Schlußanträge des Generalanwalts

Schlußanträge des Generalanwalts

1. Mit dem vorliegenden Ersuchen um Vorabentscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof (Österreich) dem Gerichtshof zwei Fragen zur Auslegung der Art. 4 und 16 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie)(2) vorgelegt.

I – Sachverhalt, rechtlicher Rahmen und Vorlagefragen

2. Die Tele2 UTA Telecommunication GmbH (im Folgenden: Klägerin oder Tele2) ist ein österreichisches Unternehmen, das elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste anbietet. Am 16. Juli 2004 beantragte sie in einem von der Telekom-Control-Kommission (im Folgenden: Regulierungsbehörde oder TCK) gemäß § 37 des Telekommunikationsgesetzes 2003 (BGBl I 70/2003, im Folgenden: TKG) durchgeführten Verwaltungsverfahren zur Marktanalyse die Zuerkennung der Parteistellung sowie Akteneinsicht.

3. § 37 TKG („Marktanalyseverfahren“) sieht vor:

„(1) Die Regulierungsbehörde führt von Amts wegen unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Europäischen Gemeinschaften in regelmäßigen Abständen, längstens aber in einem Abstand von zwei Jahren, eine Analyse der durch die Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 festgelegten relevanten Märkte durch. Ziel dieses Verfahrens ist nach der Feststellung, ob auf dem jeweils relevanten Markt ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen oder aber effektiver Wettbewerb gegeben ist, die Aufhebung, Beibehaltung, Änderung oder Auferlegung von spezifischen Verpflichtungen.

(2) Gelangt die Regulierungsbehörde in diesem Verfahren zur Feststellung, dass auf dem relevanten Markt ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen und somit kein effektiver Wettbewerb besteht, hat sie diesem oder diesen Unternehmen geeignete spezifische Verpflichtungen nach §§ 38 bis 46 oder nach § 47 Abs. 1 aufzuerlegen. Bereits bestehende spezifische Verpflichtungen für Unternehmen werden, sofern sie den relevanten Markt betreffen, von der Regulierungsbehörde nach Maßgabe der Ergebnisse des Verfahrens unter Berücksichtigung der Regulierungsziele geändert oder neuerlich auferlegt.

(3) Stellt die Regulierungsbehörde auf Grund des Verfahrens fest, dass auf dem relevanten Markt effektiver Wettbewerb besteht und somit kein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt, darf sie – mit Ausnahme von § 47 Abs. 2 – keine Verpflichtungen gemäß Abs. 2 auferlegen; diesfalls wird das Verfahren hinsichtlich dieses Marktes durch Beschluss der Regulierungsbehörde formlos eingestellt und dieser Beschluss veröffentlicht. Soweit für Unternehmen noch spezifische Verpflichtungen auf diesem Markt bestehen, werden diese mit Bescheid aufgehoben. In diesem Bescheid ist auch eine angemessene, sechs Monate nicht übersteigende Frist festzusetzen, die den Wirksamkeitsbeginn der Aufhebung festlegt.

(4) Im Falle länderübergreifender Märkte, die durch Entscheidung der Europäischen Kommission festgelegt wurden, führen die betreffenden nationalen Regulierungsbehörden die Marktanalyse in enger Abstimmung und unter Berücksichtigung der Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht durch und stellen einvernehmlich fest, ob ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen oder aber effektiver Wettbewerb gegeben ist. Die Absätze 1, 2, 3 und 5 sind sinngemäß anzuwenden.

(5) Parteistellung in diesem Verfahren hat nur das Unternehmen, dem gegenüber spezifische Verpflichtungen auferlegt, abgeändert oder aufgehoben werden.

(6) Nutzer und Betreiber von Kommunikationsdiensten oder -netzen sind verpflichtet, in dem in § 90 festgelegten Umfang in den Verfahren nach § 36 und § 37 mitzuwirken.

(7) Die Regulierungsbehörde hat nach Abs. 2 bis 4 erlassene Bescheide zu veröffentlichen und eine Abschrift an die Europäische Kommission zu übermitteln.

…“

4. Mit diesem § 37 TKG über das Marktanalyseverfahren ist Art. 16 der Rahmenrichtlinie, der ebenfalls mit „Marktanalyseverfahren“ überschrieben ist, umgesetzt worden:

„(1) So bald wie möglich nach der Verabschiedung der Empfehlung oder deren etwaiger Aktualisierung führen die nationalen Regulierungsbehörden unter weitestgehender Berücksichtigung der Leitlinien eine Analyse der relevanten Märkte durch. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden gegebenenfalls an dieser Analyse beteiligt werden.

(2) Wenn eine nationale Regulierungsbehörde gemäß den Artikeln 16, 17, 18 oder 19 der Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) oder nach Artikel 7 oder Artikel 8 der Richtlinie 2002/19/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung(3) ] (Zugangsrichtlinie) feststellen muss, ob Verpflichtungen für Unternehmen aufzuerlegen, beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind, ermittelt sie anhand der Marktanalyse gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels, ob auf einem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb herrscht.

(3) Kommt eine nationale Regulierungsbehörde zu dem Schluss, dass dies der Fall ist, so erlegt sie weder eine der spezifischen Verpflichtungen nach Absatz 2 auf noch behält sie diese bei. Wenn bereits bereichsspezifische Verpflichtungen bestehen, werden sie für die Unternehmen auf diesem relevanten Markt aufgehoben. Den betroffenen Parteien ist die Aufhebung der Verpflichtungen innerhalb einer angemessenen Frist im Voraus anzukündigen.

(4) Stellt eine nationale Regulierungsbehörde fest, dass auf einem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb herrscht, so ermittelt sie Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf diesem Markt gemäß Artikel 14 und erlegt diesen Unternehmen geeignete spezifische Verpflichtungen nach Absatz 2 des vorliegenden Artikels auf bzw. ändert diese oder behält diese bei, wenn sie bereits bestehen.

