Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor
In der Rechtssache C‑89/08 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 26. Februar 2008,
Europäische Kommission, Prozessbevollmächtigte: V. Di Bucci und N. Khan, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Irland , vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von P. McGarry, BL, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und A.‑L. Vendrolini als Bevollmächtigte,
Italienische Republik, vertreten durch R. Adam als Bevollmächtigten im Beistand von G. Aiello, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Eurallumina SpA mit Sitz in Portoscuso (Italien), Prozessbevollmächtigter: R. Denton, Solicitor,
Aughinish Alumina Ltd mit Sitz in Askeaton (Irland), Prozessbevollmächtigte: J. Handoll und C. Waterson, Solicitors,
Kläger im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, K. Lenaerts und E. Levits sowie der Richter A. Rosas, P. Kūris (Berichterstatter), A. Borg Barthet, J. Malenovský, U. Lõhmus, A. O’Caoimh und J.‑J. Kasel,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2009,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Mai 2009
folgendes
Urteil
1. Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Dezember 2007, Irland u. a./Kommission (T‑50/06, T‑56/06, T‑60/06, T‑62/06 und T‑69/06, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidung 2006/323/EG der Kommission vom 7. Dezember 2005 über die Befreiung von der Verbrauchsteuer auf Mineralöle, die als Brennstoff zur Tonerdegewinnung in der Region Gardanne, der Region Shannon und auf Sardinien verwendet werden, durch Frankreich, Irland und Italien (ABl. 2006, L 119, S. 12, im Folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt hat.
Rechtlicher Rahmen
Die Richtlinien über die Verbrauchsteuern auf Mineralöle
2. Die Verbrauchsteuern auf Mineralöle sind Gegenstand mehrerer Richtlinien, und zwar der Richtlinien 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABl. L 316, S. 12), 92/82/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuersätze für Mineralöle (ABl. L 316, S. 19) und 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51), die die Richtlinien 92/81 und 92/82 mit Wirkung vom 31. Dezember 2003 ersetzt hat.
3. Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 92/81 erlaubte dem Rat der Europäischen Union, auf Vorschlag der Kommission einen Mitgliedstaat zu ermächtigen, andere als die von dieser Richtlinie vorgesehenen Befreiungen oder Ermäßigungen von der Verbrauchsteuer zu gewähren.
4. Die Richtlinie 2003/96 sieht in ihrem Art. 2 Abs. 4 Buchst. b zweiter Gedankenstrich vor, dass sie nicht für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck gilt, also nicht für Erzeugnisse, die sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke als die von Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden. Seit dem 1. Januar 2004, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie, gibt es somit keine Mindestverbrauchsteuer für zur Tonerdegewinnung verwendetes schweres Mineralöl mehr. Außerdem ermächtigt Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96 die Mitgliedstaaten vorbehaltlich einer vorherigen Überprüfung durch den Rat, die in Anhang II aufgeführten Steuerermäßigungen und Steuerbefreiungen bis zum 31. Dezember 2006 beizubehalten, wobei dieser Anhang die Befreiungen von der Verbrauchsteuer auf Schweröl nennt, das als Brennstoff bei der Tonerdegewinnung in der Region Gardanne, der Region Shannon und auf Sardinien Verwendung findet.
Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999
5. Nach Art. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) bezeichnet der Ausdruck „bestehende Beihilfe“:
„…
v) Beihilfen, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfe waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.“
Vorgeschichte des Rechtsstreits
6. Bei der Tonerdegewinnung verwendete Mineralöle werden in Irland, in der Italienischen Republik und in der Französischen Republik in der Region Shannon seit 1983, auf Sardinien seit 1993 und in der Region Gardanne seit 1997 von der Verbrauchsteuer befreit (im Folgenden: streitige Befreiungen).
7. Die streitigen Befreiungen wurden jeweils mit den Entscheidungen 92/510/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, gemäß dem Verfahren in Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie 92/81/EWG ermäßigte Verbrauchsteuersätze oder Verbrauchsteuerbefreiungen auf Mineralöle, die zu bestimmten Zwecken verwendet werden, beizubehalten (ABl. L 316, S. 16), 93/697/EG des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Ermächtigung einiger Mitgliedstaaten, gemäß dem Verfahren in Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie 92/81 ermäßigte Verbrauchsteuersätze oder Verbrauchsteuerbefreiungen auf Mineralöle, die zu bestimmten Zwecken verwendet werden, zu gewähren oder beizubehalten (ABl. L 321, S. 29), und 97/425/EG des Rates vom 30. Juni 1997 zur Ermächtigung bestimmter Mitgliedstaaten, gemäß dem Verfahren der Richtlinie 92/81 ermäßigte Verbrauchsteuersätze oder Verbrauchsteuerbefreiungen für Mineralöle mit bestimmten Verwendungszwecken anzuwenden und beizubehalten (ABl. L 182, S. 22), genehmigt. Der Rat verlängerte diese Genehmigungen mehrfach, zuletzt mit der Entscheidung 2001/224/EG des Rates vom 12. März 2001 über Verbrauchsteuerermäßigungen und -befreiungen für Mineralöle, die zu bestimmten Zwecken verwendet werden (ABl. L 84, S. 23), bis zum 31. Dezember 2006.
8. Im fünften Erwägungsgrund der Entscheidung 2001/224 wird ausgeführt, dass diese Entscheidung dem Ergebnis etwaiger Verfahren nicht vorgreift, die möglicherweise gemäß den Art. 87 EG und 88 EG wegen einer Beeinträchtigung des Funktionierens des Binnenmarkts eingeleitet werden, und dass sie die Mitgliedstaaten keinesfalls ihrer Pflicht enthebt, etwaige staatliche Beihilfen gemäß Art. 88 EG bei der Kommission anzumelden.
