SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 10. Februar 20101(1)

Rechtssache C‑569/08

Internetportal und Marketing GmbH

gegen

Richard Schlicht

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs [Österreich])

„Internet – Domäne oberster Stufe .eu – Verordnung (EG) Nr. 874/2004 – Art. 21 – Registrierung einer Domäne durch den Inhaber einer nationalen Marke, die nur zu dem Zweck erworben wurde, die Registrierung in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung zu ermöglichen – Begriff ‚Recht‘ – Begriff ‚berechtigtes Interesse‘ – Begriff ‚Bösgläubigkeit‘ – Art. 11 – Transkriptionsregeln für Sonderzeichen – Bösgläubig registrierte nationale Marke“





I –    Einleitung

1.        Die vorliegende Rechtssache beruht auf einem Vorlagebeschluss des Obersten Gerichtshofs (Österreich) nach Art. 234 EG, mit dem das vorlegende Gericht dem Gerichtshof fünf Fragen zur Auslegung von Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004(2) gestellt hat.

2.        Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Internetportal und Marketing GmbH (im Folgenden: Klägerin), die Internetportale betreibt und Produkte im Internet vermarktet, und Herrn Richard Schlicht (im Folgenden: Beklagter), dem Inhaber der Benelux-Marke „Reifen“, die er für neue Mittel zur Reinigung insbesondere von Fenstern(3) verwenden möchte, wegen des Domänennamens „reifen.eu“.

3.        Die Fragen betreffen im Wesentlichen die Kriterien, nach denen das Bestehen eines „Rechts“, eines „berechtigten Interesses“ und von „Bösgläubigkeit“ im Sinne von Art. 21 der Verordnung Nr. 874/2004 festzustellen ist.

II – Rechtlicher Rahmen

4.        Die Verordnung (EG) Nr. 733/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. April 2002 zur Einführung der Domäne oberster Stufe „.eu“(4) enthält nach ihrem Art. 1 die allgemeinen Regeln zur Einführung der Domäne oberster Stufe „.eu“ einschließlich der Benennung eines Registers und steckt den allgemeinen Regelungsrahmen für die Arbeit des Registers ab.

5.        Nach ihrem 16. Erwägungsgrund sollte durch diese allgemeine Regelung für die Behandlung spekulativer und missbräuchlicher Eintragungen von Domänennamen den Inhabern älterer Rechte, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind, und den Einrichtungen des öffentlichen Rechts eine besondere Frist („Sunrise Period“) eingeräumt werden, während deren „ausschließlich“ solchen Inhabern älterer Rechte und Einrichtungen des öffentlichen Rechts die Registrierung ihrer Domänennamen „vorbehalten ist“.

6.        Art. 5 („Regelungsrahmen“) der Verordnung Nr. 733/2002 bestimmt Folgendes:

„(1)      Die Kommission verabschiedet … allgemeine Regeln für die Durchführung und die Funktionen der TLD ‚.eu‘ und die allgemeinen Grundregeln für die Registrierung. Dieser Regelungsrahmen umfasst unter anderem:

a)      eine Politik der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten.

b)      Maßnahmen betreffend die spekulative und missbräuchliche Eintragung von Domänennamen, einschließlich der Möglichkeit einer stufenweisen Registrierung von Domänennamen, so dass die Inhaber älterer Rechte, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind, sowie Einrichtungen des öffentlichen Rechts die notwendige Zeit für die Registrierung ihrer Namen erhalten;

…“

7.        Die Verordnung Nr. 874/2004, die in Anwendung dieses Artikels erlassen wurde, sieht in ihrem zwölften Erwägungsgrund Folgendes vor:

„Zur Wahrung früherer, nach Gemeinschaftsrecht oder nationalem Recht anerkannter Rechte sollte ein zeitlich gestaffeltes Registrierungsverfahren vorgesehen werden. Die gestaffelte Registrierung sollte in zwei Phasen erfolgen, um sicherzustellen, dass die Inhaber früherer Rechte ausreichend Gelegenheit erhalten, solche Namen, auf die sie frühere Rechte innehaben, registrieren zu lassen. … Beantragen zwei oder mehr Antragsteller, die jeder ein früheres Recht innehaben, den gleichen Domänennamen, sollte dessen Vergabe nach dem Windhundverfahren erfolgen.“

8.        Art. 3 („Anträge auf Registrierung von Domänennamen“) der Verordnung Nr. 874/2004 bestimmt:

„Anträge auf Registrierung von Domänennamen müssen alle folgenden Bestandteile enthalten:

c)      eine Bestätigung des Antragstellers in elektronischer Form, dass er die Registrierung des Domänennamens in gutem Glauben beantragt und nach seinem besten Wissen und Gewissen dadurch keine Rechte Dritter verletzt werden;

…“

9.        Art. 10 („Antragsberechtigte und registrierbare Namen“) der Verordnung Nr. 874/2004 sieht Folgendes vor:

„(1)      Nur die Inhaber früherer Rechte, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind, … sind berechtigt, Domänennamen während einer Frist für gestaffelte Registrierung zu beantragen, bevor die allgemeine Registrierung für die Domäne ‚.eu‘ beginnt.

‚Frühere Rechte‘ sind unter anderem registrierte nationale und Gemeinschaftsmarken, geografische Angaben oder Ursprungsbezeichnungen sowie auch – sofern sie nach dem einzelstaatlichen Recht des jeweiligen Mitgliedstaats geschützt sind – nicht eingetragene Marken, Handelsnamen, Geschäftsbezeichnungen, Unternehmensnamen, Familiennamen und charakteristische Titel geschützter literarischer oder künstlerischer Werke.

(2)      Die Registrierung aufgrund eines früheren Rechts besteht in der Registrierung des vollständigen Namens, für den das frühere Recht besteht, in Übereinstimmung mit den schriftlichen Unterlagen, durch die dieses Recht nachgewiesen wird.

…“

10.      Art. 11 („Sonderzeichen“) der Verordnung Nr. 874/2004 sieht vor:

„Soweit bei der Registrierung vollständiger Namen Namen aus mehreren, durch Leerzeichen getrennten Wörtern oder Wortteilen bestehen, gelten die vollständigen Namen als identisch mit denselben Namen, deren Bestandteile mittels Bindestrich durchgekoppelt oder ohne Leerzeichen zusammengefügt werden.

Enthält ein Name, für den frühere Rechte beansprucht werden, Sonderzeichen sowie Leer- und Interpunktionszeichen, so werden diese aus dem entsprechenden Domänennamen entweder ganz entfernt, durch Bindestriche ersetzt oder, falls möglich, transkribiert.

In Unterabsatz 2 genannte Sonderzeichen und Interpunktionszeichen umfassen insbesondere die Folgenden:

~ @ # $ % ^ & * ( ) + = <> { } [ ] \ / : ; ' , . ?

… Ansonsten muss der Domänenname mit den Text- oder Wortelementen des beanspruchten Namens übereinstimmen.“

11.      Art. 12 („Grundsätze für die gestaffelte Registrierung“) der Verordnung Nr. 874/2004 bestimmt:

„(1)      Die gestaffelte Registrierung beginnt erst wenn die Anforderungen von Artikel 6 Absatz 1 erfüllt sind.

Das Register gibt den Termin für den Beginn der gestaffelten Registrierung mindestens zwei Monate vorher öffentlich bekannt und unterrichtet alle zugelassenen Registrierstellen entsprechend.

(2)      Die gestaffelte Registrierung erstreckt sich über einen Zeitraum von vier Monaten. Die allgemeine Registrierung von Domänennamen [‚Landrush Period‘] beginnt erst nach dem Abschluss der gestaffelten Registrierung.

Die gestaffelte Registrierung besteht aus zwei Phasen mit einer Dauer von je zwei Monaten.

In der ersten Phase der gestaffelten Registrierung dürfen nur registrierte nationale und Gemeinschaftsmarken, geografische Angaben und die in Artikel 10 Absatz 3 genannten Namen und Abkürzungen von den Inhabern oder Lizenznehmern früherer Rechte sowie von den in Artikel 10 Absatz 1 genannten öffentlichen Einrichtungen zur Registrierung angemeldet werden.

In der zweiten Phase der gestaffelten Registrierung dürfen die Namen, die schon in der ersten Phase registriert werden dürfen, sowie Namen, auf die sonstige frühere Rechte bestehen, von den Inhabern der Rechte an diesen Namen, zur Registrierung angemeldet werden.

(3)      Der Antrag auf Registrierung eines Domänennamens aufgrund eines früheren Rechts gemäß Artikel 10 Absätze 1 und 2 muss eine Bezugnahme auf die Rechtsgrundlage des Namensanspruchs im nationalen oder im Gemeinschaftsrecht sowie weitere zweckdienliche Angaben enthalten, z. B. die Eintragungsnummer der Marke, Angaben zur Veröffentlichung in einem Amtsblatt oder Staatsanzeiger, Eintragungen von Berufs- oder Unternehmensverbänden und Handelskammern.

(6)      Für die Beilegung von Streitigkeiten in Bezug auf Domänennamen gelten die Bestimmungen in Kapitel VI.“

12.      Art. 21 („Spekulative und missbräuchliche Registrierung“) der Verordnung Nr. 874/2004 sieht vor:

„(1)      Ein Domänenname wird aufgrund eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahrens widerrufen, wenn er mit einem anderen Namen identisch ist oder diesem verwirrend ähnelt, für den Rechte bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind, darunter die in Artikel 10 Absatz 1 genannten Rechte, und wenn dieser Domänenname

a)      von einem Domäneninhaber registriert wurde, der selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an diesem Domänennamen geltend machen kann, oder

b)      in böser Absicht registriert oder benutzt wird.

(2)      Ein berechtigtes Interesse im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn

a)      der Domäneninhaber vor der Ankündigung eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens den Domänennamen oder einen Namen, der diesem Domänennamen entspricht, im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet hat oder nachweislich solche Vorbereitungen getroffen hat;

b)      der Domäneninhaber ein Unternehmen, eine Organisation oder eine natürliche Person ist, die unter dem Domänennamen allgemein bekannt ist, selbst wenn keine nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannten oder festgelegten Rechte bestehen;

c)      der Domäneninhaber den Domänennamen in rechtmäßiger und nichtkommerzieller oder fairer Weise nutzt, ohne die Verbraucher in die Irre zu führen, noch das Ansehen eines Namens, für den nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannten oder festgelegten Rechte bestehen, zu beeinträchtigen.

