Rechtssache C-38/06

Europäische Kommission

gegen

Portugiesische Republik

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Zollfreie Einfuhr von eigens für den militärischen Gebrauch bestimmten Gütern“

Leitsätze des Urteils

1.        Gemeinschaftsrecht – Anwendungsbereich – Nichtbestehen eines allgemeinen Vorbehalts, der im Interesse der öffentlichen Sicherheit getroffene Maßnahmen ausnähme

(Art. 30 EG, 39 EG, 46 EG, 58 EG, 64 EG, 296 EG und 297 EG)

2.        Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Feststellung und Bereitstellung durch die Mitgliedstaaten – Zollfreie Einfuhr militärischer Ausrüstungsgüter durch einen Mitgliedstaat

(Verordnung Nr. 1552/89 des Rates in der durch die Verordnung Nr. 1355/96 geänderten Fassung, Art. 2 und 9 bis 11, und Verordnung Nr. 1150/2000, Art. 2 und 9 bis 11)

1.        Es ist zwar Sache der Mitgliedstaaten, die geeigneten Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer inneren und äußeren Sicherheit zu ergreifen, doch bedeutet dies nicht, dass solche Maßnahmen der Anwendung des Unionsrechts völlig entzogen wären. Der Vertrag sieht ausdrückliche Abweichungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nur in den Art. 30 EG, 39 EG, 46 EG, 58 EG, 64 EG, 296 EG und 297 EG vor, die ganz bestimmte außergewöhnliche Fälle betreffen. Aus ihnen lässt sich kein allgemeiner, dem Vertrag immanenter Vorbehalt ableiten, der jede Maßnahme, die im Interesse der öffentlichen Sicherheit getroffen wird, vom Anwendungsbereich des Unionsrechts ausnähme. Würde ein solcher Vorbehalt unabhängig von den besonderen Tatbestandsmerkmalen der Bestimmungen des Vertrags anerkannt, so könnte das die Verbindlichkeit und die einheitliche Anwendung des Unionsrechts beeinträchtigen.

Überdies sind die Abweichungen nach den Art. 296 EG und 297 EG, wie es bei den Abweichungen von den Grundfreiheiten der Fall ist, eng auszulegen. Speziell Art. 296 EG spricht zwar von Maßnahmen, die ein Mitgliedstaat als für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich ansieht, und von Auskünften, deren Preisgabe nach Ansicht des Mitgliedstaats diesen Interessen widerspricht, er kann jedoch nicht als eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten dazu ausgelegt werden, durch bloße Berufung auf diese Interessen von den Bestimmungen des Vertrags abzuweichen. Es ist daher Sache des Mitgliedstaats, der sich auf Art. 296 EG beruft, nachzuweisen, dass eine Inanspruchnahme der in diesem Artikel geregelten Abweichung erforderlich ist, um seine wesentlichen Sicherheitsinteressen zu wahren.

(vgl. Randnrn. 62-64, 66)

2.        Ein Mitgliedstaat, der sich zum einen weigert, die Eigenmittel festzustellen und der Kommission zur Verfügung zu stellen, die nach Einfuhren eigens für den militärischen Gebrauch bestimmter Ausrüstungsgüter und Waren im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 31. Dezember 2002 geschuldet waren, und zum anderen, die entsprechenden Verzugszinsen zu entrichten, hat im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 30. Mai 2000 gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung Nr. 1552/89 zur Durchführung des Beschlusses 88/376 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften in der durch die Verordnung Nr. 1355/96 geänderten Fassung und im Zeitraum vom 31. Mai 2000 bis 31. Dezember 2002 gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften verstoßen.

Es kann nämlich nicht hingenommen werden, dass ein Mitgliedstaat die Verteuerung von militärischem Gerät, die sich aus der Erhebung der Zölle auf die Einfuhren solchen Geräts aus Drittstaaten ergebe, anführt, um sich zum Nachteil der übrigen Mitgliedstaaten, die die auf diese Einfuhren entfallenden Zölle tatsächlich erheben und abführen, den Verpflichtungen zu entziehen, die ihm aus der finanziellen Solidarität in Bezug auf den Haushalt der Union erwachsen.

(vgl. Randnrn. 67, 74 und Tenor)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

4. März 2010(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Zollfreie Einfuhr von eigens für den militärischen Gebrauch bestimmten Gütern“

In der Rechtssache C‑38/06

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 24. Januar 2006,

Europäische Kommission, vertreten durch G. Wilms und M. Afonso als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes, Â. Seiça Neves, J. Gomes und C. Guerra Santos als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten,

Hellenische Republik, vertreten durch E.‑M. Mamouna und K. Boskovits als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Italienische Republik, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Republik Finnland, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter E. Levits, A. Borg Barthet (Berichterstatter), M. Ilešič und M. Safjan,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2010,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Portugiesische Republik durch ihre Weigerung, die Eigenmittel festzustellen und der Kommission zur Verfügung zu stellen, die nach Einfuhren eigens für den militärischen Gebrauch bestimmter Ausrüstungsgüter und Waren in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 31. Dezember 2002 geschuldet waren, und durch ihre Weigerung, die entsprechenden Verzugszinsen zu entrichten, im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 30. Mai 2000 gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Durchführung des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (ABl. L 155, S. 1) in der durch die Verordnung (Euratom, EG) Nr. 1355/96 des Rates vom 8. Juli 1996 (ABl. L 175, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1552/89) und ab dem 31. Mai 2000 gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (ABl. L 130, S. 1) verstoßen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 2 Abs. 1 der Beschlüsse 88/376/EWG, Euratom des Rates vom 24. Juni 1988 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 185, S. 24) und 94/728/EG, Euratom des Rates vom 31. Oktober 1994 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 293, S. 9) sieht jeweils vor:

