Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor
In den verbundenen Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06, T‑257/06 und T‑309/06
Budějovický Budvar, národní podnik mit Sitz in České Budějovice (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Fajgenbaum und C. Petsch,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard‑Monguiral als Bevollmächtigten,
Beklagter,
andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:
Anheuser-Busch, Inc. mit Sitz in Saint Louis, Missouri (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte V. von Bomhard, A. Renck, B. Goebel und A. Pohlmann, dann Rechtsanwälte V. von Bomhard, A. Renck und B. Goebel,
wegen Aufhebung der Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005‑2), 28. Juni 2006 (Sachen R 241/2005‑2 und R 802/2004‑2) und 1. September 2006 (Sache R 305/2005‑2) zu Widerspruchsverfahren zwischen der Budějovický Budvar, národní podnik und der Anheuser-Busch, Inc.
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili, des Richters F. Dehousse (Berichterstatter) und der Richterin I. Wiszniewska-Białecka,
Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,
aufgrund der am 26. August 2006 (Rechtssache T‑225/06), 15. September 2006 (Rechtssachen T‑255/06 und T‑257/06) und 14. November 2006 (Rechtssache T‑309/06) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschriften,
aufgrund der am 30. Januar 2007 (Rechtssache T‑225/06), 20. Februar 2007 (Rechtssache T‑257/06), 26. April 2007 (Rechtssache T‑255/06) und 27. April 2007 (Rechtssache T‑309/06) eingegangenen Klagebeantwortungen des HABM,
aufgrund der am 30. Januar 2007 (Rechtssache T‑225/06), 28. Februar 2007 (Rechtssache T‑257/06), 7. Mai 2007 (Rechtssache T‑255/06) und 24. Mai 2007 (Rechtssache T‑309/06) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortungen der Anheuser-Busch, Inc.,
aufgrund des Beschlusses der Präsidentin der Ersten Kammer des Gerichts vom 25. Februar 2008, die Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts zu verbinden,
auf die mündliche Verhandlung vom 1. April 2008
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
A – Internationales Recht
1. Die Art. 1 bis 5 des Lissabonner Abkommens über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung vom 31. Oktober 1958 (im Folgenden: Lissabonner Abkommen), revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 und geändert am 28. September 1979, bestimmen:
„Artikel 1
(1) Die Länder, auf die dieses Abkommen Anwendung findet, bilden einen besonderen Verband innerhalb des Verbandes zum Schutz des gewerblichen Eigentums.
(2) Sie verpflichten sich, in ihrem Gebiet gemäß den Bestimmungen dieses Abkommens diejenigen Ursprungsbezeichnungen der Erzeugnisse der anderen Länder des besonderen Verbandes zu schützen, die im Ursprungsland als solche anerkannt und geschützt und beim im Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum … benannten Internationalen Büro für geistiges Eigentum … registriert sind.
Artikel 2
(1) Unter Ursprungsbezeichnung im Sinn dieses Abkommens ist die geografische Benennung eines Landes, einer Gegend oder eines Ortes zu verstehen, die zur Kennzeichnung eines Erzeugnisses dient, das dort seinen Ursprung hat und das seine Güte oder Eigenschaften ausschließlich oder überwiegend den geografischen Verhältnissen einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse verdankt.
(2) Ursprungsland ist das Land, dessen Name, oder das Land, in dem die Gegend oder der Ort liegt, deren Name die Ursprungsbezeichnung bildet, die den Ruf des Erzeugnisses begründet.
Artikel 3
Der Schutz wird gegen jede widerrechtliche Aneignung oder Nachahmung gewährt, selbst wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder wenn die Bezeichnung in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie ‚Art‘, ‚Typ‘, ‚Fasson‘, ‚Nachahmung‘ oder dergleichen gebraucht wird.
Artikel 4
Die Bestimmungen dieses Abkommens schließen keineswegs den Schutz aus, der für Ursprungsbezeichnungen in jedem Land des besonderen Verbandes bereits aufgrund anderer internationaler Verträge, wie der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 1883 zum Schutz des gewerblichen Eigentums in ihren später revidierten Fassungen und des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über die Unterdrückung falscher oder irreführender Herkunftsangaben in seinen später revidierten Fassungen, oder aufgrund der Landesgesetzgebung oder der Rechtsprechung besteht.
Artikel 5
(1) Die Ursprungsbezeichnungen werden beim Internationalen Büro auf Antrag der Behörden der Länder des besonderen Verbandes auf den Namen natürlicher oder juristischer Personen des öffentlichen oder Privatrechts registriert, die gemäß ihrer Landesgesetzgebung Inhaber des Rechts zur Benutzung dieser Bezeichnungen sind.
(2) Das Internationale Büro teilt die Registrierungen den Behörden der verschiedenen Länder des besonderen Verbandes unverzüglich mit und veröffentlicht sie in einem regelmäßig erscheinenden Blatt.
(3) Die Behörden der Länder können erklären, dass sie einer Ursprungsbezeichnung, deren Registrierung ihnen mitgeteilt worden ist, den Schutz nicht gewähren können; die Erklärung muss jedoch dem Internationalen Büro unter Angabe der Gründe innerhalb eines Jahres vom Zeitpunkt des Empfangs der Mitteilung über die Registrierung an mitgeteilt werden; sie darf in dem betreffenden Land die anderen Formen des Schutzes der Bezeichnung nicht beeinträchtigen, die der Inhaber der Bezeichnung gemäß Artikel 4 in Anspruch nehmen kann.
…“
2. Die Regeln 9 und 16 der Ausführungsverordnung zum Lissabonner Abkommen, die am 1. April 2002 in Kraft getreten ist, sehen vor:
„Regel 9
Zurückweisung
(1) Jede Zurückweisung wird dem Internationalen Büro von der zuständigen Behörde des Vertragslands mitgeteilt, für das diese Zurückweisung verfügt wurde, und ist von dieser Behörde zu unterzeichnen.
…
Regel 16
Aufhebung
(1) Wenn die Wirkungen einer internationalen Registrierung in einem Vertragsland aufgehoben worden sind und gegen die Aufhebung kein Rechtsbehelf mehr statthaft ist, ist diese Aufhebung dem Internationalen Büro von der zuständigen Behörde dieses Vertragslands mitzuteilen.
…“
3. Die Art. 1 und 2 des am 11. Juni 1976 zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik geschlossenen und später zu einem Teil der Rechtsordnung der Tschechischen Republik gewordenen Vertrags über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und sonstigen auf die Herkunft hinweisenden Bezeichnungen landwirtschaftlicher und gewerblicher Erzeugnisse (im Folgenden: bilateraler Vertrag) sehen vor:
„Artikel 1
Jeder der Vertragsstaaten verpflichtet sich, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um in wirksamer Weise die Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und sonstigen auf die Herkunft hinweisenden Bezeichnungen landwirtschaftlicher und gewerblicher Erzeugnisse, die unter die im Artikel 5 angeführten Gruppen fallen und im Übereinkommen nach Artikel 6 näher bezeichnet sind, sowie die in den Artikeln 3, 4 und 8 Absatz 2 erwähnten Namen und Abbildungen gegen unlauteren Wettbewerb im geschäftlichen Verkehr zu schützen.
Artikel 2
Unter Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und sonstigen auf die Herkunft hinweisenden Bezeichnungen im Sinne dieses Vertrages werden alle Hinweise verstanden, die sich unmittelbar oder mittelbar auf die Herkunft eines Erzeugnisses beziehen. Ein solcher Hinweis besteht im Allgemeinen aus einer geografischen Bezeichnung. Er kann aber auch aus anderen Angaben bestehen, wenn innerhalb beteiligter Verkehrskreise des Herkunftslandes darin im Zusammenhang mit dem so bezeichneten Erzeugnis ein Hinweis auf das Erzeugungsland erblickt wird. Die genannten Bezeichnungen können neben dem Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten geografischen Bereich auch Angaben über die Qualität des betreffenden Erzeugnisses enthalten. Diese besonderen Eigenschaften der Erzeugnisse werden ausschließlich oder überwiegend durch geografische oder menschliche Einflüsse bedingt.“
4. Nach Art. 5 Abs. 1 Abschnitt B Ziff. 2 des bilateralen Vertrags gehören zu den fraglichen Gruppen tschechischer Erzeugnisse auch „Biere“.
5. Art. 6 des bilateralen Vertrags lautet:
„Die Bezeichnungen für die einzelnen Erzeugnisse, bei welchen die Voraussetzungen der Artikel 2 und 5 zutreffen, welche den Schutz des Vertrages genießen und daher keine Gattungsbezeichnungen sind, werden in einem Übereinkommen angeführt, das von den Regierungen der beiden Vertragsstaaten abzuschließen sein wird.“
6. Nach Art. 16 Abs. 3 des bilateralen Vertrags kann jeder der beiden Vertragsstaaten den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von mindestens einem Jahr schriftlich im diplomatischen Weg kündigen.
7. Am 7. Juni 1979 wurde nach Art. 6 des bilateralen Vertrags ein Übereinkommen zu dessen Durchführung geschlossen (im Folgenden: Durchführungsübereinkommen). In Anlage B zum Durchführungsübereinkommen wird unter „Tschechoslowakische Bezeichnungen für landwirtschaftliche und gewerbliche Erzeugnisse“ in der Kategorie „Bier“ die Bezeichnung „Bud“ genannt.
B – Gemeinschaftsrecht
8. Die Art. 8 und 43 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung bestimmen:
„Artikel 8
Relative Eintragungshindernisse
…
(4) Auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht des Mitgliedstaats
a) Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind;
b) dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
…
Artikel 43
Prüfung des Widerspruchs
(1) Bei der Prüfung des Widerspruchs fordert das Amt die Beteiligten so oft wie erforderlich auf, innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist eine Stellungnahme zu seinen Bescheiden oder zu den Schriftsätzen anderer Beteiligter einzureichen.
(2) Auf Verlangen des Anmelders hat der Inhaber einer älteren Gemeinschaftsmarke, der Widerspruch erhoben hat, den Nachweis zu erbringen, dass er innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke die ältere Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und auf die er sich zur Begründung seines Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat, oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zu diesem Zeitpunkt die ältere Gemeinschaftsmarke seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, so wird der Widerspruch zurückgewiesen. Ist die ältere Gemeinschaftsmarke nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, benutzt worden, so gilt sie zum Zwecke der Prüfung des Widerspruchs nur für diese Waren oder Dienstleistungen als eingetragen.
(3) Absatz 2 ist auf ältere nationale Marken im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle der Benutzung in der Gemeinschaft die Benutzung in dem Mitgliedstaat tritt, in dem die ältere Marke geschützt ist.
…“
Vorgeschichte des Rechtsstreits
A – Die von Anheuser-Busch angemeldeten Gemeinschaftsmarken
9. Die Anheuser-Busch, Inc. meldete am 1. April 1996, 28. Juli 1999, 11. April 2000 und 4. Juli 2000 gemäß der Verordnung Nr. 40/94 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vier Gemeinschaftsmarken an (Anmeldungen Nrn. 24711, 1257849, 1603539 und 1737121).
10. Gegenstand der Anmeldung Nr. 1257849 (im Folgenden: Anmeldung Nr. 1) war die folgende Bildmarke:
>image>19
11. Die Bildmarke wurde für folgende Waren der Klassen 16, 21, 25 und 32 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:
– Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie in Klasse 16 enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff (soweit es in Klasse 16 enthalten ist); Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke“;
– Klasse 21: „Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut (soweit sie in Klasse 21 enthalten sind)“;
– Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;
– Klasse 32: „Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“.
12. Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 34/00 vom 2. Mai 2000 veröffentlicht.
13. Gegenstand der drei Anmeldungen Nr. 24711, Nr. 1603539 und Nr. 1737121 war die Wortmarke BUD (im Folgenden: Anmeldung Nr. 2, Anmeldung Nr. 3 bzw. Anmeldung Nr. 4).
14. Die Wortmarken wurden für folgende Waren der Klassen 32 (Anmeldung Nr. 2), 32 und 33 (Anmeldung Nr. 3), 35, 38, 41 und 42 (Anmeldung Nr. 4) des Abkommens von Nizza angemeldet:
– Klasse 32: „Bier, Ale, Porter, gemalzte alkoholische und alkoholfreie Getränke“ (Anmeldung Nr. 2) und „Biere“ (Anmeldung Nr. 3);
– Klasse 33: „Alkoholische Getränke“;
– Klasse 35: „Einrichtung von Datenbanken, Erfassung von Daten und Informationen in Datenbanken“;
– Klasse 38: „Telekommunikation, nämlich Verfügbarmachen und Bereitstellung von Daten und Informationen, Bereitstellung und Übertragung von in Datenbanken gespeicherten Informationen“;
– Klasse 41: „Erziehung und Unterhaltung“;
– Klasse 42: „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten; Betrieb einer Datenbank“.
15. Die Anmeldungen der Wortmarke BUD wurden am 7. Dezember 1998 im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 93/98 (Anmeldung Nr. 2), am 26. Februar 2001 im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 19/01 (Anmeldung Nr. 3) und am 5. März 2001 im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 22/01 (Anmeldung Nr. 4) veröffentlicht.
B – Die gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldungen erhobenen Widersprüche
16. Das in der Tschechischen Republik ansässige Unternehmen Budějovický Budvar, národní podnik (im Folgenden: Budvar) erhob am 1. August 2000 (gegen Anmeldung Nr. 1), 5. März 1999 (gegen Anmeldung Nr. 2), 22. Mai 2001 (gegen Anmeldung Nr. 3) und 5. Juni 2001 (gegen Anmeldung Nr. 4) gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 wegen sämtlicher in den Anmeldungen benannten Waren Widersprüche.
17. Budvar stützte ihre Widersprüche zunächst auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 auf die nachstehend wiedergegebene internationale Bildmarke Nr. 361 566, die für „helles und dunkles Bier aller Art“ mit Schutzwirkung für die Benelux-Länder, Italien und Österreich eingetragen ist:
>image>20
18. Ferner stützte Budvar ihren Widerspruch auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 auf eine am 10. März 1975 gemäß dem Lissabonner Abkommen bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) mit Schutzwirkung in Frankreich, Italien und Portugal eingetragene Ursprungsbezeichnung „Bud“ (Ursprungsbezeichnung Nr. 598) für Bier.
19. Im Rahmen der Widersprüche gegen die Anmeldungen Nrn. 1, 2 und 3 machte Budvar außerdem eine gemäß dem bilateralen Vertrag in Österreich geschützte Ursprungsbezeichnung „Bud“ geltend.
C – Entscheidungen der Widerspruchsabteilung
20. Mit der Entscheidung Nr. 2326/2004 vom 16. Juli 2004, die in Bezug auf die Anmeldung Nr. 4 ergangen ist, gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise statt.
21. Sie führte erstens aus, dass Budvar belegt habe, dass sie in Frankreich, Italien und Portugal ein Recht an der Ursprungsbezeichnung „Bud“ besitze.
22. Zweitens war die Widerspruchsabteilung der Auffassung, dass das Vorbringen von Budvar, was Italien und Portugal betrifft, nicht präzise genug gewesen sei, um den Umfang des geltend gemachten Schutzes nach dem innerstaatlichen Recht dieser beiden Mitgliedstaaten zu bestimmen.
23. Drittens stellte die Widerspruchsabteilung, die der Auffassung war, dass die von der Anmeldung Nr. 4 erfassten Dienstleistungen „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ (Klasse 42) dem von der Ursprungsbezeichnung „Bud“ umfassten „Bier“ ähnlich seien, fest, dass Verwechslungsgefahr bestehe, da die in Rede stehenden Zeichen identisch seien.
24. Viertens führte die Widerspruchsabteilung im Hinblick auf die anderen Waren und das auf den Fall anzuwendende französische Recht aus, dass es Budvar nicht gelungen sei, aufzuzeigen, inwiefern der Ruf der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnung durch die Benutzung der Anmeldemarke missbraucht oder geschwächt werden könnte, da es sich um verschiedenartige Waren handele.
25. Folglich gab die Widerspruchsabteilung dem von Budvar erhobenen Widerspruch in Bezug auf die von der Anmeldung Nr. 4 umfassten Dienstleistungen „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ (Klasse 42) statt.
26. Mit Entscheidungen vom 23. Dezember 2004 (Nrn. 4474/2004 und 4475/2004) und 26. Januar 2005 (Nr. 117/2005) wies die Widerspruchsabteilung die jeweils gegen die Eintragung der Anmeldungen Nrn. 1, 3 und 2 erhobenen Widersprüche zurück.
27. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, dass nicht nachgewiesen worden sei, dass die Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich, Italien, Österreich und Portugal ein im geschäftlichen Verkehr benutztes Zeichen von mehr als nur örtlicher Bedeutung sei. Insofern seien dieselben Kriterien anzuwenden, die in Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 in Verbindung mit Regel 22 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) für den Nachweis der ernsthaften Benutzung älterer Marken vorgesehen seien, auf die sich ein Widerspruch stütze.
D – Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des HABM
28. Am 21. Februar 2005 und 18. März 2005 legte Budvar drei Beschwerden gegen die Entscheidungen der Widerspruchsabteilung ein, mit denen die gegen die Anmeldungen Nrn. 1, 2 und 3 erhobenen Widersprüche zurückgewiesen worden waren (Entscheidungen Nrn. 4474/2004, 117/2005 und 4475/2004 der Widerspruchsabteilung).
29. Am 8. September 2004 legte Anheuser-Busch Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein, mit der dem gegen die Anmeldung Nr. 4 erhobenen Widerspruch teilweise, in Bezug auf „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ (Klasse 42), stattgegeben worden war (Entscheidung Nr. 2326/2004 der Widerspruchsabteilung). Budvar beantragte ihrerseits die Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, soweit darin der Widerspruch in Bezug auf die anderen Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 41 und 42 zurückgewiesen worden war.
30. Mit drei Entscheidungen vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005‑2), 28. Juni 2006 (Sache R 241/2005‑2) und 1. September 2006 (Sache R 305/2005‑2) wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die von Budvar in Bezug auf die Anmeldungen Nrn. 1, 2 und 3 eingelegten Beschwerden zurück.
31. Mit Entscheidung vom 28. Juni 2006 (Sache R 802/2004‑2) gab die Beschwerdekammer der von Anheuser-Busch in Bezug auf die Anmeldung Nr. 4 eingelegten Beschwerde statt und wies den Widerspruch von Budvar insgesamt zurück.
32. In den Entscheidungen vom 28. Juni 2006 (Sachen R 241/2005‑2 und R 802/2004‑2) und 1. September 2006 (Sache R 305/2005‑2) wurde auf die in der Entscheidung vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005‑2) enthaltene Begründung verwiesen.
33. In den vier Entscheidungen (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen) stellte die Beschwerdekammer zunächst fest, dass Budvar sich für die Begründung ihrer Widersprüche nicht länger auf die internationale Bildmarke Nr. 361 566 zu stützen scheine, sondern nur noch auf die Ursprungsbezeichnung „Bud“.
