Rechtssache C‑61/09

Landkreis Bad Dürkheim

gegen

Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion

(Vorabentscheidungsersuchen des

Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz)

„Gemeinsame Agrarpolitik – Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte Beihilferegelungen – Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 – Betriebsprämienregelung – Gemeinsame Regeln für Direktzahlungen – Begriff der beihilfefähigen Fläche – Nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit – Voraussetzungen für die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zu einem Betrieb“

Leitsätze des Urteils

1.        Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte Beihilferegelungen – Betriebsprämienregelung – Begriff der beihilfefähigen Fläche

(Verordnung Nr. 1782/2003 des Rates in der durch die Verordnung Nr. 2013/2006 geänderten Fassung, Art. 2 Buchst. c und Art. 44 Abs. 2; Verordnung Nr. 796/2004 der Kommission, Art. 2 Nrn. 1 und 2)

2.        Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte Beihilferegelungen – Betriebsprämienregelung – Begriff der dem Betrieb des Landwirts zugeordneten landwirtschaftlichen Fläche

(Verordnung Nr. 1782/2003 des Rates in der durch die Verordnung Nr. 2013/2006 geänderten Fassung, Art. 44 Abs. 2)

1.        Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in der durch die Verordnung Nr. 2013/2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er der Beihilfefähigkeit einer Fläche, deren Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient, deren überwiegender Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht, nicht entgegensteht. Ferner ist nach dieser Bestimmung eine Tätigkeit, die der Definition in Art. 2 Buchst. c dieser Verordnung entspricht, auch dann eine landwirtschaftliche Tätigkeit, wenn der Landwirt Weisungen der Naturschutzbehörde unterliegt.

Die Einstufung von „Ackerland“ und „Dauergrünland“ und damit von „landwirtschaftlicher Fläche“ hängt nämlich von der tatsächlichen Nutzung der betreffenden Flächen ab. Dass Parzellen, die tatsächlich als Acker- oder Dauergrünland genutzt werden, überwiegend dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienen, schließt ihre Einstufung als landwirtschaftliche Flächen im Sinne des Art. 2 Nrn. 1 und 2 der Verordnung Nr. 796/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs‑ und Kontrollsystem nach der Verordnung Nr. 1782/2003 somit nicht aus, zumal der Umweltschutz ein Ziel ist, das auch Bestandteil der gemeinsamen Agrarpolitik ist. Daraus ergibt sich zum einen, dass der Umstand, dass eine Fläche überwiegend dem Naturschutz und der Landschaftspflege dient, ihr nicht ihre Eigenschaft als landwirtschaftliche Fläche im Sinne des Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 nimmt, wenn sie tatsächlich als Ackerland oder als Dauergrünland genutzt wird. Zum anderen ist es, wenn eine landwirtschaftliche Fläche für eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 2 Buchst. c dieser Verordnung genutzt wird, für die Anwendung von Art. 44 Abs. 2 dieser Verordnung ohne Bedeutung, ob diese Tätigkeit überwiegend landwirtschaftliche Ziele verfolgt oder überwiegend dem Naturschutz dient.

(vgl. Randnrn. 37-39, 41, 47, 49, Tenor 1)

2.        Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in der durch die Verordnung Nr. 2013/2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass

–      die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb des Landwirts nicht voraussetzt, dass sie diesem aufgrund eines Pachtvertrags oder eines anderen gleichartigen Überlassungsvertrags gegen Entgelt zur Verfügung steht,

–      es der Zuordnung einer Fläche zu einem Betrieb nicht entgegensteht, dass die Fläche dem Landwirt unentgeltlich nur gegen Übernahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zur Nutzung in bestimmter Weise und innerhalb eines begrenzten Zeitraums entsprechend den Zielen des Naturschutzes überlassen wird, sofern der Landwirt in der Lage ist, diese Fläche für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten mit einer hinreichenden Selbständigkeit für seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu nutzen, und dass

–      es für die Zuordnung der betreffenden Fläche zum Betrieb des Landwirts unschädlich ist, dass dieser verpflichtet ist, gegen eine Vergütung bestimmte Aufgaben für einen Dritten wahrzunehmen, sofern er diese Fläche auch im eigenen Namen und für eigene Rechnung für seine landwirtschaftliche Tätigkeit nutzt.