„Folgende Einnahmen stellen in den Haushalt der Gemeinschaften einzusetzende Eigenmittel dar:

b)      Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle auf den Warenverkehr mit Nichtmitgliedstaaten, die von den Gemeinschaftsorganen eingeführt worden sind oder noch eingeführt werden, sowie Zölle auf die unter den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl fallenden Erzeugnisse;

…“

3        Art. 20 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Gemeinschaften) bestimmt:

„(1)      Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften.

(3)      Der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst:

a)      die Kombinierte Nomenklatur;

c)      die Regelzollsätze und die anderen Abgaben, die für die in der Kombinierten Nomenklatur erfassten Waren gelten, und zwar

–        die Zölle …

d)      die Zollpräferenzmaßnahmen aufgrund von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und bestimmten Ländern oder Ländergruppen, in denen eine Zollpräferenzbehandlung vorgesehen ist;

e)      die Zollpräferenzmaßnahmen, die von der Gemeinschaft einseitig zugunsten bestimmter Länder, Ländergruppen oder Gebiete erlassen worden sind;

f)      die autonomen Aussetzungsmaßnahmen, mit denen die bei der Einfuhr bestimmter Waren geltenden Zollsätze herabgesetzt oder ausgesetzt werden;

g)      die sonstigen in anderen Gemeinschaftsregelungen vorgesehenen zolltariflichen Maßnahmen.

…“

4        Art. 217 Abs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften bestimmt:

„Jeder einer Zollschuld entsprechende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag – nachstehend ‚Abgabenbetrag‘ genannt – muss unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige statt dessen verwendete Unterlagen eingetragen werden (buchmäßige Erfassung).

…“

5        Im Rahmen der Bereitstellung der Eigenmittel der Gemeinschaften an die Kommission erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung Nr. 1552/89, die in dem in der vorliegenden Rechtssache maßgeblichen Zeitraum bis zum 30. Mai 2000 anwendbar war. Diese Verordnung wurde mit Wirkung vom 31. Mai 2000 durch die Verordnung Nr. 1150/2000 ersetzt, mit der sie ohne inhaltliche Änderung kodifiziert wurde.

6        Art. 2 der Verordnung Nr. 1552/89 sieht vor:

„(1)       Für diese Verordnung gilt ein Anspruch der Gemeinschaften auf die Eigenmittel im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a) und b) des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom als festgestellt, sobald die Bedingungen der Zollvorschriften für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfüllt sind.

(1a)      Der Zeitpunkt der Feststellung im Sinne von Absatz 1 ist der Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung im Sinne der Zollvorschriften.

…“

7        Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1552/89 bestimmt:

„Jeder Mitgliedstaat schreibt die Eigenmittel nach Maßgabe des Artikels 10 dem Konto gut, das zu diesem Zweck für die Kommission bei der Haushaltsverwaltung des Mitgliedstaats oder bei der von ihm bestimmten Einrichtung eingerichtet wurde.

Das Konto wird unentgeltlich geführt.“

8        Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung schreibt vor:

„Nach Abzug von 10 v. H. für Erhebungskosten gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom erfolgt die Gutschrift der Eigenmittel im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a) und b) des genannten Beschlusses spätestens am ersten Werktag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch nach Artikel 2 festgestellt wurde.

…“

9        Art. 11 der Verordnung Nr. 1552/89 bestimmt:

„Bei verspäteter Gutschrift auf dem in Artikel 9 Absatz 1 genannten Konto hat der betreffende Mitgliedstaat Zinsen zu zahlen, deren Satz dem am Fälligkeitstag auf dem Geldmarkt des betreffenden Mitgliedstaats für kurzfristige Finanzierung geltenden Zinssatz – erhöht um 2 Prozentpunkte – entspricht. Dieser Satz erhöht sich um 0,25 Prozentpunkte für jeden Verzugsmonat. Der erhöhte Satz findet auf die gesamte Dauer des Verzugs Anwendung.“

10      Art. 22 der Verordnung Nr. 1150/2000 lautet:

„Die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 wird aufgehoben.

Bezugnahmen auf die genannte Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang Teil A zu lesen.“

11      Demgemäß sind die Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnungen Nrn. 1552/89 und 1150/2000 abgesehen davon, dass insbesondere die eine Verordnung auf den Beschluss 88/376 und die andere auf den Beschluss 94/728 verweist, im Wesentlichen gleichlautend.

12      Der in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 genannte Satz von 10 v. H. wurde durch den Beschluss 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 42) auf 25 v. H. heraufgesetzt.