9. Mit drei Entscheidungen vom 30. Oktober 2001 leitete die Kommission das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG für jede der streitigen Befreiungen ein. Nach Abschluss dieses Verfahrens erließ die Kommission die streitige Entscheidung, nach der
– die bis 31. Dezember 2003 von der Französischen Republik, Irland und der Italienischen Republik gewährten Befreiungen von der Verbrauchsteuer auf schwere Heizöle, die zur Tonerdegewinnung verwendet werden, staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellen;
– zwischen dem 17. Juli 1990 und 2. Februar 2002 gewährte Beihilfen, soweit sie mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, nicht zurückgefordert werden, da dies gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde;
– die zwischen dem 3. Februar 2002 und 31. Dezember 2003 gewährten Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne von Art. 87 Abs. 3 EG unvereinbar sind, soweit die Begünstigten nicht einen Steuersatz von 13,01 Euro pro 1 000 kg schweres Heizöl zahlten;
– diese Beihilfen zurückzufordern sind.
10. In der streitigen Entscheidung stufte die Kommission die streitigen Befreiungen als neue und nicht als bestehende Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 659/1999 ein. Diese Beurteilung stützte sie insbesondere darauf, dass die streitigen Befreiungen nicht vor Inkrafttreten des EG-Vertrags in den betroffenen Mitgliedstaaten bestanden hätten, dass sie niemals nach den Regeln für staatliche Beihilfen beurteilt oder genehmigt worden seien und dass sie niemals angemeldet worden seien.
11. Außerdem stellte die Kommission im 69. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung fest, dass Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 im geprüften Fall keine Anwendung finde.
12. Nachdem sie dargelegt hatte, inwiefern die in Rede stehenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, befand die Kommission angesichts der Entscheidungen über die Befreiungen und aufgrund des Umstands, dass diese auf ihren Vorschlag angenommen worden seien, dass die Rückforderung von unvereinbaren Beihilfen, die vor dem 2. Februar 2002, dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidungen über die Einleitung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften , gewährt worden seien, gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit verstieße.
Die Klagen vor dem Gericht und das angefochtene Urteil
13. Mit Klageschriften, die am 16., 17. und 23. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhoben die Italienische Republik, Irland und die Französische Republik, die Eurallumina SpA und die Aughinish Alumina Ltd Klagen auf vollständige oder teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Die Rechtssachen wurden zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung und Entscheidung verbunden.
14. Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, machten die Kläger im Wesentlichen 23 Klagegründe geltend, die insbesondere auf falsche Einstufung der streitigen Befreiungen als neue Beihilfen, obwohl es sich um bestehende Beihilfen handele, auf Verstöße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, der Einhaltung einer angemessenen Frist, der Gültigkeitsvermutung, lex specialis derogat legi generali , der praktischen Wirksamkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung gestützt wurden. Ebenfalls gerügt wurden Verletzungen des Art. 87 EG und der für die Anwendung dieses Artikels bestehenden Begründungspflicht.
15. In Randnr. 46 des angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch angeführt, es halte es trotz der Geltendmachung dieser Klagegründe für zweckmäßig, den Gesichtspunkt der mangelnden Begründung der streitigen Entscheidung betreffend die Nichtanwendung des Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 von Amts wegen zu prüfen.
16. Nach dem Hinweis in Randnr. 47 des angefochtenen Urteils, dass eine fehlende oder unzureichende Begründung ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts sei, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen prüfen müsse, und der Bezugnahme in den Randnrn. 48 und 49 des Urteils auf die Rechtsprechung zur Reichweite der Pflicht zur Begründung eines Gemeinschaftsrechtsakts hat das Gericht in den Randnrn. 52 und 53 dieses Urteils festgestellt, dass die Kommission in der streitigen Entscheidung untersucht habe, ob die betreffenden Befreiungen neue oder bestehende Beihilfen seien, sich aber darauf beschränkt habe, zu erklären, dass Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 in diesem Fall nicht anwendbar sei, ohne die Gründe dafür zu nennen.
17. Das Gericht hat in den Randnrn. 56 bis 63 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls die Frage zu prüfen sei, ob die streitigen Befreiungen als bestehende Beihilfen angesehen werden konnten, weil sie zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens keine Beihilfen gewesen, aber infolge der Entwicklung des Gemeinsamen Markts zu Beihilfen geworden seien, ohne eine Änderung durch die betreffenden Mitgliedstaaten erfahren zu haben. Es war daher der Ansicht, dass die Kommission die streitige Entscheidung im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 hätte rechtlich hinreichend begründen müssen.
18. Die in Rede stehenden besonderen Umstände sind im Wesentlichen in den Randnrn. 56 bis 62 des angefochtenen Urteils folgendermaßen ausgeführt worden.
19. Erstens ergebe sich aus mehreren Entscheidungen, mit denen die streitigen Befreiungen genehmigt worden seien, dass diese Befreiungen nach Ansicht der Kommission nicht zu einer Wettbewerbsverfälschung führten und dass sie das Funktionieren des Binnenmarkts nicht behinderten. Es gebe in der streitigen Entscheidung keine Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Wettbewerbsverfälschung im Abgabenbereich eine andere Reichweite habe als im Bereich staatlicher Beihilfen. Außerdem werde in mehreren dieser Entscheidungen darauf hingewiesen, dass die Kommission die betreffenden Befreiungen regelmäßig prüfen werde, um ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt und anderen Zielen des EG‑Vertrags sicherzustellen.
