Rechtssache T‑70/05

Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE

gegen

Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA)

„Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren der EMSA – Informationsdienstleistungen – Ablehnung des Angebots – Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Gerichts – Nicht anforderungsgerechtes Angebot – Gleichbehandlung – Beachtung der in den Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags festgelegten Zuschlagskriterien – Aufstellung von Unterkriterien für die Zuschlagskriterien – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

(Art. 230 EG; Art. 263 Abs. 1 AEUF)

2.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Verpflichtung, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter zu beachten

(Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 89 Abs. 1 und 98 Abs. 1; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 143 Abs. 2)

3.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Erteilung des Zuschlags – Wirtschaftlich günstigstes Angebot – Zuschlagskriterien

(Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 97 Abs. 1 und 2; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 138 Abs. 2 und 3)

4.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Erteilung des Zuschlags – Wirtschaftlich günstigstes Angebot – Zuschlagskriterien

(Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 89 Abs. 1 und 97; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 138 Abs. 3)

5.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, ein Angebot nicht zu berücksichtigen

(Art. 253 EG; Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 100 Abs. 2; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 149)

6.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Vergabe eines Auftrags aufgrund einer Ausschreibung – Erteilung des Zuschlags

(Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 146 Abs. 1 und 147 Abs. 3)

1.      Die Europäische Gemeinschaft ist eine Rechtsgemeinschaft, und durch den Vertrag ist ein umfassendes Rechtsschutzsystem geschaffen worden, innerhalb dessen dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe übertragen ist. Nach dem System des Vertrags ist die Möglichkeit einer direkten Klage gegen alle Handlungen der Organe gegeben, die dazu bestimmt sind, eine Rechtswirkung zu erzeugen.

Daher muss jede Handlung einer Einrichtung wie der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten soll, einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen.

Zwar gehört die EMSA nicht zu den in Art. 230 EG genannten Organen. Jedoch sind solche Einrichtungen zur Vornahme von Handlungen befugt, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen – was zweifellos der Fall ist, wenn diese Einrichtungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge Entscheidungen treffen, mit denen das Angebot eines Bieters abgelehnt und der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird. In einer Rechtsgemeinschaft kann es nicht hingenommen werden, dass solche Handlungen jeder richterlichen Kontrolle entzogen sind.

Die Entscheidungen, die die EMSA im Rahmen von Vergabeverfahren trifft und die Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten sollen, sind daher anfechtbare Handlungen. Diese Lösung wird im Übrigen durch Art. 263 Abs. 1 AEUV bestätigt, nach dem der Gerichtshof der Europäischen Union für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten zuständig ist.

(vgl. Randnrn. 64-67, 75)

2.      Der öffentliche Auftraggeber ist in allen Abschnitten eines Ausschreibungsverfahrens zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und damit zur Wahrung der Chancengleichheit aller Bieter verpflichtet. Ein System unverfälschten Wettbewerbs, wie es der Vertrag vorsieht, lässt sich nur gewährleisten, wenn die Chancengleichheit der unterschiedlichen Marktteilnehmer sichergestellt wird. Nach diesem Grundsatz darf ein von einem Bieter per Post vorgelegtes Angebot, das dem öffentlichen Auftraggeber nach Fristablauf ohne Poststempel und ohne Nachweis dafür zugegangen ist, dass es den Anforderungen der Bekanntmachung des fraglichen Auftrags entsprechend als Einschreiben versandt wurde, weder geöffnet noch vom öffentlichen Auftraggeber angenommen werden, denn mangels eines Poststempels, der seine Versendung als Einschreiben belegt, muss ein solches Angebot als bei dem öffentlichen Auftraggeber am Tag seines Empfangs eingegangen angesehen werden.

Ein Verfahrensverstoß führt nur dann zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung einer Entscheidung, wenn nachgewiesen wird, dass das Verwaltungsverfahren ohne diesen Verstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen und die angefochtene Entscheidung folglich einen anderen Inhalt hätte haben können. Wurde das vom öffentlichen Auftraggeber schließlich angenommene Angebot unter den vorstehend beschriebenen Umständen vorgelegt, so hätte das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis führen müssen, da dieses Angebot vom Bewertungsausschuss nicht bewertet worden wäre, und die Vergabeentscheidung hätte einen anderen Inhalt haben müssen.

Bleibt am Ende eines Vergabeverfahrens nur ein einziges Angebot übrig, ist der öffentliche Auftraggeber − da er nicht mehr in der Lage ist, die Preise oder anderen Merkmale verschiedener Angebote zu vergleichen, um den Auftrag an das wirtschaftlich günstigste Angebot zu vergeben − im Übrigen nicht verpflichtet, den Auftrag dem einzigen Bieter zu erteilen, der für geeignet gehalten wurde, an der Ausschreibung teilzunehmen, und kann eine solche Vergabe annullieren und eine neue Ausschreibung einleiten.

(vgl. Randnrn. 85, 90, 92, 96, 99, 102-105)

3.      Erfolgt die Auftragsvergabe an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot, muss der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien beschreiben und spezifizieren, die eine inhaltliche Bewertung der Angebote ermöglichen. Gemäß Art. 138 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung müssen diese Kriterien im Übrigen durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein. Gemäß Art. 138 Abs. 3 muss der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen auch genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien machen, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden. Diese Bestimmungen sollen bei der Bewertung der Angebote im Hinblick auf die Vergabe des Auftrags die Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sicherstellen.

Diese Bestimmungen sollen daher allen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ermöglichen, die Zuschlagskriterien in gleicher Weise auszulegen und damit bei der Abfassung ihrer Gebote über die gleichen Chancen zu verfügen.

Zwar sind in Art. 138 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen die Kriterien, die von den öffentlichen Auftraggebern berücksichtigt werden können, nicht abschließend aufgezählt, so dass diese Bestimmung den öffentlichen Auftraggebern die Wahl der Kriterien für die Zuschlagserteilung überlässt, doch kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen.

Außerdem müssen die Zuschlagskriterien, die der öffentliche Auftraggeber zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots festgelegt hat, nicht notwendigerweise quantitativer Art oder ausschließlich auf die Preise ausgerichtet sein. Selbst wenn in den Verdingungsunterlagen Zuschlagskriterien enthalten sind, die nicht quantitativ ausgedrückt sind, können diese Kriterien objektiv und einheitlich zum Vergleich der Angebote angewandt werden und sind eindeutig für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots relevant.

(vgl. Randnrn. 129-132)

4.      Wenn der Auftrag an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben wird, muss der öffentliche Auftraggeber gemäß Art. 97 der Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften und Art. 138 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags die anwendbaren Zuschlagskriterien und deren Gewichtung angeben.

Diese Bestimmungen, die im Licht der in Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung enthaltenen Grundsätze der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer und der Transparenz zu verstehen sind, verlangen, dass den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung ihrer Angebote alle Kriterien, die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, und deren relative Bedeutung bekannt sind.

Demnach darf ein öffentlicher Auftraggeber keine Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat.

Gleichwohl darf ein öffentlicher Auftraggeber nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Angebote unter drei Bedingungen Gewichtungskoeffizienten für die Unterkriterien von vorab festgelegten Zuschlagskriterien bestimmen, sofern nämlich erstens diese nachträgliche Bestimmung die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, zweitens nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und drittens nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten.

(vgl. Randnrn. 145-148)

5.      Der öffentliche Auftraggeber ist aufgrund seiner Pflicht, die Zurückweisung eines Angebots zu begründen, nicht verpflichtet, eine Diskussion über die Vorteile des Angebots eines Bieters im Vergleich zu den Vorteilen des ausgewählten Angebots zu führen.

Aus Art. 100 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften und Art. 149 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung folgt, dass der öffentliche Auftraggeber seiner Begründungspflicht genügt, wenn er sich zunächst darauf beschränkt, jeden abgewiesenen Bieter unverzüglich über die Gründe für die Ablehnung seines Angebots zu unterrichten, und sodann die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers den Bietern, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht haben und die ausdrücklich um diese Mitteilung ersucht haben, binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags mitteilt.

Ein solches Vorgehen entspricht dem Zweck der in Art. 253 EG verankerten Begründungspflicht, wonach die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass zum einen die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, um ihre Rechte geltend zu machen, und zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

Die Frage, ob der Begründungspflicht genügt wurde, ist aufgrund der Informationen zu beurteilen, die die Klägerin bei der Klageerhebung besaß. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können.

(vgl. Randnrn. 166-171)

6.      Die endgültige Entscheidung über die Vergabe eines Auftrags im Wege der Ausschreibung wird vom Auftraggeber gemäß Art. 147 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften getroffen.

Die Entscheidung des Bewertungsausschusses, der vom zuständigen Anweisungsbefugten zwecks Abgabe einer Stellungnahme gemäß Art. 146 Abs. 1 Unterabs. 2 der Durchführungsbestimmungen ernannt wird, kann, was den Vorschlag des künftigen Auftragnehmers und die Rechtfertigung dieser Wahl anbelangt, nur eine kollektive Entscheidung sein, da die Bewertung der einzelnen Mitglieder dieses Ausschusses in dem Endbericht aufgeht. Daher kann sich jedes Vorbringen zur Geltendmachung eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers gegebenenfalls nur gegen den Bewertungsbericht des Bewertungsausschusses richten, und dies nur dann, wenn die endgültige Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers sich tatsächlich darauf stützt.

(vgl. Randnrn. 204-206)







URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

2. März 2010(*)

„Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren der EMSA – Informationsdienstleistungen – Ablehnung des Angebots – Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Gerichts – Nicht anforderungsgerechtes Angebot – Gleichbehandlung – Beachtung der in den Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags festgelegten Zuschlagskriterien – Aufstellung von Unterkriterien für die Zuschlagskriterien – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑70/05

Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Korogiannakis,

Klägerin,

gegen

Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), vertreten durch W. de Ruiter und J. Menze als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt J. Stuyck,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA, die von der Klägerin im Rahmen der Ausschreibungsverfahren EMSA C‑1/01/04 betreffend den Auftrag „SafeSeaNet – Validierung und weitere Entwicklung“ und EMSA C‑2/06/04 betreffend den Auftrag „Spezifikation und Aufbau einer Datenbank über Unfälle in der Seefahrt, ein Netzwerk- und Managementsystem“ vorgelegten Angebote nicht zu berücksichtigen und die Aufträge an andere Bieter zu vergeben,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des Richters S. Frimodt Nielsen,

Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2009

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (ABl. L 208, S. 1) errichtet. Ihr Ziel ist die Gewährleistung eines hohen, einheitlichen und effektiven Sicherheitsniveaus im Seeverkehr und die Verhütung der Verschmutzung durch Schiffe in der Europäischen Union.

2        Gemäß Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung ist die EMSA eine Einrichtung der Gemeinschaft, die Rechtspersönlichkeit besitzt.

3        Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 sieht vor:

„(1)      Die vertragliche Haftung der [EMSA] bestimmt sich nach dem Recht, das auf den betreffenden Vertrag anzuwenden ist.

(2)       Der Gerichtshof ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel in einem von der [EMSA] geschlossenen Vertrag zuständig.

(3)       Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die [EMSA] den durch ihre Dienststellen oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

(4)       Der Gerichtshof ist für Streitsachen über den Schadensersatz nach Absatz 3 zuständig.

(5)       Die persönliche Haftung der Bediensteten gegenüber der [EMSA] bestimmt sich nach den Vorschriften des Statuts bzw. der für sie geltenden Beschäftigungsbedingungen.“

4        Art. 185 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) bestimmt:

„Die Kommission erlässt eine Rahmenfinanzregelung für die von den Gemeinschaften geschaffenen Einrichtungen, die mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind und wirklich Beiträge zulasten des Haushalts erhalten. Die Finanzregelung dieser Einrichtungen darf von der Rahmenregelung nur abweichen, wenn dies wegen besonderer Merkmale ihrer Funktionsweise erforderlich ist und sofern die Kommission dem zustimmt.“

5        Art. 74 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2343/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 betreffend die Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen gemäß Artikel 185 der Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 72) in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung lautet:

„Für die Vergabe öffentlicher Aufträge gelten die einschlägigen Bestimmungen der Haushaltsordnung und deren Durchführungsbestimmungen.“

6        Diese Bestimmung ist in der am 3. Juli 2003 durch den Verwaltungsrat der EMSA beschlossenen Haushaltsordnung der EMSA als Art. 74 übernommen worden.

7        Die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen durch die in Art. 185 der Haushaltsordnung genannten Einrichtungen unterliegt daher den Bestimmungen des Titels V des Ersten Teils der Haushaltsordnung sowie den Vorschriften der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). Diese Bestimmungen orientieren sich an den einschlägigen Richtlinien, insbesondere bei Dienstleistungsaufträgen an der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) in der geänderten Fassung.

8        In Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung heißt es:

„Für öffentliche Aufträge, die ganz oder teilweise aus dem Haushalt finanziert werden, gelten die Grundsätze der Transparenz, der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung.“

9        Art. 97 der Haushaltsordnung in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung lautet:

„(1)      Die Auswahlkriterien zur Bewertung der Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter und die Zuschlagskriterien zur Bewertung des Inhalts der Angebote werden vorab festgelegt und in den Ausschreibungsunterlagen spezifiziert.

(2)      Die Auftragsvergabe erfolgt durch Zuschlag oder im Leistungswettbewerb.“

10      Dazu bestimmt Art. 138 der Durchführungsbestimmungen in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung:

„…

(2)       Das wirtschaftlich günstigste Angebot ist das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis, das anhand von Kriterien wie vorgeschlagener Preis, technischer Wert, Ästhetik und Zweckmäßigkeit, Umweltaspekte, Betriebskosten, Ausführungs- oder Lieferfrist, Kundendienst und technische Unterstützung ermittelt wird.

(3)       Der öffentliche Auftraggeber macht in der Bekanntmachung des Auftrags oder in den Verdingungsunterlagen genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden.

Die relative Gewichtung des Preiskriteriums gegenüber den anderen Kriterien darf nicht dazu führen, dass das Preiskriterium bei der Wahl des Auftragnehmers seine Bedeutung verliert.

Ist bedingt durch die Art des Auftrags eine solche Gewichtung aus technischen Gründen ausnahmsweise nicht möglich, so gibt der öffentliche Auftraggeber lediglich die Reihenfolge an, in der diese Kriterien mit abnehmender Bedeutung angewandt werden.“

11      Art. 98 der Haushaltsordnung sieht vor:

„(1)  Die Modalitäten der Angebotsabgabe müssen einen effektiven Wettbewerb und die Vertraulichkeit der Angebote bis zu deren gleichzeitiger Eröffnung gewährleisten.

(3)       Außer bei Aufträgen mit geringem Volumen … wird die Eröffnung der Bewerbungen oder Angebote durch einen zu diesem Zweck benannten Eröffnungsausschuss vorgenommen. Die von diesem als nicht anforderungsgerecht deklarierten Bewerbungen oder Angebote werden zurückgewiesen.

(4)       Die Bewertung sämtlicher vom Eröffnungsausschuss als anforderungsgerecht deklarierter Bewerbungen oder Angebote wird anhand der Auswahl- und Zuschlagskriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt sind, von einem zu diesem Zweck benannten Ausschuss vorgenommen, der den Auftragnehmer vorschlägt.“

12      Art. 143 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung lautete:

„Die Angebote können nach Wahl des Bieters wie folgt übermittelt werden:

a)      entweder mit der Post: in den Ausschreibungsunterlagen wird das Datum des Versands als Einschreibebrief für verbindlich erklärt, wobei der Poststempel ausschlaggebend ist;

b)      oder durch Hinterlegung bei den Dienststellen des Organs durch den Bieter oder einen Vertreter oder einen Kurierdienst: abgesehen von den in Artikel 130 Absatz 2 Buchstabe a) gemachten Angaben wird in den Ausschreibungsunterlagen die Dienststelle genannt, bei der die Angebote gegen Aushändigung einer datierten und unterzeichneten Empfangsbestätigung einzureichen sind.“

13      Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung bestimmt:

„Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung; er teilt die Merkmale und Vorteile seines Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mit, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und schriftlich um diese Mitteilung ersucht haben.