13      Der erste Erwägungsgrund des Beschlusses 2000/597 lautet:

„Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 1999 in Berlin unter anderem festgehalten, dass das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften gerecht, transparent, kostenwirksam, einfach und auf Kriterien gestützt sein sollte, die der Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedstaaten bestmöglich Rechnung tragen.“

14      Der fünfte Erwägungsgrund der aufgrund von Art. 26 EG erlassenen Verordnung (EG) Nr. 150/2003 des Rates vom 21. Januar 2003 zur Aussetzung der Einfuhrabgaben für bestimmte Waffen und militärische Ausrüstungsgüter (ABl. L 25, S. 1) lautet:

„Um dem Schutz der militärischen Geheimhaltung in den Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, ist es notwendig, besondere Verwaltungsverfahren für die Gewährung der Zollaussetzung festzulegen. Eine – auch als Zollanmeldung im Sinne des Zollkodex verwendbare – Erklärung der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats, für dessen Streitkräfte die Waffen und militärischen Ausrüstungsgüter bestimmt sind, wäre eine geeignete Garantie dafür, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Erklärung sollte in Form einer Bescheinigung abgegeben werden. Es ist angezeigt, die Form solcher Bescheinigungen zu regeln und auch den Einsatz von Mitteln der Datenverarbeitung für die Abgabe der Erklärung zu gestatten.“

15      Art. 1 dieser Verordnung sieht vor:

„Diese Verordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen die Einfuhrabgaben für bestimmte Waffen und militärische Ausrüstungsgüter autonom ausgesetzt werden, die von den für die militärische Verteidigung der Mitgliedstaaten zuständigen Stellen oder in deren Auftrag aus Drittländern eingeführt werden.“

16      Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 150/2003 bestimmt:

„Ungeachtet der Bestimmungen des Absatzes 1 können aus Gründen der militärischen Geheimhaltung die Bescheinigung und die eingeführten Waren anderen, vom Einfuhrmitgliedstaat bezeichneten Stellen vorgelegt bzw. vorgeführt werden. In solchen Fällen übermittelt die die Bescheinigung ausstellende zuständige Stelle bis zum 31. Januar und bis zum 31. Juli jeden Jahres den Zollbehörden ihres Mitgliedstaats einen summarischen Bericht über derartige Einfuhren. Der Bericht erfasst die dem Übermittlungsmonat unmittelbar vorausgehenden sechs Monate. Er enthält Angaben über die Anzahl der Bescheinigungen und deren jeweiliges Ausstellungsdatum, das Datum der Einfuhr sowie den Gesamtwert und das Bruttogewicht der mit diesen Bescheinigungen eingeführten Produkte.“

17      Nach ihrem Art. 8 gilt die Verordnung Nr. 150/2003 ab 1. Januar 2003.

 Vorverfahren

18      Mit im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 1990/2039 übersandtem Mahnschreiben vom 21. Dezember 2001 wies die Kommission die Portugiesische Republik darauf hin, dass sie dadurch gegen ihre Verpflichtungen verstoßen habe, dass sie ihre Einfuhren von für den militärischen Gebrauch bestimmten Gütern auf der Grundlage des Art. 296 EG von den nach dem Unionsrecht vorgesehenen Einfuhrabgaben befreit habe.

19      Mit einem weiteren, vom 20. Dezember 2001 datierenden Schreiben forderte die Kommission die Portugiesische Republik auf, die Einfuhrabgaben, die dieser Mitgliedstaat ihrer Ansicht nach wegen der fraglichen Einfuhren schuldete, zu berechnen und ihr bis zum 31. März 2002 zur Verfügung zu stellen; von diesem Tag an würden die in Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 vorgesehenen Verzugszinsen anfallen.

20      Nach Eingang der Antwort der Portugiesischen Republik vom 2. Juli 2002, wonach die fraglichen Einfuhren von den Einfuhrabgaben befreit seien, weil sie für spezifisch militärische Zwecke bestimmt seien und diese Befreiung nach Art. 296 EG zur Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Portugiesischen Republik erforderlich sei, forderte die Kommission die Portugiesische Republik mit Schreiben vom 24. März 2003 erneut auf, ihr den gesamten Abgabenbetrag, den die Portugiesische Republik ihrer Ansicht nach wegen der zwischen 1998 und 2002 erfolgten Einfuhren militärischen Geräts schuldete, und die für die Berechnung der Verzugszinsen erforderlichen Buchführungsdaten zur Verfügung zu stellen.

21      Mit Mahnschreiben vom 17. Oktober 2003 forderte die Kommission die Portugiesische Republik nochmals auf, die nicht gezahlten Eigenmittel schnellstmöglich zu berechnen, ihr den Betrag dieser Mittel zur Verfügung zu stellen und Verzugszinsen nach Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 zu zahlen.

22      Da die Kommission die Argumente, die die Portugiesische Republik in ihrer Antwort vom 9. Januar 2004 vorbrachte, nicht für zufriedenstellend hielt, richtete sie am 18. Oktober 2004 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Portugiesische Republik, in der sie diese aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrem Eingang nachzukommen.

23      Am 6. Oktober 2004 sandte die Portugiesische Republik ein ergänzendes Antwortschreiben auf das Mahnschreiben vom 17. Oktober 2003 an die Kommission.