34. Sodann führte die Beschwerdekammer im Wesentlichen aus, erstens falle es schwer, sich vorzustellen, dass das Zeichen BUD als Ursprungsbezeichnung oder auch nur als indirekte Herkunftsangabe angesehen werden könnte. Die Beschwerdekammer kam danach zu dem Ergebnis, dass ein Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, der auf einem Recht beruhe, das als Ursprungsbezeichnung vorgestellt worden sei, in Wirklichkeit jedoch keine solche sei, keinen Erfolg haben könne.
35. Zweitens befand die Beschwerdekammer in analoger Anwendung der Bestimmungen von Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95, dass die von Budvar vorgelegten Nachweise in Bezug auf die Benutzung der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich, Italien, Österreich und Portugal unzureichend seien.
36. Drittens stellte die Beschwerdekammer fest, dass der Widerspruch auch deshalb zurückgewiesen werden müsse, weil Budvar nicht dargetan habe, dass die in Rede stehende Ursprungsbezeichnung ihr das Recht verleihe, die Benutzung des Begriffs „Bud“ als Marke in Österreich oder in Frankreich zu untersagen.
Verfahren und Anträge der Parteien
37. Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten und bestimmte Unterlagen vorzulegen, was diese innerhalb der gesetzten Frist getan haben.
38. Die Parteien haben in der Sitzung am 1. April 2008 mündlich verhandelt und mündliche Fragen beantwortet.
39. Budvar beantragt in den Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06,
– ihr zu bestätigen, dass das HABM die betreffenden Anmeldungen wegen des Bestehens absoluter Eintragungshindernisse nicht hätte veröffentlichen dürfen.
40. Im Übrigen beantragt Budvar in jeder der Rechtssachen,
– festzustellen, dass die Beschwerdekammer für die Beurteilung der „substanziellen“ Gültigkeit der im Rahmen eines Widerspruchs geltend gemachten älteren Rechte unzuständig war;
– festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung aufgrund der fehlerhaften Auslegung der in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 enthaltenen Wendung „sonstiges im geschäftlichen Verkehr benutztes Kennzeichenrecht“ rechtswidrig ist und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vor dem HABM verstößt;
– folglich festzustellen, dass die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Beweisstücke die Benutzung des Zeichens BUD als Ursprungsbezeichnung belegen und, soweit erforderlich, dass die Ursprungsbezeichnung „Bud“ durchaus ein im geschäftlichen Verkehr benutztes Kennzeichenrecht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 ist;
– festzustellen, dass die Anwendungsvoraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 vorliegen;
– Folgendes anzuordnen:
– die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung;
– die Zurückweisung der betreffenden Gemeinschaftsmarkenanmeldung;
– die Übermittlung des Urteils an das HABM;
– die Verurteilung von Anheuser-Busch zur Tragung der Kosten.
41. Während der mündlichen Verhandlung vervollständigte Budvar ihre Anträge durch den Antrag, dem HABM und Anheuser-Busch die Kosten aufzuerlegen.
42. Das HABM und Anheuser-Busch beantragen in jeder der Rechtssachen,
– die Klage abzuweisen;
– Budvar die Kosten aufzuerlegen.
43. Nach Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung zu einer möglichen Verbindung der vorliegenden Rechtssachen zu gemeinsamer Entscheidung ist das Gericht der Auffassung, dass eine solche Verbindung gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts vorzunehmen ist.
Gründe
A – Zulässigkeit und Erheblichkeit bestimmter Anträge von Budvar
44. Zunächst beantragt Budvar in den Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06, ihr zu bestätigen, dass das HABM die betreffenden Anmeldungen wegen des Bestehens absoluter Eintragungshindernisse nicht hätte veröffentlichen dürfen. Jedoch sind zum einen die absoluten Eintragungshindernisse im Sinne von Art. 7 der Verordnung Nr. 40/94 im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens nicht zu prüfen, und zum anderen gehört dieser Artikel nicht zu den Vorschriften, anhand deren die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu beurteilen ist (Urteil des Gerichts vom 9. April 2003, Durferrit/HABM – Kolene [NU-TRIDE], T‑224/01, Slg. 2003, II‑1589, Randnrn. 72 und 75). Folglich ist dieser Antrag von Budvar unzulässig.
45. Sodann zielt Budvar mit dem ersten, dem zweiten, dem dritten und dem vierten Antrag in allen Rechtssachen in Wirklichkeit darauf ab, dass der Gemeinschaftsrichter die Begründetheit bestimmter Rügen anerkennt, auf die ihre Klage gestützt wird. Nach ständiger Rechtsprechung sind solche Anträge jedoch unzulässig (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 1989, Jaenicke Cendoya/Kommission, 108/88, Slg. 1989, 2711, Randnrn. 8 und 9; Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996, Air France/Kommission, T‑358/94, Slg. 1996, II‑2109, Randnr. 32, und Beschluss des Gerichts vom 14. Mai 2008, Lactalis Gestion Lait und Lactalis Investissements/Rat, T‑29/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 16). Folglich sind diese Anträge von Budvar unzulässig.
46. Im Übrigen ist, wie das HABM in seinen Schriftsätzen geltend macht, festzustellen, dass Budvar mit ihrem sechsten Antrag in allen Rechtssachen, der auf die Zurückweisung der Anmeldung der betreffenden Gemeinschaftsmarkenanmeldung gerichtet ist, in Wirklichkeit vom Gericht im Wesentlichen verlangt, eine Anordnung gegenüber dem HABM zu erlassen. Nach Art. 63 Abs. 6 der Verordnung Nr. 40/94 hat das HABM aber die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gemeinschaftsrichters ergeben. Das Gericht kann somit dem HABM keine Anordnungen erteilen (Urteile des Gerichts vom 31. Januar 2001, Mitsubishi HiTec Paper Bielefeld/HABM [Giroform], T‑331/99, Slg. 2001, II‑433, Randnr. 33, vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, Slg. 2002, II‑683, Randnr. 12, und vom 23. Oktober 2002, Institut für Lernsysteme/HABM – Educational Services [ELS], T‑388/00, Slg. 2002, II‑4301, Randnr. 19). Folglich ist dieser Antrag von Budvar unzulässig.
47. Mit seinem siebten Antrag schließlich verlangt Budvar vom Gericht in allen Rechtssachen, das Urteil an das HABM zu übermitteln. Aus Art. 55 der Satzung des Gerichtshofs geht jedoch hervor, dass, unabhängig davon, welche Anträge von den Parteien insofern gestellt worden sind, „[d]er Kanzler des Gerichts … die Endentscheidungen des Gerichts und die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede wegen Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat[, jeder Partei übermittelt]“. Außerdem bestimmt Art. 82 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts: „Der Präsident, die übrigen Richter, die an der Beratung teilgenommen haben, und der Kanzler unterzeichnen die Urschrift des Urteils, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei hinterlegt wird; den Parteien wird eine beglaubigte Abschrift zugestellt.“ Folglich geht dieser Antrag von Budvar ins Leere.
B – Begründetheit
48. Nach Ausführungen zur Geschichte des zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Konflikts macht Budvar mit ihrem einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 geltend.
49. Der einzige Klagegrund von Budvar besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil stellt Budvar die Feststellung der Beschwerdekammer in Frage, dass das Zeichen BUD nicht als Ursprungsbezeichnung angesehen werden könne. Im zweiten Teil rügt Budvar die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien.
1. Zum ersten Teil des Klagegrundes: Gültigkeit der Ursprungsbezeichnung „Bud“
a) Vorbringen der Parteien
50. Unter Hinweis auf den Wortlaut der Randnrn. 19 bis 22 der in der Sache R 234/2005‑2 erlassenen Entscheidung führt Budvar aus, die Beschwerdekammer habe eine Prüfung des Zeichens BUD vorgetäuscht, um festzustellen, dass dieses „tatsächlich überhaupt keine Ursprungsbezeichnung“ sei.
51. Auf dieser Grundlage habe die Beschwerdekammer den Widerspruch zurückgewiesen, ohne geprüft zu haben, ob die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 vorgelegen hätten.
52. Dieses Vorgehen, das der Verordnung Nr. 40/94 zuwiderlaufe, führe zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen, die deshalb aufzuheben seien.
53. Darüber hinaus sei die Ursprungsbezeichnung „Bud“ nicht nur gültig, sondern auch in Kraft.
54. In dieser Hinsicht macht Budvar erstens geltend, dass die Beschwerdekammer nicht befugt sei, über die Gültigkeit der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnung zu entscheiden. Die Befugnisse der Beschwerdekammer seien darauf beschränkt, festzustellen, ob eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung ältere Rechte gemäß den in Art. 8 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Voraussetzungen verletzen könne. Die Vorschriften über die Gemeinschaftsmarke sähen keine Prüfung der materiellen Gültigkeit eines im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens geltend gemachten älteren Rechts durch das HABM vor. In einem solchen Verfahren müsse gemäß Regel 20 der Verordnung Nr. 2868/95 der Widersprechende „die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts“ belegen. Diese Bestimmung sehe also vor, dass der Widersprechende nur verpflichtet sei, den Nachweis der formellen Ordnungsmäßigkeit des der Anmeldung entgegengehaltenen Rechts zu erbringen. Indem sie eine Prüfung des Zeichens BUD vorgenommen habe, um festzustellen, ob es als Ursprungsbezeichnung bezeichnet werden könne oder nicht, habe die Beschwerdekammer daher gegen die relevanten Gemeinschaftsvorschriften verstoßen. Budvar fügt hinzu, dass sie im vorliegenden Fall alle erforderlichen Dokumente vorgelegt habe, um die Existenz und die Gültigkeit der Ursprungsbezeichnung „Bud“ darzutun.
55. Zweitens stelle das Zeichen BUD sehr wohl eine Ursprungsbezeichnung dar. Bezug nehmend auf Randnr. 20 der Entscheidung der Beschwerdekammer in der Sache R 234/2005‑2 führt Budvar aus, dass in keiner Bestimmung vorgesehen sei, dass ein Zeichen, das eine Ursprungsbezeichnung darstelle, notwendigerweise einen geografischen Namen vollständig wiedergeben müsse. Im vorliegenden Fall sei es zunächst unbestreitbar, dass der Begriff „Budweis“ (bei dem es sich um den deutschen Namen von České Budějovice handele) auf den Namen der Stadt, in der das fragliche Bier gebraut werde, also auf das Gebiet der Herstellung, Bezug nehme. Die nationale Eintragungsurkunde definiere die Ursprungsbezeichnung „Bud“ als Bezeichnung für u. a. ein „helles Bier“, mit den Eigenschaften und Merkmalen „leicht bitter, mit süßlichem Geschmack und speziellem Aroma“, aus České Budějovice. Im Übrigen könne eine Ursprungsbezeichnung durchaus eine Abkürzung einer geografischen Bezeichnung und selbst ein Phantasiebegriff oder ein Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs sein, solange das Herstellungsgebiet einem bestimmten geografischen Gebiet entspreche. Insofern verweist Budvar auf Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 208, S. 1) in ihrer zur Zeit der in Frage stehenden Vorgänge geltenden Fassung, das Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2005, Deutschland und Dänemark/Kommission (C‑465/02 und C‑466/02, Slg. 2005, I‑9115), und bestimmte in Frankreich oder auf europäischer Ebene eingetragene Ursprungsbezeichnungen. Unter diesen Umständen könne nicht behauptet werden, das Zeichen BUD stelle keine gültige Ursprungsbezeichnung dar, weil der Begriff „Bud“ nicht genau einem geografischen Ort entspreche.
56. Drittens hebt Budvar hervor, dass die in Rede stehende Ursprungsbezeichnung in Frankreich und im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 auch in Österreich in Kraft sei. Am 27. Januar 1975 habe das tschechische Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung BUD-Bier die Qualifizierung als Ursprungsbezeichnung verliehen. Aufgrund der von der Tschechischen Republik geschlossenen internationalen Verträge sei dem Zeichen BUD der mit der Qualifizierung als Ursprungsbezeichnung verbundene Schutz u. a. in Frankreich (aufgrund des Lissabonner Abkommens) und in Österreich (aufgrund des bilateralen Vertrags) gewährt worden. Auch wenn diese Ursprungsbezeichnung von Anheuser-Busch angefochten werde, sei sie in Frankreich und in Österreich immer noch geschützt und behalte dort ihre Wirkung.
57. Was Frankreich betreffe, so seien die Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens nach Art. 1 Abs. 2 dieses Abkommens verpflichtet, eine Ursprungsbezeichnung, solange sie als solche in ihrem Ursprungsland anerkannt und geschützt sei, in ihrem Gebiet zu schützen. Frankreich habe nicht gemäß Art. 5 Abs. 3 des Lissabonner Abkommens eine Erklärung über eine Schutzversagung in Bezug auf die Ursprungsbezeichnung „Bud“ mitgeteilt. Darüber hinaus führt Budvar in Bezug auf die Tatsache, dass das Tribunal de grande instance de Strasbourg (Frankreich) am 30. Juni 2004 die Wirkungen der Registrierung der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich aufgehoben hat, aus, dass dieses Urteil derzeit Gegenstand eines Berufungsverfahrens vor der Cour d’appel de Colmar (Frankreich) sei. Das Urteil des Tribunal de grande instance de Strasbourg sei also noch nicht endgültig. Die Ursprungsbezeichnung „Bud“ sei in Frankreich nach wie vor wirksam. In diesem Zusammenhang behauptet Budvar, dass es im französischen Recht die Klage auf Aufhebung einer Ursprungsbezeichnung nicht gebe, und legt hierzu das Gutachten eines Rechtsprofessors vor. Außerdem habe das Institut national de la propriété industrielle en France (INPI) am 19. Mai 2005, nach dem Urteil des Tribunal de grande instance de Strasbourg, die Eintragung der am 30. September 2004 von Anheuser-Busch für Biere angemeldeten Wortmarke BUD zurückgewiesen. Diese Entscheidung sei von Anheuser-Busch nicht angefochten worden.
58. Was Österreich und die Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 angehe, gebe es in dem in diesem Mitgliedstaat laufenden Rechtsstreit noch keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung. Budvar hat in dieser Hinsicht drei vor kurzer Zeit ergangene Gerichtsentscheidungen vorgelegt, deren jüngste am 10. Juli 2006 vom Oberlandesgericht Wien erlassen worden ist. In dieser letzten Entscheidung sei die Bestellung eines Sachverständigen angeordnet worden, um im Wesentlichen feststellen zu lassen, ob die tschechischen Verbraucher die Angabe des Begriffs „Bud“ mit Bier in Verbindung bringen, und, falls dies bejaht würde, ob diese Angabe als Hinweis auf einen mit der Herkunft des Biers in Zusammenhang stehenden Ort, eine Region oder ein Land aufgefasst werden könne. Entgegen den Behauptungen der Beschwerdekammer könne also nicht bestritten werden, dass die Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Österreich noch geschützt sei.
59. Das HABM stellt vorab fest, dass Budvar im Lauf des Verfahrens vor der Beschwerdekammer darauf verzichtet habe, ihren Widerspruch auf die ursprünglich geltend gemachte internationale Bildmarke Nr. 361 566 zu stützen. Was die Ursprungsbezeichnung „Bud“ angehe, halte Budvar den Widerspruch im Übrigen nur in Bezug auf den Schutz aufrecht, der dieser Bezeichnung in Frankreich und in Österreich gewährt werde. Die ursprünglich geltend gemachten Rechte in Italien und Portugal seien daher nicht mehr Grundlage für den Widerspruch.
60. Sodann führt das HABM, erstens, aus, dass es tatsächlich nicht befugt sei, über die Gültigkeit eines für einen Widerspruch geltend gemachten älteren Rechts zu entscheiden.
61. Im vorliegenden Fall habe sich die Beschwerdekammer allerdings nicht zur Gültigkeit der älteren Ursprungsbezeichnung geäußert. Sie habe nur deren Schutzumfang beurteilt. Es handele sich um eine Rechtsfrage, über die das HABM von Amts wegen zu entscheiden habe, selbst wenn die Parteien hierzu nichts vorgetragen hätten (Urteile des Gerichts vom 1. Februar 2005, SPAG/HABM – Dann und Backer [HOOLIGAN], T‑57/03, Slg. 2005, II‑287, Randnr. 21, und vom 13. Juni 2006, Inex/HABM – Wiseman [Darstellung einer Kuhhaut], T‑153/03, Slg. 2006, II‑1677, Randnr. 40).
62. Die Unterscheidung zwischen der Gültigkeit eines älteren Rechts und der Frage, ob es Dritten entgegengehalten werden könne, sei im Übrigen in den Gemeinschaftsvorschriften vorgesehen (das HABM nennt insbesondere Art. 53 Abs. 1, Art. 43 Abs. 2 und 3, Art. 78 Abs. 6 und Art. 107 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94). Daher könne es Fälle geben, in denen ein älteres Recht nicht geltend gemacht werden könne, obwohl es gültig sei. Im Rahmen der Anwendung des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 müsse das HABM das innerstaatliche Recht so auslegen und anwenden, wie es von einem nationalen Gericht ausgelegt und angewendet werden würde.
63. Was zweitens den Schutz der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich nach dem Lissabonner Abkommen angehe, stellt das HABM unter Bezugnahme auf Randnr. 20 der Entscheidung der Beschwerdekammer in der Sache R 234/2005‑2 fest, dass Art. 2 Abs. 1 dieses Abkommens sowie Art. L. 641‑2 des französischen Code rural (Landwirtschaftsgesetzbuch) verlangten, dass die in Rede stehende Ursprungsbezeichnung von einem geografischen Namen gebildet werde. Budvar gebe aber zu, dass „Bud“ kein geografischer Name sei, auch wenn der Begriff von einem geografischen Namen abgeleitet werde. Was die Bezugnahme von Budvar auf Art. 2 Abs. 3 der spä ter durch die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 93, S. 12) ersetzten Verordnung Nr. 2081/92 angehe, so sei diese Verordnung nicht zur Begründung der Widersprüche angeführt worden. Das HABM schließt hieraus, dass ein französisches Gericht der Auffassung wäre, dass die Abkürzung eines geografischen Namens wie der Begriff „Bud“, unabhängig davon, dass dieser Begriff nach dem Lissabonner Abkommen geschützt sei, nicht gegen die Benutzung einer identischen Marke geltend gemacht werden könne.
