Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor
In der Rechtssache C‑259/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Rechtbank te Rotterdam (Niederlande) mit Entscheidung vom 8. Juni 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Juni 2005, in dem Strafverfahren gegen
Omni Metal Service
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, K. Schiemann (Berichterstatter), M. Ilešič und E. Levits,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– des Omni Metal Service, vertreten durch R. Sinke und B. Veldhoven, advocaten,
– der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster, M. de Mol und P. van Ginneken als Bevollmächtigte,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und M. Ribes als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Konstantinidis als Bevollmächtigten im Beistand von P. Kugel, T. Ormond und P. Kuypers, advocaten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Februar 2007
folgendes
Urteil
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 30, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2557/2001 der Kommission vom 28. Dezember 2001 (ABl. L 349, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 259/93).
2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafprozesses gegen Omni Metal Service wegen der Ausfuhr von Stromkabeln von Spanien nach China im Transit über die Niederlande ohne vorherige Unterrichtung der niederländischen Behörden von dieser Verbringung.
Rechtlicher Rahmen
3. Art. 1 der Verordnung Nr. 259/93 bestimmt:
„(1) Diese Verordnung gilt für die Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Gemeinschaft.
…
(3) a) Mit Ausnahme der Buchstaben b), c), d) und e) sowie des Artikels 11 und des Artikels 17 Absätze 1, 2 und 3 gilt diese Verordnung nicht für die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmten und in Anhang II aufgeführten Abfällen.“
4. In Anhang II „Grüne Liste“ der Verordnung Nr. 259/93 heißt es:
„Unabhängig davon, ob gewisse Abfälle in dieser Liste aufgeführt sind, dürfen sie nicht als Abfälle der Grünen Liste befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem Ausmaß kontaminiert sind, dass a) sie die mit dem Abfall verbundenen Risiken so weit erhöhen, dass sie auf die Gelbe oder die Rote Liste gesetzt werden müssten, oder b) die umweltverträgliche Verwertung des Abfalls unmöglich geworden ist.
GA. Abfälle aus Metallen und Metallegierungen (ohne Dispersionsrisiko)
…
Abfälle aus Schrott aus folgenden NE-Metallen und ihren Legierungen:
GA 120 7404 00 – Abfälle und Schrott, aus Kupfer
…
GC. Sonstige metallhaltige Abfälle
GC 010 Ausschließlich aus Metallen oder Legierungen bestehende elektrische Geräte und Bauteile
GC 020 Abfälle aus elektronischen Geräten und Bauteilen (z. B. gedruckte Schaltungen auf Platten, Draht usw.) und wiederverwertete elektronische Bauteile, die sich zur Rückgewinnung von unedlen und Edelmetallen eignen
…
GH. Kunststoffabfälle in fester Form
Einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf:
GH 010 3915 Abfälle, Schnitzel und Bruch von Kunststoffen aus:
…
GH 013 ex 3915 30 – Vinylchloridpolymeren
...“
5. Art. 17 der Verordnung Nr. 259/93 lautet:
„(1) In Bezug auf die in Anhang II aufgeführten Abfälle teilt die Kommission vor Beginn der Anwendung dieser Verordnung allen Ländern, für die der OECD-Beschluss [Beschluss des Rates der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 30. März 1992 über die Überwachung der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen zur Verwertung] nicht gilt, die Liste der Abfälle mit und ersucht um die schriftliche Bestätigung, dass diese Abfälle im Empfängerland keinen Kontrollen unterliegen und dass dieses damit einverstanden ist, dass solche Abfallkategorien ohne Inanspruchnahme der für die Anhänge III und IV geltenden Kontrollverfahren befördert werden, oder um Angaben dazu, wo auf solche Abfälle entweder die genannten Verfahren oder das Verfahren des Artikels 15 angewandt werden sollten.
...
(2) Im Falle der Ausfuhr von in Anhang II aufgeführten Abfällen müssen diese zur Verwertung in einer Anlage bestimmt sein, die gemäß dem geltenden innerstaatlichen Recht im Einfuhrland in Betrieb ist oder dafür eine Genehmigung besitzt. ...
