ist, dass das mindestens dreijährige Studium oder ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium in einem anderen Mitgliedstaat als dem Aufnahmemitgliedstaat absolviert wurde.

(vgl. Randnrn. 32-36, Tenor 1)

3.        Die Richtlinie 89/48 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, in der durch die Richtlinie 2001/19 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats verwehrt, dem Inhaber eines in diesem Mitgliedstaat verliehenen Titels, mit dem ein mehr als dreijähriges Studium abgeschlossen wurde, sowie eines gleichwertigen Titels, der ihm in einem anderen Mitgliedstaat nach einer Ergänzungsausbildung verliehen wurde, die weniger als drei Jahre dauerte und ihm in diesem letztgenannten Staat das Recht auf Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts verleiht, den er dort tatsächlich ausübte, die Zulassung zur Eignungsprüfung für den Beruf des Rechtsanwalts zu versagen, wenn der Nachweis fehlt, dass er die nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats geforderte praktische Verwendung absolviert hat.

(vgl. Randnrn. 36, 41, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

22. Dezember 2010(*)

„Begriff des ‚einzelstaatlichen Gerichts‘ im Sinne von Art. 234 EG – Anerkennung der Diplome – Richtlinie 89/48/EWG –Rechtsanwalt/Rechtsanwältin – Eintragung bei der Berufskammer eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen, in dem der Studienabschluss als gleichwertig anerkannt worden ist“

In der Rechtssache C‑118/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission (Österreich) mit Entscheidung vom 16. März 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 1. April 2009, in dem Verfahren

Robert Koller

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot sowie der Richter K. Schiemann und L. Bay Larsen (Berichterstatter),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Koller selbst, abogado,

–        der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch E. Skandalou und S. Vodina als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch J. López-Medel Báscones als Bevollmächtigten,

–        der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Hermes und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 2. Juni 2010

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), in der durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 (ABl. L 206, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Richtlinie 89/48).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Koller und der Rechtsanwaltsprüfungskommission des Oberlandesgerichts Graz über die Weigerung ihres Präses, Herrn Koller zur Eignungsprüfung für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Österreich zuzulassen oder ihm diese Prüfung zu erlassen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Art. 1 Buchst. a, b und g der geänderten Richtlinie 89/48 lautet:

„Im Sinne dieser Richtlinie gelten

a)      als Diplome alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise bzw. diese Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise insgesamt,

–      die in einem Mitgliedstaat von einer nach seinen Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt werden,

–      aus denen hervorgeht, dass der Diplominhaber ein mindestens dreijähriges Studium oder ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau absolviert und gegebenenfalls die über das Studium hinaus erforderliche berufliche Ausbildung abgeschlossen hat, und

–      aus denen hervorgeht, dass der Zeugnisinhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in diesem Mitgliedstaat erforderlich sind,

wenn die durch das Diplom, das Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis bescheinigte Ausbildung überwiegend in der Gemeinschaft erworben wurde …

Einem Diplom im Sinne von Unterabsatz 1 sind alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise bzw. diese Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise insgesamt gleichgestellt, die von einer zuständigen Stelle in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, wenn sie eine in der Gemeinschaft erworbene und von einer zuständigen Stelle in diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannte Ausbildung abschließen und in diesem Mitgliedstaat in Bezug auf den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung dieselben Rechte verleihen;

b)      als Aufnahmestaat der Mitgliedstaat, in dem ein Angehöriger eines Mitgliedstaats die Ausübung eines Berufes beantragt, der dort reglementiert ist, in dem er jedoch nicht das Diplom, auf das er sich beruft, erworben oder erstmals den betreffenden Beruf ausgeübt hat;

g)      als Eignungsprüfung eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des Antragstellers betreffende und von den zuständigen Stellen des Aufnahmestaats durchgeführte Prüfung, mit der die Fähigkeit des Antragstellers, in diesem Mitgliedstaat einen reglementierten Beruf auszuüben, beurteilt werden soll.

