Rechtssache C-69/08
Raffaello Visciano
gegen
Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS)
(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale di Napoli)
„Sozialpolitik – Schutz der Arbeitnehmer – Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers – Richtlinie 80/987/EWG – Verpflichtung zur Befriedigung sämtlicher nicht erfüllter Ansprüche bis zu einer im Voraus festgelegten Höchstgrenze – Natur der Ansprüche des Arbeitnehmers gegen die Garantieeinrichtung – Verjährungsfrist“
Leitsätze des Urteils
1. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers – Richtlinie 80/987
(Richtlinie 80/987 des Rates, Art. 3 und 4)
2. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers – Richtlinie 80/987
(Richtlinie 80/987 des Rates, Art. 4 und 5)
3. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers – Richtlinie 80/987
(Richtlinie 80/987 des Rates)
1. Die Art. 3 und 4 der Richtlinie 80/987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der nicht erfüllte Ansprüche der Arbeitnehmer als Ansprüche auf „Leistungen der sozialen Sicherheit“ betrachtet werden können, wenn sie von einer Garantieeinrichtung befriedigt werden.
(vgl. Randnr. 31, Tenor 1)
2. Die Richtlinie 80/987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den ursprünglichen Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers als bloßen Ausgangspunkt für die Bestimmung der Leistung verwendet, die durch die Intervention eines Garantiefonds zu sichern ist.
(vgl. Randnr. 35, Tenor 2)
3. Im Rahmen des Antrags eines Arbeitnehmers auf Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche auf Arbeitsentgelt durch einen Garantiefonds steht die Richtlinie 80/987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers der Anwendung einer Verjährungsfrist von einem Jahr nicht entgegen (Grundsatz der Äquivalenz). Das nationale Gericht hat jedoch zu prüfen, ob ihre Ausgestaltung die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (Grundsatz der Effektivität).
(vgl. Randnr. 50 , Tenor 3)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
16. Juli 2009(*)
„Sozialpolitik – Schutz der Arbeitnehmer – Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers – Richtlinie 80/987/EWG – Verpflichtung zur Befriedigung sämtlicher nicht erfüllter Ansprüche bis zu einer im Voraus festgelegten Höchstgrenze – Natur der Ansprüche des Arbeitnehmers gegen die Garantieeinrichtung – Verjährungsfrist“
In der Rechtssache C‑69/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunale di Napoli (Italien) mit Entscheidung vom 29. Januar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Februar 2008, in dem Verfahren
Raffaello Visciano
gegen
Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter K. Schiemann, J. Makarczyk und P. Kūris (Berichterstatter) sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von Herrn Visciano, vertreten durch G. Nucifero, avvocato,
– des Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS), vertreten durch V. Triolo, G. Fabiani und P. Tadris, avvocati,
– der italienischen Regierung, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
– der spanischen Regierung, vertreten durch B. Plaza Cruz als Bevollmächtigte,
– der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und C. ten Dam als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Pignataro‑Nolin und J. Enegren als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 2. April 2009
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 3 und 4 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischeen Herrn Visciano und dem Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS) (Nationales Sozialversicherungsinstitut) wegen nicht erfüllter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsregelung
3 Im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 80/987 heißt es:
„Es sind Bestimmungen notwendig, die die Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers schützen und insbesondere die Zahlung ihrer nichterfüllten Ansprüche … gewährleisten.“
4 Art. 1 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie sieht vor:
„(1) Diese Richtlinie gilt für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 sind.
(2) Die Mitgliedstaaten können die Ansprüche bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern wegen der besonderen Art des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer oder wegen des Bestehens anderer Garantieformen, die den Arbeitnehmern einen Schutz gewährleisten, der dem sich aus dieser Richtlinie ergebenden Schutz gleichwertig ist, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnahmsweise ausschließen. .
Die Liste der in Unterabsatz 1 genannten Gruppen von Arbeitnehmern befindet sich im Anhang.“
5 Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie lautet:
„Diese Richtlinie lässt das einzelstaatliche Recht bezüglich der Begriffsbestimmung der Worte ‚Arbeitnehmer‘, ‚Arbeitgeber‘, ‚Arbeitsentgelt‘ ‚erworbenes Recht‘ und ‚Anwartschaftsrecht‘ unberührt.