20. Zweitens habe die Kommission im 97. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung zumindest anerkannt, dass man aufgrund dieser Genehmigungen, die auf ihren eigenen Vorschlag ergangen seien, habe erwarten können, dass die streitigen Befreiungen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens nicht als staatliche Beihilfen eingestuft werden könnten. Der Umstand, dass sich dieser Erwägungsgrund im Abschnitt über die Rückforderung der Beihilfen befindet, könne seine Relevanz für diese Einstufung nicht mindern.
21. Drittens seien die streitigen Befreiungen durch Entscheidungen des Rates auf Vorschlag der Kommission wiederholt genehmigt und verlängert worden, und keine dieser Entscheidungen – abgesehen von der Entscheidung 2001/224 – erwähne einen eventuellen Widerspruch zu den Regeln über staatliche Beihilfen. Im 96. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung habe die Kommission außerdem selbst betont, die Betroffenen erwarteten nicht, dass sie dem Rat Vorschläge unterbreite, die mit Bestimmungen des Vertrags unvereinbar wären.
22. Das Gericht hat in Randnr. 64 des angefochtenen Urteils gefolgert, dass die Kommission im Hinblick auf die Nichtanwendung des Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 gegen ihre von Art. 253 EG vorgeschriebene Begründungspflicht verstoßen habe.
Anträge der Parteien
23. Die Kommission beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Rechtssachen an das Gericht zu erneuter Prüfung zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung für beide Rechtszüge vorzubehalten.
24. Die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, die Eurallumina SpA und die Aughinish Alumina Ltd beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
25. Für den Fall, dass der Gerichtshof dem sechsten Rechtsmittelgrund folgen sollte, wonach das Gericht die streitige Entscheidung nicht für nichtig hätte erklären dürfen, da in dieser das förmliche Prüfverfahren auf die streitigen Befreiungen nach dem 31. Dezember 2003 ausgeweitet worden sei, beantragt die Eurallumina SpA hilfsweise, das ang efochtene Urteil nur hinsichtlich dieses Punkts aufzuheben.
Zum Rechtsmittel
26. Zur Begründung ihres Antrags auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und auf Zurückverweisung der Rechtssache an das Gericht macht die Kommission sechs Rechtsmittelgründe geltend.
27. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird gerügt, dass das Gericht seine Zuständigkeit überschritten habe, als es von Amts wegen den Gesichtspunkt eines Begründungsmangels der streitigen Entscheidung geprüft habe. Der zweite Rechtsmittelgrund wird auf Verstöße gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und die Verteidigungsrechte gestützt. Der dritte Rechtsmittelgrund wendet sich gegen eine Verletzung der Art. 230 EG und 253 EG in Verbindung mit Art. 88 EG und den Regeln über den Verfahrensablauf im Bereich staatlicher Beihilfen. Der vierte und der fünfte Rechtsmittelgrund betreffen im Wesentlichen den Verstoß gegen Art. 253 EG, da das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Kommission die Begründungspflicht hinsichtlich der Anwendbarkeit von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 verletzt habe. Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund wird geltend gemacht, dass das Gericht die streitige Entscheidung nicht für nichtig hätte erklären dürfen, soweit in ihr das förmliche Prüfverfahren auf die streitigen Befreiungen nach dem 31. Dezember 2003 ausgeweitet worden sei.
Zum ersten Rechtsmittelgrund: Das Gericht habe seine Zuständigkeit überschritten, als es von Amts wegen den Gesichtspunkt eines Begründungsmangels der streitigen Entscheidung geprüft habe
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
28. Der erste Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil rügt die Kommission, dass das Gericht, als es von Amts wegen den Gesichtspunkt des Begründungsmangels der streitigen Entscheidung geprüft habe, über die Grenzen des von den Parteien festgelegten Streitgegenstands hinausgegangen sei und dadurch gegen die Dispositionsmaxime verstoßen, ultra petita entschieden und somit seine Zuständigkeit überschritten habe und einen die Interessen der Kommission beeinträchtigenden Verfahrensfehler begangen habe.
29. Die Kommission trägt vor, dass dieser vom Gericht von Amts wegen geprüfte Gesichtspunkt nichts mit den 23 Klagegründen zu tun habe, die die Kläger im ersten Rechtszug geltend gemacht hätten, und mit dem sich aus den Akten ergebenden Sachverhalt der fünf verbundenen Rechtssachen in keinem Zusammenhang stehe, da nichts in den Akten darauf hindeute, dass die streitigen Befreiungen zum Zeitpunkt ihres Erlasses keine Beihilfen gewesen, sondern in der Folgezeit wegen der Entwicklung des Binnenmarkts zu Beihilfen geworden seien.
30. Im zweiten Teil beanstandet die Kommission, dass der von Amts wegen geprüfte Gesichtspunkt in Wirklichkeit die materielle Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung statt ihre Begründung betreffe, denn die vom Gericht verlangte Begründung sei weder für die Betroffenen noch für das Gericht erforderlich. Das Gericht habe demnach die von der Rechtsprechung anerkannte Unterscheidung zwischen Gesichtspunkten, die die Begründung beträfen, und Gesichtspunkten in der Sache nicht beachtet und habe sich an die Stelle der Kläger im ersten Rechtszug gesetzt, indem es einen Gesichtspunkt aufgegriffen habe, den nur diese hätten vortragen können. Dadurch habe es zum einen gegen Art. 230 EG in Verbindung mit Art. 253 EG und zum anderen gegen die Bestimmungen über die Pflicht zur Angabe der Klagegründe in der Klageschrift nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs sowie gegen die Art. 44 § 1 und 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts verstoßen, indem es diesen Regeln jede praktische Wirksamkeit genommen habe. Diese Verstöße seien zudem Verfahrensunregelmäßigkeiten, die die Interessen der Kommission beeinträchtigt hätten.
