Schlußanträge des Generalanwalts

Schlußanträge des Generalanwalts

1. Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren hat sich der Gerichtshof mit dem Vorwurf eines Missbrauchs einer beherrschenden Stellung durch auf Verdrängung ausgerichtete Preise zu beschäftigen, d. h. einer Form des Missbrauchs, die zur Kategorie der auf Ausschluss oder „Ausschaltung“ abzielenden Praktiken beherrschender Unternehmen gehört(2) . Die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Verdrängungspreisen besteht im Wesentlichen in den Urteilen AKZO(3) und Tetra Pak II(4) .

2. Dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren liegt eine Entscheidung der Kommission vom 16. Juli 2003(5) zugrunde, mit der diese festgestellt hatte, dass das Unternehmen Wanadoo Interactive SA gegen Art. 82 EG verstoßen habe, indem es im Rahmen einer Strategie zur Vereinnahmung des gerade im Entstehen begriffenen Marktes für Breitband-Internetzugänge für seine Dienste eXtense und Wanadoo ADSL(6) (im Folgenden: fragliche Dienste) Verdrängungspreise festgelegt habe, mit denen es bis August 2001 seine variablen Kosten und ab August 2001 seine Vollkosten nicht habe decken können.(7) Die Kommission verpflichtete das Unternehmen, den Verstoß abzustellen und eine Geldbuße in Höhe von 10,35 Millionen Euro zu zahlen.(8)

3. Mit Urteil vom 30. Januar 2007 in der Rechtssache France Télécom/Kommission(9) (im Folgenden: angefochtenes Urteil) hat das Gericht erster Instanz die angefochtene Entscheidung bestätigt. Mit ihrem vorliegenden Rechtsmittel beantragt die France Télécom SA (im Folgenden: FT oder Rechtsmittelführerin), früher Wanadoo Interactive SA (im Folgenden: WIN), die Aufhebung des angefochtenen Urteils.

I – Vorgeschichte des Rechtsstreits

4. Das Gericht hat den Sachverhalt des Rechtsstreits in den Randnrn. 1 bis 11 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammengefasst:

„1 Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Breitband-Internetzugangs beschloss die Kommission im Juli 1999[(10) ], in der [EU] eine branchenweite Untersuchung einzuleiten, bei der es u. a. um die Bereitstellung des Zugangs zum Ortsanschlussnetz und dessen Verwendung durch Privatkunden ging. In diesem Rahmen sah sich die Kommission durch die eingeholten Informationen veranlasst, die Tarifgestaltung der [WIN] für die Bereitstellung des Breitband-Internetzugangs für Privatkunden in Frankreich eingehend zu prüfen. Zu diesem Zweck leitete sie im September 2001 von Amts wegen ein Verfahren ein.

2 WIN war im relevanten Zeitraum eine Gesellschaft der France-Télécom-Gruppe. Ihr Kapital wurde zu 99,9 % von der Wanadoo SA gehalten. Die Beteiligung von [FT] am Kapital von Wanadoo schwankte im betreffenden Zeitraum zwischen 70 % und 72,2 %. Die aus Wanadoo und ihren Tochtergesellschaften bestehende Unternehmensgruppe … war mit allen Internet-Aktivitäten der [FT] und mit der Herausgabe von Telefonbüchern befasst. … WIN [trug] die operative und technische Verantwortung für die Internetzugangsdienste in Frankreich einschließlich der ADSL-Dienste …

3 Die Kommission übermittelte WIN am 19. Dezember 2001 eine erste Mitteilung der Beschwerdepunkte … und am 9. August 2002 eine zusätzliche Mitteilung von Beschwerdepunkten …; WIN beantwortete diese Mitteilungen am 4. März und am 23. Oktober 2002.

4 Am 16. Januar 2003 übermittelte die Kommission WIN ein als ‚Tatbestandsschreiben‘ qualifiziertes Schriftstück … und gestattete ihr, die diesem Schreiben zugrunde liegenden Akten einzusehen. Die … Einsichtnahme durch WIN fand am 23. und 27. Januar 2003 statt. Mit Schreiben vom 26. Februar 2003 ersuchte WIN die Kommission um Erläuterungen zu verschiedenen Punkten des Tatbestandsschreibens. Die Kommission antwortete mit Schreiben vom 28. Februar 2003, woraufhin WIN mit Schriftsatz vom 4. März 2003 zum Tatbestandsschreiben Stellung nahm.

5 Mit [der angefochtenen Entscheidung] stellte die Kommission fest, dass [WIN gegen Art. 82 EG verstoßen habe(11) ], gab WIN auf, diesen Verstoß abzustellen … und erlegte ihr eine Geldbuße in Höhe von 10,35 Millionen Euro auf …

6 In der Entscheidung wird als relevanter Markt der französische Markt für den Breitband-Internetzugang von Privatkunden definiert. Die Produkte, auf die sich die Zuwiderhandlung erstrecken soll, sind die Breitband-Internetzugangsleistungen unter Nutzung von ADSL-Technologie (Wanadoo ADSL und eXtense).

7 Nach den Angaben in der Entscheidung musste der Nutzer von Wanadoo ADSL im relevanten Zeitraum monatlich die Gebühr für die erbrachte Leistung an [FT], die Miete für das ADSL-Modem von [FT] sowie die Internetanschlussgebühr an WIN als Provider zahlen. Im Rahmen der Dienstleistungen von eXtense wurde das Modem vom Nutzer gekauft, der nur eine monatliche Anschlussgebühr für die Leistung von [FT] und den unbegrenzten Internetpauschalzugang an WIN zahlte.

8 Nach Prüfung verschiedener Gesichtspunkte, darunter der Marktanteile (Randnrn. 211 bis 222 der Entscheidung) und der Auswirkungen der Verbindung mit [FT] (Randnrn. 223 bis 228), kommt die Kommission zu dem Schluss, dass WIN auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung einnehme. Anschließend befasst sie sich mit dem Nachweis dafür, dass die von WIN praktizierte nicht kostendeckende Preisgestaltung mit einer absichtlichen Verdrängungsstrategie zur ‚Vereinnahmung‘ des Marktes einhergegangen sei und somit einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 82 EG darstelle (Randnr. 254).

9 Der Entscheidung zufolge begann die Zuwiderhandlung am 1. März 2001 und endete am 15. Oktober 2002, dem Tag des Inkrafttretens der von [FT] im März 2002 vorgeschlagenen Abhilfemaßnahme. Durch die praktizierten Tarife seien von März bis August 2001 die variablen Kosten und ab August 2001 die Vollkosten nicht gedeckt worden (Art. 1 der Entscheidung, siehe oben, Randnr. 5).

10 Die Entscheidung wurde WIN am 23. Juli 2003 zugestellt …

11 Infolge einer Verschmelzung am 1. September 2004 ist [FT] Rechtsnachfolgerin von WIN geworden.“

II – Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

5. Mit einer am 2. Oktober 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Nichtigkeitsklage wandte sich WIN gegen die angefochtene Entscheidung.

6. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage abgewiesen.

7. Zur Begründung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung hatte WIN vier Klagegründe angeführt, nämlich i) Verletzung der Verteidigungsrechte und wesentlicher Formvorschriften, ii) unzureichende Begründung, iii) Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Bestrafung und iv) Verletzung von Art. 82 EG.(12)

8. Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens ist lediglich der zweite Teil des vierten Klagegrundes (Verletzung von Art. 82 EG), in dem es um die Frage des Missbrauchs geht.(13) In jenem zweiten Teil hatte WIN im Wesentlichen geltend gemacht, die Kommission habe Art. 82 EG dadurch verletzt, dass sie rechtlich nicht hinreichend dargetan habe, dass die WIN ihre beherrschende Stellung durch Festlegung von Verdrängungspreisen für die fraglichen Dienste von März 2001 bis Oktober 2002 (im Folgenden: streitiger Zeitraum) missbraucht habe.

9. Dem lagen zwei Rügen zugrunde, und zwar in Bezug auf i) die Prüfung der Kostendeckung und ii) die von der Kommission vorgenommene Prüfung des Vorliegens von Verdrängungspreisen.

10. Zunächst einmal sind sich die Verfahrensbeteiligten im Wesentlichen offenbar über Folgendes einig:

– Bei den fraglichen Diensten handelt es sich um Abonnements für den Internetzugang, die sich daher über einen gewissen Zeitraum erstrecken; die durchschnittliche Dauer eines Abonnements beträgt 48 Monate;

– aus jedem Abonnement werden wiederkehrende Monatseinnahmen erzielt;

– die Kostenstruktur lässt sich aufschlüsseln in einerseits „Abonnentenakquisitionskosten“ oder „Gewinnungskosten“ wie Werbe- und Verkaufsförderungsausgaben, „Zubehörsets“ für Kunden usw. (die in die Kategorie der einmaligen Kosten fallen, da sie bei einem Unternehmen nur einmal anfallen, um sich einen Abonnementsvertrag mit einem Kunden sichern zu können), sowie andererseits „Produktionskosten“ und „Netzkosten“ (die in die Kategorie der wiederkehrenden Kosten fallen, da sie bei der Erbringung des abonnierten Dienstes anfallen und dem Unternehmen in jedem Monat entstehen; hierbei kann es sich entweder um variable Kosten wie die Kosten für den Zugang zum FT‑Netz, die FT auf Grundlage der Abonnentenzahl in Rechnung stellt, oder um Fixkosten wie die Betriebskosten des Unternehmens handeln).

11. Zur Feststellung der Kostendeckung hatte die Kommission im Wesentlichen die Monatseinnahmen der Summe gegenübergestellt, die sich aus den wiederkehrenden monatlichen Kosten und dem Teil der einmaligen Kosten ergibt, der auf einen Monat entfällt, wenn man die einmaligen Kosten auf 48 Monate verteilt. Insbesondere hatte die Kommission den Durchschnitt der auf diese Weise ermittelten Relationswerte für vier aufeinanderfolgende Zeiträume berechnet: vom 1. Januar 2001 bis 31. Juli 2001, vom 1. August 2001 bis 15. Oktober 2001, vom 15. Oktober 2001 bis 15. Februar 2002 und vom 15. Februar 2002 bis 15. Oktober 2002.

A – Zu den Rügen in Bezug auf die Prüfung der Kostendeckung

12. Das Gericht führt aus(14), dass „[i]n Anwendung dieser Methode … die Kommission zu der Auffassung [gelangte], dass die von WIN praktizierten Preise ihr bis August 2001 keine Deckung ihrer variablen Kosten und von Januar 2001 bis Oktober 2002 keine Deckung ihrer Vollkosten erlaubten …, wobei die Nichtdeckung der Vollkosten bis August 2001 in Anbetracht des Deckungsgrads der variablen Kosten außer Zweifel stehe“.

13. Zum Einwand von WIN bezüglich der von der Kommission gewählten Methode zur Berechnung des Kostendeckungsgrads weist das Gericht vorab darauf hin, dass der Kommission ein weites Ermessen zuzugestehen sei, da sie bei der Wahl dieser Methode eine komplexe wirtschaftliche Beurteilung vornehmen müsse. Die gerichtliche Kontrolle müsse sich daher auf die Prüfung beschränken, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten worden seien, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden sei und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliege.(15)

14. Unter Verweis auf die Urteile AKZO und Tetra Pak II(16) führt das Gericht sodann aus, dass „zum einen bei Preisen, die unter den durchschnittlichen variablen Kosten liegen, vermutet werden kann, dass es sich um Verdrängungspreise handelt, und dass zum anderen Preise, die unter den durchschnittlichen Gesamtkosten, aber über den durchschnittlichen variablen Kosten liegen, als missbräuchlich anzusehen sind, wenn sie im Rahmen eines Plans festgelegt wurden, der die Ausschaltung eines Mitbewerbers bezweckt“(17) .