Für die Zwecke dieser Prüfung erstellen die zuständigen Stellen ein Verzeichnis der Sachgebiete, die aufgrund eines Vergleichs zwischen der in ihrem Staat verlangten Ausbildung und der bisherigen Ausbildung des Antragstellers von dem Diplom oder dem bzw. den Prüfungszeugnissen, die der Antragsteller vorlegt, nicht abgedeckt werden.

Die Eignungsprüfung muss dem Umstand Rechnung tragen, dass der Antragsteller in seinem Heimat- oder Herkunftsmitgliedstaat über eine berufliche Qualifikation verfügt. Sie erstreckt sich auf Sachgebiete, die aus den in dem Verzeichnis enthaltenen Sachgebieten auszuwählen sind und deren Kenntnis eine wesentliche Voraussetzung für eine Ausübung des Berufs im Aufnahmestaat ist. Diese Prüfung kann sich auch auf die Kenntnis der sich auf die betreffenden Tätigkeiten im Aufnahmestaat beziehenden berufsständischen Regeln erstrecken. Die Modalitäten der Eignungsprüfung werden von den zuständigen Stellen des Aufnahmestaats unter Wahrung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts festgelegt.

…“

4        Art. 3 Buchst. a der geänderten Richtlinie 89/48 lautet:

„Wenn der Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung im Aufnahmestaat von dem Besitz eines Diploms abhängig gemacht wird, kann die zuständige Stelle einem Angehörigen eines Mitgliedstaats den Zugang zu diesem Beruf oder dessen Ausübung unter denselben Voraussetzungen wie bei Inländern nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern,

a)      wenn der Antragsteller das Diplom besitzt, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieses Diplom in einem Mitgliedstaat erworben wurde, …“

5        Art. 4 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Artikel 3 hindert den Aufnahmestaat nicht daran, vom Antragsteller ebenfalls zu verlangen,

a)      dass er Berufserfahrung nachweist, wenn die Ausbildungsdauer, die er gemäß Artikel 3 Buchstaben a) und b) nachweist, um mindestens ein Jahr unter der in dem Aufnahmestaat geforderten Ausbildungsdauer liegt. …“

b)      dass er einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt

–        wenn seine bisherige Ausbildung gemäß Artikel 3 Buchstaben a) und b) sich auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Diplom abgedeckt werden, das in dem Aufnahmestaat vorgeschrieben ist, oder

–        wenn in dem in Artikel 3 Buchstabe a) vorgesehenen Fall der reglementierte Beruf in dem Aufnahmestaat eine oder mehrere reglementierte berufliche Tätigkeiten umfasst, die in dem Heimat- oder Herkunftsmitgliedstaat des Antragstellers nicht Bestandteil des betreffenden reglementierten Berufs sind, und wenn dieser Unterschied in einer besonderen Ausbildung besteht, die in dem Aufnahmestaat gefordert wird und sich auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Diplom abgedeckt werden, das der Antragsteller vorweist, oder

Beabsichtigt der Aufnahmemitgliedstaat, vom Antragsteller zu verlangen, dass er einen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt, so muss er zuvor überprüfen, ob die vom Antragsteller während seiner Berufserfahrung erworbenen Kenntnisse die wesentlichen Unterschiede, auf die in Unterabsatz 1 Bezug genommen wird, ganz oder teilweise abdecken.

Wenn der Aufnahmestaat von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, muss er dem Antragsteller die Wahl zwischen dem Anpassungslehrgang und der Eignungsprüfung lassen. Abweichend von diesem Grundsatz kann der Aufnahmestaat einen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung vorschreiben, wenn es sich um Berufe handelt, deren Ausübung eine genaue Kenntnis des nationalen Rechts erfordert und bei denen die Beratung und/oder der Beistand in Fragen des innerstaatlichen Rechts ein wesentlicher und ständiger Bestandteil der beruflichen Tätigkeit ist. …