6 Art. 3 der Richtlinie 80/987 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nichterfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen.
(2) Der in Absatz 1 genannte Zeitpunkt ist nach Wahl der Mitgliedstaaten
– entweder der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers,
– oder der Zeitpunkt der Kündigung zwecks Entlassung des betreffenden Arbeitnehmers wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers,
– oder der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers oder der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses des betreffenden Arbeitnehmers wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.“
7 In Art. 4 Abs. 1 bis 3 dieser Richtlinie heißt es:
„(1) Die Mitgliedstaaten können die in Artikel 3 vorgesehene Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen begrenzen.
(2) Machen die Mitgliedstaaten von der Möglichkeit des Absatzes 1 Gebrauch, so müssen sie Folgendes sicherstellen:
– in dem Fall des Artikels 3 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich die Befriedigung der das Arbeitsentgelt betreffenden nichterfüllten Ansprüche für die drei letzten Monate des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses vor dem Zeitpunkt der Kündigung zwecks Entlassung des Arbeitnehmers wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers;
– in dem Fall des Artikels 3 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich die Befriedigung der das Arbeitsentgelt betreffenden nichterfüllten Ansprüche für die drei letzten Monate des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses vor dem Zeitpunkt der Kündigung zwecks Entlassung des Arbeitnehmers wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers;
– in dem Fall des Artikels 3 Absatz 2 dritter Gedankenstrich die Befriedigung der das Arbeitsentgelt betreffenden nichterfüllten Ansprüche für die achtzehn letzten Monate des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers oder dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. In diesem Fall können die Mitgliedstaaten die Zahlungspflicht auf das Arbeitsentgelt für einen Zeitraum von acht Wochen oder für mehrere Zeiträume, die zusammengerechnet acht Wochen ergeben, begrenzen.
(3) Die Mitgliedstaaten können jedoch, um die Zahlung von Beträgen zu vermeiden, die über die soziale Zweckbestimmung dieser Richtlinie hinausgehen, für die Garantie der Erfüllung unbefriedigter Ansprüche der Arbeitnehmer eine Höchstgrenze festsetzen.
…“
8 Art. 5 der Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten des Aufbaus, der Mittelaufbringung und der Arbeitsweise der Garantieeinrichtungen fest, wobei sie insbesondere folgende Grundsätze beachten:
a) Das Vermögen der Einrichtungen muss vom Betriebsvermögen der Arbeitgeber unabhängig und so angelegt sein, dass es einem Verfahren bei Zahlungsunfähigkeit nicht zugänglich ist.
b) Die Arbeitgeber müssen zur Mittelaufbringung beitragen, es sei denn, dass diese in vollem Umfang durch die öffentliche Hand gewährleistet ist.
c) Die Zahlungspflicht der Einrichtungen besteht unabhängig von der Erfüllung der Verpflichtungen, zur Mittelaufbringung beizutragen.“
9 Art. 9 der Richtlinie 80/987 bestimmt:
„Diese Richtlinie schränkt nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten ein, für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen.“
10 Nach ihrem Art. 10 Buchst. a steht diese Richtlinie „nicht der Möglichkeit der Mitgliedstaaten entgegen, … die zur Vermeidung von Missbräuchen notwendigen Maßnahmen zu treffen“.
Nationales Recht
Das Gesetz Nr. 297/82
11 In Umsetzung der Richtlinie 80/987 sieht das Gesetz Nr. 297 vom 29. Mai 1982 (GURI Nr. 147 vom 31. Mai 1982) zur Regelung der Abfindung und mit rentenrechtlichen Vorschriften in seinem Art. 2 die Einrichtung eines Garantiefonds vor, der an die Stelle des Arbeitgebers treten soll, wenn dieser wegen Zahlungsunfähigkeit daran gehindert ist, die den Arbeitnehmern oder ihren anspruchsberechtigten Angehörigen zustehende Abfindung im Sinne von Art. 2120 des Codice civile (Bürgerliches Gesetzbuch) zu zahlen (im Folgenden: Fonds).