24      Da die Portugiesische Republik die mit Gründen versehene Stellungnahme letztlich nicht beantwortet und die eingeforderten Eigenmittel und Zinsen auch nicht gezahlt hatte, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

25      Mit Beschluss vom 24. Mai 2006 hat der Präsident des Gerichtshofs das Königreich Dänemark, die Hellenische Republik, die Italienische Republik und die Republik Finnland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Portugiesischen Republik zugelassen.

 Zur Klage

 Zur Zulässigkeit

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

26      Nach Ansicht der Portugiesischen Republik ist die vorliegende Klage als unzulässig abzuweisen. Aus dem Wortlaut der Klageschrift ergebe sich nämlich klar, dass die Kommission die Zahlung von Beträgen fordere, die Eigenmitteln entsprächen, von denen sie wisse, dass sie weder festgestellt, buchmäßig erfasst oder mitgeteilt noch – was auf der Hand liege – erhoben worden seien.

27      Die Kommission begehre daher, während sie die Feststellung beantrage, dass die Portugiesische Republik gegen bestimmte Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen habe, in Wirklichkeit die Verurteilung der Portugiesischen Republik zum Ersatz des Schadens, der ihr angeblich dadurch entstanden sei, dass die Portugiesische Republik die in der Klageschrift genannten Zollschulden zu Unrecht nicht beigetrieben habe.

28      Diese Divergenz zwischen Streitgegenstand und Antrag verstoße gegen Art. 38 § 1 der Verfahrensordnung, der voraussetze, dass der Streitgegenstand mit den Anträgen übereinstimme.

29      Nach Ansicht der Kommission entbehrt die von der Portugiesischen Republik erhobene Einrede der Unzulässigkeit jeder Grundlage.

30      Erstens seien die Beträge, die die Portugiesische Republik dem Unionshaushalt schulde, diejenigen, die sie hätte erheben und der Gemeinschaft in Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Unionsrecht gutschreiben müssen. Wie der Verstoß gegen diese Verpflichtungen zu beurteilen sei, sei eine Frage der Auslegung und Anwendung des EG-Vertrags, die in die Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 220 EG falle und für die Art. 226 EG eine spezifische Klage und ein spezifisches Verfahren vorsehe, die von der Kommission erhoben bzw. eingeleitet werden müssten. Die Zuständigkeit des Gerichtshofs sei damit unbestreitbar.

31      Zweitens gebe es keine Divergenz zwischen dem Gegenstand des Rechtsstreits und ihren Anträgen. Für ihre Klage gelte Art. 226 EG, und sie betreffe einen Rechtsstreit zwischen ihr und der Portugiesischen Republik, in dem es um die Feststellung gehe, dass diese gegen ihre Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen habe.

32      Drittens sei die Behauptung der Portugiesischen Republik zurückzuweisen, dass die Klage unzulässig sein könnte, weil es praktisch unmöglich sei, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem zu erlassenden Urteil ergäben. Es stehe jedenfalls fest, dass die Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, die sich der Portugiesischen Republik bei den zur Durchführung dieses Urteils zu ergreifenden Maßnahmen stellen könnten, der Zulässigkeit der von der Kommission gegen sie erhobenen Vertragsverletzungsklage keinesfalls entgegenstünden.

 Würdigung durch den Gerichtshof

33      Die Kommission möchte mit der vorliegenden Klage die Feststellung eines Verstoßes gegen die Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnungen Nrn. 1552/89 und 1150/2000 erreichen.

34      Nach dem Wortlaut ihrer Klageschrift hat sich die Kommission auf den Antrag beschränkt, die behauptete Vertragsverletzung festzustellen, und hat nicht beantragt, dem betroffenen Mitgliedstaat bestimmte Maßnahmen vorzuschreiben.

35      Es besteht daher keine Divergenz zwischen dem Gegenstand des Rechtsstreits und den Anträgen der Kommission.

36      Die Klage der Kommission ist daher zulässig.

 Zur Begründetheit

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

37      Die Kommission macht geltend, die Portugiesische Republik stütze sich zu Unrecht auf Art. 296 EG, um die Abführung der den betreffenden Einfuhren entsprechenden Zölle zu verweigern, da durch deren Erhebung die wesentlichen Sicherheitsinteressen dieses Mitgliedstaats nicht gefährdet würden.

38      Bezüglich der Auslegung des Art. 296 EG vertritt die Kommission die Auffassung, die Portugiesische Republik könne ihre Einfuhren eigens für den militärischen Gebrauch bestimmter Güter nur von Einfuhrabgaben befreien, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift erfüllt seien, und nur in den Grenzen der vom Rat nach Art. 26 EG erlassenen Bestimmungen über die Befreiung von derartigen Abgaben.

39      In der Verordnung Nr. 150/2003 finde sich im Übrigen ein ähnlicher Gedankengang, da die Waren, für die nach dieser Verordnung eine Zollbefreiung vorgesehen sei, nur unter bestimmten Voraussetzungen in den Genuss dieser Befreiung kommen könnten.

