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Leitsätze

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Umwelt – Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden – Umwelthaftung – Richtlinie 2004/35 – Verursacherprinzip

(Richtlinie 2004/35 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 1, 4 Abs. 5, 11 Abs. 2, und 16 Abs. 1)

Leitsätze

Sind in einem Fall von Umweltverschmutzung die Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinie 2004/35 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden in zeitlicher und/oder sachlicher Hinsicht nicht erfüllt, ist ein solcher Fall – unter Beachtung der Regeln des Vertrags und vorbehaltlich anderer Rechtsakte des abgeleiteten Rechts – nach nationalem Recht zu beurteilen.

Die Richtlinie 2004/35 steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es der im Rahmen dieser Richtlinie handelnden zuständigen Behörde erlaubt, auch im Fall nicht klar abgegrenzter Verschmutzungen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten von Betreibern und einer festgestellten Verschmutzung zu vermuten, weil sich deren Anlagen in der Nähe des verschmutzten Gebiets befinden. Nach dem Verursacherprinzip muss die zuständige Behörde jedoch, um einen solchen ursächlichen Zusammenhang vermuten zu können, über plausible Anhaltspunkte für ihre Vermutung verfügen, wie z. B. die Nähe der Anlage des Betreibers zu der festgestellten Verschmutzung oder die Übereinstimmung zwischen den gefundenen Schadstoffen und den Komponenten, die dieser Betreiber im Rahmen seiner Tätigkeiten verwendet.

Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 5 und Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2004/35 sind dahin auszulegen, dass die zuständige Behörde, wenn sie beschließt, Betreibern, deren Tätigkeiten unter Anhang III der Richtlinie fallen, Maßnahmen zur Beseitigung von Umweltschäden aufzuerlegen, den Betreibern, deren Tätigkeiten für die Umweltschäden verantwortlich gemacht werden, weder vorsätzliches noch fahrlässiges Handeln, noch eine Schädigungsabsicht nachzuweisen braucht. Sie muss dagegen zum einen zuvor nach der Ursache der festgestellten Verschmutzung suchen, wobei sie über einen weiten Ermessensspielraum in Bezug auf die Verfahren, die einzusetzenden Mittel und die Dauer einer solchen Untersuchung verfügt. Zum anderen ist sie verpflichtet, nach den nationalen Beweislastregeln einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten der Betreiber, die die Sanierungsmaßnahmen durchführen sollen, und der betreffenden Verschmutzung nachzuweisen.

Da Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/35 wie Art. 176 EG ausdrücklich vorsieht, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, strengere Maßnahmen zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden beizubehalten oder zu erlassen, kann ein Mitgliedstaat insbesondere beschließen, dass die Betreiber anderer Tätigkeiten als der in Anhang III der Richtlinie vorgesehenen einer objektiven Haftung für Umweltschäden unterliegen, d. h. im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie nicht nur für eine Schädigung geschützter Arten und Lebensräume, sondern auch für eine Schädigung der Gewässer und des Bodens.

(vgl. Randnrn. 44, 57, 65, 68-70 und Tenor)