Rechtssache C-311/06
Consiglio Nazionale degli Ingegneri
gegen
Ministero della Giustizia
und
Marco Cavallera
(Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato)
„Anerkennung der Diplome – Richtlinie 89/48/EWG – Homologation eines Studienabschlusses – Ingenieur“
Leitsätze des Urteils
Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Arbeitnehmer – Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen – Richtlinie 89/48
(Richtlinie 89/48 des Rates, Art. 1 Buchst. a)
Im Hinblick auf den Zugang zu einem reglementierten Beruf in einem Aufnahmemitgliedstaat kann sich der Inhaber eines von einer Stelle eines anderen Mitgliedstaats ausgestellten Befähigungsnachweises, mit dem keine unter das Bildungssystem dieses Mitgliedstaats fallende Ausbildung bescheinigt wird und dem weder eine Prüfung noch eine in diesem Mitgliedstaat erworbene Berufserfahrung zugrunde liegt, nicht auf die Richtlinie 89/48 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, berufen.
Die Richtlinie 89/48 bezweckt nämlich die Beseitigung der Hindernisse für die Ausübung eines Berufs in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, der den Befähigungsnachweis über die betreffenden beruflichen Qualifikationen ausgestellt hat. Aus den Erwägungsgründen 1, 3 und 5 dieser Richtlinie ergibt sich, dass ein Befähigungsnachweis zur Bescheinigung beruflicher Qualifikationen nicht einem „Diplom“ im Sinne der Richtlinie gleichgestellt werden kann, ohne dass die Qualifikationen ganz oder teilweise im Rahmen des Bildungssystems des Mitgliedstaats, in dem der fragliche Befähigungsnachweis ausgestellt worden ist, erworben wurden. Im Übrigen erleichtert ein Befähigungsnachweis den Zugang zu einem Beruf oder dessen Ausübung insoweit, als er den Besitz einer zusätzlichen Qualifikation belegt.
Würde man in einem Fall, in dem die in einem anderen Mitgliedstaat erfolgte Homologation keinerlei zusätzliche Qualifikation belegt und weder diese Homologation noch die Eintragung in das Verzeichnis einer Berufskammer in diesem anderen Mitgliedstaat auf einer Überprüfung der beruflichen Qualifikationen oder Erfahrungen eines Antragstellers beruhen, eine Berufung auf die Richtlinie 89/48 mit dem Ziel, sich Zugang zu einem im Herkunftsmitgliedstaat reglementierten Beruf zu verschaffen, zulassen, so liefe das darauf hinaus, denjenigen, die nur einen in dem letztgenannten Mitgliedstaat ausgestellten Befähigungsnachweis erworben haben, der für sich nicht den Zugang zu diesem reglementierten Beruf eröffnet, den Zugang gleichwohl zu ermöglichen, ohne dass die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene Homologationsbescheinigung aber den Erwerb einer zusätzlichen Qualifikation oder von Berufserfahrung belegt. Ein solches Ergebnis liefe dem im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 89/48 verankerten Grundsatz zuwider, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit behalten, das Mindestniveau der notwendigen Qualifikation mit dem Ziel zu bestimmen, die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten Leistungen zu sichern.