(3)      Bösgläubigkeit im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn

a)      aus den Umständen ersichtlich wird, dass der Domänenname hauptsächlich deshalb registriert oder erworben wurde, um ihn an den Inhaber eines Namens, für den ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht, oder an eine öffentliche Einrichtung zu verkaufen, zu vermieten oder anderweitig zu übertragen;

b)      der Domänenname registriert wurde, um zu verhindern, dass der Inhaber eines solchen Namens, für den ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht, oder eine öffentliche Einrichtung diesen Namen als entsprechenden Domänennamen verwenden kann, sofern:

i)      dem Domäneninhaber eine solche Verhaltensweise nachgewiesen werden kann; oder

ii)      der Domänenname mindestens zwei Jahre lang ab der Registrierung nicht in einschlägiger Weise genutzt wurde; oder

iii)      der Inhaber eines Domänennamens, für den ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht, oder der dem Namen einer öffentlichen Einrichtung entspricht, zu Beginn eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens seine Absicht erklärt hat, diesen Domänennamen in einschlägiger Weise zu nutzen, dies jedoch innerhalb von sechs Monaten nach dem Beginn des Streitbeilegungsverfahrens nicht getan hat;

c)      der Domänenname hauptsächlich registriert wurde, um die berufliche oder geschäftliche Tätigkeit eines Wettbewerbers zu stören; oder

d)      der Domänenname absichtlich benutzt wurde, um Internetnutzer aus Gewinnstreben auf eine dem Domäneninhaber gehörende Website oder einer anderen Online-Adresse zu locken, indem eine Verwechslungsgefahr mit einem Namen, für den ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht, oder mit dem Namen einer öffentlichen Einrichtung geschaffen wird, wobei sich diese Verwechslungsmöglichkeit auf den Ursprung, ein Sponsoring, die Zugehörigkeit oder die Billigung der Website oder Adresse des Domäneninhabers oder eines dort angebotenen Produkts oder Dienstes beziehen kann; oder

e)      der registrierte Domänenname der Name einer Person ist und keine Verbindung zwischen dem Domäneninhaber und dem registrierten Domänennamen nachgewiesen werden kann.

…“

13.      Art. 22 („Alternatives Streitbeilegungsverfahren“ [im Folgenden: ADR-Verfahren(5)]) der Verordnung Nr. 874/2004 sieht Folgendes vor:

„(1)      Ein alternatives Streitbeilegungsverfahren kann von jedermann angestrengt werden, wenn

a)      die Registrierung spekulativ oder missbräuchlich im Sinne von Artikel 21 ist;

b)      eine Entscheidung des Registers gegen die vorliegende Verordnung oder die Verordnung (EG) Nr. 733/2002 verstößt.

(11)      In einem Verfahren gegen einen Domäneninhaber entscheidet die Schiedskommission, dass der Domänenname zu widerrufen ist, wenn sie zur der Auffassung gelangt, dass die Registrierung spekulativ oder missbräuchlich im Sinne von Artikel 21 ist. Der Domänenname wird auf den Beschwerdeführer übertragen, falls dieser die Registrierung dieses Domänennamens beantragt und die allgemeinen Voraussetzungen von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 733/2002 erfüllt.

(13)      Das Ergebnis der alternativen Streitbeilegung ist für alle Parteien und das Register verbindlich, wenn nicht innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Zustellung der Entscheidung an die Parteien vor Gericht Klage erhoben wird.“

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

14.      Die Klägerin betreibt Internetportale und vermarktet Produkte im Internet. Um in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung Domänennamen anmelden zu können, meldete sie beim schwedischen Markenregister mit Erfolg insgesamt 33 deutsche Gattungsbegriffe als Marken an, und zwar jeweils unter Verwendung des Sonderzeichens „&“ vor und nach bzw. zwischen den einzelnen Buchstaben. Die Anmeldung der Klägerin vom 11. August 2005 betraf die Wortmarke „&R&E&I&F&E&N&“ in der internationalen Klasse 9 (Sicherheitsgurte), die am darauffolgenden 25. November eingetragen wurde.

15.      Die Klägerin hatte nie die Absicht, die Marke für Sicherheitsgurte zu verwenden, sondern ging gemäß einer Ankündigung von PricewaterhouseCoopers, einer von EURID mit der Prüfung von Domänenanträgen beauftragten Gesellschaft, davon aus, dass im Zuge einer Registrierung dieser Marke als Domäne unter der Domäne oberster Stufe „.eu“ in Anwendung der „Transkriptionsregel“ die ,,&“‑Zeichen entfernt werden und dadurch das Wort „Reifen“ übrig bleibt, das ihrer Meinung nach als Gattungsbegriff markenrechtlich auf keinen Fall zu schützen gewesen wäre.

16.      Tatsächlich wurde für die Klägerin in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung auf der Basis ihrer schwedischen Marke ,,&R&E&I&F&E&N&“ die Domäne „www.reifen.eu“ registriert. Insgesamt meldete die Klägerin rund 180 aus Gattungsbegriffen gebildete Domänennamen an. Die Klägerin beabsichtigt, unter der Domäne „www.reifen.eu“ ein Internetportal für den Reifenhandel zu betreiben, hat aber laut dem vorlegenden Gericht für dessen Aufbau im Hinblick auf den anhängigen Prozess und das ihm vorangegangene Schiedsverfahren noch keine nennenswerten Vorbereitungshandlungen getroffen. Zum Zeitpunkt der Registrierung der Domäne war der Klägerin der Beklagte nicht bekannt.

17.      Der Beklagte ist Inhaber der am 10. November 2005 beim Benelux-Markenamt angemeldeten und am 28. November 2005 für die Klassen 3 (Wasch- und Bleichmittel; … Reinigungsmittel, insbesondere Nanopartikel enthaltende Reinigungsmittel für Fensterscheiben) und 35 (Dienstleistungen zur Unterstützung der Vermarktung derartiger Reinigungsmittel) eingetragenen Wortmarke „Reifen“.

18.      Ferner meldete der Beklagte am 10. November 2005 die Gemeinschaftswortmarke „Reifen“ für die Klassen 3 (Mittel zum Reinigen von Fensterglasflächen und Oberflächen von Solaranlagen, insbesondere Mittel, welche Nanopartikel enthalten) und 35 (Reinigung von Fensterglasflächen sowie Solaranlagen für Dritte) an. Er will unter dieser Marke „Reinigungsmittel für fensterglasähnliche Oberflächen“ europaweit vermarkten, mit deren Entwicklung er das Unternehmen BERGOLIN GmbH & Co KG beauftragte. Am 10. Oktober 2006 lag bereits eine Probe der Reinigungslösung I (REIFEN A) vor.

19.      Der Beklagte focht die Registrierung des Domänennamens „www.reifen.eu“ durch die Klägerin vor dem Tschechischen Schiedsgericht an, das mit Entscheidung vom 24. Juli 2006(6) seiner Beschwerde stattgab, der Klägerin den Domänennamen „reifen“ entzog und ihn auf den Beklagten übertrug.

20.      Das Schiedsgericht war der Auffassung, dass die in Schiedsverfahren gegen das Register (EURID) ergangene Rechtsprechung auch im vorliegenden Verfahren gegen den Domäneninhaber entsprechend zu berücksichtigen sei. Danach sei das in einer Marke enthaltene Zeichen „&“ nicht zu entfernen, sondern zu transkribieren. Die Klägerin habe offensichtlich in einer Fülle von Fällen die technische Regel nach Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 umgehen wollen. Sie sei daher bei ihrem Antrag auf Registrierung der streitigen Domäne bösgläubig gewesen.

21.      Die Klägerin erhob daraufhin am 23. August 2006 innerhalb der Frist des Art. 22 Abs. 13 der Verordnung Nr. 874/2004 Klage, mit der sie die Feststellung beantragte, dass sie den Domänennamen „reifen“ unter der Domäne oberster Stufe „.eu“ nicht auf den Beklagten zu übertragen habe und ihr die Domäne nicht zu entziehen sei; hilfsweise beantragte sie die Feststellung, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts vom 24. Juli 2006 rechtswidrig sei, die Klägerin den Domänennamen „reifen“ unter der Domäne oberster Stufe „.eu“ insbesondere nicht auf den Beklagten übertragen könne und ihr der Domänenname „reifen“ nicht zu entziehen sei.

22.      Vor den Untergerichten drehte sich das Vorbringen der Parteien im Wesentlichen um die folgenden Fragen.

23.      Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe durch eine auf der Transkriptionsregel des Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 aufbauende Anmeldung der schwedischen Marke „&R&E&I&F&E&N&“ bloß diese Regel ausgenutzt, um sich eine möglichst gute Startposition in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung zu verschaffen. Darin sei keine „Bösgläubigkeit“ im Sinne von Art. 21 der Verordnung Nr. 874/2004 oder gar ein Missbrauch erblicken.

24.      Sie verfüge nämlich über eine eingetragene Marke, auf deren Grundlage sie nach dem Windhundverfahren die Domäne „www.reifen.eu“ erlangt habe. Ferner habe sie ein berechtigtes Interesse an der Gattungsbezeichnung „Reifen“, da sie unter dieser Bezeichnung ein themenbezogenes Internetportal errichten wolle. Darüber hinaus sei die Registrierung der Domäne „reifen.eu“ nicht erfolgt, um den Beklagten in seinem Webauftritt zu behindern; dies umso weniger, als sie dessen Tätigkeit und dessen Produkt überhaupt nicht gekannt habe. Schließlich seien die Anzahl der von ihr registrierten Marken und Domänennamen sowie deren Nutzung für den vorliegenden Fall ohne Belang.

25.      Zudem habe die gestaffelte Registrierung ausschließlich dem Schutz der Inhaber älterer Rechte gedient, jedoch nicht darauf abgezielt, dass Gattungsbegriffe erst in der Phase der allgemeinen Registrierung angemeldet würden. Es spreche daher nichts dagegen, auch schon in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung Gattungsbegriffe als Domänennamen anzumelden. Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 sei nicht unrichtig angewandt worden, weil die drei darin aufgezählten Alternativen (gänzliche Entfernung, Ersetzung durch Bindestriche oder Transkription) gleichwertig seien und die Wortfolge „falls möglich“ lediglich bedeute, dass die dritte Alternative nicht immer funktioniere.

26.      Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, da die Klägerin das Ziel der Verordnung Nr. 874/2004 missbräuchlich und in böser Absicht umgangen habe; dieses bestehe darin, die systematische Massenregistrierung von Domänennamen zu verhindern und die Registrierung von Gattungsbegriffen erst in der Phase der allgemeinen Registrierung zu ermöglichen. Indem die Klägerin also massenhaft nicht für die Verwendung im Geschäftsverkehr bestimmte „Pseudomarken“ angemeldet habe, um auf deren Grundlage bereits in der für die Inhaber älterer Rechte reservierten ersten Phase der gestaffelten Registrierung generische Domänennamen beantragen und diese sodann im Wege von Internetportalen vermarkten zu können, habe sie als Domaingrabber gehandelt.

27.      Sie habe daher eine absehbare Fehlauslegung von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 gezielt ausgenutzt, da richtigerweise das Sonderzeichen „&“ nicht hätte entfernt werden dürfen, sondern hätte transkribiert werden müssen. Es liege deshalb nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 eine Registrierung in böser Absicht vor. Eine nur zum Zweck der bevorrechtigten Registrierung eines Domänennamens beantragte „Pseudomarke“ sei kein früheres Recht im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 874/2004, so dass der Entzug der Domäne auch auf Art. 21 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung gestützt werden könne.