40      Aus dem Urteil vom 16. September 1999, Kommission/Spanien (C‑414/97, Slg. 1999, I-5585), zu Befreiungen von der Mehrwertsteuer gehe hervor, dass die insbesondere in Art. 296 EG vorgesehenen Abweichungen vom Vertrag eng auszulegen seien. Der betroffene Mitgliedstaat müsse nachweisen, dass die Befreiung, deren Geltung er beanspruche, nicht über den in dieser Vorschrift vorgesehenen Fall hinausgehe und dass außergewöhnliche Umstände vorlägen, die ein Abweichen von den Vorschriften des Gemeinsamen Zolltarifs rechtfertigten. Diese vom Gerichtshof im Bereich der Mehrwertsteuer entwickelten Gesichtspunkte seien auf den Bereich der Eigenmittel übertragbar.

41      Darüber hinaus weist die Kommission die Argumente der Portugiesischen Republik zurück, die die Verteuerung des eingeführten militärischen Geräts und die Optimierung der für den Unterhalt und die Modernisierung ihrer Streitkräfte vorgesehenen finanziellen Mittel betreffen. Die Portugiesische Republik habe keinerlei bezifferten Beleg vorgelegt, aus dem sich auf eine Gefährdung ihrer Verteidigungsfähigkeit schließen lasse.

42      Nach Ansicht der Kommission betrifft die militärische Geheimhaltung, auf die sich die Portugiesische Republik zur Rechtfertigung der Zollbefreiung des aus Drittstaaten eingeführten militärischen Geräts beruft, nur die Modalitäten der Kontrolle der eingeführten Waren und stellt nicht die Verpflichtung in Frage, die nach dem Unionsrecht vorgesehenen Zollabgaben zu entrichten.

43      Daher könne die Portugiesische Republik verwaltungsinterne Organisationsmaßnahmen erlassen, mit denen die gewünschte Vertraulichkeit gewährleistet werde. Diese Sichtweise werde im Übrigen durch die Verordnung Nr. 150/2003 bestätigt, die den Schutz des militärischen Geheimnisses der Mitgliedstaaten berücksichtige.

44      Soweit sich die Portugiesische Republik auf die militärische Geheimhaltung beruft, äußert die Kommission Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieser Begründung. Zahlreiche Informationen über die Einfuhren dieses Mitgliedstaats von für den militärischen Gebrauch bestimmten Gütern, deren Inhalt den für die Zwecke der Feststellung der an die Gemeinschaft zu entrichtenden Einfuhrabgaben geforderten Grad an Detailliertheit weit übertreffe, seien nämlich im Register der Vereinten Nationen für konventionelle Waffen enthalten, an das die Portugiesische Republik eine jährliche Zusammenfassung ihrer wichtigsten Einfuhren konventioneller Waffen übermittle, und in den von den Hauptexportländern veröffentlichten Berichten über den Handel mit Waffen und anderen militärischen Ausrüstungsgütern aufgeführt; alle diese Informationen seien der Öffentlichkeit leicht zugänglich.

45      Was die Kohärenz ihres Verhaltens mit dem Erlass der Verordnung Nr. 150/2003 betrifft, weist die Kommission die Vorwürfe der Portugiesischen Republik zurück, mit denen diese dartun wolle, dass das Verhalten der Kommission nicht in Einklang mit dem Inhalt dieser Verordnung stehe.

46      Die Kommission weist darauf hin, dass ihre Hauptaufgabe nach Art. 211 EG darin bestehe, für die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts Sorge zu tragen, und dass die Tatsache, dass sie die Interessen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft berücksichtige, wenn sie von ihrem Initiativrecht Gebrauch mache, um den Erlass einer Regelung zu erreichen, die diesen Interessen besser entspreche, weder die Mitgliedstaaten von ihren Verpflichtungen aus dem vor Inkrafttreten dieser neuen Regelung geltenden Unionsrecht, wie hier der Verordnung Nr. 150/2003, entbinde noch die Kommission von den Aufgaben entlaste, die ihr nach Art. 211 EG übertragen seien.

47      Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit habe die Kommission bereits berücksichtigt, indem sie die Nachzahlung der Zölle nur für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2002 gefordert habe, obwohl sich der Verstoß tatsächlich über einen viel längeren Zeitraum erstreckt habe.

48      Die Portugiesische Republik ist der Auffassung, Art. 296 EG stelle eine allgemeine Ausnahme von den übrigen Bestimmungen des Vertrags dar, die nach Art. 298 Abs. 1 EG nur durch die Aufzählung der Waffen in der Liste, die mit der Entscheidung Nr. 255/58 des Rates vom 15. April 1958 aufgestellt worden sei, und durch den Mechanismus eingeschränkt sei, der es der Kommission oder jedem Mitgliedstaat nach Art. 298 Abs. 2 EG erlaube, den Gerichtshof im Fall eines Missbrauchs der Ausnahme des Art. 296 EG unmittelbar anzurufen.

49      Von diesen Bedingungen abgesehen verfügten die Mitgliedstaaten über ein Ermessen bei der Bestimmung der Maßnahmen, die ihre wesentlichen Sicherheitsinteressen beeinträchtigten. Diese Befugnis der Mitgliedstaaten, einseitig Maßnahmen zu erlassen, die von den Bestimmungen des Vertrags abwichen, sei durch Erwägungen im Zusammenhang mit der Achtung der Souveränität, der Integrität des Territoriums und der Verteidigung der Mitgliedstaaten gerechtfertigt. Das institutionelle Gleichgewicht der Gemeinschaft erfordere es außerdem, dass jeder Mitgliedstaat für die Bestimmung der Maßnahmen verantwortlich sei, die er zum Schutz seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen für notwendig halte.