(vgl. Randnrn. 55-57, 59 und Tenor)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
29. Januar 2009(*)
„Anerkennung der Diplome – Richtlinie 89/48/EWG – Homologation eines Studienabschlusses – Ingenieur“
In der Rechtssache C‑311/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Consiglio di Stato (Italien) mit Entscheidung vom 28. Februar 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juli 2006, in dem Verfahren
Consiglio Nazionale degli Ingegneri
gegen
Ministero della Giustizia,
Marco Cavallera
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J.‑C. Bonichot, K. Schiemann (Berichterstatter), J. Makarczyk und L. Bay Larsen,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– des Consiglio Nazionale degli Ingegneri, vertreten durch A. Romi, avvocato,
– der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
– der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
– der tschechischen Regierung, zunächst vertreten durch T. Boček, dann durch M. Smolek als Bevollmächtigte,
– der griechischen Regierung, vertreten durch E. Skandalou als Bevollmächtigte,
– der zyprischen Regierung, vertreten durch C. Lycourgos und I. Neofitou als Bevollmächtigte,
– der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
– der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und A. Kruse als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Støvlbæk und E. Montaguti als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Februar 2008
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Consiglio Nazionale degli Ingegneri (Gesamtstaatlicher Ingenieurrat) und dem Ministero della Giustizia (Justizministerium) darüber, dass Letzterer einen spanischen, durch die Homologation eines italienischen Studienabschlusses erlangten Ingenieurabschluss zugunsten von Herrn Cavallera, einem italienischen Staatsbürger, zum Zwecke seiner Eintragung in das Ingenieurverzeichnis in Italien anerkannt hat.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Der erste Erwägungsgrund der Richtlinie 89/48 lautet:
„Nach Artikel 3 Buchstabe c) des Vertrags stellt die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten eines der Ziele der Gemeinschaft dar. Dies bedeutet für die Angehörigen der Mitgliedstaaten insbesondere die Möglichkeit, als Selbständige oder abhängig Beschäftigte einen Beruf in einem anderen Mitgliedstaat als dem auszuüben, in dem sie ihre beruflichen Qualifikationen erworben haben.“
4 Im dritten Erwägungsgrund dieser Richtlinie wird ausgeführt:
„Um rasch den Erwartungen derjenigen europäischen Bürger zu entsprechen, die Hochschuldiplome besitzen, welche eine Berufsausbildung abschließen und in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihren Beruf ausüben wollen, ausgestellt wurden, ist auch eine andere Methode zur Anerkennung dieser Diplome einzuführen, die den Bürgern die Ausübung aller beruflichen Tätigkeiten, die in einem Aufnahmestaat von einer weiterführenden Bildung im Anschluss an den Sekundarabschnitt abhängig sind, erleichtert, sofern sie solche Diplome besitzen, die sie auf diese Tätigkeiten vorbereiten, die einen wenigstens dreijährigen Studiengang bescheinigen und die in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurden.“
5 Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie lautet:
„Bei denjenigen Berufen, für deren Ausübung die Gemeinschaft kein Mindestniveau der notwendigen Qualifikation festgelegt hat, behalten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dieses Niveau mit dem Ziel zu bestimmen, die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten Leistungen zu sichern. Sie können jedoch nicht, ohne sich über ihre Verpflichtungen nach Artikel 5 des Vertrags hinwegzusetzen, einem Angehörigen eines Mitgliedstaats vorschreiben, dass er Qualifikationen erwirbt, die sie in der Regel im Wege der schlichten Bezugnahme auf die im Rahmen ihres innerstaatlichen Bildungssystems ausgestellten Diplome bestimmen, wenn der Betreffende diese Qualifikationen bereits ganz oder teilweise in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat. Deshalb hat jeder Aufnahmestaat, in dem ein Beruf reglementiert ist, die in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen zu berücksichtigen und zu beurteilen, ob sie den von ihm geforderten Qualifikationen entsprechen.“
6 Art. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 89/48 bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie gelten
a) als Diplome alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise bzw. diese Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise insgesamt,
– die in einem Mitgliedstaat von einer nach seinen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt werden,
– aus denen hervorgeht, dass der Diplominhaber ein mindestens dreijähriges Studium oder ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau absolviert und gegebenenfalls die über das Studium hinaus erforderliche berufliche Ausbildung abgeschlossen hat, und
– aus denen hervorgeht, dass der Zeugnisinhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in diesem Mitgliedstaat erforderlich sind,
wenn die durch das Diplom, das Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis bescheinigte Ausbildung überwiegend in der Gemeinschaft erworben wurde oder wenn dessen Inhaber eine dreijährige Berufserfahrung hat, die von dem Mitgliedstaat bescheinigt wird, der ein Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis eines Drittlands anerkannt hat.
Einem Diplom im Sinne von Unterabsatz 1 sind alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise bzw. diese Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise insgesamt gleichgestellt, die von einer zuständigen Stelle in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, wenn sie eine in der Gemeinschaft erworbene und von einer zuständigen Stelle in diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannte Ausbildung abschließen und in diesem Mitgliedstaat in Bezug auf den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung dieselben Rechte verleihen;
b) als Aufnahmestaat der Mitgliedstaat, in dem ein Angehöriger eines Mitgliedstaats die Ausübung eines Berufes beantragt, der dort reglementiert ist, in dem er jedoch nicht das Diplom, auf das er sich beruft, erworben oder erstmals den betreffenden Beruf ausgeübt hat“.
7 Nur in der italienischen und der ungarischen Sprachfassung stellt Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/48 auf einen Angehörigen „eines anderen Mitgliedstaats“ („di un altro Stato membro“/„egy másik tagállam“), anstelle „eines Mitgliedstaats“ ab.