(2)      Jedoch kann der Aufnahmestaat von den Möglichkeiten im Sinne von Absatz 1 Buchstaben a) und b) nicht gleichzeitig Gebrauch machen.“

 Nationales Recht

6        Das 3. Hauptstück des Bundesgesetzes über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (BGBl. I 27/2000, in der im BGBl. I 59/2004 veröffentlichten Fassung, im Folgenden: EuRAG) enthält u. a. die §§ 24 bis 29. § 24 EuRAG bestimmt:

„(1)      Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union …, die ein Diplom erlangt haben, aus dem hervorgeht, dass der Inhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den unmittelbaren Zugang zu einem in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Beruf erforderlich sind, sind auf Antrag in die Liste der Rechtsanwälte … einzutragen, wenn sie mit Erfolg eine Eignungsprüfung abgelegt haben.

(2)      Diplome im Sinn des Abs. 1 sind Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise im Sinn der Richtlinie 89/48 …“

7        § 25 EuRAG lautet:

„Die Eignungsprüfung ist eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des Bewerbers betreffende staatliche Prüfung, mit der seine Fähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwalts in Österreich auszuüben, beurteilt werden soll. Die Eignungsprüfung muss dem Umstand Rechnung tragen, dass der Bewerber in einem Staat, der Mitglied der Europäischen Union … ist, über eine berufliche Qualifikation zur Ausübung eines Anwaltsberufs verfügt.“

8        § 27 EuRAG sieht vor:

„Über die Zulassung zur Eignungsprüfung entscheidet auf Antrag des Bewerbers der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission im Einvernehmen mit der Rechtsanwaltskammer am Sitz des Oberlandesgerichts spätestens vier Monate nach Vorlage der vollständigen Unterlagen durch den Bewerber.“

9        § 29 EuRAG bestimmt:

„Der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission hat im Einvernehmen mit der nach § 26 zuständigen Rechtsanwaltskammer auf Antrag Prüfungsfächer zu erlassen, wenn der Bewerber nachweist, dass er in seiner bisherigen Ausbildung oder seiner bisherigen Berufstätigkeit in einem Prüfungsfach die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Österreich erforderlichen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Kenntnisse im österreichischen Recht erworben hat.“

10      § 1 der Rechtsanwaltsordnung (RGBl. 96/1868 in der im BGBl. I 128/2004 veröffentlichten Fassung, im Folgenden: RAO) hat folgenden Wortlaut:

(1)      Zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in [Österreich] bedarf es keiner behördlichen Ernennung, sondern lediglich der Nachweisung der Erfüllung der nachfolgenden Erfordernisse und der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte …

(2)      Diese Erfordernisse sind:

d)      die praktische Verwendung in der gesetzlichen Art und Dauer;

e)      die mit Erfolg zurückgelegte Rechtsanwaltsprüfung;

…“

11      Nach § 2 Abs. 2 RAO hat die praktische Verwendung fünf Jahre zu dauern, wovon im Inland mindestens neun Monate bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und mindestens drei Jahre bei einem Rechtsanwalt zu verbringen sind.

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

12      Am 25. November 2002 wurde Herrn Koller, einem österreichischen Staatsangehörigen, von der Universität Graz (Österreich) der Grad „Magister der Rechtswissenschaften“, d. h. ein Diplom verliehen, das ein Studium von mindestens acht Semestern Dauer abschließt.

13      Mit Bescheid vom 10. November 2004 erkannte das spanische Ministerium für Bildung und Wissenschaft den Titel „Magister der Rechtswissenschaften“ als dem des „Licenciado en Derecho“ gleichwertig an, da der Antragsteller Lehrgänge an der Universität Madrid (Spanien) absolviert und Ergänzungsprüfungen gemäß dem im spanischen innerstaatlichen Recht vorgesehenen Homologationsverfahren bestanden hatte.

14      Am 14. März 2005 erhielt Herr Koller von der Rechtsanwaltskammer Madrid aufgrund der Feststellung, dass er Inhaber des Titels „Licenciado en Derecho“ war, die Berechtigung, die Bezeichnung „abogado“ zu führen.

