Rechtssache C-381/05

De Landtsheer Emmanuel SA

gegen

Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne

und

Veuve Clicquot Ponsardin SA

Vorabentscheidungsersuchen der Cour d'appel de Bruxelles

„Richtlinien 84/450/EWG und 97/55/EG — Vergleichende Werbung — Erkennbarmachen eines Mitbewerbers oder der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen — Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung — Bezugnahme auf Ursprungsbezeichnungen“

Schlussanträge des Generalanwalts P. Mengozzi vom 30. November 2006   I-3119

Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 19. April 2007   I-3152

Leitsätze des Urteils

  1. Rechtsangleichung – Irreführende und vergleichende Werbung – Richtlinie 84/450

    (Richtlinie 84/450 des Rates, Art. 2 Nr. 2a)

  2. Rechtsangleichung – Irreführende und vergleichende Werbung – Richtlinie 84/450

    (Richtlinie 84/450 des Rates, Art. 2 Nr. 2a und Art. 3a Abs. 1 Buchst. b)

  3. Rechtsangleichung – Irreführende und vergleichende Werbung – Richtlinie 84/450

    (Richtlinie 84/450 des Rates, Art. 3a Abs. 1)

  4. Rechtsangleichung – Irreführende und vergleichende Werbung – Richtlinie 84/450

    (Richtlinie 84/450 des Rates, Art. 2 Nr. 2a und Art. 3a Abs. 1 Buchst. f und g)

  1.  Art 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/450 über irreführende und vergleichende Werbung in der Fassung der Richtlinie 97/55 ist dahin auszulegen, dass als vergleichende Werbung auch die in einer Werbeaussage enthaltene Bezugnahme auf eine Warengattung und nicht auf ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt angesehen werden kann, wenn es möglich ist, dieses Unternehmen oder die von ihm angebotenen Waren als diejenigen zu erkennen, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt. Dabei ist es für die Frage, ob die Werbung als vergleichende Werbung anzusehen ist, ohne Bedeutung, wenn mehrere Mitbewerber des Werbenden oder von ihnen angebotene Waren oder Dienstleistungen als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt.

    (vgl. Randnr. 24, Tenor 1)

  2.  Das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses im Sinne der Richtlinie 84/450 über irreführende und vergleichende Werbung in der Fassung der Richtlinie 97/55 zwischen dem Werbenden und dem in der Werbeaussage erkennbar gemachten Unternehmen kann nicht unabhängig von den Waren oder Dienstleistungen, die Letzteres anbietet, festgestellt werden.

    Das Bestehen eines solchen Verhältnisses zwischen Unternehmen setzt nämlich die Feststellung voraus, dass die von ihnen angebotenen Waren in gewissem Grad substituierbar sind.

    Für die Feststellung, ob ein solches Verhältnis besteht, ist daher abzustellen auf den augenblicklichen Zustand des Marktes und der Verbrauchsgewohnheiten sowie ihre Entwicklungsmöglichkeiten, auf den Teil des Gemeinschaftsgebiets, in dem die Werbung verbreitet wird, ohne jedoch gegebenenfalls die Auswirkungen auszuschließen, die die Entwicklung der in anderen Mitgliedstaaten festgestellten Verbrauchsgewohnheiten auf den in Frage stehenden innerstaatlichen Markt haben kann, und schließlich auf die besonderen Merkmale der Ware, für die geworben werden soll, und das Image, das der Werbende ihr geben will

    Die Kriterien, die für die Beurteilung der Frage maßgebend sind, ob ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne von Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie besteht, sind nicht die gleichen wie die Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Vergleich der in Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie festgelegten Voraussetzung entspricht. Während nämlich Art. 2 Nr. 2a das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Unternehmen voraussetzt, verlangt Art. 3a Abs. 1 Buchst. b eine individuelle und konkrete Beurteilung der speziellen Waren, die in der Werbeaussage miteinander verglichen werden, um zu ermitteln, ob sie wirklich untereinander substituierbar sind.

    (vgl. Randnrn. 31-32, 42, 47, 49, Tenor 2)

  3.  Eine Werbung, die auf eine Warengattung Bezug nimmt, ohne jedoch einen Mitbewerber oder die von ihm angebotenen Waren erkennbar zu machen, ist nicht gemäß Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/450 über irreführende und vergleichende Werbung in der Fassung der Richtlinie 97/55 unzulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine solche Werbung sind im Licht anderer Vorschriften des nationalen Rechts oder gegebenenfalls des Gemeinschaftsrechts zu prüfen, und zwar unabhängig davon, dass sich daraus ein geringerer Schutz der Verbraucher oder der konkurrierenden Unternehmen ergeben könnte.

    (vgl. Randnr. 56, Tenor 3)

  4.  Art. 3a Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 84/450 über irreführende und vergleichende Werbung in der Fassung der Richtlinie 97/55 ist dahin auszulegen, dass nicht jeder Vergleich, der sich für Waren ohne Ursprungsbezeichnung auf Waren mit Ursprungsbezeichnung bezieht, unzulässig ist.

    Nach Art. 3a Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie ist vergleichende Werbung nämlich zulässig, wenn sie nicht den Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers oder der Ursprungsbezeichnung von Konkurrenzerzeugnissen in unlauterer Weise ausnutzt. Die praktische Wirksamkeit dieser Anforderung würde teilweise vereitelt, wenn Waren ohne Ursprungsbezeichnung nicht mit Waren mit Ursprungsbezeichnung verglichen werden dürften.

    (vgl. Randnrn. 65-66, 72, Tenor 4)