(vgl. Randnr. 71, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

14. Oktober 2010(*)

„Gemeinsame Agrarpolitik – Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte Beihilferegelungen – Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 – Betriebsprämienregelung – Gemeinsame Regeln für Direktzahlungen – Begriff der beihilfefähigen Fläche – Nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit – Voraussetzungen für die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zu einem Betrieb“

In der Rechtssache C‑61/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Deutschland) mit Entscheidung vom 28. Januar 2009, eingegangen beim Gerichtshof am 11. Februar 2009, in dem Verfahren

Landkreis Bad Dürkheim

gegen

Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter J.‑J. Kasel, A. Borg Barthet (Berichterstatter), E. Levits und M. Safjan,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Landkreises Bad Dürkheim, vertreten durch A. Martin als Bevollmächtigten,

–        der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, vertreten durch M. Arnoldi als Bevollmächtigten,

–        von Frau Niedermair-Schiemann, vertreten durch die Rechtsanwälte M. Winkelmüller und M. Rietdorf,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und J. Möller als Bevollmächtigte,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und M. Drwiecki als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und G. von Rintelen als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Mai 2010

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 44 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (ABl. L 270, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 94, S. 70, und ABl. 2006, L 279, S. 30) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2013/2006 des Rates vom 19. Dezember 2006 (ABl. L 384, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1782/2003).

2        Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Landkreis Bad Dürkheim und der Aufsichts‑ und Dienstleistungsdirektion (im Folgenden: ADD) über die Berücksichtigung bestimmter Flächen (im Folgenden: streitige Flächen) bei der Festsetzung von Zahlungsansprüchen von Frau Niedermair-Schiemann im Rahmen der Betriebsprämienregelung.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Verordnung Nr. 1782/2003

3        Die Verordnung Nr. 1782/2003 enthält u. a. eine Einkommensstützungsregelung für Betriebsinhaber, die in Art. 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung als „Betriebsprämienregelung“ bezeichnet wird.

4        Der dritte Erwägungsgrund dieser Verordnung lautet:

„Damit es nicht zur Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen kommt und um sicherzustellen, dass die Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten werden, sollten Standards erlassen werden, die sich auf Rechtsnormen der Mitgliedstaaten stützen können oder nicht. Daher ist ein Gemeinschaftsrahmen festzulegen, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, Standards unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale der betreffenden Flächen einschließlich Boden- und Klimaverhältnisse, bestehende Bewirtschaftungssysteme (Flächennutzung, Fruchtwechsel, Wirtschaftsweisen) und Betriebsstrukturen zu erlassen.“

5        Im 21. Erwägungsgrund der Verordnung heißt es:

„Die Stützungsregelungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik sehen direkte Einkommensbeihilfen vor allem vor, um der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten. Dieses Ziel ist eng verknüpft mit der Erhaltung ländlicher Gebiete. …“

6        Im 24. Erwägungsgrund heißt es:

„… Daher ist es angebracht, die einheitliche Betriebsprämie an die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Bereich des Umweltschutzes, der Lebensmittelsicherheit, der Tiergesundheit und des Tierschutzes sowie an die Erhaltung des Betriebs in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu knüpfen.“

7        Art. 2 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 1782/2003 bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

b)      ‚Betrieb‘ die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaates befinden;

c)      ‚landwirtschaftliche Tätigkeit‘ die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Artikel 5“.

8        Art. 3 („Grundlegende Anforderungen“) der Verordnung lautet:

„(1)      Ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, muss die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang III gemäß dem in diesem Anhang festgelegten Zeitplan und für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Artikel 5 einhalten.

(2)      Die zuständige Behörde teilt dem Betriebsinhaber die einzuhaltenden Grundanforderungen und den zu erhaltenden guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand mit.“

9        Art. 5 Abs. 1 der Verordnung sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere diejenigen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden, in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten bleiben. Die Mitgliedstaaten legen auf nationaler oder regionaler Ebene entsprechend dem in Anhang IV vorgegebenen Rahmen Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand fest; sie berücksichtigen dabei die besonderen Merkmale der betreffenden Flächen, einschließlich Boden‑ und Klimaverhältnisse, Bewirtschaftungssysteme, Flächennutzung, Fruchtwechsel, Wirtschaftsweisen und Betriebsstrukturen. Davon unberührt bleiben die im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 geltenden Standards für die gute landwirtschaftliche Praxis und die Agrarumweltmaßnahmen, die über das Richtmaß der guten landwirtschaftlichen Praxis hinausgehen.“