…
(8) Wenn zur Verwertung bestimmte Abfälle, die in den Anhängen III und IV aufgeführt oder die noch keinem der Anhänge II, III oder IV zugeordnet worden sind, in Länder ausgeführt oder durch Länder befördert werden, für die der OECD-Beschluss nicht gilt, so
– findet Artikel 15 mit Ausnahme des Absatzes 3 sinngemäß Anwendung,
– können mit Gründen versehene Einwände nur im Einklang mit Artikel 7 Absatz 4 erhoben werden,
sofern in gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b) geschlossenen bilateralen oder multilateralen Übereinkünften nichts anderes bestimmt ist; hierbei werden die Kontrollverfahren nach Absatz 4 oder 6 oder nach Artikel 15 zugrunde gelegt.“
6. In Art. 15 der Verordnung Nr. 259/93 ist das Verfahren festgelegt, das für den Fall der Ausfuhr von Abfällen vorgesehen ist, die beseitigt werden sollen. Dieses Verfahren sieht insbesondere eine Notifizierung an die zuständige Transitbehörde vor.
7. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung bestimmt:
„Als illegale Verbringung gilt:
a) eine Verbringung ohne Notifizierung an alle betroffenen zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung“.
8. Gemäß Anhang D der Verordnung (EG) Nr. 1547/1999 der Kommission vom 12. Juli 1999 zur Festlegung der bei der Verbringung bestimmter Arten von Abfällen in bestimmte Länder, für die der OECD-Beschluss C(92) 39 endg. nicht gilt, anzuwendenden Kontrollverfahren gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates (ABl. L 185, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2118/2003 der Kommission vom 2. Dezember 2003 (ABl. L 318, S. 5) geänderten Fassung akzeptiert China die Verbringung von Abfällen der Kategorien GA 120 740400, GC 020 und GH des Anhangs II der Verordnung Nr. 259/93, ohne dass eines der in dieser Verordnung vorgesehenen Kontrollverfahren angewendet wird, jedoch ist eine vorherige Inspektion durch die China National Import and Export Commodities Inspection Corporation (CCIC) zwingend vorgeschrieben.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
9. Der Firma Omni Metal Service mit Sitz in Frankreich wird in dem Strafverfahren vor der Rechtbank te Rotterdam zur Last gelegt, gegen Art. 10.60 Abs. 1 der Wet milieubeheer (Umweltschutzgesetz) in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 259/93 verstoßen zu haben.
10. Ihr wird vorgeworfen, ungefähr am 15. März 2004 unter Verstoß gegen die Verordnung Nr. 259/93 siebzehn Container mit zur Verwertung bestimmten Stromkabelabfällen (bestehend aus einem Kupferkern mit einer PVC-Ummantelung von unterschiedlichem Durchmesser von maximal 15 cm) von Spanien im Transit über Rotterdam nach China ausgeführt zu haben, ohne die zuständigen Behörden von dieser Verbringung unterrichtet zu haben.
11. Nach Ansicht des Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft) sind solche Abfälle, da es sich um Erdkabel mit einem großen Durchmesser und nicht um im Haushalt verwendete Drähte oder Kabel handele, keine Abfälle aus elektronischen Geräten und Bauteilen im Sinne der Kategorie GC 020 der Grünen Liste. Da die nicht getrennte Kombination von Kupfer und PVC als solche weder in der Grünen Liste noch in den Listen im Sinne der Anhänge III oder IV der Verordnung Nr. 259/93 aufgeführt sei und die Verbringung in ein Land habe erfolgen sollen, das nicht Mitglied der OECD sei, sei – wie sich aus Art. 15 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 8 der Verordnung Nr. 259/93 ergebe – eine Notifizierung, insbesondere an die niederländischen Behörde als Transitbehörde, erforderlich gewesen.