28.      Das Erstgericht wies die Klage ab, und das Berufungsgericht bestätigte das Urteil in der Hauptsache.

29.      Die Klägerin bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichts mit außerordentlicher Revision an den Obersten Gerichtshof. Der Oberste Gerichtshof, nach dessen Auffassung die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung des Gemeinschaftsrechts und insbesondere von Art. 21 der Verordnung Nr. 874/2004 abhängt, hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 dahin auszulegen, dass ein Recht im Sinn dieser Bestimmung auch dann vorliegt,

a)      wenn eine Marke ohne Absicht, sie für Waren oder Dienstleistungen zu nutzen, nur zu dem Zweck erworben wurde, die Registrierung einer mit einer – der deutschen Sprache entnommenen – Gattungsbezeichnung übereinstimmenden Domain in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung beantragen zu können;

b)      wenn die der Domain-Registrierung zugrunde liegende und mit einer – der deutschen Sprache entnommenen – Gattungsbezeichnung übereinstimmende Marke von der Domain insofern abweicht, als die Marke Sonderzeichen enthält, die aus dem Domainnamen entfernt wurden, obwohl die Sonderzeichen einer Transkription zugänglich wären und deren Entfernung dazu führt, dass sich die Domain in einer die Verwechslungsgefahr ausschließenden Weise von der Marke unterscheidet?

2.      Ist Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 dahin auszulegen, dass nur in den in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a bis c genannten Fällen ein berechtigtes Interesse vorliegt?

Für den Fall der Verneinung dieser Frage:

3.      Liegt ein berechtigtes Interesse im Sinn des Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 auch dann vor, wenn der Domaininhaber die mit einer – der deutschen Sprache entnommenen – Gattungsbezeichnung übereinstimmende Domain für ein themenbezogenes Internetportal nutzen will?

Für den Fall der Bejahung der zu Punkt 1 und zu Punkt 3 gestellten Fragen:

4.      Ist Art. 21 Abs. 3 der Verordnung Nr. 874/2004 dahin auszulegen, dass nur die in Buchst. a bis e genannten Tatbestände eine Bösgläubigkeit im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 begründen?

Für den Fall der Verneinung dieser Frage:

5.      Liegt Bösgläubigkeit im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 auch dann vor, wenn die Domain in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung aufgrund einer mit einer – der deutschen Sprache entnommenen –Gattungsbezeichnung übereinstimmenden Marke registriert wurde, die der Domaininhaber nur erworben hat, um die Registrierung der Domain in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung beantragen zu können und damit anderen Interessenten und allenfalls auch den Inhabern von Rechten an dem Zeichen zuvorzukommen?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

30.      Der Vorlagebeschluss ist am 23. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

31.      Die Klägerin, der Beklagte, die Tschechische Republik, die Italienische Republik und die Europäische Kommission haben gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs fristgerecht schriftliche Erklärungen eingereicht.

32.      In der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2009 sind die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, des Beklagten, der Tschechischen Republik und der Kommission erschienen, um Ausführungen zu machen.

V –    Wesentliches Vorbringen der Beteiligten

A –    Einleitung

33.      Die Klägerin macht zunächst geltend, ihre Legitimation aus der Marke „&R&E&I&F&E&N&“ sei bei der Anmeldung der Domäne „www.reifen.eu“ von der European Registry for Internet Domains (EURID) akzeptiert worden. Mögliche Fehler dabei hätte der Beklagte daher in einem Verfahren gegen das Register nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 und nicht in einem gegen den Domäneninhaber selbst gerichteten Verfahren geltend machen müssen. Die Entscheidung der EURID, die Domäne „www.reifen.eu“ für die Klägerin zu registrieren, könne daher in einem Inter-partes-Verfahren nicht nochmals überprüft werden.

B –    Zu Frage 1a

34.      Nach Ansicht der Klägerin, gehören die Überlegungen des vorlegenden Gerichts zur Frage 1a ausschließlich in ein Verfahren gegen das Register. Wenn der Gegner eines Domäneninhabers meine, das Register habe dessen Legitimation für die „Sunrise“-Periode zu Unrecht bejaht, hätte er eben ein Verfahren gegen das Register einleiten müssen. Im Übrigen schlägt sie vor, den ersten Teil der ersten Frage zu bejahen.

35.      Nach Ansicht des Beklagten handelt es sich bei einer Marke, die ohne jegliche Benutzungsabsicht eingetragen werde, um in den Genuss bestimmter rechtlicher Vorteile zu kommen, um eine „Pseudomarke“. Anerkenne man solche Marken als Rechte im Sinne von Art. 10 Abs. 1 oder Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004, ließe man die Aushöhlung und den Missbrauch der ausgefeilten Vorschriften dieser Verordnung, die gerade zum Schutz der Inhaber „echter“ früherer Rechte erlassen worden sei, zu und billige sie sogar. Das Argument, dieser Zweck sei nicht gefährdet, wenn eine „Gattungsbezeichnung“ als Domänenname registriert werde, verkenne, dass schützenswerte frühere Rechte im Sinne des Art. 10 Abs. 1 oder des Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 auch an Gattungsbezeichnungen bestehen könnten.

36.      Nach Ansicht der Tschechischen Republik, die die Italienische Republik im Wesentlichen teilt, ist vor allem festzustellen, ob die im Ausgangsverfahren streitige Marke bösgläubig angemeldet worden sei. Dass die Marke ausschließlich zu dem Zweck eingetragen worden sei, eine Teilnahme an der ersten Phase der gestaffelten Registrierung von Domänennamen zu gewährleisten, zeige, dass die Klägerin schon von Anfang an mit unlauterer Absicht ein anderes Ziel der Markeneintragung als das verfolgt habe, zu dem Marken geschützt seien. Der Klägerin sei es darum gegangen, sich auf diese Weise einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen oder die Konkurrenz zu benachteiligen.

37.      Ferner habe die Klägerin in der Marke absichtlich „&“‑Zeichen in unüblicher und sprachlich unverständlicher Weise verwendet. Der spekulative und opportunistische Charakter der Verwendung der Zeichen „&“ werde auch dadurch belegt, dass die Klägerin insgesamt 33 Marken für Gattungsbezeichnungen, stets unter Verwendung des Zeichens „&“ zwischen den einzelnen Buchstaben, habe eintragen lassen. Wenn daher das nationale Gericht zu dem Ergebnis gelange, dass die fragliche Markenanmeldung nicht gutgläubig vorgenommen worden sei, könne das Recht aus dieser Marke nicht als Recht nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 angesehen werden.

38.      Die Kommission weist darauf hin, dass weder die Richtlinie 89/104/EWG(7) noch die Verordnung (EG) Nr. 40/94(8) die Eintragung eines Zeichens als Marke von einer Absicht des präsumtiven Markeninhabers abhängig machten, das Zeichen als Marke für die von ihr erfassten Waren oder Dienstleistungen zu benutzen. Daher sei die Tatsache, dass eine Marke lediglich erworben worden sei, um auf ihrer Grundlage die Registrierung eines Domänennamens während der ersten Phase der gestaffelten Registrierung beantragen zu können, ohne Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob der Domäneninhaber, der zugleich Inhaber einer Marke sei, ein Recht aus der Marke im Sinne der ersten Alternative von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 geltend machen könne.

39.      Die Tatsache, dass der auf der Grundlage der Marke registrierte Domänenname mit einer Gattungsbezeichnung in einer Gemeinschaftssprache übereinstimme, sei zwar im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. b bis d der Richtlinie 89/104 bzw. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b bis d der Verordnung Nr. 40/94 von Bedeutung, nämlich um festzustellen, ob der Marke selbst ein absolutes Eintragungshindernis entgegenstehe, im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 874/2004 sei dieser Umstand jedoch irrelevant.

40.      Darüber hinaus stehe nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 89/104 der Eintragung eines Wortes als nationale Marke in einem Mitgliedstaat nicht entgegen, das der Sprache eines anderen Mitgliedstaats entlehnt sei, in der es keine Unterscheidungskraft habe oder die Waren oder Dienstleistungen beschreibe, für die die Eintragung beantragt werde, es sei denn, die beteiligten Verkehrskreise in dem Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt werde, seien imstande, die Bedeutung dieses Wortes zu erkennen(9).

C –    Zu Frage 1b

41.      Nach Ansicht der Klägerin sind die drei in Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 genannten Alternativen gleichwertig, was aus dem Wortlaut dieses Artikels folge. Sie stellt im Übrigen auch die Gutgläubigkeit des Beklagten bei der Anmeldung seiner Marke in Frage, mit der nur das Ziel verfolgt worden sei, eine bessere Ausgangsposition bei der Vergabe der Domäne „www.reifen.eu“ zu erlangen.

42.      Nach Ansicht des Beklagten besteht keine Identität zwischen der eingetragenen Marke und dem strittigen Domänennamen, da das Sonderzeichen „&“ durch „und“ hätte ausgedrückt werden müssen und nicht hätte entfernt werden dürfen. Die Klägerin habe daher kein Recht am Domänennamen „www.reifen.eu“.

43.      Nach Auffassung der Tschechischen Republik ist für die Feststellung des Bestehens eines Rechts im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 nicht maßgebend, welche Transkriptionsregel die Klägerin für die Transkription der Marke in einen Domänennamen gewählt habe. Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 gebe keiner der Transkriptionsmöglichkeiten den Vorzug.

44.      Nach Ansicht der Italienischen Republik besteht kein Recht, wenn die Marke, auf der die Registrierung der Domäne beruhe, vom Domänennamen insoweit abweiche, als sie Sonderzeichen enthalte, die entfernt worden seien.

45.      Die Kommission beantwortet einen Teil der Frage 1b und die Fragen 2 bis 5 gemeinsam. Jedenfalls bildeten zunächst das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne der zweiten Alternative von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 21 Abs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 einerseits und das Fehlen böser Absicht im Sinne von Art. 21 Abs. l Buchst. b in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 der Verordnung andererseits einen einheitlichen Tatbestand. Hierfür spreche insbesondere, dass der Aspekt der Verwendung des Domänennamens durch den Domäneninhaber sowohl in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a als auch in Art. 21 Abs. 3 Buchst. b Ziff. ii und iii der Verordnung Nr. 874/2004 ein relevantes Kriterium darstelle.

D –    Zu Frage 2

46.      Die Klägerin, die Tschechische Republik und die Kommission halten die Aufzählungen in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a bis c der Verordnung Nr. 874/2004 für nicht abschließend. Der Beklagte und die Italienische Republik sind gegenteiliger Ansicht.

E –    Zu Frage 3

47.      Die Klägerin und die Tschechische Republik sind der Ansicht, dass unter Berücksichtigung des oben beschriebenen beispielhaften und nicht abschließenden Charakters von Art. 21 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 die Absicht, ein Internetportal zu betreiben, ein ausreichender Grund für den Nachweis eines berechtigten Interesses sein könne, obwohl die Klägerin den Domänennamen vor der Entstehung des Rechtsstreits nicht genutzt bzw. sich nicht nachweislich im Sinne dieser Bestimmung auf die Nutzung vorbereitet habe.