Die Veröffentlichung bestimmter Informationen kann entfallen, wenn sie Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen beeinträchtigen würde oder dem lauteren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern schaden könnte.“

14      Dazu bestimmt Art. 149 der Durchführungsbestimmungen in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung:

„(1)      Der öffentliche Auftraggeber teilt den Bewerbern und Bietern so schnell wie möglich mit, wie über ihr Angebot entschieden wurde, und nennt gegebenenfalls die Gründe, warum er auf die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags verzichtet oder die Einleitung eines neuen Verfahrens beschlossen hat.

(2)      Der öffentliche Auftraggeber übersendet binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags die in Artikel 100 Absatz 2 der Haushaltsordnung genannten Informationen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

15      Die Klägerin, die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE, ist eine Gesellschaft griechischen Rechts, die auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie tätig ist.

16      Die vorliegende Rechtssache betrifft zwei Ausschreibungen, eine für die „SafeSeaNet-Validierung und weitere Entwicklung“ unter dem Aktenzeichen EMSA C‑1/01/04‑2004 (im Folgenden: Ausschreibung C‑1/01/04) und eine für „Spezifikation und Aufbau einer Datenbank über Unfälle in der Seefahrt, ein Netzwerk- und Managementsystem (Informationsplattform betreffend Unfälle in der Seefahrt)“ unter dem Aktenzeichen EMSA C‑2/06/04 (im Folgenden: Ausschreibung C‑2/06/04).

1.     Ausschreibungsverfahren EMSA C‑1/01/04

17      Die EMSA leitete durch eine im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 1. Juli 2004 (ABl. 2004, S 126) veröffentlichte Vergabebekanntmachung die Ausschreibung C‑1/01/04 ein. Die Frist für die Einreichung von Angeboten wurde auf den 9. August 2004 festgesetzt.

18      In Nr. 13 („Zuschlagskriterien“) der Verdingungsunterlagen heißt es:

„Der Auftrag wird an den Bieter vergeben, der auf der Grundlage der folgenden Kriterien das wirtschaftlich günstigste Angebot vorlegt:

a)       Technische Bewertungskriterien in der Reihenfolge ihrer Bedeutung gemäß Gewichtung in Prozent:

1.       vorgeschlagene Methodik für das Projekt – einschließlich detaillierter Vorschläge für die Durchführung des Projekts sowie der Etappenziele und der Vertragsleistungen (gemäß Nr. 3 [der Verdingungsunterlagen]) (40 %);

2.       Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und kurze Darstellung dieses Verständnisses (20 %);

3.       Qualität der operationellen Dienstleistungen (Helpdesk) (10 %).

b)       Gesamtpreis (30 %)

Für die Auftragsvergabe werden nur die Bewerbungen berücksichtigt, die mindestens ein Gesamtergebnis von 70 % und mindestens 60 % für jedes Kriterium erzielt haben.“

19      Was das erste dieser drei Zuschlagskriterien anbelangt, sah Nr. 3 (Vorzulegende Berichte und Unterlagen) der Verdingungsunterlagen vor, dass das Angebot genaue Informationen über den Durchführungsplan des Projekts (project implementation structure) umfassen muss, wobei jeder Arbeitsabschnitt (work package) klar definiert sein muss, und dass dieser Durchführungsplan des Projekts (mindestens) folgende Angaben enthalten muss: horizontale Maßnahmen (Nr. 3.1); Beschreibung des Projektmanagementteams und der Verantwortlichen (Nr. 3.2); Qualitätskontrolle (Nr. 3.3); Dienstleistungen auf der Ebene des Projektmanagements (deliverables on project management level) (Nr. 3.4) sowie Beschreibung der Arbeitsabschnitte und ihr Zusammenhang (work package description and relations) (Nr. 3.5) sowie andere relevante Informationen über die Vorlage der Berichte (Nr. 3.6).

20      Die Aufforderung zur Angebotsabgabe und die Verdingungsunterlagen wurden der Klägerin am 1. Juli 2004 übersandt.

21      Die Klägerin macht geltend, der EMSA mit Fernkopie vom 31. Juli 2004 ein Ersuchen um zusätzliche Informationen geschickt zu haben. Dieses Ersuchen habe sie mit Fernkopie vom 1. August 2004 wiederholt.

22      Mit E-Mail vom 2. August 2004 teilte die EMSA der Klägerin mit, sie habe die Fernkopie vom 1. August 2004 mit dem Informationsersuchen nicht vollständig erhalten, und forderte sie auf, ihre Fragen per E-Mail zu übermitteln, was die Klägerin am selben Tag auch tat. In dieser E‑Mail behauptete die Klägerin, sie habe versucht, die fragliche Fernkopie am 31. Juli 2004 und erneut am 1. August 2004 zu verschicken, es habe dabei aber offensichtlich ein Übermittlungsproblem gegeben. Sie bat daher, ihrem Antrag nachzukommen, denn der letzte Tag für seine Vorlage, Samstag, der 31. Juli 2004, sei kein Arbeitstag gewesen.

23      Mit E-Mail vom 3. August 2004 teilte die EMSA der Klägerin mit, dass sie ihre Fragen nicht beantworte, da diese gemäß Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu spät eingereicht worden seien. Mit E-Mail vom selben Tag wies die Klägerin erneut darauf hin, dass sie vergeblich versucht habe, ihr Auskunftsverlangen an den genannten Tagen zu übermitteln, und dass die Frist für die Einreichung von Fragen, die am 31. Juli 2004 abgelaufen sei, jedenfalls bis zum darauffolgenden ersten Arbeitstag, d. h. bis Montag, dem 2. August 2004, hätte verlängert werden müssen.

24      Am 9. August 2004 gab die Klägerin ein Angebot auf die Ausschreibung ab.

25      Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 teilte ihr die EMSA mit, ihr Angebot sei nicht angenommen worden, da das Preis-Leistungs-Verhältnis unter demjenigen des ausgewählten Bieters liege.

26      Mit Fernkopie vom 7. Dezember 2004 ersuchte die Klägerin die EMSA, ihr den Namen des ausgewählten Bieters, die entsprechenden Merkmale und Vorteile sowie die ihrem Angebot sowie dem des ausgewählten Bieters für jedes Zuschlagskriterium erteilten Noten, eine Kopie des Bewertungsberichts sowie den Vergleich zwischen ihrem finanziellen Angebot und dem des ausgewählten Bieters zu übermitteln.

27      Mit Schreiben vom 16. Dezember 2004, das die Klägerin ihren Angaben zufolge erst am 7. Januar 2005 erhalten hat, teilte die EMSA der Klägerin die ihrem Angebot für jedes Zuschlagskriterium erteilten Noten sowie die Gesamtnote des ausgewählten Angebots mit. Zu dessen Merkmalen führte die EMSA aus:

„Klarer Ansatz hinsichtlich der bei Ausführung des gesamten Projekts anzuwendenden Methodik. Die Beschreibung der Aufgaben ist realistisch (und wird durch Tabellen mit der Darstellung des zur Verfügung stehenden Leistungspotenzials und der Mittel, ein Gantt-Diagramm und eine Aufgabenverteilung gut ergänzt); die vorgeschlagene Anzahl der Manntage ist ausreichend; die zu erbringenden Dienstleistungen wurden nach Aufgabentyp bestimmt [‚deliverables have been assigned per type of task‘]; gutes Verständnis des Projekts und guter Ansatz des Managementplans; die vorgeschlagene Dienstgütevereinbarung [‚Service Level Agreement‘] entspricht den Projektanforderungen.“

28      Am 5. Januar 2005 schickte die Klägerin der EMSA eine Fernkopie, in der sie darauf hinwies, dass sie nicht innerhalb der in der Haushaltsordnung vorgesehenen Frist über das Ergebnis der Auftragsvergabe der beiden Ausschreibungen unterrichtet worden sei. Außerdem beanstandete sie, dass die EMSA die Verträge mit den ausgewählten Bietern unterzeichnet und dies im Amtsblatt veröffentlicht habe.

29      Die EMSA antwortete mit Schreiben und Fernkopie vom 7. Januar 2005, dem eine Kopie ihres Schreibens vom 16. Dezember 2004 beigefügt war.

30      Mit Fernkopie vom 18. Januar 2005 wies die Klägerin auf die Verspätung hin, mit der sie das Schreiben der EMSA vom 16. Dezember 2004 erhalten habe. Sie warf der EMSA vor allem einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung vor, da sie ihr Auskunftsverlangen nicht fristgemäß beantwortet habe, ihr den Namen des ausgewählten Bieters, die Höhe seines finanziellen Angebots sowie die technische Bewertung dieses Angebots, verglichen mit ihrem Angebot, nicht mitgeteilt und die Unterzeichnung des Vertrags beschlossen habe. Außerdem sei der Hinweis der EMSA im Schreiben vom 16. Dezember 2004 auf die Note, die der Bewertungsausschuss jedem einzelnen Bewertungskriterium erteilt habe, nicht detailliert gewesen und habe keine Rechtfertigung der Entscheidung enthalten. Schließlich bat sie um verschiedene Erläuterungen zur Bewertung des Ausschusses.

31      In ihrer Antwort mit Fernkopie vom 9. Februar 2005 teilte die EMSA der Klägerin den Namen des ausgewählten Bieters mit und wies darauf hin, dass die Klägerin das Ergebnis der Bewertung seines Angebots bereits erhalten habe und dass genauere Informationen, wie finanzielle und wirtschaftliche Auskünfte über den ausgewählten Bieter, dessen berechtigte Interessen verletzten und daher nicht veröffentlicht werden könnten.

2.     Ausschreibungsverfahren EMSA C‑2/06/04

32      Die EMSA leitete durch eine im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 3. Juli 2004 (ABl. 2004, S 128) veröffentlichte Vergabebekanntmachung die Ausschreibung C‑2/06/04 ein. Die Frist für die Einreichung von Angeboten wurde auf den 9. August 2004 festgesetzt.

33      In Nr. 13 („Zuschlagskriterien“) der Verdingungsunterlagen heißt es:

„Der Auftrag wird an den Bieter vergeben, der auf der Grundlage der folgenden in Prozent gewichteten Kriterien das wirtschaftlich günstigste Angebot vorlegt:

a)      Technische Bewertungskriterien: insgesamt 70 %

Technische Bewertungskriterien in der Reihenfolge ihrer Bedeutung:

–        vorgeschlagene Methodik – einschließlich detaillierter Vorschläge für die Ausführung der gesamten Arbeit und die damit betrauten Personen (benannte Personen), einbezogen die Etappenziele und die Vertragsleistungen (40 %);

–        Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und kurze Darstellung dieses Verständnisses sowie bisherige Erfahrung mit vergleichbaren Arbeiten (20 %);

–        Qualität der vorgeschlagenen Instrumente, Programme und Module (10 %).

b)      Gesamtpreis: (30 %)

Für die Auftragsvergabe werden nur die Bewerbungen berücksichtigt, die mindestens ein Gesamtergebnis von 70 % und mindestens 60 % für jedes Kriterium erzielt haben.“

34      Am 9. Juli 2004 wurden der Klägerin die Aufforderung zur Angebotsabgabe und die Verdingungsunterlagen zugesandt.

35      Mit E-Mail vom 26. Juli 2004, die an alle Unternehmen geschickt wurde, die ein Interesse an der Ausschreibung bekundet hatten, stellte der Projektverantwortliche der EMSA bestimmte zusätzliche Informationen zu der fraglichen Ausschreibung zur Verfügung.

36      Wie in Randnr. 21 ausgeführt, trägt die Klägerin vor, der EMSA mit Fernkopie vom 31. Juli 2004 ein Ersuchen um zusätzliche Informationen auch zu dieser Ausschreibung geschickt zu haben. Dieses Ersuchen habe sie am 1. August 2004 wiederholt.

37      Ihr Antrag ging am 2. August 2004 per E-Mail bei der EMSA ein. Die Klägerin behauptete darin, sie habe versucht, die fragliche Fernkopie am 31. Juli 2004 und erneut am 1. August 2004 zu verschicken, es habe dabei aber ein Übermittlungsproblem gegeben. Sie bat daher, den ihrer E-Mail beigefügten Anträgen nachzukommen, denn der letzte Tag für deren Vorlage, Samstag, der 31. Juli 2004, sei kein Arbeitstag gewesen.

38      Auf Anträge um Erläuterungen zu bestimmten Fragen der Verdingungsunterlagen übermittelte die EMSA der Klägerin und den anderen interessierten Unternehmen mit E-Mail vom 3. August 2004 zusätzliche Informationen zur Ausschreibung C‑2/06/04.

39      Am 5. August 2004 teilte die EMSA der Klägerin mit, dass sie ihre Fragen nicht beantworte, da diese gemäß Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu spät vorgelegt worden seien.

40      Am 9. August 2004 beteiligte sich die Klägerin an der Ausschreibung C‑2/06/04.

41      Am 25. August 2004 eröffnete der aus vier Personen bestehende Angebotseröffnungsausschuss, den die EMSA am 16. Juli 2004 gebildet hatte, die Angebote; dabei wies er insbesondere darauf hin, dass die Aufgabe des Angebots der Firma SSPA Sweden AB (im Folgenden: SSPA), das am 10. August 2004, also einen Tag nach der Frist für die Einreichung der Angebote, eingegangen sei, schriftlich bestätigt werden müsse, da der Umschlag nicht mit einem Poststempel versehen sei.

42      In seinem Schreiben vom 26. August 2004 forderte der Vorsitzende des Eröffnungsausschusses SSPA auf, den Nachweis zu erbringen, dass das Angebot sowohl das Fristerfordernis als auch die in der Aufforderung zur Angebotsabgabe enthaltenen Modalitäten erfüllt habe.

43      Nach Prüfung der von SSPA eingereichten Unterlagen beschloss der Eröffnungsausschuss am 21. September 2004, das von SSPA vorgelegte Angebot anzunehmen.

44      Mit Schreiben vom 30. November 2004, das die Klägerin ihren Angaben zufolge erst am 13. Dezember 2004 erhalten hat, teilte ihr die EMSA mit, ihr Angebot sei nicht ausgewählt worden, da das Preis-Leistungs-Verhältnis unter dem des ausgewählten Bieters liege.

45      Am 7. Dezember 2004 schickte die Klägerin der EMSA eine Fernkopie betreffend die Ausschreibung C‑1/01/04, in der sie vor allem darum bat, über die Annahme oder Ablehnung ihres Angebots für die Ausschreibung C‑2/06/04 unterrichtet zu werden und ihr dieselben Informationen zu übermitteln, die sie für die erste Ausschreibung beantragt habe.

46      Mit Fernkopie vom 5. Januar 2005 teilte die Klägerin der EMSA mit, sie habe innerhalb der in der Haushaltsordnung vorgesehenen Frist keine Informationen über den Ausgang der beiden Ausschreibungen erhalten. Außerdem beanstandete sie, dass die EMSA die Verträge mit den ausgewählten Bietern unterzeichnet und dies im Amtsblatt veröffentlicht habe.