64. Zudem sei, auch wenn das Lissabonner Abkommen den nationalen Rechten normalerweise vorgehe, in dessen Art. 8 vorgesehen, dass die für die Sicherung des Schutzes der Ursprungsbezeichnungen erforderliche Rechtsverfolgung „gemäß der Landesgesetzgebung“ eingeleitet werden könne. Im Übrigen sei die Unterscheidung zwischen der Gültigkeit einer Ursprungsbezeichnung, die nicht von einem geografischen Namen gebildet werde, und der Frage, ob sie Dritten entgegengehalten werden könne, vollauf gerechtfertigt. Zunächst sei diese Unterscheidung in Regel 16 der Ausführungsverordnung zum Lissabonner Abkommen vorgesehen, die bestimme, dass die „Wirkungen“ einer internationalen Registrierung (und nicht die Registrierung als solche) in einem Vertragsland aufgehoben werden könnten. Sodann sei die Unterscheidung gerechtfertigt, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, wenn, wie Budvar behauptet, das französische Recht die Möglichkeit, die Wirkungen der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich aufzuheben, nicht vorsehe.
65. Was drittens den im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 geltend gemachten Schutz der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Österreich gemäß dem bilateralen Vertrag angehe, lasse Art. 2 dieses Vertrags annehmen, dass es sich bei dem geschützten Hinweis um eine geografische Angabe handeln müsse, auch wenn sie außerdem andere Angaben „enthalten“ könne (Bestandteile nicht geografischer Art). Eine nicht geografische Angabe allein könne nicht geschützt sein. Das HABM stellt allerdings fest, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 18. November 2003, Budĕjovický Budvar (C‑216/01, Slg. 2003, I‑13617), eine etwas andere Übersetzung von Art. 2 verwendet habe. Insbesondere heiße es in der vom Gerichtshof verwendeten Übersetzung, der betroffene Hinweis könne aus anderen Angaben „bestehen“.
66. Jedenfalls würde ein österreichisches Gericht einen Nachweis dafür verlangen, dass das Zeichen BUD, wenn es auf Bierflaschen angebracht sei, im Ursprungsland (also der Tschechischen Republik) von den Verbrauchern als Hinweis auf die Stadt České Budějovice aufgefasst werde. Dies werde durch die Ausführungen des Gerichtshofs im oben in Randnr. 65 angeführten Urteil Budĕjovický Budvar gestützt, in dem es heiße: „Ergibt sich … aus den Feststellungen des vorlegenden Gerichts, dass die Bezeichnung ‚Bud‘ nach den tatsächlichen Gegebenheiten und dem begrifflichen Verständnis, die in der Tschechischen Republik bestehen, ein Gebiet oder einen Ort in diesem Staat bezeichnet und dass ihr Schutz nach den Kriterien des Artikels 30 EG gerechtfertigt ist, so steht der Erstreckung dieses Schutzes auf das Gebiet eines Mitgliedstaats wie Österreich nichts entgegen“ (Randnr. 101 des Urteils). Wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt habe, gebe es im vorliegenden Fall keinen Beweis dafür, dass der Name der Stadt České Budějovice mit „Bud“ abgekürzt worden sei. Daher sei es schwer vorstellbar, dass die Verbraucher von Bier in der Tschechischen Republik den Begriff „Bud“ als einen Hinweis darauf sehen würden, dass das Bier in einem bestimmten geografischen Gebiet dieses Landes gebraut worden sei.
67. Viertens führt das HABM unter Hinweis auf die Randnrn. 21 und 29 der in der Sache R 234/2005‑2 ergangenen Entscheidung aus, die Beschwerdekammer habe festgestellt, dass Budvar eine Benutzung des Begriffs „Bud“ als Marke dargetan habe, aber nicht als Ursprungsbezeichnung. In dieser Hinsicht und mit Bezug auf das Vorbringen von Budvar, sie habe den Begriff zugleich als Marke und als Ursprungsbezeichnung benutzt, erinnert das HABM daran, dass jedem Recht des geistigen Eigentums eine wesentliche Funktion zukomme, die ihm eigen sei. In bestimmten Fällen seien die wesentlichen Funktionen einzelner Rechte nicht miteinander zu vereinbaren. Die wesentliche Funktion der Ursprungsbezeichnung bestehe darin, zu garantieren, dass ein aus einem Land, einer Gegend oder einem Ort stammendes Produkt die Güte oder Eigenschaften besitze, die es überwiegend oder ausschließlich den geografischen Verhältnissen einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse verdanke. Die wesentliche Funktion der Marke bestehe darin, die betriebliche Herkunft der Ware zu garantieren. Da Budvar nicht bestreite, dass der Begriff „Bud“ als Marke benutzt werde, erfülle er nicht die wesentliche Funktion einer Ursprungsbezeichnung, und der damit verknüpfte Schutz könne ihm nicht zukommen. Die Beschwerdekammer habe in diesem Zusammenhang angenommen, dass die französischen und die österreichischen Gerichte zu demselben Schluss gelangt seien und Budvar gegenüber der Benutzung einer mit dem beanspruchten älteren Recht identischen Marke keinen Schutz gewährt hätten.
68. Fünftens nimmt das HABM auf in Österreich und Frankreich ergangene Gerichtsentscheidungen Bezug.
69. Was im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 Österreich angehe, habe der Gerichtshof in seinem Urteil Budĕjovický Budvar, oben in Randnr. 65 angeführt, darauf hingewiesen, dass eine „einfache/mittelbare geografische Angabe“ (wie „Bud“) nach dem in Rede stehenden bilateralen Vertrag geschützt sein könne, es sei denn, diese Angabe bestehe aus einer „Bezeichnung, die sich in dem Drittland weder unmittelbar noch mittelbar auf die geografische Herkunft des damit bezeichneten Erzeugnisses bezieht“ (Randnrn. 107 und 111 des Urteils). Das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien in der Berufungsinstanz hätten der älteren Ursprungsbezeichnung keinen Schutz gegen die Benutzung des in Rede stehenden Zeichens für Bier durch Anheuser-Busch gewährt. Die Tatsache, dass das Oberlandesgericht Wien mit Entscheidung vom 10. Juli 2006 einen Sachverständigen damit beauftragt habe, festzustellen, ob der Begriff „Bud“ so aufgefasst werden könne, als nehme er unmittelbar oder mittelbar Bezug auf einen geografischen Ursprung von Bier, ändere nichts an der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits vor dem Gericht. Zunächst berühre eine bejahende Antwort des Oberlandesgerichts Wien auf diese Frage nicht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen, da sie nach deren Erlass ergangen sei. Sodann liege die Beweislast dafür, dass das österreichische Recht das geltend gemachte ältere Recht schütze, bei Budvar. Sie hätte daher vor den Stellen des HABM beweisen müssen, dass die vom Gerichtshof in seinem Urteil aufgestellten Voraussetzungen vorlägen. Fehle es an einem solchen Beweis, sei die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer begründet. Schließlich stelle das von Budvar beim Gericht vorgelegte Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. März 2006 fest, dass der Begriff „Bud“ nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dokumenten in der Tschechischen Republik nicht mit einem bestimmten geografischen Namen in Verbindung gebracht werde.
70. In Bezug auf Frankreich führt das HABM zunächst aus, dass die Tatsache, dass gegen das Urteil des Tribunal de grande instance de Strasbourg vom 30. Juni 2004 Berufung eingelegt worden sei, nichts an der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer ändere, wonach Budvar „bis heute nicht in der Lage war, den Vertriebshändler [von Anheuser-Busch] daran zu hindern, Bier unter der Marke BUD in Frankreich zu verkaufen“ (Randnr. 34 der Entscheidung in der Sache R 234/2005‑2). Dieses Urteil bestätige im Übrigen die Feststellung, dass es sich bei dem Begriff „Bud“ um einen einfachen, mittelbaren Hinweis auf den geografischen Ursprung des Produkts handele, d. h. um einen Namen, mit dem keine der geografischen Herkunft zuzuordnende besondere Güte, kein besonderer Ruf und kein besonderes Merkmal verbunden werde. Das Tribunal de grande instance de Strasbourg habe deshalb festgestellt, dass der Begriff „Bud“ nicht in den Anwendungsbereich von Art. 2 Abs. 1 des Lissabonner Abkommens falle, ohne dass festgestellt werden müsse, ob der Begriff „Bud“ einen speziellen geografischen Ort bezeichnen könne. Falls das Berufungsgericht dieses Urteil aufheben sollte, berühre dies nicht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen, da dieses Urteil nach deren Erlass erginge. Die von Budvar angeführten Entscheidungen des INPI beträfen die angefochtenen Entscheidungen nicht, weil es darin um die Eintragung und nicht um die Benutzung einer Marke gehe, weil es keinen Hinweis darauf gebe, dass diese Entscheidungen endgültig seien, und weil diesen Verwaltungsentscheidungen geringeres Gewicht zukomme als einem Urteil eines Zivilgerichts.
71. Anheuser-Busch macht einleitend Ausführungen im Rahmen der Rechtssache T‑257/06, die sich auf die Anmeldung Nr. 4 bezieht. Zunächst habe Budvar ihren Widerspruch entgegen den Ausführungen der Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung vom 28. Juni 2006 (Sache R 802/2004‑2) nicht auf eine in Österreich geschützte Ursprungsbezeichnung „Bud“ gestützt. Was sodann die von der Anmeldung Nr. 4 erfassten Dienstleistungen angehe, sei die Eintragung bereits endgültig gewährt worden für die Waren der Klassen 35, 38 und 41 sowie für die Dienstleistungen „Betrieb einer Datenbank“ der Klasse 42. Im Verfahren vor der Beschwerdekammer sei es nur um die „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ der Klasse 42 gegangen, da die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch nur insoweit stattgegeben habe und allein die Streithelferin Beschwerde gegen diese Entscheidung hätte einlegen können. Daher sei die Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 sowie für die Dienstleistungen „Betrieb einer Datenbank“ der Klasse 42 endgültig geworden.
72. Ebenfalls einleitend weist Anheuser-Busch in allen Rechtssachen darauf hin, dass Budvar sich vor der Beschwerdekammer auf Ursprungsbezeichnungen „Bud“ in Portugal und in Italien bezogen habe, obwohl diese Rechte in diesen Ländern aufgehoben worden seien und die Widerspruchsabteilung festgestellt habe, dass der Bestand dieser Rechte nicht nachgewiesen worden sei. Vor dem Gericht beschränke sich Budvar auf die Geltendmachung der Ursprungsbezeichnungen „Bud“ in Frankreich und, im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06, in Österreich. Hieraus folgert Anheuser-Busch, dass die Grundlage des Widerspruchs tatsächlich auf diese Rechte beschränkt sei.
73. Sodann legt Anheuser-Busch ihr Verständnis von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 dar. Insbesondere betreffe diese Bestimmung im Wesentlichen die nicht eingetragenen Rechte, also Rechte, die aufgrund ihrer tatsächlichen Benutzung im Markt entstünden und bestehen blieben. Im Gegensatz dazu ergebe sich bei eingetragenen Marken deren Existenz und Gültigkeit aus dem Akt der Eintragung selbst. In diesem Rahmen habe sich der Gemeinschaftsgesetzgeber dafür entschieden, nicht in Bezug auf im geschäftlichen Verkehr benutzte Zeichen, sondern nur in Bezug auf das Bestehen und den Umfang der sich aus der „Benutzung“ dieser Zeichen ergebenden Rechte allein auf das nationale Recht abzustellen. Diesen Grundsätzen sei der High Court of Justice (England & Wales) in der Rechtssache „COMPASS“ (24. März 2004) gefolgt. In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen sei das HABM nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, sich zur Gültigkeit der älteren Rechte im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 zu äußern. Anheuser-Busch verweist ferner auf die Richtlinien für die Verfahren vor dem HABM (Teil C, Kapitel 4, Absatz 5.3.4). Zwar bestimme Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 keine materiellen Voraussetzungen für den Umfang einer solchen Benutzung, doch ergebe sich aus Funktion und Struktur dieser Vorschrift eindeutig, dass es die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers gewesen sei, für den Schutz von nicht eingetragenen Rechten strengere Voraussetzungen anzuwenden als in Bezug auf eingetragene Marken. Die von den Art. 15 und 43 der Verordnung Nr. 40/94 verlangte ernsthafte Benutzung sei insofern als die absolute Mindestschwelle für die im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 verlangte Benutzung anzusehen.
74. In der Sache führt Anheuser-Busch erstens aus, dass die Beschwerdekammer nicht über die Gültigkeit der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnungen entschieden habe. Die Beschwerdekammer habe angenommen, dass im vorliegenden Fall keine Ursprungsbezeichnung gegeben sei.
75. Zweitens behauptet Anheuser-Busch, dass es sich bei dem Begriff „Bud“ nicht um einen Ortsnamen handele, und verweist insbesondere auf bestimmte Dokumente, die sie vor dem HABM vorgelegt habe. Insbesondere könne die Eintragung einer Ursprungsbezeichnung einem Begriff keinen geografischen Inhalt geben, dem es an einem solchen fehle. Im Übrigen, selbst angenommen, dass der deutsche Name „Budweis“ mit der Stadt České Budějovice in Verbindung gebracht werden könne – was Budvar nicht nachgewiesen habe – müsse der Verbraucher eine weitere gedankliche Anstrengung unternehmen. Es liege daher nicht nahe, dass der Begriff „Bud“ so verstanden werde, dass er „Budweis“ bedeute, und dass er mit der Stadt České Budějovice in Verbindung gebracht werde. Selbst wenn es zuträfe, dass Abkürzungen geografischer Begriffe den geografischen Charakter des Gesamtbegriffs übernehmen könnten, könne dies zudem nur für wirklich gebräuchliche Abkürzungen gelten. Es seien aber weder Argumente vorgebracht noch Nachweise vorgelegt worden, um darzutun, dass der Begriff „Bud“ als eine Abkürzung von České Budějovice benutzt und verstanden werde. Dasselbe gelte für Phantasiebegriffe, die in keinem Fall die Voraussetzungen des Lissabonner Abkommens erfüllten, das gemäß seinem Art. 2 Abs. 1 auf bestehende Orte abstelle. Jedenfalls könnten Phantasiebegriffe nur geschützt werden, wenn sie in einem geografischen Sinn verstanden würden, was hier nicht der Fall sei.
76. Drittens ist Anheuser-Busch der Ansicht, die Beschwerdekammer sei befugt gewesen, festzustellen, ob der Begriff „Bud“ eine Ursprungsbezeichnung sei oder nicht. Die Beschwerdekammer sei dabei weder an das Lissabonner Abkommen noch an den bilateralen Vertrag gebunden. Im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 müsse das HABM feststellen, ob sämtliche Voraussetzungen für die Annahme eines absoluten Eintragungshindernisses vorlägen. Anders als es bei den eingetragenen Marken der Fall sei, sei das HABM durch keine frühere nationale Verwaltungsentscheidung wie die Eintragung eines Titels gebunden. Das HABM sei befugt, über die Gültigkeit des Rechts zu entscheiden, das Gegenstand des fraglichen Titels sei, und habe in diesem Zusammenhang dieselben Befugnisse wie die nationalen Gerichte. Indem sie erkläre, dass der geltend gemachte Schutz als geografische Angabe ungültig sei, lösche die Beschwerdekammer dieses Recht nicht, sondern stelle lediglich fest, dass das beanspruchte Recht kein Hindernis für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke sein könne.
77. Viertens hätten die französischen und österreichischen Gerichte festgestellt, dass der Begriff „Bud“ keinen Schutz als Ursprungsbezeichnung genieße. Auch wenn diese gerichtlichen Entscheidungen noch nicht endgültig und verbindlich seien, bestätigten sie die Richtigkeit der in der angefochtenen Entscheidung vorgenommenen Tatsachenwürdigung der Beschwerdekammer.
78. Anheuser-Busch weist darüber hinaus im Rahmen der Rechtssachen T‑255/06, T‑257/06 und T‑309/06 darauf hin, dass die am 19. Mai 2005 mitgeteilte Entscheidung des INPI, auf die sich Budvar in ihren Klagen berufe, dem HABM nicht zur Kenntnis gebracht worden und daher als unzulässig anzusehen sei. Jedenfalls sei die von Budvar angeführte Entscheidung des INPI nur vorläufig gewesen und sei die endgültige Zurückweisung der Eintragung aufgrund eines formellen und nicht eines materiellen Gesichtspunkts ergangen. Anheuser-Busch verweist hierzu auf ihren im Rahmen des der Rechtssache T‑257/06 zugrunde liegenden Verfahrens beim HABM eingereichten Schriftsatz vom 6. April 2006.
b) Würdigung durch das Gericht
79. Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 erlaubt die Erhebung eines Widerspruchs gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung auf der Grundlage eines anderen Kennzeichenrechts als einer älteren Marke. Widersprüche aus älteren Marken sind hingegen durch Art. 8 Abs. 1 bis 3 und 5 geregelt (Urteil des Gerichts vom 12. Juni 2007, Budějovický Budvar und Anheuser-Busch/HABM [AB GENUINE Budweiser KING OF BEERS], T‑57/04 und T‑71/04, Slg. 2007, II‑1829, Randnr. 85). Nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 müssen die Rechte an dem Kennzeichen nach dem für seinen Schutz maßgeblichen Gemeinschaftsrecht oder dem Recht des Mitgliedstaats vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke oder vor dem Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität erworben worden sein. Das Kennzeichen muss seinem Inhaber nach dem Gemeinschaftsrecht oder dem Recht dieses Mitgliedstaats das Recht verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
80. In diesem Rahmen muss die Widerspruchsschrift gemäß Regel 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 in der zum Zeitpunkt der Einreichung der Widerspruchsschrift von Budvar geltenden Fassung u. a. einen Hinweis auf das ältere Recht und die Angabe des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, wo dieses ältere Recht besteht, sowie eine Wiedergabe und gegebenenfalls eine Beschreibung des älteren Rechts enthalten. Im Übrigen waren der Widerspruchsschrift gemäß Regel 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 in der zum Zeitpunkt der Einreichung der Widerspruchsschrift von Budvar geltenden Fassung nach Möglichkeit sachdienliche Nachweise in Bezug auf den Erwerb und den Schutzbereich dieses Rechts beizufügen.
81. Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer im Wesentlichen der Auffassung, dass zuerst festgestellt werden müsse, ob das Zeichen BUD tatsächlich eine Ursprungsbezeichnung sei. Hierzu führte sie zunächst aus, dass eine Ursprungsbezeichnung eine geografische Angabe sei, die den Verbraucher darüber informiere, dass ein Produkt aus einem Ort, einer Gegend oder einem bestimmten Gebiet komme und dass es bestimmte Eigenschaften habe, die den geografischen Verhältnissen zuzuordnen seien, unter denen es hergestellt worden sei, einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse. Sodann stellte sie fest, dass es schwer erkennbar sei, wie das Zeichen BUD als Ursprungsbezeichnung oder auch nur als mittelbarer geografischer Herkunftshinweis angesehen werden könnte. Insbesondere entspreche der Begriff „Bud“ keinem Namen eines Ortes in der Tschechischen Republik. Es gebe keinen Nachweis dafür, dass der Name der Stadt, in der Budvar ansässig sei (nämlich České Budějovice, dessen deutscher Name „Budweis“ laute) mit „Bud“ abgekürzt werde. Es sei daher schwer vorstellbar, dass die Verbraucher in Frankreich, Italien, Portugal und Österreich den Begriff „Bud“ als Ursprungsbezeichnung auffassen könnten, also als ein Bier, das an einem bestimmten geografischen Ort in der Tschechischen Republik gebraut werde und bestimmte den geografischen Verhältnissen zuzuordnende Eigenschaften aufweise. Im Übrigen habe Budvar das Zeichen BUD wie eine Marke benutzt und nicht wie eine Ursprungsbezeichnung. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass ein anderes Unternehmen aus České Budějovice (dem Sitz von Budvar) berechtigt sei, Bier mit der Ursprungsbezeichnung „Bud“ zu brauen. Die Frage schließlich, ob das Zeichen BUD wie eine Ursprungsbezeichnung behandelt werde, die in Österreich aufgrund eines bilateralen Vertrags zwischen diesem Mitgliedstaat und der Tschechischen Republik oder in Frankreich, Italien und Portugal gemäß dem Lissabonner Abkommen geschützt sei, sei im Licht dieser Überlegungen von nachrangiger Bedeutung. Selbst wenn das Zeichen BUD in einem dieser Länder wie eine Ursprungsbezeichnung behandelt werde, könne ein Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, der auf ein Recht gestützt werde, das als Ursprungsbezeichnung ausgegeben werde, tatsächlich aber keine sei, offensichtlich keinen Erfolg haben (Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 [Sache R 234/2005‑2], Randnrn. 19 bis 22, sowie, hierauf verweisend, die anderen angefochtenen Entscheidungen).
82. Für die Zwecke der Prüfung der angefochtenen Entscheidungen ist zwischen der gemäß dem Lissabonner Abkommen registrierten Ursprungsbezeichnung „Bud“ und der gemäß dem bilateralen Vertrag geschützten Bezeichnung „Bud“ zu unterscheiden. Die Europäische Gemeinschaft ist nicht Partei dieses Abkommens oder dieses Vertrags.
Zur gemäß dem Lissabonner Abkommen registrierten Ursprungsbezeichnung „Bud“
83. Den angefochtenen Entscheidungen zufolge hat die Beschwerdekammer untersucht, ob das Zeichen BUD „überhaupt eine Ursprungsbezeichnung“ sei. In diesem Zusammenhang könne der in Rede stehende Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 auf der Grundlage eines Rechts, das „als Ursprungsbezeichnung ausgegeben“ werde, aber tatsächlich „keine Ursprungsbezeichnung“ sei, keinen Erfolg haben. Im Übrigen sei die Frage, ob das Zeichen BUD als eine u. a. in Frankreich nach dem Lissabonner Abkommen geschützte Ursprungsbezeichnung behandelt werde, „von nachrangiger Bedeutung“. Hieraus ergibt sich, dass die Beschwerdekammer über die Qualifizierung als „Ursprungsbezeichnung“ als solche entschieden hat, ohne den Schutzumfang der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnung im Hinblick auf die geltend gemachten nationalen Rechte zu prüfen.
84. Ohne dass im Rahmen des ersten Teils nach den Wirkungen des Lissabonner Abkommens auf den Schutz des gemäß dem französischen Recht geltend gemachten älteren Rechts zu fragen wäre, ist erstens festzustellen, dass Ursprungsbezeichnungen gemäß diesem Abkommen auf Antrag der Behörden der Vertragsländer auf den Namen natürlicher oder juristischer Personen des öffentlichen oder Privatrechts registriert werden, die gemäß ihrer Landesgesetzgebung Inhaber des Rechts zur Benutzung dieser Bezeichnungen sind. In diesem Rahmen können die Behörden der Vertragsländer unter Angabe der Gründe innerhalb eines Jahres vom Zeitpunkt des Empfangs der Mitteilung über die Registrierung an erklären, dass sie einer Ursprungsbezeichnung den Schutz nicht gewähren können (Art. 5 Abs. 1 und 3 des Lissabonner Abkommens).
85. Zweitens ist festzustellen, dass die gemäß dem Lissabonner Abkommen registrierte Ursprungsbezeichnung solange nicht als Gattungsbezeichnung angesehen werden kann, wie sie im Ursprungsland als Ursprungsbezeichnung geschützt ist. Der der Ursprungsbezeichnung gewährte Schutz wird gewährleistet, ohne dass eine Erneuerung erforderlich wäre (Art. 6 und 7 Abs. 1 des Lissabonner Abkommens).
86. Drittens ist, wenn die Wirkungen einer internationalen Registrierung in einem Vertragsland aufgehoben worden sind und gegen die Aufhebung kein Rechtsbehelf mehr statthaft ist, gemäß Regel 16 der Ausführungsverordnung zum Lissabonner Abkommen diese Aufhebung dem Internationalen Büro von der zuständigen Behörde dieses Vertragslands mitzuteilen. In diesem Fall wird die Behörde, die die Aufhebung verfügt hat, in der Mitteilung angegeben. Hieraus ergibt sich, dass die Wirkungen einer eingetragenen Ursprungsbezeichnung nach dem Lissabonner Abkommen nur von einer Behörde eines der Vertragsländer aufgehoben werden können.
87. Im vorliegenden Fall wurde die Ursprungsbezeichnung „Bud“ (Nr. 598) am 10. März 1975 registriert. Frankreich hat nicht innerhalb eines Jahres vom Zeitpunkt des Empfangs der Mitteilung über die Registrierung an erklärt, dass es der Ursprungsbezeichnung den Schutz nicht gewähren könne. Zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidungen waren die Wirkungen der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnung durch ein Urteil des Tribunal de grande instance de Strasbourg vom 30. Juni 2004 aufgehoben worden. Wie jedoch aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen hervorgeht, hat Budvar gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und hat diese Berufung aufschiebende Wirkung. Folglich waren zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidungen die Wirkungen der fraglichen Ursprungsbezeichnung in Frankreich nicht durch eine Entscheidung aufgehoben, gegen die kein Rechtsbehelf mehr statthaft war.
88. Wie sich aus dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 40/94 ergibt, tritt das Gemeinschaftsmarkenrecht nicht an die Stelle der Markenrechte der Mitgliedstaaten (Urteil des Gerichts vom 20. April 2005, Atomic Austria/HABM – Fabricas Agrupadas de Muñecas de Onil [ATOMIC BLITZ], T‑318/03, Slg. 2005, II‑1319, Randnr. 31). Dementsprechend hat das Gericht entschieden, dass die Gültigkeit einer nationalen Marke nicht im Rahmen des Verfahrens der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke in Frage gestellt werden kann (Urteile des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg. 2002, II‑4335, Randnr. 55, vom 30. Juni 2004, BMI Bertollo/HABM – Diesel [DIESELIT], T‑186/02, Slg. 2004, II‑1887, Randnr. 71, vom 21. April 2005, PepsiCo/HABM – Intersnack Knabber-Gebäck [RUFFLES], T‑269/02, Slg. 2005, II‑1341, Randnr. 26, und vom 22. März 2007, Saint-Gobain Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg. 2007, II‑757, Randnr. 88).
89. Hieraus folgt, dass das von der Verordnung Nr. 40/94 geschaffene System voraussetzt, dass das HABM das Bestehen von auf nationaler Ebene geschützten älteren Rechten berücksichtigt. So bestimmt Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, dass der Inhaber eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung, das in einem Mitgliedstaat wirksam ist, unter den in der genannten Vorschrift festgelegten Voraussetzungen der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke widersprechen kann (vgl. entsprechend Urteil ATOMIC BLITZ, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnrn. 31 und 32). Um diesen Schutz sicherzustellen, nimmt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 konkret auf das für das geltend gemachte ältere Recht „maßgeblich[e] Recht des Mitgliedstaats“ Bezug.
90. Da die Wirkungen der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich nicht endgültig aufgehoben worden waren, hatte die Beschwerdekammer das maßgebende nationale Recht und die Registrierung nach dem Lissabonner Abkommen gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 zu berücksichtigen und durfte die Tatsache, dass das geltend gemachte Recht eine „Ursprungsbezeichnung“ darstellt, nicht in Frage stellen.
91. Wenn die Beschwerdekammer ernsthafte Zweifel an der Qualifizierung des älteren Rechts als „Ursprungsbezeichnung“ und damit an dem Schutz hatte, der diesem nach dem geltend gemachten nationalen Recht zu gewähren sei, während diese Frage gerade Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens in Frankreich war, hätte sie die Möglichkeit gehabt, das Widerspruchsverfahren gemäß Regel 20 Abs. 7 Buchst. c der Verordnung Nr. 2868/95 bis zu einer abschließenden Entscheidung in dem betreffenden Verfahren auszusetzen.
92. Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat, indem sie festgestellt hat, dass das geltend gemachte, nach dem Lissabonner Abkommen registrierte ältere Recht keine „Ursprungsbezeichnung“ sei und dass die Frage, ob das Zeichen BUD, insbesondere in Frankreich, wie eine geschützte Ursprungsbezeichnung behandelt wurde, von „nachrangiger Bedeutung“ sei, und indem sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass ein Widerspruch auf dieser Grundlage keinen Erfolg haben könne.
Zur gemäß dem bilateralen Vertrag geschützten Bezeichnung „Bud“
93. Gemäß Anlage B zum Durchführungsübereinkommen handelt es sich bei dem Begriff „Bud“ um eine „Bezeichnung“. Es geht aus diesem Übereinkommen nicht hervor, dass die Bezeichnung „Bud“ speziell als „Ursprungsbezeichnung“ charakterisiert würde. Ferner ergibt sich aus diesem Übereinkommen nicht, ob der Begriff „Bud“ als geografischer Name angesehen oder so aufgefasst wurde, dass er auf besondere Eigenschaften des betreffenden Produkts hinweist.
94. In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, dass es nach Art. 2 des bilateralen Vertrags genügt, dass sich die betreffenden Hinweise oder Bezeichnungen unmittelbar oder mittelbar auf die Herkunft eines Erzeugnisses beziehen, um im Durchführungsübereinkommen aufgelistet werden zu können und somit in den Genuss des durch den bilateralen Vertrag gewährten Schutzes zu gelangen. Diese Definition ist in dieser Hinsicht weiter als die der Beschwerdekammer. Diese war nämlich der Auffassung, eine „Ursprungsbezeichnung“ sei eine „geografische Angabe, die den Verbraucher darüber informiert, dass ein Produkt aus einem Ort, einer Gegend oder einem bestimmten Gebiet kommt und dass es bestimmte Eigenschaften hat, die den geografischen Verhältnissen zuzuordnen ist, unter denen es hergestellt worden ist, einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse“ (Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 [Sache R 234/2005‑2], Randnr. 19, sowie, hierauf verweisend, die anderen angefochtenen Entscheidungen).
95. In Anbetracht dieser Gesichtspunkte ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zwei Fehler begangen hat. Erstens hat sie zu Unrecht festgestellt, dass die Bezeichnung „Bud“ speziell als „Ursprungsbezeichnung“ gemäß dem bilateralen Vertrag geschützt sei. Zweitens ist sie jedenfalls von einer Definition des Begriffs „Ursprungsbezeichnung“ ausgegangen, die der Definition der nach diesem Vertrag geschützten Angaben nicht entspricht.
96. Der Umstand, dass Budvar das geltend gemachte Recht als „Ursprungsbezeichnung“ ausgegeben haben mag, hinderte die Beschwerdekammer nicht an einer umfassenden Würdigung der vorgebrachten Tatsachen und vorgelegten Unterlagen (vgl. in diesem Sinne Urteil ATOMIC BLITZ, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 38). Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn die Qualifizierung eines älteren Rechts einen Einfluss auf die Wirkungen dieses Rechts im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens haben kann. Hierzu ist daran zu erinnern, dass das HABM veranlasst sein kann, insbesondere das nationale Recht des Mitgliedstaats zu berücksichtigen, in dem die ältere Marke geschützt ist, auf die der Widerspruch gestützt wird. In diesem Fall muss es sich von Amts wegen mit den ihm hierzu zweckdienlich erscheinenden Mitteln über das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaats informieren, soweit entsprechende Kenntnisse für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des fraglichen Eintragungshindernisses und vor allem für die Würdigung der vorgetragenen Tatsachen oder der Beweiskraft der vorgelegten Unterlagen erforderlich sind. Die Beschränkung der tatsächlichen Grundlage der Prüfung durch das HABM schließt nämlich nicht aus, dass dieses neben den von den Beteiligten des Widerspruchsverfahrens ausdrücklich vorgetragenen Tatsachen offenkundige Tatsachen berücksichtigt, d. h. Tatsachen, die jeder kennen kann oder die allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können (Urteile des Gerichts vom 22. Juni 2004, Ruiz-Picasso u. a./HABM – DaimlerChrysler [PICARO], T‑185/02, Slg. 2004, II‑1739, Randnr. 29, und ATOMIC BLITZ, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 35). Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall anwendbar. Die Beschwerdekammer verfügte über die notwendigen Anhaltspunkte für eine umfassende Tatsachenwürdigung.
97. Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat, indem sie festgestellt hat, dass das geltend gemachte, nach dem bilateralen Vertrag geschützte ältere Recht nach der Definition der Beschwerdekammer keine „Ursprungsbezeichnung“ sei, und dass die Frage, ob das Zeichen BUD, insbesondere in Österreich, wie eine geschützte Ursprungsbezeichnung behandelt wurde, von „nachrangiger Bedeutung“ sei, und indem sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass ein Widerspruch auf dieser Grundlage keinen Erfolg haben könne.
98. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der bilaterale Vertrag in Österreich zum Schutz der Bezeichnung „Bud“ immer noch wirksam ist. Insbesondere ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen nicht, dass die österreichischen Gerichte festgestellt hätten, dass Österreich oder die Tschechische Republik den Grundsatz der Fortgeltung von Verträgen nach der Teilung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik nicht auf den bilateralen Vertrag anwenden wollten. Ferner gibt es keinen Hinweis auf eine Kündigung dieses Vertrags durch Österreich oder die Tschechische Republik. Zudem haben die in Österreich anhängigen Rechtsstreitigkeiten nicht zu einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung geführt. Unter diesen Umständen hatte die Beschwerdekammer aus den bereits oben in den Randnrn. 88 und 89 dargelegten Gründen gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 das von Budvar geltend gemachte ältere Recht zu berücksichtigen und durfte die Qualifizierung dieses Rechts selbst nicht in Frage stellen.
99. Nach alledem ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes begründet.
100. Soweit die angefochtenen Entscheidungen auf weiteren ergänzenden Erwägungen beruhen, die Gegenstand des zweiten Teils sind, sind diese Erwägungen im Folgenden zu untersuchen.
2. Zum zweiten Teil: Anwendung der Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94
a) Vorbringen der Parteien
Vorbringen von Budvar
101. Erstens weist Budvar darauf hin, dass sie Inhaberin des geltend gemachten älteren Rechts sei. Zweitens bestreitet sie die Feststellung der Beschwerdekammer, wonach das Zeichen BUD nicht im geschäftlichen Verkehr benutzt worden sei. Drittens ist Budvar der Auffassung, die Beschwerdekammer habe mit der Feststellung, dass nicht nachgewiesen sei, dass die fragliche Bezeichnung ihr das Recht verleihe, die Benutzung des Begriffs „Bud“ als Marke in Österreich oder in Frankreich zu untersagen, einen Fehler begangen.
– Zur Voraussetzung der Inhaberschaft des Widersprechenden an dem geltend gemachten Recht
102. Budvar behauptet, sie sei Inhaberin des geltend gemachten älteren Rechts im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94. Im Gegensatz zu der von der Beschwerdekammer in Randnr. 21 der Entscheidung in der Sache R 234/2005‑2 offenbar angedeuteten Auffassung stehe die Tatsache, dass sie alleinige Inhaberin des Rechts sei, die Ursprungsbezeichnung „Bud“ zu benutzen, nicht im Widerspruch zu der Qualifizierung dieses Zeichens als Ursprungsbezeichnung, da eine kollektive Benutzung einer solchen Bezeichnung nicht zwingend vorgeschrieben sei. Im vorliegenden Fall sei die in Rede stehende Ursprungsbezeichnung auf ihren Namen beim tschechischen Landwirtschaftsministerium und bei der WIPO registriert, was sie dazu berechtige, die Bezeichnung im Rahmen dieses Verfahrens geltend zu machen.
– Zur Voraussetzung der Benutzung des geltend gemachten älteren Rechts im geschäftlichen Verkehr
103. Unter Bezugnahme auf die Randnrn. 23 und 24 der Entscheidung in der Sache R 234/2005‑2 trägt Budvar vor, die Beschwerdekammer dürfe bei der Bestimmung, ob die Ursprungsbezeichnung „Bud“ „im geschäftlichen Verkehr“ benutzt worden sei, die Vorschriften des Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung 40/94 und der Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 nicht analog anwenden.
104. Erstens könne gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 40/94 nur von Inhabern älterer eingetragener Marken verlangt werden, im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens die Benutzung ihres Rechts nachzuweisen. Auf welche Weise ein solcher Nachweis zu erbringen sei, ergebe sich aus Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95. Kein anderes geltend gemachtes älteres Recht könne dem Erfordernis eines Benutzungsnachweises gemäß den Kriterien von Art. 43 der Verordnung Nr. 40/94 unterworfen werden.
105. Zweitens führt Budvar unter Bezugnahme auf den sechsten und den neunten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 40/94 aus, dass einer Gemeinschaftsmarke die Eintragung verweigert werde, wenn sie ein „älteres Recht“ verletzen könnte. Wenn es sich allerdings bei dem älteren Recht um eine Marke handele, müsse diese tatsächlich benutzt werden, um ein Recht darzustellen, das der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke entgegengehalten werden könne. Wenn das entgegengehaltene ältere Recht keine Marke sei, schreibe keine Bestimmung der Verordnung Nr. 40/94 den Nachweis der „Benutzung“ dieses Zeichens im geschäftlichen Verkehr vor. Darüber hinaus enthalte die Verordnung Nr. 40/94 keine andere von dem Grundsatz des Schutzes älterer Rechte abweichende Vorschrift, die vorschriebe, den Umfang der Benutzung im geschäftlichen Verkehr darzutun. Im Rahmen der Rechtssache T‑225/06 führt Budvar aus, dass der Nachweis der tatsächlichen und ernsthaften Benutzung im geschäftlichen Verkehr genüge. In den anderen Rechtssachen trägt Budvar vor, dass der Nachweis der Benutzung im geschäftlichen Verkehr genüge.