(5) Im Falle länderübergreifender Märkte, die in der Entscheidung nach Artikel [15] Absatz 4 festgelegt wurden, führen die betreffenden nationalen Regulierungsbehörden gemeinsam die Marktanalyse unter weitestgehender Berücksichtigung der Leitlinien durch und stellen einvernehmlich fest, ob in Absatz 2 des vorliegenden Artikels vorgesehene spezifische Verpflichtungen aufzuerlegen, beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind.

(6) Maßnahmen, die gemäß den Absätzen 3, 4 und 5 getroffen werden, unterliegen den in den Artikeln 6 und 7 genannten Verfahren.“

5. Mit Bescheid vom 6. September 2004 wies die Regulierungsbehörde den Antrag von Tele2 auf Zuerkennung der Parteistellung im Marktanalyseverfahren mit der Begründung ab, dass nach § 37 Abs. 5 TKG in Marktanalyseverfahren nur diejenigen Unternehmen Parteien sein könnten, denen gegenüber spezifische Verpflichtungen auferlegt, abgeändert oder aufgehoben würden, nicht aber andere; die Antragstellerin erfülle diese Kriterien nicht.

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, da die innerstaatliche Regelung des § 37 Abs. 5 TKG im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie stehe, der einen „Rechtsbehelf“ vorsehe. Nach dieser Vorschrift müssten „[d]ie Mitgliedstaaten … dafür [sorgen], dass es auf nationaler Ebene wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder -dienste, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Beschwerdestelle Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann. Diese Stelle, die auch ein Gericht sein kann, muss über den angemessenen Sachverstand verfügen, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Umständen des Falles angemessen Rechnung getragen wird und wirksame Einspruchsmöglichkeiten gegeben sind. Bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens bleibt der Beschluss der nationalen Regulierungsbehörde in Kraft, sofern nicht die Beschwerdeinstanz anders entscheidet.“

7. Die Entscheidung der TCK in einem Marktanalyseverfahren sei eine Entscheidung im Sinne der Rahmenrichtlinie, von der nicht nur das konkrete Unternehmen, dem gegenüber spezifische Verpflichtungen auferlegt, abgeändert oder aufgehoben würden, sondern auch dessen Wettbewerber „betroffen“ seien. Vom Ergebnis der Marktanalyse hänge nämlich unmittelbar ab, welche Ansprüche ein Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens gegen dieses habe.

8. Die beklagte Behörde ist der Ansicht, dass Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie nicht zu entnehmen sei, wer von einer konkreten Entscheidung „betroffen“ sei. Das in Art. 6 der Rahmenrichtlinie vorgeschriebene Anhörungsverfahren gewährleiste eine Einbindung der Wettbewerber des unmittelbar betroffenen Unternehmens in das Marktanalyseverfahren. Denn nach diesem Artikel („Konsultation und Transparenz“) müssten, „[a]bgesehen von den Fällen nach Artikel 7 Absatz 6, Artikel 20 oder Artikel 21 … die Mitgliedstaaten dafür [sorgen], dass die nationalen Regulierungsbehörden interessierten Parteien innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf von Maßnahmen geben, die sie gemäß dieser Richtlinie oder den Einzelrichtlinien zu treffen gedenken und die beträchtliche Auswirkungen auf den betreffenden Markt haben werden. Die nationalen Regulierungsbehörden veröffentlichen ihre jeweiligen Anhörungsverfahren. Die Mitgliedstaaten sorgen für die Einrichtung einer einheitlichen Informationsstelle, bei der eine Liste aller laufenden Anhörungen aufliegt. Die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens werden von der nationalen Regulierungsbehörde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, außer bei vertraulichen Informationen gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und des jeweiligen Mitgliedstaates über die Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen.“

9. Angesichts der Notwendigkeit einer Auslegung von Art. 4 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie hat der Verwaltungsgerichtshof daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Sind die Art. 4 und 16 der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen, dass unter „betroffenen“ Parteien auch solche auf dem relevanten Markt als Wettbewerber auftretende Unternehmen zu verstehen sind, denen gegenüber in einem Marktanalyseverfahren spezifische Verpflichtungen nicht auferlegt, beibehalten oder abgeändert werden?

2. Für den Fall der Bejahung der ersten Frage:

Steht Art. 4 der Rahmenrichtlinie einer nationalen Vorschrift entgegen, die vorsieht, dass in einem Marktanalyseverfahren nur das Unternehmen Parteistellung hat, dem gegenüber spezifische Verpflichtungen auferlegt, abgeändert oder aufgehoben werden?

II – Würdigung

10. Dem Ausgangsrechtsstreit liegt ein an die TCK gerichteter Antrag von Tele2 zugrunde, ihr Parteistellung zuzuerkennen oder, anders ausgedrückt, ihr das Recht einzuräumen, sich an den von der Regulierungsbehörde durchgeführten Marktanalyseverfahren zu beteiligen. Wie sich aus dem Vorlagebeschluss ergibt, sind mit dieser Parteistellung im Marktanalyseverfahren nach den Vorschriften des österreichischen Verwaltungsrechts bestimmte Rechte verbunden, wie etwa das Recht auf Akteneinsicht, auf Kenntnisnahme von und Stellungnahme zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens sowie das Recht auf Erhebung von Rechtsmitteln.

11. Nach österreichischem Recht haben daher nur diejenigen, die im Marktanalyseverfahren Parteistellung haben, das Recht, Rechtsmittel zu erheben. Dieser Zusammenhang, den das österreichische Recht zwischen der Parteistellung und dem Recht auf Rechtsmittelerhebung herstellt, lässt die Entscheidungserheblichkeit der ersten Vorlagefrage erkennen, da diese die Frage betrifft, ob sich aus Art. 4 der Rahmenrichtlinie ergibt, dass einem Unternehmen wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens unter den vorliegenden Umständen das Recht zuzuerkennen ist, ein Rechtsmittel gegen die von der nationalen Regulierungsbehörde im Rahmen eines Marktanalyseverfahrens getroffenen Entscheidungen zu erheben.