47      Die EMSA antwortete mit Schreiben vom 6. Januar 2005, das am 7. Januar 2005 ebenfalls mit Fernkopie versandt wurde, indem sie der Klägerin die ihrem Angebot erteilten Noten sowie die Gesamtnote des ausgewählten Angebots und eine Kopie der im Amtsblatt veröffentlichten Bekanntmachung der Durchführung des Vergabeverfahrens, in dem der Name des ausgewählten Bieters genannt war, übermittelte. Zu dem ausgewählten Angebot führte die EMSA aus:

„Das Angebot des ausgewählten Bieters zeigt die erforderliche Erfahrung und wurde als ein gut durchdachter Vorschlag dargestellt. Die Aufgaben und die Rolle des Projektleiters wurden überzeugend beschrieben. Der Teamleiter wird einer Gruppe vorstehen, die über eine große Erfahrung verfügt, die sie bei früheren Projekten erworben hat, die dem Projekt, um das es in der Ausschreibung geht, weitgehend entsprechen. Es wurde ein sehr gutes Verständnis des Projekts gezeigt. Die vorgeschlagenen Instrumente wurden bereits erfolgreich eingesetzt und sind mit der Informationstechnik der EMSA kompatibel.“

48      Die Klägerin beantwortete dieses letzte Schreiben mit Fernkopie vom 18. Januar 2005, in der sie der EMSA einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung vorwarf, da diese ihr Auskunftsverlangen nicht fristgemäß beantwortet habe, ihr den Namen des ausgewählten Bieters, die Höhe seines finanziellen Angebots sowie die technische Bewertung dieses Angebots, verglichen mit ihrem Angebot, nicht mitgeteilt und die Unterzeichnung des Vertrags beschlossen habe. Schließlich bat sie um verschiedene Erläuterungen zur Bewertung des Ausschusses.

49      Mit Fernkopie vom 9. Februar 2005 antwortete die EMSA, dass die Klägerin bereits über die betreffenden Informationen verfüge und dass genauere Informationen, wie finanzielle und wirtschaftliche Auskünfte über den ausgewählten Bieter, dessen berechtigte Interessen verletzten und daher nicht veröffentlicht werden könnten.

 Verfahren und Anträge der Parteien

50      Mit Klageschrift, die am 14. Februar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

51      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen der in Art. 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Parteien zur Vorlage bestimmter Schriftstücke und die EMSA zur schriftlichen Beantwortung einer Frage aufgefordert. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

52      Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 20. Januar 2009 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

53      Die Klägerin beantragt,

–        die Entscheidungen der EMSA, mit denen ihre Angebote als nicht erfolgreich bewertet wurden und der Auftrag an die erfolgreichen Bewerber vergeben wurde, für nichtig zu erklären,

–        alle späteren Entscheidungen der EMSA im Zusammenhang mit den streitigen Ausschreibungen für nichtig zu erklären,

–        die EMSA zur Tragung der Kosten zu verurteilen, auch wenn die Klage abgewiesen wird.

54      Die EMSA beantragt,

–        die Klage für unzulässig zu erklären, hilfsweise, sie als unbegründet abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zur Zulässigkeit

55      Ohne ausdrücklich eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, hat die EMSA zwei Unzulässigkeitsgründe geltend gemacht, und zwar die Unzuständigkeit des Gerichts für eine Entscheidung über eine gemäß Art. 230 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EMSA und einen formellen Mangel der Klageschrift. Das Gericht wird zunächst den ersten Unzulässigkeitsgrund prüfen.

1.     Zur Zuständigkeit des Gerichts für eine Entscheidung über eine gemäß Art. 230 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EMSA

 Vorbringen der Parteien

56      Die EMSA macht geltend, ihre Handlungen könnten schon wegen ihrer Rechtsstellung nicht gemäß Art. 230 EG angefochten werden. Da diese Vorschrift weder ausdrücklich noch stillschweigend Bezug auf Handlungen anderer Agenturen oder Organe der Union als die darin aufgeführten Einrichtungen nehme, könne das Gericht die Rechtmäßigkeit dieser Handlungen nicht überprüfen. Das Urteil des Gerichtshofs vom 23. April 1986, Les Verts/Parlament („Les Verts“, 294/83, Slg. 1986, 1339), sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da es die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung eines Organs und nicht einer Agentur betreffe.

57      Vielmehr bestätige Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002, der die Zuständigkeit des Gerichtshofs nur für Streitsachen zur vertraglichen und außervertraglichen Haftung der EMSA vorsehe, dass weder das Gericht noch der Gerichtshof zur Überwachung der Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen zuständig sei. Da sich diese Bestimmung nur auf den Gerichtshof beziehe, sei daraus zudem zu schließen, dass, wenn ein Rechtsprechungsorgan für diese Entscheidungen zuständig sei, dies der Gerichtshof und nicht das Gericht sein müsse.

58      Die Unzulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung einer Agentur sei im Übrigen durch das Urteil des Gerichtshofs vom 15. März 2005, Spanien/Eurojust (C‑160/03, Slg. 2005, I‑2077, Randnrn. 35 bis 37 und 40), sowie den Beschluss des Gerichts vom 8. Juni 1998, Keeling/HABM (T‑148/97, Slg. 1998, II‑2217), bestätigt worden.

59      Da dieses Urteil und dieser Beschluss für die Entscheidung über die Anwendbarkeit des Art. 230 EG ein zweites Kriterium einführten – nämlich die Bezeichnung der Einrichtung in der Vorschrift und das Fehlen einer wirksamen gerichtlichen Überprüfung – müssten beide Voraussetzungen vorliegen; die EMSA werde nicht in Art. 230 EG genannt und erfülle daher nicht die erste Bedingung. Selbst wenn jede dieser Bedingungen für sich ausreichen sollte, wäre außerdem die zweite Bedingung nicht erfüllt, da Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 eine gerichtliche Überprüfung vorsehe, die Reichweite jedoch auf Rechtsstreitigkeiten zur vertraglichen und außervertraglichen Haftung der EMSA beschränke.

60      Die Klägerin tritt diesem Unzulässigkeitseinwand entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

61      Vorab ist festzustellen, dass die auf der Grundlage des Sekundärrechts errichteten Agenturen wie die EMSA nicht zu den in Art. 230 Abs. 1 EG genannten Einrichtungen gehören.

62      Hervorzuheben ist auch, dass der Gerichtshof gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 in Streitsachen über den Schadensersatz im Bereich der außervertraglichen Haftung der EMSA sowie für Entscheidungen aufgrund einer möglichen Schiedsklausel in einem von der EMSA geschlossenen Vertrag zuständig ist. Die Vorschrift sieht dagegen keine Zuständigkeit des Gerichtshofs für Nichtigkeitsklagen gegen andere Entscheidungen der EMSA vor.

63      Dies steht jedoch der Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der EMSA, die nicht von Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 erfasst werden, nicht entgegen.

64      Das Gericht hat nämlich im Urteil vom 9. Oktober 2008, Sogelma/EAR (T‑411/06, Slg. 2008, II‑2771, Randnr. 36), unter Bezugnahme auf das Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) festgestellt, dass die Europäische Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft ist und dass durch den Vertrag ein umfassendes Rechtsschutzsystem geschaffen worden ist, innerhalb dessen dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe übertragen ist. Nach dem System des Vertrags ist die Möglichkeit einer direkten Klage gegen alle Handlungen der Organe gegeben, die dazu bestimmt sind, eine Rechtswirkung zu erzeugen. Davon ausgehend hat der Gerichtshof daher im Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) befunden, dass gegen Handlungen des Europäischen Parlaments, die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten sollen, die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann, obwohl die Bestimmung des Vertrags über die Nichtigkeitsklage in der seinerzeit geltenden Fassung nur Handlungen des Rates und der Kommission erwähnte. Eine Auslegung dieser Bestimmung, die die Handlungen des Europäischen Parlaments aus dem Kreis der anfechtbaren Handlungen ausschlösse, hätte nämlich nach Auffassung des Gerichtshofs zu einem Ergebnis geführt, das sowohl dem Geist des Vertrags, wie er in Art. 164 EG-Vertrag (jetzt Art. 220 EG) Ausdruck gefunden hat, als auch seinem System zuwiderliefe (vgl. in diesem Sinne Urteil Les Verts, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnrn. 23 bis 25).

65      Diesem Urteil lässt sich der allgemeine Grundsatz entnehmen, dass jede Handlung einer Einrichtung wie der EMSA, die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten soll, einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen muss.

66      Zwar werden im Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) nur die Organe genannt, während die EMSA, wie in Randnr. 61 festgestellt worden ist, nicht zu den in Art. 230 EG genannten Organen gehört. Jedoch entspricht die Lage solcher Einrichtungen, die zur Vornahme von Handlungen befugt sind, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen – was zweifellos der Fall ist, wenn diese Einrichtungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge Entscheidungen treffen, mit denen das Angebot eines Bieters abgelehnt und der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird – der Situation, die zum Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) geführt hat. In einer Rechtsgemeinschaft kann es nicht hingenommen werden, dass solche Handlungen jeder richterlichen Kontrolle entzogen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Sogelma/EAR, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 37).

67      Die Entscheidungen, die die EMSA im Rahmen von Vergabeverfahren trifft und die Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten sollen, sind daher anfechtbare Handlungen.

68      Diesem Ergebnis steht nicht die Rechtsprechung entgegen, die die EMSA zur Stützung ihres Vorbringens hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klage anführt.

69      Was das Urteil Spanien/Eurojust (oben in Randnr. 58 angeführt) anbelangt, hat der Gerichtshof zwar festgestellt, dass die angefochtenen Handlungen nicht unter den Handlungen aufgeführt waren, deren Rechtmäßigkeit der Gerichtshof nach dem Wortlaut des Art. 230 EG überwacht (Randnr. 37 dieses Urteils). Gleichwohl hat der Gerichtshof in der folgenden Randnummer dieses Urteils ausgeführt, dass Art. 41 EU, der in jenem Fall anwendbar war, nicht vorsieht, dass Art. 230 EG auf die Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen nach Titel VI des Vertrags über die Europäische Union anwendbar ist; die Zuständigkeit des Gerichtshofs in diesem Bereich ist vielmehr in Art. 35 EU festgelegt, auf den Art. 46 Buchst. b EU verweist. Was den Anspruch auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz anbelangt, hat der Gerichtshof im Übrigen in den Randnrn. 41 und 42 desselben Urteils auch darauf hingewiesen, dass die in der betroffenen Rechtssache angefochtenen Handlungen nicht jeder gerichtlichen Kontrolle entzogen waren (vgl. in diesem Sinne Urteil Sogelma/EAR, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 45).

70      Auch im Beschluss Keeling/HABM (oben in Randnr. 58 angeführt) hat sich das Gericht nicht darauf beschränkt, in Randnr. 32 festzustellen, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) weder eines der in Art. 4 des EG-Vertrags (jetzt Art. 7 EG) aufgezählten Organe der Gemeinschaft noch in Art. 173 Abs. 1 EG-Vertrag (jetzt Art. 230 EG) genannt ist, sondern es hat in Randnr. 33 auch festgestellt, dass andere Rechtsbehelfe gegen die streitige Entscheidung des Präsidenten des HABM potenziell eröffnet sind, wobei es insbesondere Art. 179 EG-Vertrag (jetzt Art. 236 EG) erwähnt hat. Dieser Beschluss kann daher der Eröffnung einer Klagemöglichkeit nach Art. 230 EG gegen eine Entscheidung einer in diesem Artikel nicht genannten Einrichtung nicht entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Sogelma/EAR, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 46).

71      Die von der EMSA angeführte Rechtsprechung stellt daher nicht die Feststellung in Frage, dass die Handlung einer solchen Einrichtung, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu entfalten, nicht der gerichtlichen Kontrolle entzogen werden kann.

72      Dieses Ergebnis kann auch nicht durch die Auslegung des Urteils Sogelma/EAR (oben in Randnr. 64 angeführt) in Frage gestellt werden, auf die sich die EMSA in der mündlichen Verhandlung berufen hat und nach der sich die Lage der EMSA von der Lage der Europäischen Agentur für Wiederaufbau (EAR) unterscheide, da diese im Rahmen der Durchführung der Gemeinschaftshilfe zugunsten von Serbien und Montenegro mit der Vorbereitung und Auswertung von Ausschreibungen sowie der Auftragsvergabe von der Kommission beauftragt worden sei. Daraus folge, dass die Entscheidungen, die die Kommission selbst getroffen hätte, wenn sie ihre Befugnisse nicht übertragen hätte, nicht allein deshalb nicht mehr der gerichtlichen Kontrolle unterworfen sein könnten, weil die Kommission ihre Befugnisse an die EAR übertragen habe; andernfalls würde eine Rechtslücke geschaffen.

73      Die Auslegung der EMSA lässt die Feststellungen in den Randnrn. 39 und 40 des Urteils Sogelma/EAR (oben in Randnr. 64 angeführt) außer Acht, aus denen sich ergibt, dass das Gericht nur vorsorglich auf die Art der Befugnisse hinweist, auf deren Grundlage die EAR handelt, und die Feststellung in Randnr. 37 des Urteils nur bekräftigen will, in der das Gericht auf den allgemeinen Grundsatz hinweist, dass jede Handlung einer Gemeinschaftseinrichtung, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, gerichtlich nachprüfbar sein muss. Im Übrigen bestünde auch im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der EMSA das Risiko, eine Rechtslücke zu schaffen, wenn man davon ausgehen müsste, dass die betreffenden Handlungen der gerichtlichen Kontrolle entzogen sind.

74      Was schließlich das Vorbringen der EMSA anbelangt, aus Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 – der sich nur auf den Gerichtshof beziehe – lasse sich ableiten, dass, wenn ein Richter im vorliegenden Fall zuständig sei, dies der Gerichtshof und nicht das Gericht sein müsse, genügt es, darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Gerichtshof“ hier allgemein verwendet wird, um das Organ zu bezeichnen, das indes den Gerichtshof, das Gericht und ein Fachgericht, das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union, umfasst. Folglich ist die Bezugnahme in Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 auf den „Gerichtshof“ so zu verstehen, dass auf dieses Organ und nicht auf eines der Gerichte verwiesen wird, aus denen es besteht (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 17. März 2005, Kommission/AMI Semiconductor Belgium u. a., C‑294/02, Slg. 2005, I‑2175, Randnr. 49).

75      Somit folgt aus Art. 230 Abs. 1 EG bei einer Auslegung im Licht der Urteile Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt, Randnrn. 23 bis 25) und Sogelma/EAR (oben in Randnr. 64 angeführt, Randnrn. 36 und 37) die Zulässigkeit der vorliegenden Klage. Diese Lösung wird im Übrigen durch Art. 263 Abs. 1 AEUV bestätigt, nach dem der Gerichtshof der Europäischen Union für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten zuständig ist. Der erste von der EMSA erhobene Unzulässigkeitseinwand ist daher zurückzuweisen.

2.     Zur exceptio obscuri libelli

 Vorbringen der Parteien

76      Mit dem Unzulässigkeitsgrund des unklaren Wortlauts der Klageschrift rügt die EMSA im Wesentlichen, dass die Klägerin nicht genau angebe, welcher Klagegrund für welche Ausschreibung gelte, und die Klageschrift, in der die beiden Ausschreibungen vermengt würden, daher unter Verstoß gegen die Satzung des Gerichtshofs und die Verfahrensordnung des Gerichts sowie die einschlägige Rechtsprechung keine hinreichend klare und deutliche kurze Darstellung der Klagegründe enthalte.

77      Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

78      Jede Klage muss gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der nach Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 18. September 1996, Asia Motor France u. a./Kommission, T‑387/94, Slg. 1996, II‑961, Randnrn. 106 und 107, vom 11. Januar 2002, Biret et Cie/Rat, T‑210/00, Slg. 2002, II‑47, Randnr. 34, und vom 14. Dezember 2005, Honeywell/Kommission, T‑209/01, Slg. 2005, II‑5527, Randnrn. 55 und 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klageschrift den Anforderungen der Verfahrensordnung genügt, da sie sowohl der Beklagten als auch dem Gericht ermöglicht, zu erkennen, welches Verhalten der EMSA vorgeworfen wird und welche Tatsachen und Umstände zu dem Rechtsstreit geführt haben. Aus den Akten geht ebenfalls hervor, dass die EMSA imstande war, ihre Verteidigung sachdienlich zu gestalten und auf jede Rüge der Klägerin mit detaillierten Rechtsausführungen einzugehen.