106. Drittens bringt Budvar nach einer Analyse des Wortlauts von Art. 43 der Verordnung Nr. 40/94 vor, dass der Widersprechende auf Verlangen des Anmelders der Gemeinschaftsmarke vom HABM aufgefordert werden könne, den Nachweis einer tatsächlichen und ernsthaften Nutzung der von ihm geltend gemachten Marke zu erbringen. Im vorliegenden Fall habe Anheuser-Busch von dieser Möglichkeit nur in Bezug auf eine internationale Marke Gebrauch gemacht, auf die Budvar den Widerspruch gestützt hatte (Internationale Marke Nr. 361 566). Das HABM dürfe also nicht von sich aus den Nachweis der Nutzung der älteren Marke verlangen, da dieses Recht allein dem Anmelder der Gemeinschaftsmarke zustehe. Erst recht dürfe das HABM nicht den Nachweis der Benutzung der geltend gemachten Ursprungsbezeichnung zu einer Voraussetzung machen, die, da sie seiner Auffassung nach nicht erfüllt sei, die Zurückweisung des Widerspruchs rechtfertige. Im Übrigen sei die Möglichkeit, im Rahmen eines Widerspruchs den Nachweis der Benutzung der geltend gemachten älteren Marke zu verlangen, die logische und notwendige Entsprechung der in Art. 10 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) und Art. 50 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Regeln über den Verfall von Marken.
107. Viertens stehe die Begründung der Beschwerdekammer im Widerspruch zur Gemeinschaftsrechtsprechung in Bezug auf die in den Art. 4 und 5 der Richtlinie 89/104 und in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 enthaltene Wendung „Benutzung im geschäftlichen Verkehr“. Budvar verweist insbesondere auf Randnr. 40 des Urteils des Gerichtshofs vom 12. November 2002, Arsenal Football Club (C‑206/01, Slg. 2002, I‑10273), und auf Randnr. 114 des Urteils des Gerichts vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission (T‑279/03, Slg. 2006, II‑1291). Die Rechtsprechung stelle allein auf den „qualitativen“ Aspekt der Benutzung ab, während es auf den „quantitativen“ Aspekt nicht ankomme. Entscheidend sei daher allein der kommerzielle Charakter der Benutzung und nicht eine in quantitativer Hinsicht umfangreiche Benutzung.
108. Fünftens stehe die Begründung der Beschwerdekammer im Widerspruch zur Entscheidungspraxis des HABM. Budvar verweist in dieser Hinsicht auf mehrere Entscheidungen des HABM, in denen keine quantitativ umfangreiche Benutzung des älteren Rechts gefordert worden sei. In den verbundenen Rechtssachen T‑60/04 bis T‑64/04, in denen es um das Wortzeichen BUD gehe und in denen das Urteil des Gerichts vom 12. Juni 2007, Budějovický Budvar/HABM – Anheuser-Busch (BUD) (T‑60/04 bis T‑64/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), ergangen sei, sei dem HABM die rechtliche Bedeutung einer Ursprungsbezeichnung voll und ganz bewusst gewesen. Budvar verweist hierzu auf in diesen Rechtssachen vorgelegte Verfahrensunterlagen, die sie der Klageschrift als Anhang beifügt. Aus diesen Unterlagen gehe hervor, dass die Entscheidungspraxis des HABM die Wendung „im geschäftlichen Verkehr benutztes Zeichen“ qualitativ auslege und nicht quantitativ. Das Gericht müsse aus ihrer Sicht über die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen hinaus auch zu dem Schluss gelangen, dass sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstießen. Budvar verweist insofern auf Randnr. 70 des Urteils des Gerichts vom 27. September 2005, Cargo Partner/HABM (CARGO PARTNER) (T‑123/04, Slg. 2005, II‑3979).
109. Im Hinblick auf alle diese Gesichtspunkte und die Tatsache, dass die von der Beschwerdekammer erhobene Forderung eines Nachweises der Benutzung des älteren Zeichens den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts widerspreche, macht Budvar geltend, dass der Beschwerdekammer Beweise dafür vorgelegt worden seien, dass sie die Ursprungsbezeichnung „Bud“ im Rahmen ihrer kommerziellen Tätigkeit genutzt habe und nicht im privaten Bereich. Budvar legt im Rahmen dieses Verfahrens diese Dokumente, bei denen es sich für Frankreich um mehrere Rechnungen und für Österreich, in den Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06, um mehrere Bescheinigungen, Rechnungen und Presseauszüge handelt, erneut vor.
110. Was die Beurteilung der Beschwerdekammer angeht, wonach die während des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Dokumente nicht die Benutzung der Ursprungsbezeichnung „Bud“, sondern nur die der Marke BUD nachweisen könnten, führt Budvar aus, dass der Begriff „Benutzung“ nicht für eine Ursprungsbezeichnung gelte, da ein solches Recht nicht zur Individualisierung einer Ware dienen solle. Im vorliegenden Fall stelle das einfache Anbringen des Zeichens BUD gleichzeitig die Benutzung der Marke und der Ursprungsbezeichnung dar. In den verbundenen Rechtssachen T‑60/04 bis T‑64/04 zur Ursprungsbezeichnung „Bud“, in denen das Urteil BUD, oben in Randnr. 108 angeführt, ergangen sei, habe das HABM anerkannt, dass die Benutzung dieser Ursprungsbezeichnung ausreichend sei.
– Zur Voraussetzung in Bezug auf das sich aus der in Rede stehenden Bezeichnung ergebende Recht
111. Budvar behauptet, sie verfüge über das Recht, die Benutzung der angemeldeten Marke in Frankreich sowie, im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06, in Österreich zu untersagen.
112. In Bezug auf Frankreich stützt sich Budvar auf verschiedene Bestimmungen des französischen Rechts, je nachdem, ob die angemeldeten Waren und Dienstleistungen mit Bier identisch, ihm ähnlich oder von ihm verschieden sind.
113. Für den Fall der Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren mit Bier (d. h., nach Ansicht von Budvar, für die im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06 und T‑309/06 betroffenen Waren und die Waren der Klasse 32 im Rahmen der Rechtssache T‑255/06) beruft sich Budvar auf Art. L. 115‑8 Abs. 1 und Art. L. 115‑16 Abs. 1 und 4 des französischen Code de la consommation, die im Wesentlichen vorsehen, dass die rechtswidrige Benutzung einer Ursprungsbezeichnung untersagt und mit Strafen belegt werden kann. Im vorliegenden Fall verletze die Nutzung des Zeichens BUD durch Anheuser-Busch die betreffende Ursprungsbezeichnung, da die Anmeldemarke (Rechtssachen T‑225/06 und T‑309/06) oder das dominierende Zeichen der Anmeldemarke (Rechtssache T‑255/06) mit der Ursprungsbezeichnung identisch und die betreffenden Waren identisch oder ähnlich seien.
114. Für den Fall der Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Dienstleistungen mit Bier (d. h., nach Ansicht von Budvar, für die „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ in Klasse 42 in der Rechtssache T‑257/06) beruft sich Budvar auf den in Art. L. 115‑5 des Code de la consommation wiedergegebenen Art. L. 641‑2 des Code rural, der vorsieht, dass „der die Ursprungsbezeichnung bildende geografische Name oder eine andere, auf ihn anspielende Angabe … weder für ein ähnliches Erzeugnis benutzt werden [darf] noch für irgendein anderes Erzeugnis oder eine andere Dienstleistung, wenn diese Benutzung geeignet ist, den Ruf der Ursprungsbezeichnung zu missbrauchen oder zu schwächen“. Budvar stellt hierzu fest, dass Brauereien zur Förderung des Absatzes ihrer Waren und zur Diversifizierung ihrer Aktivitäten Restaurants, Bars und Gaststätten unter dem Namen ihrer Marke eröffneten. Ferner scheine Anheuser-Busch zu beabsichtigen, Einrichtungen für den Konsum ihrer eigenen Waren zu eröffnen, da sie nicht nur die angefochtene Markenanmeldung BUD für Waren der Klasse 32 eingerei cht habe, sondern auch die Gemeinschaftsmarkenanmeldung BAR BUD. Zudem bestehe die Tätigkeit der Verpflegung von Gästen in Restaurants hauptsächlich darin, Mahlzeiten, zumeist zusammen mit Getränken wie Wein oder Bier, zuzubereiten und anzubieten. Somit erlaubte die Eintragung der Marke BUD für die „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ in Klasse 42 Anheuser-Busch, solche Einrichtungen zu eröffnen und die Verbraucher in die Irre zu führen, die dorthin gingen, um das tschechische Bier BUD zu trinken, tatsächlich aber ein anderes Bier erhielten.
115. Für den Fall fehlender Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen mit Bier (d. h., nach Ansicht von Budvar, die Waren der Klassen 16, 21 und 25 in der Rechtssache T‑255/06 und die anderen Dienstleistungen als die „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ in Klasse 42 im Rahmen der Rechtssache T‑257/06) beruft sich Budvar auf den bereits zitierten Art. L. 641‑2 des Code rural, und führt aus, dass die Wiedergabe des die Ursprungsbezeichnung bildenden geografischen Namens ohne weitere Wortzusätze für identische, ähnliche und unähnliche Waren verboten sei. Im vorliegenden Fall sei sowohl die Bekanntheit der Ursprungsbezeichnung „Bud“ als auch die Gefahr der Schwächung oder des Missbrauchs dieser Bekanntheit als feststehend anzusehen. Erstens weist Budvar unter Bezugnahme auf Art. 2 des Lissabonner Abkommens darauf hin, dass die Bekanntheit des in Budweis gebrauten Biers in der Tschechischen Republik notwendigerweise habe nachgewiesen werden müssen, um die betreffende Ursprungsbezeichnung „Bud“ zu erhalten. Gemäß Art. 1 Abs. 2 des Lissabonner Abkommens sei eine nach diesem Abkommen registrierte Ursprungsbezeichnung in Frankreich in der gleichen Weise geschützt wie die innerstaatlichen Bezeichnungen, ohne dass der Nachweis verlangt werde, dass sie tatsächlich über einen Ruf verfüge. Folglich könne der der Ursprungsbezeichnung von Budvar eigene Ruf durch die Eintragung der betreffenden Marken geschwächt oder missbraucht werden. Keine französische Rechtsvorschrift verlange, dass dieser Ruf, um den Schutz auf unähnliche Produkte zu erstrecken, einen besonders hohen Grad erreichen müsse. Ein solches Erfordernis liefe im Übrigen Art. 3 des Lissabonner Abkommens zuwider, der einen absoluten Schutz der Ursprungsbezeichnungen vorsehe, der nicht von einer Bedingung in Bezug auf den Ruf der Bezeichnung oder die Identität oder Ähnlichkeit der mit dem streitigen Zeichen versehenen Waren mit der durch die Ursprungsbezeichnung geschützten Produkt abhänge. Nach dem Grundsatz der Normenhierarchie sei Art. L. 641‑2 des Code rural im Licht des Art. 3 des Lissabonner Abkommens auszulegen. Zweitens könne die Gefahr des Missbrauchs oder der Schwächung des Rufs der Ursprungsbezeichnung unter Berücksichtigung der von der Anmelderin der beanstandeten Marke eingenommenen Haltung beurteilt werden. Die Anmeldemarken stammten von einem unmittelbaren Wettbewerber von Budvar, der vom Ruf der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnung zumindest im tschechischen Hoheitsgebiet zwangsläufig Kenntnis gehabt habe. Die Umstände der Einreichung der betreffenden Anmeldungen deuteten also eindeutig sowohl auf den offensichtlichen Willen auf Seiten des Anmelders hin, den Ruf der hier betrachteten Ursprungsbezeichnung durch ihre Schwächung und die Zerstörung ihrer Einzigartigkeit mittels einer Banalisierung der Benennung „Bud“ zu beeinträchtigen, als auch auf die Absicht der ausschließlichen Aneignung dieser Ursprungsbezeichnung durch die Eintragung einer Marke BUD.
116. Budvar macht außerdem in allen Rechtssachen die Art. L. 711‑3 und L. 711‑4 des französischen Code de la propriété intellectuelle (Gesetzbuch des geistigen Eigentums) geltend.
117. Art. L. 711‑3 des Code de la propriété intellectuelle sehe im Wesentlichen vor, dass ein Zeichen, das gegen die öffentliche Ordnung verstoße oder dessen Verwendung gesetzlich untersagt ist, nicht als Marke eingetragen werden könne. Budvar könne daher auf der Grundlage von Art. L. 714‑3 die Nichtigerklärung und das Verbot der Benutzung der Wortmarke BUD erreichen. Ferner verweist Budvar in den Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 auf mehrere in Frankreich ergangene Gerichtsentscheidungen, wonach der Ursprungsbezeichnungen gewährte Schutz Teil der öffentlichen Ordnung sei. Gemäß Art. L. 711‑3 Buchst. b des Code de la propriété intellectuelle sei eine Markenanmeldung für ein Zeichen, das eine Ursprungsbezeichnung wiedergebe oder imitiere, als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung anzusehen, da es dem Status der Ursprungsbezeichnungen zuwiderlaufe. Nach Art. L. 714‑3 des Code de la propriété intellectuelle könne Budvar die Nichtigerklärung und das Verbot der Benutzung der Wortmarke BUD erreichen. In dieser Hinsicht habe das INPI Anheuser-Busch mitgeteilt, dass die Anmeldung der Marke BUD, die sie am 10. September 1987 für Waren der Klasse 32 (Biere) hinterlegt habe, unter das französische Recht fallen könnte, weil es „gegen die öffentliche Ordnung“ verstoße. Zudem verbiete Art. L. 711‑3 Buchst. b des Code de la propriété intellectuelle auch die Eintragung einer Marke, deren Benutzung gesetzlich verboten sei. Gemäß Art. L. 115‑8 des Code de la consommation sei Budvar in Frankreich berechtigt, jede Benutzung des Zeichens BUD zur Bezeichnung von Bier und ähnlichen Getränken bestrafen zu lassen. Eine solche Marke sei deshalb als gesetzlich verboten (auch für die Bezeichnung von anderen Waren als Bier) im Sinne von Art. L. 711‑3 Buchst. b des Code de la propriété intellectuelle anzusehen. Das INPI habe Anheuser-Busch insoweit mitgeteilt, dass ihre 2001 für Bier eingereichte Anmeldung der Marke BUD unter die Bestimmungen des Art. L. 711‑3 Buchst. b des Code de la propriété intellectuelle fallen könnte. Auf diese Beanstandung hin habe Anheuser-Busch ihre Markenanmeldung zurückgenommen. Eine andere Markenanmeldung von Anheuser-Busch für das Wortzeichen BUD für Bier sei auf derselben Grundlage vom INPI mit Bescheid vom 19. Mai 2005 zurückgewiesen worden. Das französische Recht sehe somit mehrere rechtliche Möglichkeiten vor, die es Budvar erlaubten, die Benutzung der Marke BUD durch Anheuser-Busch untersagen zu lassen.
118. In Bezug auf Art. L. 711‑4 des Code de la propriété intellectuelle führt Budvar aus, dass die Eintragung einer Marke nicht möglich sei, wenn diese geeignet sei, eine in Frankreich geschützte Ursprungsbezeichnung zu verletzen, unabhängig davon, ob die Anmeldung eine Verwechslungsgefahr mit der betreffenden älteren Ursprungsbezeichnung hervorrufe oder nicht. Budvar verweist auch auf mehrere Gerichtsentscheidungen in Frankreich, mit denen Marken für nichtig erklärt worden seien, die älter oder jünger als Ursprungsbezeichnungen gewesen seien. Budvar sei somit berechtigt, die Nichtigerklärung einer Wortmarke BUD zu beantragen und ihre Benutzung zu untersagen, gleichgültig, welche Waren oder Dienstleistungen betroffen seien.
119. Darüber hinaus sei die Behauptung der Beschwerdekammer unzutreffend, dass das Tribunal de grande instance de Strasbourg die Klägerin wegen unlauteren Wettbewerbs verurteilt habe, weil sie versucht habe, den französischen Vertriebshändler von Anheuser-Busch daran zu hindern, Bier der Marke BUD zu verkaufen. Die Verurteilung von Budvar wegen unlauteren Wettbewerbs zu Schadensersatz in Höhe eines symbolischen Euro habe sich auf die Tatsache bezogen, dass die Klägerin bis 2002 gewartet habe, bevor sie ihre Rechte an der Ursprungsbezeichnung „Bud“ gegenüber dem Vertriebshändler von Anheuser-Busch geltend gemacht habe. Im Übrigen sei gegen das fragliche Urteil Berufung eingelegt worden; es sei daher nicht endgültig.
120. In Bezug auf Österreich erinnert Budvar im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 daran, dass die Ursprungsbezeichnung „Bud“ nach dem bilateralen Vertrag geschützt sei. Diese Ursprungsbezeichnung sei dort trotz eines derzeit beim Oberlandesgericht Wien anhängigen Rechtsstreits über die Gültigkeit dieses Rechts weiterhin wirksam. Bis zu einer endgültigen Entscheidung in diesem Streit bleibe die Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Österreich in Kraft. Daher könne die Benutzung der Wortmarke BUD durch Anheuser-Busch zur Kennzeichnung von Bier oder ähnlichen Waren auf der Grundlage von Art. 7 und Art. 9 Abs. 1 des bilateralen Vertrags geahndet werden.
Vorbringen des HABM
121. Entgegen den Behauptungen von Budvar habe das HABM im Rahmen der verbundenen Rechtssachen T‑60/04 bis T‑64/04, in denen das Urteil BUD, oben in Randnr. 108 angeführt, ergangen ist, nicht zur Benutzung des Begriffs „Bud“ als Ursprungsbezeichnung Stellung genommen. Weder die Beschwerdekammer noch die Parteien hätten in diesen Rechtssachen die Tatsache in Frage gestellt, dass die Ursprungsbezeichnung „Bud“ ein auf Benutzung beruhendes Kennzeichenrecht von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sei. Das HABM habe lediglich dieser Begrenzung des Rechtsstreits zugestimmt.
122. Im vorliegenden Fall sei der von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 gewährte Schutz zu verweigern, wenn nicht nachgewiesen werde, dass das ältere Kennzeichenrecht Gegenstand einer „Benutzung im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung“ gewesen sei. Diese Frage gehöre zum Gemeinschaftsrecht und sei nicht davon abhängig, ob das innerstaatliche Recht eine Benutzung des älteren Rechts voraussetze oder nicht. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdekammer im Einklang mit der Widerspruchsabteilung die Bestimmungen von Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 über die ernsthafte Benutzung älterer Marken analog angewandt und ausgeführt, dass es sich bei dem in diesen Bestimmungen verlangten Nachweis um einen Mindeststandard handele (das HABM verweist insofern auf das Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, Slg. 2003, I‑2439, Randnr. 39, und den Beschluss des Gerichtshofs vom 27. Januar 2004, La Mer Technology, C‑259/02, Slg. 2004, I‑1159, Randnr. 21). Die Anwendung eines solchen Standards sei daher gegenüber Budvar nicht ungerecht.