12. Vor dem Hintergrund dieser Verzahnung der Parteistellung mit der Rechtsmittelerhebung macht Tele2 geltend, dass ihr Art. 4 der Rahmenrichtlinie einen Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die von der Regulierungsbehörde im Rahmen eines Marktanalyseverfahrens erlassenen Entscheidungen einräume. Da ihr das Gemeinschaftsrecht einen solchen Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf gewährleiste, ergebe sich daraus, dass ihr auch die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, sich am nicht streitigen Marktanalyseverfahren als Partei zu beteiligen. Nur bei vollständiger Kenntnis vom Stand des Verwaltungsverfahrens – die nur möglich sei, wenn sie sich als Partei beteiligen könne – könne sie ihr Rechtsmittelrecht wirksam ausüben.

13. Die erste Frage, die das vorlegende Gericht dem Gerichtshof stellt, geht daher im Wesentlichen dahin, ob Art. 4 der Rahmenrichtlinie so auszulegen ist, dass er einem Unternehmen wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens das Recht einräumt, gegen die Entscheidung einer Regulierungsbehörde wie hier der TCK einen Rechtsbehelf einzulegen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob der Begriff der „betroffenen Parteien“ in Art. 16 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie ein Unternehmen wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens erfasst. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich aus Art. 4 der Rahmenrichtlinie ergibt, dass einem Unternehmen wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens, wenn es ein Recht auf einen Rechtsbehelf gegen die von einer Regulierungsbehörde im Anschluss an ein Marktanalyseverfahren getroffenen Entscheidungen hat, folglich das Recht zuzuerkennen ist, sich an diesem nicht streitigen Verfahren als Partei zu beteiligen.

A – Zur ersten Frage

14. Gewährt Art. 4 der Rahmenrichtlinie Personen gerichtlichen Rechtsschutz, die nicht selbst Adressaten einer Entscheidung einer Regulierungsbehörde sind, davon aber negativ berührt werden? Das ist im Wesentlichen die erste Frage, die zu prüfen ist.

15. Um sie beantworten zu können, ist zunächst zu bestimmen, zu welcher Kategorie von Dritten die Klägerin des Ausgangsverfahrens gehört. Die erste Frage spricht einfach von auf dem relevanten Markt als Wettbewerber auftretenden Unternehmen. Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich hingegen, dass Tele2 für das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht ein Wettbewerber, genauer gesagt aber auch ein Vertragspartner ist, auf dessen rechtliche Beziehungen sich eine im Rahmen eines Marktanalyseverfahrens erlassene Entscheidung der Regulierungsbehörde nachteilig auswirken kann. Dem Vorlagebeschluss lässt sich daher wohl entnehmen, dass sich die besondere Lage, in der sich die Klägerin im vorliegenden Fall befindet, aus den Vertragsbeziehungen mit dem marktbeherrschenden Unternehmen, die auf diesem von der Regulierungsbehörde auferlegten spezifischen Verpflichtungen beruhen, und nicht einfach aus ihrer Stellung als Wettbewerber dieses Unternehmens ergibt. In diesem genaueren Zusammenhang ist zunächst zu klären, ob einem Unternehmen wie der Klägerin nach Art. 4 der Rahmenrichtlinie das Recht auf einen Rechtsbehelf zu gewähren ist.

16. Nach Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass es auf nationaler Ebene wirksame Verfahren gibt, nach denen „jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder -dienste, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Beschwerdestelle Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann“. Der Begriff des Unternehmens, das „von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist“, wird weder in Art. 4 noch in irgendeiner anderen Bestimmung der Rahmenrichtlinie definiert.

17. Aufschluss über diesen Begriff der „betroffenen“ Partei im Sinne des Art. 4 Abs. 1 könnte nach Ansicht des vorlegenden Gerichts Art. 16 Abs. 3 geben, wonach die Aufhebung von bereichsspezifischen Verpflichtungen, die einem Unternehmen mit vormals beträchtlicher Marktmacht auferlegt wurden, den „betroffenen Parteien“ innerhalb einer angemessenen Frist im Voraus anzukündigen ist. Ich denke nicht, dass die Klärung des Begriffs der im Sinne des Art. 4 betroffenen Personen oder Unternehmen in einer einfachen Gleichsetzung dieses Begriffs mit dem Begriff der „betroffenen Parteien“ in Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie gefunden werden kann.

18. Zwar verwenden mehrere Sprachfassungen in Art. 4 und in Art. 16 Abs. 3 denselben Ausdruck(4), so etwa die englische mit „affected“ und die deutsche mit „betroffen(en)“, doch in anderen Sprachfassungen finden sich unterschiedliche Ausdrücke(5) . Die Gegenüberstellung der verschiedenen Sprachfassungen dieser beiden Artikel lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass die beiden Begriffe zwangsläufig gleich zu verstehen sind. Da die Auslegung der Ausdrücke in diesen beiden Bestimmungen der Richtlinie, wie zu sehen sein wird, in beiden Fällen nicht auf der Hand liegt, mutet der Rückgriff auf Art. 16 Abs. 3 zur Klärung des Ausdrucks „betroffen“ in Art. 4 Abs. 1 wie der Vorschlag an, einen Ortsunkundigen nach dem Weg zu fragen.