15      Am 5. April 2005 beantragte Herr Koller bei der Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Graz die Zulassung zur Eignungsprüfung für den Beruf des Rechtsanwalts. Zugleich stellte er nach § 29 EuRAG den Antrag auf Erlassung ihrer sämtlichen Prüfungsfächer.

16      Mit Bescheid vom 11. August 2005 wies der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission den Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung auf der Grundlage von § 27 EuRAG ab. Zu dieser Zeit übte Herr Koller den Rechtsanwaltsberuf in Spanien aus. Gegen diesen Bescheid erhob er Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission (im Folgenden: OBDK).

17      Mit Bescheid vom 31. Januar 2006 lehnte die OBDK die Anträge des Antragstellers ab. Sie stützte sich in erster Linie darauf, dass im Unterschied zu den in Österreich geltenden Rechtsvorschriften in Spanien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs das Erfordernis der praktischen Verwendung fehle. Die OBDK schloss daraus, dass der Antrag von Herrn Koller den Zweck verfolge, die in diesen Rechtsvorschriften geforderte fünfjährige praktische Verwendung zu umgehen.

18      Zweitens reiche der Titel „Licenciado en Derecho“ für die Zulassung zur Eignungsprüfung gemäß dem 3. Hauptstück des EuRAG nicht aus. Art. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der geänderten Richtlinie 89/48 unterscheide insoweit zwischen der Absolvierung eines mindestens dreijährigen Studiums einerseits und der über dieses Studium hinaus erforderlichen beruflichen Ausbildung. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, dass die nach dem EuRAG erforderliche Eignungsprüfung eine Prüfung ausschließlich zur Beurteilung der beruflichen Kenntnisse des Antragstellers sei. Da Herr Koller über keine beruflichen Kenntnisse verfüge, könne er nicht zur Eignungsprüfung zugelassen werden. Schließlich laufe die Verbindung des Antrags auf Zulassung zur Eignungsprüfung mit dem Ersuchen um deren Erlassung insgesamt auf eine gezielte Umgehung der österreichischen Rechtsvorschriften hinaus.

19      Mit Erkenntnis vom 13. März 2008 hob der Verfassungsgerichtshof (Österreich) aufgrund der Beschwerde von Herrn Koller den Bescheid namentlich mit der Begründung auf, dass Anhaltspunkte für einen Missbrauch durch den Antragsteller nicht vorlägen. Die OBDK hat daher erneut über den Antrag von Herrn Koller auf Zulassung zur Eignungsprüfung für den Beruf des Rechtsanwalts zu entscheiden.

20      Unter diesen Umständen hat die OBDK beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist die Richtlinie 89/48/EWG im Fall eines österreichischen Staatsangehörigen anzuwenden, wenn dieser

a)      in Österreich das Diplomstudium der Rechtswissenschaften erfolgreich abgeschlossen und mit Sponsionsbescheid den akademischen Grad „Magister der Rechtswissenschaften“ verliehen erhalten hat,

b)      ihm sodann mit Anerkennungsurkunde des spanischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft nach Ablegung von Ergänzungsprüfungen an einer spanischen Universität, deren Ausbildungsaufwand jedoch weniger als drei Jahre in Anspruch nahm, die Berechtigung, den – dem österreichischen Titel gleichwertigen – spanischen Titel eines „Licenciado en Derecho“ zu führen, verliehen wurde und

c)      er durch Anmeldung bei der Rechtsanwaltskammer Madrid die Berechtigung zur Berufsbezeichnung „abogado“ erworben und den Beruf eines Rechtsanwalts in Spanien tatsächlich, und zwar vor Antragstellung drei Wochen und bezogen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz durch höchstens fünf Monate ausgeübt hat.