48.      Nach Ansicht des Beklagten ist die Behauptung einer bestimmten Nutzungsabsicht noch kein berechtigtes Interesse. Eine bloße Nutzungsbehauptung entspreche keinem der in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a bis c vorgesehenen Fälle.

F –    Zu Frage 4

49.      Die Klägerin und der Beklagte sowie die Tschechische Republik und die Kommission halten die Aufzählungen in Art. 21 Abs. 3 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 874/2004 für nicht abschließend.

G –    Zu Frage 5

50.      Die Klägerin trägt vor, dass eine Auslegung von Art. 21 der Verordnung Nr. 874/2004, wonach Fehler des Registers noch nach Ablauf der Frist von 40 Tagen für die Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens gegen das Register („Sunrise-Einspruchsfrist“) geltend gemacht werden könnten, gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße.

51.      Im Übrigen bestreitet sie, bösgläubig gehandelt zu haben, da die Fälle der „Bösgläubigkeit“ nach Art. 21 Abs. 3 der Verordnung Nr. 874/2004 auf die Bekämpfung des sogenannten Domaingrabbings abzielten. Im vorliegenden Fall gehe es um die Registrierung von Domänen, die aus Gattungsbegriffen bestünden, was keinesfalls die Rechte Dritter beeinträchtigen könne, da an Gattungsbegriffen niemand Exklusivrechte habe. Domaingrabbing sei daher in den Fällen der Registrierung von aus Gattungsbegriffen bestehenden Domänen per definitionem ausgeschlossen. Sie habe daher nicht bösgläubig im Sinne von Art. 21 Abs. 3 dieser Verordnung gehandelt.

52.      Der Beklagte und die Tschechische Republik sind der Ansicht, es liege Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 vor, wenn der Domänenname in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung aufgrund einer Marke registriert worden sei, die der Domäneninhaber nur erworben habe, um die Registrierung des Domänennamens in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung beantragen zu können und damit anderen Interessenten einschließlich der Inhaber von Rechten an dem Zeichen zuvorzukommen.

53.      Nach Ansicht der Kommission kann sich der Inhaber eines streitigen Domänennamens, wenn derjenige, der den Widerruf des Domänennamens verlange, seinerseits einen Antrag auf dessen Registrierung während der ersten Phase der gestaffelten Registrierung gestellt habe und dieser Antrag im Hinblick auf den früher gestellten Antrag des Domäneninhabers aufgrund des Prioritäts- bzw. Windhundprinzips nach Art. 14 der Verordnung Nr. 874/2004 zurückgewiesen worden sei, nur dann unter Berufung auf die zweite Alternative von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a und Art. 21 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 21 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 874/2004 dem Widerruf des streitigen Domänennamens widersetzen, wenn die Registrierung im Einklang mit den Vorschriften des Kapitels IV und insbesondere mit Art. 11 dieser Verordnung erfolgt sei. Was letztere Bestimmung anbelange, könnten die drei in ihr vorgesehenen Möglichkeiten der Behandlung von Sonderzeichen wie folgt hierarchisiert werden:

–      Habe ein Sonderzeichen einen bestimmten semantischen Gehalt, was bei den Sonderzeichen $ % & + = – der Fall sei, komme nur eine Transkription in einen entsprechenden verbalen Term in Betracht;

–      habe ein Sonderzeichen keinen semantischen Gehalt, aber eine trennende Funktion, was bei den Sonderzeichen # <> { } [ ] \ / : ; , . ? der Fall sei, sei es durch einen Bindestrich zu ersetzen;

–      nur dann, wenn ein Sonderzeichen weder einen semantischen Gehalt noch eine trennende Funktion habe, was bei den Sonderzeichen ~ ^ * ' der Fall sei, sei es vollständig zu entfernen.

54.      Im vorliegenden Fall hätte das in der Marke mehrfach enthaltene Sonderzeichen „&“ bei der Registrierung des Domänennamens somit nicht vollständig entfernt werden dürfen, sondern in einen entsprechenden verbalen Term („und“) transkribiert werden müssen. Damit sei die Registrierung des strittigen Domänennamens „www.reifen.eu“ nicht im Einklang mit Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 erfolgt.

VI – Rechtliche Würdigung

A –    Zu den einleitenden Bemerkungen der Klägerin

55.      In ihren einleitenden Bemerkungen führt die Klägerin im Wesentlichen aus, ihr könnten mögliche Fehler des Registers bei der Registrierung des Domänennamens nicht entgegengehalten werden; jedenfalls hätten diese Fehler in einem Verfahren gegen das Register nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 und nicht in einem gegen den Domäneninhaber selbst gerichteten Verfahren geltend gemacht werden müssen.

56.      Die Ansicht der Klägerin wirft die Frage nach dem Zusammenspiel des ADR-Verfahrens mit den gerichtlichen Verfahren sowie insbesondere danach auf, ob die Nichteinleitung eines Verfahrens nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 gegen eine Entscheidung des Registers zur Präklusion von Rügen führt, die im ADR-Verfahren gegen diese Entscheidung hätten geltend gemacht werden können.

57.      Auch wenn das vorlegende Gericht diese Frage formal nicht gestellt hat, kann ihre Beantwortung für dieses Gericht sachdienlich sein(10), da sowohl die Frage 1a (zu den Voraussetzungen, unter denen die Marke in Schweden registriert wurde) als auch die Frage 1b (betreffend die möglicherweise unrichtige Anwendung der Transkriptionsregeln für Sonderzeichen) Rügen betreffen, die zum Gegenstand eines Verfahrens gegen eine Entscheidung des Registers hätten gemacht werden können. Da der Beklagte nur gegen die Klägerin vorging, ist eine mögliche Präklusion dieser Rügen zu prüfen.

58.      Dazu ist zum einen zu bemerken, dass das mit der Verordnung Nr. 874/2004 geschaffene ADR-Verfahren nicht als Schiedsverfahren im engeren Sinn, sondern eher als Quasiverwaltungsverfahren konzipiert wurde, das die parallele oder nachgeschaltete Einleitung von Verfahren vor den nationalen Gerichten nicht ausschließt(11). Außerdem fehlen diesem ADR-Verfahren ganz bewusst bestimmte, für gerichtliche Verfahren typische Charakterzüge, wie etwa die Anhörung der Verfahrensbeteiligten oder die Anordnung von Beweiserhebungsmaßnahmen, was eine Einschränkung der Verteidigungsrechte zugunsten der Effizienz bedingt(12).

59.      Diese besondere Ausgestaltung des ADR-Verfahrens ist zum einen auf das Bestreben des Gesetzgebers zurückzuführen, kurze Verfahren zur Minimierung der Betreiberkosten vorzusehen, wie dies bereits die World Intellectual Property Organization (WIPO) bezüglich der UDRP(Uniform Domain-name Dispute Resolution Policy)-Regeln der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) vorschlug(13). Zum anderen sollen die Inhaber „früherer Rechte“ im Sinne von Art. 10 der Verordnung Nr. 874/2004 insbesondere vor der Gefahr des „Domaingrabbings“ geschützt werden, was zur Schaffung eines Verfahrens führte, das die Inhaber dieser früheren Rechte gegenüber Domäneninhabern strukturell begünstigt(14), (15).

60.      Nach alledem widerspräche die Annahme, dass bestimmte Rügen nur im Rahmen eines ADR-Verfahrens geltend gemacht werden könnten und, wenn sie in einem solchen Verfahren nicht vorgetragen worden seien, vor den nationalen Gerichten nicht mehr zulässigerweise erhoben werden könnten, dem Gedanken der Rechtsstaatlichkeit. Eine solche Auslegung beraubte Art. 22 Abs. 13 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 der Verordnung Nr. 874/2004, wonach der Widerruf eines Domänennamens auch durch die Gerichte und nach Abschluss des ADR-Verfahrens möglich ist, ihrer praktischen Wirksamkeit.

61.      Zum anderen widerspräche eine Präklusion der nicht im Rahmen eines ADR-Verfahrens gegen das EURID-Register nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 geltend gemachten Rügen dem Geist dieser Bestimmung. Dieser Artikel erlaubt es nämlich jedermann, entweder gegen eine spekulative oder missbräuchliche Registrierung oder gegen das Register ein ADR-Verfahren anzustrengen. Wenn jedoch eine Partei, die ausschließlich ein Verfahren gegen eine missbräuchliche Registrierung anstrengt, Gefahr liefe, Rügen, die das Register betreffen, nicht mehr geltend machen zu können, müsste sie daher stets zwei Verfahren einleiten, um ihre Argumente auch bei den Gerichten vortragen zu können. Dem Wortlaut dieses Art. 22 Abs. 1 ist aber keine Verpflichtung zur Anstrengung beider Verfahren bei sonstiger Präklusion von Rügen, die vor dem Tschechischen Schiedsgericht nicht geltend gemacht wurden, zu entnehmen.

62.      Nach alledem sind die einleitenden Bemerkungen der Klägerin hier nicht einschlägig und daher nicht zu berücksichtigen.

B –    Zu Frage 1

1.      Antwort auf Frage 1a

63.      Mit der Frage 1a möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob seine Zweifel hinsichtlich der gutgläubigen Anmeldung der Marke „&R&E&I&F&E&N&“ in Schweden das formale Bestehen dieses Markenrechts durchkreuzen können, so dass es den Begriff „Recht“ in Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 dahin auslegen kann, dass unter den Umständen des vorliegenden Falles dieses Recht nicht besteht.

64.      Dazu ist zunächst festzustellen, dass, worauf die Kommission in ihren Erklärungen zu Recht hinweist, weder die Richtlinie 89/104 noch die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke die Eintragung eines Zeichens von einer Absicht seines Inhabers abhängig machen, es für die beantragten Waren oder Dienstleistungen zu benutzen. Insbesondere räumen Art. 10 dieser Richtlinie und Art. 15 der Verordnung Nr. 207/2009 jedem Inhaber einer nationalen Marke oder Gemeinschaftsmarke eine Frist von höchstens fünf Jahren ein, gerechnet von der Eintragung der Marke an, innerhalb deren es ihm freisteht, sie nicht ernsthaft zu benutzen(16).

65.      Ferner steht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 89/104 der Eintragung eines Wortes als nationale Marke in einem Mitgliedstaat nicht entgegen, das der Sprache eines anderen Mitgliedstaats, in der es keine Unterscheidungskraft hat oder die Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, entlehnt ist, es sei denn, dass die beteiligten Verkehrskreise in dem Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt wird, imstande sind, die Bedeutung dieses Wortes zu erkennen. Eine Marke kann nämlich wegen sprachlicher, kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in einem Mitgliedstaat ohne Unterscheidungskraft sein oder die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben, in einem anderen Mitgliedstaat aber nicht(17).

