1. Europäische Union – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands – Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen – Verbot der Doppelbestrafung
(Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, Art. 54 bis 58)
2. Europäische Union – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands – Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen – Verbot der Doppelbestrafung
(Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, Art. 54)
3. Europäische Union – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands – Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen – Verbot der Doppelbestrafung
(Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, Art. 54)
1. Da Art. 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (SDÜ) nicht vorsieht, dass der Betroffene zwingend im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien abgeurteilt werden muss, darf diese Vorschrift, die den Schutz einer endgültig abgeurteilten Person gegen neue Strafverfolgung wegen derselben Tat bezweckt, nicht so ausgelegt werden, dass die Art. 54 bis 58 SDÜ nie auf Personen Anwendung finden, die von einer Vertragspartei abgeurteilt wurden, die ihre Hoheitsgewalt außerhalb des von diesem Abkommen erfassten Gebiets ausgeübt hat.
(vgl. Randnr. 30)
2. Art. 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (SDÜ) impliziert unabhängig davon, ob er auf ein im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats in Abwesenheit ergangenes Urteil oder auf ein gewöhnliches Urteil angewandt wird, zwingend, dass ein gegenseitiges Vertrauen der Vertragsstaaten in ihre jeweiligen Strafjustizsysteme besteht und dass jeder von ihnen die Anwendung des in den anderen Vertragsstaaten geltenden Strafrechts akzeptiert, auch wenn die Durchführung seines eigenen nationalen Rechts zu einem anderen Ergebnis führen würde.
Aus dem Wortlaut dieses Artikels ergibt sich nämlich, dass Verurteilungen in Abwesenheit nicht von seinem Anwendungsbereich ausgenommen sind, da die Anwendung dieser Vorschrift nur eine rechtskräftige Aburteilung durch eine Vertragspartei voraussetzt.
Allein der Umstand, dass das Verfahren in Abwesenheit nach dem für das fragliche Verfahren maßgebenden nationalen Recht die Wiedereröffnung des Prozesses impliziert hätte, wenn der Betroffene während des Laufs der Verjährungsfrist ergriffen worden wäre, schließt es als solcher nicht aus, dass die Verurteilung in Abwesenheit dennoch als rechtskräftige Entscheidung im Sinne von Art. 54 SDÜ qualifiziert wird.
(vgl. Randnrn. 35, 37, 40)
3. Das in Art. 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (SDÜ) niedergelegte Verbot der Doppelbestrafung findet auf ein Strafverfahren Anwendung, das in einem Vertragsstaat wegen einer Tat eingeleitet wird, für die der Angeklagte bereits in einem anderen Vertragsstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, auch wenn die Strafe, zu der er verurteilt wurde, nach dem Recht des Urteilsstaats wegen im Recht dieses Staates bestehender verfahrensrechtlicher Besonderheiten nie unmittelbar vollstreckt werden konnte.
Die in dieser Vorschrift niedergelegte Voraussetzung hinsichtlich der Vollstreckung ist insoweit erfüllt, wenn bei Einleitung des zweiten Strafverfahrens gegen dieselbe Person wegen der Tat, die zu einer Verurteilung im ersten Vertragsstaat geführt hat, festgestellt wird, dass die in diesem ersten Vertragsstaat verhängte Sanktion nach dem Recht dieses Staates nicht mehr vollstreckt werden kann.
(vgl. Randnrn. 48, 52 und Tenor)