80      Der Unzulässigkeitsgrund eines formellen Mangels der Klageschrift ist daher zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

81      Die Klägerin stützt ihre Anträge auf Nichtigerklärung auf vier Gründe. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt. Der zweite bezieht sich auf einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50. Der dritte wird auf offensichtliche Beurteilungsfehler der EMSA gestützt. Mit dem vierten werden fehlende sachdienliche Informationen und eine unzureichende Begründung gerügt. Nachdem die EMSA als Anlage zur Klagebeantwortung die Akten zu den beiden betroffenen Ausschreibungen vorgelegt hat, hat die Klägerin in der Erwiderung außerdem eine Reihe einzelner Rügen zur Stützung der in ihrer Klage aufgeführten Klagegründe vorgebracht, die sich auf mehrere Rechtsverstöße beziehen, die aus diesen Akten hervorgehen sollen, sowie bezüglich der Ausschreibung C‑2/06/04 einen selbständigen Klagegrund, der darauf beruht, dass das von dem ausgewählten Bieter eingereichte Angebot den in Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe enthaltenen Modalitäten für die Abgabe der Angebote nicht entspreche. Das Gericht wird zunächst den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen prüfen, die die EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑2/06/04 getroffen hat.

1.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑2/06/04

 Zu dem Klagegrund, das von dem ausgewählten Bieter eingereichte Angebot sei nicht anforderungsgerecht

 Vorbringen der Parteien

82      In ihrer Erwiderung macht die Klägerin einen neuen Klagegrund geltend, mit dem sie rügt, das Angebot des ausgewählten Bieters könne nicht als Nr. 2 Buchst. a der Aufforderung zur Angebotsabgabe entsprechend angesehen werden. Aus den Akten gehe nämlich hervor, dass der ausgewählte Bieter, der die Absendung seines Angebots nicht beweisen könne, lediglich nachträglich die Bescheinigung eines schwedischen Postbediensteten vorgelegt habe, der zufolge der Briefumschlag tatsächlich fristgemäß abgeschickt worden sei. Das Schreiben eines Postbediensteten könne nicht den „Poststempel“ ersetzen und keine „verbindliche Feststellung“ treffen, also keinen hinreichenden Nachweis darstellen. Die Zulassung eines solchen Rechtsverstoßes könne einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen und Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Einhaltung der Fristen im öffentlichen Auftragswesen herbeiführen.

83      Die EMSA entgegnet, Nr. 2 Buchst. a dieser Aufforderung zur Angebotsabgabe habe sicherstellen sollen, dass alle Bieter ihr Angebot vor Fristablauf einreichten. Die Entscheidung des Bewertungsausschusses, ein anderes Beweismittel zuzulassen, sei vernünftig, da die Post die Sendung im vorliegenden Fall entgegen ihrer üblichen Praxis nicht mit einem Stempel versehen habe.

 Würdigung durch das Gericht

84      Vorab ist festzustellen, dass es sich bei dem von der Klägerin in der Erwiderung vorgebrachten Klagegrund, das Angebot des im Rahmen der Ausschreibung C‑2/06/04 ausgewählten Bieters entspreche nicht den in Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorgesehenen Einzelheiten für die Abgabe der Angebote, um ein neues Angriffsmittel handelt. Dieses kann jedoch gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung zugelassen werden, da es auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, nämlich auf das Protokoll des Eröffnungsausschusses für dieses Angebot, das die EMSA als Anlage zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gereicht hat.

85      Nach gefestigter Rechtsprechung ist der öffentliche Auftraggeber in allen Abschnitten eines Ausschreibungsverfahrens zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und damit der Chancengleichheit aller Bieter verpflichtet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C‑496/99 P, Slg. 2004, I‑3801, Randnr. 108; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑250/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. März 2008, European Service Network/Kommission, T‑332/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 122). Ein System unverfälschten Wettbewerbs, wie es der Vertrag vorsieht, lässt sich nur gewährleisten, wenn die Chancengleichheit der unterschiedlichen Marktteilnehmer sichergestellt wird (Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, Randnr. 46).

86      Es ist auch daran zu erinnern, dass gemäß Art. 98 Abs. 1 der Haushaltsordnung „[d]ie Modalitäten der Angebotsabgabe … einen effektiven Wettbewerb und die Vertraulichkeit der Angebote bis zu deren gleichzeitiger Eröffnung gewährleisten [müssen]“.

87      Im vorliegenden Fall wurde in der Ausschreibung der Ablauf der Angebotsfrist auf den 9. August 2004 festgesetzt. Außerdem hieß es in Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe – die gemäß Art. 130 Abs. 2 Buchst. a der Durchführungsbestimmungen mindestens „Einzelheiten betreffend die Abgabe und Aufmachung der Angebote, insbesondere die Einreichungsfrist“ festlegen muss –, dass die Angebote entweder durch Übersendung per Einschreiben spätestens am 9. August 2004 an die angegebene Adresse eingereicht werden konnten (wobei der Poststempel ausschlaggebend war) oder durch eigenhändige Hinterlegung bei der angegebenen Adresse, wo sie spätestens am 9. August 2004 um 16.00 Uhr eingehen mussten; in diesem Fall musste die Niederlegung des Angebots mit einer unterzeichneten und datierten Empfangsbestätigung eines Beamten der EMSA bescheinigt werden. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe hieß es auch, dass jede andere Art der Übermittlung des Angebots als die Einschreibsendung, einschließlich der Übersendung des Angebots durch einen „Kurierdienst“, als „eigenhändige Auslieferung“ angesehen würde.

88      Diese Modalitäten der Übermittlung entsprechen Art. 143 Abs. 2 der vorstehend in Randnr. 12 genannten Durchführungsbestimmungen, nach denen „[d]ie Angebote … nach Wahl des Bieters wie folgt übermittelt werden [können]: … entweder mit der Post: in den Ausschreibungsunterlagen wird das Datum des Versands als Einschreibebrief für verbindlich erklärt, wobei der Poststempel ausschlaggebend ist; … oder durch Hinterlegung bei den Dienststellen des Organs durch den Bieter oder einen Vertreter oder einen Kurierdienst: … in den Ausschreibungsunterlagen [wird] die Dienststelle genannt, bei der die Angebote gegen Aushändigung einer datierten und unterzeichneten Empfangsbestätigung einzureichen sind“. Dabei ist zu beachten, dass unter „Einschreibsendung“ im Sinne von Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) eine Postsendung verstanden wird, die durch den Dienstanbieter pauschal gegen Verlust, Entwendung oder Beschädigung versichert wird und bei der dem Absender, gegebenenfalls auf sein Verlangen, eine Bestätigung über die Entgegennahme der Sendung und/oder ihre Aushändigung an den Empfänger erteilt wird.

89      Außerdem musste gemäß Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Nichterfüllung dieser formellen Bedingungen zur Zurückweisung des Angebots im Eröffnungsverfahren führen.

90      Nach einem ersten vom Eröffnungsausschuss am 25. August 2004 erstellten Protokoll war das Angebot von SSPA – d. h. das später ausgewählte Angebot – nicht mit dem Nachweis seiner Versendung verbunden, und der Bieter musste, damit es für anforderungsgerecht erklärt werden konnte, eine schriftliche Bestätigung der Versendung vorlegen. Aus einem zweiten Protokoll vom 21. September 2004 geht hervor, dass SSPA der EMSA auf die Anforderung dieser schriftlichen Bestätigung durch den Eröffnungsausschuss eine Bescheinigung eines schwedischen Postbediensteten übermittelt hat, nach der das Angebot fristgemäß aufgegeben worden sei. Nach Auffassung des Eröffnungsausschusses war das Angebot von SSPA daher anforderungsgerecht.

91      Auf eine prozessleitende Maßnahme des Gerichts hin hat die EMSA die diesem letztgenannten Protokoll beigefügten Anlagen zu den Akten gereicht. Es handelt sich vor allem um Kopien der Umschläge des von SSPA versandten Angebots, die die EMSA erhalten hatte, Kopien des Schriftwechsels zwischen der EMSA und SSPA sowie eine Kopie der Quittung des Postamts Göteborg vom 6. August 2004 und die von einem Bediensteten dieses Postamts unterzeichnete Erklärung vom 2. September 2004, aus der im Wesentlichen hervorgeht, dass der Umschlag, bei dem davon ausgegangen wird, dass er das fragliche Angebot enthielt, tatsächlich am 6. August 2004 bei diesem Postamt aufgegeben wurde.

92      Erstens ergibt sich aus diesen Unterlagen, dass das Angebot von SSPA am 10. August 2004 bei der EMSA eingegangen ist, d. h. einen Tag nach Ablauf der für die Vorlage der Angebote festgesetzten Frist, und dass sich auf den Umschlägen, die dieses Angebot enthielten, weder ein Poststempel der Absendung noch des Empfangs befand.

93      Zweitens ist festzustellen, dass SSPA der EMSA eine einfache Quittung eines Postamts in Göteborg übermittelt hat, obwohl die EMSA in ihrem Schreiben an SSPA vom 26. August 2004 festgestellt hatte, dass „der Umschlag weder eine Angabe trug, dass er als Einschreibebrief vorgelegt worden sei, noch das Datum der Aufgabe bei dem Postamt“, und sie aufgefordert hatte, ihr „irgendeinen nachträglichen Beweis, [dass ihr das Angebot] fristgemäß und in der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorgeschriebenen Form [vorgelegt worden war]“, zu erbringen.

94      In dieser Hinsicht kann das von der EMSA in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, diese Quittung beweise die Eintragung des Schreibens – eine Eintragung, die in irgendeiner Weise einem Einschreibebrief gleichkäme –, keinen Erfolg haben. Erstens kann eine solche Quittung in keiner Weise dem Beleg der Aufgabe als eingeschriebene Sendung gleichgestellt werden, der dem Absender, wie vorstehend in Randnr. 88 ausgeführt, unabhängig von dem Poststempel auf dem Umschlag grundsätzlich als Nachweis der Aufgabe zur Post ausgehändigt wird. Auf dieser Quittung erscheint nämlich weder der Name des Absenders noch der des Empfängers, noch der Bestimmungsort der Sendung oder irgendeine andere Angabe, aus der hervorgeht, dass sie eine eingeschriebene Sendung betraf. Außerdem ergibt sich aus den Akten, dass die EMSA das Angebot eines anderen Bieters nur nach der Vorlage durch eines auf ihre Anforderung vorgelegten Einlieferungsscheins als anforderungsgerecht angesehen hat, der das Datum der Einschreibsendung und einen Zahlencode aufwies, der es mit dem Umschlag, der das Angebot enthielt, verknüpfte, während das Angebot zunächst abgelehnt worden war, da der Umschlag, in dem es enthalten war, nur den Eingangsstempel trug. Zweitens geht entgegen der Vorstellung, die die EMSA in der mündlichen Verhandlung erwecken wollte, aus den Akten eindeutig hervor, dass sie nicht aufgrund der Quittung, sondern aufgrund der Erklärung des Bediensteten der schwedischen Post schließlich zu der Überzeugung gelangt ist, dass das Angebot von SSPA anforderungsgerecht sei, während die EMSA im Fall des erwähnten Bieters den Einlieferungsschein, den dieser vorgelegt hatte, nachdem er von der Zurückweisung seines Angebots erfahren hatte, als ausreichenden Beweis anerkannt hat.

95      Drittens ist festzustellen, dass es in der Bescheinigung des Postbediensteten aus Göteborg heißt: „Hiermit bestätige ich … nach Prüfung der Kopie der beigefügten Quittung … sowie der Fotokopie des vorgelegten Umschlags, dass dieser Umschlag am Freitag, dem 6. August 2004 durch oben genanntes Postamt befördert worden ist“. Der Bedienstete der schwedischen Post erklärte damit, den Umschlag am 6. August 2004 befördert zu haben, von dem angenommen wird, dass er das Angebot der SSPA enthielt, ohne jedoch zum einen zu erklären, warum dieser Umschlag keinen Poststempel aufwies, und zum anderen anzugeben, ob es sich um einen Einschreibebrief handelte. Die EMSA konnte auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht beweisen, dass die Sendung per Einschreiben erfolgt war.

96      Die Akten enthalten somit nichts, woraus hervorginge, dass das Angebot von SSPA als Einschreibsendung eingereicht worden ist.

97      Es stellt sich daher die Frage, ob das Angebot von SSPA zunächst vom Eröffnungsausschuss geöffnet und dann vom Bewertungsausschuss geprüft werden konnte, obwohl es der EMSA am Tag nach dem Ablauf der Angebotsfrist zugegangen ist.

98      In der Ausschreibung war, wie dargelegt, der Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote auf den 9. August 2004, 16.00 Uhr, festgesetzt worden. Aus Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe geht eindeutig hervor, dass die Angebote grundsätzlich spätestens zu diesem Termin bei der EMSA eingehen mussten, gleichgültig ob es sich um eigenhändig vorgelegte oder durch einen „Kurierdienst“ ausgelieferte Angebote handelte, und dass die einzige Ausnahme hiervon die Versendung mit der Post per Einschreiben war, die spätestens zu diesem Termin erfolgen musste, während der Erhalt später liegen konnte, wobei der Poststempel als Beweis für das Datum der Aufgabe der Sendung ausschlaggebend war. Daher ist die Möglichkeit, die Angebote nach dem Ablauf der für ihren Eingang grundsätzlich festgelegten Frist zuzustellen, als eine Ausnahme eng auszulegen.

99      Ferner ist festzustellen, dass Nr. 2 Buchst. a der Aufforderung zur Angebotsabgabe zwei verschiedene formale Voraussetzungen aufstellt, die der Bieter, der sein Angebot mit der Post versenden will, zu erfüllen hat, und zwar die Vorgabe hinsichtlich der Frist für die Absendung des Angebots und die Vorgabe hinsichtlich der Art ihrer Aufgabe als Einschreibebrief. Obwohl diese Bedingungen einander ergänzen, kommt ihnen eine selbständige Bedeutung bei der Prüfung zu, ob die Übermittlung des Angebots den in den Ausschreibungsunterlagen und in Art. 143 der Durchführungsbestimmungen enthaltenen Bestimmungen entspricht.

100    Der öffentliche Auftraggeber, genauer gesagt, der Eröffnungsausschuss, muss die Einhaltung dieser beiden Voraussetzungen – deren Bedeutung die EMSA in ihrem Schreiben an SSPA vom 26. August 2004 ausdrücklich hervorgehoben hat – daher prüfen, bevor er die Eröffnung der Angebote und anschließend ihre Prüfung vornimmt. Der Eröffnungsausschuss verfügt dabei nicht über einen Ermessensspielraum: Hat er einmal festgestellt, dass ein Angebot, das nach Fristablauf eingegangen ist, nicht gemäß den Anforderungen der Aufforderung zur Angebotsabgabe und der Durchführungsbestimmungen übermittelt worden ist, muss er es, wie vorstehend in Randnr. 86 ausgeführt, zurückweisen.