15. Dem Gericht zufolge hat die Kommission im vorliegenden Fall der angefochtenen Entscheidung als Ansatz die tatsächliche Deckung der aufgeschlüsselten Kosten zugrunde gelegt. Die Kommission sei dabei nach dem Prinzip der Abschreibung eines Anlageguts von einer Verteilung der Kundenakquisitionskosten auf 48 Monate ausgegangen. Auf dieser Grundlage habe sie die Deckung der aufgeschlüsselten variablen Kosten und der aufgeschlüsselten Vollkosten getrennt voneinander geprüft.(18)

16. Im Weiteren weist das Gericht das Vorbringen von WIN zurück, dass die Kommission eine statische Prüfung der Deckung – ohne der Anpassung der wiederkehrenden monatlichen Kosten im Lauf der Zeit Rechnung zu tragen – vorgenommen habe, die – so das Gericht – für WIN wesentlich ungünstiger ausgefallen wäre. Das Gericht stellt fest, dass die Kommission für jeden betrachteten Abschnitt der Zuwiderhandlung und für alle Abonnenten die im streitigen Zeitraum eingetretenen schrittweisen Preissenkungen berücksichtigt habe. Sie habe sogar ihre Analyse danach strukturiert.(19)

17. Im Übrigen sei die Kommission zu Recht der Ansicht, dass die nach Oktober 2002 – und somit nach der Zuwiderhandlung – liegenden Einnahmen und Kosten bei der Beurteilung des Kostendeckungsgrads während des Betrachtungszeitraums keine Berücksichtigung finden könnten.(20)

18. Schließlich stellt das Gericht fest, dass selbst dann, wenn WIN dartun würde, dass die von ihr befürwortete Methode (d. h. die Discounted-Cashflow-Methode) in mancher Hinsicht geeignet sei, dies noch nicht als Beweis für die Unzulässigkeit der im vorliegenden Fall von der Kommission verwendeten Methode ausreichen könnte.(21)

19. Ferner hatte WIN geltend gemacht, der Kommission seien Fehler bei der Anwendung ihrer eigenen Berechnungsmethode unterlaufen, insbesondere bei ihren Berechnungen der Fixkosten und der variablen Kosten.

20. Hierzu führt das Gericht aus, dass unabhängig von der Zulässigkeit des genannten Klagegrundes der Umstand, dass die Kommission in Ausübung ihres Ermessens einen Deckungsgrad der variablen Kosten von 99,7 % möglicherweise nicht als Zuwiderhandlung eingestuft habe, sie nicht dazu verpflichten könne, einen Deckungsgrad der Vollkosten von 98 % oder 99 % genauso zu behandeln. Der Klagegrund sei somit zurückzuweisen, da er ins Leere gehe.(22)

B – Zu den Rügen in Bezug auf die Prüfung des Vorliegens von Verdrängungspreisen

21. Das Gericht verwirft auch die Rügen von WIN in Bezug auf die von der Kommission vorgenommene Prüfung des Vorliegens von Verdrängungspreisen.

22. Zunächst weist es das von WIN vorgetragene Argument zurück, jeder Wirtschaftsteilnehmer habe das Recht, sich nach Treu und Glauben dem zuvor von einem Mitbewerber praktizierten Preis anzupassen, selbst wenn dieser unter den Kosten des betreffenden Unternehmens läge.

23. Im Anschluss an die Feststellung, dass weder die Kommission in ihrer Entscheidungspraxis noch die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte ein generelles Recht eines beherrschenden Unternehmens, sich den Preisen der Konkurrenz anzupassen, anerkannt hätten, führt das Gericht aus, Unternehmen in beherrschender Stellung oblägen spezielle Pflichten und ihnen sei das Recht zu bestimmten Verhaltensweisen oder Maßnahmen abzusprechen, die für sich genommen nicht missbräuchlich seien und die bei nicht beherrschenden Unternehmen sogar nicht zu beanstanden wären.(23)

24. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass „WIN … sich zur Rechtfertigung ihres Verhaltens nicht auf ein generelles Recht berufen [kann], sich den Preisen ihrer Mitbewerber anzupassen. Passt sich das beherrschende Unternehmen den Preisen der Mitbewerber an, so ist dies zwar für sich genommen nicht missbräuchlich oder zu beanstanden; etwas anderes kann aber gelten, wenn es nicht nur zum Schutz seiner Interessen tätig wird, sondern diese beherrschende Stellung stärken und missbrauchen will“(24) .

25. Zweitens hält das Gericht auch die Rüge für unbegründet, die WIN auf das Fehlen eines Plans zur Verdrängung und Verringerung des Wettbewerbs gestützt hatte.

26. WIN hatte vorgetragen, die Kommission habe Art. 82 EG in schwerwiegender Weise dadurch verletzt, dass sie die Existenz eines solchen Plans angenommen habe. Nach Auffassung von WIN wäre eine derartige Verdrängungsstrategie angesichts der zum damaligen Zeitpunkt herrschenden Marktverhältnisse, insbesondere der niedrigen Zutrittsschranken, auch gar nicht vernünftig gewesen.(25)

27. Unter Verweis auf die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte erinnert das Gericht daran, dass bei Verdrängungspreisen im Falle von Preisen unterhalb der durchschnittlichen Gesamtkosten das Vorliegen eines Plans zur Verdrängung des Wettbewerbs und die Verdrängungsabsicht anhand gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte nachgewiesen werden müssten.(26) Die von der Kommission angeführten Erklärungen, die in internen Schriftstücken der Gesellschaft enthalten seien, stellten ferner jedenfalls ein Indiz für das Vorliegen eines Verdrängungsplans dar, zu dem weitere Anhaltspunkte hinzukämen. Das Gericht stellt fest, dass WIN in ihrer Klageschrift lediglich vage Behauptungen aufgestellt habe, die dem Gericht keine Entscheidung ermöglichten, und weist diese deshalb zurück. Es kommt zu dem Ergebnis, dass die Kommission gewichtige übereinstimmende Indizien für das Vorliegen eines Verdrängungsplans während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung vorgelegt habe.(27)

28. Drittens hatte WIN vorgetragen, der Verlustausgleich sei ein eigenständiges Element der Prüfung des Vorliegens von Verdrängungspreisen, für das die Kommission den Beweis erbringen müsse. Die Kommission begehe daher einen schweren Rechtsfehler, wenn sie geltend mache, dass der Nachweis des Verlustausgleichs nicht erforderlich sei. Darüber hinaus habe die Kommission einen weiteren offensichtlichen Beurteilungsfehler, verbunden mit einem Rechtsfehler, begangen, als sie die Ansicht vertreten habe, dass sie den Beweis für einen möglichen Verlustausgleich erbracht habe.(28)

29. Das Gericht stellt fest, dass entsprechend den Urteilen AKZO und Tetra Pak II die Kommission zu Recht der Ansicht gewesen sei, dass der Nachweis eines Verlustausgleichs keine Vorbedingung für die Feststellung sei, dass Verdrängungspreise praktiziert worden seien. Nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte habe die Kommission Preise, die unter den durchschnittlichen variablen Kosten gelegen hätten, als missbräuchlich ansehen dürfen. In diesem Fall werde vermutet, dass solche Preise Verdrängungscharakter hätten. In Bezug auf die Vollkosten habe die Kommission außerdem den Beweis zu erbringen gehabt, dass die von WIN angewandten Verdrängungspreise Teil eines Plans zur „Vereinnahmung“ des Marktes gewesen seien. In beiden Fällen habe es nicht des zusätzlichen Beweises bedurft, dass WIN eine wirkliche Chance gehabt hätte, ihre Verluste wieder auszugleichen.(29)

III – Anträge

30. FT beantragt,

– das angefochtene Urteil aufzuheben und folglich

– den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen oder

– endgültig zu entscheiden und die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und damit den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen der Rechtsmittelführerin stattzugeben;

– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

31. Die Kommission beantragt,

– das Rechtsmittel zurückzuweisen;

– der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

IV – Rechtsmittel

32. Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf sieben Rechtsmittelgründe.

A – Erster Rechtsmittelgrund: Verletzung der Begründungspflicht

33. Der erste Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Rügen. Erstens sei das Gericht seiner Begründungspflicht in Bezug auf den möglichen Verlustausgleich, der habe nachgewiesen werden müssen, nicht nachgekommen.

34. Zweitens sei das Gericht seiner Begründungspflicht in Bezug auf das Recht, sich den Preisen der mit ihr im Wettbewerb stehenden Unternehmen anzupassen, das das Gericht ohne Erklärungen verneint habe, nicht nachgekommen.

35. Aus Zweckmäßigkeitsgründen werde ich diese beiden Rügen in umgekehrter Reihenfolge prüfen.

1. Recht, sich den Preisen der Mitbewerber anzupassen

a) Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

36. Die Rechtsmittelführerin wendet sich dagegen, dass das Gericht in Randnr. 187 des angefochtenen Urteils lediglich ausgeführt habe: „Passt sich das beherrschende Unternehmen den Preisen der Mitbewerber an, so ist dies zwar für sich genommen nicht missbräuchlich oder zu beanstanden; etwas anderes kann aber gelten , wenn es nicht nur zum Schutz seiner Interessen tätig wird, sondern diese beherrschende Stellung stärken und missbrauchen will“(30) (Hervorhebung nur hier). Die Rechtsmittelführerin trägt vor, dass es sich hierbei um eine rein hypothetische Aussage handele und dass das Gericht sich in keiner Form dazu geäußert habe, ob WIN im vorliegenden Fall eine Stärkung oder einen Missbrauch ihrer beherrschenden Stellung beabsichtigt habe.

37. Die Kommission trägt vor, die Rechtsmittelführerin habe vor dem Gericht lediglich eine „Anpassungsausnahme“ bzw. ein „grundsätzliches Anpassungsrecht“ geltend gemacht, das allen Unternehmen – ob in beherrschender Stellung oder nicht – selbst dann zustehe, wenn die Preise ihrer Mitbewerber so beschaffen seien, dass die eigenen Preise nach der Anpassung nicht mehr kostendeckend seien. Das Gericht habe daher das Bestehen eines solchen generellen Rechts zutreffend verneint.

b) Würdigung

38. Das Gericht befasst sich in den Randnrn. 176 bis 182 des angefochtenen Urteils mit dem Recht von WIN, ihre Preise an diejenigen ihrer Mitbewerber anzupassen. Nach seiner Auffassung kann nicht geltend gemacht werden, dass einem beherrschenden Unternehmen ein generelles Recht zustehe, sich an die Preise der Konkurrenz anzupassen. Dies sei von der Kommission in ihrer Entscheidungspraxis und von der Rechtsprechung anerkannt worden.

39. Ich halte diese Feststellung für zutreffend.

40. Allerdings bezieht sich das Gericht in Randnr. 185 des angefochtenen Urteils in einem allgemeinen Verweis auf die ständige Rechtsprechung, wonach zwar eine beherrschende Stellung einem Unternehmen, das eine solche Stellung einnimmt, nicht das Recht nehmen könne, seine eigenen geschäftlichen Interessen zu wahren, wenn diese bedroht seien, und ihm in angemessenem Umfang die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, so vorzugehen, wie es dies zum Schutz dieser Interessen für richtig halte; jedoch sei ein derartiges Verhalten nicht zulässig, wenn es gerade auf eine Verstärkung dieser beherrschenden Stellung und deren Missbrauch abziele.(31)

41. Sodann erinnert das Gericht in Randnr. 186 des angefochtenen Urteils an seine eigene Rechtsprechung, wonach aus der Natur der in Art. 82 EG verankerten Pflichten folge, dass Unternehmen in beherrschender Stellung unter besonderen Umständen das Recht zu bestimmten Verhaltensweisen oder Maßnahmen abzusprechen sei, die für sich genommen nicht missbräuchlich seien und die – so das Gericht – bei nicht beherrschenden Unternehmen sogar nicht zu beanstanden wären.(32)

42. Abschließend stellt das Gericht fest: „WIN kann sich zur Rechtfertigung ihres Verhaltens nicht auf ein generelles Recht berufen, sich den Preisen ihrer Mitbewerber anzupassen. Passt sich das beherrschende Unternehmen den Preisen der Mitbewerber an, so ist dies zwar für sich genommen nicht missbräuchlich oder zu beanstanden; etwas anderes kann aber gelten, wenn es nicht nur zum Schutz seiner Interessen tätig wird, sondern diese beherrschende Stellung stärken und missbrauchen will.“(33)

43. Das Gericht beschäftigt sich mit dem Recht eines beherrschenden Unternehmens, sich den Preisen seiner Mitbewerber anzupassen, offensichtlich nur in allgemeiner Form, ohne es jedoch auf den Sachverhalt der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden.