8 Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/48 lautet:
„Diese Richtlinie gilt für alle Angehörigen eines Mitgliedstaats, die als Selbständige oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen.“
9 Nur in der deutschen und der ungarischen Sprachfassung von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie ist von der Ausübung eines reglementierten Berufs „in einem anderen Mitgliedstaat“ („egy másik tagállamban“) statt „in einem Aufnahmemitgliedstaat“ die Rede.
10 In Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48 heißt es:
„Wenn der Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung im Aufnahmestaat von dem Besitz eines Diploms abhängig gemacht wird, kann die zuständige Stelle einem Angehörigen eines Mitgliedstaats den Zugang zu diesem Beruf oder dessen Ausübung unter denselben Voraussetzungen wie bei Inländern nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern,
a) wenn der Antragsteller das Diplom besitzt, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieses Diplom in einem Mitgliedstaat erworben wurde, …“
11 Nur in der italienischen, der spanischen und der slowenischen Sprachfassung ist in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie von einer Verweigerung gegenüber einem Angehörigen „eines anderen Mitgliedstaats“ („di un altro Stato membro“/„de otro Estado miembro“/„druge države članice“) statt „eines Mitgliedstaats“ die Rede.
12 Außerdem wird nur in der italienischen und der slowenischen Sprachfassung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie auf ein Diplom abgestellt, das „in einem anderen Mitgliedstaat“ („in un altro Stato membro“/„drugi državi članici“) und nicht „in einem Mitgliedstaat“ erworben wurde.
13 Ungeachtet des Art. 3 der Richtlinie 89/48 kann der Aufnahmestaat nach Art. 4 der Richtlinie vom Antragsteller unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass er eine Berufserfahrung von bestimmter Dauer nachweist, einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt. Art. 4 legt auch einige Grundsätze und Voraussetzungen für die Ausgleichsmaßnahmen fest, die verlangt werden können, um Unzulänglichkeiten der vom Antragsteller geltend gemachten Ausbildung auszugleichen.
Nationales Recht
Die Regelung des Ingenieurberufs in Spanien und in Italien
14 Der Beruf des Ingenieurs ist sowohl in Spanien als auch in Italien ein reglementierter Beruf.
– Die Ausbildungssysteme und die Voraussetzungen für den Zugang zum Ingenieurberuf
15 Das italienische und das spanische Ausbildungssystem sind einander in Bezug auf die Qualifikationen im Bereich des Ingenieurwesens sehr ähnlich. In beiden Mitgliedstaaten können derartige Qualifikationen am Ende eines postsekundären Studiengangs mit einer Dauer von drei oder fünf Jahren erlangt werden.
16 In Italien bescheinigen die Universitätsdiplome, die nach dreijähriger Studienzeit erteilt werden („laurea triennale“), die Ausbildung zum Junior-Ingenieur („ingegnere junior“).
17 Der Zugang zum Beruf des Junior-Ingenieurs setzt den Besitz des entsprechenden Universitätsdiploms und das Bestehen des Staatsexamens („esame di Stato“) für den betreffenden Beruf voraus (Art. 4 des Regio decreto Nr. 2537 vom 23. Oktober 1925 [Gazzetta ufficiale Nr. 37 vom 15. Februar 1926]). Dieses Staatsexamen umfasst gemäß den Art. 47 und 48 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 328 vom 5. Juni 2001 (Ordentliche Beilage zur GURI Nr. 190 vom 17. August 2001) mindestens zwei schriftliche Prüfungen, eine mündliche und eine praktische Prüfung. Nach Bestehen des Staatsexamens wird den Kandidaten die Befugnis zur Ausübung des Ingenieurberufs („abilitazione all’esercizio della professione di ingegnere“) verliehen.
18 In Spanien wird mit den nach dreijähriger Studienzeit erworbenen Universitätsdiplomen die Befähigung zum Beruf des technischen Ingenieurs („ingeniero técnico“) erlangt.
19 Die spanische Regelung für Universitätsdiplome unterscheidet zwischen zwei Arten von Diplomen, nämlich den „offiziellen Diplomen“, deren Gültigkeit im gesamten Inland anerkannt ist und die Zugang zu den reglementierten Berufen gewähren, und den „eigenen Diplomen“, die die einzelnen Universitäten ausstellen können, die jedoch insbesondere keinen Zugang zu den reglementierten Berufen gewähren. Dieser Bereich wird durch die Ley Orgánica 6/2001 vom 21. Dezember 2001 über die Universitäten (BOE Nr. 307 vom 24. Dezember 2001, S. 49400) geregelt.