101    Zudem ist die Phase der Angebotseröffnung – deren Ablauf sich nach Art. 145 der Durchführungsbestimmungen bestimmt – gerade durch ihre Förmlichkeit gekennzeichnet und soll einem Ausschuss, der aus mindestens drei Personen besteht, ermöglichen, die Beachtung der Vorschriften vor allem hinsichtlich der Modalitäten der Vorlage der Angebote angesichts der Bedeutung, die diesen Vorschriften in Vergabeverfahren zukommt, zu prüfen und zu gewährleisten. Die Mitglieder dieses Ausschusses zeichnen vor allem die Dokumente ab, durch die Datum und Uhrzeit der Aufgabe eines jeden Angebots nachgewiesen werden, und unterzeichnen das Protokoll über die Eröffnung der eingegangenen Angebote, in dem festgestellt wird, welche Angebote anforderungsgerecht sind und welche nicht, und die Zurückweisung wegen Nichterfüllung der Abgabemodalitäten gemäß Art. 143 der Durchführungsbestimmungen begründet wird. Es handelt sich daher um Förmlichkeiten, deren Beachtung für das Vergabeverfahren wesentlich ist.

102    Nach diesen Erwägungen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, dessen Beachtung, wie vorstehend in Randnr. 85 ausgeführt, in jeder Phase eines Vergabeverfahrens sichergestellt sein muss, hätte das von SSPA vorgelegte Angebot im vorliegenden Fall weder geöffnet noch vom Eröffnungsausschuss angenommen werden dürfen, denn mangels eines Poststempels, der seine Versendung als Einschreiben belegt, hätte es als bei der EMSA am Tag seines Empfangs, d. h. am 10. August 2004, also als zu spät eingegangen angesehen werden müssen. Daher ist das Angebot von SSPA zu Unrecht vom Eröffnungsausschuss geöffnet und anschließend vom Bewertungsausschuss bewertet und auf den ersten Rang gesetzt worden.

103    Nach der Rechtsprechung führt ein Verfahrensverstoß nur dann zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung einer Entscheidung, wenn nachgewiesen wird, dass das Verwaltungsverfahren ohne diesen Verfahrensverstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen und die angefochtene Entscheidung folglich einen anderen Inhalt hätte haben können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 12. März 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑345/03, Slg. 2008, II‑341, Randnr. 147, und European Service Network/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104    Wenn das Angebot von SSPA wegen der Nichterfüllung der Abgabemodalitäten gemäß Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe sowie Art. 143 der Durchführungsbestimmungen nicht von der EMSA berücksichtigt worden wäre, hätte das Verwaltungsverfahren im vorliegenden Fall zu einem anderen Ergebnis führen müssen, da das Angebot von SSPA vom Bewertungsausschuss nicht bewertet worden wäre, und die Vergabeentscheidung, die sich vor allem auf eine vergleichende Prüfung der Angebote stützt, hätte einen anderen Inhalt haben müssen.

105    Da im vorliegenden Fall zudem nur zwei Unternehmen die in Nr. 13.1 Buchst. b der Verdingungsunterlagen angegebene Mindestschwelle überschritten haben, wäre, wenn das Angebot von SSPA bereits in der Phase der Angebotseröffnung zurückgewiesen worden wäre, am Ende des fraglichen Vergabeverfahrens ein einziges Angebot übrig geblieben. Unter diesen Umständen wäre der öffentliche Auftraggeber − da er nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Preise oder anderen Merkmale verschiedener Angebote zu vergleichen, um den Auftrag an das wirtschaftlich günstigste Angebot zu vergeben − nicht verpflichtet gewesen, den Auftrag dem einzigen Bieter zu erteilen, der für geeignet gehalten wurde, an der Ausschreibung teilzunehmen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 16. September 1999, Fracasso und Leitschutz, C‑27/98, Slg. 1999, I‑5697, Randnrn. 31 bis 33). Außerdem kann aufgrund dieser Erwägung nicht ausgeschlossen werden, dass die EMSA, wie sie in der mündlichen Verhandlung auf eine entsprechende Frage des Gerichts ausgeführt hat, die fragliche Vergabe hätte annullieren und eine neue Ausschreibung hätte einleiten können. Somit ist hinreichend dargetan, dass das Verwaltungsverfahren ohne den Verfahrensverstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

106    Daher ist die Entscheidung der EMSA, den Auftrag an den ausgewählten Bieter zu vergeben, wegen eines Verstoßes gegen Art. 143 der Durchführungsbestimmungen und Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe für nichtig zu erklären, ohne dass hinsichtlich der Ausschreibung C‑2/06/04 über die anderen Klagegründe entschieden zu werden braucht.

107    Folglich wird das Gericht die Prüfung der von der Klägerin vorgebrachten Klagegründe und Rügen nur insoweit fortsetzen, als sie sich gegen die Entscheidungen der EMSA richten, das Angebot der Klägerin zurückzuweisen und den Auftrag am Ende des Ausschreibungsverfahrens C‑1/01/04 an einen anderen Bieter zu vergeben.

2.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑1/01/04

108    Wie vorstehend in Randnr. 81 ausgeführt, stützt die Klägerin ihre Nichtigkeitsklage auf vier Gründe, erstens einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt, zweitens einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50, drittens offensichtliche Beurteilungsfehler sowie viertens fehlende sachdienliche Informationen und eine unzureichende Begründung. Das Gericht hält es für zweckdienlich, zuerst den ersten, dann den zweiten, danach den vierten und schließlich den dritten Klagegrund zu prüfen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt

 Vorbringen der Parteien

109    Die Klägerin macht geltend, die EMSA habe gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt verstoßen, indem sie mit erheblicher Verzögerung gehandelt und die Fragen der Bieter vor Vorlage ihrer Angebote nicht angemessen beantwortet habe; nach ständiger Rechtsprechung könne dies ein Grund für die Nichtigerklärung der Entscheidung sein, sofern diese Entscheidung ohne den Verstoß anders ausgefallen wäre.

110    Die Klägerin weist darauf hin, dass sie der EMSA Fragen zugeschickt habe, die zu beantworten sich die EMSA unter Hinweis darauf geweigert habe, dass sie nicht fristgemäß, d. h. bis zum 31. Juli 2004, gestellt worden seien. Dazu führt sie aus, sie habe vergeblich versucht, die Fragen am 31. Juli 2004 mit Fernkopie zu übermitteln. Die EMSA habe sie wahrscheinlich wegen einer Funktionsstörung ihres Faxgeräts nicht erhalten und dies in ihrer E-Mail vom 2. August 2004 auch eingeräumt. Außerdem habe die EMSA die Fragen schließlich am Sonntag, dem 1. August 2004, erhalten. Da die Frist für einen Antrag auf zusätzliche Informationen an einem Samstag abgelaufen sei, hätte die EMSA auf jeden Fall eine Fristverlängerung bis zum darauffolgenden ersten Werktag, d. h. bis Montag, dem 2. August 2004, gewähren müssen. Indem sie sich geweigert habe, die Fragen der Klägerin zu beantworten, habe die EMSA nicht nur gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt verstoßen, sondern sie auch daran gehindert, ein wettbewerbsfähigeres Angebot einzureichen.

111    Schließlich habe sie, entgegen der Unterstellung der EMSA, niemals versucht, Informationen zu erhalten, die den anderen Bietern nicht zur Verfügung gestanden hätten, da alle Antworten auf die Anträge auf zusätzliche Informationen sämtlichen Bietern mitgeteilt worden seien. Der öffentliche Auftraggeber müsse daher die Anträge auf zusätzliche Informationen beantworten, wenn die Verdingungsunterlagen Ungenauigkeiten enthielten.

112    In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin im Übrigen zum ersten Mal geltend gemacht, die EMSA habe gegen Art. 141 der Durchführungsbestimmungen verstoßen, da sie in der Aufforderung zur Angebotsabgabe für Anträge auf zusätzliche Auskünfte eine Frist festgesetzt habe, die kürzer als die Frist dieses Art. 141 gewesen sei.

113    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

114    Die Klägerin wirft der EMSA vor, zum einen mit erheblicher Verzögerung gehandelt und zum anderen die Anträge der Bieter auf zusätzliche Informationen nicht angemessen beantwortet zu haben. Zudem habe sie am 31. Juli 2004 Fragen gestellt, um Erläuterungen zu Unklarheiten in den Ausschreibungen zu erhalten, die zu beantworten sich die EMSA geweigert habe.

115    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin ihre Behauptung, die EMSA habe mit Verzögerung gehandelt und die Fragen der Bieter nicht hinreichend beantwortet, weder belegt noch angegeben hat, welche Antworten die EMSA gegeben hat und aus welchen Gründen diese als unzureichend angesehen werden müssen. Daher ist dieser Klagegrund, ungeachtet seiner recht ungenauen Formulierung, im Wesentlichen so zu verstehen, dass die Klägerin der EMSA vorwirft, ihre Fragen nicht beantwortet zu haben, obwohl sie diese fristgemäß gestellt habe, und dass sie dadurch daran gehindert worden sei, ein sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht wettbewerbsfähigeres Angebot vorzulegen.

116    Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Klägerin ihre Behauptungen nicht untermauert hat. Denn obwohl sie ihre zahlreichen Versuche erwähnt, die Auskunftsersuchen sowohl am Samstag, dem 31. Juli, als auch am Sonntag, dem 1. August 2004, zu übermitteln, legt sie keinen Sendebericht vor, der entweder eine (vollständige oder unvollständige) Übermittlung dieser Unterlagen an die EMSA oder einen Übermittlungsfehler beim Versenden beweisen könnte. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, inwieweit sich der behauptete Rechtsverstoß auf die Vergabeentscheidung hätte auswirken können.

117    Zweitens ist festzustellen, dass gemäß Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle zusätzlichen Informationen auf schriftlichen Antrag, der spätestens zehn Tage vor Ablauf der Angebotsfrist abgeschickt wurde, erhältlich waren. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann dieser Teil der Aufforderung zur Angebotsabgabe nur so verstanden werden, dass der Tag der Vorlage der Angebote nicht in die Berechnung der Frist einbezogen werden sollte. Da diese Frist gemäß Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe auf den 9. August 2004 festgesetzt war, konnte die Frist für die Anträge auf zusätzliche Informationen nur am Freitag, dem 30. Juli 2004, und nicht, wie von der Klägerin vorgebracht, am Samstag, dem 31. Juli 2004, ablaufen.

118    Wie die EMSA zutreffend ausführt, hat die Klägerin – wie sie in ihren Schriftsätzen festgestellt hat – ab Samstag, dem 31. Juli 2004, versucht, ihren Antrag auf zusätzliche Informationen abzuschicken, also nach Ablauf der dafür eingeräumten Frist. Da der Antrag verspätet war, hat ihn die EMSA, wenn sie ihn überhaupt erhalten hat, zu Recht nicht beantwortet.

119    Was schließlich den behaupteten Verstoß gegen Art. 141 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Klagegrund erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist. Gemäß Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Jedoch stellen Klagegründe oder Argumente, die eine Erweiterung eines bereits vorher – ausdrücklich oder stillschweigend – in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellen und die einen engen Zusammenhang mit diesen aufweisen, keinen neuen Klagegrund im Sinne des Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung dar (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 28. November 2002, Scan Office Design/Kommission, T‑40/01, Slg. 2002, II‑5043, Randnr. 96, und vom 21. Mai 2008, Belfass/Rat, T‑495/04, Slg. 2008, II‑781, Randnr. 87).

120    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 141 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen weder als ein Angriffsmittel angesehen werden kann, das auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des schriftlichen Verfahrens zutage getreten sind, denn es wird auf einen vermeintlichen Rechtsverstoß gestützt, den die Klägerin bereits bei Klageerhebung hätte erkennen und geltend machen können, noch als eine Erweiterung eines bereits vorgetragenen Angriffsmittels, da die Klägerin die ihrer Ansicht nach verletzte Rechtsvorschrift erst in der mündlichen Verhandlung bezeichnet hat und dieser Nichtigkeitsgrund weder unmittelbar noch mittelbar in der Klageschrift angesprochen worden ist, sondern der vorliegende Klagegrund auf den Vorwurf einer Verletzung der Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt gestützt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 30. September 1982, Amylum/Rat, 108/81, Slg. 1982, 3107, Randnr. 25). Im Übrigen trägt die Klägerin keinen rechtlichen oder tatsächlichen Grund vor, der während des Verfahrens zutage getreten wäre und auf den diese Rüge gestützt werden könnte. Diese Rüge ist daher wegen Verspätung im Sinne des Art. 48 § 2 Abs. 2 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen.

121    Nach alledem ist zu schließen, dass der erste Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50

 Vorbringen der Parteien

122    Mit diesem Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die EMSA habe dadurch gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50 verstoßen, dass sie in der Ausschreibung ungenaue und nicht richtig definierte Kriterien angewandt habe. Außerdem trägt sie in der Erwiderung vor, der Bewertungsausschuss habe mit seiner Entscheidung, die Zuschlagskriterien in Unterkriterien aufzuteilen, nicht nur offen zugegeben, dass diese Kriterien nicht genau definiert seien und geklärt und/oder ersetzt werden müssten, was die EMSA in ihrer Klagebeantwortung auch zugegeben habe, sondern auch gegen die Haushaltsordnung verstoßen.

123    Im Übrigen macht die Klägerin geltend, bestimmte Teile der Ausschreibungen, die für die Vorlage eines wettbewerbsfähigen Angebots erforderlich seien, beispielsweise die tatsächliche Laufzeit des Vertrags, die Zahl der Mitgliedstaaten, die die Verfahren bereits durchgeführt hätten, die Rolle der ausgewählten Techniker (Helpdesk) sowie der Inhalt und die Dauer ihrer Dienstleistungen, seien entgegen Art. 97 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 ebenfalls mit ungenauen Begriffen bezeichnet worden. Zur Stützung ihres Vorbringens bezieht sie sich auf Ausschreibungen von Organen, in denen die Unterlagen vollständiger und klarer gewesen seien.

124    Schließlich rügt die Klägerin, die EMSA habe sich in ihrem Schreiben vom 16. Dezember 2004 unter Berufung auf das Vergaberecht geweigert, ihr den Namen des ausgewählten Bieters mitzuteilen, während derselbe Bedienstete, der das Schreiben unterzeichnet habe, sie einige Wochen später angerufen und ihr ein persönliches Treffen vorgeschlagen habe, um das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens zu erläutern, was die Klägerin aber abgelehnt habe.

125    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

126    Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 17 der Richtlinie 92/50 geltend macht. Gemäß Art. 105 der Haushaltsordnung finden die Richtlinien über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge auf die öffentlichen Aufträge, die die Organe und Einrichtungen auf eigene Rechnung vergeben, ab 1. Januar 2003 – dem Datum des Inkrafttretens der Haushaltsordnung – nur auf Fragen der Schwellenwerte Anwendung, die für die Veröffentlichungsmodalitäten, die Wahl eines Verfahrens und die entsprechenden Fristen festgelegt sind. Folglich ist die Rüge der Klägerin hinsichtlich der Zuschlagskriterien des umstrittenen Auftrags im vorliegenden Fall, in dem es um die Vergabe einer Dienstleistung durch eine Agentur wie die EMSA geht, nach dem Vorbild der für Organe anwendbaren Bestimmungen einzig am Maßstab der Haushaltsordnung und der Durchführungsbestimmungen zu prüfen.

127    Insofern ist festzustellen, dass der öffentliche Auftraggeber gemäß Art. 97 Abs. 1 der Haushaltsordnung die Zuschlagskriterien vorab festlegen und in den Ausschreibungsunterlagen spezifizieren muss. Diese Verpflichtung, die einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit der für jede Ausschreibung geltenden Kriterien und Bedingungen gewährleisten soll, wird zudem in Art. 138 der Durchführungsbestimmungen näher bestimmt.

–       Zur Rüge der Ungenauigkeit der Zuschlagskriterien

128    Hinsichtlich der Rüge der Klägerin, die EMSA habe gegen die Haushaltsordnung und die Durchführungsbestimmungen verstoßen, da sie in den Ausschreibungsunterlagen Kriterien verwendet habe, die nicht richtig definiert gewesen seien, ist zunächst daran zu erinnern, dass es sich bei der in Rede stehenden Vergabe im Einklang mit Art. 97 Abs. 2 der Haushaltsordnung sowie Art. 138 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen um eine Vergabe an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot handelte (siehe Nr. 13 der Verdingungsunterlagen, oben in Randnr. 18 angeführt).