31. Die Rechtsmittelgegner weisen zur Entgegnung auf diesen Rechtsmittelgrund im Wesentlichen darauf hin, dass ein Begründungsmangel, der eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften darstelle, ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts sei, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen zur prüfen habe. Dem Gericht sei daher weder vorzuwerfen, dass es ultra petita entschieden habe, noch, dass es gegen die in Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts enthaltene Bestimmung verstoßen habe, die sich nicht an das Gericht, sondern an den Kläger richte.
32. Außerdem sei der Rechtsmittelgrund eines Begründungsmangels der streitigen Entscheidung den von ihnen im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründen und dem Sachverhalt der Rechtssache nicht völlig fremd gewesen. Insbesondere seien die vom Gericht in den Randnrn. 56 bis 62 des angefochtenen Urteils angeführten besonderen Umstände in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht dargelegt und erörtert worden.
33. Der von Amts wegen geprüfte Gesichtspunkt betreffe nicht das materielle Recht, sondern einen einfachen Begründungsmangel. Weiter habe das Gericht in dem angefochtenen Urteil nicht die von der Kommission vorgenommene Beurteilung als neue Beihilfen in Frage gestellt, sondern das Fehlen jeglicher Begründung zur Nichtanwendung von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999. Das Gericht habe demnach den Unterschied zwischen der Begründung und der Entscheidung in der Sache nicht außer Acht gelassen und habe zu Recht entschieden, dass die streitige Entscheidung hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Bestimmung hätte begründet werden müssen, da die Kommission in der vorliegenden Rechtssache die Gründe dafür hätte angeben müssen, dass sie die streitigen Befreiungen als neue Beihilfen statt als bestehende Beihilfen eingestuft habe.
Würdigung durch den Gerichtshof
34. Zur Entscheidung über den ersten Teil des Rechtsmittelgrundes, wonach das Gericht über die Grenzen des von den Parteien festgelegten Streitgegenstands hinausgegangen sein soll, ist darauf hinzuweisen, dass eine fehlende oder unzureichende Begründung eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne des Art. 230 EG darstellt und ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts ist, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen prüfen kann und muss (vgl. u. a. Urteile vom 20. Februar 1997, Kommission/Daffix, C‑166/95 P, Slg. 1997, I‑983, Randnr. 24, vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 67, vom 30. März 2000, VBA/Florimex u. a., C‑265/97 P, Slg. 2000, I‑2061, Randnr. 114, sowie vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Randnr. 174).
35. Der Gemeinschaftsrichter geht nicht über die Grenzen des bei ihm anhängigen Rechtsstreits hinaus, indem er einen solchen Gesichtspunkt, der grundsätzlich von den Parteien nicht vorgetragen wurde, von Amts wegen prüft, und verstößt in keiner Weise gegen die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Darstellung des Streitgegenstands und der Klagegründe in der Klageschrift.
36. Demnach hat das Gericht im vorliegenden Fall seine Befugnisse nicht überschritten, als es von Amts wegen den Gesichtspunkt der mangelhaften Begründung der streitigen Entscheidung geprüft hat.
37. Folglich ist der erste Teil des Rechtsmittelgrundes nicht begründet.
38. Zum zweiten Teil des Rechtsmittelgrundes, wonach das Gericht in Wirklichkeit die materielle Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung von Amts wegen geprüft haben soll, ist zu bemerken, dass das Gericht diese Entscheidung mit der in Randnr. 63 des angefochtenen Urteils enthaltenen Begründung für nichtig erklärt hat, dass die Kommission in Anbetracht der in den Randnrn. 56 bis 62 dieses Urteils angeführten besonderen Umstände im vorliegenden Fall die Frage der Anwendbarkeit von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 habe prüfen und die streitige Entscheidung in diesem Punkt rechtlich hinreichend begründen müssen, statt lediglich festzustellen, dass diese Bestimmung im vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei.
39. Es ist festzustellen, dass das Gericht im angefochtenen Urteil keineswegs in der Sache über die Anwendbarkeit dieser Bestimmung und auch nicht allgemein über die zwischen den Parteien erörterte Frage, ob die streitigen Befreiungen bestehende oder neue Beihilfen seien, entschieden hat.
40. Daher kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, die nach der Rechtsprechung anerkannte Unterscheidung zwischen einem Klagegrund, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird und der von Amts wegen vom Gemeinschaftsrichter zu prüfen ist, und einem Klagegrund, der die materielle Rechtmäßigkeit betrifft und der nur geprüft werden darf, wenn sich der Kläger darauf beruft (vgl. Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 67), nicht beachtet zu haben.
41. Demnach ist auch der zweite Teil dieses Rechtsmittelgrundes nicht begründet.
42. Nach dem Vorstehenden ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Das Gericht habe gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und die Verteidigungsrechte verstoßen
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
43. Die Kommission bemerkt, dass der im angefochtenen Urteil von Amts wegen geprüfte Gesichtspunkt im schriftlichen und im mündlichen Verfahren vor dem Gericht nicht erörtert und nicht einmal angesprochen worden sei, und rügt, dass das Gericht gegen die Grundsätze des kontradiktorischen Verfahrens und der Wahrung der Verteidigungsrechte verstoßen habe.
44. Dazu beruft sich die Kommission auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), wonach das Gericht den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens selbst vor allem dann wahren müsse, wenn es ein Rechtsmittel zurückweise oder einen Rechtsstreit auf der Grundlage eines von Amts wegen berücksichtigten Gesichtspunkts entscheide.
45. Sie macht außerdem geltend, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ein allgemeiner verfahrensrechtlicher Grundsatz vor den Gemeinschaftsgerichten sei, der vom Gerichtshof als Grundrecht anerkannt worden sei, und dass das Gericht die Möglichkeit gehabt habe, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen, um die Parteien aufzufordern, den Gesichtspunkt zur erörtern, den es von Amts wegen habe prüfen wollen.