10      Art. 36 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 lautet:

„Die Beihilfen im Rahmen der Betriebsprämienregelung werden auf der Grundlage der Zahlungsansprüche nach Kapitel 3 für eine entsprechende Hektarzahl beihilfefähiger Flächen im Sinne des Artikels 44 Absatz 2 gezahlt.“

11      Art. 43 („Bestimmung der Zahlungsansprüche“) der Verordnung Nr. 1782/2003 sieht in Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 vor:

„Unbeschadet des Artikels 48 erhält ein Betriebsinhaber einen Zahlungsanspruch je Hektar Fläche, der sich in der Weise berechnet, dass der Referenzbetrag durch den Dreijahresdurchschnitt der Hektarzahl aller Flächen geteilt wird, für die im Bezugszeitraum ein Anspruch auf Direktzahlungen nach Anhang VI bestand.

Die Gesamtzahl der Zahlungsansprüche ist gleich der genannten durchschnittlichen Hektarzahl.“

12      Art. 44 („Nutzung der Zahlungsansprüche“) dieser Verordnung bestimmt in Abs. 1 bis 3:

„(1)      Jeder Zahlungsanspruch gibt zusammen mit je einem Hektar beihilfefähiger Fläche Anspruch auf Zahlung des mit dem Zahlungsanspruch festgesetzten Betrags.

(2)      Eine ‚beihilfefähige Fläche‘ ist jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die als Ackerland oder Dauergrünland genutzt wird, ausgenommen die für Dauerkulturen, Wälder oder nicht landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten Flächen.

Eine ‚beihilfefähige Fläche‘ ist auch eine mit Hopfen oder Bananen bepflanzte, unter eine vorübergehende Stilllegungsverpflichtung fallende oder mit Ölbäumen bepflanzte Fläche.

(3)      Der Betriebsinhaber meldet die Parzellen an, die der beihilfefähigen Fläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen stehen diese Parzellen dem Betriebsinhaber für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten zur Verfügung, beginnend an einem von den Mitgliedstaaten festzulegenden Zeitpunkt, der jedoch nicht vor dem 1. September des Kalenderjahres liegt, das dem Jahr, in dem der Antrag auf Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie gestellt wurde, vorausgeht.“

13      Die Verordnung Nr. 1782/2003 sieht in Kapitel 5 Abschnitt 1 („Regionale Durchführung“) vor, dass die Mitgliedstaaten die Betriebsprämienregelung auf regionaler Ebene anwenden können.

14      Nach Art. 59 Abs. 4 der Verordnung, der im Rahmen der regionalen Anwendung der Betriebsprämienregelung anwendbar ist, entspricht die Anzahl der Ansprüche je Betriebsinhaber der Hektarzahl, die er gemäß Art. 44 Abs. 2 im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung angemeldet hat.

 Verordnung (EG) Nr. 795/2004

15      Die Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung Nr. 1782/2003 (ABl. L 141, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 291, S. 18) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 394/2005 der Kommission vom 8. März 2005 (ABl. L 63, S. 17, berichtigt im ABl. 2005, L 101, S. 20) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 795/2004) bestimmt in Art. 2 Buchst. a bis h:

„Für Titel III der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)      ‚landwirtschaftliche Fläche‘: Gesamtheit der Flächen an Ackerland, Dauergrünland und Dauerkulturen.

b)      ‚Ackerland‘: ‚Ackerland‘ im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission.

c)      ‚Dauerkulturen‘: nicht in die Fruchtfolge einbezogene Kulturen außer Dauergrünland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, einschließlich Reb- und Baumschulen gemäß Anhang I Buchstabe G Ziffer 5 der Entscheidung 2000/115/EG der Kommission …, mit Ausnahme der nachstehend aufgeführten mehrjährigen landwirtschaftlichen Kulturen und Baumschulen solcher mehrjährigen landwirtschaftlichen Kulturen.

e)      ‚Dauergrünland‘: ‚Dauergrünland‘ im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Verordnung Nr. 796/2004.

h)      ‚Pacht‘: Pacht oder ähnliche Arten von befristeten Geschäften.“

 Verordnung (EG) Nr. 796/2004

16      Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs‑ und Kontrollsystem nach der Verordnung Nr. 1782/2003 (ABl. L 141, S. 18) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 239/2005 der Kommission vom 11. Februar 2005 (ABl. L 42, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 796/2004) sieht in Art. 2 Nrn. 1 und 2 vor:

„Im Rahmen dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

(1)      ‚Ackerland‘: für den Anbau landwirtschaftlicher Kulturpflanzen genutzte Flächen und stillgelegte Flächen oder gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhaltene Flächen unabhängig davon, ob sich diese Flächen unter Gewächshäusern oder anderen festen oder beweglichen Abdeckungen befinden, oder nicht;

(2)      ‚Dauergrünland‘: Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs waren, ausgenommen Flächen im Rahmen von Stilllegungsregelungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates …, Flächen im Rahmen von Stilllegungsregelungen gemäß Artikel 54 Absatz 2 und Artikel 107 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2078/92 des Rates … stillgelegte Flächen und gemäß den Artikeln 22 bis 24 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates … stillgelegte Flächen“.