2.      Falls die erste Frage zu bejahen ist:

Ist eine Auslegung des § 24 EuRAG dahin gehend, dass das Erlangen eines österreichischen rechtswissenschaftlichen Studienabschlusses sowie die nach Ablegung von Ergänzungsprüfungen an einer spanischen Universität in einem Zeitraum von weniger als drei Jahren erlangte Berechtigung, den spanischen Titel eines „Licenciado en Derecho“ zu führen, auch dann zur Zulassung zur Eignungsprüfung in Österreich gemäß § 24 Abs. 1 EuRAG ohne Nachweis der nach nationalem Recht (§ 2 Abs. 2 RAO) geforderten Praxis nicht ausreicht, wenn der Antragsteller in Spanien, ohne vergleichbares Erfordernis einer Praxis, als „Abogado“ zugelassen ist und dort den Beruf vor Antragstellung drei Wochen und bezogen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz durch höchstens fünf Monate ausgeübt hat, mit der Richtlinie 89/48 vereinbar?

 Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

21      Vorab ist zu prüfen, ob die OBDK ein Gericht im Sinne von Art. 234 EG ist und der Gerichtshof demnach für die Entscheidung über die ihm von dieser Kommission vorgelegten Fragen zuständig ist.

22      Nach ständiger Rechtsprechung stellt der Gerichtshof zur Beurteilung der rein unionsrechtlichen Frage, ob es sich bei der vorlegenden Einrichtung um ein „Gericht“ im Sinne von Art. 234 EG handelt, auf eine Reihe von Gesichtspunkten ab, wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit (vgl. u. a. Urteile vom 17. September 1997, Dorsch Consult, C‑54/96, Slg. 1997, I‑4961, Randnr. 23, vom 31. Mai 2005, Syfait u. a., C‑53/03, Slg. 2005, I‑4609, Randnr. 29, sowie vom 14. Juni 2007, Häupl, C‑246/05, Slg. 2007, I‑4673, Randnr. 16).

23      Die OBDK, eine anerkanntermaßen obligatorische Gerichtsbarkeit, weist insoweit, wie die Generalanwältin in Nr. 52 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, alle erforderlichen Eigenschaften auf, um als Gericht im Sinne von Art. 234 EG anerkannt zu werden.

24      Der Gerichtshof ist daher befugt, die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu beantworten.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

25      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich im Hinblick auf den Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts im Aufnahmemitgliedstaat, vorbehaltlich des Bestehens einer Eignungsprüfung, der Inhaber eines in diesem Mitgliedstaat verliehenen Titels, mit dem ein mehr als dreijähriges Studium abgeschlossen wurde, sowie eines gleichwertigen Titels, der ihm in einem anderen Mitgliedstaat nach einer Ergänzungsausbildung verliehen wurde, die weniger als drei Jahre dauerte und ihm in diesem letztgenannten Staat das Recht auf Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts verleiht, den er zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Zulassung zur Eignungsprüfung beantragte, dort tatsächlich ausübte, auf die Bestimmungen der geänderten Richtlinie 89/48 berufen kann.

26      Es ist darauf hinzuweisen, dass der in Art. 1 Buchst. a der geänderten Richtlinie 89/48 definierte Begriff „Diplom“ die Grundlage der in dieser Richtlinie vorgesehenen allgemeinen Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome bildet (vgl. u. a. Urteil vom 23. Oktober 2008, Kommission/Spanien, C‑286/06, Slg. 2008, I‑8025, Randnr. 53).

27      Vorbehaltlich des Art. 4 der geänderten Richtlinie 89/48 ist nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie jeder Antragsteller, der Inhaber eines „Diploms“ im Sinne dieser Richtlinie ist, das ihm die Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Mitgliedstaat erlaubt, berechtigt, diesen Beruf in jedem anderen Mitgliedstaat auszuüben (vgl. Urteil Kommission/Spanien, Randnr. 54).

28      Zu den von Herrn Koller geltend gemachten Qualifikationen ist darauf hinzuweisen, dass das „Diplom“ im Sinne des Art. 1 Buchst. a der geänderten Richtlinie 89/48 aus einer Gesamtheit von Befähigungsnachweisen bestehen kann.