44. Mit anderen Worten: Das Gericht hat nicht speziell geprüft, ob WIN ihre Preise angepasst hat, um ihre beherrschende Stellung zu stärken oder zu missbrauchen. Meines Erachtens hat sich das Gericht mit dieser Frage im vorliegenden Fall überhaupt nicht beschäftigt.

45. Insoweit ist zu prüfen, ob das Gericht der förmlichen Begründungspflicht aus Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs nachgekommen ist, der kraft Art. 53 Abs. 1 der Satzung auch auf das Gericht Anwendung findet. Nach Art. 36 sind die Urteile mit Gründen zu versehen.(34)

46. Wie Generalanwalt Léger in den Schlussanträgen in der Rechtssache Acerinox ausführt, müssen „[a]us der Begründung eines Urteils … die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann“(35) .

47. Während die Kommission vor dem Gericht vorgetragen hatte, dass die Anpassungsbefugnis dem beherrschenden Unternehmen verweigert werden müsse, wenn sie dazu führe, dass im beherrschenden Unternehmen die Kosten des fraglichen Dienstes nicht gedeckt würden(36), ist festzuhalten, dass die Antwort des Gerichts zu diesem Punkt etwas subtiler ausfällt. Der Formulierung in Randnr. 187 des angefochtenen Urteils lässt sich durchaus entnehmen, dass das Gericht bestrebt war, für zukünftige Entscheidungen in Fällen, in denen ein beherrschendes Unternehmen nicht kostendeckende Preise festlegt, die Möglichkeit zu einem „Einwand des Gleichziehens mit den Konkurrenten“ offenzuhalten.

48. Nach dem Hinweis auf die dem Urteil United Brands/Kommission folgende Rechtsprechung(37) sowie auf die Rechtsprechung zu den speziellen Pflichten von Unternehmen in beherrschender Stellung wählt das Gericht bei der Beantwortung der von ihm selbst in Randnr. 184 des angefochtenen Urteils gestellten Frage zur Beschreibung dessen, was eine zulässige Anpassung an die Preise der Konkurrenz darstelle, eine Formel, die leicht von der Definition abweicht, die die Kommission für die Prüfung postuliert und in der angefochtenen Entscheidung anwendet und die in den Randnrn. 176 und 183 des angefochtenen Urteils dargestellt ist.

49. Das Gericht hätte daher prüfen müssen, ob der Sachverhalt im vorliegenden Fall unter diese (neue) Formel zu subsumieren ist, was es aber eindeutig nicht getan hat.

50. Somit bin ich mit der Rechtsmittelführerin der Auffassung, dass es sich bei den Ausführungen des Gerichts in Randnr. 187 des angefochtenen Urteils(38) um eine rein hypothetische Aussage handelt, die zudem auf den ersten Blick unvollständig zu sein scheint. Insoweit vermag ich der Argumentation der Kommission nicht zu folgen, dass eine „Vervollständigung“ dieser Aussage (und/oder eine Subsumtion des Sachverhalts des vorliegenden Falls unter die neue Formel zur Bezeichnung einer zulässigen Anpassung) in den Randnrn. 199 bis 218 des angefochtenen Urteils erfolge, in denen das Gericht feststelle, dass die Kommission die Merkmale dargetan habe, die für den Nachweis des Vorliegens von Verdrängungspreisen unterhalb der durchschnittlichen Vollkosten erforderlich seien. Denn erstens ist dieses Argument zu spät im Verfahren vorgetragen worden und ist deshalb unzulässig, d. h., die Kommission hat das Argument erst in der mündlichen Verhandlung eingeführt, so dass es gegenüber den schriftlichen Erklärungen ein neues Vorbringen darstellt. Zweitens beruht dieses Argument meines Erachtens auf Randnummern des angefochtenen Urteils, die keinen Bezug zu Randnr. 187 aufweisen.

51. Schließlich halte ich die – oben aufgezeigte – fehlende Begründung des Gerichts und den Mangel in der Gedankenführung für umso schwerwiegender, als dies offenbar die erste Rechtssache ist, in der der zur Verteidigung geltend gemachte Einwand der Anpassung bei einem Sachverhalt wie dem des vorliegenden Falles von den Gemeinschaftsgerichten unmittelbar geprüft worden ist.

52. Folglich hat das Gericht seine Begründungspflicht verletzt und außerdem einen Rechtsfehler begangen.

53. Die zweite Rüge im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes greift damit durch.

2. Nachweis eines (möglichen) Verlustausgleichs

a) Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

54. Die Rechtsmittelführerin macht im Wesentlichen geltend, der Gerichtshof habe im Urteil Tetra Pak II entschieden, dass es unter den Umständen des damaligen Falles nicht angebracht wäre, zusätzlich den Nachweis zu verlangen, dass ein beherrschendes Unternehmen eine wirkliche Chance hatte, seine Verluste wieder auszugleichen.(39) Im angefochtenen Urteil habe das Gericht diese Feststellung zu einer allgemeinen Regel erhoben, ohne dies zu begründen. Der dem Urteil Tetra Pak II zugrunde liegende Sachverhalt sei ein vollkommen anderer als der des vorliegenden Rechtsstreits, da Tetra Pak eine sogenannte übermächtige Stellung in einem ausgereiften Markt eingenommen habe. Außerdem gebe es in der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte keinerlei Hinweise darauf, dass der Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs überflüssig sei. 

55. Die Kommission verweist in ihrer Gegenerwiderung auf ihre Ausführungen zum siebten Rechtsmittelgrund und macht im Wesentlichen geltend, die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte enthalte keine Anhaltspunkte dafür, dass der Nachweis eines Verlustausgleichs erforderlich sei. Hilfsweise trägt die Kommission vor, dass in der angefochtenen Entscheidung die Frage, ob ein Ausgleich im vorliegenden Fall wahrscheinlich sei, sehr eingehend geprüft und im Ergebnis bejaht worden sei.

b) Würdigung

56. In Randnr. 226 des angefochtenen Urteils führt das Gericht Randnr. 44 des Urteils Tetra Pak II an, in der es heißt, dass es „unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht angebracht wäre, zusätzlich den Nachweis zu verlangen, dass Tetra Pak eine wirkliche Chance hatte, ihre Verluste wieder auszugleichen. Die Anwendung auf Verdrängung ausgerichteter Preise muss nämlich geahndet werden können, sobald die Gefahr einer Ausschaltung der Konkurrenten besteht. Eine solche Gefahr hat das Gericht jedoch im vorliegenden Fall in den Randnummern 151 und 191 des angefochtenen Urteils festgestellt. Das verfolgte Ziel, einen unverfälschten Wettbewerb zu erhalten, erlaubt es nicht, zu warten, bis eine solche Strategie tatsächlich zur Ausschaltung der Konkurrenten führt“. Sodann stellt das Gericht in den Randnrn. 227 und 228 des angefochtenen Urteils fest, dass „die Kommission somit Preise, die unter den durchschnittlichen variablen Kosten lagen, als missbräuchlich ansehen [durfte]. In [einem solchen Fall] wird vermutet, dass solche Preise Verdrängungscharakter haben … In Bezug auf die Vollkosten musste die Kommission außerdem den Beweis erbringen, dass die von WIN angewandten Verdrängungspreise Teil eines Plans zur ‚Vereinnahmung‘ des Markts waren. In beiden Fällen bedurfte es nicht des zusätzlichen Beweises, dass WIN eine wirkliche Chance hatte, ihre Verluste wieder auszugleichen … Die Kommission war daher zu Recht der Ansicht, dass der Nachweis eines Verlustausgleichs keine Vorbedingung für die Feststellung ist, dass Verdrängungspreise praktiziert wurden.“(40)

57. Wie bereits oben im Rahmen der Rüge in Bezug auf das Recht der Preisanpassung ausgeführt, müssen aus der Begründung eines Urteils des Gerichts dessen Überlegungen klar und eindeutig hervorgehen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann.(41)

58. Meines Erachtens hat das Gericht seine Auffassung, dass unter den spezifischen Umständen des vorliegenden Falles der Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs nicht erforderlich sei, nicht begründet.

59. Das Gericht hat ein Urteil angeführt, in dem es unmissverständlich heißt, dass es unter den Umständen des damaligen Falles nicht angebracht wäre, den Nachweis zu verlangen, dass ein beherrschendes Unternehmen eine wirkliche Chance hatte, seine Verluste wieder auszugleichen. Meines Erachtens hätte das Gericht diese Feststellung, die eindeutig auf dem spezifischen Sachverhalt der Rechtssache Tetra Pak II beruht, nicht einfach zu einer allgemeinen Regel erheben dürfen. Durch ein solches Vorgehen ohne jede Erläuterung ist das Gericht seiner Begründungspflicht offenkundig nicht nachgekommen.

60. Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass dem Gericht ein zweifacher Fehler unterlaufen ist. Erstens stellt die unzutreffende Auslegung und Übertragung des Urteils Tetra Pak II die Anwendung eines unzutreffenden Rechtssatzes dar. Zweitens hat das Gericht – wie oben dargelegt – offenkundig seine Begründungspflicht verletzt.

61. Ich darf hinzufügen, dass das Gericht darüber hinaus auch nicht präzise auf das Vorbringen von WIN eingegangen ist. WIN hatte nicht argumentiert, dass die Kommission den „tatsächlichen“ Verlustausgleich nachzuweisen habe, sondern vielmehr vorgetragen, dass die Kommission darzulegen habe, dass WIN einen „möglichen“ Verlustausgleich „antizipieren“ konnte.

62. Soweit sich die fehlende Auseinandersetzung des Gerichts mit bestimmten Teilen des Vorbringens der Rechtsmittelführerin auf den Ausgang des Verfahrens auswirkt und die Interessen der Rechtsmittelführerin beeinträchtigt, kann sogar eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen.(42)

63. Die erste Rüge im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes greift daher ebenfalls durch.

64. Demzufolge hat das Gericht seine Begründungspflicht verletzt sowie einen Rechtsfehler begangen, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist.

B – Siebter Rechtsmittelgrund, erste Rüge: Verstoß gegen Art. 82 EG – Verlustausgleich – möglicher Verlustausgleich als Vorbedingung für die Feststellung, dass Verdrängungspreise praktiziert wurden

65. Der siebte Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Rügen. Mit ihrer ersten Rüge, mit der ich mich zunächst befasse, macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe gegen Art. 82 EG verstoßen, indem es der Ansicht gewesen sei, dass der Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs keine Vorbedingung für die Feststellung sei, dass Verdrängungspreise praktiziert worden seien.

1. Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

66. Die Rechtsmittelführerin trägt vor, dass nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte ein möglicher Verlustausgleich nachgewiesen werden müsse, ohne den eine Verdrängung nicht vorstellbar sei, da bei fehlender Erwartung eines Ausgleichs das Praktizieren von Verdrängungspreisen wirtschaftlich nicht vernünftig wäre. Diese Ansicht werde von zahlreichen nationalen Gerichten und Wettbewerbsbehörden sowie von einer Vielzahl wissenschaftlicher Autoren geteilt.

67. Die Kommission macht geltend, dass nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte der gesonderte Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs nicht erforderlich sei. Anders als im US-Kartellrecht setze die Prüfung eines Missbrauchs im Sinne von Art. 82 EG eine beherrschende Stellung voraus (vgl. Urteil Hoffmann-La Roche/Kommission(43) ), woraus sich bereits ergebe, dass ein Verlustausgleich möglich sei.

2. Würdigung

68. Nach dem Verweis auf das Urteil Tetra Pak II kommt das Gericht in Randnr. 228 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis, dass die Kommission zu Recht der Ansicht gewesen sei, dass der Nachweis eines Verlustausgleichs keine Vorbedingung für die Feststellung sei, dass Verdrängungspreise praktiziert worden seien.

69. Meines Erachtens legen das Gericht und übrigens auch die Kommission die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht korrekt aus. Ich bin der Auffassung, dass nach dieser Rechtsprechung ein möglicher Verlustausgleich nachgewiesen werden muss.