19. Gewiss muss ein Unternehmen wie Tele2 meiner Ansicht nach im vorliegenden Fall als „betroffene Par tei“ im Sinne des Art. 16 Abs. 3 angesehen werden und folglich das Recht haben, dass ihr die Entscheidung über die Aufhebung von Verpflichtungen innerhalb einer angemessenen Frist im Voraus angekündigt wird. Dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, das Adressat der Entscheidung über die Aufhebung spezifischer Verpflichtungen ist, wird eine solche Entscheidung, die es betrifft und die ihm unmittelbar zugutekommt, natürlich angekündigt. So wäre es unverständlich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit der ausdrücklichen Garantie, dass „[d]en betroffenen Parteien … die Aufhebung der Verpflichtungen innerhalb einer angemessenen Frist im Voraus anzukündigen [ist]“, eine derart redundante Formulierung gewählt haben sollte, indem er die Verpflichtung zur Ankündigung einer Entscheidung über die Aufhebung von Verpflichtungen dahin begrenzt hätte, dass sie nur gegenüber den Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gälte, denen die Entscheidung zugutekommt(6) . Dass ein Unternehmen wie Tele2 meiner Ansicht nach eine „betroffene“ Partei im Sinne des Art. 16 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie ist, bedeutet jedoch nicht, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens ohne weiteres auch als „betroffene“ Partei im Sinne des Art. 4 Abs. 1 anzusehen ist. Ein Unternehmen als betroffene Partei im Sinne des Art. 4 Abs. 1 anzusehen, hat nämlich zur Folge, ihm einen Rechtsbehelf gegen die es betreffenden Entscheidungen einer Regulierungsbehörde einzuräumen. Es handelt sich somit um eine spezifische Folge des Art. 4, mit dem ein ganz anderer Zweck verfolgt wird als mit Art. 16 Abs. 3, der den „betroffenen“ Parteien das Recht zugesteht, die Entscheidung angekündigt zu bekommen. Diese Ankündigung soll es den „betroffenen“ Parteien erlauben, sich auf die Verschlechterung der Lage einzustellen, die sich aus der Entscheidung über die Aufhebung von Verpflichtungen für das Unternehmen mit vormals beträchtlicher Marktmacht ergibt, bevor diese Aufhebung Wirkung entfaltet.

20. Daraus folgt, dass für die Feststellung, ob ein Unternehmen wie die Klägerin im Sinne des Art. 4 Abs. 1 betroffen ist, nicht ausschlaggebend sein kann, dass es im Sinne und für die spezifische Folge des Art. 16 Abs. 3 als betroffene Partei anzusehen ist. In Ermangelung von Hinweisen im Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 zur Reichweite des Begriffs des betroffenen Unternehmens ist die Antwort auf diese Frage, wie die belgische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen geltend macht, in einer teleologischen Auslegung des Art. 4 im Regelungszusammenhang der Rahmenrichtlinie zu suchen. Wenn nämlich eine Gemeinschaftsbestimmung unklar gefasst ist, ist die Bedeutung der Wendungen, deren Auslegung fraglich ist, unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des mit der Regelung verfolgten Zwecks zu ermitteln(7) .

21. Es ist klar, dass Art. 4 Abs. 1 sicherstellen soll, dass „ jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder ‑dienste, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist“, Zugang zu einem wirksamen Rechtsbehelfsverfahren hat(8) . Die ursprünglich von der Kommission vorgeschlagene Fassung dieses Artikels war viel knapper und enger, indem sie schlicht vorsah: „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass es ein Verfahren … gibt, nach dem ein Nutzer oder ein Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder -dienste gegen eine Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde … Rechtsbehelf einlegen kann“(9) . Ungeachtet dieser nicht unwesentlichen Änderungen der Fassung des Art. 4 wurde der zwölfte Erwägungsgrund, nach dem „[j]ede Partei, die einem Beschluss einer nationalen Regulierungsbehörde unterliegt, … berechtigt sein [sollte], … Rechtsbehelf [gegen diese Beschlüsse] einzulegen“, nicht geändert.

22. Erstens teile ich den Standpunkt der Kommission, von Tele2 und der belgischen Regierung, dass dieser Artikel Ausfluss des Grundsatzes effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt dieser allgemeine Grundsatz, der den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten zugrunde liegt, dass die „Einzelnen … einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch nehmen können [müssen], die sie aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleiten“(10) . Jede Entscheidung einer nationalen Behörde, mit der ein vom Gemeinschaftsrecht gewährter Vorteil verweigert wird, muss deshalb gerichtlich überprüfbar sein(11) .

23. Genau im Licht dieses Art. 4 zugrunde liegenden Grundsatzes ist der zwölfte Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie zu lesen. Er muss weiter verstanden werden, als seinem Wortlaut zu entnehmen ist, so dass jeder Person, die durch eine Entscheidung einer Regulierungsbehörde in ihren aus der Gemeinschaftsrechtsordnung hergeleiteten Rechten beeinträchtigt wird, und nicht nur dem Adressaten der Entscheidung der Rechtsweg gegen diese Entscheidung gemäß Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie offenstehen muss(12) .

24. Zweitens ist bei Betrachtung der in Art. 8 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie angeführten politischen Ziele und regulatorischen Grundsätze betreffend die nationalen Regulierungsbehörden das den Regulierungsbehörden vorgegebene Ziel, „den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste“ zu fördern(13), deutlich erkennbar(14) . Wie aber die dänische Regierung in ihren Erklärungen zutreffend ausgeführt hat, wäre eine enge Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie dahin, dass er anderen Personen als den Adressaten der Entscheidung den Rechtsweg nicht eröffnet, kaum mit diesem Ziel der Förderung des Wettbewerbs in Einklang zu bringen. Eine solche Auslegung hätte zur Folge, dass allein die Marktteilnehmer mit beträchtlicher Marktmacht von vornherein als „betroffene“ Parteien angesehen würden. Die übrigen, mit ihnen in Wettbewerb stehenden Marktteilnehmer hätten im Gegensatz dazu keinerlei Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde, obwohl sie in ihren Rechten beeinträchtigt wären, die sich aus den spezifischen Verpflichtungen ergeben, die dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gegenüber mit dieser Entscheidung auferlegt, geändert oder aufgehoben werden.

25. Ich bin deshalb der Ansicht, dass weder der Wortlaut noch der allgemeine Grundsatz effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, dessen Ausfluss Art. 4 ist, noch die politischen Ziele und regulatorischen Grundsätze betreffend die Regulierungsbehörden – und insbesondere nicht das Ziel der Förderung eines wirksamen Wettbewerbs – es rechtfertigen, den Begriff des „betroffenen“ Unternehmens im Sinne des Art. 4 Abs. 1 in der von der österreichischen und der slowenischen Regierung befürworteten engen Weise dahin auszulegen, dass er nur die Unternehmen erfasst, die Adressaten der Entscheidung der Regulierungsbehörde sind.

