Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Vertragsverletzungsklage – Streitgegenstand – Bestimmung während des Vorverfahrens

(Art. 226 EG)

2. Verkehr – Luftverkehr – Richtlinie 2002/30 – Lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft

(Art. 10 Abs. 2 EG und 249 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 925/1999 des Rates; Richtlinie 2002/30 des Europäischen Parlaments und des Rates)

Leitsätze

1. Im Rahmen einer Klage nach Art. 226 EG grenzen das von der Kommission an den Mitgliedstaat gerichtete Mahnschreiben sowie ihre mit Gründen versehene Stellungnahme den Streitgegenstand ab, so dass dieser nicht mehr erweitert werden kann. Denn die Möglichkeit zur Äußerung stellt für den betreffenden Mitgliedstaat auch dann, wenn er meint, davon nicht Gebrauch machen zu sollen, eine vom Vertrag gewollte wesentliche Garantie dar, deren Beachtung ein substanzielles Formerfordernis für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens auf Feststellung der Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ist. Die mit Gründen versehene Stellungnahme und die Klage der Kommission müssen daher auf dieselben Rügen gestützt werden wie das Mahnschreiben, mit dem das Vorverfahren eingeleitet wird.

Insoweit vermag die Äußerung der Kommission, dass ein Mitgliedstaat eine nationale Regelung über den Nachtflugverkehr bestimmter ziviler Unterschall-Strahlflugzeuge nicht aufgehoben habe, als er die Richtlinie 2002/30 über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft umgesetzt habe, und dass diese nationale Regelung nach der Umsetzungsfrist noch immer in Kraft gewesen sei, keine neue Rüge darzustellen, auch wenn diese Äußerung erst in der Klageschrift erfolgt ist. Es handelt sich nämlich seitens der Kommission um eine bloße Tatsachenfeststellung, auf die sie sich berufen kann, soweit damit nachgewiesen werden kann, dass sich die Sachlage seit Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme eingeräumten Frist von zwei Monaten nicht geändert hat und dass die nationale Regelung keine Übergangsmaßnahme war, die nach Aufhebung der Verordnung Nr. 925/1999 zur Registrierung und zum Betrieb innerhalb der Gemeinschaft von bestimmten Typen ziviler Unterschall-Strahlflugzeuge, die zur Einhaltung der in Band I Teil II Kapitel 3 des Anhangs 16 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt, dritte Ausgabe, festgelegten Normen umgerüstet und neu bescheinigt worden sind, für Kontinuität sorgen sollte.

(vgl. Randnrn. 25, 27)

2. Nach den Art. 10 Abs. 2 EG und 249 Abs. 3 EG sowie der Richtlinie 2002/30 über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft müssen die Mitgliedstaaten während der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie den Erlass von Vorschriften unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Ziels ernstlich in Frage zu stellen. Sie können daher während dieser Frist keine Vorschriften erlassen, die zwar dasselbe Ziel – die Verringerung der Zahl der an den schädlichen Folgen von Fluglärm leidenden Personen – verfolgen, aber die Einführung einheitlicher Betriebsbeschränkungen in der gesamten Gemeinschaft verhindern.

Erlässt ein Mitgliedstaat während der Frist für die Umsetzung der Richtlinie eine Regelung über den Nachtflugverkehr bestimmter ziviler Unterschall-Strahlflugzeuge, die nicht die Richtlinie umsetzen, sondern auf nationaler Ebene einen harmonisierten Rechtsrahmen zur Verminderung der von Luftfahrzeugen verursachten Lärmbelästigungen schaffen sollte, der auf den in der Verordnung Nr. 925/1999 zur Registrierung und zum Betrieb innerhalb der Gemeinschaft von bestimmten Typen ziviler Unterschall-Strahlflugzeuge, die zur Einhaltung der in Band I Teil II Kapitel 3 des Anhangs 16 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt, dritte Ausgabe, festgelegten Normen umgerüstet und neu bescheinigt worden sind, vorgesehenen Ansatz – also den Erlass von Betriebsbeschränkungen auf der Grundlage des Nebenstromverhältnisses der Triebwerke, womit der Betrieb neu bescheinigter ziviler Unterschall-Strahlflugzeuge endgültig verboten werden sollte – gestützt war, so ist dies geeignet, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Ziels ernstlich in Frage zu stellen.

Insoweit hat der Erlass der nationalen Regelung, die weniger als drei Monate vor Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie in Kraft trat, eine nicht gerechtfertigte nachteilige Behandlung bestimmter Kategorien von Flugzeugen herbeigeführt und die Bedingungen der Umsetzung und der Anwendung dieser Richtlinie in der Gemeinschaft dauerhaft in Frage gestellt. Wegen des sich aus der Anwendung dieser nationalen Regelung ergebenen Verbots des Betriebs verschiedener Flugzeuge kann nämlich bei der in der Richtlinie vorgesehenen Beurteilung der Lärmauswirkungen nicht den Emissionen aller den in Band I Teil II Kapitel 3 des Anhangs 16 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt festgelegten Normen entsprechenden Flugzeuge Rechnung getragen und daher die optimale Verbesserung des Lärmschutzes nicht in richtlinienkonformer Weise erreicht werden.

(vgl. Randnrn. 63-65, 68)