46. Die Rechtsmittelgegner machen im Wesentlichen geltend, dass es nach Art. 62 der Verfahrensordnung des Gerichts in dessen Ermessen stehe, die Wiedereröffnung der Verhandlung anzuordnen, und dass aus diesem Artikel sowie aus Art. 113 der Verfahrensordnung hervorgehe, dass die Pflicht zur Anhörung der Parteien vor der Prüfung eines Gesichtspunkts von Amts wegen nur hinsichtlich von Gesichtspunkten bestehe, die zur Unzulässigkeit der Klage oder zur Feststellung der Erledigung führten. Wenn der Gerichtshof einen Gesichtspunkt von Amts wegen prüfen wolle, beschließe er zudem nicht unbedingt die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
47. Sie tragen vor, dass, wie auch die Kommission einräumt, die EMRK nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts gelte und dass der Anwendungsbereich des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens, auch wenn dieser ein Grundrecht sei, nach Maßgabe der Parteien und der konkreten Umstände der Rechtssache zu bestimmen sei.
48. Im vorliegenden Fall sei der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens beachtet worden, da sich das angefochtene Urteil nicht auf Schriftstücke oder Tatsachen gründe, die der Kommission unbekannt gewesen seien. Im Übrigen berühre der von Amts wegen geprüfte Gesichtspunkt die Rechtssache nicht in der Sache, sondern betreffe die Verletzung wesentlicher Formvorschriften.
49. Ferner seien keine Interessen der Europäischen Gemeinschaft beeinträchtigt worden, denn ihre Rechte seien nicht grob missachtet worden, da zum einen weder die zivilrechtliche noch die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Kommission festgestellt noch ihr eine Strafe auferlegt worden sei und zum anderen die Wiedereröffnung des Verfahrens der Kommission nicht die Möglichkeit verschafft hätte, Argumente vorzutragen, die dazu geführt hätten, dass das Gericht die mangelhafte Begründung nicht von Amts wegen festgestellt hätte, da ein Begründungsmangel nicht nachträglich heilbar sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
50. Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ist Bestandteil der Verteidigungsrechte. Er gilt für jedes Verfahren, das zu einer Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans führen kann, durch die Interessen eines Dritten spürbar beeinträchtigt werden (vgl. u. a. Urteile vom 10. Juli 2001, Ismeri Europa/Rechnungshof, C‑315/99 P, Slg. 2001, I‑5281, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, Randnr. 61).
51. Die Gemeinschaftsgerichte tragen dafür Sorge, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens vor ihnen und von ihnen selbst beachtet wird.
52. Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass zum einen der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens im Allgemeinen das Recht der Verfahrensbeteiligten umfasst, Kenntnis von den Beweismitteln und den beim Gemeinschaftsrichter eingereichten Erklärungen zu nehmen und diese zu erörtern (Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, Slg. 2008, I‑581, Randnr. 47), und dass es zum anderen gegen einen elementaren Rechtsgrundsatz verstoßen würde, wenn eine gerichtliche Entscheidung auf Tatsachen und Schriftstücke gegründet würde, von denen die Parteien – oder eine von ihnen – keine Kenntnis nehmen und zu denen sie daher auch nicht Stellung nehmen konnten (Urteile vom 22. März 1961, Snupat/Hohe Behörde, 42/59 und 49/59, Slg. 1961, 111, 169, vom 10. Januar 2002, Plant u. a./Kommission und South Wales Small Mines, C‑480/99 P, Slg. 2002, I‑265, Randnr. 24, sowie vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Randnr. 19).
53. Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens muss jeder Partei eines Verfahrens, mit dem der Gemeinschaftsrichter befasst wird, unabhängig von ihrer rechtlichen Eigenschaft zugutekommen. Die Gemeinschaftsorgane können sich daher ebenfalls darauf berufen, wenn sie Parteien in einem solchen Verfahren sind.
54. Der Gemeinschaftsrichter selbst muss den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens vor allem dann wahren, wenn er einen Rechtsstreit auf der Grundlage eines von Amts wegen berücksichtigten Gesichtspunkts entscheidet (vgl. entsprechend im Bereich der Menschenrechte EGMR, Urteile vom 18. Dezember 2003, Skondrianos/Griechenland, §§ 29 und 30, vom 13. Oktober 2005, Clinique des Acacias u. a/Frankreich, § 38, sowie vom 16. Februar 2006, Prikyan und Angelova/Bulgarien, § 42).
55. Wie der Generalanwalt im Wesentlichen in den Nrn. 93 bis 107 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verleiht der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens im Allgemeinen nicht nur jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, die Schriftstücke und Erklärungen, die sein Gegner dem Gemeinschaftsrichter vorgelegt hat, zur Kenntnis zu nehmen und zu erörtern, und steht nicht nur dem entgegen, dass dieser seine Entscheidung auf Tatsachen oder Schriftstücke gründet, die die Beteiligten – oder einer von ihnen – nicht zur Kenntnis nehmen und zu denen sie daher auch nicht Stellung nehmen konnten. Er umfasst im Allgemeinen auch das Recht der Beteiligten, die Gesichtspunkte zur Kenntnis zu nehmen, die der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen berücksichtigt hat und auf die er seine Entscheidung gründen möchte, und sie zu erörtern.
56. Für die Erfüllung der Anforderungen im Zusammenhang mit dem Recht auf ein faires Verfahren kommt es nämlich darauf an, dass die Beteiligten sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Umstände kennen, die für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sind.