20 In Spanien setzt der Zugang zum Beruf des technischen Ingenieurs grundsätzlich den Besitz des offiziellen Universitätsdiploms für den fraglichen Beruf im Sinne der Ley Orgánica 6/2001 voraus.
21 Sowohl in Italien als auch in Spanien setzt die Ausübung des Ingenieurberufs außerdem die Aufnahme in das Verzeichnis einer berufsständischen Vereinigung voraus. In Italien führt der „Consiglio dell’Ordine degli Ingegneri“ (Vorstand der Kammer der Ingenieure) in jeder Provinz ein Ingenieurverzeichnis. Dieses gliedert sich in zwei Abschnitte, wobei in Abschnitt B die Junior-Ingenieure geführt werden. In Spanien sind je nach den Spezialisierungen und den Regionen verschiedene „colegios de ingenieros“ (Berufskammern für Ingenieure) zuständig. In beiden Mitgliedstaaten handelt es sich bei der Aufnahme in das Verzeichnis einer Berufskammer der Ingenieure um eine reine Verwaltungshandlung, die als solche den betroffenen Personen keine beruflichen Qualifikationen bescheinigt, sondern vielmehr gewährleisten soll, dass bei der Ausübung des Berufs bestimmte berufsethische Standards beachtet werden.
– Der Beruf des Maschinenbauingenieurs in Italien
22 Wer in Italien den Beruf des Maschinenbauingenieurs ausüben will, muss normalerweise das eine dreijährige Ausbildung bescheinigende Universitätsdiplom im Maschinenbauingenieurwesen („laurea in ingegneria meccanica“) sowie die nach Bestehen des Staatsexamens erteilte Befähigung zur Ausübung des Ingenieurberufs besitzen. Außerdem müssen die betreffenden Personen im Ingenieurverzeichnis einer Provinz in Abschnitt B, Industriesektor, eingetragen sein.
– Der Beruf des industrietechnischen Ingenieurs, Fachgebiet Maschinenbau, in Spanien
23 Wer in Spanien den Beruf des industrietechnischen Ingenieurs, Fachgebiet Maschinenbau („ingeniero técnico industrial, especialidad mecánica“), ausüben möchte, muss normalerweise Inhaber des offiziellen Universitätsdiploms im Sinne der Ley Orgánica 6/2001 im industrietechnischen Ingenieurwesen, Fachgebiet Maschinenbau, sein. Dieses Diplom für technische Ingenieure wird nach dreijährigem Studium erworben. Außerdem müssen die betreffenden Personen im Verzeichnis des „Colegio de ingenieros técnicos industriales“ (Berufskammer für industrietechnische Ingenieure) eingeschrieben sein.
Das Anerkennungsverfahren in Italien
24 In Italien wird die Richtlinie 89/48 mit dem Decreto legislativo Nr. 115 vom 27. Januar 1992 (GURI Nr. 40 vom 18. Februar 1992, im Folgenden: Decreto legislativo Nr. 115/1992) in das nationale Recht umgesetzt.
25 Art. 1 („Anerkennung von in der Europäischen Gemeinschaft erworbenen Ausbildungsnachweisen“) des Decreto legislativo Nr. 115/1992 bestimmt:
„1. Die von einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ausgestellten Nachweise zur Bescheinigung einer beruflichen Ausbildung, an deren Besitz die Ausübung eines Berufs nach dem Recht dieses Staates geknüpft ist, werden in Italien gemäß den in diesem Dekret aufgestellten Bedingungen anerkannt.
2. Die Anerkennung erfolgt zugunsten eines Gemeinschaftsangehörigen, damit er in Italien als Selbständiger oder als abhängig Beschäftigter den Beruf ausüben kann, der dem Beruf entspricht, für den er in dem Staat, der den Nachweis im Sinne des vorstehenden Absatzes ausgestellt hat, die Befähigung besitzt.