 Nationales Recht

17      Nach § 2 Abs. 1 des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes (BGBl. 2006 I S. 1298) wird die einheitliche Betriebsprämie ab dem 1. Januar 2005 auf regionaler Ebene nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes und der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie gewährt.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

18      Der Ausgangsrechtsstreit betrifft die Berücksichtigung der streitigen Flächen bei der Festsetzung der Zahlungsansprüche von Frau Niedermair-Schiemann im Rahmen der Betriebsprämienregelung.

19      Frau Niedermair-Schiemann ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Schafhaltung. Sie nutzt die streitigen Flächen auf der Grundlage zweier Verträge.

20      Nach dem einen Vertrag, den Frau Niedermair-Schiemann am 12. November 1998 mit dem Land Rheinland-Pfalz geschlossen hat, darf sie bestimmte Flächen mit gewissen Einschränkungen als Mähwiese und Weide nutzen. Diese Flächen dürfen u. a. in der Zeit vom 1. November bis zum 15. Juni nicht gemäht werden, und die Mahd darf nicht mit Saug- oder Kreiselmähern durchgeführt werden. Anstelle des zweiten Mähgangs ist eine Beweidung mit Schafen und Ziegen in Form der Umtriebs‑ oder Hütebeweidung möglich, wobei die Dauer des Weidegangs mit der Landespflegebehörde abzustimmen ist. Die Flächen werden unentgeltlich, aber gegen Übernahme der Beiträge für die Berufsgenossenschaft zur Verfügung gestellt. Die betreffenden Parzellen sind dem Land von den Eigentümern verpachtet worden.

21      Nach dem anderen Vertrag, den Frau Niedermair-Schiemann am 1. Mai 2000 mit dem Landkreis Bad Dürkheim geschlossen hat, ist sie – als „Auftragnehmerin“ – verpflichtet, bestimmte Flächen im Sinne des Naturschutzes zu pflegen und zu bewirtschaften. Dafür wird ihr eine feste jährliche Vergütung gewährt. Ferner hat sie konkrete vertragliche Vorgaben sowie weitere Anweisungen der Naturschutzbehörde, z. B. zur Intensität der Beweidung, zu befolgen. Diese Behörde unterstützt sie durch Pflegemaßnahmen wie die vorbereitende Mahd sowie Entbuschungs‑ und Rodungsmaßnahmen durch Dritte. Die betreffenden Flächen stehen zum Teil im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz, zum Teil haben die Eigentümer eine naturschutzorientierte Beweidung erlaubt, und in bestimmten Fällen wurden die Eigentümer durch naturschutzrechtliche Allgemeinverfügungen zur Duldung der Pflege durch Frau Niedermair-Schiemann verpflichtet.

22      Frau Niedermair-Schiemann gab im Rahmen der Betriebsprämienregelung die streitigen Flächen als betriebszugehörige Dauergrünlandflächen an. Mit Bescheid vom 20. Februar 2006 wurden ihr Zahlungsansprüche für Ackerland und Grünlandflächen, darunter die streitigen Flächen, zugewiesen.

23      Dieser Bescheid wurde auf ministerielle Anweisung mit Bescheid vom 14. Mai 2007 mit der Begründung abgeändert, dass die streitigen Flächen nicht förderfähig seien (im Folgenden: Änderungsbescheid).

24      Frau Niedermair-Schiemann legte Widerspruch gegen den Änderungsbescheid ein.

25      Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Bad Dürkheim, der der Auffassung war, dass der Ausgangsbescheid vom 20. Februar 2006 im Einklang mit dem geltenden Recht ergangen sei, gab dem Widerspruch von Frau Niedermair-Schiemann statt und hob den Änderungsbescheid mit Bescheid vom 22. Oktober 2007 auf.