50      Der Ansatz des Gerichtshofs im Urteil Kommission/Spanien beziehe sich auf die Frage, inwieweit die Vorschriften der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) im Hinblick auf Art. 296 EG anwendbar seien.

51      Die Portugiesische Republik hingegen stützt ihre Argumentation zu der Frage, wie Art. 296 EG auszulegen ist, auf das Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Fiocchi munizioni/Kommission (T-26/01, Slg. 2003, II‑3951), in dessen Randnr. 58 ausgeführt wird, dass Art. 296 EG unter den in ihm genannten Bedingungen für die Tätigkeiten, auf die er sich beziehe, eine allgemeine Tragweite habe, die alle allgemeinen Vorschriften des Vertrags berühren könne. Außerdem räume Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG den Mitgliedstaaten diesem Urteil zufolge ein besonders weites Ermessen bei der Beurteilung der Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Wahrung dieser Interessen ein.

52      Hinsichtlich der Kohärenz des Verhaltens der Kommission hebt die Portugiesische Republik nochmals hervor, dass die Kommission bereits 1988 einen Legislativvorschlag eingebracht habe, der zum Erlass der Verordnung Nr. 150/2003 geführt habe. Daher stehe der Gegenstand der vorliegenden Vertragsverletzungsklage nicht mit der Rolle in Einklang, die die Kommission beim Erlass dieser Verordnung gespielt habe, in der darüber hinaus eine Aufzählung von militärischem Gerät, das von Einfuhrabgaben befreit sei, enthalten sei, die länger sei als die mit der Entscheidung Nr. 255/58 aufgestellte Liste.

53      Ferner habe die Kommission jahrelang nicht auf die Praxis der Portugiesischen Republik und einer großen Zahl weiterer Mitgliedstaaten reagiert, die Einfuhr von für den militärischen Gebrauch bestimmten Gütern von Einfuhrabgaben zu befreien. Folglich sei sowohl durch die Einbringung eines Vorschlags der Kommission für eine Verordnung des Rates über die Aussetzung der Zollabgaben für bestimmte Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände im Jahr 1988 als auch durch die Untätigkeit der Kommission während der 14 zwischen diesem Vorschlag und dem Erlass der Verordnung Nr. 150/2003 liegenden Jahre ein schutzwürdiges Vertrauen der Mitgliedstaaten dahin gehend begründet worden, dass die Kommission ihre Praxis stillschweigend dulde und für unionsrechtskonform halte.

54      Nach dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 150/2003 liege es „im Interesse der gesamten Gemeinschaft, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sind, für ihre Streitkräfte die technologisch fortschrittlichsten und geeignetsten Waffen und militärischen Ausrüstungsgüter zu beschaffen. In Anbetracht der schnellen technologischen Entwicklungen, die weltweit in diesem Industriesektor zu verzeichnen sind, entspricht es gängiger Praxis, dass die für die nationale Verteidigung zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten Waffen und sonstiges Wehrgerät bei Herstellern oder sonstigen Lieferanten in dritten Ländern beschaffen. In Anbetracht der Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten ist es mit den Interessen der Gemeinschaft vereinbar, dass bestimmte Waffen und Ausrüstungsgüter frei von Einfuhrabgaben eingeführt werden“. Dieses Interesse der Gemeinschaft sei nicht mit der Veröffentlichung der Verordnung Nr. 150/2003 entstanden, sondern habe bereits der mit der Entscheidung Nr. 255/58 aufgestellten Liste und dem genannten Vorschlag von 1988 zugrunde gelegen.

55      In Bezug auf den Schutz des militärischen Geheimnisses der Mitgliedstaaten weist die Portugiesische Republik darauf hin, dass es notwendig sei, die Informationen über die Ausrüstung der Streitkräfte ausschließlich der Landesverteidigung vorzubehalten, was in Frage gestellt würde, wenn auf Güter, die für den militärischen Gebrauch bestimmt seien, Einfuhrabgaben erhoben würden, da die Erhebung solcher Abgaben die Möglichkeit der Zollbehörden voraussetze, die Waren physisch zu überprüfen. Es reiche nicht aus, mit der Überprüfung des militärischen Geräts, wie von der Kommission vorgeschlagen, eine begrenzte Zahl von „Vertrauensbeamten“ zu betrauen.

56      Dass Zollkontrollen bei Einfuhren von militärischem Gerät den Schutz der militärischen Geheimhaltung gefährden könnten, sei von der Kommission vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 150/2003 anerkannt worden, wie der fünfte Erwägungsgrund dieser Verordnung dies wie folgt belege: „Um dem Schutz der militärischen Geheimhaltung in den Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, ist es notwendig, besondere Verwaltungsverfahren für die Gewährung der Zollaussetzung festzulegen“.