3. Die Nachweise werden anerkannt, wenn sie die Bescheinigung umfassen, dass der Antragsteller ein mindestens dreijähriges Studium oder ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau absolviert hat.“
26 Dem vorlegenden Gericht zufolge gestattet das Decreto legislativo Nr. 115/1992 nicht die Anerkennung eines Diploms, das in einem anderen Mitgliedstaat auf der Grundlage eines italienischen Studiennachweises ausgestellt wurde. Nach Art. 1 Abs. 3 des Decreto legislativo müsse das ausländische Diplom bescheinigen, dass der Antragsteller ein Studium absolviert habe, was bedeute, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Nachweis und dem Studium bestehen müsse und dass das Studium unmittelbar durch das Diplom bescheinigt werden müsse. Außerdem sei diese Bestimmung nicht auf ein Diplom eines anderen Mitgliedstaats anwendbar, mit dem in Wirklichkeit das Vorliegen eines italienischen Studiennachweises bescheinigt werde.
Das Homologationsverfahren in Spanien
27 Im spanischen Recht ist das Verfahren zur Homologation von Universitätsdiplomen zu unterscheiden vom Verfahren zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen nach dem Real Decreto 1665/1991 vom 25. Oktober 1991 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der in Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestellten Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Ausbildung erfordern (BOE Nr. 208 vom 22. November 1991, S. 37916), mit dem die Richtlinie 89/48 in das spanische Recht umgesetzt wird. Die Homologation ist eine auf die Kenntnisse abstellende Überprüfung des akademischen Inhalts des zum Erwerb eines Diploms absolvierten Studiums.
28 Bis zum 4. September 2004 war das Verfahren zur Homologation ausländischer Universitätsdiplome in Spanien durch das Real Decreto 86/1987 vom 16. Januar 1987 (BOE Nr. 20 vom 23. Januar 1987) und die dazugehörigen Durchführungsvorschriften geregelt.
29 Der Begriff der Homologation war in Art. 1 des Real Decreto 86/1987 definiert. Danach setzt die Homologation die Anerkennung der offiziellen Gültigkeit im Ausland erworbener Hochschuldiplome für akademische Zwecke in Spanien voraus.
30 Nach Art. 2 dieses Real Decreto kann, auch wenn die Homologation ausländischer Diplome nicht zwangsläufig das Bestehen weiterer Examina voraussetzt, falls die durch das ausländische Diplom bescheinigte Ausbildung nicht mit der durch das entsprechende spanische Diplom bescheinigten Ausbildung gleichwertig ist, eine Homologation vom Bestehen von Prüfungen abhängig gemacht werden, bei denen Kenntnisse abgefragt werden, die in Spanien für die Erteilung des Diploms verlangt werden.
31 Nach Art. 3 des Real Decreto 86/1987 ist das Homologationsverfahren nur auf Ausbildungen mit offiziellem Charakter anwendbar. Die sonstigen von den Universitäten erbrachten Ausbildungen, die keinen solchen Charakter haben, sind somit vom Anwendungsbereich dieses Real Decreto ausgenommen.
32 Die Homologation verleiht dem ausländischen Diplom, wenn sie einmal erteilt ist, die gleichen Wirkungen, die dem entsprechenden spanischen Diplom oder Universitätsgrad zukommen.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
33 Herr Cavallera, ein italienischer Staatsangehöriger, ist Inhaber eines am 9. März 1999 von der Universität Turin (Italien) im Anschluss an eine dreijährige Ausbildung erteilten Studienabschlusszeugnisses im Maschinenbauingenieurwesen.
34 Er beantragte in Spanien beim Ministerio de Educación y Ciencia (Ministerium für Bildung und Wissenschaft) die Homologation seines italienischen Studienabschlusses mit dem Ziel, dass dieser gemäß dem Real Decreto 86/1987 dem entsprechenden spanischen Universitätsabschluss gleichgestellt werde. Am 17. Oktober 2001 homologisierte dieses Ministerium den italienischen Studienabschluss von Herrn Cavallera zum Zwecke der Gleichstellung mit dem offiziellen spanischen Abschluss im industrietechnischen Ingenieurwesen, Fachgebiet Maschinenbau.
35 Damit ist Herr Cavallera befugt, in Spanien den reglementierten Beruf des industrietechnischen Ingenieurs, Fachgebiet Maschinenbau, auszuüben. Auf der Grundlage der Bescheinigung über die Homologation seines italienischen Studienabschlusses ließ sich Herr Cavallera in das Verzeichnis eines der katalanischen „colegios de ingenieros técnicos industriales“ eintragen.
36 Es steht jedoch fest, dass er keine Berufstätigkeit außerhalb Italiens ausgeübt und unter dem spanischen Bildungssystem weder eine Ausbildung absolviert noch Prüfungen abgelegt hat. Ebenso steht fest, dass er das Staatsexamen nicht abgelegt hat, das nach italienischem Recht Voraussetzung für die Zulassung zum Ingenieurberuf ist.