12. Das Openbaar Ministerie hält diese Auslegung sowohl im Hinblick darauf, dass die Kategorien von Abfällen, deren Verbringung in der Verordnung Nr. 259/93 nicht geregelt sei, restriktiv ausgelegt werden müssten, als auch im Licht des Urteils vom 25. Juni 1998, Beside und Besselsen (C‑192/96, Slg. 1997, I‑4029, Randnrn. 32 und 34), für geboten.
13. Omni Metal Service meint demgegenüber, dass die Abfälle, um die es im Ausgangsverfahren geht, durchaus in die genannte Kategorie GC 020 fallen, denn entscheidend für eine solche Einordnung sei allein die Zusammensetzung der Kabel und nicht deren Durchmesser oder Herkunft. Außerdem bestehe die Praxis im Ausfuhrland Spanien darin, bei einer Kombination verschiedener in der Grünen Liste aufgeführter Abfälle diese als zur Grünen Liste gehörend anzusehen und demzufolge das für diese Liste geltende Verfahren anzuwenden. China gehe entsprechend vor, wobei es sich darauf beschränke, bei einer Kombination von Kupfer und PVC die Einfuhr von einer vorherigen Inspektion durch die China National Import and Export Commodities Inspection Corporation im Ausfuhrstaat abhängig zu machen.
14. Unter diesen Umständen hat die Rechtbank te Rotterdam das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Können Kabelabfälle wie die vorliegenden (teilweise mit einem Durchmesser von 15 cm) als „Abfälle aus elektronischen Geräten und Bauteilen (z. B. Draht usw.)“ im Sinne der Kategorie GC 020 der Grünen Liste angesehen werden?
2. Wenn Frage 1 vom Gerichtshof verneint wird, kann oder muss dann eine Kombination von Abfällen der Grünen Liste, die als solche nicht in dieser Liste genannt wird, als ein Abfall der Grünen Liste angesehen werden, und kann die Beförderung zur Verwertung dieser Kombination von Abfällen stattfinden, ohne dass das Notifizierungsverfahren anzuwenden ist?
3. Ist es in diesem Zusammenhang erforderlich, dass diese Abfälle getrennt angeboten oder befördert werden?
Vorlagefragen
Zur ersten Frage
15. Zunächst ist daran zu erinnern, dass es in einem Vorabentscheidungsverfahren Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht die Tragweite der gemeinschaftlichen Bestimmungen zu erläutern, um diesem eine ordnungsgemäße Anwendung dieser Bestimmungen auf den ihm vorliegenden Sachverhalt zu ermöglichen, nicht aber, diese Anwendung selbst vorzunehmen, zumal er nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt.
16. Die enge Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof, die Artikel 234 EG für das Vorabentscheidungsverfahren vorsieht, beruht nämlich auf einer Verteilung der Aufgaben zwischen ihnen; dieses Verfahren erlaubt dem Gerichtshof die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, auf die es für die Entscheidung des bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreits ankommt (Urteil vom 7. November 2002, Lohmann und Medi Bayreuth, C‑260/00 bis C‑263/00, Slg. 2002, I‑10045, Randnr. 27).
17. Der Gerichtshof ist dagegen nicht befugt, über den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu entscheiden oder die von ihm ausgelegten Gemeinschaftsvorschriften auf nationale Maßnahmen oder Gegebenheiten anzuwenden, da dafür ausschließlich das vorlegende Gericht zuständig ist (vgl. u. a. Urteile vom 5. Oktober 1999, Lirussi und Bizzaro, C‑175/98 und C‑177/98, Slg. 1999, I‑6881, Randnr. 38, und vom 22. Juni 2000, Fornasar u. a., C‑318/98, Slg. 2000, I‑4785, Randnr. 32).
18. Unter diesen Umständen ist die erste Frage so aufzufassen, dass mit ihr Aufschluss darüber begehrt wird, ob die Kategorie GC 020 der Grünen Liste dahin auszulegen ist, dass sie Stromkabel erfasst und, falls das bejaht wird, unter welchen Voraussetzungen das der Fall ist.