57      Was die Argumente der Kommission bezüglich der Veröffentlichung verschiedener, der Öffentlichkeit sehr leicht zugänglicher Informationen über die Einfuhren von militärischem Gerät durch die Portugiesische Republik betrifft, versichert diese, dass die als „geheim“ oder „vertraulich“ eingestuften Informationen nie preisgegeben würden, und legt zum Nachweis ihrer Behauptung mehrere in dieser Weise eingestufte Dokumente vor.

 Würdigung durch den Gerichtshof

58      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in mehreren kürzlich ergangenen Urteilen (vgl. Urteile vom 15. Dezember 2009, Kommission/Finnland, C‑284/05, Slg. 2009, I‑0000, Kommission/Schweden, C‑294/05, Slg. 2009, I‑0000, Kommission/Italien, C‑387/05, Slg. 2009, I‑0000, Kommission/Griechenland, C‑409/05, Slg. 2009, I‑0000, Kommission/Dänemark, C‑461/05, Slg. 2009, I‑0000, und Kommission/Italien, C-239/06, Slg. 2009, I‑0000) Gelegenheit hatte, sich zu den gleichen Fragen zu äußern wie im Rahmen der vorliegenden Rechtssache. Daher sind die in diesen Urteilen entwickelten Grundsätze anzuwenden.

59      Der Zollkodex der Gemeinschaften sieht die Erhebung von Zöllen auf die Einfuhr von für den militärischen Gebrauch bestimmten Gütern wie den hier fraglichen aus Drittstaaten vor. Keine Bestimmung der Zollregelung der Union sah für den Zeitraum der fraglichen Einfuhren, d. h. die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2002, eine spezifische Zollbefreiung für die Einfuhr derartiger Güter vor. Infolgedessen lag für diesen Zeitraum auch keine ausdrückliche Befreiung von der Verpflichtung vor, die geschuldeten Zölle, gegebenenfalls zuzüglich Verzugszinsen, an die zuständigen Behörden abzuführen (vgl. Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 47).

60      Des Weiteren lässt sich aus dem Erlass der Verordnung Nr. 150/2003, die mit Wirkung vom 1. Januar 2003 die Aussetzung der Einfuhrabgaben für bestimmte Waffen und militärische Ausrüstungsgüter vorsieht, schließen, dass der Unionsgesetzgeber von der Annahme ausging, dass vor diesem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur Abführung dieser Zölle bestand (vgl. Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 48).

61      Die Portugiesische Republik hat nie bestritten, dass die streitigen Einfuhren in dem in Betracht gezogenen Zeitraum getätigt wurden. Sie hat lediglich den Anspruch der Gemeinschaft auf die fraglichen Eigenmittel unter Hinweis darauf in Abrede gestellt, dass die Verpflichtung, Zölle auf aus Drittstaaten eingeführte Rüstungsgüter abzuführen, im Sinne von Art. 296 EG ihre wesentlichen Sicherheitsinteressen in schwerwiegender Weise beeinträchtigen würde.

62      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es zwar Sache der Mitgliedstaaten, die geeigneten Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer inneren und äußeren Sicherheit zu ergreifen, doch bedeutet dies nicht, dass solche Maßnahmen der Anwendung des Unionsrechts völlig entzogen wären (vgl. Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Vertrag sieht nämlich, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, ausdrückliche Abweichungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nur in den Art. 30 EG, 39 EG, 46 EG, 58 EG, 64 EG, 296 EG und 297 EG vor, die ganz bestimmte außergewöhnliche Fälle betreffen. Aus ihnen lässt sich kein allgemeiner, dem Vertrag immanenter Vorbehalt ableiten, der jede Maßnahme, die im Interesse der öffentlichen Sicherheit getroffen wird, vom Anwendungsbereich des Unionsrechts ausnähme. Würde ein solcher Vorbehalt unabhängig von den besonderen Tatbestandsmerkmalen der Bestimmungen des Vertrags anerkannt, so könnte das die Verbindlichkeit und die einheitliche Anwendung des Unionsrechts beeinträchtigen (vgl. Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Überdies sind die Abweichungen nach den Art. 296 EG und 297 EG, wie es nach ständiger Rechtsprechung bei den Abweichungen von den Grundfreiheiten der Fall ist, eng auszulegen (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Speziell zu Art. 296 EG ist zu bemerken, dass dieser Artikel zwar von Maßnahmen spricht, die ein Mitgliedstaat als für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich ansieht, und von Auskünften, deren Preisgabe nach Ansicht des Mitgliedstaats diesen Interessen widerspricht, dass er jedoch nicht als eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten dazu ausgelegt werden kann, durch bloße Berufung auf diese Interessen von den Bestimmungen des Vertrags abzuweichen (vgl. Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 52).

65      Im Übrigen hat der Gerichtshof auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer im Urteil Kommission/Spanien die dort fragliche Vertragsverletzung deshalb bejaht, weil das Königreich Spanien nicht nachgewiesen hatte, dass die im spanischen Recht vorgesehene Befreiung der Einfuhr und des Erwerbs von Waffen, Munition und ausschließlich für den militärischen Gebrauch bestimmtem Gerät von der Mehrwertsteuer gemäß Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG durch die Notwendigkeit einer Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen gerechtfertigt war (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 53).