12 Ferner heißt es in dieser Bestimmung:
„Der Arbeitnehmer oder seine anspruchsberechtigten Angehörigen können nach Ablauf von fünfzehn Tagen ab Einreichung des aufgrund des Königlichen Dekrets Nr. 267 vom 16. März 1942 (GURI vom 6. April 1942, Supplemento straordinario Nr. 81) für vollstreckbar erklärten Insolvenzantrags oder, im Fall von Widersprüchen oder Anfechtungen in Bezug auf seinen Anspruch, ab Veröffentlichung des Beschlusses im Sinne von Art. 99 dieses Dekrets oder ab Veröffentlichung des Beschlusses über die Bestätigung des Vergleichs zur Abwendung des Konkurses auf Antrag die Zahlung der Abfindung nebst Zinsen abzüglich gegebenenfalls bereits gezahlter Beträge zulasten des Fonds erhalten.
Im Fall einer verspäteten Anmeldung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne von Art. 101 des Königlichen Dekrets Nr. 267 vom 16. März 1942 kann der Antrag im Sinne des vorstehenden Absatzes nach dem Bescheid über die Zulassung zur Insolvenztabelle oder, falls der Insolvenzverwalter die Forderungen bestritten hat, nach der Entscheidung über den hierzu geführten Rechtsstreit eingereicht werden.
Unterliegt ein Unternehmen der Zwangsliquidation, kann der Antrag nach Ablauf von fünfzehn Tagen ab Einreichung des Liquidationsantrags im Sinne von Art. 209 des Königlichen Dekrets Nr. 267 … oder, im Fall von Widersprüchen oder Anfechtungen in Bezug auf den Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, ab der Entscheidung, die das Gericht hierüber fällt, gestellt werden.
Erfüllt ein Arbeitgeber, der nicht den Bestimmungen des Königlichen Dekrets Nr. 267 … unterliegt, im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Anspruch auf Abfindung nicht oder nur teilweise, können der Arbeitnehmer oder seine anspruchsberechtigten Angehörigen beim Fonds die Zahlung der Abfindung beantragen, sofern die versuchte Zwangsvollstreckung wegen des Abfindungsanspruchs ergeben hat, dass das Vermögen nicht ausreicht, um den Anspruch ganz oder teilweise zu erfüllen.
Wird insoweit kein Widerspruch erhoben, leistet der Fonds die nicht gezahlte Abfindung.
Die Bestimmungen der vorstehenden Absätze gelten nur, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Einleitung des Insolvenz‑ oder des Zwangsvollstreckungsverfahrens nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgt sind.
Der Fonds leistet die Zahlungen im Sinne der Abs. 2, 3, 4 und 5 innerhalb von 60 Tagen nach der Antragstellung durch den Betroffenen. Der Fonds tritt kraft Gesetzes in Höhe der gezahlten Beträge in das Vorrecht des Arbeitnehmers oder seiner anspruchsberechtigten Angehörigen in Bezug auf das Vermögen der Arbeitgeber aus den Art. 2751bis und 2776 des Codice civile ein …“
13 Nach Art. 94 des Königlichen Dekrets Nr. 267 vom 16. März 1942 hat die Anmeldung zur Insolvenztabelle die Wirkung einer Klage und unterbricht die Verjährung.
14 Gemäß den Art. 2943 und 2945 des Codice civile wird die Verjährung durch die Zustellung eines Schriftstücks, mit dem ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wird, unterbrochen, bis über dieses Verfahren abschließend entschieden ist.
Das Decreto legislativo Nr. 80/92
15 Die Art. 1 und 2 des Decreto legislativo Nr. 80 vom 27. Januar 1992 zur Umsetzung der Richtlinie 80/987 (GURI vom 13. Februar 1992, Supplemento ordinario Nr. 36, S. 26, im Folgenden: Decreto legislativo Nr. 80/92) regeln die Gewährleistung der Erfüllung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis und das Tätigwerden des vom INPS verwalteten Fonds.