19. Die genannte Kategorie gilt ihrem Wortlaut nach für Abfälle aus elektronischen Geräten und Bauteilen und wiederverwertete elektronische Bauteile, die sich zur Rückgewinnung von Metallen eignen. Draht wird, wie die niederländische Regierung bemerkt, nur als Beispiel für derartige Abfälle aus elektronischen Geräten und Bauteilen genannt.
20. Daraus folgt, wie die niederländische Regierung und die Kommission zutreffend entgegen dem Vorbringen von Omni Metal Service geltend machen, dass die Kategorie GC 020 ausschließlich für Draht aus elektronischen Geräten und Bauteilen gilt. Sie gilt jedoch nicht, wenn andere Arten von Draht, namentlich solche aus elektrischen Geräten oder Bauteilen vorhanden sind, zumal die Kategorie GC 010 der Grünen Liste ausdrücklich vorsieht, dass sie Abfälle aus solchen Geräten und Bauteilen nur erfasst, soweit sie ausschließlich aus Metallen oder Legierungen bestehen.
21. Obwohl die vom vorlegenden Gericht vorgenommenen Beschreibungen der Kabel, um die es im Ausgangsverfahren geht, die Annahme nahelegen, dass es sich bei diesen nicht um Draht aus elektronischen Geräten oder Bauteilen handelt, hat Omni Metal Service in der Sitzung vorgetragen, dass diese Kabel keineswegs, wie die niederländischen Regierung behaupte, ausschließlich Erdkabel gewesen seien, sondern durchaus aus solchen elektronischen Geräten oder Bauteilen gestammt hätten.
22. Für die in dieser Hinsicht gebotene Feststellung des Sachverhalts ist jedoch, worauf in den Randnrn. 15 bis 17 dieses Urteils hingewiesen worden ist, das vorlegende Gericht zuständig.
23. Nach allede m ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Kategorie GC 020 der in Anhang II der Verordnung Nr. 259/93 enthaltenen Grünen Liste dahin auszulegen ist, dass sie Draht nur erfasst, wenn er aus elektronischen Geräten oder Bauteilen stammt.
Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage
24. Zunächst ist daran zu erinnern, dass es im Ausgangsverfahren um die Ausfuhr von Stromkabeln geht, die aus einem Kupferkern mit einer PVC-Ummantelung bestehen, und nicht um die Ausfuhr von zuvor voneinander getrennten Kupferkernen und PVC-Ummantelungen.
25. Deshalb sind die zweite und die dritte Frage des vorlegenden Gerichts so zu verstehen, dass mit ihnen Aufschluss darüber begehrt wird, ob die Verordnung Nr. 259/93 dahin auszulegen ist, dass die in ihr enthaltene Verbringungsregelung für in der Grünen Liste aufgeführte Abfälle für die Art eines Abfallgemischs gilt, das in dieser Liste zwar nicht erwähnt ist, jedoch eine Kombination von zwei Stoffen ist, die in der Liste vorkommen.
26. Nach Ansicht der niederländischen und der portugiesischen Regierung ist diese Frage zu verneinen. Omni Metal Service vertritt dagegen wie schon gegenüber dem vorlegenden Gericht die Auffassung, dass ein solches Abfallgemisch unter die für die Grüne Liste geltende Regelung fallen müsse.
27. Die Kommission wiederum ist der Ansicht, dass die Frage, ob eine Kombination von in der Grünen Liste aufgeführten Stoffen ohne vorherige Notifizierung verbracht werden darf, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhänge. Ein Wegfall der Notifizierungspflicht sei insbesondere dann zulässig, wenn das Bestimmungsland die fraglichen Abfälle im Hinblick auf ihre Verwertung akzeptiere sowie sämtliche betroffenen Stoffe in der Grünen Liste aufgeführt seien und der Grad der Kontaminierung der einzelnen Stoffe dem nicht entgegenstehe.