37 Mit Eingabe vom 6. März 2002 beantragte Herr Cavallera in Italien beim Ministero della Giustizia die Anerkennung seiner spanischen Qualifikationen gemäß dem Decreto legislativo Nr. 115/1992 zum Zweck der Eintragung in das Ingenieurverzeichnis in diesem Mitgliedstaat.
38 Dieser Antrag wurde, wie es nach italienischem Recht vorgesehen ist, zur Stellungnahme an einen Prüfungsausschuss weitergeleitet, der den Antrag mehrheitlich befürwortete, wobei sich allerdings das den Consiglio Nazionale degli Ingegneri vertretende Ausschussmitglied gegen den Antrag aussprach.
39 Mit Verfügung vom 23. Oktober 2002 erkannte das Ministero della Giustizia die Gültigkeit des spanischen Befähigungsnachweises von Herrn Cavallera für die Zwecke seiner Eintragung in das Ingenieurverzeichnis (Abschnitt B, Industriesektor) an. Auf der Grundlage dieser Verfügung wurde Herr Cavallera in das Verzeichnis der Ingenieurkammer der Stadt Alessandria (Italien), in der er seinen Wohnsitz hat, eingetragen.
40 Der Consiglio Nazionale degli Ingegneri erhob gegen diese Ministerialverfügung Klage beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Italien) und machte geltend, dass die italienischen Behörden nach der Richtlinie 89/48 und dem einschlägigen nationalen Recht den spanischen Befähigungsnachweis von Herrn Cavallera nicht hätten anerkennen dürfen, da diese Anerkennung zur Folge habe, dass Herr Cavallera von dem nach italienischem Recht vorgesehenen Staatsexamen freigestellt werde.
41 Mit Urteil vom 5. Oktober 2004 wies dieses Gericht die Klage des Consiglio Nazionale degli Ingegneri ab, weil es das Vorgehen des Ministero della Giustizia für rechtmäßig hielt. Dagegen legte der Consiglio Nazionale degli Ingegneri Rechtsmittel beim Consiglio di Stato (Italien) ein.
42 Der Consiglio di Stato ist der Ansicht, dass die Richtlinie 89/48 auf die Situation von Herrn Cavallera nicht anzuwenden sei, da dieser in Spanien kein „Diplom“ im Sinne des Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48 erhalten habe und sein Antrag zur Gänze auf italienischen Qualifikationen gründe. Gleichwohl ist der Consiglio di Stato insoweit nicht frei von Zweifeln.
43 Deshalb hat er beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist die Richtlinie 89/48/EWG im Fall eines italienischen Staatsangehörigen anwendbar,
– der in Italien das dreijährige Ingenieurstudium mit der „laurea“ abgeschlossen hat,
– dessen italienischer Befähigungsnachweis als gleichwertig mit dem entsprechenden spanischen Befähigungsnachweis homologisiert worden ist,
– der in das spanische Ingenieurverzeichnis eingetragen worden ist, diesen Beruf in Spanien aber nie ausgeübt hat, und
– der auf der Grundlage der spanischen Homologationsbescheinigung die Eintragung in das Ingenieurverzeichnis in Italien beantragt hat?
2. Ist, wenn die erste Frage zu bejahen ist, die innerstaatliche Norm (Art. 1 des Decreto legislativo Nr. 115/1992), nach der ein Befähigungsnachweis eines Mitgliedstaats, der seinerseits ausschließlich das Ergebnis der Anerkennung eines älteren italienischen Befähigungsnachweises ist, in Italien nicht anerkannt wird, mit der Richtlinie 89/48 vereinbar?
Zu den Vorlagefragen
44 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob sich im Hinblick auf den Zugang zu einem reglementierten Beruf in einem Aufnahmemitgliedstaat ein Inhaber eines von einer Stelle eines anderen Mitgliedstaats ausgestellten Befähigungsnachweises, mit dem keine unter das Bildungssystem dieses Mitgliedstaats fallende Ausbildung bescheinigt wird und dem weder eine Prüfung noch eine in diesem Mitgliedstaat erworbene Berufserfahrung zugrunde liegt, auf die Richtlinie 89/48 berufen kann.
45 Für die Beantwortung dieser Frage ist zu prüfen, ob die Anerkennung eines Befähigungsnachweises wie des im Ausgangsverfahren fraglichen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/48 fällt.