70. Meines Erachtens wollte der Gerichtshof mit der qualifizierenden Formulierung „unter den Umständen des vorliegenden Falles“ im Urteil Tetra Pak II eindeutig eine allgemeine Aussage vermeiden(44), der zufolge in zukünftigen Rechtssachen zu Verdrängungspreisen der Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs überflüssig wäre.(45)

71. Wie Generalanwalt Fennelly in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission(46) zutreffend ausführt, ist „[d]er Gerichtshof … anscheinend nicht so weit gegangen wie Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer, der es nicht für angebracht hielt[(47) ], ‚dass der Gerichtshof die Aussicht auf Wiedereinbringung der Verluste als weitere Voraussetzung für das Vorliegen von mit [Art. 82 EG] unvereinbaren Verdrängungspreisen einführt‘, und zwar u. a. deshalb, weil ‚[d]ie Wiedereinbringung der Verluste … das vom beherrschenden Unternehmen angestrebte Ergebnis [ist], aber die Verdrängungspreise … für sich allein eine wettbewerbsfeindliche Praktik dar[stellen], unabhängig davon, ob sie ihr Ziel erreichen oder nicht‘“.

72. Im Übrigen ist der Gerichtshof durch diese qualifizierende Formulierung eindeutig von der kategorischen Aussage im Urteil des Gerichts in der Rechtssache Tetra Pak abgerückt, dass „[nicht] gesondert festgestellt werden müsste, dass das betreffende Unternehmen vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass es die erzielten Verluste wieder ausgleichen würde“(48) .

73. Meines Erachtens ergibt sich auch aus den Urteilen AKZO(49) und Hoffmann-La Roche(50), dass der Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs Voraussetzung für die Feststellung ist, dass Verdrängungspreise im Sinne von Art. 82 EG praktiziert worden sind.(51) Wenn keine Möglichkeit zum Verlustausgleich besteht, dann ist das beherrschende Unternehmen wahrscheinlich auf normalen Wettbewerb ausgerichtet.(52)

74. In einem solchen Fall, in dem kein Verlustausgleich möglich ist, dürfte grundsätzlich davon auszugehen sein, dass die Verbraucher und ihre Interessen nicht geschädigt werden. Ich darf hier anmerken, dass ich Generalanwalt Jacobs beipflichte, der in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Bronner ausführt, dass „es der Hauptzweck von Artikel [82 EG] ist, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern – und insbesondere die Interessen der Verbraucher zu wahren –, und nicht, die Situation einzelner Wettbewerber zu schützen“(53) .

75. Schließlich möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Bedeutung des Nachweises eines möglichen Verlustaus gleichs nicht nur in der oben angeführten Rechtsprechung, sondern u. a. auch von der Economic Advisory Group on Competition Policy (EAGCP)(54), von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)(55) sowie von der Gruppe Europäischer Regulierungsstellen(56) hervorgehoben wurde.

76. Abschließend möchte ich zur Frage des Nachweises eines möglichen Verlustausgleichs noch darauf hinweisen, dass mich die Argumentation der Kommission, dass in Europa und im Rahmen von Art. 82 EG ein Verlustausgleich durch das Bestehen einer beherrschenden Stellung impliziert sei, nicht überzeugt, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil eine beherrschende Stellung oftmals anhand zurückliegender Marktverhältnisse festgestellt wird, während wie oben dargelegt der Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs naturgemäß vorausschauend von einem Standpunkt ex ante , d. h. durch eine Beurteilung der zukünftigen Marktstruktur, erfolgen muss.(57)

77. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die erste Rüge im Rahmen des siebten Rechtsmittelgrundes durchgreift.

78. Allein schon aus den vorstehenden Gründen ist das angefochtene Urteil meines Erachtens aufzuheben. Darüber hinaus sind meiner Meinung nach die Frage des Nachweises eines möglichen Verlustausgleichs und die Frage des Anpassungsrechts von so zentraler Bedeutung für den vorliegenden Fall, dass eine erneute Entscheidung über die Klage im ersten Rechtszug erforderlich ist.

C – Zweiter Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 82 EG – Anpassung an die Preise der Mitbewerber

79. Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe gegen Art. 82 EG verstoßen, indem es WIN das Recht abgesprochen habe, sich guten Glaubens den Preisen ihrer Mitbewerber anzupassen.

1. Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

80. Die Rechtsmittelführerin macht geltend, das Gericht habe nicht in Abrede gestellt, dass sich WIN lediglich den Preisen ihrer Mitbewerber angepasst habe. Es habe daraus aber keine Schlussfolgerungen gezogen. Ohne Angabe von Gründen habe es sich auf die Aussage beschränkt, dass eine solche Anpassung missbräuchlich oder zu beanstanden sein „kann“. Das Gericht habe daher nicht die für die Anwendung von Art. 82 EG geltenden Voraussetzungen beachtet. Das Recht, sich anzupassen, sei sowohl in der Entscheidungspraxis der Kommission und in der Rechtsprechung des Gerichtshofs als auch im französischen Schrifttum zum Wettbewerbsrecht und in der Entscheidungspraxis der französischen Behörden anerkannt. Es stelle außerdem das einzige Mittel für die Rechtsmittelführerin dar, auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Schließlich trägt die Rechtsmittelführerin vor, dass das Gericht entsprechend der dem Urteil United Brands folgenden Rechtsprechung(58) zu prüfen habe, ob die Reaktion von WIN auf die Konkurrenten „angemessen“ und „richtig“ sei.

81. Die Kommission trägt vor, die Rechtsmittelführerin mache weder einen vom Gericht begangenen Rechtsfehler hinsichtlich des Vorbringens zu dem von WIN beanspruchten Anpassungsrecht noch einen Widerspruch in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils geltend. Die Argumentation in Bezug auf eine „angemessene“ und „richtige“ Reaktion trage die Rechtsmittelführerin erstmals im Rechtsmittelverfahren vor, indem sie rüge, dass die Kommission keine entsprechende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen habe. Im Übrigen beanstande die Rechtsmittelführerin lediglich eine einzige Randnummer des angefochtenen Urteils (Randnr. 187)(59) . Dass einem beherrschenden Unternehmen untersagt sei, sich anzupassen, wenn die Anpassung zu nicht kostendeckenden Preisen führe, stehe vollkommen im Einklang mit den Grundsätzen von Art. 82 EG, denen zufolge beherrschenden Unternehmen eine „besondere Verantwortung“ obliege. Hilfsweise macht die Kommission geltend, die angefochtene Entscheidung beruhe auf der Tatsachenwürdigung, dass das Vorbringen von WIN, sie habe sich lediglich ihren Mitbewerbern angepasst, unbegründet sei. Das Gericht habe über die dieser Würdigung zugrunde liegenden Tatsachen nicht zu entscheiden brauchen.

2. Würdigung

82. Zunächst führt das Gericht – wie ich in Nr. 39 der vorliegenden Schlussanträge festgestellt habe – in den Randnrn. 176 bis 182 des angefochtenen Urteils zutreffend aus, dass die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte einem beherrschenden Unternehmen kein generelles Recht zuerkenne, sich den Preisen der Konkurrenz anzupassen.

83. Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelgrundes legt die Rechtsmittelführerin jedoch weder dar, aus welchem Grund diese Gedankenführung des Gerichts unzutreffend sein sollte, noch trägt sie vor, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe.

84. Gleichwohl beruft sich die Rechtsmittelführerin wie auch schon vor dem Gericht darauf, dass das jedem Unternehmen zuerkannte (generelle) Recht, sich guten Glaubens den Preisen seiner Wettbewerber anzupassen, von der Kommission selbst in ihrer Entscheidungspraxis sowie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt sei und im Schrifttum und in der Wirtschaftswissenschaft einhellig auf Zustimmung treffe.

85. Nach Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 112 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung muss eine Rechtsmittelschrift die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Gründe, auf die dieser Antrag im Einzelnen gestützt wird, genau bezeichnen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe oder Argumente wiederholt oder wörtlich wiedergibt, diesem Erfordernis nicht.(60)

86. Auf die hierzu einschlägige Rechtsprechung hat Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission(61) verwiesen: „Der Gerichtshof hat in einer mittlerweile umfangreichen und klaren Rechtsprechung ausgeführt, dass sich die vorgebrachten Rechtsmittelgründe auf die Entscheidung des Gerichts[(62) ] beziehen müssten und dass, wenn das Rechtsmittel nicht unzulässig sein solle, deutlich angegeben werden müsse, ob und in welchen Punkten seiner Entscheidung das Gericht das Recht verletzt habe[(63) ]. Aus diesem Erfordernis der Genauigkeit ergibt sich u. a., dass das Anführen eines Rechtsmittelgrundes ohne Substantiierung nicht ausreicht[(64) ].“

87. Daher ist der zweite Rechtsmittelgrund meines Erachtens für unzulässig zu erklären.

88. Um jedoch Zweifel zugunsten der Rechtsmittelführerin zu bewerten, wollen wir davon ausgehen, dass der vorliegende Rechtsmittelgrund trotz der oben geäußerten Zweifel als zulässig anzusehen ist.

89. Anders als offenbar die Rechtsmittelführerin bin ich nicht der Auffassung, dass die Begründung des angefochtenen Urteils in sich widersprüchlich ist, da darin nämlich keineswegs festgestellt wird, dass „das Gericht nach dem Sachverhalt nicht in Abrede stellt, dass WIN sich lediglich den Preisen seiner Mitbewerber angepasst hat“.

90. Wie ich oben bei der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes festgestellt habe, hat das Gericht die einschlägige Rechtsprechung zum Anpassungsrecht nicht auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles angewandt.

91. Das Gericht hat übrigens auch nicht geprüft, ob sich WIN nach dem Sachverhalt des vorliegenden Falles guten Glaubens den Preisen ihrer Mitbewerber angepasst hat. Das Problem besteht darin, dass diese Tatsachenfrage jetzt im Rechtsmittelverfahren zwischen den Parteien im Streit ist.

92. Das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel ist jedoch auf Rechtsfragen beschränkt, so dass für die Feststellung der dem Verfahren im ersten Rechtszug zugrunde liegenden Tatsachen ausschließlich das Gericht zuständig ist. Darüber hinaus ist es den Parteien nicht erlaubt, im Rechtsmittelverfahren die Beibringung von Beweisen für Tatsachen anzubieten, die das Gericht nicht festgestellt hat.

93. Daraus folgt meines Erachtens, dass der zweite Rechtsmittelgrund in zweifacher Hinsicht unzulässig ist.

94. Entsprechend meinem Ergebnis in den vorliegenden Schlussanträgen ist das angefochtene Urteil meines Erachtens jedoch auf jeden Fall aufzuheben und an das Gericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Damit erhielte das Gericht Gelegenheit, Tatsachenfeststellungen zu der von WIN vorgenommenen Anpassung zu treffen.(65)

95. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle zu dem Grundsatz als solchem auf die mir hier relevant erscheinenden Punkte hinweisen. Zunächst ist die vom Gericht in den Randnrn. 185 f. des angefochtenen Urteils herangezogene Rechtsprechung zu nennen. Zweitens hat der Gerichtshof im Urteil Tetra Pak II ausgeführt, dass „der sachliche Anwendungsbereich der besonderen Verantwortung, die ein Unternehmen in beherrschender Stellung trage, anhand der spezifischen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu ermitteln sei, die eine Situation geschwächten Wettbewerbs erkennen ließen“(66) . Die Frage der Anpassung, wie sie sich hier stellt, ist daher im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Drittens sollte meines Erachtens einem beherrschenden Unternehmen unter bestimmten Umständen ausnahmsweise gestattet sein, nachzuweisen, dass seine die durchschnittlichen variablen Kosten nicht deckenden Preise objektiv gerechtfertigt sind.(67)

D – Dritter Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 82 EG – Verfälschung der Prüfung des Vorliegens von Verdrängungspreisen

96. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe auch gegen Art. 82 EG verstoßen, indem es die von der Kommission zur Berechnung der Kostendeckung verwendete Methode nicht beanstandet habe, was zu einer Verfälschung der vom Gerichtshof im Urteil AKZO verlangten Prüfung des Vorliegens von Verdrängungspreisen geführt habe. Denn bei der von der Kommission angewandten Methode könne man nicht wissen, ob die von WIN gewonnenen Abonnenten für sich genommen während ihres Abonnements zu einem Gewinn oder einem Verlust geführt hätten.

1. Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

97. Bezüglich der variablen Kosten macht die Rechtsmittelführerin geltend, um feststellen zu können, ob unter den variablen Kosten liegende Preise als missbräuchlich im Sinne von Art. 82 EG zu werten seien, müsse entsprechend Randnr. 71 des Urteils AKZO die zur Berechnung der Kostendeckung verwendete Methode aufzeigen, dass die Erzeugnisse oder Dienstleistungen mit Verlust verkauft bzw. erbracht würden. Die verwendete Methode entspreche nur dann den Anforderungen von Art. 82 EG, wenn sich mit ihrer Hilfe nachweisen lasse, dass die Abonnements in einigen Fällen über einen Zeitraum von 48 Monaten hinweg zu einem Verlust geführt hätten. Da WIN mit ihrer Nichtigkeitsklage jedoch geltend gemacht habe, dass jedes einzelne Abonnement praktisch im gesamten fraglichen Zeitraum einen Gewinn eingebracht habe, habe das Gericht unter Verstoß gegen Art. 82 EG die Prüfung unterlassen, ob die Kommission dargetan habe, dass mindestens im Fall einiger Abonnenten insgesamt ein Verlust der WIN eingetreten sei. Gleichwohl habe das Gericht den Ansatz der Kommission gebilligt, der jedoch kein vollständiges Bild von der Rentabilität der einzelnen Abonnements vermittelt habe.

98. Bezüglich der Vollkosten verweist die Rechtsmittelführerin auf ihr Vorbringen zu den variablen Kosten und macht geltend, das Gericht habe die Prüfung des Vorliegens von Verdrängungspreisen verfälscht, indem es nicht nachgeprüft habe, ob der Nachweis erbracht worden sei, dass die Vollkosten der Abonnements nicht gedeckt gewesen seien. Es seien nämlich überhaupt keine Beweise dafür erbracht worden, dass im Fall irgendeines Abonnenten das Abonnement über einen Zeitraum von 48 Monaten hinweg zu einem Verlust für WIN geführt habe.

99. Die Kommission weist dieses Vorbringen mit der Begründung zurück, dass erstens im vorliegenden Fall dieselbe Methode angewandt worden sei wie in den den Urteilen AKZO und Tetra Pak II zugrunde liegenden Fällen – nämlich die Kostendaten einfach so zu übernehmen, wie sie in der Buchführung ausgewiesen seien –, wobei sie hier die Methode sogar zugunsten der Rechtsmittelführerin gelockert habe. Beispielsweise habe sie weder einen Diskontierungssatz in Ansatz gebracht noch habe sie bei der Berechnung der Kosten Opportu nitätskosten einbezogen.

100. Bezüglich der alternativen Berechnungsmethode (der Discounted-Cashflow-Methode) habe das Gericht festgestellt, dass der Kommission insoweit kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, und mit dem vorliegenden Rechtsmittel werde nicht gerügt, dass das Gericht bei dieser Feststellung einen Rechtsfehler begangen habe. Bezüglich des Erfordernisses, die gesamten 48 Monate der Bestandsdauer eines Abonnements zu berücksichtigen, macht die Kommission geltend, dass der Deckungsgrad in allen untersuchten aufeinanderfolgenden kurzen Zeiträumen (die sich insgesamt auf ungefähr anderthalb Jahre erstreckt hätten) unter 100 % gelegen habe und dass er deshalb auch während der gesamten durchschnittlichen Bestandsdauer eines Abonnements, d. h. über 48 Monate hinweg, unter 100 % gelegen haben müsste. Ein unter 100 % liegender Deckungsgrad könne über einen längeren Zeitraum nicht auf über 100 % steigen, es sei denn, die Verhältnisse in der Zeit nach der Zuwiderhandlung ermöglichten es dem Unternehmen, pro Abonnent nachhaltig erheblich über dem Wettbewerb liegende Gewinnspannen zu erzielen.

2. Würdigung

101. Die Rechtsmittelführerin gibt nicht genau an, welche Teile (d. h. welche Randnummern) des angefochtenen Urteils sie beanstandet.(68)

102. In ihrer Klageschrift im Verfahren vor dem Gericht hatte die Rechtsmittelführerin vorgetragen, die Kommission habe eine statische Prüfung der Kostendeckung vorgenommen, die praktisch darauf hinauslaufe, die Akquisitionskosten zuzüglich des 48-fachen Betrags der wiederkehrenden monatlichen Kosten mit Stand zum Zeitpunkt des Abonnementabschlusses dem 48-fachen Betrag der wiederkehrenden Monatseinnahmen mit Stand zum selben Zeitpunkt gegenüberzustellen.

103. Im angefochtenen Urteil stellt das Gericht in den Randnrn. 140 bzw. 142 fest, dass „die Kommission entgegen dem Vorbringen von WIN keine statische Prüfung der Deckung vorgenommen hat“ und dass „die Methode entgegen der Behauptung von WIN keineswegs darauf hinaus[läuft], die Akquisitionskosten zuzüglich des 48‑fachen Betrags der wiederkehrenden monatlichen Kosten mit Stand zum Zeitpunkt des Abonnementabschlusses dem 48‑fachen Betrag der wiederkehrenden Monatseinnahmen mit Stand zum selben Zeitpunkt gegenüberzustellen“.(69)

104. Abgesehen davon, dass die Rechtsmittelführerin im Rechtsmittelverfahren anscheinend die Tatsachenwürdigung des Gerichts anzweifelt, beanstandet sie jedoch insoweit keinerlei Beurteilungsfehler oder Tatsachenverfälschung seitens des Gerichts, sondern wiederholt lediglich dieselben Argumente, die sie bereits im ersten Rechtszug vor dem Gericht vorgetragen hatte.(70) In Bezug auf die Argumente zur Discounted-Cashflow-Methode stellt das Gericht in den Randnrn. 153 bis 155 fest, dass der Kommission bei der Wahl dieser Methode kein Rechtsfehler unterlaufen sei, und die Rechtsmittelführerin trägt nicht vor, dass das Gericht insoweit einen Rechtsfehler begangen habe.

105. Dies allein halte ich daher bereits für ausreichend, den dritten Rechtsmittelgrund als unzulässig, jedenfalls jedoch als unbegründet zurückzuweisen.

E – Vierter Rechtsmittelgrund: Verkennung von Art. 82 EG und der Begründungspflicht durch das Gericht – Kosten und Erträge nach dem streitigen Zeitraum

106. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe sowohl Art. 82 EG als auch seine Begründungspflicht verkannt, indem es der Ansicht gewesen sei, dass die Kosten und Erträge nach dem angenommenen Zeitraum der Zuwiderhandlung (d. h. nach dem 15. Oktober 2002) nicht zu berücksichtigen seien. Denn aufgrund dieser zeitlichen Beschränkung der berücksichtigten Erträge und Kosten sei die Kommission zu Unrecht vom Vorliegen einer Zuwiderhandlung ausgegangen.

1. Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

107. Die Rechtsmittelführerin rügt, dass das Gericht die Prüfung der Kommission zugelassen habe, bei der die Kosten und Erträge nach dem 15. Oktober 2002 nicht berücksichtigt worden seien. Das Gericht widerspreche sich selbst und verletze Art. 82 EG, wenn es das Vorgehen der Kommission billige, in dessen Rahmen einerseits bei der Berechnung des Deckungsgrads die Erträge und Kosten nach der angenommenen Zuwiderhandlung, die aber in den 48-Monate-Zeitraum fielen, außer Betracht geblieben seien, andererseits jedoch anerkannt worden sei, dass die auf die Abonnements entfallenden Kosten und Erträge zulässigerweise auf 48 Monate verteilt worden seien. Um den Anforderungen von Art. 82 EG zu entsprechen, dürfe der Deckungsgrad nur bezogen auf einen Zeitraum von 48 Monaten berechnet werden.

108. Durch Bestätigung des Standpunkts der Kommission habe das Gericht sich in seiner Begründung widersprochen, denn in der angefochtenen Entscheidung heiße es ausdrücklich, dass die Wettbewerbsbedingungen seit dem 15. Oktober 2002 „wiederhergestellt“ worden seien(71), und die Kommission räume nunmehr ein, dass sie Erträge nach der angenommenen Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt habe, da diese nur in einer Situation geschwächten Wettbewerbs hätten realisiert werden können.

109. Die Kommission ist der Auffassung, dass es sich bei diesem Rechtsmittelgrund in Wirklichkeit lediglich um eine Erweiterung des dritten Rechtsmittelgrundes handele und dass er auf einer Verwechslung beruhe. Es habe nie zur Diskussion gestanden, die Verteilung aller Erträge und Kosten eines Abonnements auf einen Zeitraum von 48 Monaten zu erlauben. Die von der Kommission angewandte und vom Gericht zugelassene Methode ermögliche vielmehr nach dem Prinzip der Abschreibung eines Anlageguts, eine bestimmte Kategorie von Kosten auf einen bestimmten Zeitraum zu verteilen, nämlich die zu Beginn eines Abonnements anfallenden variablen einmaligen Kosten („Gewinnungskosten“ oder „Abonnentenakquisitionskosten“).

110. Nach Auffassung der Kommission dürfen jedoch wiederkehrende Kosten nicht auf einen Zeitraum verteilt werden. In der angefochtenen Entscheidung heiße es, das Unternehmen sei nicht in der Lage gewesen, „eine ausreichende Deckung der wiederkehrenden Kosten (Netzkosten und Produktionskosten) an[zustreben], damit mit dem bei diesen wiederkehrenden Kosten erzielten Deckungsbeitrag die einmaligen variablen Kosten für die kommerzielle Entwicklung der fraglichen Produkte … innerhalb eines vernünftigen Zeitraums gedeckt werden können“(72) . Sämtliche nach der angenommenen Zuwiderhandlung angefallenen Kosten und Erträge, die die Rechtsmittelführerin in die Berechnung einbeziehen wolle, seien jedoch wiederkehrende Kosten.

111. Ferner sei falsch, in die Berechnung Prognosen über in Zukunft zu erzielende positive Margen einzubeziehen, die aus einer von allen Mitbewerbern nutzbaren zukünftigen Kostensenkung resultierten, aber nicht mit einer Preissenkung verbunden seien. Hierzu könne es nämlich nur bei geschwächtem Wettbewerb kommen. Jedenfalls würden – so die Kommission – die Hochrechnungen der Rechtsmittelführerin keineswegs zu einem positiven Deckungsgrad der Vollkosten führen und seien – selbst wenn man die von der Rechtsmittelführerin vorgelegten Hochrechnungen für äußerst hohe Gewinnmargen über einen Zeitraum von 48 Monaten hinweg zugrunde legte – solche Margen nur in einem abgeschwächten Wettbewerbsumfeld zu erzielen. Darüber hinaus wären nach Auffassung der Kommission selbst bei Außerachtlassung der „Akquisitionskosten“ die direkten Kosten, die WIN jeden Monat im Falle jedes einzelnen Abonnenten entstünden, höher als die Erträge aus dem jeweiligen Abonnement.

112. Schließlich gehe die Rechtsmittelführerin bei ihrem (fälschlichen) Ansatz davon aus, dass ihre Abonnenten anderthalb Jahre lang (nämlich in dem von der angefochtenen Entscheidung erfassten Zeitraum) zunehmend höhere monatliche Verluste verursachten, und nehme dann in den Jahren nach dem Eingreifen der Kommission eine erhebliche positive Marge an, infolge deren die Abonnenten am Ende des Abonnementszeitraums gewinnbringend seien.

2. Würdigung

113. Auf den ersten Blick scheint es so, als sei der vorliegende Rechtsmittelgrund eine bloße Erweiterung des vorausgegangenen Rechtsmittelgrundes und als wiederhole die Rechtsmittelführerin das Vorbringen, dass eine den Erfordernissen von Art. 82 EG entsprechende Berechnung der Kostendeckung nur bei Zugrundelegung eines 48-Monate-Zeitraums möglich gewesen wäre. Zunächst beruht der vorliegende Rechtsmittelgrund insofern auf der unrichtigen Annahme, dass das Gericht anerkannt habe, dass „Kosten und Erträge auf 48 Monate verteilt werden“. Im angefochtenen Urteil hat das Gericht dies an keiner Stelle festgestellt. Vielmehr bestätigte das Gericht die Methode der Kommission, lediglich eine bestimmte Kategorie von Kosten, nämlich die variablen einmaligen Kosten, zu verteilen.