26. Genau auf dieser Linie eines weiten Verständnisses von Art. 4 der Rahmenrichtlinie vor dem Hintergrund eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes liegt das Urteil des Gerichtshofs vom 22. Mai 2003, Connect Austria(15), in dem sich der Gerichtshof mit der Auslegung einer Bestimmung befasst hat, die mit Fug und Recht als eine Vorgängerbestimmung von Art. 4 der Rahmenrichtlinie angesehen werden kann. Es handelt sich um Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision – ONP)(16) in der Fassung der Richtlinie 97/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997(17) .

27. In der Rechtssache Connect Austria ging es wie auch hier um die Beschwerde eines Dritten. Der Gerichtshof wies zunächst darauf hin, dass, wenn „es um individuelle Rechte geht, die aus der Gemeinschaftsrechtsordnung hergeleitet werden“, die Mitgliedstaaten für deren wirksamen Schutz in jedem Einzelfall verantwortlich sind(18) und dass Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387 „den Mitgliedstaaten … auf[gibt], sicherzustellen, dass auf nationaler Ebene geeignete Verfahren bestehen, um einer von einer Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde betroffenen Partei das Recht zu gewähren, bei einer unabhängigen Stelle gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben“. Er kam sodann zu dem Ergebnis, dass „die Erfordernisse einer der Richtlinie 90/387 entsprechenden Auslegung des nationalen Rechts und eines effektiven Schutzes der Rechte des Einzelnen es den nationalen Gerichten gebieten, zu prüfen, ob dem Einzelnen aufgrund der anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts gegen die Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörde ein Anspruch auf Nachprüfung zuerkannt werden kann, der den Kriterien von Artikel 5a Absatz 3 der Richtlinie 90/387 entspricht“(19) . Ist eine solche konforme Anwendung des nationalen Rechts nicht möglich, so muss ein nationales Gericht, das für die Entscheidung über Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörde zuständig wäre, wenn seine Zuständigkeit nicht durch eine Bestimmung des nationalen Rechts ausdrücklich ausgeschlossen würde, diese Bestimmung unangewendet lassen(20) .

28. Wie die Kommission und Tele2 in ihren Erklärungen geltend gemacht haben, scheint der Gerichtshof implizit anerkannt zu haben, dass der in Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387 vorgesehene Rechtsweg auch bestimmten betroffenen Dritten offenstehen muss, die wie Connect Austria, obwohl tatsächlich davon betroffen, nicht Adressaten der Entscheidungen der Regulierungsbehörden waren(21) . Gleichwohl denke ich, dass diese berechtigte Schlussfolgerung aus dem erwähnten Urteil Connect Austria für sich genommen keinen Aufschluss für die vorliegende Rechtssache gibt. Denn in der Rechtssache Connect Austria hat sich der Gerichtshof mit der Frage nach der unmittelbaren Wirkung von Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387 befasst und nicht mit der konkreten Frage, ob der Begriff der „von einer Entscheidung … betroffenen Partei“ im Sinne dieses Artikels unter den gegebenen Umständen ein Unternehmen wie Connect Austria erfasste. Der Gerichtshof hat sich daher nicht konkret der – hier zentralen – Frage gewidmet, unter welchen Umständen ein betroffener Dritter wie Tele2 als durch eine Verwaltungsentscheidung der Regulierungsbehörde in seinen Rechten berührt angesehen werden kann.

29. Es ist daran zu erinnern, dass Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in erster Linie das Gebot zugrunde liegt, einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewähren, die die Einzelnen aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleiten . Wie Tele2 und die Kommission in ihren Erklärungen ausgeführt haben, sind bestimmte spezifische Verpflichtungen, die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gemäß Art. 16 Abs. 3 und 4 der Rahmenrichtlinie und gemäß den Bestimmungen der dort angeführten Zugangsrichtlinie auferlegt werden, gerade als Schutzmaßnahmen im Interesse der Wettbewerber anzusehen und somit geeignet, diesen Rechte zu gewähren. Zu diesen Maßnahmen gehören z. B. eben diejenigen, die von den Regulierungsbehörden gemäß Art. 8 der Zugangsrichtlinie(22) getroffen werden können, darunter die Verpflichtung, Wettbewerber gleichzubehandeln (Art. 10 der Zugangsrichtlinie), und die Verpflichtung, den Wettbewerbern Zugang zu Netzeinrichtungen zu gewähren (Art. 12 der Zugangsrichtlinie).

30. Insbesondere bestimmt Art. 12 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie hinsichtlich der Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Netzzugang: „Die nationalen Regulierungsbehörden können gemäß Artikel 8 Betreiber dazu verpflichten, berechtigten Anträgen auf Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen und auf deren Nutzung stattzugeben, unter anderem wenn die nationale Regulierungsbehörde der Auffassung ist, dass die Verweigerung des Zugangs oder unangemessene Bedingungen mit ähnlicher Wirkung die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf Endverbraucherebene behindern oder den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würden.“(23) Genau wie das Diskriminierungsverbot des Art. 10 der Rahmenrichtlinie sollen diese Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und deren Nutzung den vom Zugang betroffenen Wettbewerbern zugutekommen. Somit sind diese Wettbewerber die unmittelbar Begünstigten der Rechte, die den spezifischen, dem Marktteilnehmer mit beträchtlicher Marktmacht von der Regulierungsbehörde auferlegten Verpflichtungen entsprechen(24) .

31. Die Auferlegung von Verpflichtungen, wie sie in den Art. 10 und 12 der Zugangsrichtlinie vorgesehen sind, verleiht den dadurch begünstigten Wettbewerbern somit das Recht auf Zugang und/oder auf Gleichbehandlung. Denn die Auferlegung dieser Verpflichtungen zwingt das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, für die Wettbewerber unter bestimmten und nicht diskriminierenden Bedingungen Einrichtungen und/oder Dienste zur Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste bereitzustellen(25) . Unter diesen Umständen würde z. B. eine etwaige Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde, solche dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegte Verpflichtungen aufzuheben, die Rechte beeinträchtigen, die Wettbewerber, die wie Tele2 Vertragspartner dieses Unternehmens sind, aus dem Gemeinschaftsrecht herleiten.