16 Art. 1 („Gewährleistung der Erfüllung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“) Abs. 1 des Decreto legislativo Nr. 80/92 bestimmt:
„Unterliegt der Arbeitgeber einem Konkurs-, Vergleichs-, Zwangsliquidations- oder außerordentlichen Verwaltungsverfahren …, so können der bei ihm beschäftigte Arbeitnehmer oder dessen anspruchsberechtigte Angehörige auf Antrag vom [Fonds] … die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne von Art. 2 erlangen.“
17 Art. 2 Abs. 1 bis 5 des Decreto legislativo Nr. 80/92 lautet:
„(1) Die Zahlungen des [Fonds] im Sinne von Art. 1 betreffen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden sind, für die letzten drei Monate dieses Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten vor
a) dem Zeitpunkt der Maßnahme, die die Eröffnung eines der in Art. 1 Abs. 1 genannten Verfahren festlegt;
b) dem Zeitpunkt des Beginns der Zwangsvollstreckung;
c) dem Zeitpunkt des Beschlusses über die Liquidation oder das Ende des provisorischen Geschäftsbetriebs oder das Auslaufen der Genehmigung, die Unternehmenstätigkeit fortzusetzen, für die Arbeitnehmer, die ihre berufliche Tätigkeit weiter ausgeübt haben, oder dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn diese während der Zeit erfolgt ist, in der das Unternehmen seine Tätigkeit fortgesetzt hat.
(2) Die Zahlungen des Fonds im Sinne von Abs. 1 dürfen das Dreifache des monatlichen Höchstbetrags nicht übersteigen, der als außerordentliche Lohnergänzung gezahlt wird, abzüglich der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge.
(3) Der Bezug der vom Fonds im Sinne dieses Artikels geschuldeten Beträge richtet sich nach den Bestimmungen des Art. 2 Abs. 2, 3, 4, 5 und 7 Satz 1 sowie Abs. 10 des Gesetzes Nr. 297 vom 29. Mai 1982. Für die vom Fonds gezahlten Beträge gelten die Vorschriften des Art. 2 Abs. 7 Satz 2 des genannten Gesetzes.
(4) Die Zahlung nach Abs. 1 kann nicht mit folgenden Beträgen kumuliert werden:
a) mit der in den zwölf Monaten gemäß Abs. 1 gezahlten außerordentlichen Lohnergänzung;
b) mit dem dem Arbeitnehmer in dem Dreimonatszeitraum gemäß Abs. 1 gezahlten Arbeitsentgelt;
c) mit der Mobilitätsentschädigung, die nach dem Gesetz Nr. 223 vom 23. Juli 1991 innerhalb der drei Monate gewährt wird, die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgen.
(5) Der Anspruch auf die Leistung im Sinne von Abs. 1 verjährt in einem Jahr. Die Zinsen und der Ausgleich für die Geldentwertung werden ab dem Tag der Einreichung des Antrags berechnet.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
18 Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass Herr Visciano bis zum 9. November 2000 als Angestellter für die Bewachungsgesellschaft La Metropoli S.c.a.r.l. arbeitete. An diesem Tag wurde er im Anschluss an die mit Ministerialdekret vom 24. Oktober 2000 erklärte Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Zwangsliquidation einem Verfahren der Massenentlassung unterstellt.
19 Am 8. Juni 2001 stellte er gemäß Art. 1 und 2 des Decreto legislativo Nr. 80/92 beim Fonds einen Antrag auf Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche für die in den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses erbrachte Arbeitsleistung.
20 Das INPS zahlte ihm nicht das gesamte noch nicht geleistete Arbeitsentgelt, begrenzt auf das Dreifache des Höchstbetrags der außerordentlichen Lohnergänzung, sondern zog von diesem Betrag die vom Arbeitgeber erhaltenen Vorschüsse auf das Arbeitsentgelt ab und zahlte dementsprechend eine geringere Summe aus, als Herrn Visciano zugestanden hätte.
21 Im Anschluss an das Urteil vom 4. März 2004, Barsotti u. a. (C‑19/01, C‑50/01 und C‑84/01, Slg. 2004, I‑2005), erhob Herr Visciano am 30. Juni 2005 Klage beim Tribunale di Napoli (Neapel) und beantragte, ihm den Anspruch auf die Differenz zwischen dem Betrag, den ihm das INPS gezahlt habe, und dem ihm ohne jeglichen Abzug zustehenden Höchstbetrag zuzuerkennen.
22 Das INPS berief sich auf die einjährige Verjährung des Anspruchs und führte zur Begründung aus, dass es hier um einen auf eine eigenständige Leistung der sozialen Sicherheit gerichteten und von dem Anspruch gegen den Arbeitgeber zu unterscheidenden Anspruch gehe, der eine Schuldübernahme aufgrund des Königlichen Dekrets Nr. 267 vom 16. März 1942 ausschließe.