114. Jedenfalls hat meine Prüfung der Randnrn. 129 bis 156 des angefochtenen Urteils nichts ergeben, was die Gültigkeit des Vorgehens des Gerichts in Frage stellen könnte. Meines Erachtens begeht das Gericht keinen Rechtsfehler und wendet es Art. 82 EG richtig an, wenn es feststellt, dass „WIN nicht nachgewiesen [hat], dass die Kommission im vorliegenden Fall eine unzulässige Prüfung der Kostendeckung vorgenommen hat, als sie die in der Buchführung von WIN enthaltenen Daten verwendete und sie unter Beachtung der Vorgaben für die nach Art. 82 EG erforderliche Prüfung zugunsten von WIN in einer Weise berichtigte, die dem besonderen Kontext des relevanten Markts Rechnung trägt“, und dass „aus der Rechtsprechung nicht hervorgeht, dass im vorliegenden Fall der Rückgriff auf die Discounted-Cashflow-Methode geboten war, und dass … WIN nichts vorgebracht hat, woraus ersichtlich wäre, dass der Kommission insoweit ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist“(73) .

115. Schließlich möchte ich daran erinnern, dass nach der Verfahrensordnung des Gerichtshofs das Rechtsmittel den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern kann. Der vorliegende Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin unterscheidet sich jedoch wesentlich von dem vor dem Gericht verhandelten Klagegrund, mit dem die Rechtsmittelführerin geltend gemacht hatte, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie die Anwendung der Discounted-Cashflow-Methode bzw. Nettogegenwartswert-Methode (die nach Ansicht der Rechtsmittelführerin allein sachgerecht ist) abgelehnt habe. In dem Rechtsmittelantrag der Rechtsmittelführerin vor dem Gerichtshof ist indessen von dieser Methode nicht mehr die Rede.

116. Demzufolge ist der vierte Rechtsmittelgrund meines Erachtens für unzulässig, jedenfalls jedoch für unbegründet zu erklären.

F – Fünfter Rechtsmittelgrund: Verkennung von Art. 82 EG und der Begründungspflicht durch das Gericht – Qualifizierung eines Preises als Verdrängungspreis, obwohl er mit einer beträchtlichen Verringerung des Marktanteils des betreffenden Unternehmens einhergehe

117. Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe auch Art. 82 EG und seine Begründungspflicht verkannt, als es entschieden habe, dass ein Preis ein Verdrängungspreis sein könne, obwohl er mit einer beträchtlichen Verringerung des Marktanteils des betreffenden Unternehmens einhergehe. Denn ein solcher Preis könne nicht als geeignet angesehen werden, zum Ausschluss von konkurrierenden Unternehmen zu führen.

1. Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

118. Die Rechtsmittelführerin trägt vor, das Gericht habe ein Andauern der angenommenen Zuwiderhandlung bis zum 15. Oktober 2002 festgestellt, obwohl es anerkannt habe, dass der Marktanteil von WIN ab August 2002 gesunken sei. Eine Verdrängung setze hingegen eine erhebliche Verringerung des Wettbewerbs voraus und könne daher nicht eintreten, wenn sich der Wettbewerb verstärke.

119. Die Kommission macht geltend, die Rechtsmittelführerin habe dieses Argument im ersten Rechtszug lediglich zu dem Zweck angeführt, das Bestehen einer beherrschenden Stellung zu bestreiten und die Herabsetzung der Geldbuße zu beantragen. Sie verwende das Argument im Rechtsmittelverfahren erstmals, um das Vorliegen eines Missbrauchs zu bestreiten.

120. In der Sache gehe aus den der Kommission vorliegenden Informationen hervor, dass der Marktanteil von WIN bis zum 31. August 2002 ständig gestiegen sei. Eine Senkung des Marktanteils während der letzten anderthalb Monate der Zuwiderhandlung lasse sich nur auf eine Herabsetzung der von FT in Rechnung gestellten Großhandelstarife für den Netzzugang zurückführen, die WIN – im Gegensatz zu ihren Konkurrenten – nicht in ihren eigenen Preisen nachvollzogen habe, womit die Zuwiderhandlung am 15. Oktober 2002 beendet worden sei. Der Vollständigkeit halber fügt die Kommission hinzu, eine derartige Reduzierung des Marktanteils könne nicht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung als solche, sondern allenfalls die Feststellung der Dauer der Zuwiderhandlung in Frage stellen. Für die Höhe der Geldbuße sei dies jedoch ohne Belang, da mit dem Rechtsmittel nicht deren Überprüfung beantragt worden sei.

2. Würdigung

121. Die Kommission führt zutreffend aus, dass das vorliegende Rechtsmittel auf die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung beschränkt ist und dass WIN das Argument einer angeblichen Senkung ihres Marktanteils im ersten Rechtszug lediglich zu dem Zweck angeführt hat, das Bestehen einer beherrschenden Stellung zu bestreiten(74) und eine Herabsetzung der Geldbuße zu beantragen(75) .

122. Wie sich aus der ständigen Rechtsprechung ergibt, könnte eine Partei, wenn es ihr erlaubt wäre, vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs‑ oder Verteidigungsmittel vorzubringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind die Befugnisse des Gerichtshofs daher auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt.(76)

123. Der fünfte Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin ist daher für unzulässig zu erklären.

G – Sechster Rechtsmittelgrund: Tatsachenverfälschung und Verletzung von Art. 82 EG – angeblicher Verdrängungsplan

1. Verfälschung von Tatsachen und Beweismitteln

124. Der sechste Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Rügen. Mit ihrer ersten Rüge macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe bezüglich des angeblichen Verdrängungsplans die Tatsachen und die Beweismittel verfälscht, die ihm zur Würdigung vorgelegt worden seien.

a) Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

125. Die Rechtsmittelführerin trägt vor, das Gericht habe die Beweismittel verfälscht, die es seiner Prüfung des Vorliegens eines Verdrängungsplans zugrunde gelegt habe. Es habe sich ausschließlich auf die Schriftstücke von WIN gestützt und das Vorliegen eines Verdrängungsplans aus den in den Schriftstücken verwendeten Begriffen wie „Vereinnahmung“ und „vereinnahmen“ gefolgert. Aus den Schriftstücken gingen jedoch – wie es das Gericht selbst formuliert(77) – lediglich „recht ambitionierte wirtschaftliche Ziele“ hervor.

126. Nach Auffassung der Kommission begehrt die Rechtsmittelführerin im Rechtsmittelverfahren die erneute Prüfung einer vom Gericht als unzulässig zurückgewiesenen Rüge, ohne jedoch die Feststellung der Unzulässigkeit anzufechten. Zweitens habe die Rechtsmittelführerin keine Argumente zur Begründung ihrer Verfälschungsrüge vorgetragen, und es sei allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten Beweismittel zu beurteilen. Der Vollständigkeit halber weist die Kommission darauf hin, dass das Gericht seine Würdigung nicht ausschließlich auf Schriftstücke, in denen der Ausdruck „Vereinnahmung“ vorkomme, sondern darüber hinaus auch auf zahlreiche andere Dokumente gestützt habe.

b) Würdigung

127. Die Rechtsmittelführerin begehrt die erneute Prüfung einer Rüge, die das Gericht in den Randnrn. 204 f. des angefochtenen Urteils als unzulässig zurückgewiesen hat.

128. Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels darf die Rechtsmittelführerin diese Rüge jedoch nicht erneut vortragen. Sie kann lediglich mit einer konkreten Begründung die Feststellung des Gerichts anfechten, mit der dieses die Rüge im ersten Rechtszug für unzulässig erklärt hat(78), und muss insoweit darlegen, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen sei(79) . Meines Erachtens hat die Rechtsmittelführerin die vom Gericht getroffene Feststellung der Unzulässigkeit nicht angefochten.

129. Die vorliegende Rüge betrifft eine Tatsachenfrage; in ihrem Rahmen werden keine überzeugenden Argumente für das Vorliegen einer angeblichen Tatsachenverfälschung vorgetragen.

130. Aus Art. 225 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs geht hervor, dass dieser nicht für die Feststellung der Tatsachen zuständig und grundsätzlich nicht befugt ist, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht diese Feststellung gestützt hat. Sind Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, ist es daher allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten Beweismittel zu beurteilen.(80) Diese Beurteilung ist somit, sofern die Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt.(81)

131. Die erste Rüge im Rahmen des sechsten Rechtsmittelgrundes ist daher für unzulässig zu erklären.

2. Verletzung von Art. 82 EG

132. Mit ihrer zweiten Rüge macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe gegen Art. 82 EG verstoßen. Denn dieser Artikel verlange einen objektiv bestimmbaren Plan zur Ausschaltung von Wettbewerbern, eine rein subjektive Betrachtungsweise des Begriffs Missbrauch der beherrschenden Stellung reiche nicht aus.

a) Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

133. Nach Auffassung der Rechtsmittelführerin handelt es sich bei dem Begriff „missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung“ um ein objektives Tatbestandsmerkmal. Prüfung und Ergebnis des Gerichts beruhten dagegen auf rein subjektiven Faktoren und nicht auf objektiven Anhaltspunkten wie Bedrohung von Wettbewerbern, selektive Preisgestaltung gegenüber Kunden der Konkurrenz, Preisdiskriminierung, Unterbieten oder Dauer, Nachhaltigkeit und Größenordnung von Verlustgeschäften.

134. Die Kommission macht erstens geltend, dass bei einem Missbrauch die Absicht naturgemäß ein subjektives Tatbestandsmerkmal sei; zweitens verlange die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte keine Substantiierung eines Verdrängungsplans durch objektive Beweise der von der Rechtsmittelführerin bezeichneten Art.

b) Würdigung

135. Es genügt der Hinweis, dass die Rechtsmittelführerin ebenso wie bei einigen der vorangegangenen Rechtsmittelgründe auch hier wieder auf dieselben Argumente zurückgreift, die sie bereits vor dem Gericht vorgetragen hat.

136. Daher ist auch die zweite Rüge im Rahmen des sechsten Rechtsmittelgrundes als unzulässig zurückzuweisen.

137. In Bezug auf den Verdrängungsplan hat das Gericht meines Erachtens die Urteile AKZO und Tetra Pak II zutreffend und rechtlich hinreichend auf den vorliegenden Fall angewendet.

138. Der sechste Rechtsmittelgrund ist daher als unzulässig, jedenfalls jedoch als unbegründet zurückzuweisen.

H – Zweite Rüge im Rahmen des siebten Rechtsmittelgrundes: Verstoß gegen Art. 82 EG – Verlustausgleich – Beweis eines Unternehmens, dass ein Verlustausgleich nicht möglich sei

139. Mit ihrer zweiten Rüge im Rahmen des siebten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe gegen Art. 82 EG verstoßen, indem es den Beweis der Kommission für einen möglichen Verlustausgleich und den Beweis des betroffenen Unternehmens, dass ein solcher Ausgleich nicht möglich sei, verwechselt habe.

1. Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

140. Die Rechtsmittelführerin macht geltend, WIN selbst habe den Nachweis erbracht, dass ein Verlustausgleich nicht möglich sei. Das Gericht hätte daher darüber entscheiden müssen, ob die Kommission den von dem Unternehmen beigebrachten Beweis, dass ein Verlustausgleich nicht möglich sei, habe außer Acht lassen dürfen.

141. Die Kommission macht geltend, die Rechtsmittelführerin habe zu der Frage, ob die Kommission einen solchen Beweis habe außer Acht lassen dürfen, im ersten Rechtszug keine Rüge vorgetragen. Im Übrigen sei das Argument in den Randnrn. 103 bis 121 und 261 bis 267 des angefochtenen Urteils implizit zurückgewiesen worden. Der Vollständigkeit halber weist die Kommission schließlich darauf hin, dass sie in der angefochtenen Entscheidung einen möglichen Verlustausgleich tatsächlich geprüft und im vorliegenden Fall für wahrscheinlich erachtet habe.