123. Budvar behaupte, dass der Begriff der Benutzung im geschäftlichen Verkehr rein qualitativ und nicht quantitativ zu verstehen sei und dass es ausreiche, nachzuweisen, dass die Benutzung geschäftlicher Art gewesen sei. In dieser Hinsicht bestehe kein Widerspruch zwischen dem Standpunkt der Beschwerdekammer und dem von Budvar. Im Übrigen erkenne Budvar in Randnr. 27 der Klageschrift in der Rechtssache T‑225/06 an, dass der Nachweis einer tatsächlichen und ernsthaften Benutzung im geschäftlichen Verkehr für den Nachweis des Bestehens eines Rechts im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 ausreiche.
124. Dadurch, dass im selben Satz auf ein „im geschäftlichen Verkehr benutztes Kennzeichenrecht“ und auf „das für den Schutz des Kennzeichens maßgebliche Recht des Mitgliedstaats“ Bezug genommen werde, bestimme Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 eindeutig, dass die Benutzung im geschäftlichen Verkehr für das Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats, also im vorliegenden Fall für Frankreich und Österreich, darzutun sei. Wegen der Bezugnahme der Beschwerdekammer auf Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 sei die Frage, ob dieser Nachweis erbracht worden sei, im Licht der in Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 aufgestellten Voraussetzungen zu beurteilen. Ort, Dauer und Umfang der Benutzung seien hierbei miteinander in Wechselwirkung stehende Faktoren, die zusammen zu berücksichtigen seien. Die Schwäche eines dieser Faktoren könne durch einen anderen ausgeglichen werden (das HABM verweist in dieser Hinsicht auf das Urteil des Gerichtshofs vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, Slg. 2006, I‑4237, Randnr. 76).
125. Im vorliegenden Fall habe Budvar aus den in den angefochtenen Entscheidungen dargelegten Gründen den Nachweis, dass die Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich und, was die Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 angeht, in Österreich Gegenstand einer Benutzung von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung gewesen sei, nicht erbracht.
126. Außerdem bestreite Budvar das Ergebnis der Beschwerdekammer nur insoweit, als es sich aus einer Beurteilung der „ernsthaften Benutzung“ im Sinne des Markenrechts ergebe. Budvar habe keinen Gesichtspunkt vorgebracht, der es erlaubte, die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen, wenn anerkannt werden müsse, dass die analoge Anwendung von Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 gerechtfertigt gewesen sei.
127. Da die von Art. 8 Abs. 4 aufgestellte „gemeinschaftliche“ Voraussetzung nicht erfüllt sei, sei der Widerspruch zurückzuweisen, selbst wenn die „innerstaatliche“ Voraussetzung (dass das für das in Rede stehende Kennzeichen maßgebliche Recht des Mitgliedstaats dem Inhaber des Zeichens das Recht verleihe, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen) erfüllt sei.
128. Schließlich sei es, wie die Beschwerdekammer festgestellt habe, bedauerlich, dass die Widerspruchsabteilung in früheren Rechtssachen einen anderen Ansatz in Bezug auf die Benutzung der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich verfolgt habe. Jedoch könne die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 40/94 und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis beurteilt werden. Wenn das Vorbringen von Budvar dahin zu verstehen sein sollte, dass damit ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht werde, sei es zurückzuweisen. Die Umstände der verschiedenen Fälle seien nämlich nicht dieselben. Zudem könne sich, wenn man davon ausgehe, dass die früheren Entscheidungen rechtswidrig gewesen seien, niemand zu seinen Gunsten auf einen Rechtsverstoß zugunsten eines anderen berufen.
Vorbringen von Anheuser-Busch
129. Vorab führt Anheuser-Busch aus, es sei nicht klar, ob Budvar die Nichtexistenz der Voraussetzung der Benutzung geltend mache oder aber die Tatsache, dass diese Voraussetzung weniger strengen Anforderungen als denen unterliege, die von der Beschwerdekammer angewandt worden seien.
130. Die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene Voraussetzung der Benutzung stelle eine selbständige Norm des Gemeinschaftsrechts dar, die unabhängig von den vom maßgeblichen innerstaatlichen Recht bestimmten Voraussetzungen anwendbar sei. In dieser Hinsicht gehe aus dieser Vorschrift eindeutig hervor, dass eine tatsächliche Benutzung im geschäftlichen Verkehr verlangt werde. Darüber hinaus müsse diese tatsächliche Benutzung dem Kennzeichen eine mehr als lediglich örtliche Bedeutung verliehen haben. Im Rahmen der Rechtssache T‑309/06 fügt Anheuser-Busch hinzu, dass die tatsächliche Benutzung des in Rede stehenden Rechts der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke vorausgegangen sein müsse.
131. In der Sache ist Anheuser-Busch erstens der Ansicht, dass Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 mutatis mutandis für die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 genannte Voraussetzung der Benutzung gelten müsse. Wenn die Benutzung eines Zeichens nachgewiesen werden müsse, damit Rechte in einem bestimmten Gebiet gegenüber einer jüngeren Marke bestehen könnten, müssten die beizubringenden Angaben belegen, dass das Zeichen in diesem Gebiet (Ort) während des fraglichen Zeitraums (Zeit) benutzt worden sei, dass das Zeichen in seiner geltend gemachten Form benutzt worden sei (Art) und dass schließlich die Benutzung im geschäftlichen Verkehr stattgefunden habe (Umfang). Mit anderen Worten stehe einer analogen Anwendung der Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 im Kontext von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 nichts entgegen.
132. Zweitens werde, was die quantitativen Kriterien der Benutzung angehe, der in Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 enthaltene Begriff „ernsthaft“ in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung nicht verwendet. Jedoch setze die Bezugnahme auf ein „im geschäftlichen Verkehr benutztes Kennzeichenrecht von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung“ voraus, dass die Benutzung im Markt sichtbar sein müsse. Die Beweise, die ein auf Benutzung beruhendes Recht beträfen, dürften daher nicht geringer wiegen als diejenigen für eine eingetragene Marke. Anheuser-Busch verweist in dieser Hinsicht auf die Anwendung des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 durch den High Court of Justice (England & Wales) in der Rechtssache „COMPASS“ (24. März 2004). Das HABM habe daher zu Recht festgestellt, dass Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 quantitative Kriterien enthalte, die darüber hinaus strenger seien als die für eingetragene Marken.
133. Zu dem Vorbringen von Budvar, die Streithelferin habe den Nachweis der Benutzung der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnung nicht formell verlangt, führt Anheuser-Busch aus, sie habe in jedem ihrer Schriftsätze erklärt, dass Budvar einen solchen Nachweis erbringen müsse. Außerdem gelte das Erfordernis einer förmlichen Aufforderung gemäß Regel 22 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 nicht im Rahmen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94. In dieser Vorschrift werde nämlich die Benutzung im geschäftlichen Verkehr als gesetzliche Voraussetzung für den Erfolg des Widerspruchs genannt. Dagegen müsse die Benutzung eingetragener Marken nur dann nachgewiesen werden, wenn ein solcher Nachweis förmlich verlangt worden sei. Die von Budvar hergestellte Analogie zu Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 sei daher abwegig.
134. Was die Bezugnahme von Budvar auf die Art. 4 und 5 der Richtlinie 89/104 und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 angeht, weist Anheuser-Busch darauf hin, dass diese Bestimmungen auf eine „rechtswidrige“ Benutzung abstellen. Die Auslegung der Wendung „Benutzung im geschäftlichen Verkehr“ weiche also gegenüber den in der vorliegenden Rechtssache anwendbaren Vorschriften ab. Die diesbezüglichen Rechtsprechungshinweise von Budvar seien daher irrelevant.
135. Ferner könne das Benutzungserfordernis für Marken, wie es vom Gerichtshof ausgelegt werde (insbesondere die Tatsache, dass es keine Mindestschwelle für die ernsthafte Benutzung einer Marke gebe) nicht auf Rechte angewandt werden, die auf Benutzung beruhten und auf die Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 abziele. Da der Widerspruch allein auf die Grundlage der Benutzung gestützt werde, sei es völlig richtig, strengere Kriterien anzuwenden als im Fall eingetragener Marken und eine sichtbarere Benutzung des Zeichens auf dem Markt zu verlangen. Die Widerspruchsabteilung und die Beschwerdekammer hätten im vorliegenden Fall nicht einmal strengere Kriterien, sondern analog die Voraussetzungen des Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 angewandt.
136. Drittens habe Budvar im vorliegenden Fall den Nachweis für eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 nicht erbracht.
137. In der Rechtssache T‑225/06, Frankreich betreffend, reichten die vorgelegten Beweise nicht aus, um irgendeine Benutzung im geschäftlichen Verkehr nachzuweisen. Was Österreich angehe, so betreffe die geringe Benutzung allein ein Produkt, auf dem die Begriffe „Bud super strong“ angebracht seien und das nur an einen einzigen Vertriebshändler geliefert worden sei. Es gebe keinen Beweis dafür, dass der Vertriebshändler ein Produkt mit dem darauf angebrachten Wort „Bud“ an den Verbraucher verkauft habe. Zudem werde der Begriff „Bud“ offensichtlich als Marke verwendet. Außerdem könne sich der Begriff „Bud“, abgesehen davon, dass er keine geografische Bezeichnung sei, in Verbindung mit den englischen Wörtern „super strong“ auf ein Bier beziehen, das aus den Vereinigten Staaten oder einem englischsprachigen Land stamme, aber sicherlich nicht auf eine tschechische Stadt.
138. Im Rahmen der Rechtssache T‑255/06 weist Anheuser-Busch zunächst darauf hin, dass Budvar für Österreich Beweise für die Benutzung außerhalb der vom HABM gesetzten Fristen vorgelegt habe. Nach Regel 19 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2868/95 und der Praxis des HABM müssten diese Beweise daher unberücksichtigt bleiben. Jedenfalls reichten die vorgelegten Beweise, auch die für Frankreich, nicht aus, um irgendeine Benutzung im geschäftlichen Verkehr nachzuweisen. In dieser Hinsicht stellt Anheuser-Busch fest, dass die Benutzungsnachweise nur ein Produkt beträfen, auf dem die Begriffe „Bud super strong“ angebracht seien, und bringt ähnliche Argumente vor wie im Rahmen der Rechtssache T‑225/06 (oben in Randnr. 137 angeführt). Was im Übrigen speziell Frankreich betreffe, handele es sich bei den vier von Budvar vorgelegten „Rechnungen“ offensichtlich um Lieferscheine für Gratissendungen, wie die Angabe „free of charge“ zeige. Zudem stammten nur zwei der fraglichen Rechnungen aus der Zeit vor Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, und eine dieser Rechnungen lasse nicht den Adressaten erkennen. Zusammen genommen umfassten diese Rechnungen nur 70 Liter dieses Produkts, auf dem die Begriffe „Bud super strong“ angebracht seien, also ungefähr den Jahresverbrauch zweier französischer Durchschnittsverbraucher. Für Österreich belegten die eingereichten Unterlagen Lieferungen von nur 35 Hektolitern eines Produkts, auf dem die Begriffe „Bud super strong“ angebracht seien, an einen einzigen Vertriebshändler.
139. In der Rechtssache T‑257/06 stellt Anheuser-Busch in Bezug auf Frankreich ebenfalls fest, dass es sich bei den vier von Budvar vorgelegten „Rechnungen“ offensichtlich um Lieferscheine für Gratissendungen handele, wie die Angabe „free of charge“ zeige. Zudem stamme eine der fraglichen Rechnungen aus der Zeit nach der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke. Ferner führt Anheuser-Busch aus, dass die Benutzungsnachweise nur ein Produkt beträfen, auf dem die Begriffe „Bud super strong“ aufgebracht seien, und bringt ähnliche Argumente vor wie im Rahmen der Rechtssache T‑225/06 (oben in Randnr. 137 angeführt).
140. In der Rechtssache T‑309/06 stellt Anheuser-Busch fest, dass die Benutzungsnachweise nur ein Produkt beträfen, auf dem die Begriffe „Bud super strong“ aufgebracht seien, und bringt ähnliche Argumente vor wie im Rahmen der Rechtssache T‑225/06 (oben in Randnr. 137 angeführt).
141. Die Behauptung von Budvar, das HABM habe in der Rechtssache T‑62/04 vor dem Gericht anerkannt, dass eine hinreichende Benutzung des Zeichens BUD in Frankreich nachgewiesen worden sei, sei unzutreffend. Das HABM habe in dieser Rechtssache, die im Übrigen in B ezug auf die angemeldeten Waren von der vorliegenden verschieden gewesen sei, nur bestätigen wollen, dass die Ursprungsbezeichnungen grundsätzlich als Kennzeichen im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 angesehen würden.
142. Viertens habe Budvar ihre Berechtigung, die angemeldete Marke zu untersagen, nicht hinreichend nachgewiesen.
143. In Bezug auf das französische Recht erklärt Anheuser-Busch allgemein, dass Budvar in sehr unbestimmter Weise eine große Anzahl Vorschriften des französischen Rechts zitiert habe, womit sie der Beweispflicht, die gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 dem Widersprechenden obliege, nicht nachkomme.
144. Was insbesondere die von Budvar angeführten Bestimmungen des Code de la propriété intellectuelle angeht, führt Anheuser-Busch aus, dass diese auf die Eintragung von Marken in Frankreich abzielen. Sie seien daher im Rahmen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, der auf das Recht abziele, die Benutzung einer Marke zu untersagen, nicht relevant.
145. In Bezug auf die angeführten Vorschriften des Code de la consommation weist Anheuser-Busch zunächst darauf hin, dass Budvar im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06 und T‑309/06 erstmals auf Art. L. 115‑8 dieses Gesetzbuchs Bezug nehme. In der Rechtssache T‑225/06 fügt Anheuser-Busch hinzu, dass, da es sich bei Fragen des innerstaatlichen Rechts um Tatsachenfragen handele, der Hinweis auf diese Vorschrift eine neue Tatsache darstelle und daher vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürfe.
146. In Bezug auf den in Art. L. 115‑5 des Code de la consommation wiedergegebenen Art. L. 641‑2 des Code rural führt Anheuser-Busch in den Rechtssachen T‑255/06, T‑257/06 und T‑309/06, die insgesamt oder zum Teil unähnliche Waren oder Dienstleistungen betreffen, erstens aus, dass Budvar keinen Nachweis für irgendeine Bekanntheit der in Rede stehenden Ursprungsbezeichnung in Frankreich erbracht habe. Anheuser-Busch verweist in dieser Hinsicht auf den von ihr in der Rechtssache T‑60/04 beim Gericht eingereichten Schriftsatz, den sie im Anhang beifügt. Zweitens seien die Behauptungen der Widersprechenden in der Rechtssache T‑257/06, die Dienstleistungen betreffe, die Budvar zufolge Bier „ähnlich“ seien, unbegründet. Insbesondere könnten „Dienstleistungen“ (wie die von Budvar angeführten Dienstleistungen „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ in Klasse 42) kein „ähnliches Erzeugnis“ im Sinne von Art. L. 6412 des Code rural sein. Dies stehe in Einklang mit dem Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS), das nur den Schutz von geografischen Angaben in Verbindung mit Erzeugnissen vorsehe. Der in Art. L. 641‑2 des Code rural verwandte Begriff „ähnlich“ ziele auf Erzeugnisse ab, die zu derselben Produktkategorie gehörten, aber nicht dieselben Qualitätskriterien erfüllten wie die der Ursprungsbezeichnung. Dieser Begriff sei enger als der der Ähnlichkeit im Rahmen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. In diesem Rahmen könne auch eine geringe Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu einer Verwechslungsgefahr führen. Jedenfalls bestehe zwischen den Dienstleistungen „Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Gaststätten“ in Klasse 42 und Bier keine Ähnlichkeit. Anheuser-Busch verweist insofern insbesondere auf das Urteil des Gerichts vom 9. März 2005, Osotspa/HABM − Distribution & Marketing (Hai) (T‑33/03, Slg. 2005, II‑763).
147. In Bezug auf das österreichische Recht und im Rahmen der Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06 und T‑309/06 führt Anheuser-Busch aus, Budvar habe die maßgebenden Vorschriften, auf die sie sich stütze, nicht genannt. Art. 7 Abs. 1 des bilateralen Vertrags, auf den Budvar mehrmals Bezug genommen habe, bestimme klar und deutlich, dass „alle gerichtlichen und behördlichen Maßnahmen, die nach der Gesetzgebung des Vertragsstaates, in dem der Schutz in Anspruch genommen wird, … in Betracht kommen, unter den in dieser Gesetzgebung festgelegten Voraussetzungen … Anwendung [finden]“. Die Tatsache allein, dass Art. 9 Abs. 1 dieses Vertrags es erlaube, unmittelbar Klage bei Gericht zu erheben, könne offensichtlich nicht die Rechtsgrundlage für die Klage ersetzen.
b) Würdigung durch das Gericht
148. Einleitend ist festzustellen, dass das Vorbringen von Budvar, mit dem dargetan werden soll, dass sie Inhaberin des geltend gemachten Rechts ist, in Wirklichkeit eine tatsächliche Feststellung betrifft, die der Beschwerdekammer die Schlussfolgerung erlaubt hat, dass die Bezeichnung „Bud“ keine Ursprungsbezeichnung ist. Da diese Schlussfolgerung der Beschwerdekammer Gegenstand des ersten Teils des einzigen Klagegrundes gewesen ist, braucht das Vorbringen von Budvar im Rahmen des zweiten Teils nicht geprüft zu werden.
149. Im Übrigen erhebt Budvar zwei Rügen in Bezug auf die Anwendung der Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 durch die Beschwerdekammer. Mit der ersten Rüge stellt Budvar die Anwendung der Voraussetzungen in Bezug auf die Benutzung eines Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung im geschäftlichen Verkehr durch die Beschwerdekammer in Frage. Mit der zweiten Rüge wendet sich Budvar gegen die Anwendung der Voraussetzung in Bezug auf das sich aus dem zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten Kennzeichen ergebende Recht.
Zur ersten Rüge: Benutzung eines Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung im geschäftlichen Verkehr
150. Vorab ist festzustellen, dass Anheuser-Busch in der Rechtssache T‑255/06 in Bezug auf Österreich ausführt, dass Budvar Beweise für die Benutzung des geltend gemachten Rechts außerhalb der vom HABM gesetzten Fristen vorgelegt habe. Nach Regel 19 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2868/95 und der Praxis des HABM müssten diese Beweise daher unberücksichtigt bleiben.