28. Jedoch ergebe sich aus dem Einleitungssatz von Anhang II der Verordnung Nr. 259/93, dass eine Anwendung der in der Grünen Liste vorgesehenen Regelung stets ausgeschlossen sei, wenn eine übermäßige Gefahr für die Umwelt bestehe oder wenn es unmöglich sei, die einzelnen betroffenen Stoffe umweltverträglich zu verwerten. Nach Ansicht der Kommission war im Ausgangsverfahren eine Notifizierung durchaus erforderlich, da PVC für die Umwelt nicht immer unbedenklich sei.
29. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 6 und 9 der Verordnung Nr. 259/93, dass das zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen zwischen Mitgliedstaaten geschaffene System der Notwendigkeit entspricht, die Umwelt zu erhalten, zu schützen und ihre Qualität zu verbessern, und dass dieses System es den zuständigen Behörden ermöglichen soll, alle für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. Urteil vom 28. Juni 1994, Parlament/Rat, C‑187/93, Slg. 1994, I‑2857, Randnr. 18).
30. Der 11. und der 12. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 259/93 bestätigen, dass die mit dieser Verordnung eingeführte Kontrolle und Überwachung den Umweltschutz nicht nur in der Gemeinschaft, sondern auch in Drittländern, in die Abfälle aus der Gemeinschaft ausgeführt werden, zum Ziel haben.
31. Die Tatsache, dass die Verbringung von in der Grünen Liste aufgeführten Abfällen zur Verwertung ausnahmsweise allgemein von den in Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 259/93 vorgesehenen Kontrollverfahren ausgenommen ist, beruht, wie sich aus dem 14. Erwägungsgrund der Verordnung ergibt, darauf, dass diese Abfälle bei sachgemäßer Verwertung im Bestimmungsland normalerweise keinerlei Risiken für die Umwelt bergen dürften. Gemäß dieser Erläuterung erfolgt die Aufnahme einer Abfallart in die Grüne Liste mit der Folge, dass die mit der Verordnung Nr. 259/93 eingeführte Kontroll‑ und Überwachungsregelung für diese Abfallart nicht gilt, aufgrund einer vorherigen Prüfung mit dem Ergebnis, dass keine derartigen Risiken bestehen.
32. Nach alledem kann die für in der Grünen Liste aufgeführte Abfälle geltende flexiblere Regelung, nach der diese Abfälle den mit der Verordnung Nr. 259/93 eingeführten Kontroll‑ und Überwachungsverfahren im Wesentlichen entzogen sind, grundsätzlich nicht auf Abfälle ausgedehnt werden, die nicht in dieser Liste stehen.
33. Insbesondere kann der Umstand, dass ein Abfall aus zwei Stoffen besteht, die bei getrennter Betrachtungsweise jeweils von der Grünen Liste erfasst werden, nicht automatisch dazu führen, dass ein solches Abfallgemisch unter diese Liste fällt. Die Voraussetzungen für eine mögliche Behandlung des Abfalls und die etwaigen Umweltgefahren im Zusammenhang mit dessen Handhabung sind nämlich je nachdem, ob es sich bei dem fraglichen Abfall um eine Einheit handelt, die sich aus mehreren Stoffen zusammensetzt, oder ob es sich bei jedem dieser Stoffe um einen gesonderten Abfall handelt, nicht zwangsläufig die gleichen.
34. Im Übrigen hat der Gerichtshof in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Gemisch von Abfällen der Grünen Liste in die Kategorie „AD 160 Kommunale Abfälle oder Hausmüll“ im Sinne der Gelben Liste der Verordnung Nr. 259/93 fallen kann und dass der genannte Abfall nur bei getrennter Sammlung oder ordnungsgemäßer Sortierung von der Grünen Liste erfasst werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Beside und Besselsen, Randnrn. 30 und 31).
35. Für einen einheitlichen Abfall, der aus einer dauerhaften Kombination und nicht etwa aus einem rein zufällig entstehenden Gemisch von im Wesentlichen zwei in der Grünen Liste aufgeführten Stoffen besteht, kann die Grüne Liste erst recht nicht gelten, es sei denn, der Abfall wird in ihr ausdrücklich genannt.