129    Erfolgt die Auftragsvergabe an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot, muss der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien beschreiben und spezifizieren, die eine inhaltliche Bewertung der Angebote ermöglichen. Gemäß Art. 138 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen müssen diese Kriterien im Übrigen durch den Gegenstand der Ausschreibung gerechtfertigt sein. Gemäß Art. 138 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen muss der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen auch genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien machen, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden. Diese Bestimmungen sollen bei der Bewertung der Angebote im Hinblick auf die Vergabe des Auftrags die Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sicherstellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 20. September 1988, Beentjes, 31/87, Slg. 1988, 4635, Randnrn. 21 und 22, und vom 12. Dezember 2002, Universale‑Bau u. a., C‑470/99, Slg. 2002, I‑11617, Randnrn. 90 bis 92; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑406/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung).

130    Diese Bestimmungen sollen daher allen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ermöglichen, die Zuschlagskriterien in gleicher Weise auszulegen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction, C‑19/00, Slg. 2001, I‑7725, Randnr. 42) und damit bei der Abfassung ihrer Gebote über die gleichen Chancen zu verfügen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Universale‑Bau u. a., oben in Randnr. 129 angeführt, Randnr. 93).

131    Zwar sind in Art. 138 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen die Kriterien, die von den öffentlichen Auftraggebern berücksichtigt werden können, nicht abschließend aufgezählt, so dass diese Bestimmung den öffentlichen Auftraggebern die Wahl der Kriterien für die Zuschlagserteilung überlässt, doch kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2008, Lianakis u. a., C‑532/06, Slg. 2008, I‑251, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 25. Februar 2003, Renco/Rat, T‑4/01, Slg. 2003, II‑171, Randnr. 66, und Strabag Benelux/Rat, T‑183/00, Slg. 2003, II‑135, Randnrn. 73 und 74).

132    Außerdem müssen die Zuschlagskriterien, die der öffentliche Auftraggeber zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots festgelegt hat, nicht notwendigerweise quantitativer Art oder ausschließlich auf die Preise ausgerichtet sein. Selbst wenn in den Verdingungsunterlagen Zuschlagskriterien enthalten sind, die nicht quantitativ ausgedrückt sind, können diese Kriterien objektiv und einheitlich zum Vergleich der Angebote angewandt werden und sind eindeutig für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots relevant (vgl. in diesem Sinne Urteil Renco/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 67 und 68).

133    Im vorliegenden Fall hatte die EMSA in Nr. IV.2 der Bekanntmachung des Auftrags sowie in Nr. 13 der Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien angegeben, auf deren Grundlage sie den Auftrag an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben wollte, und zwar einerseits drei qualitative Kriterien mit der relativen Gewichtung, die sie jedem Kriterium zukommen lassen wollte, und zum anderen ein quantitatives Kriterium, nämlich der Gesamtpreis des Angebots mit seiner Gewichtung für das Angebot insgesamt.

134    Die drei qualitativen Kriterien und ihre jeweilige Gewichtung lauten:

„1.       vorgeschlagene Methodik für das Projekt – einschließlich detaillierter Vorschläge für die Durchführung des Projekts sowie der Etappenziele und der Vertragsleistungen (gemäß Nr. 3 [der Verdingungsunterlagen]) (40 %);

2.       Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und kurze Darstellung dieses Verständnisses (20 %);

3.       Qualität der operationellen Dienstleistungen (Helpdesk) (10 %).“

135    Die Klägerin beruft sich lediglich auf die Ungenauigkeit dieser Kriterien, indem sie die Frage aufwirft, wie die EMSA die Qualität der Angebote für jedes dieser Kriterien objektiv habe bewerten können. Sie trägt nichts vor, worauf sich ihre Behauptung stützen ließe, die EMSA habe bei der Definition dieser Kriterien die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung missachtet.

136    Insofern ist hervorzuheben, dass die fraglichen qualitativen Kriterien, wie die für die Erbringung der Dienstleistungen vorgesehene Organisation und Methodik, ein gutes Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und die Qualität der zu erbringenden Dienstleistungen, in ihrem Zusammenhang, und zwar in Verbindung mit den Erläuterungen in Nr. 3 der Verdingungsunterlagen (siehe vorstehend, Randnr. 19), für eine gute Ausführung der Dienstleistungen und damit den Wert der Angebote selbst ausschlaggebend sein können. Es handelt sich daher um für die Feststellung des wirtschaftlich günstigsten Angebots maßgebliche Kriterien. Wie vorstehend in Randnr. 132 außerdem ausgeführt, lässt der bloße Umstand, dass diese Kriterien nicht quantitativer Art sind, nicht den Schluss zu, dass der öffentliche Auftraggeber sie nicht objektiv und einheitlich angewandt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Renco/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 67 und 68). Schließlich ist festzustellen, dass die EMSA gemäß den anwendbaren Bestimmungen die jedem dieser qualitativen Kriterien zukommende Gewichtung in Prozent angegeben und so die Bieter darüber unterrichtet hat, welche Bedeutung sie jedem Kriterium bei der vergleichenden Bewertung der Angebote beimessen wollte.

137    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin enthalten die Akten nichts, worauf sich der Vorwurf stützen ließe, dass die EMSA die sich aus den oben genannten Verordnungsbestimmungen ergebenden Grenzen bei der Wahl und der Definition der Zuschlagskriterien zur Feststellung des wirtschaftlich günstigsten Angebots überschritten hat.

138    Nach alledem ist festzustellen, dass die Klägerin nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass die EMSA ihre Verpflichtung, die Zuschlagskriterien in den Ausschreibungsunterlagen gemäß den Grundsätzen der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung zu bestimmen, verletzt hat.

139    Diese Schlussfolgerung kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin entkräftet werden, das darauf Bezug nimmt, wie andere Organe im Rahmen anderer Vergabeverfahren die Ausschreibungsunterlagen abgefasst haben.

140    Hierzu ist daran zu erinnern, dass der Gesetzgeber dadurch, dass er es den öffentlichen Auftraggebern überlassen hat, die von ihnen für sachgerecht gehaltenen Zuschlagskriterien frei zu wählen, ihnen erlauben wollte, die Art und Weise, den Gegenstand und die spezifischen Eigenschaften eines jeden Auftrags bei der Wahl und der Formulierung der Zuschlagskriterien zu berücksichtigen. Die Klägerin kann sich daher nicht erfolgreich auf die Formulierung von Zuschlagskriterien, die bestimmte Einrichtungen im Rahmen anderer Vergabeverfahren gewählt haben, berufen, um die Unbestimmtheit der im vorliegenden Fall gewählten Zuschlagskriterien darzutun. Die Bezugnahme auf Ausschreibungsunterlagen anderer Vergabeverfahren stellt hierfür weder ein einschlägiges noch ein hinreichendes Beweismittel hierfür dar.

141    Was schließlich das Argument anbelangt, der Bewertungsausschuss habe dadurch, dass er beschlossen habe, die Zuschlagskriterien in Unterkriterien aufzuteilen, offen zugegeben, dass die ausgewählten Zuschlagskriterien nicht genau definiert und klärungsbedürftig und/oder zu ersetzen seien, ist festzustellen, dass das Vorliegen von Unterkriterien zu einem Hauptkriterium unabhängig von der Frage, ob im vorliegenden Fall eine solche Unterteilung vorgenommen worden ist, keineswegs beweist, dass die Hauptkriterien unbestimmt sind.

142    Die Rüge, mit der die Unbestimmtheit der Zuschlagskriterien geltend gemacht wird, ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zur Rüge der Unbestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen

143    Was das Argument der mangelnden Bestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen angeht, muss, wie vorstehend in Randnr. 78 ausgeführt, die Klage den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Klägerin darauf, auf einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung hinzuweisen, der sich aus der Unbestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen ergeben soll, ohne diese Behauptung durch irgendein Argument zu stützen, und vor allem, ohne die Ausschreibung, auf die sie sich bezieht, genau zu benennen. Daher muss das Vorbringen angesichts der erwähnten Grundsätze als unzulässig abgewiesen werden.

–       Zur Rüge der Rechtswidrigkeit der Unterteilung eines der Zuschlagskriterien in Unterkriterien

144    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass diese Rüge, obwohl die Klägerin sie in der Erwiderung vorgebracht hat, gleichwohl gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung zugelassen werden kann, da sie auf rechtliche und tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens, nämlich durch den Bericht an den Finanzkontrolleur (Report to the authorising officer) vom 19. November 2004, sowie die technischen Bewertungsbögen, die die EMSA als Anlagen zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gereicht hat, zutage getreten sind.

145    Wenn der Auftrag an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben wird, muss der öffentliche Auftraggeber, wie vorstehend in Randnr. 129 ausgeführt, gemäß Art. 97 der Haushaltsordnung und Art. 138 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags die anwendbaren Zuschlagskriterien und deren Gewichtung angeben.

146    Die letztgenannten Bestimmungen, die im Licht der in Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung enthaltenen Grundsätze der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer und der Transparenz zu verstehen sind, verlangen, dass den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung ihrer Angebote alle Kriterien, die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, und deren relative Bedeutung bekannt sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 24. November 2005, ATI EAC e Viaggi di Maio u. a., C‑331/04, Slg. 2005, I‑10109, Randnr. 24, und Lianakis u. a., oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 36).

147    Demnach darf ein öffentlicher Auftraggeber keine Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Lianakis u. a., oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 38).

148    Nach ständiger Rechtsprechung darf ein öffentlicher Auftraggeber gleichwohl nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Angebote unter drei Bedingungen Gewichtungskoeffizienten für die Unterkriterien von vorab festgelegten Zuschlagskriterien bestimmen, sofern nämlich erstens diese nachträgliche Bestimmung die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, zweitens nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und drittens nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile ATI EAC e Viaggi di Maio u. a., oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 32, und Lianakis u. a., oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 42 und 43).

149    Im vorliegenden Fall ist daran zu erinnern, dass in Nr. 13.1 der Verdingungsunterlagen als erstes Zuschlagskriterium die „vorgeschlagene Methodik für das Projekt“ angegeben ist, und dass diese „[detaillierte] Vorschläge für die Durchführung des Projekts“, einschließlich der Etappenziele und der Vertragsleistungen gemäß Nr. 3 der Verdingungsunterlagen, umfassen muss. Die Verdingungsunterlagen gewichteten dieses Kriterium mit 40 von 100 Punkten.

150    Die Bieter mussten nach Nr. 3 der Verdingungsunterlagen in ihre Angebote genaue Angaben zum Plan für die Durchführung des Projekts aufnehmen, wobei jeder Arbeitsabschnitt klar definiert sein musste, und dieser Durchführungsplan musste bestimmte Mindestangaben enthalten (siehe vorstehend, Randnr. 19). Dazu gehörten vor allem die horizontalen Maßnahmen (Nr. 3.1), die Beschreibung des Projektmanagementteams und der Verantwortlichen (Nr. 3.2), die Dienstleistungen auf der Ebene des Projektmanagements (Nr. 3.4) sowie die Beschreibung der Arbeitsabschnitte und ihr Zusammenhang (Nr. 3.5). Insbesondere heißt es in Nr. 3.2 zur Beschreibung des Projektmanagementteams, dass die Bieter „in dem Angebot die genauen Dienstleistungen [klar beschreiben] und … detaillierte Angaben zu der Antwortzeit [machen und] ihrem Angebot den detaillierten Lebenslauf eines jeden für die Durchführung der Arbeit verantwortlichen Mitglieds des Personals beifügen [müssen], der Angaben zu dessen Ausbildung, Hochschulniveau und Diplomen, der Berufserfahrung, Veröffentlichungen und der Beherrschung von Sprachen enthält“. In Nr. 3.4 über die Dienstleistungen auf der Ebene des Projektmanagements heißt es im Übrigen, dass der Bieter in seinem Angebot eine detaillierte Beschreibung der in diesem Abschnitt aufgezählten Bedingungen und das Gantt-Diagramm für den Durchführungsplan des Projekts vorlegen muss. Schließlich ist nach Nr. 3.5 ein Gesamtüberblick über die Manntage und deren Kosten für jeden Arbeitsabschnitt einzureichen.

151    Aus dem Bericht an den Finanzkontrolleur vom 19. November 2004 geht hervor, dass der Bewertungsausschuss das erste Kriterium betreffend die vorgeschlagene Methodik für das Projekt (das detaillierte Vorschläge für die Durchführung des Projekts sowie die Etappenziele und die Vertragsleistungen gemäß Nr. 3 der Verdingungsunterlagen enthalten musste) in zwei Unterkriterien gefasst hatte: „Aufteilung der Aufgaben, Qualität des angebotenen Arbeitskräftepotenzials und Manntage (Roadmap): 20 %; zu erbringende Dienstleistungen: 20 %“.

152    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat der Bewertungsausschuss diese Zuschlagskriterien nicht in Unterkriterien unterteilt, die den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht worden sind. Die Unterkriterien entsprechen nämlich im Wesentlichen der Beschreibung des ersten, die Methodik betreffenden Zuschlagskriteriums, das in Nr. 13.1 der Verdingungsunterlagen in Verbindung mit Nr. 3 der Verdingungsunterlagen (siehe vorstehend, Randnrn. 149 und 150) beschrieben wurde. Es ist daher festzustellen, dass der Bewertungsausschuss lediglich die 40 Punkte, die dem ersten Zuschlagskriterium zugeteilt werden konnten, gewichtet hat, indem er sie gleichmäßig auf diese Unterkriterien aufgeteilt hat.

153    Nach alledem ist zu prüfen, ob der Bewertungsausschuss dadurch, dass er eine solche Gewichtung vorgenommen hat, gegen die Haushaltsordnung und die Durchführungsbestimmungen verstoßen hat.

154    Aus der vorstehend in Randnr. 148 aufgeführten Rechtsprechung geht hervor, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht gegen die Haushaltsordnung und die Durchführungsbestimmungen verstößt, wenn er die für dieses Kriterium bei Erstellung der Verdingungsunterlagen vorgesehenen Punkte auf die Unterkriterien verteilt, sofern diese Aufteilung die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags festgelegten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und nicht unter Berücksichtigung von Umständen vorgenommen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten.

155    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin dadurch, dass sie sich damit begnügt, allgemein zu rügen, dass der öffentliche Auftraggeber ein Kriterium in zwei Unterkriterien aufgeteilt habe, nicht dargetan hat, dass dessen Entscheidung, eine solche Aufteilung vorzunehmen, eine Änderung der zuvor in den Ausschreibungsunterlagen bestimmten Zuschlagskriterien mit sich gebracht hat, dass sie etwas enthält, das die Vorbereitung der Angebote hätte beeinflussen können oder dass sie eine diskriminierende Wirkung gegenüber der Klägerin oder einem der Bieter hatte.

156    Nach alledem ist diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

157    Was schließlich die Rüge anbelangt, die im Wesentlichen auf der verspäteten Mitteilung des Namens des ausgewählten Bieters beruht – den die EMSA der Klägerin nicht gemäß Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung binnen 15 Tagen nach der Anforderung mitgeteilt hat, sondern erst einige Wochen später im Wege der dem Schreiben der EMSA vom 6. Januar 2005 beigefügten Bekanntmachung der Durchführung der Vergabe des öffentlichen Auftrags im Amtsblatt –, ist festzustellen, dass diese Verzögerung, so bedauerlich und ungerechtfertigt sie auch sein mag, die Möglichkeit für die Klägerin, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen, jedoch nicht eingeschränkt hat und daher nicht als solche zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen kann (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichts vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52). Schließlich zeigt die Klägerin weder auf, welche Folge dieser Umstand für die Rechtmäßigkeit der Vergabeentscheidung haben könnte, noch, wie er sich konkret auf ihre Verteidigungsrechte ausgewirkt haben könnte.