66.      Darüber hinaus gehört Bösgläubigkeit nicht zu den absoluten Eintragungshindernissen für Gemeinschaftsmarken (Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009). Auf nationaler Ebene kann sie nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 89/104 ein Eintragungshindernis oder einen Grund für eine Ungültigerklärung darstellen; aus diesem Art. 3 Abs. 2 geht jedoch hervor, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, in ihrem nationalen Recht Bösgläubigkeit als absolutes Eintragungshindernis oder als Ungültigkeitsgrund vorzusehen.

67.      Daraus folgt, dass es aufgrund der konstitutiven Wirkung der Markeneintragung – einmal unterstellt, dass das schwedische Recht die Möglichkeit vorsieht, eine eingetragene Marke wegen Bösgläubigkeit für ungültig zu erklären – allein Sache der nationalen, im vorliegenden Fall schwedischen, Verwaltungsbehörden ist, die im Ausgangsverfahren streitige Marke für nichtig zu erklären, entweder im nach dem nationalen Recht dafür vorgesehenen Verfahren oder durch die nationalen Gerichte aufgrund einer bei ihnen eingereichten Klage oder Widerklage.

68.      Dieser Standpunkt dürfte auch am ehesten im Einklang mit dem oben dargestellten Bedürfnis nach Kürze des ADR-Verfahrens stehen, da Art. 21 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 22 der Verordnung Nr. 874/2004 dem Tschechischen Schiedsgericht nicht die Befugnis einräumen sollen, über die Gültigkeit von Rechten geistigen Eigentums oder gewerblicher Schutzrechte, die der Registrierung eines Domänennamens zugrunde liegen, zu entscheiden, sondern nur die Befugnis, festzustellen, dass diese Rechte, sei es auch bloß in formaler Hinsicht, bestehen.

69.      Daher reicht eine Marke, auch wenn sie Gegenstand eines Verfahrens zur Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit sein sollte, für die Annahme eines „Rechts“ im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 aus, solange sie nicht für verfallen oder für nichtig erklärt wurde. Hingegen reicht die bloße Anmeldung einer Marke zur Begründung eines Rechts nicht aus, sondern höchstens zur Begründung eines berechtigten Interesses(18).

70.      Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass auch bei Zweifeln hinsichtlich einer möglicherweise in böser Absicht angemeldeten Marke das Bestehen eines solchen gewerblichen Schutzrechts nicht verneint werden kann und dass daher der Inhaber eines auf einer nationalen Marke basierenden Domänennamens über ein Recht im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 verfügt. Diese Zweifel, die im Ausgangsverfahren insbesondere durch die Umstände geweckt wurden, unter denen die nationale Marke eingetragen worden war, wie etwa die Tatsache, dass es sich um einen Gattungsbegriff der deutschen Sprache handelt, können gegebenenfalls im Rahmen der Prüfung, ob Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b vorliegt, berücksichtigt werden.

71.      Nach alledem ist auf die Frage 1a zu antworten, dass Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 dahin auszulegen ist, dass der Inhaber einer nationalen Marke ein Recht im Sinne dieser Bestimmung hat, solange die Marke nicht von den zuständigen Behörden oder Gerichten nach den im nationalen Recht festgelegten Verfahren wegen Bösgläubigkeit oder aus einem anderen Grund für nichtig erklärt wurde.

2.      Antwort auf Frage 1b

72.      Mit seiner Frage 1b möchte der Oberste Gerichtshof wissen, ob die Klägerin deshalb nicht mehr als Inhaberin eines „Rechts“ im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 angesehen werden kann, weil die fehlende Übereinstimmung zwischen der Marke der Klägerin und dem von ihr erlangten Domänennamen auf eine fehlerhafte Anwendung der Transkriptionsregeln nach Art. 11 dieser Verordnung zurückzuführen ist.

73.      Dazu ist Folgendes auszuführen.

74.      Erstens ist der Umstand, dass der als Marke verwendete Begriff einen Gattungsbegriff einer Gemeinschaftssprache, im vorliegenden Fall der deutschen Sprache, darstellt, ohne Relevanz für die Prüfung der Auswirkungen einer unrichtigen Auslegung der Transkriptionsregeln, da weder die Verordnung Nr. 874/2004 noch die Verordnung Nr. 733/2002 die Vergabe von aus Gattungsbegriffen der Gemeinschaftssprachen gebildeten .eu-Domänennamen untersagt.

75.      Zweitens geht aus Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004, insbesondere seinem letzten Satz(19), eindeutig hervor, dass die Registrierung von aus früheren Rechten abgeleiteten Domänennamen nach dem Grundsatz der Identität oder der größten Ähnlichkeit erfolgt.

76.      Drittens ist zu den Alternativen für die Transkription von Sonderzeichen nach Art. 11 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 874/2004 darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut dieser Bestimmung entgegen der Ansicht der Kommission keine Hierarchie unter den drei Lösungen (gänzliche Entfernung, Ersetzung oder Transkription) festlegt, sondern nur betreffend die dritte Lösung, die Transkription. Das in diesem dritten Fall enthaltene Erfordernis, Sonderzeichen „falls möglich“ zu transkribieren, ist nämlich dahin auszulegen, dass der Gesetzgeber diese Lösung gegenüber den anderen beiden Alternativen bevorzugt(20).

77.      Die Wendung „falls möglich“ darf jedoch nicht in dem Sinne verstanden werden, dass Sonderzeichen immer dann zu transkribieren sind, wenn das fragliche Sonderzeichen, im vorliegenden Fall „&“, einen semantischen Gehalt hat, im vorliegenden Fall „and“ (in englischer Sprache). Es ist zu berücksichtigen, dass der Art. 11 zugrunde liegende Gedanke nach seinem Abs. 1 insbesondere darin besteht, eine zufriedenstellende Lösung für vollständige Namen zu bieten, die aus mehreren, durch Leerzeichen getrennten Wörtern oder Wortteilen bestehen, wie etwa die Marke „X&Y“. Solche Namen unterliegen offensichtlich technischen Einschränkungen bei ihrer Registrierung als Domänennamen. Die Transkriptionsregeln wurden also vorgesehen, um diese Hindernisse zu überwinden.

78.      Vor diesem Hintergrund geht es nicht an, Sonderzeichen automatisch zu transkribieren, sobald sich das Register einem Antrag gegenübersieht, der ein solches Zeichen enthält, selbst wenn diese Lösung gegenüber anderen bevorzugt wird. Vielmehr ist für die Anwendung dieser Lösung nicht nur zu berücksichtigen, ob das mit Domänennamen technisch inkompatible Zeichen transkribiert werden kann, sondern auch darauf zu achten, dass die Transkription zu einem Ergebnis führt, das eine gewisse Kohärenz mit dem früheren Recht bietet.

79.      Auch wenn es daher zutrifft, dass das Sonderzeichen „&“, das normalerweise als Bindeglied zwischen zwei Wörtern dient, einen in allen Sprachen der Gemeinschaft leicht transkribierbaren semantischen Gehalt haben kann, konnte die quasimissbräuchliche Verwendung dieses Zeichens durch die Klägerin als Entstellung dieses semantischen Gehalts aufgefasst werden. Seiner Verwendung vor und hinter jedem einzelnen Buchstaben des deutschen Wortes „Reifen“ („&R&E&I&F&E&N&“) fehlt nämlich jede Logik, insbesondere im Hinblick auf die Art, in der das Symbol „&“ gewöhnlich verwendet wird. Alle diese Feststellungen bedürfen jedoch einer Würdigung von Tatsachen, die nicht Sache des Gerichtshofs ist.

80.      Folglich könnte dem Register wegen der Entfernung dieses Zeichens bei der Registrierung des Domänennamens kein Vorwurf gemacht werden, wenn nach Ansicht des nationalen Gerichts, das im Vorabentscheidungsverfahren für die Würdigung des Sachverhalts im bei ihm anhängigen Rechtsstreit allein zuständig ist, das Zeichen „&“ im vorliegenden Fall keinen semantischen Gehalt hatte oder diesen verloren hatte. In diesem Fall wäre die Abweichung des als Marke eingetragenen Zeichens vom Domänennamen gerechtfertigt. Die Registrierung wäre daher korrekt gewesen; die Klägerin hätte ordnungsgemäß ihr früheres Recht registrieren lassen und wäre so Inhaberin eines „Rechts“ im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 geworden.

81.      Auf die Frage 1b ist daher zu antworten, dass ein Recht im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 auch dann besteht, wenn die der Domänenregistrierung zugrunde liegende Marke vom Domänennamen abweicht, weil aus dem Domänennamen Sonderzeichen, die diese Marke enthielt, korrekt entfernt wurden. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Sonderzeichen hätten transkribiert werden können.

C –    Zu den Fragen 2 und 3

82.      Mit seinen Fragen 2 und 3, die gemeinsam zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, anhand welcher Kriterien das Bestehen eines „berechtigten Interesses“ im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 unter den Umständen des bei ihm anhängigen Falles zu prüfen ist; es fragt insbesondere, ob die in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a bis c der Verordnung Nr. 874/2004 enthaltene Liste von Fällen abschließend ist und ob im Fall der Verneinung dieser Frage der bloße Wille, einen Domänennamen für ein themenbezogenes Internetportal zu nutzen, den Voraussetzungen dieses berechtigten Interesses genügt.

83.      Zunächst hat die Antwort auf die Fragen 2 und 3 für das vorlegende Gericht keinen praktischen Nutzen mehr, da aus der Antwort auf Frage 1 hervorgeht, dass ein „Recht“ im Sinne von Art. 21 Abs. 1 der Verordnung Nr. 874/2004 besteht und entweder dieses „Recht“ oder ein „berechtigtes Interesse“ alternativ ausreichen, um die erste Anwendungsvoraussetzung dieser Bestimmung zu erfüllen. Die folgenden Ausführungen werden daher nur hilfsweise gemacht.

84.      Was den abschließenden Charakter der in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a bis c genannten Fälle anbelangt, ist zunächst festzustellen, dass sich bei einem Vergleich der verschiedenen Sprachfassungen dieser Bestimmung ein Fehler in der deutschen Fassung zeigt. Diese lautet nämlich wie folgt: „(2) Ein berechtigtes Interesse im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn: …“. Diese Formulierung führt eine kategorische Nuance ein, wonach nur in den ausdrücklich vorgesehenen und anschließend dargestellten Fällen ein berechtigtes Interesse angenommen werden könnte.

85.      Einige andere Sprachfassungen zeigen aber deutlich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Nachweis dieses berechtigten Interesses nicht auf die in den Buchst. a, b und c beschriebenen Fälle einschränken wollte. Dies folgt eindeutig aus der Verwendung des Verbs „pouvoir“ (können) in der französischen Sprachfassung, die ein deutlicher Beleg für den nicht abschließenden Charakter dieser Beispiele ist(21).

86.      Für diese wörtliche Auslegung spricht auch ein teleologisches Argument. Unter den mit der Verordnung Nr. 874/2004 verfolgten Zielen ist nämlich die Kürze des Verfahrens vor den ADR-Schiedskommissionen hervorzuheben. In diesem Zusammenhang sind die Auslegungsregeln, insbesondere bei stark rechtlich geprägten Begriffen wie „berechtigtes Interesse“ oder „Bösgläubigkeit“, als eine Hilfestellung des Gesetzgebers für die ADR-Schiedskommissionen anzusehen, da diese aus nur einer Person bestehen können(22) und ihre Mitglieder nicht unbedingt Juristen sein werden(23).