57. Demnach kann der Gemeinschaftsrichter seine Entscheidung außer in besonderen Fällen wie denen, die u. a. in den Verfahrensordnungen der Gemeinschaftsgerichte vorgesehen sind, nicht auf einen von Amts wegen geprüften Gesichtspunkt stützen, sei er auch zwingenden Rechts und wie im vorliegenden Fall ein Begründungsmangel der streitigen Entscheidung, ohne die Beteiligten zuvor aufgefordert zu haben, sich zu diesem Gesichtspunkt zu äußern.
58. Im Übrigen hat der Gerichtshof im entsprechenden Kontext von Art. 6 EMRK festgestellt, dass er gerade mit Rücksicht auf diesen Artikel und den Sinn und Zweck des Anspruchs der Betroffenen auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren im Sinne dieser Vorschrift gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung die mündliche Verhandlung von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auch auf Antrag der Parteien wiedereröffnen kann, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen für entscheidungserheblich erachtet (Beschluss vom 4. Februar 2000, Emesa Sugar, C‑17/98, Slg. 2000, I‑665, Randnrn. 8, 9 und 18, sowie Urteil vom 10. Februar 2000, Deutsche Post, C‑270/97 und C‑271/97, Slg. 2000, I‑929, Randnr. 30).
59. Das Ermessen, über das das Gericht in dieser Hinsicht nach Art. 62 seiner Verfahrensordnung verfügt, kann nicht ausgeübt werden, ohne die Pflicht zur Beachtung des kontradiktorischen Verfahrens zu berücksichtigen.
60. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten und aus der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof, dass das Gericht die streitige Entscheidung mit dem angefochtenen Urteil auf der Grundlage des von Amts wegen geprüften Gesichtspunkts eines Verstoßes gegen Art. 253 EG für nichtig erklärt hat, ohne die Beteiligten im schriftlichen oder im mündlichen Verfahren aufgefordert zu haben, sich zu diesem Gesichtspunkt zu äußern. Dadurch hat das Gericht den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens missachtet.
61. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelgegner hat die Nichtbeachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens die Interessen der Kommission im Sinne von Art. 58 der Satzung des Gerichtshofs beeinträchtigt. Denn wie der Generalanwalt in den Nrn. 114 bis 118 seiner Schlussanträge dargelegt hat, ist ein Begründungsmangel zwar ein Mangel, der grundsätzlich nicht geheilt werden kann, die Feststellung eines solchen Mangels beruht jedoch auf einer Würdigung, die nach ständiger Rechtsprechung eine Reihe von Gesichtspunkten zu berücksichtigen hat, wie das Gericht im Übrigen in den Randnrn. 48 und 49 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat. Eine solche Beurteilung kann Anlass zu einer Erörterung geben, insbesondere wenn sie nicht das völlige Fehlen einer Begründung, sondern die Begründung eines konkreten tatsächlichen und rechtlichen Punkts betrifft. Im vorliegenden Fall hätte die Kommission, wenn ihr die Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden wäre, dieselben Argumente vorbringen können, die sie hier im Rahmen des vierten und des fünften Rechtsmittelgrundes geltend macht und die in den Randnrn. 64 bis 67 des vorliegenden Urteils dargestellt sind.
62. Aus allen diesen Gründen greift der zweite Rechtsmittelgrund der Kommission durch.
63. Im Übrigen hält es der Gerichtshof im vorliegenden Fall im Sinne einer ordnungsgemäßen Rechtspflege für angebracht, auch den vierten und den fünften Rechtsmittelgrund zusammen zu prüfen, mit denen die Kommission im Wesentlichen geltend macht, dass das Gericht dadurch gegen Art. 253 EG verstoßen habe, dass es angenommen habe, dass die Kommission die ihr mit diesem Artikel auferlegte Begründungspflicht in Bezug auf die Anwendbarkeit von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 verletzt habe.
Zum vierten und zum fünften Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 253 EG
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
64. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht vor, gegen Art. 253 EG in Verbindung mit den Art. 87 Abs. 1 EG und 88 Abs. 1 EG sowie gegen die Regeln über den Ablauf des Verfahrens im Bereich staatlicher Beihilfen verstoßen zu haben.
65. Zur Stützung dieses Rechtsmittelgrundes macht die Kommission u. a. geltend, die Begründung der streitigen Entscheidung zeige, dass die streitigen Befreiungen seit ihrem Erlass immer Beihilfen gewesen seien, wobei in der Entscheidung rechtlich hinreichend und den Anforderungen der Rechtsprechung genügend dargelegt worden sei, dass diese Befreiungen geeignet seien, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und Verfälschungen des Wettbewerbs hervorzurufen. Unter diesen Umständen sei es nicht notwendig gewesen, genauer zu begründen, weshalb Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 nicht anwendbar sei. Wenn man im Übrigen annehme, dass die streitigen Befreiungen bei ihrem Erlass keine Beihilfen gewesen seien, ergebe sich daraus, dass sie noch immer keine Beihilfen seien, wie manche Kläger im ersten Rechtszug zu Unrecht vorgetragen hätten, und nicht, dass sie bestehende Beihilfen seien, wie das Gericht erwogen habe.
66. Im Rahmen ihres fünften Rechtsmittelgrundes trägt die Kommission vor, dass das Gericht Art. 253 EG in Verbindung mit den Art. 87 Abs. 1 EG, Art. 88 Abs. 1 EG und Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 sowie die Pflicht zur Begründung seiner Urteile verletzt habe.
67. Das Gericht habe insbesondere einen Rechtsfehler begangen, als es wegen des Verhaltens des Rates und der Kommission besondere Umstände angenommen habe, die eine gesonderte Begründung der streitigen Entscheidung betreffend die Anwendbarkeit von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 verlangt hätten, obwohl der Begriff der staatlichen Beihilfe, sei sie eine bestehende oder eine neue, objektiv sei und nicht vom Verhalten oder den Erklärungen der Organe abhänge; dies gelte erst recht, wenn dieses Verhalten oder diese Erklärungen nichts mit einem Verfahren zur Kontrolle von Beihilfen zu tun hätten. Darüber hinaus stehe eine solche Beurteilung im Widerspruch zum Urteil des Gerichtshofs vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, Slg. 2006, I‑5479).