26      Auf die von der ADD erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Urteil vom 2. Juli 2008 den Bescheid vom 22. Oktober 2007 auf und stellte damit den Änderungsbescheid wieder her.

27      Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass es im Fall einer Bewirtschaftung, die sowohl Merkmale einer naturschutzorientierten Pflege als auch die einer extensiven landwirtschaftlichen Tätigkeit aufweise, auf das zugrunde liegende Nutzungsrecht ankomme. Die Betriebsprämienregelung bezwecke keine Einkommensbeihilfe für die Erfüllung von Naturschutzaufgaben, mit deren Wahrnehmung der Betriebsinhaber durch die staatliche Behörde beauftragt worden sei. Eine landwirtschaftliche Nutzung liege nur vor, wenn dem Betrieb die Befugnis zur landwirtschaftlichen Nutzung durch Landpacht oder ein ähnliches Geschäft übertragen worden sei. Im Rahmen des Ausgangsverfahrens sei die Überlassung der betreffenden Flächen an Frau Niedermair-Schiemann nicht zu landwirtschaftlichen Zwecken erfolgt, sondern mit naturschutzrechtlicher Zielsetzung. Diese Flächen seien nur dann förderfähig, wenn sie zu dem geförderten Betrieb gehörten und der Betriebsinhaber zur landwirtschaftlichen Nutzung befugt sei, woran es hier fehle.

28      Der Landkreis Bad Dürkheim und Frau Niedermair-Schiemann legten gegen dieses Urteil Berufung beim vorlegenden Gericht ein.

29      Nach Auffassung dieses Gerichts hängt die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits davon ab, ob die streitigen Flächen unter den Begriff „beihilfefähige Fläche“ im Sinne des Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 fallen.

30      Unter diesen Umständen hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Handelt es sich auch dann um eine landwirtschaftliche Fläche im Sinne von Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003, wenn deren Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient (Beweidung zwecks Schafhaltung), der überwiegende Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht?

2.      Für den Fall, dass Frage 1 zu bejahen ist:

Wird eine Fläche für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt im Sinne von Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003, wenn die Tätigkeit überwiegend dem Naturschutz dient oder jedenfalls dann, wenn der Landwirt bei der Erfüllung der Naturschutzziele Weisungen der Naturschutzbehörde unterliegt?

3.      Für den Fall, dass eine landwirtschaftliche Fläche vorliegt (Frage 1), die auch für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird (Frage 2):

Setzt die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb (landwirtschaftliche Fläche des Betriebs im Sinne von Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003) voraus,

a)      dass sie dem Betrieb aufgrund eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen befristeten Geschäfts gegen Entgelt zur Verfügung steht?

b)      Verneinendenfalls: Ist es für die Betriebszuordnung unschädlich, wenn die Flächen dem Betrieb unentgeltlich oder nur gegen Übernahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zur Nutzung in bestimmter Weise und innerhalb eines begrenzten Zeitraums entsprechend den Zielen des Naturschutzes überlassen werden?

c)      Bejahendenfalls: Ist es für die Betriebszuordnung unschädlich, wenn der Betrieb verpflichtet ist, auf den Flächen bestimmte Leistungen zu erbringen, und dafür eine Vergütung erhält?

 Zu den Vorlagefragen

 Zu den Fragen 1 und 2

31      Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 dahin auszulegen ist, dass er der Beihilfefähigkeit einer Fläche entgegensteht, deren Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient, deren überwiegender Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht, und zwar insbesondere dann, wenn der Landwirt bei der Erfüllung der Naturschutzziele Weisungen der Naturschutzbehörde unterliegt.

32      Nach Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 ist eine „beihilfefähige Fläche“ jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die als Ackerland oder Dauergrünland genutzt wird, ausgenommen die für Dauerkulturen, Wälder oder nicht landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten Flächen.

33      In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht erstens wissen, ob eine Fläche auch dann als landwirtschaftlich angesehen werden kann, wenn ihre Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient, der überwiegende Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht.

34      Der Begriff der landwirtschaftlichen Fläche ist in Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 795/2004 als Gesamtheit der Flächen an Ackerland, Dauergrünland und Dauerkulturen definiert.

35      Ackerland sind nach Art. 2 Buchst. b dieser Verordnung in Verbindung mit Art. 2 Nr. 1 der Verordnung Nr. 796/2004 für den Anbau landwirtschaftlicher Kulturpflanzen genutzte Flächen und stillgelegte Flächen oder gemäß Art. 5 der Verordnung Nr. 1782/2003 in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhaltene Flächen.