32. Wie sich nämlich aus dem Vorlagebeschluss und aus den schriftlichen Erklärungen der Klägerin ergibt, hat zwar Tele2 vertragliche Ansprüche gegen das Unternehmen mit vormals beträchtlicher Marktmacht, doch beruhen diese Ansprüche auf den spezifischen Verpflichtungen, die diesem Unternehmen von der Regulierungsbehörde gemäß Art. 16 Abs. 4 der Rahmenrichtlinie und den dort angeführten Bestimmungen der Zugangsrichtlinie auferlegt wurden. Tele2 hat ersichtlich deshalb vertragliche Beziehungen mit dem Unternehmen mit vormals beträchtlicher Marktmacht, weil diesem von der Regulierungsbehörde bestimmte Verpflichtungen auferlegt wurden, die es zum Vertragsabschluss mit Tele2 zu bestimmten Bedingungen gezwungen haben. Tele2 leitet ihre Zugangsrechte somit aus dem Gemeinschaftsrecht her, da sie sich aus spezifischen Verpflichtungen ergeben, die dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht kraft Gemeinschaftsrecht auferlegt wurden.

33. Demzufolge können die Entscheidungen der Regulierungsbehörde gemäß Art. 16 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie, mit denen die dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht zuvor auferlegten Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang abgeändert oder aufgehoben werden, die entsprechenden vom Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte beeinträchtigen. Wenn ein Wettbewerber Vertragsbeziehungen mit einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht unterhält, die auf diesem von der Regulierungsbehörde auferlegten spezifischen Verpflichtungen beruhen, muss ihm nach Art. 4 der Rahmenrichtlinie der Rechtsweg gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde offenstehen, die etwa solche Verpflichtungen abändern oder aufheben(26) .

34. In der mündlichen Verhandlung ist die Frage erörtert worden, ob auch Wettbewerbern, die keine Vertragsbeziehungen zu einem Unternehmen mit vormals beträchtlicher Marktmacht haben, der Rechtsweg gemäß Art. 4 der Rahmenrichtlinie offenstehen muss. Die Prüfung dieser Frage mag für das vorlegende Gericht aufschlussreich sein.

35. Wie Tele2, die Kommission und auch die dänische Regierung in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, muss auch den Unternehmen, die, obwohl sie noch nicht in Vertragsbeziehungen mit einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht stehen, die konkrete Absicht geäußert haben, solche Beziehungen zwecks des Zugangs zum Netz dieses Unternehmens einzugehen, der Rechtsweg gemäß Art. 4 offenstehen. Wird nämlich ein Wettbewerber mit einer Entscheidung der Regulierungsbehörde über die Auferlegung, Änderung oder Aufhebung spezifischer Verpflichtungen gegenüber einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht konfrontiert, die ihm nicht den Weg zu der von ihm gewünschten Vertragsbeziehung ebnet, müsste auch er in den Genuss der vom Gemeinschaftsrecht gewährleisteten Rechte kommen können. Deshalb wäre es wichtig, anzuerkennen, dass einem Wettbewerber unter diesen Umständen der Rechtsweg gegen die Entscheidungen der Regulierungsbehörde offenstehen kann, die gegen das gemeinschaftliche Telekommunikationsrecht verstoßen.

36. Ganz allgemein bin ich der Ansicht, dass der Schutz der mit dem gemeinschaftlichen Rechtsrahmen auf dem Gebiet der Telekommunikation verfolgten Ziele, wozu die Förderung des Wettbewerbs zählt, von der nach Art. 8 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie das Handeln der nationalen Regulierungsbehörden ausdrücklich geleitet sein muss, es rechtfertigt, dass der Rechtsweg nicht nur den Wettbewerbern offensteht, die vertragliche Beziehungen mit einem Unternehmen mit beträchtlicher Macht auf dem relevanten Markt unterhalten.

37. Vor allem denke ich an diejenigen Unternehmen, die nicht in vertraglichen Beziehungen zu dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht stehen, die aber als von den Gemeinschaftsregeln zur Förderung des Wettbewerbs im Telekommunikationssektor unmittelbar Begünstigte von einer Entscheidung einer Regulierungsbehörde im Rahmen eines Marktanalyseverfahrens negativ berührt werden. Diesen keine entsprechenden Vertragsbeziehungen unterhaltenden Unternehmen muss ebenfalls der Rechtsweg nach Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie eröffnet sein.

38. Denjenigen, die in ihren bestehenden Rechtsbeziehungen berührt sind, einen Rechtsbehelf zuzuerkennen, kann in manchen Fällen ausreichen, um die mit den einschlägigen Gemeinschaftsrechtsvorschriften verfolgten Ziele tatsächlich zu erreichen. Dies ist das Ergebnis einer Symmetrie zwischen dem Schutz der aus diesen Rechtsbeziehungen folgenden Rechte über die entsprechenden Rechtsbehelfe, die den von einer Entscheidung berührten Vertragspartnern offenstehen, und dem Schutz der gesellschaftlichen Werte, auf die die Gemeinschaftsrechtsvorschrift abzielt, die Grundlage dieser Beziehungen ist. Es kann jedoch auch den Fall der Asymmetrie geben, vor allem dann, wenn die Werte, die mit der Vorschrift geschützt werden sollen, auf einen Personenkreis ausgerichtet sind, der z. B. weiter ist als der Kreis der Vertragspartner. In diesem Fall wäre der Schutz dieser Begünstigten und der mit der Vorschrift geförderten Werte nicht gewährleistet, wenn nur denjenigen der Rechtsweg offenstünde, die bereits entsprechende Rechtsbeziehungen unterhalten.