68. Auf den vierten Rechtsmittelgrund entgegnen die Rechtsmittelgegner, dass die Gründe für die Nichtanwendung von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 nicht klar in der streitigen Entscheidung zum Ausdruck kämen, die folglich nicht dem Erfordernis einer klaren und eindeutigen Begründung genüge. Ferner habe das Gericht der Kommission vorgeworfen, nicht begründet zu haben, weshalb sie die Befreiungen als den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verfälschend betrachtet habe, obwohl sie zuvor zu einer gegenteiligen Würdigung gekommen sei. In diesem Zusammenhang habe das Gericht in Anbetracht der Rechtsprechung zu Recht entschieden, dass die Kommission Gründe hätte anführen müssen, um darzutun, dass sie eine diese Schlussfolgerung rechtfertigende Würdigung vorgenommen habe. Mit diesem Rechtsmittelgrund versuche die Kommission in Wirklichkeit, den Begründungsmangel, an dem die streitige Entscheidung leide, auszugleichen und zu erreichen, dass sich der Gerichtshof zu Fragen der Begründetheit äußere, die in keinem Zusammenhang mit diesem Mangel stünden.
69. Auf den fünften Rechtsmittelgrund entgegnen die Rechtsmittelgegner, dass das Gericht nicht die objektive Natur der staatlichen Beihilfe in Frage gestellt, sondern nur festgestellt habe, dass die Kommission angesichts der vorherigen Entscheidungen des Rates und der berechtigten Erwartungen, die aus diesen Entscheidungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der streitigen Befreiungen erwachsen seien, in ihrer Entscheidung die Gründe hätte darlegen müssen, die objektiv zum Ausschluss der Anwendung des Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 geführt hätten. Die Begründung einer Entscheidung müsse in dieser selbst enthalten sein, so dass die Erklärungen der Kommission deren Fehlen nicht ersetzen könnten.
Würdigung durch den Gerichtshof
70. Nach Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 gilt als bestehend eine Beihilfe, die zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurde, keine Beihilfe war und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu einer Beihilfe wurde, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren hat.
71. Der Begriff der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes kann dahin verstanden werden, dass es sich um eine Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten in dem von der fraglichen Maßnahme betroffenen Sektor handelt, und betrifft z. B. nicht den Fall, dass die Kommission ihre Beurteilung aufgrund einer strengeren Anwendung der Beihilfevorschriften ändert (vgl. Urteil Belgien und Forum 187/Kommission, Randnr. 71).
72. Allgemein entspricht der Begriff der staatlichen Beihilfe, sei sie eine bestehende oder eine neue, einer objektiven Situation. Wie die Kommission geltend macht, kann dieser Begriff nicht vom Verhalten oder von den Erklärungen der Organe abhängen.
73. Daher hat der Gerichtshof in Randnr. 137 des Urteils Belgien und Forum 187/Kommission nach dem Hinweis, dass die in Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung eines Rechtsakts der Gemeinschaft dessen Natur angepasst sein muss, festgestellt, dass es nicht geboten ist, der Kommission die Angabe der Gründe vorzuschreiben, aus denen sie die fragliche Regelung in ihren früheren Entscheidungen anders beurteilt hat.
74. Dies gilt aber erst recht, wenn die möglicherweise andere, frühere Beurteilung der fraglichen nationalen Maßnahme durch die Kommission wie im vorliegenden Fall im Rahmen eines anderen Verfahrens als einem Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen erfolgte.
75. Demnach konnten die in den Randnrn. 56 bis 62 des angefochtenen Urteils angeführten Umstände, und zwar hauptsächlich zum einen, dass die Kommission bei der Annahme der Entscheidungen des Rates, die streitigen Befreiungen zu genehmigen, der Ansicht gewesen war, dass diese nicht zu einer Wettbewerbsverfälschung führten und dass sie das Funktionieren des Binnenmarkts nicht behinderten, und zum anderen, dass diese Entscheidungen zu der Annahme führen konnten, dass diese Befreiungen nicht als staatliche Beihilfen einzustufen seien, die Kommission grundsätzlich nicht dazu verpflichten, die streitige Entscheidung im Hinblick auf die Nichtanwendung von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 zu begründen.
76. Das Gericht hat die streitige Entscheidung daher aufgrund fehlerhafter rechtlicher Überlegungen für nichtig erklärt, indem es in Anbetracht dieser Umstände befunden hat, dass die Kommission im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit dieser Bestimmung prüfen und die Entscheidung speziell in diesem Punkt begründen musste und dass sie Art. 253 EG dadurch verletzt hat, dass sie dies unterlassen hat.
77. Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. u. a. Urteile Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, Randnr. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung).
78. Im vorliegenden Fall hat die Kommission aber zunächst in den Erwägungsgründen 58 bis 64 der streitigen Entscheidung ausgeführt, warum sie die streitigen Befreiungen für Beihilfen halte, die im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, indem sie festgestellt hat, dass sie bestimmten Unternehmen einen Vorteil gewährten, dass dieser Vorteil aus staatlichen Mitteln gewährt werde, dass die Befreiungen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigten und dass sie den Wettbewerb verfälschten oder ihn zu verfälschen drohten.