36      Dauergrünland sind gemäß Art. 2 Buchst. e der Verordnung Nr. 795/2004 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs waren.

37      Aus den in den Randnrn. 32 bis 36 des vorliegenden Urteils angeführten Bestimmungen geht hervor, dass die Einstufung von „Ackerland“ und „Dauergrünland“ und damit von „landwirtschaftlicher Fläche“ von der tatsächlichen Nutzung der betreffenden Flächen abhängt. Eine Fläche ist somit dann als eine landwirtschaftliche Fläche anzusehen, wenn sie als Ackerland oder Dauergrünland im Sinne des Art. 2 Nrn. 1 und 2 der Verordnung Nr. 796/2004 genutzt wird.

38      Dass Parzellen, die tatsächlich als Acker- oder Dauergrünland genutzt werden, überwiegend dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienen, schließt ihre Einstufung als landwirtschaftliche Flächen im Sinne des Art. 2 Nrn. 1 und 2 der Verordnung Nr. 796/2004 somit nicht aus.

39      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Umweltschutz, wie sich aus den Erwägungsgründen 3, 21 und 24 der Verordnung Nr. 1782/2003 ergibt, zu den Zielen der Betriebsprämienregelung gehört. Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass der Umweltschutz, der eines der wesentlichen Ziele der Europäischen Union ist, als ein Ziel anzusehen ist, das auch Bestandteil der gemeinsamen Agrarpolitik ist (Urteil vom 16. Juli 2009, Horvath, C‑428/07, Slg. 2009, I‑6355, Randnr. 29). Außerdem bestimmt Art. 2 Nr. 1 der Verordnung Nr. 796/2004 ausdrücklich, dass Flächen, die gemäß Art. 5 der Verordnung Nr. 1782/2003 in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten werden, Ackerland und damit landwirtschaftliche Flächen im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 795/2004 sind.

40      In diesem Zusammenhang wäre es widersprüchlich, wenn eine landwirtschaftliche Fläche nicht mehr beihilfefähig wäre, wenn sie für Zwecke der Landschaftspflege und des Naturschutzes genutzt würde.

41      Nach alledem kann der Umstand, dass eine Fläche überwiegend dem Naturschutz und der Landschaftspflege dient, ihr nicht ihre Eigenschaft als landwirtschaftliche Fläche im Sinne des Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 nehmen, wenn sie – wie hier – tatsächlich als Ackerland oder als Dauergrünland genutzt wird. 

42      Zweitens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine landwirtschaftliche Fläche, die für eine überwiegend der Landschaftspflege und dem Naturschutz dienende Tätigkeit genutzt wird, beihilfefähig ist.

43      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass landwirtschaftliche Flächen nach Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 nicht beihilfefähig sind, wenn sie für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt werden.

44      Art. 2 Buchst. c dieser Verordnung definiert die landwirtschaftliche Tätigkeit als die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 der Verordnung.

45      In diesem Zusammenhang wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob eine landwirtschaftliche Fläche, die sowohl für landwirtschaftliche als auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne des Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 genutzt wird, beihilfefähig ist.

46      Im vorliegenden Fall ist allerdings festzustellen, dass die streitigen Flächen, wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, landwirtschaftlich genutzt wurden.

47      Wird eine landwirtschaftliche Fläche für eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1782/2003 genutzt, ist es für die Anwendung von Art. 44 Abs. 2 dieser Verordnung ohne Bedeutung, ob diese Tätigkeit überwiegend landwirtschaftliche Ziele verfolgt oder überwiegend dem Naturschutz dient.

48      Ebenso wenig ist es im Hinblick auf die Definition der landwirtschaftlichen Tätigkeit gemäß dieser Bestimmung erheblich, dass der Landwirt Weisungen der zuständigen nationalen Behörde unterliegt. Dies gilt umso mehr, als schon nach Art. 3 der Verordnung Nr. 1782/2003 nicht nur alle Betriebsinhaber, die Direktzahlungen beziehen, die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang III und für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 einhalten müssen, sondern auch die zuständige nationale Behörde dem Betriebsinhaber die einzuhaltenden Grundanforderungen und den zu erhaltenden guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand mitteilt.