29      Was die in Art. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der geänderten Richtlinie 89/48 genannte Voraussetzung angeht, hat der Gerichtshof im Urteil vom 29. Januar 2009, Consiglio Nazionale degli Ingegneri (C‑311/06, Slg. 2009, I‑415), in Randnr. 48 entschieden, dass die von einer Person, die die Eintragung in das Ingenieurverzeichnis in Italien beantragt hatte, geltend gemachten Befähigungsnachweise diese Voraussetzung erfüllten, da jeder einzelne Befähigungsnachweis dieser Person von einer nach den italienischen oder den spanischen Rechtsvorschriften bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt worden war. Diese Voraussetzung ist auch bei den von Herrn Koller vorgelegten Befähigungsnachweisen erfüllt, da jeder einzelne von ihnen von einer nach den österreichischen oder den spanischen Rechtsvorschriften bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt wurde.

30      Hinsichtlich der Voraussetzung nach Art. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der geänderten Richtlinie 89/48 ist festzustellen, dass eine Person wie Herr Koller, wie der Gerichtshof in Randnr. 49 des Urteils Consiglio Nazionale degli Ingegneri in Bezug auf die Person in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, gleichfalls entschieden hat, die Voraussetzung erfüllt, dass der Diplominhaber ein mindestens dreijähriges Studium an einer Universität absolviert haben muss. Dies wird nämlich ausdrücklich durch das Studienabschlusszeugnis bescheinigt, das ihm von der Universität Graz ausgestellt wurde.

31      In Bezug auf die Voraussetzung nach Art. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der geänderten Richtlinie 89/48 geht aus der vom spanischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft ausgestellten Anerkennungsurkunde und auf jeden Fall aus der Eintragung von Herrn Koller in die Liste der Rechtsanwälte der Rechtsanwaltskammer Madrid hervor, dass dieser über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den Zugang zu einem reglementierten Beruf in Spanien erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Consiglio Nazionale degli Ingegneri, Randnr. 50).

32      Im Gegensatz zu der Homologationsbescheinigung, die die Person in der Rechtssache Consiglio Nazionale degli Ingegneri vorlegte, in der keine zum spanischen Bildungssystem zählende Ausbildung bescheinigt wurde und die weder auf einer Prüfung noch auf einer in Spanien erworbenen Berufserfahrung beruhte, bescheinigt im Übrigen der spanische Befähigungsnachweis, auf den sich Herr Koller beruft, dass dieser eine zusätzliche Qualifikation zu der in Österreich erworbenen erlangt hat.

33      Daher ist zwar richtig, dass ein Befähigungsnachweis zur Bescheinigung beruflicher Qualifikationen nicht einem „Diplom“ im Sinne der geänderten Richtlinie 89/48 gleichgestellt werden kann, ohne dass die Qualifikationen ganz oder teilweise im Rahmen des Bildungssystems des Mitgliedstaats, in dem dieser Befähigungsnachweis ausgestellt worden ist, erworben wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil Consiglio Nazionale degli Ingegneri, Randnr. 55), jedoch ist dies bei dem Befähigungsnachweis, auf den sich Herr Koller im Ausgangsverfahren beruft, nicht der Fall.

34      Darüber hinaus ist der Umstand, dass dieser spanische Befähigungsnachweis keine dreijährige in Spanien absolvierte Berufsausbildung bescheinigt, insoweit ohne Belang. Nach Art. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich dieser Richtlinie ist nämlich nicht erforderlich, dass das mindestens dreijährige Studium oder ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium in einem anderen Mitgliedstaat als dem Aufnahmemitgliedstaat absolviert wurde.

35      Somit ist eine Person wie Herr Koller Inhaber eines „Diploms“ im Sinne von Art. 1 Buchst. a der geänderten Richtlinie 89/48.