87.      Darüber hinaus ist eine Aufzählung von Fällen, in denen ein berechtigtes Interesse bestehen kann, in systematischer Hinsicht erforderlich, da die Verordnung in ihrem Art. 10, auf den Art. 21 Abs. 1 verweist, bereits eine sehr flexible Definition des „Rechts“ enthält, insbesondere was frühere Rechte betrifft, bzw. auf das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht verweist. In der Verordnung findet man aber keine Definition des „berechtigten Interesses“; dieser Begriff wird nur in Art. 21 der Verordnung erwähnt. Mangels einer Bestimmung, die die für die Anwendung der Verordnung relevanten Definitionen enthält, war eben dieser Art. 21 der einzige Artikel, in dem zur Erleichterung der Aufgabe der Schiedskommissionen Anhaltspunkte zu diesem Begriff vorgesehen werden konnten. Da außerdem die Rechte beispielhaft und nicht abschließend aufgelistet werden, wäre es unverständlich, wenn für die Liste der „berechtigten Interessen“ anderes gälte.

88.      Da somit feststeht, dass die in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a bis c der Verordnung Nr. 874/2004 vorgesehenen Fälle nicht abschließend sind, ist nunmehr die Frage zu behandeln, ob die bloße Absicht, einen Domänennamen zu nutzen, für das Vorliegen eines berechtigten Interesses ausreicht.

89.      Dazu ist anzumerken, dass die drei in dieser Bestimmung erwähnten Fälle ausdrücklich eine Nutzung des Namens verlangen oder voraussetzen. Nur im ersten Fall kann von dieser Nutzung abgesehen werden, wenn der Inhaber dieses Namens nachweisen kann, dass er sich darauf vorbereitet hat, Waren oder Dienstleistungen anzubieten.

90.      Die bloße Erklärung, die Nutzung eines Domänennamens zu beabsichtigen, wäre jedoch nicht als Vorbereitung eines solchen Angebots von Waren oder Dienstleistungen anzusehen; die Rechtssicherheit erfordert den Nachweis eines Aktionsplans, der konkrete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Umsetzung der beabsichtigten Tätigkeit vorsieht. So wäre z. B. ein detaillierter „Business Plan“ als Beweismittel in dieser Hinsicht zu akzeptieren, aber auch andere, weniger ins Einzelne gehende Dokumente, die das bisherige Vorankommen aufzeigen, wie etwa Gesellschaftsvertragsentwürfe, Entwicklungsentwürfe eines Internetportals usw., sollten für den Nachweis eines berechtigten Interesses ausreichen(24).

91.      Was das Argument der Klägerin betrifft, sie habe im relevanten Zeitraum nicht begonnen, ihre Tätigkeit vorzubereiten, um den Ausgang des Rechtsstreits abzuwarten, ist darauf hinzuweisen, dass diese Haltung, obwohl sie als vorsichtig angesehen werden könnte, auch aufzeigen könnte, dass die Klägerin nichts anderes anstrebt als die Registrierung des Domänennamens. Mangels konkreter Anhaltspunkte könnte dieses einzige Ziel in der „Sunrise Period“ nicht als „berechtigt“ angesehen werden, sondern nur in der „Landrush Period“, in der für die Anträge keine Erfordernisse gelten.

92.      Da jedoch diese Beurteilung der Absichten und des Beginns einer sich auf den Domänennamen stützenden Tätigkeit Tatsachen betrifft, ist es Sache des nationalen Gerichts, entweder im Licht aller tatsächlichen Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache zu prüfen, ob der Domäneninhaber das Bestehen eines solchen Plans tatsächlich nachgewiesen bzw. die Dokumente oder anderen Beweismittel vorgelegt hat, mangels deren aus der bloßen Absicht der Nutzung des Domänennamens kein berechtigtes Interesse abgeleitet werden könnte.

D –    Zu den Fragen 4 und 5

93.      Mit diesen beiden Fragen, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte der Oberste Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob zum einen das Verhalten der Klägerin unter Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 fällt und ob zum anderen die Liste der für Bösgläubigkeit maßgeblichen Kriterien in Art. 21 Abs. 3 abschließend ist oder nicht.

94.      Erstens ist zum abschließenden Charakter der Liste der für Bösgläubigkeit maßgeblichen Kriterien in Art. 21 Abs. 3 erneut nur darauf hinzuweisen, dass die deutsche Sprachfassung der Verordnung Nr. 874/2004 einen Fehler aufweist. Wie schon bei der zweiten Frage(25) zeigt ein einfacher Vergleich der Sprachfassungen, dass der deutsche Wortlaut „Bösgläubigkeit im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn“ zu kategorisch ist und in grammatikalischer Hinsicht die Fälle der Bösgläubigkeit auf die in Art. 21 Abs. 3 aufgelisteten Fälle beschränkt. Hingegen wird in allen anderen Sprachen(26) durch das Verb „können“ eine wichtige Nuance hinzugefügt, die den in dieser Liste enthaltenen Fällen beispielhaften und nicht abschließenden Charakter verleiht. Vor diesem Hintergrund ist die deutsche Sprachfassung im Licht der anderen Sprachfassungen auszulegen(27).

95.      Für diese wörtliche Auslegung spricht erstens dasselbe teleologische Argument, das bereits zur Auslegung von Abs. 2 dieser Bestimmung angeführt wurde, wonach sich der Gesetzgeber aufgrund des summarischen Charakters der ADR-Verfahren und der möglicherweise fehlenden juristischen Vorbereitung der Mitglieder der Schiedskommissionen dazu veranlasst gesehen hat, diesen Mitgliedern durch das Nennen von Beispielen eine Hilfestellung zu bieten(28).

96.      Zur Bösgläubigkeit ist noch hinzuzufügen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber im Hinblick auf das Ziel der Verordnung, Domaingrabbing zuvorzukommen oder zu verhindern, den erwähnten Schiedskommissionen typische Beispiele für die Art von Verhaltensweisen geben wollte, die er jedenfalls für einen Verstoß gegen den guten Glauben hält.

97.      In systematischer Hinsicht ist demnach festzustellen, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 die Gutgläubigkeit, in Form einer dem Antrag auf Registrierung eines Domänennamens angeschlossenen Erklärung, als eines der Gültigkeitserfordernisse dieses Antrags vorsieht. Das Register darf nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung einen Domänennamen von sich aus widerrufen, wenn der Domäneninhaber gegen die Registrierungsbestimmungen verstoßen hat. Der Widerruf wegen fehlender Gutgläubigkeit setzt also voraus, dass das Register das Vorliegen eines Bösgläubigkeitsgrundes geprüft hat; es ist jedoch keine Einschränkung der möglichen Bösgläubigkeitsgründe vorgesehen. Da es sich um eine Generalklausel handelt, wäre es schwer verständlich, wenn der Gesetzgeber dem Register die Befugnis eingeräumt hätte, Bösgläubigkeit von Amts wegen und ohne Einschränkungen auszulegen, während er, hielte man die Liste in Art. 21 Abs. 3 für abschließend, die Befugnis der außergerichtlichen oder gerichtlichen Spruchkörper zur Auslegung von Bösgläubigkeit auf die Fälle beschränkt hätte, die ausdrücklich in dieser Bestimmung aufgelistet sind.

98.      Die Frage des vorlegenden Gerichts war dennoch wichtig, da es Zweifel hat, ob das Verhalten der Klägerin einem der ausdrücklich in Art. 21 Abs. 3 aufgelisteten Fälle entspricht. Wenn die dort genannten Kriterien, die übrigens alle Verhaltensweisen betreffen, die für Domaingrabbing typisch sind, abschließend wären, hätte das vorlegende Gericht daher feststellen müssen, dass keine Bösgläubigkeit vorliegt.

99.      Da auch aus anderen Gründen Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 vorliegen kann, sind zweitens die relevanten Kriterien für die Prüfung der Bösgläubigkeit bei der Klägerin zu ermitteln.

100. Dazu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Bösgläubigkeit umfassend zu beurteilen ist, wobei alle erheblichen Faktoren des jeweiligen Falles zu berücksichtigen sind(29). Auch wenn er diese Feststellung im Rahmen einer Markenrechtssache getroffen hat, die die Auslegung von Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 betraf, steht einer Übertragung dieser Begründung nichts entgegen. Es geht nämlich in beiden Fällen um die Erlangung von Rechten (Markenrecht bzw. Recht auf ausschließlichen Gebrauch eines Domänennamens) durch Eintragung in ein amtliches Register.

101. Zu den in den Vorlagefragen erwähnten Umständen, die für die Prüfung der Bösgläubigkeit der Klägerin von Bedeutung sein können, nämlich:

–        den Voraussetzungen, unter denen die Marke erworben wurde, um die Domäne in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung von Domänennamen beantragen zu können,

–        der Tatsache, dass es sich um einen der deutschen Sprache entnommenen Gattungsbegriff handelt, und

–        der möglicherweise missbräuchlichen Verwendung des Zeichens „&“, um die Anwendung der Transkriptionsregeln des Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 zu beeinflussen,

ist Folgendes auszuführen.

102. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand allein, dass ein Markeninhaber mit der Eintragung der Marke in einem Mitgliedstaat, in dem er nicht beabsichtigt, eine mit ihr verbundene Erwerbstätigkeit zu entfalten, nur das Ziel verfolgt, sich eine bessere Stellung gegenüber seinen Wettbewerbern bei der Vergabe des Domänennamens zu sichern, keinen Beweis für seine Bösgläubigkeit darstellt.

103. Die Verordnung Nr. 874/2004 selbst erlaubt nämlich den Inhabern früherer Rechte, darunter eingetragene Marken, den diesem Recht entsprechenden Domänennamen zu beantragen, und zwar vorrangig gegenüber Antragstellern, die nicht über solche Rechte verfügen. Es kann daher nur dann als „bösgläubig“ angesehen werden, sich eine günstigere Stellung verschafft zu haben, wenn sich aufgrund der sonstigen Umstände insgesamt zeigt, dass ihnen dieser Vorteil unter normalen Umständen nicht zugekommen wäre und diese günstige Lage die Folge einer bewusst unlauteren Geschäftspraxis ist. Genau diese anderen Umstände, die eine Bösgläubigkeit der Klägerin begründen könnten, sind daher zu prüfen.

104. Was somit die Umstände betrifft, unter denen die Marke „&R&E&I&F&E&N&“ erlangt wurde, steht dem Inhaber eines Zeichens zwar frei, dieses im Land seiner Wahl zur Eintragung anzumelden, doch kann eine Marke, die in einem Land, in dem sie ihr Inhaber auf keinen Fall zu nutzen beabsichtigt, eingetragen wurde, wie aus der dem Gerichtshof vom vorlegenden Gericht übermittelten Akte hervorzugehen scheint, ihre Hauptfunktion nicht erfüllen, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der betreffenden Ware oder Dienstleistung zu garantieren(30). Wenn nämlich die Klägerin am schwedischen Markt nicht teilnehmen sollte, könnte die Marke auf diesem keine Ware oder Dienstleistung schützen.