23 Das vorlegende Gericht stellt fest, dass die Rechtsprechung der Corte suprema di cassazione zur Qualifikation vom Arbeitgeber nicht gezahlter Beträge uneinheitlich sei, und meint, dass die Entscheidung über die Klage von der Frage der Verjährung abhänge, für die es ihrerseits darauf ankomme, wie der vom Kläger geltend gemachte Anspruch qualifiziert werde.
24 Das Tribunale di Napoli hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist es mit den Art. 3 und 4 der Richtlinie 80/987, soweit diese die Befriedigung der das Arbeitsentgelt betreffenden nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer vorsehen, vereinbar, dass die betreffenden Ansprüche zu dem Zeitpunkt, zu dem sie gegenüber der Garantieeinrichtung geltend gemacht werden, nicht mehr als Ansprüche auf eine Leistung mit Entgeltcharakter betrachtet werden, sondern allein deshalb, davon abweichend, zu Ansprüchen auf eine Leistung der sozialen Sicherheit werden, weil ihre Befriedigung vom Mitgliedstaat einer Vorsorgeeinrichtung anvertraut worden ist und dementsprechend in der nationalen Regelung der Begriff „Arbeitsentgelt“ durch den Ausdruck „Leistung der sozialen Sicherheit“ ersetzt wird?
2. Ist der sozialen Zielsetzung der Richtlinie 80/987 Genüge getan, wenn die nationale Regelung den ursprünglichen Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers als bloßen Ausgangspunkt für die Bestimmung der durch die Intervention der Garantieeinrichtung zu sichernden Leistung verwendet, oder muss der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers gegen den zahlungsunfähigen Arbeitgeber durch die Intervention der Garantieeinrichtung geschützt werden, indem sichergestellt wird, dass er im Hinblick auf Inhalt und Garantien sowie Zeit und Art der Geltendmachung jeglichem anderen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis in derselben Rechtsordnung gleichgestellt wird?
3. Ist es mit den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere den Grundsätzen der Gleichwertigkeit und der Effektivität, vereinbar, auf die das Arbeitsentgelt betreffenden nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem in Art. 4 der Richtlinie 80/987 bezeichneten Zeitraum eine Verjährungsregelung anzuwenden, die ungünstiger ist als diejenige für gleichartige Ansprüche?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
25 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 3 und 4 der Richtlinie 80/987 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der nicht erfüllte Ansprüche der Arbeitnehmer als Ansprüche auf „Leistungen der sozialen Sicherheit“ betrachtet werden könnten, weil sie vom Fonds garantiert werden.
26 Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 80/987 die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, damit vorbehaltlich des Art. 4 dieser Richtlinie Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen sicherstellen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen (Urteil vom 11. September 2003, Walcher, C‑201/01, Slg. 2003, I‑8827, Randnr. 31).
27 Zum anderen besteht die soziale Zweckbestimmung der Richtlinie 80/987 darin, allen Arbeitnehmern durch die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die sich auf Arbeitsentgelt für einen bestimmten Zeitraum beziehen, einen gemeinschaftsrechtlichen Mindestschutz bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu garantieren (Urteil Barsotti u. a., Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
28 Nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 80/987 obliegen jedoch die Bestimmung des Begriffs „Arbeitsentgelt“ und die Festlegung seines Inhalts dem nationalen Recht (Urteil vom 16. Dezember 2004, Olaso Valero, C‑520/03, Slg. 2004, I‑12065, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
29 Die Festlegung der Rechtsnatur von Ansprüchen wie den im Ausgangsverfahren streitigen richtet sich daher nach nationalem Recht.
30 Die Richtlinie 80/987 enthält auch keine näheren Bestimmungen zu den gerichtlichen Verfahren und Verjährungsregeln, die auf die Ansprüche der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers anwendbar sind.
31 Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Art. 3 und 4 der Richtlinie 80/987 einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der nicht erfüllte Ansprüche der Arbeitnehmer als Ansprüche auf „Leistungen der sozialen Sicherheit“ betrachtet werden können, wenn sie von einer Garantieeinrichtung befriedigt werden.
Zur zweiten Frage
32 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Kern wissen, ob es für die Anwendung der Art. 4 und 5 der Richtlinie 80/987 genügt, dass eine nationale Regelung einen ursprünglichen Anspruch des Arbeitnehmers als bloßen Ausgangspunkt verwendet, oder ob dieser Anspruch wie jeder andere Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis durch die Intervention des Fonds geschützt werden muss.