2. Würdigung

142. Meines Erachtens hat die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht nicht geltend gemacht, dass ein Verlustausgleich nicht möglich sei, sondern insoweit lediglich vorgetragen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung selbst durch ihre Aussage, dass die „Wettbewerbsbedingungen … wiederhergestellt wurden“, die Unmöglichkeit eines Verlustausgleichs bewiesen habe.

143. Die Verpflichtung des Gerichts, seine Entscheidungen zu begründen, bedeutet nämlich nicht, dass es sich detailliert mit jedem von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Argument hätte befassen müssen, insbesondere dann, wenn es nicht hinreichend klar und bestimmt war und sich nicht auf geeignete Beweismittel stützte.(82)

144. Ich meine, dass das Argument, die Kommission habe sich in ihrer Marktanalyse selbst widersprochen, das WIN in ihrer Klageschrift vor dem Gericht zum Beweis für die Unmöglichkeit des Verlustausgleichs angeführt hat, nicht als hinreichend klar und bestimmt angesehen werden kann. Das Argument kommt auch nicht dem Vorbringen gleich, dass die Kommission den von dem Unternehmen beigebrachten Beweis, dass ein Verlustausgleich nicht möglich gewesen sei, nicht habe außer Acht lassen dürfen.

145. In jedem Fall ist dieser Beweis jedoch wohl in den Randnrn. 103 bis 121 und 261 bis 267 des angefochtenen Urteils implizit, aber zwangsläufig zurückgewiesen worden.

146. Meines Erachtens ist daher die zweite Rüge im Rahmen des siebten Rechtsmittelgrundes als neue, zuvor vor dem Gericht nicht vorgetragene Argumentation oder Rüge als unzulässig, jedenfalls jedoch als unbegründet zurückzuweisen.

V – Ergebnis

147. Nach alldem schlage ich dem Gerichtshof vor, das angefochtene Urteil aufzuheben.

Zudem halte ich es für angemessen, die Sache gemäß Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs zur Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.

(1) .

(2) – Verdrängungspreise werden gelegentlich auch als „nicht kostendeckende Preise“ bezeichnet.

(3) – Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission (C‑62/86, Slg. 1991, I‑3359) (im Folgenden: Urteil AKZO).

(4) – Urteil vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission (C‑333/94 P, Slg. 1996, I‑5951) (im Folgenden: Urteil Tetra Pak II).

(5) – Entscheidung der Kommission vom 16. Juli 2003 in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag (COMP/38.233 − Wanadoo Interactive) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

(6) – Asymmetric Digital Subscriber Line.

(7) – Art. 1 der angefochtenen Entscheidung.

(8) – Art. 2 und 4 der angefochtenen Entscheidung.

(9) – T‑340/03, Slg. 2007, II‑107.

(10) – Aufgrund ihrer Befugnisse nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204).

(11) – Vgl. Nr. 2 der vorliegenden Schlussanträge.

(12) – Im Rahmen ihrer Klage beim Gericht hatte WIN außerdem hilfsweise die Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße beantragt und zur Begründung angeführt: i) Verstoß gegen die Grundsätze der persönlichen Bestrafung und der Gesetzmäßigkeit der Strafen, ii) fehlende Auswirkungen der fraglichen Verhaltensweisen, iii) falsche Festlegung der Dauer der Zuwiderhandlung sowie iv) Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(13) – Vgl. Randnrn. 122 bis 230 des angefochtenen Urteils.

(14) – Vgl. Randnr. 138 des angefochtenen Urteils.

(15) – Vgl. Randnr. 129, in der das Gericht in diesem Sinne auf das Urteil des Gerichtshofs vom 28. Mai 1998, Deere/Kommission (C 7/95 P, Slg. 1998, I‑3111, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung), verweist.

(16) – In Fn. 2 bzw. Fn. 3 angeführt.

(17) – Vgl. Randnr. 130 des angefochtenen Urteils.

(18) – Vgl. Randnr. 132.

(19) – Vgl. Randnrn. 140 bis 143.

(20) – Vgl. Randnr. 152.

(21) – Vgl. Randnr. 153.

(22) – Vgl. Randnrn. 165 bis 169.

(23) – Vgl. Randnr. 186.

(24) – Vgl. Randnr. 187.

(25) – Vgl. Randnr. 188.

(26) – Vgl. Randnrn. 195 bis 198.

(27) – Vgl. Randnrn. 199 bis 215.

(28) – Vgl. Randnrn. 219 bis 223.

(29) – Vgl. Randnrn. 224 bis 229.

(30) – Vgl. Randnr. 187 des angefochtenen Urteils.

(31) – Mit Verweis auf Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978, United Brands/Kommission (27/76, Slg. 1978, 207, Randnr. 189), sowie Urteile des Gerichts vom 1. April 1993, BPB Industries und British Gypsum/Kommission (T‑65/89, Slg. 1993, II‑389, Randnr. 117), und vom 8. Oktober 1996, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission (T‑24/93 bis T‑26/93 und T‑28/93, Slg. 1996, II‑1201, Randnr. 146).

(32) – Mit Verweis auf das Urteil des Gerichts vom 17. Juli 1998, ITT Promedia/Kommission (T‑111/96, Slg. 1998, II‑2937, Randnr. 139).

(33) – Vgl. Randnr. 187 des angefochtenen Urteils.

(34) – Vgl. zur entsprechenden Bestimmung der EGKS-Satzung des Gerichtshofs das Urteil des Gerichtshofs vom 11. September 2003, Belgien/Kommission (C‑197/99 P, Slg. 2003, I‑8461, Randnr. 63).

(35) – Schlussanträge in der Rechtssache Acerinox/Kommission (C‑57/02 P, Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 2005, Slg. 2005, I‑6689, Nr. 32) mit Verweis in diesem Sinne auf Urteile vom 14. Mai 1998, Rat/De Nil und Impens (C‑259/96 P, Slg. 1998, I‑2915, Randnrn. 32 bis 34), und vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission (C‑449/98 P, Slg. 2001, I‑3875, Randnr. 70), sowie Beschlüsse vom 19. Juli 1995, Kommission/Atlantic Container Line u. a. (C‑149/95 P[R], Slg. 1995, I‑2165, Randnr. 58), vom 14. Oktober 1996, SCK und FNK/Kommission (C‑268/96 P[R], Slg. 1996, I‑4971, Randnr. 52), und vom 25. Juni 1998, Niederländische Antillen/Rat (C‑159/98 P[R], Slg. 1998, I‑4147, Randnr. 70). Vgl. auch Urteil Acerinox, oben angeführt, Randnr. 36.

(36) – Diese Argumentation wäre leicht zu widerlegen, da die Kommission nicht angibt, auf welche Kosten (variable Kosten, Gesamtkosten usw.) sie dabei abstellt.

(37) – Vgl. die in Fn. 31 angeführten Urteile United Brands/Kommission, Randnr. 189, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, Randnr. 117, und Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, Randnr. 146.

(38) – Dort heißt es im Wesentlichen, dass eine Anpassung zu beanstanden sein könne, wenn das beherrschende Unternehmen nicht nur zum Schutz seiner Interessen tätig werde, sondern diese beherrschende Stellung stärken und missbrauchen wolle.

(39) – Urteil Tetra Pak II, in Fn. 4 angeführt, Randnr. 44.

(40) – Vgl. Randnrn. 226 bis 228 des angefochtenen Urteils.

(41) – Vgl. die in Fn. 35 angeführte Rechtsprechung.

(42) – Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1998, Schröder u. a./Kommission (C‑221/97 P, Slg. 1998, I‑8255, Randnr. 24).

(43) – Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979 (85/76, Slg. 1979, 461).

(44) – Eine ähnliche Auslegung vertreten z. B. Whish, R., Competition Law , Butterworths, 4. Aufl., 2001, S. 650, Jones, A., und Sufrin, B., EC Competition Law , Oxford University Press, 2001, S. 342, Korah, V., „The Paucity of Economic Analysis in the Decision on Competition: Tetra Pak II“, Current Legal Problems , Bd. 46, 1993, S. 172, sowie Kon, S., und Turnbull, S., „Pricing and the Dominant Firm: Implications of the Competition Commission Appeal Tribunal’s Judgment in the NAPP Case“, (2003) E.C.L.R. 24(2), S. 70 bis 86, 75.

(45) – Meines Erachtens geht aus Randnr. 44 des Urteils Tetra Pak II jedoch hervor, dass kein tatsächlicher Verlustausgleich nachgewiesen werden muss. Dies ergibt sich aus der Feststellung des Gerichtshofs in der genannten Randnummer, dass „[d]ie Anwendung auf Verdrängung ausgerichteter Preise … nämlich geahndet werden können [muss], sobald die Gefahr einer Ausschaltung der Konkurrenten besteht. Eine solche Gefahr hat das Gericht jedoch im vorliegenden Fall in den Randnummern 151 und 191 des angefochtenen Urteils festgestellt. Das verfolgte Ziel, einen unverfälschten Wettbewerb zu erhalten, erlaubt es nicht, zu warten, bis eine solche Strategie tatsächlich zur Ausschaltung der Konkurrenten führt.“

(46) – C‑395/96 P und C‑396/96 P, Urteil des Gerichtshofs vom 16. März 2000, Slg. 2000, I‑1365, Nr. 129 und Fn. 84.

(47) – Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Tetra Pak II (Urteil in Fn. 4 angeführt, Nr. 78).

(48) – Vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak International/Kommission (T‑83/91, Slg. 1994, II‑755, Randnr. 150).

(49) – Insbesondere Randnr. 71 des Urteils.

(50) – Insbesondere Randnr. 91 des Urteils.

(51) – Meines Erachtens ist bei der Prüfung eines möglichen Verlustausgleichs eine Beurteilung ex ante , also eine vorausschauende Beurteilung der Marktstruktur nach erfolgter Verdrängung vorzunehmen, d. h., es ist auf den möglichen Verlustausgleich abzustellen, wie er für das beherrschende Unternehmen zum Zeitpunkt seiner Preisgestaltung vernünftigerweise vorhersehbar war. Eine solche Beurteilung scheint übrigens der Prüfung zu entsprechen, die die Kommission im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen vornimmt. Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Februar 2005, Kommission/Tetra Laval (C‑12/03 P, Slg. 2005, I‑987, Randnrn. 42 bis 44). Vgl. auch z. B. Ezrachi, A., EC Competition Law , Hart, 2008, S. 140; Papandropoulos, P., „Article 82 EC reform“, Droit & économie , Concurrences Nr. 1 – 2008, sowie de la Mano, M., und Durand, B., „A Three-Step Structured Rule of Reason to Assess Predation under Article 82“, DG Competition, European Commission, Office of the Chief Economist Discussion Paper, 12. Dezember 2005, S. 3.

(52) – Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge von Generalanwalt Fennelly in der Rechtssache Compagnie maritime belge u. a./Kommission, in Fn. 46 angeführt, Nr. 136. Da darüber hinaus die in Verdrängungspreisfällen erforderliche Preis-Kosten-Analyse naturgemäß kontrovers und strittig sein wird (vgl. Urteil AKZO, in Fn. 3 angeführt; vgl. auch Howarth, D., „Unfair and Predatory Pricing under Article 82 EC“, EC Competition Law , G. Amato und C.‑D. Ehlermann [Hrsg.], Hart, 2007, S. 258-262), nicht zuletzt im Hinblick auf die Fragen, welche Kosten variabel und welche Kosten Fixkosten sind, welcher Zeitraum in Betracht zu ziehen ist und dergleichen, wäre das Erfordernis des Nachweises eines möglichen Verlustausgleichs grundsätzlich geeignet, in Fällen beanstandeter Verdrängungspreise die Folgen von Irrtümern (insbesondere einer fälschlichen Bejahung, dass Verdrängungspreise praktiziert worden sind) zu mindern. Was ferner den Ex-ante-Nachweis eines möglichen Verlustausgleichs als nützlichen und praktikablen Filter betrifft, stimme ich der Auffassung zu, dass „es viel einfacher ist, anhand der Marktstruktur festzustellen, dass ein Verlustausgleich unwahrscheinlich ist, als die Kosten eines bestimmten Erzeugers zu ermitteln“. Vgl. die US-amerikanische Rechtssache A. A. Poultry Farms, Inc v Rose Acre Farms, Inc, 881 F.2d 1396 (7th Cir. 1989), cert denied, 494 U.S. (1990). Eine solche Verlustausgleichprüfung „ermöglicht einem Gericht, sich aus den schwammigen Bereichen von Kostenanalyse, Untersuchung verschiedener Kostenrechnungsdaten und widerstreitender Gutachten zu der Frage, worin die relevanten Kosten bestehen, herauszuhalten“. Vgl. die australische Rechtssache Boral, (2003) 195 ALR 609, Randnr. 292.

