5.7.2008 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 171/41 |
Klage, eingereicht am 9. Mai 2008 — Microsoft/Kommission
(Rechtssache T-167/08)
(2008/C 171/80)
Verfahrenssprache: Englisch
Parteien
Klägerin: Microsoft Corp. (Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt J.-F. Bellis und I. Forrester, QC)
Beklagte: Kommission der Europäischen Gemeinschaften
Anträge
Die Klägerin beantragt,
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die Entscheidung K(2008) 764 endg. der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Februar 2008 zur Festsetzung der endgültigen Höhe des mit der Entscheidung K(2005) 4420 endg. der Kommission gegen die Microsoft Corporation verhängten Zwangsgelds für nichtig zu erklären; |
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hilfsweise, das verhängte Zwangsgeld aufzuheben oder herabzusetzen; |
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der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. |
Klagegründe und wesentliche Argumente
Mit einer Entscheidung vom 10. November 2005 nach Art. 24 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 (1) verhängte die Kommission ein Zwangsgeld gegen die Klägerin wegen Nichterfüllung der in Art. 5 Buchst. a der Entscheidung 2007/53/EG der Kommission vom 24. März 2004 (2) enthaltenen Verpflichtung, interessierten Unternehmen die technische Dokumentation mit den Interoperabilitätsinformationen zu angemessenen und nicht diskriminierenden Konditionen zur Verfügung zu stellen. In der angefochtenen Entscheidung wurde die endgültige Höhe des Zwangsgelds für die Zeit vom 21. Juni 2006 bis einschließlich 21. Oktober 2007 auf 899 Millionen Euro festgesetzt. Die Klägerin beantragt, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, und führt dafür folgende Gründe an:
1. |
Die Kommission habe zu Unrecht ein Zwangsgeld gegen Microsoft verhängt, um diese zu „angemessenen“ Preisen zu zwingen, ohne zuvor festzulegen, welche Preise sie für „angemessen“ halte, und Microsoft damit wissen zu lassen, was zu tun sei, um die Verhängung eines solchen Zwangsgelds zu vermeiden. |
2. |
Die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und gegen Art. 253 EG verstoßen, als sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die von Microsoft veröffentlichten Preise unangemessen seien und gegen die Entscheidung aus dem Jahr 2004 verstießen, ohne zu berücksichtigen, dass (i) diese veröffentlichten Preise gerade dazu bestimmt gewesen seien, Verhandlungen zwischen Microsoft und potenziellen Lizenznehmern zu erleichtern, und (ii) Microsoft in Absprache mit der Kommission ein Verfahren geschaffen habe, bei dem der Treuhänder die von Microsoft vorgeschlagenen Preise prüfe, wenn mit einem potenziellen Lizenznehmer keine Einigung erzielt werden könne; dieses Verfahren sei praktisch identisch mit dem, das die Kommission selbst in der Sache NDC Health/IMS Health: Einstweilige Anordnung (3) geschaffen habe. Zudem habe die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie (i) dem Umstand, dass diese veröffentlichten Preise von Microsoft niedriger als die Preise angesetzt worden seien, die ein unabhängiger Sachverständiger als angemessen betrachtet habe, und (ii) dem Umstand, dass es keinen potenziellen Lizenznehmer gegeben habe, der keine Einigung mit Microsoft erzielt habe, nicht genug Gewicht beigemessen sowie (iii) nicht berücksichtigt habe, dass die Lizenznehmer der „No Patent“-Lizenz auch Nutzungsrechte an den Patenten von Microsoft erhielten. |
3. |
Die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie von Microsoft den Nachweis dafür verlangt habe, dass ihre Geschäftgeheimnisse bei Anlegung strengerer Maßstäbe an die Patentierbarkeit so innovativ seien, dass sie die Forderung von Gebühren für eine Lizenz auf solche Geschäftsgeheimnisse rechtfertigten. Außerdem habe die Kommission dadurch gegen Art. 253 EG verstoßen, dass sie zahlreiche Argumente von Microsoft nicht berücksichtigt habe, die auf Berichten von Patentsachverständigen beruhten und den Ansatz der Kommission kritisierten. |
4. |
Die Kommission habe dadurch gegen Art. 233 EG verstoßen, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um dem Urteil in der Rechtssache T-201/04 (4) nachzukommen, soweit sie die Unterlagen, auf die sich ihre vom Treuhänder erstellten Bewertungsberichte stützten, durch Ermittlungsbefugnisse erlangt habe, die vom Gericht erster Instanz für rechtswidrig erklärt worden seien. |
5. |
Die Kommission habe Microsoft rechtliches Gehör verweigert, da sie ihr keine Gelegenheit gegeben habe, nach Ende des Referenzzeitraums, für den ihr eine Geldbuße auferlegt worden sei, ihren Standpunkt darzustellen. Dadurch sei Microsoft daran gehindert worden, sich zu allen maßgeblichen Aspekten der Sache zu äußern. |
6. |
Das Zwangsgeld sei überhöht und unverhältnismäßig. Die Kommission habe u. a. nicht ausreichend berücksichtigt, dass die angefochtene Entscheidung nur zu dem Ergebnis komme, dass die von Microsoft für eine bestimmte Lizenz (die „No Patent“-Lizenz) angeblich verlangten Gebühren unangemessen seien, und daher weder die von Microsoft angeblich verlangten Gebühren für ihre gesamten Rechte des geistigen Eigentums in allen von ihr nach Art. 5 der Entscheidung von 2004 offenzulegenden Interoperabilitätsinformationen noch die Vollständigkeit und Genauigkeit der Interoperabilitätsinformationen beanstande. |
(1) Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (Text von Bedeutung für den EWR), ABl. 2003, L 1, S. 1.
(2) Entscheidung der Kommission vom 24. März 2004 in einem Verfahren gemäß Artikel 82 EG-Vertrag und Artikel 54 EWR-Abkommen gegen die Microsoft Corporation (Sache COMP/C-3/37.792 — Microsoft) (bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 900), ABl. 2007, L 32, S. 23.
(3) Entscheidung 2002/165/EG der Kommission vom 3. Juli 2001 in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag (Sache COMP D3/38.044 — NDC Health/IMS Health: Einstweilige Anordnung) (bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 1695), ABl. 2002, L 59, S. 18.
(4) Rechtssache T-201/04 (Microsoft/Kommission, Slg. 2007, II-0000).