66      Es ist daher Sache des Mitgliedstaats, der sich auf Art. 296 EG beruft, nachzuweisen, dass eine Inanspruchnahme der in diesem Artikel geregelten Abweichung erforderlich ist, um seine wesentlichen Sicherheitsinteressen zu wahren (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 54).

67      In Anbetracht dieser Erwägungen kann nicht hingenommen werden, dass ein Mitgliedstaat die Verteuerung von militärischem Gerät, die sich aus der Erhebung der Zölle auf die Einfuhren solchen Geräts aus Drittstaaten ergebe, anführt, um sich zum Nachteil der übrigen Mitgliedstaaten, die die auf diese Einfuhren entfallenden Zölle tatsächlich erheben und abführen, den Verpflichtungen zu entziehen, die ihm aus der finanziellen Solidarität in Bezug auf den Haushalt der Union erwachsen (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 55).

68      Was das Vorbringen angeht, die Zollverfahren der Union seien nicht geeignet, die Sicherheit der Portugiesischen Republik in Bezug auf die Geheimhaltungserfordernisse zu gewährleisten, die in den mit den Ausfuhrstaaten geschlossenen Übereinkünften enthalten seien, so ist darauf hinzuweisen, dass zur Anwendung der Zollregelung der Union, wie die Kommission zutreffend festgestellt hat, Unions- und nationale Bedienstete tätig werden, die gegebenenfalls – im Fall der Behandlung sensibler Daten – einer Pflicht zur Geheimhaltung unterliegen, die geeignet ist, die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten zu wahren (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 56).

69      Im Übrigen ist nicht anzunehmen, dass die Erklärungen, die die Mitgliedstaaten in regelmäßigen Zeitabständen zu vervollständigen und der Kommission zuzuleiten haben, einen solchen Grad an Genauigkeit erreichen werden, dass es zu einer Verletzung sowohl der Sicherheits- als auch der Geheimhaltungsinteressen dieser Mitgliedstaaten kommt.

70      Unter diesen Umständen und nach Art. 10 EG, der die Verpflichtung der Mitgliedstaaten betrifft, der Kommission die Erfüllung ihrer Aufgabe, für die Beachtung des Vertrags zu sorgen, zu erleichtern, haben die Mitgliedstaaten der Kommission alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um zu überprüfen, ob die Eigenmittel der Gemeinschaft ordnungsgemäß überwiesen wurden. Eine solche Verpflichtung schließt jedoch nicht aus, dass die Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Art. 296 EG die Übermittlung der Informationen im Einzelfall ausnahmsweise auf bestimmte Teile eines Schriftstücks beschränken oder ganz ablehnen können (Urteil Kommission/Griechenland, Randnr. 58).

71      Die Portugiesische Republik hat somit nicht nachgewiesen, dass die Tatbestandsmerkmale des Art. 296 EG erfüllt sind.

72      Zum Vorbringen der Portugiesischen Republik schließlich, mit dem sie dartun will, dass sie wegen der längeren Untätigkeit der Kommission und des Erlasses der Verordnung Nr. 150/2003 davon habe ausgehen dürfen, dass die Kommission keine Klage erheben werde, da sie stillschweigend das Bestehen einer entsprechenden Ausnahme akzeptiert habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in keinem Stadium des Verfahrens von ihrer grundsätzlichen Auffassung abgerückt ist.

73      Die Kommission hat nämlich in ihrer im Rahmen der Verhandlungen zur Verordnung Nr. 150/2003 abgegebenen Erklärung ihren festen Willen zum Ausdruck gebracht, nicht auf die für die Zeit vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung angefallenen Zölle zu verzichten, und hat sich hierzu die geeigneten Maßnahmen vorbehalten.

74      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Portugiesische Republik durch ihre Weigerung, die Eigenmittel festzustellen und der Kommission zur Verfügung zu stellen, die nach Einfuhren eigens für den militärischen Gebrauch bestimmter Ausrüstungsgüter und Waren im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 31. Dezember 2002 geschuldet waren, und durch ihre Weigerung, die entsprechenden Verzugszinsen zu entrichten, im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 30. Mai 2000 gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung Nr. 1552/89 und im Zeitraum vom 31. Mai 2000 bis 31. Dezember 2002 gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 Verordnung Nr. 1150/2000 verstoßen hat.

 Kosten

75      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Portugiesische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

76      Gemäß Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen das Königreich Dänemark, die Hellenische Republik, die Italienische Republik und die Republik Finnland, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Portugiesische Republik hat durch ihre Weigerung, die Eigenmittel festzustellen und der Kommission zur Verfügung zu stellen, die nach Einfuhren eigens für den militärischen Gebrauch bestimmter Ausrüstungsgüter und Waren im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 31. Dezember 2002 geschuldet waren, und durch ihre Weigerung, die entsprechenden Verzugszinsen zu entrichten, im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis einschließlich 30. Mai 2000 gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Durchführung des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (Euratom, EG) Nr. 1355/96 des Rates vom 8. Juli 1996 geänderten Fassung und im Zeitraum vom 31. Mai 2000 bis 31. Dezember 2002 gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften verstoßen.

2.      Die Portugiesische Republik trägt die Kosten.

3.      Das Königreich Dänemark, die Hellenische Republik, die Italienische Republik und die Republik Finnland tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Portugiesisch.