(53) – Schlussanträge in der Rechtssache Bronner (C‑7/97, Urteil vom 26. November 1998, Slg. 1998, I‑7791, Nr. 58).

(54) – „Insbesondere bedarf die Verlustausgleichsmöglichkeit des Verdrängung praktizierenden Unternehmens einer sorgfältigen Prüfung“, Report by the EAGCP , einer Gruppe herausragender Wirtschaftswissenschaftler, die die Generaldirektion Wettbewerb und das für Wettbewerb zuständige Mitglied der Kommission beraten, „An economic approach to Article 82“, Juli 2005, S. 52, im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/publications/studies/eagcp_july_21_05.pdf.

(55) – „In Fällen von Verdrängungspreisen sollte regelmäßig eine Prüfung in Bezug auf den Verlustausgleich durchgeführt werden“, OECD, Predatory Foreclosure , Directorate for Financial and Enterprise Affairs, Competition Committee, DAF/COMP(2005)14, 15. März 2005, S. 8 ff., im Internet abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/26/53/34646189.pdf. Ein aktueller Überblick über 35 Länder findet sich in The International Competition Network, Report on Predatory Pricing , erstellt von der Unilateral Conduct Working Group, vorgelegt auf der 7. Jahreskonferenz des ICN, Kyoto, April 2008, im Internet abrufbar unter: http://www.icn-kyoto.org/documents/materials/Unilateral_WG_3.pdf.

(56) – Die von der Kommission eingerichtete Gruppe Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste erklärt auf S. 36 eines Konsultationsdokuments vom 31. November 2003 mit dem Titel „Draft joint ERG/EC approach on appropriate remedies in the new regulatory framework“ (Entwurf eines gemeinsamen Ansatzes der ERG und der Kommission für geeignete Abhilfemaßnahmen im neuen Rechtsrahmen) Folgendes: „Das Praktizieren von Verdrängungspreisen lässt sich wie folgt charakterisieren: i) die verlangten Preise sind nicht kostendeckend, ii) Mitbewerber werden entweder vom Markt verdrängt oder ausgeschlossen, und iii) das Unternehmen ist in der Lage, seine Verluste auszugleichen “ (Hervorhebung nur hier). Das Dokument ist im Internet abrufbar unter: http://www.erg.eu.int/doc/publications/erg0330_draft_joint_approach_on_remedies.pdf

(57) – Vgl.: „Gleichzeitig ist jedoch zu beachten, dass der Nachweis einer beherrschenden Stellung nicht zwangsläufig impliziert, dass das beherrschende Unternehmen auch in der Lage sein wird, seine Verluste wieder auszugleichen. Aus dem Nachweis eines Verlustausgleichs lässt sich zwar folgern, dass das Monopol des beherrschenden Unternehmens auch in Zukunft weiterbesteht, man muss sich jedoch klar machen, dass die Phase des Verlusteintritts zeitlich nicht mit der Phase des Verlustausgleichs zusammenfällt … Aus dem Umstand, dass sich ein Unternehmen in dem Zeitraum, in dem es nicht kostendeckende Preise praktiziert hat, in einer beherrschenden Stellung befand, folgt nicht, dass es in Zukunft in der Lage sein wird, die Verluste der Vergangenheit durch Preiserhöhungen wieder auszugleichen: Es ist durchaus möglich, dass sich die Wettbewerbsbedingungen in Zukunft ändern … Zweitens haben auf Art. 82 EG gestützte Rügen, mit denen Verdrängungspreise beanstandet werden, in der Praxis nur dann Erfolg gehabt, wenn ein Verlustausgleich tatsächlich festgestellt wurde oder nach den Umständen des Falles wahrscheinlich war“, O’Donoghue, R., und Padilla, A. J., The Law and Economics of Article 82 EC , Oxford: Hart, 2006, S. 254. Vgl. auch: „Die betreffenden Stellen sollten sich jedoch darüber klar sein, dass die Beurteilung, ob eine beherrschende Stellung besteht, nicht gleichbedeutend mit einer Verlustausgleichprüfung ist“, OECD, in Fn. 55 angeführt, S. 8 ff.

(58) – In Fn. 31 angeführt.

(59) – Dort heißt es, dass das Sichanpassen eines beherrschenden Unternehmens an die Preise der Mitbewerber „missbräuchlich oder zu beanstanden [sein kann] … wenn [das beherrschende Unternehmen] … [seine] beherrschende Stellung stärken und missbrauchen will“.

(60) – Vgl. Urteil Schröder u. a./Kommission, in Fn. 42 angeführt, Randnr. 35. Wollte man ein Rechtsmittel in diesem Sinne verstehen, wäre dies nichts anderes als der Versuch, die Rechtssache neu zu verhandeln; Neuverhandlungen vor dem Gerichtshof sind indessen nicht vorgesehen. Vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 3. März 2005, Biegi Nahrungsmittel und Commonfood/Kommission (C‑499/03 P, Slg. 2005, I‑1751, Randnrn. 37 f.).

(61) – C‑403/04 P und C‑405/04 P, Urteil vom 25. Januar 2007, Slg. 2007, I‑729.

(62) – Unzulässig sind Gründe, die sich im Wesentlichen gegen die Handlung oder Untätigkeit des Gemeinschaftsorgans oder der Gemeinschaftsorgane richten. Das erneute Vorbringen dieser Gründe würde bedeuten, dass es sich um ein „normales“ Rechtsmittel handelte. Vgl. u. a. Urteile des Gerichtshofs vom 7. Mai 1998, Somaco/Kommission (C‑401/96 P, Slg. 1998, I‑2587, Randnr. 49), und vom 22. April 1999, Kernkraftwerke Lippe-Ems/Kommission (C‑161/97 P, Slg. 1999, I‑2057, Randnrn. 76 f.).

(63) – Vgl. u. a. die Urteile des Gerichtshofs Schröder u. a./Kommission, in Fn. 42 angeführt, Randnrn. 35 und 38 bis 42, und vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission (C‑257/98 P, Slg. 1999, I‑3251, Randnrn. 61 f.).

(64) – Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission (C‑51/92 P, Slg. 1999, I‑4235, Randnr. 113).

(65) – Sind weitere Tatsachenfeststellungen erforderlich oder ist eine Neubeurteilung der bereits getroffenen notwendig, verweist der Gerichtshof die Sache zurück an das Gericht. Vgl. in diesem Zusammenhang Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1992, Moritz/Kommission (C‑68/91 P, Slg. 1992, I‑6849, Randnrn. 41 f.).

(66) – Vgl. Urteil Tetra Pak II, in Fn. 4 angeführt, Randnr. 24.

(67) – Vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Fennelly in der Rechtssache Compagnie maritime belge transports u. a., in Fn. 46 angeführt, Nr. 127. Vgl. Urteil des Gerichts Tetra Pak International/Kommission, in Fn. 48 angeführt, Randnr. 147, in der es heißt, dass „es … zulässig sein kann, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung unter bestimmten Voraussetzungen Verlustverkäufe tätigt“. Vgl. u. a. auch Bellamy und Child, European Community Law of Competition , Oxford, 6. Aufl., 2008, S. 956 f., Abschnitt 10.071: „Soweit [die Akzo-Regel] eine Regel impliziert, dass Preise unterhalb der durchschnittlichen variablen Kosten … Verdrängungspreise sein müssen, erscheint sie zu starr. Preise unterhalb [der durchschnittlichen variablen Kosten] können wettbewerbsfördernd sein …“ Motta, M., Competition Policy , Cambridge University Press, 2004, S. 453; Faull, J., und Nikpay, A., The EC law of competition , Oxford University Press, 2007, S. 379, Abschnitt 4.287; Ezrachi, A., in Fn. 51 angeführt, S. 136, OECD, in Fn. 55 angeführt, S. 18: „Aus dem Umstand, dass ein Unternehmen nicht kostendeckende Preise praktiziert, folgt nicht zwangsläufig, dass sein Vorgehen wettbewerbsschädigend ist. Unter bestimmten Umständen kann eine derartige Preisgestaltung nicht nur gutgläubig, sondern sogar wettbewerbsfördernd sein. Die betreffenden Stellen sollten die Gründe, die angeblich auf Verdrängung bedachte Unternehmen zur Rechtfertigung ihrer Preisgestaltung anführen, stets sorgfältig prüfen“; Whish, R., in Fn. 44 angeführt, S. 649, Jones, A., und Sufrin, B., in Fn. 44 angeführt, S. 339, Garzaniti, L., und Liberatore, F. „Recent Developments in the European Commission’s Practice in the Communications Sector: Part 2“, (2004) E.C.L.R. 25(4) 234-240.

(68) – Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich insoweit auf die Ausführungen in den Nrn. 85 f. der vorliegenden Schlussanträge, die auch hier gelten.

(69) – Zu der vom Gericht angeführten Begründung dieser Feststellung vgl. Randnrn. 143 bis 151 des angefochtenen Urteils.

(70) – Ein Rechtsmittel darf sich nicht darauf beschränken, die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe und Argumente zu wiederholen, ohne Argumente vorzutragen, um zu belegen, dass diesem ein Rechtsfehler unterlaufen sei. Vgl. Beschluss des Gerichtshofs vom 5. Februar 1998, Abello u. a./Kommission (C‑30/96 P, Slg. 1998, I‑377, Randnr. 45).

(71) – Vgl. Randnr. 386 der angefochtenen Entscheidung.

(72) – Vgl. Randnr. 76 der angefochtenen Entscheidung und Randnr. 136 des angefochtenen Urteils.

(73) – Vgl. Randnrn. 154 f. Zur Diskussion des Nettogegenwartswert-Ansatzes vgl. z. B. die Entscheidung des Competition Commission Appeal Tribunal (CAT) im Vereinigten Königreich vom 15. Januar 2002 (Napp Pharmaceutical Holdings/Director General of Fair Trading, [2002] CAT 1, Randnr. 260).

(74) – Nr. 95 der Klageschrift von WIN im ersten Rechtszug im Rahmen des Klagegrundes zum Vorliegen einer beherrschenden Stellung.

(75) – Nr. 272 der Klageschrift von WIN im ersten Rechtszug im Rahmen des Klagegrundes zur Geldbuße.

(76) – Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 26. Oktober 2006, Koninklijke Coöperatie Cosun/Kommission (C‑68/05 P, Slg. 2006, I‑10367, Randnrn. 95 bis 98 und die dort angeführte Rechtsprechung).

(77) – Dieser Verweis bezieht sich auf Randnr. 214 des angefochtenen Urteils.

(78) – Vgl. Lenaerts, K./Arts, D./Maselis, I., Procedural Law of the European Union , 2. Aufl., London 2006, S. 464: „Dies lässt sich dem Urteil des Gerichtshofs vom 22. Dezember 1993, Eppe/Kommission (C‑354/92 P, Slg. 1993, I‑7027, Randnr. 13), entnehmen.“

(79) – Vgl. Beschluss Abello u. a./Kommission, in Fn. 70 angeführt, Randnr. 45.

(80) – Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 24).

(81) – Urteil des Gerichtshofs vom 7. November 2002, Glencore und Compagnie Continentale/Kommission (C‑24/01 P und C‑25/01 P, Slg. 2002, I‑10119, Randnrn. 65 bis 69). Eine solche Verfälschung muss sich aus den Akten offensichtlich ergeben, ohne dass eine neue Tatsachen- und Beweiswürdigung vorgenommen werden muss. Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 6. April 2006, General Motors/Kommission (C‑551/03 P, Slg. 2006, I‑3173, Randnrn. 51 f. und 54).

(82) – Vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 6. März 2001, Connolly/Kommission (C‑274/99 P, Slg. 2001, I‑1611, Randnr. 121), und Belgien/Kommission, in Fn. 34 angeführt, Randnr. 81.