151. Selbst wenn aber die Argumente von Anheuser-Busch als selbständiges Verteidigungsmittel gemäß Art. 134 § 2 der Verfahrensordnung anzusehen sein sollten, ist festzustellen, dass das Verteidigungsmittel mit den eigenen Anträgen der Streithelferin unvereinbar ist und daher zurückzuweisen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Jabones Pardo/HABM – Quimi Romar [YUKI], T‑278/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 44 und 45, und AB GENUINE Budweiser KING OF BEERS, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnr. 220). Mit den von Anheuser-Busch ergänzend vorgebrachten Argumenten wird nämlich im Wesentlichen ein Gesichtspunkt der angefochtenen Entscheidung beanstandet, da die Beschwerdekammer im Unterschied zur Widerspruchsabteilung nicht der Auffassung war, dass die fraglichen Unterlagen unberücksichtigt bleiben müssten. Anheuser-Busch hat aber nicht die Aufhebung oder Abänderung dieser Entscheidung nach Art. 134 § 3 der Verfahrensordnung beantragt.
152. Auch wenn man annimmt, dass die Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95, insbesondere ihr Abs. 4, in der von Anheuser-Busch zur Stützung ihrer Ansprüche geltend gemachten Fassung im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 angewandt werden könnte, ist jedenfalls festzustellen, dass diese Regel durch die am 25. Juli 2005 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung [Nr. 2868/95] (ABl. L 172, S. 4) eingeführt worden ist, also nachdem Budvar den Widerspruch und die Beweise für die Benutzung des geltend gemachten Rechts in Österreich eingereicht hat. Es ist aber daran zu erinnern, dass es der Grundsatz der Rechtssicherheit im Allgemeinen verbietet, den Beginn der zeitlichen Geltung eines Rechtsakts der Gemeinschaft auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen. Dies kann ausnahmsweise dann anders sein, wenn das zu erreichende Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet wird (Urteile des Gerichtshofs vom 25. Januar 1979, Racke, 98/78, Slg. 1979, 69, Randnr. 20, und vom 12. November 1981, Meridionale Industria Salumi u. a., 212/80 bis 217/80, Slg. 1981, 2735, Randnr. 10). Diese Rechtsprechung ist – wie der Gerichtshof klargestellt hat – auch auf den Fall übertragbar, dass die Rückwirkung in dem Rechtsakt selbst nicht ausdrücklich vorgesehen worden ist, sich aber aus seinem Inhalt ergibt (Urteile des Gerichtshofs vom 11. Juli 1991, Crispoltoni, C‑368/89, Slg. 1991, I‑3695, Randnr. 17, vom 29. April 2004, Gemeente Leusden und Holin Groep, C‑487/01 und C‑7/02, Slg. 2004, I‑5337, Randnr. 59, und vom 26. April 2005, „Goed Wonen“, C‑376/02, Slg. 2005, I‑3445, Randnr. 33; Urteil des Gerichts vom 3. Mai 2007, Freistaat Sachsen/Kommission, T‑357/02, Slg. 2007, II‑1261, Randnr. 95). Im vorliegenden Fall kann weder dem Wortlaut noch der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 1041/2005 ein Anhaltspunkt entnommen werden, der die Annahme zuließe, dass die von dieser Verordnung eingeführten Bestimmungen rückwirkende Geltung hätten.
153. Darüber hinaus braucht das HABM nach dem Wortlaut von Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht wurden, nicht zu berücksichtigen. Aus diesem Wortlaut folgt, dass als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift die Beteiligten Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorbringen können, wenn die für dieses Vorbringen nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 geltenden Fristen abgelaufen sind, und dass es dem HABM keineswegs untersagt ist, solche verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, Slg. 2007, I‑2213, Randnrn. 41 und 42). Im vorliegenden Fall macht Anheuser-Busch zur Stützung ihrer Anträge keinen Verstoß der Beschwerdekammer gegen Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 geltend. Anheuser-Busch macht außer der Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 1041/2005 auch keine anderen Verordnungsbestimmungen geltend, die zu der Annahme führen könnten, dass die Beschwerdekammer verpflichtet war, die von Budvar vorgelegten Unterlagen in Bezug auf Österreich unberücksichtigt zu lassen.
154. Aus alledem ergibt sich, dass die Argumente von Anheuser-Busch, die auf die Feststellung abzielen, dass Budvar in Bezug auf Österreich Beweise für die Benutzung des geltend gemachten Rechts außerhalb der vom HABM gesetzten Fristen vorgelegt hat, zurückzuweisen sind.
155. In der Sache ist daran zu erinnern, dass der Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 auf einem „im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrecht von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung“ beruht.
156. Diese Vorschrift enthält zwei kumulative Voraussetzungen. Erstens muss das in Rede stehende Kennzeichen „im geschäftlichen Verkehr“ benutzt werden. Zweitens muss das in Rede stehende Kennzeichen eine mehr als lediglich örtliche „Bedeutung“ haben.
157. Die Beschwerdekammer war im vorliegenden Fall der Auffassung, dass sich aus dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 ergebe, dass das in Rede stehende Kennzeichen „tatsächlich“ im geschäftlichen Verkehr benutzt werden müsse.
158. Hierzu hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass es durchaus vernünftig sei, die Bestimmungen des Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 und der Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 analog anzuwenden. Insbesondere hat sie das Vorgehen der Widerspruchsabteilung gestützt, den Nachweis einer „ernsthaften“ Benutzung des älteren Rechts zu verlangen. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen festgestellt, dass die von Budvar in Bezug auf die Benutzung der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Österreich, Frankreich, Italien und Portugal vorgelegten Nachweise unzureichend waren (Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 [Sache R 234/2005‑2], Randnrn. 24 bis 31, sowie, hierauf verweisend, die anderen angefochtenen Entscheidungen).
159. Bei der Prüfung der angefochtenen Entscheidungen ist zwischen der Voraussetzung in Bezug auf die Benutzung des in Rede stehenden Zeichens im geschäftlichen Verkehr und der Voraussetzung in Bezug auf die Bedeutung des Zeichens zu unterscheiden.
– Zur Voraussetzung in Bezug auf die Benutzung des in Rede stehenden Zeichens im geschäftlichen Verkehr
160. Da die Beschwerdekammer Gemeinschaftsvorschriften in Bezug auf die ernsthafte Benutzung der älteren Marke analog angewandt hat, ist daran zu erinnern, dass Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 vorsieht, dass der Anmelder einer Gemeinschaftsmarke den Nachweis verlangen kann, dass die ältere Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegen die Widerspruch erhoben wurde, in ihrem Schutzgebiet ernsthaft benutzt wurde. Nach Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 bestehen die Angaben und Beweise, die zum Nachweis der Benutzung vorgelegt werden, aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf denen der Widerspruch beruht.
161. Eine Marke wird dann ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, d. h. der Garantierung der Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333, Randnr. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Benutzung der älteren Marke braucht nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden. Sie muss aber mengenmäßig hinreichend sein (vgl. in diesem Sinne Beschluss La Mer Technology, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnrn. 21 und 22, und Urteil Il Ponte Finanziaria/HABM, Randnr. 73).
162. Das Erfordernis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke bedeutet, dass der Widerspruch zurückgewiesen wird, wenn es am Nachweis einer solchen Benutzung fehlt. Ist die ältere Gemeinschaftsmarke nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, benutzt worden, so gilt sie zum Zweck der Prüfung des Widerspruchs nur für diese Waren oder Dienstleistungen als eingetragen (Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94). Wird die Gemeinschaftsmarke ohne berechtigten Grund innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt, kann dies ihren Verfall nach sich ziehen (Art. 15 Abs. 1 und Art. 50 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94). Art. 12 der Richtlinie 89/104 enthält ähnliche Bestimmungen in Bezug auf nationale Marken.
163. Die Zielsetzungen und die Voraussetzungen des Nachweises der ernsthaften Benutzung der älteren Marke unterscheiden sich aber von denen des Nachweises der Benutzung im geschäftlichen Verkehr gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, besonders wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine nach dem Lissabonner Abkommen registrierte Ursprungsbezeichnung oder eine gemäß dem bilateralen Vertrag geschützte Bezeichnung handelt.
164. Hierzu ist erstens festzustellen, dass Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 keine „ernsthafte“ Benutzung des Zeichens vorsieht, auf das der Widerspruch gestützt ist.
165. Zweitens haben der Gerichtshof und das Gericht im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94, Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass ein Zeichen im „geschäftlichen Verkehr“ benutzt wird, wenn die Benutzung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt (Urteile des Gerichtshofs Arsenal Football Club, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 40, vom 25. Januar 2007, Adam Opel, C‑48/05, Slg. 2007, I‑1017, Randnr. 18, Beschluss des Gerichtshofs vom 20. März 2007, Galileo International Technology u. a./Kommission, C‑325/06 P, Slg. 2007, I‑44, Randnr. 32, und Urteil des Gerichtshofs vom 11. September 2007, Céline, C‑17/06, Slg. 2007, I‑7041, Randnr. 17; Urteile des Gerichts vom 10. April 2003, Travelex Global and Financial Services und Interpayment Services/Kommission, T‑195/00, Slg. 2003, II‑1677, Randnr. 93, und Galileo International Technology u. a./Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 114). Es geht tatsächlich um die Frage, ob das in Rede stehende Zeichen Gegenstand einer kommerziellen Benutzung ist (Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Arsenal Football Club, Urteil oben in Randnr. 107 angeführt, Slg. 2007, I‑10275, Nr. 62).
166. Drittens können im Rahmen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte Zeichen die mit ihnen verbundenen Rechte nicht verlieren, selbst wenn sie nicht „ernsthaft“ benutzt werden. Hierzu ist festzustellen, dass eine gemäß dem Lissabonner Abkommen registrierte Ursprungsbezeichnung solange nicht als Gattungsbezeichnung angesehen werden kann, wie sie als Ursprungsbezeichnung im Ursprungsland geschützt ist. Ferner ist der Schutz der Ursprungsbezeichnung gewährleistet, ohne dass eine Erneuerung erforderlich wäre (Art. 6 und Art. 7 Abs. 1 des Lissabonner Abkommens). Dies bedeutet nicht, dass es möglich wäre, das gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemachte Recht nicht zu benutzen. Jedoch kann sich der Widersprechende darauf beschränken, darzutun, dass die Benutzung des in Rede stehenden Zeichens im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit erfolgt ist, ohne eine ernsthafte Benutzung dieses Zeichens im Sinne des Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 und der Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 und gemäß den von diesen Vorschriften aufgestellten Voraussetzungen nachzuweisen. Eine gegenteilige Auslegung liefe darauf hinaus, die von Art. 8 Abs. 4 umfassten Zeichen den speziell mit den Marken und deren Schutzumfang zusammenhängenden Voraussetzungen zu unterwerfen. Es ist hinzuzufügen, dass im Unterschied zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 der Widersprechende nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 auch noch nachweisen muss, dass ihm das in Rede stehende Zeichen nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
167. Viertens schließlich hat die Beschwerdekammer bei der entsprechenden Anwendung von Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 die Benutzung des in Rede stehenden Zeichens in Österreich, Frankreich, Italien und Portugal, d. h. in jedem der Gebiete, in denen die Bezeichnung „Bud“ nach dem Vorbringen von Budvar geschützt ist, getrennt geprüft. Dies hat auch dazu geführt, dass die Beschwerdekammer Beweise außer Betracht gelassen hat, die Budvar im Rahmen des Verfahrens vorgelegt hat, in dem die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005‑2) ergangen ist, die Grundlage für die anderen angefochtenen Entscheidungen, die die Benutzung der in Rede stehenden Bezeichnungen in den Benelux-Ländern, in Spanien und im Vereinigten Königreich betrafen. Aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt sich jedoch nicht, dass das in Rede stehende Zeichen in dem Gebiet benutzt werden muss, dessen Recht für den Schutz dieses Zeichens geltend gemacht wird. Die Zeichen, auf die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 Bezug genommen wird, insbesondere die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Bezeichnungen, können in einem bestimmten Gebiet Schutz genießen, obwohl sie nicht in diesem Gebiet, sondern nur in einem anderen Gebiet benutzt worden sind.
168. Nach alledem hat die Beschwerdekammer einen Rechtsfehler begangen, indem sie entschieden hat, die Gemeinschaftsvorschriften über die „ernsthafte“ Benutzung der älteren Marke analog anzuwenden, insbesondere um für Österreich, Frankreich, Italien und Portugal jeweils getrennt zu bestimmen, ob die in Rede stehenden Zeichen „im geschäftlichen Verkehr“ benutzt wurden. Die Beschwerdekammer hätte prüfen müssen, ob die von Budvar im Lauf des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Beweise eine Benutzung der in Rede stehenden Zeichen widerspiegeln, die im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt ist, gleichgültig, welches Gebiet hierbei betroffen war. Allerdings könnte der methodische Fehler der Beschwerdekammer nur dann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen rechtfertigen, wenn Budvar nachgewiesen hätte, dass die in Rede stehenden Zeichen im geschäftlichen Verkehr benutzt wurden.
169. In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, dass der Widerspruch nach dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 auf einem im geschäftlichen Verkehr „benutzten“ Kennzeichenrecht beruht. Aus dieser Bestimmung ergibt sich im Gegensatz zum Vorbringen von Anheuser-Busch nicht, dass der Widersprechende nachzuweisen hätte, dass das in Rede stehende Zeichen vor der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke benutzt worden ist. Es kann höchstens, um wie bei älteren Marken zu verhindern, dass das ältere Recht nur wegen eines Widerspruchsverfahrens benutzt wird, verlangt werden, dass das in Rede stehende Zeichen vor der Veröffentlichung der Markenanmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken benutzt worden ist.
170. Im vorliegenden Fall wurden die Gemeinschaftsmarkenanmeldungen am 7. Dezember 1998 (Anmeldung Nr. 2), am 2. Mai 2000 (Anmeldung Nr. 1), am 26. Februar 2001 (Anmeldung Nr. 3) und am 5. März 2001 (Anmeldung Nr. 4) veröffentlicht.
171. Die von Budvar vorgelegten Unterlagen, auf die die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005‑2) Bezug nimmt, bestehen aus Presseveröffentlichungen aus Österreich (1997) sowie in Österreich, Frankreich und Italien ausgestellten Rechnungen (1997 bis 2000), gegebenenfalls begleitet von schriftlichen eidesstattlichen Erklärungen von Angestellten oder Kunden von Budvar.
172. Abgesehen von diesen Unterlagen hat Budvar dem HABM am 31. Januar 2002 im Rahmen des Verfahrens, das zu der Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005‑2) geführt hat, die die Grundlage für die anderen angefochtenen Entscheidungen war, in Spanien (2000) und dem Vereinigten Königreich (1998) ausgestellte Rechnungen sowie vom Brüsseler „Internationalen Institut für Selektions- & Qualitätsauszeichnung“ („Monde Sélection“) verliehene Preise (1999 bis 2001) vorgelegt.
173. Die Unterlagen von Budvar decken somit Zeiträume von 1997 bis 2001 ab. Die Unterlagen für die Jahre 1997 und 1998 können in Bezug auf die Anmeldung Nr. 2 verwendet werden. Die Unterlagen für das Jahr 1999 können darüber hinaus für die Anmeldung Nr. 1 verwendet werden. Die übrigen Unterlagen können auch für die anderen Anmeldungen verwendet werden. Hieraus ergibt sich, dass diese Unterlagen, vorausgesetzt, dass ihre Beweiskraft ausreicht, für den Nachweis geeignet sind, dass das in Rede stehende Zeichen im geschäftlichen Verkehr „benutzt“ worden ist.
174. In der Sache ist zunächst festzustellen, dass sich die Unterlagen auf ein Produkt beziehen, auf dem die Begriffe „Bud strong“ oder „Bud super strong“ angebracht sind und nicht nur „Bud“, wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat. Allerdings können die in Verbindung mit dem Wort „Bud“ verwendeten Begriffe „strong“ oder „super strong“ – vom englischsprachigen oder auch nicht englischsprachigen – Verbraucher leicht dahin verstanden werden, dass sie „stark“ oder „superstark“ bedeuten. Der Verbraucher wird diese Angaben als beschreibend für bestimmte Eigenschaften auffassen, die der Hersteller mit den in Rede stehenden Waren, d. h. mit Bieren, verbinden möchte. Zudem zeigen die vorgelegten Etiketten der Bierflaschen deutlich, dass der Begriff „Bud“ in großen Buchstaben und in zentraler Position aufgedruckt ist, während die Begriffe „super“ und „strong“ unterhalb des Begriffs „Bud“ und in kleinen Buchstaben aufgedruckt sind. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann die Hinzufügung der Begriffe „super“ und „strong“ an der Funktion des Begriffs „Bud“ innerhalb der betreffenden Bezeichnungen nichts ändern, die, wie von Budvar geltend gemacht, darin besteht, auf die geografische Herkunft der in Rede stehenden Waren hinzuweisen.
175. Sodann kann ein Hinweis, der auf die geografische Herkunft einer Ware hindeuten soll, ebenso wie eine Marke im geschäftlichen Verkehr benutzt werden (vgl. in diesem Zusammenhang Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Gerolsteiner Brunnen, C‑100/02, Slg. 2004, I‑691). Dies bedeutet allerdings nicht, dass die betreffende Bezeichnung, wie die Beschwerdekammer in den angefochtenen Entscheidungen behauptet, „wie eine Marke“ benutzt würde und damit ihre erste Funktion verlöre. Diese Schlussfolgerung gilt unabhängig von dem von der Beschwerdekammer festgestellten Umstand, dass Budvar auch Inhaberin einer Marke BUD ist, die im Übrigen nicht in den rechtlichen oder tatsächlichen Rahmen dieses Rechtsstreits fällt. Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 genügt es, festzustellen, dass das für den Widerspruch angeführte Zeichen im geschäftlichen Verkehr benutzt wird. Die Tatsache, dass es mit einer Marke identisch ist, bedeutet nicht, dass es nicht im geschäftlichen Verkehr benutzt wird. Darüber hinaus ist festzustellen, dass das HABM und Anheuser-Busch nicht eindeutig klargestellt haben, inwiefern das Zeichen BUD „wie eine Marke“ benutzt worden sei. Insbesondere deutet nichts darauf hin, dass die Angabe „Bud“ auf den in Rede stehenden Waren mehr auf die betriebliche als auf die geografische Herkunft der Ware Bezug nimmt, wie Budvar behauptet. Außerdem wird auf den Etiketten der in Rede stehenden Waren, wie aus den Akten des HABM ersichtlich und in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, unter der Angabe „Bud“ auch der Name des Herstellerunternehmens wiedergegeben, nämlich Budějovický Budvar.
176. Was schließlich das Vorbringen von Anheuser-Busch angeht, dass bestimmte Rechnungen die Angabe „free of charge“ enthielten, genügt die Feststellung, dass diese Angabe nur einen Teil der von Budvar vorgelegten Unterlagen betrifft. Dies lässt den Beweiswert der anderen vorgelegten Unterlagen unberührt. Selbst angenommen, dass die fraglichen Lieferungen kostenlos gewesen wären, bedeutete dies jedenfalls nicht, dass sie in den privaten Bereich fielen. Da die fraglichen Lieferungen Händlern zugesandt wurden, wie sich aus den Kopfzeilen der betreffenden Rechnungen ergibt und von Anheuser-Busch nicht bestritten wird, können sie nämlich im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit erfolgt sein, nämlich zur Eroberung neuer Absatzmärkte.
