27.8.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 252/4


Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 30. Juni 2011 (Vorabentscheidungsersuchen des Bundessozialgerichts Kassel — Deutschland) — Joao Filipe da Silva Martins/Bank Betriebskrankenkasse — Pflegekasse

(Rechtssache C-388/09) (1)

(Vorabentscheidungsersuchen - Soziale Sicherheit - Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 - Art. 15, 27 und 28 - Art. 39 EG und 42 EG - Ehemaliger Wanderarbeitnehmer - Berufliche Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat und in einem anderen Mitgliedstaat - Ruhestand im Herkunftsmitgliedstaat - Von beiden Mitgliedstaaten gezahlte Rente - Eigenständiges System der sozialen Sicherheit zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit - Vorhandensein im früheren Beschäftigungsmitgliedstaat - Freiwillige Weiterversicherung in diesem System - Fortbestand des Anspruchs auf Pflegegeld nach Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat)

2011/C 252/05

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Bundessozialgericht Kassel

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Joao Filipe da Silva Martins

Beklagte: Bank Betriebskrankenkasse — Pflegekasse

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen — Bundessozialgericht — Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiet der Freizügigkeit und der sozialen Sicherheit von Wanderarbeitnehmern, insbesondere der Art. 39 EG und 42 EG sowie der Art. 27 und 28 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2) — Ehemaliger Wanderarbeitnehmer, der sowohl in seinem Heimatstaat als auch in seinem ehemaligen Beschäftigungsstaat eine Rente bezieht und in Letzterem einen Anspruch auf Pflegegeld hat, der nach dem System der sozialen Sicherheit des Heimatstaats nicht besteht — Aufrechterhaltung des Anspruchs auf diese Leistung nach Rückkehr in den Heimatstaat

Tenor

Die Art. 15 und 27 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 stehen nicht dem entgegen, dass eine Person in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, die Altersrente aus den Rentenkassen sowohl ihres Herkunftsmitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats bezieht, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, und die aus dem letztgenannten Mitgliedstaat in ihren Herkunftsmitgliedstaat umgezogen ist, aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in einem eigenständigen System der Pflegeversicherung des Mitgliedstaats, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, weiterhin eine dieser Versicherung entsprechende Geldleistung in Anspruch nehmen kann, insbesondere falls — was das vorlegende Gericht zu prüfen hat — im Wohnsitzmitgliedstaat keine Geldleistungen gewährt werden, die das spezifische Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

Wenn hingegen in den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, vorgesehen sind, dies aber nur in einer Höhe, die unter dem Betrag der Leistungen liegt, die sich auf dieses beziehen und von dem anderen Mitgliedstaat gewährt werden, der eine Rente schuldet, ist Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung Nr. 1386/2001 dahin auszulegen, dass eine solche Person gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates einen Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen hat.


(1)  ABl. C 312 vom 19.12.2009.