158    Aus alledem ist zu schließen, dass der zweite Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, insgesamt zurückzuweisen ist.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und Fehlen sachdienlicher Informationen

 Vorbringen der Parteien

159    Die Klägerin macht geltend, die Entscheidung der EMSA, ihr Gebot zurückzuweisen und den Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben, sei wegen Fehlens einer angemessenen Begründung mangelhaft.

160    Erstens wirft sie der EMSA vor, ihr die Möglichkeit genommen zu haben, die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen zu beurteilen, indem sie ihre Fragen nicht fristgemäß beantwortet und die wiederholt schriftlich angeforderten Erläuterungen nicht gegeben habe.

161    Zweitens macht sie geltend, die EMSA habe ihr nicht alle beantragten Informationen über die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots gegeben. Hierzu weist sie darauf hin, dass der öffentliche Auftraggeber gemäß Art. 253 EG und Art. 8 der Richtlinie 92/50 verpflichtet sei, seine Entscheidung, das Angebot eines Bieters abzulehnen, auf Ersuchen um Mitteilung der Zurückweisungsgründe binnen 15 Tagen hinreichend zu begründen.

162    Im vorliegenden Fall habe die EMSA die Gründe für die Zurückweisung des Angebots der Klägerin nicht klar dargelegt, sondern sich darauf beschränkt, ihr – mit beträchtlicher Verzögerung und nur nach wiederholter Aufforderung – einige wenige Informationen zu geben, die nicht den Bestimmungen der Haushaltsordnung und der Rechtsprechung zum öffentlichen Auftragswesen entsprochen hätten. Sie habe es auch unterlassen, die Merkmale und komparativen Vorteile des ausgewählten Angebots anzugeben, und die Klägerin damit daran gehindert, sich zu der Wahl substantiiert zu äußern und sie in Frage zu stellen, sowie ihr die Möglichkeit genommen, Schadensersatz zu erhalten.

163    Zur Stützung ihres Vorbringens legt die Klägerin als Beispiel die Kopie des Bewertungsberichts aus einem anderen Vergabeverfahren vor, den ihr eine Generaldirektion der Kommission übersandt habe. Schon ein einfacher Vergleich zwischen diesem Schriftstück und dem Schreiben der EMSA vom 16. Dezember 2004 zeige, dass das Schreiben nicht die in den Rechtsvorschriften und gemäß der Rechtsprechung vorgesehene Begründungspflicht auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens erfülle.

164    Sodann weist die Klägerin das Vorbringen der EMSA zurück, das Gericht könne nur die Entscheidung, keine Begründung zu geben, nicht aber die angefochtenen Entscheidungen selbst für nichtig erklären. Dies würde bedeuten, dass die öffentlichen Auftraggeber willkürliche Entscheidungen treffen könnten, ohne sie zu begründen, und den Vertrag unterzeichnen könnten.

165    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

166    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrer ersten Rüge die Weigerung der EMSA beanstanden will, mit ihr die Vorteile ihres Angebots im Vergleich zu den Vorteilen des ausgewählten Angebots zu erörtern. Hierzu genügt die Feststellung, dass der öffentliche Auftraggeber aufgrund seiner Pflicht, die Zurückweisung eines Angebots zu begründen, nicht verpflichtet ist, eine solche Diskussion zu führen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2008, AWWW/FEACVT, T‑211/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 43). Außerdem kann die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nicht allein aus diesem Grund in Frage gestellt werden (Urteil vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 78). Die Klägerin kann der EMSA daher nicht vorwerfen, dadurch gegen ihre Begründungspflicht verstoßen zu haben, dass sie sich geweigert habe, auf die Fragen und Anträge auf Erläuterungen zu antworten, die sie ihr vor Erhalt des Schreibens vom 16. Dezember 2004 gestellt habe.

167    Was die zweite Rüge anbelangt, die einen Verstoß gegen die eigentliche Begründungspflicht betrifft, den die Klägerin darin sieht, dass die EMSA es unterlassen habe, ihr die angeforderten Informationen über die Zurückweisungsgründe für ihr Angebot mitzuteilen, ist darauf hinzuweisen, dass es sich im Rahmen eines Vergabeverfahrens für einen öffentlichen Auftrag wie dem vorliegenden bei den Verordnungsbestimmungen, die den Inhalt der Begründungspflicht des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem Bieter, dessen Angebot abgelehnt worden ist, festlegen, um Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 der Durchführungsbestimmungen und nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, um die Bestimmungen der Richtlinie 92/50 handelt (siehe vorstehend, Randnr. 126).

168    Aus den genannten Bestimmungen folgt, dass der öffentliche Auftraggeber seiner Begründungspflicht genügt, wenn er sich zunächst darauf beschränkt, jeden abgewiesenen Bieter unverzüglich über die Gründe für die Ablehnung seines Angebots zu unterrichten, und sodann die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers den Bietern, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und ausdrücklich um diese Mitteilung ersucht haben, binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags mitteilt (vgl. Urteile vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 68, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 157 angeführt, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

169    Ein solches Vorgehen entspricht dem Zweck der in Art. 253 EG verankerten Begründungspflicht, wonach die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass zum einen die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, um ihre Rechte geltend zu machen, und zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 157 angeführt, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

170    Hinzuzufügen ist, dass die Frage, ob der Begründungspflicht genügt wurde, aufgrund der Informationen zu beurteilen ist, die die Klägerin bei der Klageerhebung besaß (Urteile Strabag Benelux/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 58, Renco/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 96, und vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 129 angeführt, Randnr. 50).

171    Außerdem ist hervorzuheben, dass das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen ist, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

172    Im vorliegenden Fall ist schließlich daran zu erinnern, dass Nr. 13.1 der Verdingungsunterlagen drei Zuschlagskriterien vorsieht, nämlich die „vorgeschlagene Methodik für das Projekt“ – die ausdrücklich auf Nr. 3 der Verdingungsunterlagen Bezug nimmt, wonach die Bieter bestimmte detaillierte Informationen vorlegen müssen (siehe vorstehend, Randnr. 19) –, das „Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen“ und die „Qualität der operationellen Dienstleistungen“. Für die Bewertung der Angebote im Hinblick auf jedes dieser drei Bewertungskriterien wurde ein Punktesystem aufgestellt. Ebenso wurde für jedes Kriterium eine Mindestpunktzahl (60 %) vorgesehen und insgesamt ein Minimum von 70 % verlangt. Nur die Angebote, die die Mindestschwellen für die erforderlichen Punkte erreichten, durften für die Vergabe des Auftrags berücksichtigt werden.

173    Um zu entscheiden, ob die EMSA dem in der Haushaltsordnung und deren Durchführungsbestimmungen festgelegten Begründungserfordernis Genüge getan hat, müssen daher ihre Schreiben vom 6. Dezember 2004 und vom 16. Dezember 2004 geprüft werden, die sie der Klägerin auf deren ausdrücklichen Antrag vom 7. Dezember 2004, ihr zusätzliche Auskünfte zu der Entscheidung über die Vergabe des betreffenden Auftrags und die Ablehnung ihres Angebots zu geben, übersandt hat.

174    Dazu ist festzustellen, dass der Klägerin mit dem Schreiben vom 6. Dezember 2004 mitgeteilt wurde, dass ihr Angebot in der Zuschlagsphase nicht ausgewählt worden sei, da das Preis-Leistungs-Verhältnis unter demjenigen des ausgewählten Angebots gelegen habe. Die EMSA unterrichtete die Klägerin in diesem Schreiben auch darüber, dass sie zusätzliche Informationen zu den Gründen für die Ablehnung ihres Angebots, den Merkmalen und Vorteilen des Angebots des ausgewählten Bieters sowie dessen Namen anfordern könne, was die Klägerin mit Fernkopie vom 7. Dezember 2004 tat.

175    Was das Schreiben der EMSA vom 16. Dezember 2004 anbelangt, ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin behauptet, sie habe es erst am 7. Januar 2005 als Anlage zu der Fernkopie der EMSA von diesem Tag auf ihre Fernkopie vom 5. Januar 2005 hin erhalten, in der sie sich darüber beschwert habe, dass sie über die Vergabe des fraglichen Auftrags nicht unterrichtet worden sei. Das Gericht hat keinen Grund, zu bezweifeln, dass die EMSA das Schreiben am 16. Dezember 2004 versandt hat – was die Klägerin im Übrigen nicht ausdrücklich bestreitet –, und ist der Auffassung, dass die EMSA durch keine Bestimmung über das Vergabeverfahren für den betreffenden Auftrag verpflichtet ist, Versendungsmodalitäten für diese Art der Mitteilung einzuhalten, die es ihr erlauben, den tatsächlichen Erhalt durch die Bieter zu beweisen, obwohl es bedauerlich ist, dass sie es nicht für geboten hielt, Übermittlungsarten auszuwählen, die es ihr erlauben konnten, eine solche Überprüfung sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 19. Oktober 2007, Evropaïki Dynamiki/EFSA, T‑69/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 56). Jedenfalls hat diese Verzögerung die Klägerin nicht in ihrer Möglichkeit beeinträchtigt, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen, und kann allein nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass die Klägerin alle in diesem Schreiben erhaltenen Informationen verwendet hat, um die vorliegende Klage zu erheben.

176    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die EMSA in diesem Schreiben die Anzahl der dem Angebot der Klägerin für jedes Zuschlagskriterium zugeteilten Punkte sowie das Endergebnis für das Preis-Leistungs-Verhältnis ihres Angebots angegeben hat, das 68,89 von 100 Punkten betrug, während das Angebot des ausgewählten Bieters 79,33 von 100 Punkten erreichte. Hinsichtlich des Angebots des ausgewählten Bieters enthält das Schreiben, dessen Inhalt vorstehend in Randnr. 27 wiedergegeben ist, eine genaue Analyse.

177    Aus den Akten geht hervor, dass die Informationen, die mit der bei der Durchführung des Projekts angewandten Methodik, der Aufgabenbeschreibung, der vorgeschlagenen Anzahl von Manntagen sowie den Vertragsleistungen verbunden sind, die Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters anhand des ersten Kriteriums betreffen, während sich die Informationen zum Verständnis des Projekts und zur vorgeschlagenen Dienstgütevereinbarung auf das zweite und das dritte Zuschlagskriterium beziehen.

178    Außerdem sind diese Informationen im Zusammenhang mit Nr. 3 der Verdingungsunterlagen zu verstehen, die eine Reihe von genauen Angaben für das Angebot vorgibt, vor allem die bereitgestellten Mittel, das Gantt-Diagramm, die Aufteilung der Aufgaben, die vorgeschlagene Zahl der Manntage sowie die nach Art der Aufgabe bestimmten Vertragsleistungen (siehe vorstehend, Randnr. 150). Da die Klägerin, wie die Abfassung ihres Angebots belegt, eine vertiefte Kenntnis der Verdingungsunterlagen besaß, war sie in der Lage, daraus die Vorteile des ausgewählten Angebots abzuleiten.

179    Angesichts aller dieser Informationen sowie der Angaben zu der ihrem Angebot für jedes Kriterium zugeteilten Punktzahl war die Klägerin in der Lage, nicht nur die Schwächen ihres Angebots und damit die Gründe für seine Ablehnung zu erkennen, nämlich, dass sie bei zwei Zuschlagskriterien nicht das erforderliche Qualitätsniveau erreichte, sondern auch das Gesamtergebnis der Beurteilung ihres Angebots (68,69 von 100 Punkten) mit dem des ausgewählten Angebots (79,33 von 100 Punkten) zu vergleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

180    Im Übrigen ergibt sich aus den Angaben in diesem Schreiben insgesamt, dass das Angebot der Klägerin weder die für das erste („vorgeschlagene Methodik für das Projekt“) und das dritte („Qualität der operationellen Dienstleistungen“) Zuschlagskriterium verlangte Mindestpunktzahl noch überhaupt das erforderliche Gesamtergebnis von mindestens 70 von 100 Punkten erreicht hatte, während nach den Ausführungen in den Verdingungsunterlagen nur die Angebote, die die erforderliche Mindestschwelle erreichten, bei der Vergabe des fraglichen Auftrags berücksichtigt werden sollten.

181    Aus alledem ist zu schließen, dass eine solche Begründung es der Klägerin ermöglichte, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen, und diesem, seine Kontrollaufgabe hinsichtlich der Ablehnung des Angebots wahrzunehmen. Daher ist der vorliegende Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler der EMSA

 Vorbringen der Parteien

182    In ihrer Klageschrift macht die Klägerin geltend, die EMSA habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die Qualität ihres Angebots nicht richtig und nicht objektiv beurteilt habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass diese unter der des ausgewählten Bieters liege.

183    Außerdem sei offensichtlich, dass die Entscheidung des Bewertungsausschusses auf ungenaue Annahmen gestützt sei, da die EMSA keine objektive, im Voraus festgelegte und den Bietern bekannte Methodik verfolgt habe.

184    In der Erwiderung bestreitet die Klägerin zunächst die Behauptung der EMSA, die Festlegung der Bewertungsmethodik hätte bestimmte Bieter begünstigen können. Nach ihrer Auffassung beeinträchtigt eine Methodik nicht die Rechte der Bieter, sondern ermöglicht es ihnen vielmehr, das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis einzureichen, und dem Gericht, seine Kontrollfunktion wahrzunehmen. Im Übrigen bestätige die Tatsache, dass der Bewertungsausschuss die Zuschlagskriterien in Unterkriterien aufgeteilt habe, dass die Kriterien nicht hinreichend bestimmt gewesen seien.

185    Die Klägerin rügt zudem die Unterlagen des Bewertungsausschusses, die die EMSA als Anlage zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gereicht habe.

186    Insofern habe die Unterteilung des ersten Zuschlagskriteriums in zwei Unterkriterien durch den Bewertungsausschuss dazu geführt, dass dieser sich auf zwei einzelne Gesichtspunkte der Ausschreibung konzentriert habe, die den Bietern vor der Abgabe ihrer Angebote nicht bekannt gewesen seien.

187    Zum Bewertungsbericht macht sie erstens geltend, auch wenn aus dem Bericht hervorgehe, dass das Angebot des ausgewählten Bieters „geringfügige Irrtümer“ aufweise, sei es ihr nicht möglich gewesen, sich zur Bedeutung dieser Irrtümer zu äußern, da der Bericht deren Art nicht näher beschreibe. Zweitens sei die Bewertung der Schwächen ihres Angebots ungenau formuliert gewesen, und die Anmerkungen seien zu allgemein.

188    Die Klägerin beanstandet auch bestimmte Anmerkungen in den Bewertungsbögen, die jeder Bewerter ausgefüllt habe. Was das Angebot des ausgewählten Bieters anbelangt, weist sie auf den Widerspruch zwischen der Äußerung eines der Bewerter hin, das Angebot des ausgewählten Bieters enthalte „geringfügige Irrtümer hinsichtlich des von dem System SafeSeaNet zu leistenden Informationsflusses und der Art der unterstützten Informationen“, und der Feststellung, diese Irrtümer hätten keine „unmittelbaren Wirkungen auf das Verständnis der Spezifikationen“. Ferner habe der ausgewählte Bieter, einem der Bewerter zufolge, große Erfahrung bei der Durchführung maritimer Projekte; die Erfahrung habe jedoch nicht zu den Zuschlagskriterien gehört.