49      Nach alledem ist Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 dahin auszulegen, dass er der Beihilfefähigkeit einer Fläche, deren Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient, deren überwiegender Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht, nicht entgegensteht. Ferner ist eine Tätigkeit, die der Definition in Art. 2 Buchst. c dieser Verordnung entspricht, auch dann eine landwirtschaftliche Tätigkeit, wenn der Landwirt Weisungen der Naturschutzbehörde unterliegt.

 Zur dritten Frage

50      Mit der dritten Frage soll geklärt werden, unter welchen Umständen eine landwirtschaftliche Fläche einem Betrieb im Sinne des Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 zugeordnet werden kann.

51      Das vorlegende Gericht möchte zunächst insbesondere wissen, ob die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb eines Landwirts voraussetzt, dass sie diesem aufgrund eines Pachtvertrags oder eines anderen gleichartigen Überlassungsvertrags gegen Entgelt zur Verfügung steht. Sodann fragt es, ob eine Fläche zum Betrieb gehört, die dem Landwirt zur Nutzung in bestimmter Weise und innerhalb eines begrenzten Zeitraums entsprechend den Zielen des Naturschutzes überlassen wird. Schließlich möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine landwirtschaftliche Fläche dem Betrieb zugeordnet werden kann, wenn der Landwirt verpflichtet ist, auf dieser Fläche bestimmte Leistungen zu erbringen, und dafür eine Vergütung erhält.

52      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 die landwirtschaftlichen Flächen des Betriebs beihilfefähig sind. Dieser ist in Art. 2 Buchst. b dieser Verordnung definiert als die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Gebiet eines Mitgliedstaats befinden.

53      Nach Art. 44 Abs. 3 dieser Verordnung müssen die Parzellen, die der beihilfefähigen Fläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen, dem Betriebsinhaber für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten zur Verfügung stehen.

54      Somit ist festzustellen, dass weder Abs. 2 noch Abs. 3 des Art. 44 der Verordnung Nr. 1782/2003 die Art des Rechtsverhältnisses näher bestimmt, auf dessen Grundlage die betreffende Fläche vom Landwirt genutzt wird. Demnach kann aus diesen Bestimmungen nicht abgeleitet werden, dass die fraglichen Parzellen dem Landwirt aufgrund eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Geschäfts zur Verfügung stehen müssen.

55      Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können die Parteien das der Nutzung der betreffenden Fläche zugrunde liegende Rechtsverhältnis somit frei gestalten. Mangels einer gegenteiligen Bestimmung steht es ihnen auch frei, eine unentgeltliche Überlassung der Parzellen zu vereinbaren.

56      Die Parteien dürfen außerdem vorsehen, dass der Landwirt als Gegenleistung für diese Überlassung die Beiträge zur Berufsgenossenschaft übernimmt.

57      Zweitens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Fläche als zum Betrieb gehörend angesehen werden kann, wenn dem Landwirt, wie Frau Niedermair-Schiemann durch den am 12. November 1998 mit dem Land Rheinland-Pfalz geschlossenen Vertrag, bestimmte Beschränkungen hinsichtlich der Dauer und der Art der auf dieser Fläche zulässigen Tätigkeit auferlegt werden.

58      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Fläche, wie sich aus Randnr. 52 des vorliegenden Urteils ergibt, dann zum Betrieb des Landwirts gehört, wenn dieser befugt ist, sie zum Zwecke der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten.

59      Weder die Verordnung Nr. 1782/2003 noch die Verordnungen Nrn. 795/2004 und 796/2004 enthalten Näheres zur genauen Tragweite der Wendung „vom Betriebsinhaber verwaltete Produktionseinheiten“ in Art. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1782/2003.

60      Nach ständiger Rechtsprechung sind Bedeutung und Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert, entsprechend ihrem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele zu bestimmen (Urteil vom 10. März 2005, easyCar, C‑336/03, Slg. 2005, I‑1947, Randnr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Im Zusammenhang mit der Betriebsprämienregelung bedeutet der Begriff der Verwaltung entgegen dem Vorbringen der ADD in ihren schriftlichen Erklärungen nicht, dass dem Landwirt uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Flächen in Bezug auf deren landwirtschaftliche Nutzung zusteht.

62      Der Landwirt muss jedoch hinsichtlich dieser Fläche über eine hinreichende Selbständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügen; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies anhand aller Umstände des vorliegenden Falles zu prüfen.