105. Aufgrund dieses Umstands allein kann jedoch das Verhalten der Klägerin nicht als bösgläubig eingestuft werden, da, wie bereits erwähnt, der Inhaber einer Marke nach der Richtlinie 89/104 während eines Zeitraums von bis zu fünf Jahren nach der Eintragung nicht verpflichtet ist, sie zu nutzen. Die offensichtliche Absicht eines Markeninhabers, wie im vorliegenden Fall, in Schweden weder Waren noch Dienstleistungen zu verkaufen, insbesondere keine Sicherheitsgurte, wenn er Reifen vermarkten wollte, kann ein weiteres Indiz dafür sein, dass die Marke zu einem anderen Zweck erlangt wurde als für die Erfüllung ihrer Hauptfunktion oder auch ihrer anderen Funktionen, wie insbesondere die Gewährleistung der Qualität der fraglichen Ware oder Dienstleistung oder die Erfüllung der Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion(31).

106. In diesem Zusammenhang ist der Eintragung einer dem Deutschen entnommenen Wortmarke in Schweden, einem nicht deutschsprachigen Land, besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

107. So kann dieser Umstand zweifellos belegen, dass die Marke nur eine Hilfsfunktion erfüllte, die jedoch für das Ziel, den Domänennamen zu erlangen, erforderlich war. Die Klägerin hätte in einem deutschsprachigen Land bei lauterem Verhalten keine Eintragung der Marke „Reifen“ erlangen können, da generische Wortzeichen nicht unterscheidungskräftig sind, insbesondere wenn sie beschreibend sind(32). Gerade in diesen Ländern müsste der Schutz der Marke aber die Bedürfnisse ihrer Inhaberin befriedigen, da ihr Zielmarkt, der Reifenmarkt, laut dem vorlegenden Gericht sich auf diese deutschsprachigen Länder beschränkt.

108. Gattungsbezeichnungen sind von einer „.de“- oder „.at“-Registrierung nicht ausgeschlossen, ebenso wenig wie von einer „.eu“-Registrierung(33). Da aber die Klägerin keine Eintragung der generischen Marke „Reifen“ für die deutschsprachigen Märkte erlangen konnte, auf denen sie beabsichtigte, ihrer Tätigkeit zu entfalten, hätte sie die Eröffnung der sogenannten „Landrush“-Phase abwarten müssen, um zu versuchen, ihren Domänennamen unter den gleichen Bedingungen wie andere Personen zu erlangen, die denselben Namen registrieren lassen wollen, und zwar nach dem Windhundverfahren(34), der modernen Version des römischen Sinnspruchs „prior tempore potior iure“(35).

109. Durch den Kunstgriff der Klägerin, eine Marke anzumelden, die sie nicht zu nutzen beabsichtigte, hat sie es nur vermieden, die Eröffnung der allgemeinen Registrierung („Landrush Period“) abwarten zu müssen, zum Nachteil der anderen Interessenten an diesem Domänennamen und somit gegen den Geist der Verordnung Nr. 874/2004, wonach auch in diesem Zeitraum das Windhundverfahren zur Anwendung gelangen sollte.

110. Schließlich ist noch die möglicherweise missbräuchliche Verwendung des Zeichens „&“ durch die Klägerin zur Beeinflussung der Anwendung der Transkriptionsregeln des Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 zu berücksichtigen.

111. Der zweite Umstand, der dazu beitrug, dass die Klägerin den Domänennamen unter Vermeidung des Wettbewerbs in der „Landrush“‑Phase erlangte, war die Anmeldung der Marke unter unverhältnismäßiger und unlogischer Verwendung des Symbols „&“. Das Symbol „&“ im Zeichen „&R&E&I&F&E&N&“ hat dadurch die Tendenz, seine traditionelle Bedeutung („and“, „und“) zu verlieren, und verkommt zu einer Art Kulisse, einem ornamentalen Hintergrund des in Wahrheit gewollten Wortes, was seine Entfernung, aber nicht seine Transkription, bei der Registrierung rechtfertigt.

112. Im Übrigen könnten sich auch durch die Massenanmeldung von 33 Marken beim schwedischen Register, alle unter derselben Verwendung des Symbols „&“, die Hinweise für das Fehlen guten Glaubens des Domäneninhabers verdichten, da diese Anmeldungen gegebenenfalls unter eine der in Art. 21 Abs. 3 Buchst. a, b oder d aufgeführten, für „Domaingrabbing“ typischen Verhaltensweisen fallen könnten.

113. Vor diesem Hintergrund ist auch an das Verbot des „Rechtsmissbrauchs“ zu erinnern, zu dem der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass der Nachweis eines Missbrauchs voraussetzt, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde, und dass er ein subjektives Element voraussetzt, nämlich die Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden(36).

114. Nach alledem ist auf die Fragen 4 und 5 zu antworten, dass das nationale Gericht bei der Prüfung der Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 in Verbindung mit Abs. 3 dieser Bestimmung, dessen Kriterien nicht abschließend sind, alle relevanten Umstände des Falles berücksichtigen muss, darunter insbesondere

–        die Voraussetzungen, unter denen die Marke erworben wurde, insbesondere die Absicht, sie nicht auf dem Markt zu nutzen, für den der Schutz beantragt wurde,

–        die Tatsache, dass es sich um einen der deutschen Sprache entnommenen Gattungsbegriff handelt, und

–        die möglicherweise missbräuchliche Verwendung des Zeichens „&“, um die Anwendung der Transkriptionsregeln des Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 zu beeinflussen,

sofern der einzige Zweck der Anmeldung darin bestand, die Registrierung des der Marke entsprechenden Domänennamens in der ersten in dieser Verordnung vorgesehenen Phase der gestaffelten Registrierung von Domänennamen („Sunrise Period“) beantragen zu können.

VII – Zusammenfassung

115. Die in den vorliegenden Schlussanträgen vorgenommene Analyse bringt mich dazu, eine Lösung vorzuschlagen, wonach zwar das Bestehen eines Rechts der Klägerin nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 874/2004 kaum geleugnet werden kann, aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Umstände aber dennoch Bösgläubigkeit der Klägerin vorliegen könnte.

116. So stellt die Erlangung einer nationalen Marke ein Recht dar, das ihr die von dieser Bestimmung geforderte Rechtsposition verschafft, und nur die Nichtigerklärung dieser Marke nach den einschlägigen nationalen Verfahren kann ihr dieses Recht wieder entziehen. Die Abweichung der Marke vom Domänennamen ist auf eine wahrscheinlich korrekte Anwendung der Transkriptionsregeln zurückzuführen, so dass ihr diese Abweichung auch nicht vorgeworfen werden könnte, um ihr Recht im Sinne dieses Art. 21 Abs. 1 Buchst. a zunichte zu machen.

117. Die verschiedenen von der Klägerin unternommenen Schritte stellen aber die Glieder einer Kette dar, an deren Ende die Registrierung des Domänennamens steht. Trotz der Tatsache, dass alle diese Schritte bei isolierter Betrachtung formal rechtswirksam sind, lässt der Vorgang in seiner Gesamtheit die Absicht erkennen, die Bestimmungen der Verordnung durch den Einsatz einer Marke zu unterlaufen, die die Klägerin nur dafür benötigt, um die erste Phase der gestaffelten Registrierung von Domänennamen nutzen zu können. Dadurch erlangte sie einen Vorteil gegenüber den anderen Interessenten an demselben Domänennamen, der im Deutschen zudem ein Gattungsbegriff ist, den sie nicht erlangt hätte, wenn sie sich lauter verhalten hätte.

118. Durch ihr missbräuchliches Verhalten hinderte sie nämlich andere Interessenten daran, sich an der Vergabe des Domänennamens nach dem Windhundverfahren zu beteiligen. Dieses Verhalten als „gewitzten Schachzug“ zu akzeptieren, liefe darauf hinaus, im Widerspruch zum Geist der Verordnung den Wettlauf zur Bestimmung des Schnellsten durch einen Wettlauf zur Bestimmung des Raffiniertesten, desjenigen, der die vorteilhafteste Abkürzung findet, zu ersetzen.

VIII – Ergebnis

119. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Obersten Gerichtshofs wie folgt zu beantworten:

1.         Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 der Kommission vom 28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung ist dahin auszulegen, dass der Inhaber einer nationalen Marke ein Recht im Sinne dieser Bestimmung hat, solange die Marke nicht von den zuständigen Behörden oder Gerichten nach den im nationalen Recht festgelegten Verfahren wegen Bösgläubigkeit oder aus einem anderen Grund für nichtig erklärt wurde.

Dieses Recht besteht auch dann, wenn die der Domänenregistrierung zugrunde liegende Marke vom Domänennamen abweicht, weil aus dem Domänennamen Sonderzeichen, die diese Marke enthielt, korrekt entfernt wurden. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Sonderzeichen hätten transkribiert werden können.

2.         Das nationale Gericht muss bei der Prüfung der Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 in Verbindung mit Abs. 3 dieser Bestimmung, dessen Kriterien nicht abschließend sind, alle relevanten Umstände des Falles berücksichtigen, darunter insbesondere

–      die Voraussetzungen, unter denen die Marke erworben wurde, insbesondere die Absicht, sie nicht auf dem Markt zu nutzen, für den der Schutz beantragt wurde,

–      die Tatsache, dass es sich um einen der deutschen Sprache entnommenen Gattungsbegriff handelt, und

–      die möglicherweise missbräuchliche Verwendung des Zeichens „&“, um die Anwendung der Transkriptionsregeln des Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 zu beeinflussen,

sofern der einzige Zweck der Anmeldung darin bestand, die Registrierung des der Marke entsprechenden Domänennamens in der ersten in dieser Verordnung vorgesehenen Phase der gestaffelten Registrierung von Domänennamen („Sunrise Period“) beantragen zu können.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Verordnung der Kommission vom 28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung (ABl. L 162, S. 40).


3 – Laut dem vorlegenden Gericht besteht die Marke aus den drei ersten Buchstaben der deutschen Wörter „Reinigungsmittel“ und „Fenster“, die insgesamt das Wort „Reifen“ ergeben.


4 – ABl. L 113, S. 1.


5 – Akronym der in der einschlägigen Fachsprache bekannteren und gebräuchlicheren englischen Bezeichnung „Alternative Dispute Resolution“.


6 – In der Sache Nr. 00 910.


7 – Erste Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1).


8 – Verordnung des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1). Diese Verordnung wurde aufgehoben und durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1), die seit 13. April 2009 in Kraft steht, ersetzt. Es handelt sich jedoch nur um eine kodifizierte Fassung, durch die die wichtigsten Bestimmungen in der Sache nicht geändert wurden.


9 – Urteil vom 9. März 2006, Matratzen Concord (C‑421/04, Slg. 2006, I‑2303).


