30.8.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 223/31


Rechtsmittel der Deutschen Telekom AG gegen das Urteil des Gerichts Erster Instanz (Fünfte erweiterte Kammer) vom 10. April 2008 in der Rechtssache T-271/03, Deutsche Telekom gegen Kommission, eingelegt am 26. Juni 2008

(Rechtssache C-280/08 P)

(2008/C 223/48)

Verfahrenssprache: Deutsch

Verfahrensbeteiligte

Rechtsmittelführerin: Deutsche Telekom AG (Prozessbevollmächtigte: U. Quack, Rechtsanwalt, S. Ohlhoff, Rechtsanwalt, M. Hutschneider, Rechtsanwalt)

Andere Verfahrensbeteiligte: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Arcor AG & Co. KG, Versatel NRW GmbH, vorher Tropolys NRW GmbH, vorher CityKom Münster GmbH Telekommunikationsservice, EWE TEL GmbH, HanseNet Telekommunikation GmbH, Versatel Nord-Deutschland GmbH, vorher KomTel Gesellschaft für Kommunikations- und Informationsdienste mbH, NetCologne Gesellschaft für Telekommunikation mbH, Versatel Süd-Deutschland GmbH, vorher tesion Telekommunikation GmbH, Versatel West-Deutschland GmbH & Co. KG, vorher VersaTel Deutschland GmbH & Co. KG

Anträge der Klägerin

Das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. April 2008 in der Rechtssache T-271/03 aufzuheben.

Die Entscheidung 2003/707/EG (1) der Kommission vom 21. Mai 2003, bekannt gegeben unter dem Aktenzeichen C(2003)1536 endgültig, für nichtig zu erklären.

Hilfsweise, die gegen die Deutsche Telekom AG in Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung der Kommission festgesetzte Geldbuβe nach freiem Ermessen des Gerichtshofes herabzusetzen.

Der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Die Rechtsmittelführerin gründet ihr Rechtsmittel gegen das genannte Urteil des Gerichts auf die folgenden Rechtsmittelgründe.

Das Urteil verletze Art. 82 EG und verstöße gegen den Grundsatz des Vertrauenschutzes, da im vorliegenden Fall kein objektiver zurechenbarer Verstoß gegen die genannte Vorschrift und auch kein Verschulden der Rechtsmittelführerin vorliege. Das Urteil berücksichtige nicht die wiederholte Prüfung der angeblichen Kosten-Preis-Schere durch die damals für die Regulierung der Rechtsmittelführerin zuständige deutsche Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (im Weiteren: „RegTP“) in der rechtlich gebotenen Weise. Die RegTP habe das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Kosten-Preis-Schere bei Teilnehmeranschlüssen wiederholt geprüft und verneint. In einem solchen Fall werde die besondere Marktstrukturverantwortung des regulierten Unternehmens von der Verantwortlichkeit der zuständigen Regulierungsbehörde überlagert und begrenzt. Die Rechtmittelführerin durfte angesichts der Regulierungsentscheidungen davon ausgehen, dass ihr Verhalten nicht wettbewerbswidrig war. Die Annahme, die Rechtsmittelführerin hätte durch Erhöhung ihrer ADSL-Entgelte die angebliche Kosten-Preis-Schere verringern können, widerspreche dem eigenen Ansatz des Gerichts, dass eine „Quersubventionierung“ zwischen verschiedenen Märkten bei der Prüfung einer Kosten-Preis-Schere außer Betracht zu bleiben habe. Außerdem habe das Gericht in rechtsfehlerhafter Weise unbeanstandet gelassen, das die Kommission nicht geprüft hat, ob eine Erhöhung der ADSL-Entgelte die angebliche Kosten-Preis-Schere überhaupt verringert hätte.

Das Urteil verstöße auch deshalb gegen Art. 82 EG, weil das Gericht die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift fehlerhaft geprüft habe. Ein Kosten-Preis-Scheren-Test vorliegend von vorneherein nicht zum Nachweis eines Missbrauchs tauge. Wurde das Vorleistungsentgelt von der zuständigen Regulierungsbehörde (wie hier) verbindlich festgesetzt, könne dieser Test selbst zu wettbewerbswidrigen Ergebnissen führen.

Das Gericht habe in diesem Zusammenhang auch gegen seine Pflicht zur Begründung des Urteils verstoßen.

Das angefochtene Urteil sei auch im Zusammenhang mit der Prüfung der von der Kommission verwendeten Methode zur Ermittlung der Kosten-Preis-Schere in mehreren zentralen Punkten rechtsfehlerhaft. Erstens, weil der so genannte „As-Efficient-Competitor-Test“, den das Gericht als allgemein gültigen Vergleichsmaßstab zugrunde gelegt habe, jedenfalls dann unzulässig sei, wenn das marktbeherrschende Unternehmen und seine Wettbewerber (wie hier) unter unterschiedlichen regulatorischen und tatsächlichen Wettbewerbsbedingungen tätig sind. Zweitens, weil der Kosten-Preis-Scheren-Test nur die Entgelte für Anschlüsse berücksichtige, während die Entgelte für weitere, auf der gleichen Vorleistung beruhende Telekommunikationsdienstleistungen (insbes. Verbindungen) außer Betracht blieben. Auch die Feststellungen des Urteils zu den Auswirkungen der angeblichen Kosten-Preis-Schere litten an mehreren Rechtsfehlern und es enthielte keine Prüfung der Kausalität der angeblichen Kosten-Preis-Schere für die Feststellungen des Gerichts zur Marktstruktur.

Das Urteil verkenne zunächst die Anforderungen des Art. 253 EG an die Begründung von Entscheidungen der Kommission.

Schließlich habe das Gericht auch Art. 15 Abs. 2 der Verordnung 17 falsch angewandt indem es die Bemessung der Geldbuße durch die Kommission unbeanstandet gelassen habe, obwohl die Kommission fälschlich von einem schweren Verstoß ausgegangen sei, die sektorspezifische Regulierung der Entgelte der Rechtsmittelführerin nicht angemessen berücksichtigt habe und allenfalls ein symbolisches Bußgeld hätte verhängen dürfen. Damit habe das Gericht versäumt, rechtlich korrekt alle relevanten Faktoren zu berücksichtigen und in rechtlich hinreichender Weise auf die Argumente der Rechtsmittelführerin für eine Aufhebung oder Reduzierung der Geldbuße einzugehen.


(1)  ABl. L 263, S. 9.