63      In einem Fall wie dem des Ausgangsrechtsstreits ist vor allem von Bedeutung, dass der Landwirt nicht in jeder Hinsicht den Weisungen der zuständigen nationalen Behörde unterliegt. Trotz der Weisungen der Behörde muss der Landwirt also in der Lage sein, bei der Nutzung der betreffenden Fläche eine gewisse Entscheidungsbefugnis auszuüben.

64      Nach Art. 44 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1782/2003 müssen die beihilfefähigen Flächen dem Betriebsinhaber außerdem für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten zur Verfügung stehen.

65      In dieser Zeit muss der Betriebsinhaber in der Lage sein, die Flächen mit einer hinreichenden Selbständigkeit für seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten, einschließlich der Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 der Verordnung Nr. 1782/2003, zu nutzen.

66      Darüber hinaus dürfen die streitigen Flächen in dieser Zeit nicht von einem Dritten landwirtschaftlich genutzt werden. Um zu verhindern, dass mehrere Landwirte geltend machen, dass die betreffenden Parzellen zu ihrem Betrieb gehören, ist es nämlich erforderlich, dass diese Flächen in dieser Zeit nicht im Sinne der Betriebsprämienregelung dem Betrieb anderer Landwirte zugeordnet werden können.

67      Drittens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Fläche dem Betrieb zugeordnet werden kann, wenn der Betriebsinhaber verpflichtet ist, auf den Flächen gegen eine Vergütung bestimmte Leistungen zu erbringen.

68      In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der landwirtschaftliche Betrieb nach Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 aus Ackerland und Dauergrünland besteht, das für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, die vom Betriebsinhaber mit einer gewissen Selbständigkeit ausgeübt werden.

69      Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten auf den betreffenden Flächen im Namen und für Rechnung des Betriebsinhabers erfolgen muss, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

70      Dass der Betriebsinhaber gegen eine Vergütung auch bestimmte Aufgaben für einen Dritten wahrnehmen muss, ist insoweit unerheblich.

71      Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 dahin auszulegen ist, dass

–        die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb des Landwirts nicht voraussetzt, dass sie diesem aufgrund eines Pachtvertrags oder eines anderen gleichartigen Überlassungsvertrags gegen Entgelt zur Verfügung steht,

–        es der Zuordnung einer Fläche zu einem Betrieb nicht entgegensteht, dass die Fläche dem Landwirt unentgeltlich nur gegen Übernahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zur Nutzung in bestimmter Weise und innerhalb eines begrenzten Zeitraums entsprechend den Zielen des Naturschutzes überlassen wird, sofern der Landwirt in der Lage ist, diese Fläche für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten mit einer hinreichenden Selbständigkeit für seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu nutzen, und dass

–        es für die Zuordnung der betreffenden Fläche zum Betrieb des Landwirts unschädlich ist, dass dieser verpflichtet ist, gegen eine Vergütung bestimmte Aufgaben für einen Dritten wahrzunehmen, sofern er diese Fläche auch im eigenen Namen und für eigene Rechnung für seine landwirtschaftliche Tätigkeit nutzt.

 Kosten

72      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 44 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2013/2006 des Rates vom 19. Dezember 2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er der Beihilfefähigkeit einer Fläche, deren Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient, deren überwiegender Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht, nicht entgegensteht. Ferner ist eine Tätigkeit, die der Definition in Art. 2 Buchst. c dieser Verordnung entspricht, auch dann eine landwirtschaftliche Tätigkeit, wenn der Landwirt Weisungen der Naturschutzbehörde unterliegt.

2.      Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2013/2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass

–        die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb des Landwirts nicht voraussetzt, dass sie diesem aufgrund eines Pachtvertrags oder eines anderen gleichartigen Überlassungsvertrags gegen Entgelt zur Verfügung steht,

–        es der Zuordnung einer Fläche zu einem Betrieb nicht entgegensteht, dass die Fläche dem Landwirt unentgeltlich nur gegen Übernahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zur Nutzung in bestimmter Weise und innerhalb eines begrenzten Zeitraums entsprechend den Zielen des Naturschutzes überlassen wird, sofern der Landwirt in der Lage ist, diese Fläche für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten mit einer hinreichenden Selbständigkeit für seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu nutzen, und dass

–        es für die Zuordnung der betreffenden Fläche zum Betrieb des Landwirts unschädlich ist, dass dieser verpflichtet ist, gegen eine Vergütung bestimmte Aufgaben für einen Dritten wahrzunehmen, sofern er diese Fläche auch im eigenen Namen und für eigene Rechnung für seine landwirtschaftliche Tätigkeit nutzt.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.