36. Dem von der Kommission befürworteten Ansatz kann nicht gefolgt werden.
37. Erstens ist dieser Ansatz mit den durch die Verordnung Nr. 259/93 angestrebten Zielen nicht vereinbar, da nach der Verordnung, wie in den Randnrn. 28 bis 33 dieses Urteils dargelegt, die Verbringung einer Abfallart nur dann den mit der Verordnung eingeführten Kontroll‑ und Überwachungsmechanismen entzogen sein soll, wenn diese Abfallart nach vorheriger Prüfung im Hinblick auf die mit der Behandlung dieses Abfalls und dem Umgang mit diesen verbundenen Umweltgefahren in die Grüne Liste aufgenommen wurde.
38. Zweitens könnte – wie die niederländische Regierung zutreffend bemerkt – eine fallweise Betrachtung, wie die Kommission sie vorschlägt, sowohl auf Seiten der Wirtschaftsteilnehmer, die in erster Linie hierüber entscheiden und die entsprechenden Risiken tragen müssten, als auch bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu Rechtsunsicherheit führen.
39. Ein solcher Ansatz würde aufgrund der mit ihm verbundenen Unsicherheiten auch dem Ziel des Gemeinschaftsgesetzgebers zuwiderlaufen, der dadurch, dass er die Verbringung von Abfällen im Verordnungsweg geregelt hat, gerade sicherstellen wollte, dass diese Rechtsvorschriften in allen Mitgliedstaaten gleichzeitig und übereinstimmend angewendet werden, denn eine solche Harmonisierung betrifft nicht nur die materiellen Voraussetzungen für die Durchführung dieser Verbringungen, sondern auch das für diese Verbringungen geltende Verfahren (Urteil vom 13. Dezember 2001, DaimlerChrysler, C‑324/99, Slg. 2001, I‑9897, Randnrn. 34 und 67).
40. Drittens findet die von der Kommission vertretene Auffassung keine Stütze im Wortlaut der Verordnung Nr. 259/93. Insbesondere lässt der Einleitungssatz des Anhangs II der Verordnung Nr. 259/93 entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht den Schluss zu, dass auf einen Abfall, der eine Kombination von zwei in der Grünen Liste enthaltenen Stoffen darstellt, die Regelung für in der genannten Liste erwähnte Abfälle anzuwenden ist, sofern dies keine übermäßige Gefahr für die Umwelt hervorruft oder eine umweltverträgliche Verwertung der einzelnen betroffenen Stoffe unmöglich ist.
41. Man kann schlicht und einfach nicht den mit dem Einleitungssatz gemeinten Fall, dass ein bestimmter Abfall mit einer „anderen“ Materie „kontaminiert“ ist, mit dem Fall vergleichen, dass ein Abfall aus zwei Stoffen besteht, die wesentliche Bestandteile des Abfalls darstellen.
42. Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass die Verordnung Nr. 259/93 dahin auszulegen ist, dass die Tatsache, dass ein Abfallgemisch aus zwei Stoffen, die jeweils in der Grünen Liste des Anhangs II dieser Verordnung stehen, nicht zur Folge hat, dass die in dieser enthaltene Regelung für die in dieser Liste genannten Abfälle für das betreffende Abfallgemisch gilt.
Kosten
43. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
1. Die Kategorie GC 020 der Grünen Liste in Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2557/2001 der Kommission vom 28. Dezember 2001 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie Draht nur erfasst, wenn er aus elektronischen Geräten oder Bauteilen stammt.
2. Die Verordnung Nr. 259/93 in der durch die Verordnung Nr. 2557/2001 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Tatsache, dass ein Abfallgemisch aus zwei Stoffen, die jeweils in der Grünen Liste des Anhangs II dieser Verordnung stehen, nicht zur Folge hat, dass die in dieser enthaltene Regelung für die in dieser Liste genannten Abfälle für das betreffende Abfallgemisch gilt.