36      Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass sich im Hinblick auf den Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts im Aufnahmemitgliedstaat, vorbehaltlich des Bestehens einer Eignungsprüfung, der Inhaber eines in diesem Mitgliedstaat verliehenen Titels, mit dem ein mehr als dreijähriges Studium abgeschlossen wurde, sowie eines gleichwertigen Titels, der ihm in einem anderen Mitgliedstaat nach einer Ergänzungsausbildung verliehen wurde, die weniger als drei Jahre dauerte und ihm in diesem letztgenannten Staat das Recht auf Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts verleiht, den er zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Zulassung zur Eignungsprüfung beantragte, dort tatsächlich ausübte, auf die Bestimmungen der geänderten Richtlinie 89/48 berufen kann.

 Zur zweiten Frage

37      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die geänderte Richtlinie 89/48 dahin auszulegen ist, dass sie den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats verwehrt, einer Person in der Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens die Zulassung zur Eignungsprüfung für den Beruf des Rechtsanwalts zu versagen, wenn der Nachweis fehlt, dass sie die nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats geforderte praktische Verwendung absolviert hat.

38      Als Inhaber eines „Diploms“ im Sinne von Art. 1 Buchst. a der geänderten Richtlinie 89/48 hat eine Person wie Herr Koller nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie Anspruch auf Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts im Aufnahmemitgliedstaat.

39      Da es um einen Beruf geht, dessen Ausübung eine genaue Kenntnis des nationalen Rechts erfordert und bei dem die Beratung und/oder der Beistand in Fragen des innerstaatlichen Rechts ein wesentlicher und ständiger Bestandteil der beruflichen Tätigkeit ist, hindert Art. 3 der geänderten Richtlinie 89/48 den Aufnahmemitgliedstaat gleichwohl nicht, in Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie vom Antragsteller darüber hinaus die Ablegung einer Eignungsprüfung zu verlangen, sofern dieser Staat zuvor prüft, ob die vom Antragsteller im Rahmen seiner Berufspraxis erworbenen Kenntnisse den wesentlichen Unterschied nach Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie ganz oder teilweise ausgleichen können.

40      Muss sich jedoch der Antragsteller im Aufnahmemitgliedstaat einer Eignungsprüfung unterziehen, durch die gerade sichergestellt werden soll, dass er zur Ausübung des in diesem Mitgliedstaat reglementierten Berufs geeignet ist, kann dieser Staat einer Person in der Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens nicht nach Art. 4 der geänderten Richtlinie 89/48 die Zulassung zu einer solchen Prüfung mit der Begründung versagen, sie habe die in den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats geforderte praktische Verwendung nicht absolviert.

41      Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die geänderte Richtlinie 89/48 dahin auszulegen ist, dass sie den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats verwehrt, einer Person in der Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens die Zulassung zur Eignungsprüfung für den Beruf des Rechtsanwalts zu versagen, wenn der Nachweis fehlt, dass sie die nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats geforderte praktische Verwendung absolviert hat.

 Kosten

42      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Im Hinblick auf den Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts im Aufnahmemitgliedstaat, kann sich, vorbehaltlich des Bestehens einer Eignungsprüfung, der Inhaber eines in diesem Mitgliedstaat verliehenen Titels, mit dem ein mehr als dreijähriges Studium abgeschlossen wurde, sowie eines gleichwertigen Titels, der ihm in einem anderen Mitgliedstaat nach einer Ergänzungsausbildung verliehen wurde, die weniger als drei Jahre dauerte und ihm in diesem letztgenannten Staat das Recht auf Zugang zum reglementierten Beruf des Rechtsanwalts verleiht, den er zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Zulassung zur Eignungsprüfung beantragte, dort tatsächlich ausübte, auf die Bestimmungen der geänderten Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, in der durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 geänderten Fassung berufen.

2.      Die Richtlinie 89/48 in der durch die Richtlinie 2001/19 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats verwehrt, einer Person in der Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens die Zulassung zur Eignungsprüfung für den Beruf des Rechtsanwalts zu versagen, wenn der Nachweis fehlt, dass sie die nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats geforderte praktische Verwendung absolviert hat.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.