33 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage muss sich auch die rechtliche Regelung, die für nicht erfüllte Ansprüche der Arbeitnehmer gilt, nach nationalem Recht richten.
34 Folglich ist es zulässig, dass der ursprüngliche Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers einen bloßen Ausgangspunkt für die Bestimmung der Höhe der vom Fonds zu sichernden Leistung bildet.
35 Demnach ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Richtlinie 80/987 einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die den ursprünglichen Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers als bloßen Ausgangspunkt für die Bestimmung der durch die Intervention des Fonds zu sichernden Leistung verwendet.
Zur dritten Frage
36 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob im Rahmen des Antrags eines Arbeitnehmers auf Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche auf Arbeitsentgelt durch einen Garantiefonds die Richtlinie 80/987 der Anwendung einer Verjährungsregelung entgegensteht, die ungünstiger ist als diejenige für gleichartige Ansprüche.
37 Die Richtlinie 80/987 regelt nicht, ob die Mitgliedstaaten eine Verjährungsfrist vorsehen dürfen, innerhalb deren ein Arbeitnehmer den Antrag auf Zahlung des vom zahlungsunfähigen Arbeitgeber nicht gezahlten Arbeitsentgelts durch den Fonds nach Maßgabe dieser Richtlinie stellen muss.
38 Die Art. 4, 5 und 10 der Richtlinie 80/987, nach denen die Mitgliedstaaten nicht nur die Einzelheiten des Aufbaus, der Mittelaufbringung und der Arbeitsweise der Garantieeinrichtung festlegen, sondern unter bestimmten Umständen auch den mit der Richtlinie bezweckten Schutz der Arbeitnehmer einschränken können, sehen nämlich weder eine zeitliche Begrenzung der Ansprüche der Arbeitnehmer aus dieser Richtlinie vor, noch begrenzen sie die Befugnis der Mitgliedstaaten, eine Verjährungsfrist vorzusehen (vgl. Urteil vom 18. September 2003, Pflücke, C‑125/01, Slg. 2003, I‑9375, Randnr. 31).
39 Damit steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, in ihrem innerstaatlichen Recht Bestimmungen vorzusehen, die eine Verjährungsfrist festlegen, innerhalb deren ein Arbeitnehmer einen Antrag auf Befriedigung seiner nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach Maßgabe der Richtlinie 80/987 stellen muss, sofern diese Bestimmungen nicht weniger günstig sind als bei gleichartigen innerstaatlichen Anträgen (Grundsatz der Äquivalenz) und nicht so ausgestaltet sind, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. Urteil Pflücke, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40 Hierzu vertritt das vorlegende Gericht die Auffassung, es sei zu prüfen, ob eine Qualifikation der Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Fonds als Ansprüche auf Leistungen der sozialen Sicherheit, die zur Folge habe, dass die Regelungen über die Unterbrechung der Verjährungsfrist, die für zur Insolvenztabelle zugelassene Ansprüche vorgesehen seien, nicht zur Anwendung kämen, gegen die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität verstoße.
41 Was den Grundsatz der Äquivalenz angeht, ist ohne Weiteres festzustellen, dass der Antrag eines Arbeitnehmers an den Fonds auf Zahlung nicht gezahlten Arbeitsentgelts und die Aufforderung eines solchen Arbeitnehmers an den zahlungsunfähigen Arbeitgeber zur Leistung dieser Zahlungen nicht gleichartig sind. Das ergibt sich u. a. aus Art. 4 der Richtlinie 80/987, wonach die Mitgliedstaaten die Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen begrenzen können.
42 Dementsprechend verstößt die Existenz verschiedener Verjährungsregelungen nicht gegen den Grundsatz der Äquivalenz.
43 Zum Effektivitätsgrundsatz hat der Gerichtshof entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Abgabepflichtigen und die Behörde schützt, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. Urteil vom 17. November 1998, Aprile, C‑228/96, Slg. 1998, I‑7141, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). Solche Fristen sind nämlich nicht geeignet, die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren.