46 Vorbehaltlich des Art. 4 der Richtlinie 89/48 verleiht deren Art. 3 Abs. 1 Buchst. a jedem Antragsteller, der ein „Diplom“ im Sinne dieser Richtlinie besitzt, das ihm die Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Mitgliedstaat gestattet, das Recht, den gleichen Beruf in jedem anderen Mitgliedstaat auszuüben. Der in Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48 definierte Begriff „Diplom“ ist somit der Schlüsselbegriff der in dieser Richtlinie vorgesehenen allgemeinen Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome.
47 Zu den von Herrn Cavallera geltend gemachten Qualifikationen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das „Diplom“ im Sinne des Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48 aus einer Gesamtheit von Befähigungsnachweisen bestehen kann.
48 Sodann erfüllen die von Herrn Cavallera geltend gemachten Befähigungsnachweise die Voraussetzung nach Art. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 89/48, da jeder einzelne von einer nach den italienischen oder spanischen Rechtsvorschriften bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt wurde.
49 Was die Voraussetzung nach Art. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 89/48 anbelangt, ergibt sich aus den dem Gerichtshof übermittelten Akten, dass Herr Cavallera offenkundig die Bedingung erfüllt, wonach der Diplominhaber ein mindestens dreijähriges Studium an einer Universität absolviert haben muss. Dies wird nämlich ausdrücklich durch das Studienabschlusszeugnis bescheinigt, das ihm von der Universität Turin ausgestellt wurde.
50 Ferner geht in Bezug auf die Voraussetzung nach Art. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 89/48 aus der vom Ministerio de Educación y Ciencia ausgestellten Homologationsbescheinigung hervor, dass Herr Cavallera über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den Zugang zu einem reglementierten Beruf in Spanien erforderlich sind. Selbst wenn dies der Bescheinigung nicht ausdrücklich zu entnehmen sein sollte, liegt der Beleg dafür doch in der Eintragung von Herrn Cavallera in das Verzeichnis der zuständigen Berufskammer in Spanien.
51 Es bleibt zu klären, ob in Anbetracht dessen, dass die Homologationsbescheinigung, auf die sich Herr Cavallera beruft, keine unter das spanische Bildungssystem fallende Ausbildung bescheinigt und ihr weder eine Prüfung noch eine in Spanien erworbene Berufserfahrung zugrunde liegt, die Befähigungsnachweise von Herrn Cavallera insgesamt gleichwohl als „Diplom“ im Sinne der Richtlinie 89/48 angesehen oder einem solchen Diplom nach Art. 1 Buchst. a Abs. 2 dieser Richtlinie gleichgestellt werden können.
52 In diesem Zusammenhang kann dem Vorbringen des Consiglio Nazionale degli Ingegneri sowie der italienischen und der österreichischen Regierung, das sich auf den Wortlaut bestimmter Sprachfassungen der Richtlinie 89/48 stützt, die, wie oben in den Randnrn. 7, 9, 11 und 12 dargestellt, punktuell vom Wortlaut der übrigen Sprachfassungen abweichen, indem sie den Ausdruck „anderer Mitgliedstaat“ verwenden, während in der großen Mehrheit der Sprachfassungen schlicht vom „Mitgliedstaat“ oder „Aufnahmestaat“ die Rede ist, nicht gefolgt werden.
53 Nach ständiger Rechtsprechung verbietet es die Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung und damit Auslegung des Gemeinschaftsrechts nämlich, eine Bestimmung im Fall von Zweifeln isoliert in einer ihrer Fassungen zu betrachten; sie muss vielmehr im Licht ihrer Fassungen in den anderen Amtssprachen ausgelegt und angewandt werden (Urteile vom 12. November 1969, Stauder, 29/69, Slg. 1969, 419, Randnr. 3, vom 2. April 1998, EMU Tabac u. a., C‑296/95, Slg. 1998, I‑1605, Randnr. 36, und vom 9. März 2006, Zuid-Hollandse Milieufederatie und Natuur en Milieu, C‑174/05, Slg. 2006, I‑2443, Randnr. 20).