177. Nach alledem ist unter Berücksichtigung aller von Budvar vor dem HABM vorgelegten Unterlagen entgegen dem Ergebnis der Beschwerdekammer festzustellen, dass Budvar den Nachweis erbracht hat, dass die in Rede stehenden Zeichen im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 im geschäftlichen Verkehr benutzt werden.
178. Die Rüge von Budvar greift daher insoweit durch.
– Zur Voraussetzung in Bezug auf die Bedeutung des in Rede stehenden Zeichens
179. Auch wenn die Beschwerdekammer sich nicht ausdrücklich zur Bedeutung des in Rede stehenden Zeichens geäußert hat, hat sie zwischen dieser Voraussetzung und der Voraussetzung in Bezug auf den Nachweis der Benutzung dieses Zeichens eine Verbindung hergestellt. Insbesondere hat die Beschwerdekammer im Rahmen der Prüfung der Benutzung der nach dem Lissabonner Abkommen registrierten Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich festgestellt, dass „der Nachweis der Benutzung in Frankreich nicht ausreicht, um das Bestehen eines Rechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung nachzuweisen“ (Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 [Sache R 234/2005‑2], Randnr. 30, sowie, hierauf verweisend, die anderen angefochtenen Entscheidungen).
180. Aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 lässt sich jedoch ableiten, dass diese Vorschrift auf die Bedeutung des in Rede stehenden Zeichens abzielt und nicht auf die Bedeutung seiner Benutzung. Die Bedeutung des in Rede stehenden Zeichens erstreckt sich im Rahmen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 auf die geografische Ausdehnung seines Schutzes. Dieser Schutz darf nicht lediglich örtlich sein. In einem solchen Fall kann ein Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung keinen Erfolg haben. Art. 107 der Verordnung Nr. 40/94, der mit „Ältere Rechte von örtlicher Bedeutung“ überschrieben ist, bestimmt im Übrigen: „Der Inhaber eines älteren Rechts von örtlicher Bedeutung kann sich der Benutzung der Gemeinschaftsmarke in dem Gebiet, in dem dieses ältere Recht geschützt ist, widersetzen, sofern dies nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats zulässig ist.“ Die Bedeutung des Rechts ist also eng mit dem Gebiet verknüpft, in dem es geschützt ist.
181. Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer ebenfalls einen Rechtsfehler begangen, indem sie in Bezug auf Frankreich eine Verbindung zwischen dem Nachweis der Benutzung des betreffenden Zeichens und der Voraussetzung, dass das in Rede stehende Recht eine mehr als lediglich örtliche Bedeutung haben muss, hergestellt hat. Hierzu genügt es, festzustellen, dass die angeführten älteren Rechte eine mehr als lediglich örtliche Bedeutung haben, da ihr Schutz sich gemäß Art. 1 Abs. 2 des Lissabonner Abkommens und Art. 1 des bilateralen Vertrags über ihr Ursprungsgebiet hinaus erstreckt.
182. Aus den vorstehenden Gründen ist die erste Rüge des zweiten Teils des einzigen Klagegrundes begründet.
183. Da die Beschwerdekammer auch festgestellt hat, dass Budvar nicht nachgewiesen habe, dass die in Rede stehenden Zeichen ihr das Recht verliehen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, und diese Feststellung der Beschwerdekammer für die Zurückweisung des Widerspruchs ausreichen könnte, ist im Folgenden die zweite Rüge des zweiten Teils des einzigen Klagegrundes zu prüfen.
Zur zweiten Rüge: Das sich aus dem für den Widerspruch angeführten Zeichen ergebende Recht
184. Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 muss das geltend gemachte Kennzeichen nach dem Gemeinschaftsrecht oder dem für den Schutz dieses Kennzeichens maßgeblichen Recht des Mitgliedstaats seinem Inhaber das Recht verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
185. Da Art. 8 der Verordnung Nr. 40/94 im Abschnitt über relative Eintragungshindernisse steht, liegt nach Art. 74 der Verordnung die Beweislast dafür, dass das in Rede stehende Kennzeichen das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, bei dem Widersprechenden vor dem HABM.
186. Im vorliegenden Fall hat Budvar für ihren Widerspruch bestimmte innerstaatliche Rechtsvorschriften geltend gemacht. Budvar hat sich nicht auf Gemeinschaftsrecht berufen.
187. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die geltend gemachte innerstaatliche Regelung und die in dem betreffenden Mitgliedstaat ergangenen Gerichtsentscheidungen zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage muss der Widersprechende belegen, dass das in Rede stehende Kennzeichen in den Anwendungsbereich des geltend gemachten Rechts des Mitgliedstaats fällt und es erlauben würde, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Dabei muss im Rahmen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 der Widersprechende seine Beweisführung im Hinblick auf die angemeldete Gemeinschaftsmarke vornehmen (Urteil in der Rechtssache AB GENUINE Budweiser KING OF BEERS, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnrn. 85 bis 89).
188. Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass der Widerspruch auch aus dem Grund zurückzuweisen sei, dass Budvar nicht nachgewiesen habe, dass die in Rede stehenden Zeichen ihr das Recht verliehen, die Benutzung des Begriffs „Bud“ als Marke in Österreich oder Frankreich zu untersagen.
189. Konkret stellte die Beschwerdekammer, was Österreich betrifft, fest, dass das Handelsgericht Wien mit Urteil vom 8. Dezember 2004 den auf die Untersagung der Benutzung des Begriffs „Bud“ im Zusammenhang mit von Anheuser-Busch vermarktetem Bier gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hat. Dieses Urteil sei vom Oberlandesgericht Wien am 21. April 2005 bestätigt worden. Diese Urteile basierten auf der Feststellung, dass der Begriff „Bud“ kein Ortsname sei und von den Verbrauchern in der Tschechischen Republik nicht als Bezeichnung für ein Bier aus České Budějovice aufgefasst werde. Auch wenn das Urteil des Oberlandesgerichts Wien Gegenstand eines Rechtsmittels zum Obersten Gerichtshof sei, beruhe es auf dem auf eine Vorlagefrage hin ergangenen Urteil Budĕjovický Budvar (oben in Randnr. 65 angeführt) und auf Tatsachenfeststellungen, deren Revision durch ein letztinstanzliches Gericht nicht wahrscheinlich sei. Die Beschwerdekammer zog hieraus den Schluss, dass Budvar nicht das Recht habe, Anheuser-Busch die Benutzung der Marke BUD in Österreich zu untersagen (Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 [Sache R 234/2005‑2], Randnr. 32, sowie, hierauf verweisend, die anderen angefochtenen Entscheidungen).
190. In Bezug auf Frankreich stellte die Beschwerdekammer fest, dass die Ursprungsbezeichnung „Bud“ vom Tribunal de grande instance de Strasbourg am 30. Juni 2004 für unwirksam erklärt worden sei, weil Bier ein Industrieprodukt sei, das in der ganzen Welt hergestellt werden könne. Auch wenn gegen dieses Urteil Berufung eingelegt worden sei, habe Budvar den Vertriebshändler von Anheuser-Busch somit bisher nicht daran hindern können, Bier unter der Marke BUD in Frankreich zu verkaufen (Entscheidung der Beschwerdekammer vom 14. Juni 2006 [Sache R 234/2005‑2], Randnrn. 33 und 34, sowie, hierauf verweisend, die anderen angefochtenen Entscheidungen).
191. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die folgenden, Österreich betreffenden Gründe für alle Rechtssachen mit Ausnahme der Rechtssache T‑257/06 gelten, in der der bilaterale Vertrag keine Rolle spielt.
192. Erstens ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer allein auf die in Österreich und Frankreich ergangenen Gerichtsentscheidungen Bezug genommen hat, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Budvar nicht nachgewiesen habe, dass ihm das in Rede stehende Zeichen das Recht verleihe, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Allerdings kommt den in den betreffenden Ländern ergangenen Gerichtsentscheidungen zwar, wie bereits oben ausgeführt, eine besondere Bedeutung zu, doch ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall keine der in Österreich oder in Frankreich ergangenen Gerichtsentscheidungen Rechtskraft erlangt hat. Unter diesen Umständen durfte sich die Beschwerdekammer zur Begründung ihres Ergebnisses nicht allein auf diese Entscheidungen stützen. Sie hätte auch die von Budvar angeführten Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts einschließlich des Lissabonner Abkommens und des bilateralen Vertrags berücksichtigen müssen. Was Frankreich betrifft, hat Budvar vor dem HABM mehrere Bestimmungen des Code rural, des Code de la consommation und des Code de la propriété intellectuelle angeführt. Was Österreich betrifft, standen dem HABM die Gerichtsentscheidungen, die bis dahin in diesem Mitgliedstaat ergangen waren, und folglich, entgegen dem Vorbringen von Anheuser-Busch, die Rechtsgrundlage der von Budvar erhobenen Klagen gemäß dem geltend gemachten innerstaatlichen Recht zur Verfügung. Im Übrigen stellte Budvar im Lauf des Verfahrens vor dem HABM klar, dass sie gemäß Art. 9 des bilateralen Vertrags das Recht hatte, unmittelbar Klage vor den österreichischen Gerichten zu erheben. Zudem erwähnte Budvar im Rahmen ihres Widerspruchs die Bestimmungen des österreichischen Rechts in Bezug auf Marken und unlauteren Wettbewerb.
193. Was Österreich zweitens betrifft, hat die Beschwerdekammer angegeben, dass im Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 21. April 2005 festgestellt worden sei, dass der Begriff „Bud“ kein Ortsname sei und von den Verbrauchern in der Tschechischen Republik nicht als Bezeichnung für ein Bier aus České Budějovice aufgefasst werde. Dieses Urteil beruhe auf Tatsachenfeststellungen, deren Revision durch ein letztinstanzliches Gericht wenig wahrscheinlich sei. Wie sich aber aus den in der Verhandlung vorgelegten Schriftstücken ergibt, ist eben dieses Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom Obersten Gerichtshof mit einem am 29. November 2005, also vor Erlass der angefochtenen Entscheidungen ergangenen Urteil aufgehoben worden. Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Urteil ausgeführt, das erstinstanzliche Gericht und das Berufungsgericht hätten nicht geprüft, ob die tschechischen Verbraucher den Begriff „Bud“ in Bezug auf Bier als Hinweis auf einen Ort oder ein Gebiet auffassten, sondern lediglich festgestellt, dass die Bezeichnung „Bud“ in der Tschechischen Republik nicht mit einer bestimmten Gegend oder einem bestimmten Ort in Verbindung gebracht werde. Hieraus ergibt sich, dass die Erwägungen der Beschwerdekammer auf Feststellungen des Oberlandesgerichts Wien beruhen, die vom Obersten Gerichtshof beanstandet worden sind. Zwar wurde das Urteil des Obersten Gerichtshofs der Beschwerdekammer nicht übermittelt, da der letzte Verfahrensschriftsatz von Budvar vor der Beschwerdekammer, nämlich die Erwiderung, vom 14. November 2005 datiert. Budvar hat der Beschwerdekammer allerdings, wie aus der Akte des HABM hervorgeht, eine Kopie ihrer Rechtsmittelschrift an den Obersten Gerichtshof vorgelegt. In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, dass sich das HABM von Amts wegen mit den ihm hierzu zweckdienlich erscheinenden Mitteln über das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaats informieren muss, soweit entsprechende Kenntnisse für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des fraglichen Eintragungshindernisses und vor allem für die Würdigung der vorgetragenen Tatsachen oder der Beweiskraft der vorgelegten Unterlagen erforderlich sind. Die Beschränkung der tatsächlichen Grundlage der Prüfung durch das HABM schließt nämlich nicht aus, dass dieses neben den von den Beteiligten des Widerspruchsverfahrens ausdrücklich vorgetragenen Tatsachen offenkundige Tatsachen berücksichtigt, d. h. Tatsachen, die jeder kennen kann oder die allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können (Urteile PICARO, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr. 29, und ATOMIC BLITZ, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 35). Es stand der Beschwerdekammer daher frei, sich bei den Parteien oder mit jedem anderen Mittel über den Ausgang des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof zu informieren.
194. Hinzu kommt, dass der Oberste Gerichtshof die fragliche Rechtssache an das erstinstanzliche Gericht verwiesen hat, das den Antrag von Budvar mit Urteil vom 22. März 2006, also noch vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidungen, erneut zurückgewiesen hat. Auf die Berufung hin hat das Oberlandesgericht Wien allerdings mit Urteil vom 10. Juli 2006, also vor Erlass der letzten der angefochtenen Entscheidungen, festgestellt, dass das erstinstanzliche Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es einen Antrag von Budvar auf ein Sachverständigengutachten zurückgewiesen hat. Unter diesen Umständen hat das Oberlandesgericht Wien die Rechtssache mit der Maßgabe wieder an das erstinstanzliche Gericht verwiesen, dass ein Sachverständiger zu beauftragen sei, um im Wesentlichen festzustellen, ob die tschechischen Verbraucher den Begriff „Bud“ mit Bier in Verbindung bringen und, falls dies bejaht werde, ob diese Angabe so aufgefasst werden könne, dass sie auf einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet oder ein bestimmtes Land im Zusammenhang mit der Herkunft von Bier hinweise.
195. Was drittens Frankreich betrifft, stützte sich die Beschwerdekammer auf die Tatsache, dass Budvar den Vertriebshändler von Anheuser-Busch bisher nicht daran hindern konnte, Bier unter der Marke BUD in Frankreich zu verkaufen. Jedoch ergibt sich aus Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 nicht, dass der Widersprechende nachweisen muss, dass er die Benutzung einer jüngeren Marke bereits tatsächlich untersagen konnte. Er muss nur nachweisen, über ein solches Recht zu verfügen.
196. Außerdem wurde die gemäß dem Lissabonner Abkommen registrierte Ursprungsbezeichnung „Bud“ entgegen den Angaben der Beschwerdekammer nicht vom Tribunal de grande instance de Strasbourg aufgehoben. Wie aus dem Urteil dieses Gerichts klar hervorgeht, wurden nur die „Wirkungen“ der Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Lissabonner Abkommens aufgehoben. Es ist auch daran zu erinnern, dass gegen das Urteil des Tribunal de grande instance de Strasbourg Berufung eingelegt wurde und diese Berufung aufschiebende Wirkung hat.
197. Zudem hat sich die Zweite Beschwerdekammer im Rahmen der Rechtssache, in der das Urteil BUD (oben in Randnr. 108 angeführt) ergangen ist, bereits zu den relevanten Bestimmungen des französischen Rechts geäußert, die es gegebenenfalls erlaubten, die Ursprungsbezeichnung „Bud“ in Frankreich zu schützen.
198. Wie schließlich aus den vor den Stellen des HABM vorgelegten Unterlagen hervorgeht, hat das INPI in Frankreich mindestens zwei (am 3. Dezember 1987 und am 30. April 2001 mitgeteilte) Beanstandungen gegen zwei Anmeldungen der Marke BUD von Anheuser-Busch für Bier ausgesprochen. In diesem Zusammenhang hat Anheuser-Busch ihre Anmeldungen, was Bier angeht, zurückgezogen. Auch wenn diese Beanstandungen von Verwaltungsstellen ausgesprochen wurden und nicht speziell ein Verfahren betrafen, das darauf gerichtet war, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, sind sie für das Verständnis des in Rede stehenden innerstaatlichen Rechts nicht ohne Relevanz.
199. Aus allen diesen Gründen ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer einen Rechtsfehler begangen hat, indem sie nicht alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Faktoren berücksichtigt hat, um gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 zu bestimmen, ob das Recht des betreffenden Mitgliedstaats Budvar das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
200. Zudem hat die Beschwerdekammer zwar das österreichische und das französische Recht untersucht, obwohl sie der Auffassung war, dass die in Rede stehenden Bezeichnungen in Österreich und Frankreich nicht ernsthaft benutzt worden seien, sie hat jedoch eine solche Prüfung in Bezug auf Italien und Portugal nicht vorgenommen. Hierzu ist festzustellen, dass es entgegen den vom HABM und von Anheuser-Busch in ihren Schriftsätzen vorgebrachten Ausführungen keinen Grund für die Annahme g ibt, dass Budvar für den Widerspruch vor dem Gericht auf die ursprünglich geltend gemachten Rechte in Bezug auf Italien und Portugal verzichtet hat. Budvar hat nur die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen in Zweifel gezogen, die sich auf die Prüfung des österreichischen und des französischen Rechts beschränkt hatten.
201. Hieraus folgt, dass der zweite Teil des einzigen Klagegrundes und damit der einzige Klagegrund begründet ist und der Klage insgesamt stattzugeben ist.
202. Daher sind die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben.
Kosten
203. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Unterliegen mehrere Parteien teilweise, entscheidet das Gericht über die Verteilung der Kosten.
204. Im vorliegenden Fall sind das HABM und Anheuser-Busch unterlegen, soweit die angefochtenen Entscheidungen gemäß dem Antrag von Budvar aufzuheben sind.
205. Budvar hat in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht nicht beantragt, dem HABM die Kosten aufzuerlegen. Dennoch hat Budvar in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie beantrage, dem HABM und Anheuser-Busch sämtliche Kosten aufzuerlegen.
206. Nach ständiger Rechtsprechung kann einem solchen Antrag auch dann stattgegeben werden, wenn die obsiegende Partei ihn erst in der mündlichen Verhandlung stellt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. März 1979, NTN Toyo Bearing u. a./Rat, 113/77, Slg. 1979, 1185; Urteile des Gerichts vom 10. Juli 1990, Automec/Kommission, T‑64/89, Slg. 1990, II‑367, Randnr. 79, YUKI, oben in Randnr. 151 angeführt, Randnr. 75, und vom 12. September 2007, Consorzio per la tutela del formaggio Grana Padano/HABM – Biraghi [GRANA BIRAGHI], T‑291/03, Slg. 2007, II‑3081, Randnr. 92).
207. Unter diesen Umständen sind dem HABM neben seinen eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten von Budvar aufzuerlegen, Anheuser-Busch ist außer ihren eigenen Kosten ein Drittel der Kosten von Budvar aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Rechtssachen T‑225/06, T‑255/06, T‑257/06 und T‑309/06 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
2. Die Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005‑2), 28. Juni 2006 (Sachen R 241/2005‑2 und R 802/2004‑2) und 1. September 2006 (Sache R 305/2005‑2) zu Widerspruchsverfahren zwischen der Budějovický Budvar, národní podnik und der Anheuser-Busch, Inc. werden aufgehoben.
3. Das HABM trägt neben seinen eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten der Budějovický Budvar, národní podnik.
4. Anheuser-Busch trägt neben ihren eigenen Kosten ein Drittel der Kosten der Budějovický Budvar, národní podnik.