10 – Der Gerichtshof gibt den vorlegenden Gerichten in ständiger Rechtsprechung die für die Entscheidung der Rechtssachen, in denen sich die Vorlagefragen stellen, sachdienlichen Antworten; vgl. z. B. Urteile vom 23. April 1991, Höfner und Elser (C‑41/90, Slg. 1991, I‑1979, Randnr. 16), vom 24. März 2009, Danske Slagterier (C‑445/06, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29), und vom 19. November 2009, Sturgeon u. a. (C‑402/07 und C‑432/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 28).


11 – Regel A5 der Regeln für die alternative Streitbeilegung in .eu-Domainnamenstreitigkeiten (im Folgenden: ADR-Regeln; vgl. http://eu.adr.eu/html/de/adr/adr_rules/adr%20rules_GER.pdf) sieht in diesem Sinne vor, dass „[d]as ADR-Verfahren … vorbehaltlich des vorstehenden Artikels A4(c) unbeeinflusst durch andere Gerichtsverfahren [erfolgt]“, der wie folgt lautet: „Die Schiedskommission stellt das ADR-Verfahren ein, falls sie davon erfährt, dass über den Streitgegenstand der Beschwerde rechtskräftig von einem zuständigen Gericht oder einer Stelle zur alternativen Streitbeilegung entschieden worden ist.“ Zudem zeigen diese Bestimmungen, dass es sich entgegen einer anderen Auffassung um kein obligatorisches Verfahren handelt; ebenso Muñoz, Rodolphe, „L’enregistrement d’un nom de domaine ‚.eu‘“, Journal des tribunaux – Droit Européen, 2005, Nr. 120, S. 164.


12 – Bettinger, T., „Alternative Streitbeilegung für ‚.EU‘“, Wettbewerb in Recht und Praxis, 2006, Nr. 5, S. 551.


13 – Fromkin, M., „ICANN’s Uniform Dispute Resolution Policy, Causes and (Partial) cures“, Brooklyn Law Review, Band 67, Frühling 2002, Nr. 3, S. 636.


14 – Dies wurde als ungerecht angeprangert, u. a. deshalb – um hier nur auf die Fristen einzugehen –, weil das Klagerecht des Markeninhabers vor den Gerichten keiner zeitlichen Einschränkung unterliegt, während im Gegensatz dazu dem Inhaber eines streitigen Domänennamens nur 30 Tage zur Verfügung stehen, um die Entscheidung des Schiedsgerichts vor die nationalen Gerichte zu bringen. Defossez, A., „Conflits entre titulaires de nom de domaine .eu et de droit de marque: une première analyse“, Revue du Droit de l’Union Européenne, 2007, Nr. 2, S. 375.


15 – Diese für die genannte Art von Verfahren typische Situation, bekannt als „trademark bias“, ist nicht ohne Kritik geblieben. Vgl. Fromkin, M., a. a. O. (Fn. 13), S. 674. Vgl. auch Tardieu‑Guigues, E., „‚Eurostar.eu‘, la première contestation judiciaire de l’enregistrement d’un nom de domaine en < .eu >“, Revue LAMY droit de l’immatériel, April 2006, Nr. 15, S. 35, für den „die allgemeinen Grundsätze, die die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten in außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren bestimmen, den Interessen der Antragsteller [bezüglich Domänennamen] nicht förderlich sind“.


16 – Zum Begriff „ernsthafte Benutzung“ vgl. u. a. die Urteile des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007, Häupl (C‑246/05, Slg. 2007, I‑4673), vom 9. Dezember 2008, Verein Radetzky-Orden (C‑442/07, Slg. 2008, I‑9187), und vom 15. Januar 2009, Silberquelle (C‑495/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


17 – Urteile Matratzen Concord, oben in Fn. 9 angeführt, Randnrn. 25 und 32, und vom 25. Oktober 2007, Develey/HABM (C‑238/06 P, Slg. 2007, I‑9375, Randnr. 58).


18 – Dieser Abgrenzung scheint auch das Tschechische Schiedsgericht zu folgen; Scheunemann, K., Die .eu. Domain – Registrierung und Streitbeilegung, Nomos, Baden-Baden 2008, S. 240.


19 – Dieser lautet wie folgt: „Ansonsten muss der Domänenname mit den Text- oder Wortelementen des beanspruchten Namens übereinstimmen.“


20 – Dieser Auslegung scheinen sich auch die ADR-Schiedskommissionen angeschlossen zu haben, was jedoch nicht zu einer Eindämmung von Betrugsfällen geführt hat; Mietzel, J. G., „Die ersten 200 ADR-Entscheidungen zu .eu‑Domains – Im Spagat zwischen Recht und Gerechtigkeit“, Multimedia und Recht, 2007, Nr. 5, S. 284.


21 – So lautet diese Bestimmung auf Englisch „A legitimate interest within the meaning of point (a) of paragraph 1 may be demonstrated where“; auf Französisch „L’existence d’un intérêt légitime au sens du paragraphe 1, point a), peut être démontrée quand:“; auf Italienisch „Il legittimo interesse ai sensi del paragrafo 1, lettera a), può essere dimostrato ove:“; auf Spanisch „Podrá quedar demostrada la existencia de intereses legítimos a efectos de la letra a) del apartado 1 en los casos en que:“; auf Niederländisch „Een gewettigd belang in de zin van lid 1, onder a), kan worden aangetoond wanneer:“ und auf Slowenisch „Legitimen interes v smislu točke (a) odstavka 1 se lahko izkaže, če:“ (Hervorhebung nur hier).


22 – Nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004.


23 – Das folgt aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004, der insoweit nur „geeignete Sachkenntnis“ verlangt.


24 – Diese Auffassung wird zumindest von einem Teil der Lehre vertreten; Bettinger, T., Willoughby, A., und Abel, S. M., Domain Law and Practice – An International Handbook, Oxford 2005, S. 278; Scheunemann, K., a. a. O. (Fn. 18), S. 245.


25 – Siehe Nrn. 84 und 85 der vorliegenden Schlussanträge.


26 – Im Englischen „Bad faith, within the meaning of point (b) of paragraph 1 may be demonstrated, where:“; im Französischen „La mauvaise foi au sens du paragraphe 1, point b), peut être démontrée quand:“; im Italienischen „La malafede ai sensi del paragrafo 1, lettera b), può essere dimostrata ove:“; im Spanischen „Podrá quedar demostrada la mala fe a efectos de la letra b) del apartado 1 en los casos en que …“; im Niederländischen „Kwade trouw in de zin van lid 1, onder b), kan worden aangetoond wanneer:“ und im Slowenischen „Nepoštenost v smislu točke (b) odstavka 1 se lahko izkaže, če:“ (Hervorhebung nur hier).


27 – Eine gegenteilige Auffassung, im Sinne eines abschließenden Charakters der Liste, wurde mit dem Argument vertreten, dass, füge man den ausdrücklich vorgesehenen Gründen eine allgemeine Gutglaubensklausel hinzu, die Gefahr unterschiedlicher Auslegungen durch die verschiedenen nationalen Spruchkörper geschaffen werde, und dies anhand dem Markenrecht entnommener Kriterien, die kaum mit denen des Rechts der Domänennamen übereinstimmten; Kipping, D., Das Recht der .eu‑Domains, Carl Heymanns, Köln/München 2008, S. 40. Der Vergleich verschiedener Sprachfassungen ist jedoch die vom Gerichtshof traditionellerweise zur Ermittlung der Bedeutung gemeinschaftlicher Rechtstexte angewandte Methode. Wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Fehler nur in einer der Sprachen zu finden ist und alle anderen denselben semantischen Gehalt haben, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass diese Fassung eben fehlerhaft ist. Darüber hinaus nimmt auch Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 874/2004 auf den guten Glauben als Generalklausel und nicht nur in Verbindung mit den Kriterien des Art. 21 Bezug, ohne dass diese Klausel in irgendeiner Weise einschränkend ausgelegt werden müsste.


28 – Vgl. Nr. 87 der vorliegenden Schlussanträge.


29 – Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C‑529/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37).


30 – Vgl. insbesondere Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM (C‑456/01 P und C‑457/01 P, Slg. 2004, I‑5089, Randnr. 48).


31 – Zu den anderen, vom Gerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung anerkannten Funktionen der Marke vgl. Urteil vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a. (C‑487/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58).


32 – Vgl. zum deutschen Recht Ströbele, P., „Absolute Schutzhindernisse – Unterscheidungskraft“, Ströbele/Hacker, Markengesetz: Kommentar, 9. Auflage, Carl Heymanns, Köln 2009, S. 242.


33 – Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zwischen den nationalen Rechtsordnungen gewisse Unterschiede bestehen. So scheint in Österreich selbst das ursprüngliche Misstrauen der Rechtsprechung gegenüber der Vereinbarkeit der Registrierung von Gattungsbegriffen als Domänennamen mit dem guten Glauben abgenommen zu haben; Haller, A., „Internet‑Domains – ein Überblick“, Brenn (Hrsg.), E‑Commerce‑Gesetz (ECG), 2002, S. 109; hingegen verbietet das spanische Recht per Gesetz ausdrücklich die Registrierung von Gattungsbegriffen, die Produkte, Dienstleistungen, Niederlassungen, Geschäftsbereiche, Berufe, Religionen usw. bezeichnen; Plaza Penadés, J., „Propiedad intelectual y sociedad de la información“, García Mexía, P. (Hrsg.), Principios de Derecho de Internet, Tirant lo Blanch, Valencia 2005, S. 380; in Italien wiederum ist die Registrierung von Gattungsbegriffen gesetzlich nicht verboten, aber die Rechtsprechung scheint ebenfalls in die Richtung eines zumindest teilweisen Verbots zu gehen; Casaburi, G., „Nomi a dominio Internet e tutela della proprietà industriale“, Rivista Giuridica di merito De Jure, Nr. 5, 2008, S. 12; in Frankreich und im Vereinigten Königreich scheint kein Verbot der Registrierung generischer Domänennamen zu bestehen; zum französischen Recht Azéma, J./Galloux, J.‑C., Droit de la propriété industrielle, 6. Auflage, Dalloz, Paris 2006, S. 917; zum britischen Recht vgl. Morcom, Roughton, Graham & Malynicz, The modern law of trade marks, 2. Auflage, LexisNexis Butterworths, London 2005, S. 377 und 378.


34 – Vgl. den elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 874/2004: „… Nach dem Abschluss der stufenweisen Registrierung sollte die Vergabe von Domänennamen generell nach dem Windhundverfahren erfolgen.“


35Codex Iustinianus. Corpus Iuris Civilis, Bd. II, Krüger, Berlin 1954, 8.17 (18)3(4).


36 – Urteile vom 14. Dezember 2000, Emsland‑Stärke (C‑110/99, Slg. 2000, I‑11569, Randnrn. 52 und 53), und vom 21. Juli 2005, Eichsfelder Schlachtbetrieb (C‑515/03, Slg. 2005, I‑7355, Randnr. 39).