54 Auch wenn außerdem entschieden wurde, dass die Richtlinie 89/48 keine Beschränkung in Bezug auf den Mitgliedstaat, in dem ein Antragsteller seine beruflichen Qualifikationen erworben haben muss, enthält (Urteile vom 23. Oktober 2008, Kommission/Griechenland, C‑274/05, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 28, und Kommission/Spanien, C‑286/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 62), so wird in dieser Rechtsprechung doch zwischen dem geografischen Ort, an dem eine Ausbildung stattfindet, und dem Bildungssystem, unter das sie fällt, unterschieden. In den genannten Rechtssachen verhielt es sich nämlich so, dass die Betroffenen Ausbildungen absolviert hatten, die unter ein anderes Bildungssystem als das des Mitgliedstaats, in dem sie sich auf ihre beruflichen Qualifikationen berufen wollten, fielen.
55 Die Richtlinie 89/48 bezweckt die Beseitigung der Hindernisse für die Ausübung eines Berufs in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, der den Befähigungsnachweis über die betreffenden beruflichen Qualifikationen ausgestellt hat. Aus den Erwägungsgründen 1, 3 und 5 dieser Richtlinie ergibt sich, dass ein Befähigungsnachweis zur Bescheinigung beruflicher Qualifikationen nicht einem „Diplom“ im Sinne der Richtlinie gleichgestellt werden kann, ohne dass die Qualifikationen ganz oder teilweise im Rahmen des Bildungssystems des Mitgliedstaats, in dem der fragliche Befähigungsnachweis ausgestellt worden ist, erworben wurden. Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits darauf hingewiesen, dass ein Befähigungsnachweis den Zugang zu einem Beruf oder dessen Ausübung insoweit erleichtert, als er den Besitz einer zusätzlichen Qualifikation belegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 31. März 1993, Kraus, C‑19/92, Slg. 1993, I‑1663, Randnrn. 18 bis 23, und vom 9. September 2003, Burbaud, C‑285/01, Slg. 2003, I‑8219, Randnrn. 47 bis 53).
56 Die spanische Homologation belegt aber keinerlei zusätzliche Qualifikation. Weder die Homologation noch die Eintragung in das Verzeichnis eines der katalanischen „colegios de ingenieros técnicos industriales“ beruhten auf einer Überprüfung der beruflichen Qualifikationen oder Erfahrungen von Herrn Cavallera.
57 Würde man unter solchen Umständen eine Berufung auf die Richtlinie 89/48 mit dem Ziel, sich Zugang zu dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden reglementierten Beruf in Italien zu verschaffen, zulassen, so liefe das darauf hinaus, denjenigen, die nur einen in diesem Mitgliedstaat ausgestellten Befähigungsnachweis erworben haben, der für sich nicht den Zugang zu diesem reglementierten Beruf eröffnet, den Zugang gleichwohl zu ermöglichen, ohne dass die in Spanien erworbene Homologationsbescheinigung aber den Erwerb einer zusätzlichen Qualifikation oder von Berufserfahrung belegt. Ein solches Ergebnis liefe dem im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 89/48 verankerten Grundsatz zuwider, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit behalten, das Mindestniveau der notwendigen Qualifikation mit dem Ziel zu bestimmen, die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten Leistungen zu sichern.
58 Nach alledem ist Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48 dahin auszulegen, dass die darin enthaltene Definition des Begriffs „Diplom“ nicht den in einem Mitgliedstaat ausgestellten Befähigungsnachweis umfasst, mit dem keine unter das Bildungssystem dieses Mitgliedstaats fallende Ausbildung bescheinigt wird und dem weder eine Prüfung noch eine in diesem Mitgliedstaat erworbene Berufserfahrung zugrunde liegt.
59 Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass sich im Hinblick auf den Zugang zu einem reglementierten Beruf in einem Aufnahmemitgliedstaat der Inhaber eines von einer Stelle eines anderen Mitgliedstaats ausgestellten Befähigungsnachweises, mit dem keine unter das Bildungssystem dieses Mitgliedstaats fallende Ausbildung bescheinigt wird und dem weder eine Prüfung noch eine in diesem Mitgliedstaat erworbene Berufserfahrung zugrunde liegt, nicht auf die Richtlinie 89/48 berufen kann.
60 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.
Kosten
61 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
Im Hinblick auf den Zugang zu einem reglementierten Beruf in einem Aufnahmemitgliedstaat kann sich der Inhaber eines von einer Stelle eines anderen Mitgliedstaats ausgestellten Befähigungsnachweises, mit dem keine unter das Bildungssystem dieses Mitgliedstaats fallende Ausbildung bescheinigt wird und dem weder eine Prüfung noch eine in diesem Mitgliedstaat erworbene Berufserfahrung zugrunde liegt, nicht auf die Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, berufen.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Italienisch.