189    Sie wendet sich auch gegen bestimmte Anmerkungen der Ausschussmitglieder bei der Bewertung ihres Angebots. Es handelt sich vor allem um die Anmerkung des ersten Bewerters zu dem ersten Zuschlagskriterium, unter Buchst. a, nach dem die Zahl von 833,5 Manntagen, ohne das Helpdesk einzuschließen, überhöht sei, sowie die Anmerkungen des zweiten und des dritten Bewerters, die sich auf eine fehlende Übersichtlichkeit des Gantt-Diagramms, die fehlende Unterscheidung zwischen Phase A und B dieses Diagramms und die Länge der Phase der Analyse und Entwicklung beziehen. Aus ihrem Angebot sei klar hervorgegangen, dass, abgesehen von den dem Helpdesk zugeteilten Mitteln, das Projektteam auf die Dienstleistungen spezialisierter Ingenieure habe zurückgreifen sollen, die in den 833,5 Manntagen enthalten seien. In ihrem Angebot seien ferner das Funktionieren des Helpdesk, eine klare Methodik, die verwendete Informationsplattform, die Aktenführung und die Nutzung des geforderten „Dienstgütevertrags“ klar beschrieben. Die Bewerter hätten daher einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie diese Angaben nicht berücksichtigt hätten.

190    Einen zweiten offensichtlichen Beurteilungsfehler hätten die Bewerter dadurch begangen, dass sie die sogenannte Phase der „Analyse und Entwicklung“ als zu lang befunden hätten. Da die Verdingungsunterlagen eine auf das Internet ausgerichtete (web-oriented) Anwendung gefordert hätten, habe sie entsprechend der in sämtlichen Einrichtungen der Gemeinschaft und auf dem gesamten Markt angewandten Methodik gemäß den Grundsätzen der UML (Unified Modeling Language) eine auf einem iterativen Modell beruhende SSN-Anwendung entwickeln müssen. Sie habe daher 105 Seiten ihres Angebots der Erklärung der „Methodik der Softwareentwicklung“ gewidmet, von denen ein erheblicher Teil die Grundsätze der UML im Einzelnen erklärt habe. Die Bewerter hätten daher einen weiteren offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, denn sie hätten das Angebot der Klägerin weder angemessen geprüft noch berücksichtigt, dass es sich bei der anwendbaren Methodik um die UML gehandelt habe.

191    Hinsichtlich der mangelnden Übersichtlichkeit des Gantt-Diagramms weist die Klägerin außerdem darauf hin, dass ihr Gantt-Diagramm durch die Verwendung der UML und eines iterativen Ansatzes für das Verfahren gerechtfertigt sei. Insbesondere hätte, wie sie im Abschnitt „Übernahmemethodik“ ihres Angebots im Einzelnen erläutert habe, die Übernahmephase einen Monat dauern müssen, und die Validierung hätte gleichzeitig mit der Übernahme beginnen müssen. Drei Monate wären daher für die Validierung mehr als ausreichend gewesen. Während dieses Zeitraums hätte sie auch die „Analyse und Entwicklung“ vornehmen und dabei Informationen der Validierungsphase nutzen können. Die Durchführungsphase hätte ebenfalls gleichzeitig begonnen. Während der ersten beiden Monate hätte sich das Team der Klägerin zum Aufbau der Umgebung der Durchführung auf die Vorbereitungsarbeiten konzentriert. Es handele sich um einen klassischen Ansatz, den die Bewerter nicht als ungewöhnlich hätten bezeichnen dürfen, so dass sie einen weiteren offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätten.

192    Was schließlich die fehlende Unterscheidung zwischen der Phase A und der Phase B des Gantt-Diagramms anbelange, auf die die Bewerter wiederholt hingewiesen hätten, habe es in den Verdingungsunterlagen gerade geheißen, dass die beiden Phasen miteinander verbunden und als ein Projekt anzusehen seien. Auch insofern liege ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Bewerter vor.

193    Was das erste Zuschlagskriterium, unter Buchst. b, anbelangt, wendet sich die Klägerin gegen die Anmerkungen des ersten, des zweiten und des dritten Bewerters, es fehle jegliche konkrete Methodik, die technischen Treffen seien nicht im Einzelnen aufgeführt, und es mangele an Klarheit hinsichtlich der zu erbringenden Dienstleistungen. Sie trägt dazu vor, ihr Angebot führe alle erforderlichen Treffen auf, lege eine klare Auflistung der zu erbringenden Dienstleistungen vor und beschreibe für jeden Gesichtspunkt der Ausschreibung im Einzelnen die vorgeschlagene Methodik sowie die für jedes durchzuführende Projekt verwendete Methodik und den verfolgten Ansatz. Danach sei es eindeutig, dass die Bewerter einen weiteren offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätten.

194    Was schließlich das dritte Zuschlagskriterium anbelangt, weist die Klägerin darauf hin, dass nach Ansicht des ersten Bewerters die Tätigkeit des Helpdesk nicht in Bezug auf Funktionalität beschrieben worden sei und dass es keinen konkreten Vorschlag für die Organisation und das Management des Helpdesk gegeben habe, während nach Ansicht des zweiten Bewerters die Zahl der Manntage für das Helpdesk und die Unterstützung der Mitgliedstaaten nicht ausreichend gewesen sei und es keine klare Methode für die Handhabung der eingehenden Anrufe und die Verfahren zur Verminderung der Interventionszeit gegeben habe. Dazu weist die Klägerin darauf hin, dass sich aus ihrem Angebot klar ergeben habe, dass die Tätigkeit des Helpdesk auf die Dienstleistungen eines Teils der 833,5 Manntage zurückgreife – einer Zahl, die der Bewertungsausschuss als überhöht angesehen habe – und dass das Angebot ferner eine klare Beschreibung der Methode enthalte, die im Hinblick auf das Management auf Verfahren beruhe, die sich auf dem aktuellen Stand der Technik befänden, sowie auf Instrumenten der fortgeschrittenen Informationstechnologie.

195    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

196    Nach ständiger Rechtsprechung verfügt der öffentliche Auftraggeber bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die bei der Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu berücksichtigen sind, über einen weiten Spielraum, und die Kontrolle durch das Gericht muss sich auf die Prüfung beschränken, ob kein schwerer und offensichtlicher Fehler vorliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 23. November 1978, Agence européenne d’intérims/Kommission, 56/77, Slg. 1978, 2215, Randnr. 20; Urteile des Gerichts vom 6. Juli 2005, TQ3 Travel Solutions Belgium/Kommission, T‑148/04, Slg. 2005, II‑2627, Randnr. 47, und Belfass/Rat, oben in Randnr. 119 angeführt, Randnr. 63).

197    Im vorliegenden Fall stützt sich das Vorbringen, das die Klägerin in ihren Schriftsätzen dem Nachweis des Vorliegens offensichtlicher Beurteilungsfehler widmet, im Wesentlichen auf drei Hauptgesichtspunkte.

198    Erstens fehle eine objektive und vorab festgelegte Methodik, die den Bietern bekannt gewesen sei, damit sie in die letzte Ausscheidung hätten gelangen können. Außerdem hätten die Bieter keine Kenntnis von der Unterteilung der Kriterien in Unterkriterien gehabt, und die Zuschlagskriterien seien dem Anschein nach allgemeiner und abstrakter Art gewesen; die Bewertung der Angebote habe daher nur subjektiv sein und von ungenauen Annahmen ausgehen können.

199    Es ist festzustellen, dass die Klägerin sich auf allgemeine Aussagen beschränkt, die nicht durch Beweismittel gestützt und untermauert sind. Sie versucht mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen, in den Rahmen dieses Klagegrundes die Argumente wiedereinzubringen, die sie bereits im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgebracht hat, den das Gericht zurückgewiesen hat. Außerdem hat die Klägerin nicht dargetan, wie die von ihr angeführten Fehler des öffentlichen Auftraggebers diesen zu ungenauen Annahmen und einer subjektiven Bewertung der Angebote veranlasst haben sollen. Jedenfalls war die Methodik, die der Bewertungsausschuss zur Erstellung der endgültigen Reihenfolge der Angebote angewandt hat, in Nr. IV.2 der Ausschreibung und Nr. 13 der Verdingungsunterlagen, in denen die EMSA die Kriterien, nach denen die Auswahl des Angebots erfolgen sollte, sowie die jedem dieser Kriterien beizumessende Gewichtung angegeben hat, im Voraus festgelegt und genau beschrieben.

200    Daher kann dieser erste Teil des Vorbringens den vorliegenden Klagegrund nicht stützen.

201    Zweitens wendet sich die Klägerin gegen die Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters im Endbericht des Bewertungsausschusses, soweit der Ausschuss zwar das Vorliegen geringfügiger in diesem Angebot zutage getretener Irrtümer konstatiert, aber die Art dieser Irrtümer nicht genau angegeben habe.

202    Hierzu ist festzustellen, dass sich die erwähnte Anmerkung des Bewertungsausschusses auf das zweite Zuschlagskriterium bezieht und wie folgt lautet: „Der Bieter lässt ungeachtet geringfügiger Irrtümer in dem SafeSeaNet-Diagramm ein gutes Verständnis des Projekts erkennen.“ In einer derartigen Anmerkung als solcher kann kein Fehler oder innerer Widerspruch gesehen werden. Der öffentliche Auftraggeber kann nämlich die Auffassung vertreten, dass ein Angebot, obwohl es mit als geringfügig eingeschätzten Irrtümern behaftet ist, ein gutes Verständnis des Projekts aufweist. Jedenfalls hat die Klägerin die Fehlerhaftigkeit einer solchen Anmerkung nicht dargetan, und noch weniger hat sie dargetan, dass diese aus ihrer Sicht fehlerhafte Anmerkung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters zur Folge hatte.

203    Was drittens das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich des ersten Zuschlagskriteriums, unter Buchst. a und b, und des dritten Zuschlagskriteriums der betroffenen Ausschreibung (siehe vorstehend, Randnrn. 188 bis 194) betrifft, mit dem sie den spezifischen Anmerkungen zu ihrem Angebot entgegentritt, die auf den technischen Bewertungsbögen der einzelnen Bewerter enthalten sind, so geht dieses Vorbringen ins Leere.

204    Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass der Bewertungsausschuss, der sich aus mindestens drei Personen zusammensetzt, gemäß Art. 146 Abs. 1 Unterabs. 2 der Durchführungsbestimmungen vom zuständigen Anweisungsbefugten zwecks Abgabe einer Stellungnahme ernannt wird. Dieser Ausschuss erstellt ein Protokoll der Bewertung, das von seinen Mitgliedern unterzeichnet wird und vor allem die Namen der ausgeschlossenen Bieter und die Gründe für den Ausschluss ihres Angebots sowie den Namen des ausgewählten Auftragnehmers und die Gründe für die Wahl enthält. Die endgültige Entscheidung über die Vergabe des Auftrags wird anschließend gemäß Art. 147 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen von dem öffentlichen Auftraggeber getroffen.

205    Daraus ergibt sich, dass die technischen Bewertungsbögen, die dazu dienen, die Bewertungen zusammenzutragen, zu denen verschiedene Bewerter gelangen, deren Meinungen offensichtlich voneinander abweichen können, keine selbständige rechtliche Bedeutung haben. Folglich können diese Bewertungsbögen im vorliegenden Fall von der Klägerin nicht einzeln herangezogen werden, um sich auf mögliche Widersprüche zwischen den Bewertungen in verschiedenen Bögen zu stützen, denn diese Bewertungen werden vom Bewertungsausschuss zusammengefasst, der auf diese Weise seine endgültige Haltung festlegt, die im Übrigen eine Stellungnahme gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber bleibt.

206    Die Entscheidung des Ausschusses kann, was den Vorschlag des künftigen Auftragnehmers und die Rechtfertigung dieser Wahl anbelangt, nur eine kollektive Entscheidung sein, da die Bewertung der einzelnen Mitglieder dieses Ausschusses in dem Endbericht aufgeht. Daher ist offensichtlich, dass sich jedes Vorbringen zur Geltendmachung eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers gegebenenfalls nur gegen den Bewertungsbericht des Bewertungsausschusses richten kann und nur dann, wenn die endgültige Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers sich tatsächlich darauf stützt.

207    Jedenfalls ist festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nicht dargetan hat, ob und wie sich diese von jedem Bewerter persönlich in den technischen Bewertungsbögen zum Ausdruck gebrachten Anmerkungen in dem endgültigen Bericht des Bewertungsausschusses niedergeschlagen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler ihres Angebots durch den öffentlichen Auftraggeber mit sich gebracht haben. Dazu hätte sie zumindest erklären müssen, auf welche Weise die vermeintlich fehlerhaften Anmerkungen die für ihr Angebot erzielten Noten hinsichtlich des ersten und des dritten Zuschlagskriteriums – also derjenigen, für die ihr Angebot nicht die in den Verdingungsunterlagen geforderte Mindestpunktzahl erhalten hat, und der einzigen, zu denen sie eine Rüge vorgebracht hat – betroffen haben sollen. Es genügt die Feststellung, dass die Klägerin keine solche Erklärung vorgebracht hat.

208    Nach alledem ist auch diese Rüge zurückzuweisen.

209    Daraus ist zu schließen, dass die Klägerin das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler, die der öffentliche Auftraggeber begangen haben soll, weder im Rahmen der Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters noch im Rahmen der Bewertung ihres Angebots dargetan hat.

210    Folglich ist der dritte Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

3.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der späteren Entscheidungen der EMSA

211    Mit ihrem zweiten Antrag ersucht die Klägerin das Gericht, alle späteren Entscheidungen der EMSA über die betreffenden Ausschreibungen für nichtig zu erklären.

212    Hierzu ist daran zu erinnern, dass, wie bereits vorstehend in Randnr. 78 festgestellt, jede Klageschrift den Streitgegenstand angeben und eine zusammenfassende Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, müssen die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen eine Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen.

213    Im vorliegenden Fall gibt die Klägerin nicht genau an, auf welche Maßnahmen sich dieser zweite Antrag bezieht, und trägt nichts zur Stützung ihres Antrags vor.

214    Daher ist der zweite Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

 Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen

215    Die Klägerin beantragt im Wesentlichen, der EMSA aufzugeben, eine Kopie des Berichts des Bewertungsausschusses sowie die einschlägigen Unterlagen, auf die er sich beziehe, vorzulegen.

216    Da die EMSA die von der Klägerin beantragten Unterlagen im Anhang zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gegeben und die Klägerin sich dazu nicht weiter geäußert hat, ist über den Antrag nicht mehr zu befinden.

 Kosten

217    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Nach Ansicht des Gerichts sind bei angemessener Würdigung des vorliegenden Falls jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), den Zuschlag im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens „EMSA C‑2/06/04“ dem ausgewählten Bieter zu erteilen, wird für nichtig erklärt.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Azizi

Cremona

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. März 2010.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1.  Ausschreibungsverfahren EMSA C‑1/01/04

2.  Ausschreibungsverfahren EMSA C‑2/06/04

Verfahren und Anträge der Parteien

Zur Zulässigkeit

1.  Zur Zuständigkeit des Gerichts für eine Entscheidung über eine gemäß Art. 230 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EMSA

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

2.  Zur exceptio obscuri libelli

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zur Begründetheit

1.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑2/06/04

Zu dem Klagegrund, das von dem ausgewählten Bieter eingereichte Angebot sei nicht anforderungsgerecht

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

2.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑1/01/04

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

–  Zur Rüge der Ungenauigkeit der Zuschlagskriterien

–  Zur Rüge der Unbestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen

–  Zur Rüge der Rechtswidrigkeit der Unterteilung eines der Zuschlagskriterien in Unterkriterien

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und Fehlen sachdienlicher Informationen

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler der EMSA

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

3.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der späteren Entscheidungen der EMSA

Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen

Kosten


* Verfahrenssprache: Englisch.