Schlüsselwörter
Leitsätze

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Vorabentscheidungsverfahren – Anrufung des Gerichtshofs – Einzelstaatliches Gericht im Sinne von Art. 234 EG – Begriff

(Art. 234 EG)

Leitsätze

Zur Beurteilung der rein gemeinschaftsrechtlichen Frage, ob es sich bei einer vorlegenden Einrichtung um ein Gericht im Sinne von Art. 234 EG handelt, stellt der Gerichtshof auf eine Reihe von Gesichtspunkten ab, wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit.

Was im Einzelnen die Unabhängigkeit der vorlegenden Einrichtung betrifft, so setzt sie voraus, dass die betreffende Stelle vor Interventionen oder Druck von außen geschützt ist, die die Unabhängigkeit des Urteilens ihrer Mitglieder im Hinblick auf die ihnen unterbreiteten Rechtsstreitigkeiten gefährden könnten. Diese Garantien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit setzen voraus, dass es Regeln insbesondere für die Zusammensetzung der Einrichtung, die Ernennung, die Amtsdauer und die Gründe für Enthaltung, Ablehnung und Abberufung ihrer Mitglieder gibt, die es ermöglichen, bei den Rechtsunterworfenen jeden berechtigten Zweifel an der Unempfänglichkeit der genannten Stelle für Einflussnahmen von außen und an ihrer Neutralität in Bezug auf die einander gegenüberstehenden Interessen auszuräumen. Die Voraussetzung der Unabhängigkeit der vorlegenden Einrichtung ist insbesondere nur dann erfüllt, wenn die Fälle, in denen die Mitglieder der Einrichtung abberufen werden können, durch ausdrückliche Gesetzesbestimmungen festgelegt sind.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Prud’homie de pêche de Martigues (Frankreich) die Voraussetzung der Unabhängigkeit der vorlegenden Einrichtung erfüllt; sie ist daher kein Gericht im Sinne von Art. 234 EG. Zum einen unterliegen nämlich zumindest einige Tätigkeiten der Prud’hommes pêcheurs der Aufsicht der Verwaltungsbehörden. Zum anderen ist die Abberufung der Prud’hommes pêcheurs offenkundig nicht mit besonderen Garantien verbunden, die es ermöglichen würden, jeden berechtigten Zweifel an der Unempfänglichkeit der Prud’homie für Einflussnahmen von außen auszuräumen.

(vgl. Randnrn. 22-25, 28, 30-31)