44 In Bezug auf die Erfüllung von Arbeitsentgeltansprüchen, die naturgemäß für die Betroffenen von sehr großer Bedeutung sind, darf insoweit die Verjährungsfrist nicht so kurz sein, dass es den Betroffenen in der Praxis nicht gelingt, die Frist einzuhalten, und sie damit den Schutz verlieren, den ihnen die Richtlinie 80/987 garantieren soll (vgl. Urteil Pflücke, Randnr. 37).
45 Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Ausschlussfrist von einem Jahr für die Erhebung einer Klage auf Ersatz des durch die verspätete Umsetzung der Richtlinie 80/987 entstandenen Schadens angemessen erscheint (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 1997, Palmisani, C‑261/95, Slg. 1997, I‑4025, Randnr. 29).
46 Aus Randnr. 39 des Urteils vom 11. Juli 2002, Marks & Spencer (C‑62/00, Slg. 2002, I‑6325), ergibt sich jedoch auch, dass eine Verjährungsfrist im Voraus festgelegt werden muss, um ihren Zweck, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, zu erfüllen. Eine durch erhebliche Rechtsunsicherheit geprägte Situation kann einen Verstoß gegen den Grundsatz der Effektivität darstellen, da der Ersatz von Schäden, die Einzelnen durch einem Mitgliedstaat zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind, übermäßig erschwert werden könnte, wenn diese nicht in der Lage wären, die anwendbare Verjährungsfrist mit hinreichender Sicherheit zu ermitteln (Urteil vom 24. März 2009, Danske Slagterier, C‑445/06, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
47 Zum Ausgangsverfahren ist festzustellen, dass dem vorlegenden Gericht zufolge zum einen das Decreto legislativo Nr. 80/92 die Verjährungsfrist auf ein Jahr festlegt, aber nicht den Tag des Fristbeginns bestimmt.
48 Zum anderen führt das vorlegende Gericht aus, die Rechtsprechung der Corte suprema di cassazione habe die Leistungen des Fonds zunächst als Arbeitsentgelt eingestuft und ihnen damit dieselbe Rechtsnatur wie dem vom Arbeitgeber gezahlten Entgelt zuerkannt, was zur Folge gehabt habe, dass auf diese Leistungen die im Rahmen des Insolvenzverfahrens bestehenden Verjährungsfristen und die zugehörigen Regeln über die Unterbrechung der Verjährung angewandt worden seien. Später habe die Corte suprema di cassazione die Auffassung vertreten, dass die Verpflichtung des Fonds eine Leistung der sozialen Sicherheit zum Gegenstand habe, die von der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Arbeitsentgelts unabhängig sei, u. a. mit der Folge, dass die oben genannten Regeln über die Unterbrechung der Verjährung nicht anwendbar seien.
49 Diese beiden Umstände sind geeignet, eine Rechtsunsicherheit zu schaffen, die einen Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz darstellen kann, wenn sich erweist – was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist –, dass diese Rechtsunsicherheit die verspätete Klageerhebung von Herrn Visciano zu erklären vermag.
50 Nach alledem ist folglich auf die dritte Frage zu antworten, dass im Rahmen des Antrags eines Arbeitnehmers auf Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche auf Arbeitsentgelt durch einen Garantiefonds die Richtlinie 80/987 der Anwendung einer Verjährungsfrist von einem Jahr nicht entgegensteht (Grundsatz der Äquivalenz). Das nationale Gericht hat jedoch zu prüfen, ob ihre Ausgestaltung die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (Grundsatz der Effektivität).
Kosten
51 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1. Die Art. 3 und 4 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der nicht erfüllte Ansprüche der Arbeitnehmer als Ansprüche auf „Leistungen der sozialen Sicherheit“ betrachtet werden können, wenn sie von einer Garantieeinrichtung befriedigt werden.
2. Die Richtlinie 80/987 steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den ursprünglichen Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers als bloßen Ausgangspunkt für die Bestimmung der Leistung verwendet, die durch die Intervention eines Garantiefonds zu sichern ist.
3. Im Rahmen des Antrags eines Arbeitnehmers auf Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche auf Arbeitsentgelt durch einen Garantiefonds steht die Richtlinie 80/987 der Anwendung einer Verjährungsfrist von einem Jahr nicht entgegen (Grundsatz der Äquivalenz). Das nationale Gericht hat jedoch zu prüfen, ob ihre Ausgestaltung die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (Grundsatz der Effektivität).
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Italienisch.