79. Im 60. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung hat die Kommission festgestellt, dass die streitigen Befreiungen einen wichtigen Kostenfaktor senkten und den Begünstigten daher einen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen verschafften, die Mineralöle in anderen Branchen oder Regionen verwendeten. In den Erwägungsgründen 61 und 62 dieser Entscheidung hat sie darauf hingewiesen, dass die Bemerkungen der Begünstigten und der Französischen Republik bestätigten, dass die Verbrauchsteuersenkungen explizit dazu dienten, die Wettbewerbsfähigkeit der Begünstigten gegenüber ihren Wettbewerbern durch Senkung ihrer Kosten zu stärken, und dass Tonerde auch in Griechenland, Spanien, Deutschland und Belgien gewonnen und zwischen den Mitgliedstaaten gehandelt werde, so dass davon auszugehen sei, dass die streitigen Befreiungen den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigten und den Wettbewerb verfälschten oder zu verfälschen drohten.
80. In den Erwägungsgründen 65 bis 70 der streitigen Entscheidung hat die Kommission dann ausgeführt, warum die streitigen Befreiungen ihrer Ansicht nach neue Beihilfen und nicht bestehende Beihilfen im Sinne von Art. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 seien. Diese Befreiungen hätten vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags in den drei betreffenden Mitgliedstaaten nicht bestanden, sie seien nie nach den Regeln für staatliche Beihilfen beurteilt oder genehmigt worden, sie seien nie angemeldet worden, und schließlich sei Art. 1 Buchst. b Ziff. v dieser Verordnung im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
81. Die Kommission hat diesen letzten Punkt in der streitigen Entscheidung zwar nicht ausgeführt, aus den Erwägungsgründen geht aber insgesamt klar hervor, dass die streitigen Befreiungen ihrer Ansicht nach nicht aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, sondern von Anfang an Beihilfen waren, so dass aus ihrer Sicht Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen konnte.
82. Im Übrigen steht fest, dass die Kläger im ersten Rechtszug in ihrem Vorbringen nicht auf eine Entwicklung des Gemeinsamen Marktes seit der Einführung der streitigen Beihilfen Bezug genommen haben, was die Kommission dazu hätte veranlassen können, als Entgegnung darauf darzulegen, warum sie Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall für nicht anwendbar hielt.
83. Darüber hinaus ergibt sich aus den Erwägungsgründen der streitigen Entscheidung ebenfalls klar, dass die streitigen Befreiungen, auch wenn die Kommission beim Erlass der Entscheidungen des Rates, die streitigen Befreiungen zu genehmigen, meinte, dass die Befreiungen nicht zu einer Wettbewerbsverfälschung führten und dass sie das Funktionieren des Binnenmarkts nicht behinderten, nie nach den Regeln für staatliche Beihilfen beurteilt oder genehmigt worden sind, nach deren Anwendung die Kommission zu dem gegenteiligen Ergebnis gekommen ist. Aufgrund des Umstands, dass diese Entscheidungen auf Vorschlag der Kommission erlassen wurden und in ihnen von einem möglichen Widerspruch zu den Regeln für staatliche Beihilfen keine Rede war, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 95 bis 100 der streitigen Entscheidung speziell begründet, warum sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Rückforderung der bis zum 2. Februar 2002 gewährten Beihilfen aufgrund der Befreiungen von den Begünstigten gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit verstoßen würde.
84. Daher zeigt sich insbesondere unter Berücksichtigung der Art und des Inhalts der streitigen Entscheidung, der Regeln für staatliche Beihilfen und des Interesses, das die Adressaten oder andere von der Entscheidung unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können, dass die Begründung der Entscheidung den Anforderungen der in Randnr. 77 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung entspricht und, wie die Kommission geltend macht, im vorliegenden Fall nicht notwendigerweise spezielle Erklärungen zur Nichtanwendung von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 enthalten musste.
85. Demnach ist die Entscheidung des Gerichts, die Kommission habe gegen ihre in Art. 253 EG vorgeschriebene Begründungspflicht in Bezug auf die Nichtanwendung von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall verstoßen, rechtsfehlerhaft.
86. Folglich greifen der vierte und der fünfte Rechtsmittelgrund ebenfalls durch.
87. Nach alledem ist das angefochtene Urteil ohne Prüfung der weiteren von den Beteiligten geltend gemachten Argumente und Rechtsmittelgründe aufzuheben, soweit damit die streitige Entscheidung mit der Begründung für nichtig erklärt worden ist, dass die Kommission in dieser Entscheidung gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Nichtanwendung von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall verstoßen habe, und soweit der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kläger, einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes in der Rechtssache T‑69/06 R, auferlegt worden sind.
Zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Gericht
88. Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.
89. Da das Gericht im vorliegenden Fall über keinen von den Parteien vorgetragenen Klagegrund in der Sache entschieden hat, hält der Gerichtshof den vorliegenden Rechtsstreit nicht für entscheidungsreif. Deshalb sind die verbundenen Rechtssachen an das Gericht zurückzuverweisen.
Kosten
90. Da die Rechtssachen an das Gericht zurückverwiesen werden, ist die Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Dezember 2007, Irland u. a./Kommission (T‑50/06, T‑56/06, T‑60/06, T‑62/06 und T‑69/06), wird aufgehoben, soweit damit
– die Entscheidung 2006/323/EG der Kommission vom 7. Dezember 2005 über die Befreiung von der Verbrauchsteuer auf Mineralöle, die als Brennstoff zur Tonerdegewinnung in der Region Gardanne, der Region Shannon und auf Sardinien verwendet werden, durch Frankreich, Irland und Italien mit der Begründung für nichtig erklärt worden ist, dass die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in dieser Entscheidung gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Nichtanwendung von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] im vorliegenden Fall verstoßen habe, und
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kläger, einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes in der Rechtssache T‑69/06 R, auferlegt worden sind.
2. Die verbundenen Rechtssachen T‑50/06, T‑56/06, T‑60/06, T‑62/06 und T‑69/06 werden an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.