39. Genau eine solche Asymmetrie liegt aber vor, wenn es um die Anwendung von Gemeinschaftsvorschriften geht, mit denen durch die Auferlegung, Änderung oder Aufhebung von Verpflichtungen, den Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht zu gewähren, ein wirksamer Wettbewerb im Telekommunikationssektor sichergestellt werden soll. Denn man darf annehmen, dass weder das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht noch die Wettbewerber, die bereits über einen vertraglich gewährten Zugang verfügen, ein Interesse daran haben werden, den Rechtsweg gegen etwaige Entscheidungen einer Regulierungsbehörde zu beschreiten, die zu Lasten anderer, auf dem Markt neuer Unternehmen gehen, die an der Aufnahme von Beziehungen zu dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht interessiert sein könnten. Solchen Konkurrenzunternehmen, die noch nicht Vertragspartner sind, einen Rechtsbehelf zuzuerkennen, ist wesentlich, um einen wirklichen Schutz der Wettbewerbsziele sicherzustellen, die mit diesen Gemeinschaftsvorschriften, die den Markteintritt und die Marktintegration neuer Marktteilnehmer begünstigen sollen, verfolgt werden.

40. Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie ist somit dahin auszulegen, dass als Unternehmen, die von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde im Rahmen eines Marktanalyseverfahrens betroffen sind und denen damit der Rechtsweg gegen eine solche Entscheidung offensteht, sowohl diejenigen Konkurrenzunternehmen anzusehen sind, die vertragliche Ansprüche gegen ein Unternehmen mit beträchtlicher Macht auf dem relevanten Markt haben und die von einer Entscheidung einer Regulierungsbehörde über die Aufhebung oder Änderung spezifischer Verpflichtungen in ihren Rechten berührt werden, als auch diejenigen Unternehmen, die ein Interesse an der Aufnahme vertraglicher Beziehungen zu einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht haben könnten und als von den Gemeinschaftsregeln zur Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs im Telekommunikationssektor unmittelbar Begünstigte von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde negativ berührt werden.

B – Zur zweiten Frage

41. Sollte die erste Frage, wie von mir vorgeschlagen, zu bejahen sein, so ist zu prüfen, ob einem Unternehmen wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens, wenn ihm nach Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie der Rechtsweg offensteht, aufgrund dieser Tatsache auch die Parteistellung im nicht streitigen Marktanalyseverfahren zuerkannt werden muss.

42. Dieser zweiten Frage liegt ein, man möchte sagen, etwas ungewöhnlicher Gedanke zugrunde. Normalerweise muss der Rechtsweg eröffnet sein, weil ein Recht besteht(27) . Die Klägerin leitet aber auch umgekehrt ein Recht auf Beteiligung an einem nicht streitigen Verwaltungsverfahren daraus her, dass nach dem Gemeinschaftsrecht gegen die in diesem Verfahren ergangenen Entscheidungen der Rechtsweg eröffnet ist. So macht Tele2 zum einen geltend, wenn feststehe, dass ihr nach Art. 4 der Rahmenrichtlinie im Licht des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes der Rechtsweg gegen eine Entscheidung der Regulierungsbehörde über die Beibehaltung, Änderung oder Aufhebung der einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegten spezifischen Verpflichtungen offenstehe, bedeute das auch, dass der entsprechende Rechtsbehelf wirksam sein müsse. Ohne aber im Marktanalyseverfahren die Möglichkeit der Akteneinsicht, der Mitwirkung an der Beweiserhebung und der Stellungnahme zu haben, sei es unmöglich, einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidungen der Regulierungsbehörde in diesem Verfahren wirksam vorzubereiten. Zum anderen sei ein solches Recht auf Beteiligung am Marktanalyseverfahren auch im Licht des Rechts auf ein faires Verfahren geboten.

43. Um diese zweite Frage des Verwaltungsgerichtshofs zu beantworten, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Rahmenrichtlinie keine ausdrückliche Bestimmung enthält, aus der hervorginge, wer Partei des nicht streitigen Verwaltungsverfahrens nach Art. 16 ist. Dem Wortlaut dieser Vorschrift lässt sich nichts entnehmen, was darauf hindeuten würde, dass Tele2 die Parteistellung im Vorverfahren der Marktanalyse beanspruchen können müsste. In Art. 16 Abs. 3 Satz 3 heißt es nämlich nur, dass den „betroffenen Parteien“ die Aufhebung spezifischer Verpflichtungen im Voraus anzukündigen ist. Zwar haben nach Art. 6 der Rahmenrichtlinie, auf den Art. 16 Abs. 6 verweist, alle „interessierten Parteien“ Anspruch auf Stellungnahme zu Entwürfen von Maßnahmen, die die Regulierungsbehörden zu treffen gedenken, und Tele2 kann zweifellos als interessierte Partei im Sinne dieser Bestimmung gelten. Ein solcher Anspruch auf Stellungnahme im Rahmen des Anhörungsverfahrens darf jedoch nicht mit der Zuweisung der von Tele2 beanspruchten Parteistellung im Marktanalyseverfahren verwechselt werden, die weiter gehende Rechte wie das Recht auf Einsicht in die Akten des Marktanalyseverfahrens und das Recht auf Stellungnahme zu den Beweismitteln umfasst.

44. In Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung über den Aufbau und den Ablauf des nicht streitigen Marktanalyseverfahrens nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie ist dieser Bereich zweifellos im Wesentlichen im nationalen Verfahrensrecht der einzelnen Mitgliedstaaten zu regeln(28) . Somit kommt es dem österreichischen Recht zu, im Einzelnen zu regeln, ob ein Unternehmen wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens in diesem nicht streitigen Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei hat. Bejahendenfalls ist es auch Sache des österreichischen Rechts, zu bestimmen, ob diesem Unternehmen in dem betreffenden nicht streitigen Verfahren Verfahrensrechte zukommen können, die über die in Art. 16 ausdrücklich vorgesehenen Rechte und natürlich über die dem Anhörungsverfahren gemäß Art. 6 ausdrücklich innewohnenden Rechte hinausgehen. Nach dem Gemeinschaftsrecht muss im nationalen Verfahrensrecht nicht grundsätzlich vorgesehen werden, dass sich sämtliche Wettbewerber eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht an einem Marktanalyseverfahren nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie beteiligen können müssen. Der nationale Gesetzgeber darf die Befrachtung des Vorverfahrens mit einer gegebenenfalls sehr hohen Zahl von Parteien zulässigerweise als nicht sachgerecht ansehen(29) .

45. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Gerichtshof auf dem benachbarten Gebiet der Regelung der Verfahrensmodalitäten von Rechtsbehelfen zum Schutz der dem Einzelnen durch die unmittelbare Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte bestätigt hat, es zwar dem nationalen Recht zukommen mag, dieses Gebiet zu regeln, dass dabei aber die Erfordernisse zu beachten sind, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts ergeben. Insbesondere dürfen die Verfahrensmodalitäten nicht ungünstiger gestaltet sein als bei entsprechenden Rechtsbehelfen, die das innerstaatliche Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit), und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität)(30) .

46. Genau dieser Grundsatz der Effektivität ist es, auf den sich die Klägerin hier für ein Recht auf Beteiligung am nicht streitigen Marktanalyseverfahren beruft. Und es ist in der Tat nicht ausgeschlossen, dass die Nichtzulassung von Tele2 als Partei im Marktanalyseverfahren gemäß § 37 Abs. 5 TKG ihr vom Gemeinschaftsrecht anerkanntes Recht auf einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidungen der Regulierungsbehörde in einem solchen Verfahren erheblich einschränken kann.

47. Tatsächlich könnte man sich fragen, ob nicht eine konkrete Bestimmung wie § 37 Abs. 5 TKG, die Tele2 im vorliegenden Fall die Parteistellung im Marktanalyseverfahren verwehrt, die Ausübung des Rechts auf einen Rechtsbehelf gegen die in diesem nicht streitigen Verfahren ergehenden Entscheidungen unmöglich macht oder übermäßig erschwert(31) . Für die Beurteilung aus Sicht des österreichischen Verfahrensrechts sind mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs bereits angesprochen worden sind(32) . So sind insbesondere die Stellung dieser österreichischen Norm im gesamten Verfahren, der Verfahrensablauf und die Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu berücksichtigen.

48. Natürlich ist es unter diesen Umständen Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob die Tatsache, dass einem Unternehmen nach österreichischem Recht im Marktanalyseverfahren keine Parteistellung zukommt, dazu führt, dass sein Rechtsbehelf zu einem rein formalen Recht wird; doch scheint es auf den ersten Blick nicht so zu sein, dass das von der Klägerin beanspruchte Recht auf Beteiligung am Marktanalyseverfahren als Partei unerlässlich dafür wäre, dass sie über einen effektiven Rechtsbehelf gegen die Entscheidungen der Regulierungsbehörde verfügt.

49. Das nationale Verfahrensrecht kann durch eine Vielzahl von Mitteln sicherstellen, dass der Rechtsbehelf gegen eine in einem Marktanalyseverfahren ergangene Entscheidung effektiv sein kann. Zuallererst denke ich z. B. daran, dass es – eine angemessene Begründung der Entscheidung der Regulierungsbehörde vorausgesetzt – möglich sein wird, sicherzustellen, dass ein Unternehmen wie Tele2 über die Hinweise und Informationen verfügt, die unerlässlich dafür sind, dass die Ausübung seines Rechts auf einen Rechtsbehelf nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Ein solcher Zusammenhang zwischen der Begründungspflicht und dem Grundsatz effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist im Urteil Heylens(33) hergestellt worden. Im Anschluss an das Urteil Johnston hat der Gerichtshof in diesem Urteil festgestellt, dass die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für den Einzelnen wesentlich davon abhängt, dass Entscheidungen einer innerstaatlichen Behörde, durch die die Gewährung eines vom Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechts verweigert wird, vor Gericht angefochten werden können(34) . Aus diesem Grundsatz effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes hat der Gerichtshof eine Verpflichtung der zuständigen innerstaatlichen Behörden abgeleitet, die Gründe, auf die ihre ablehnende Entscheidung gestützt ist, entweder in der Entscheidung selbst oder später auf Antrag des Betroffenen bekannt zu geben(35) .

50. Abschließend möchte ich auf das zweite Argument der Klägerin eingehen, wonach sich das Recht auf Beteiligung am Marktanalyseverfahren aus der notwendigen Beachtung des Grundrechts auf ein faires Verfahren und des Grundsatzes der Waffengleichheit ergebe(36) . Dem kann meiner Meinung nach nicht gefolgt werden. Diese Argumentation geht davon aus, dass das Marktanalyseverfahren ein streitiges Verfahren zwischen dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht und einem Konkurrenzunternehmen wie der Klägerin ist. Dies ist aber bei Marktanalyseverfahren, in denen Entscheidungen über die Auferlegung, Änderung oder Aufhebung spezifischer Verpflichtungen gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht ergehen, offenkundig nicht der Fall.

51. Ich denke deshalb, dass Art. 4 der Rahmenrichtlinie, gesehen im Licht des in ihm zum Ausdruck kommenden Grundsatzes effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, dahin auszulegen ist, dass die nationalen Verfahrensvorschriften eines Mitgliedstaats, die für den Erlass von Entscheidungen in Marktanalyseverfahren gelten, die Ausübung von Rechtsbehelfen gegen solche Entscheidungen einer nationalen Regulierungsbehörde nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob unter Berücksichtigung des gesamten österreichischen Verfahrensrechts eine Bestimmung wie § 37 Abs. 5 TKG, mit der einem Unternehmen wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens das Recht auf Beteiligung an einem Marktanalyseverfahren als Partei verwehrt wird, geeignet ist, die Ausübung eines Rechtsbehelfs, der einem solchen Unternehmen nach Art. 4 der Rahmenrichtlinie zusteht, unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren.

III – Ergebnis

52. Nach alledem sollte der Gerichtshof meiner Auffassung nach die Vorlagefragen des Verwaltungsgerichtshofs wie folgt beantworten:

1. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass als Unternehmen, die von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde im Rahmen eines Marktanalyseverfahrens betroffen sind und denen damit der Rechtsweg gegen eine solche Entscheidung offensteht, sowohl diejenigen Konkurrenzunternehmen anzusehen sind, die vertragliche Ansprüche gegen ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht haben und die von einer Entscheidung einer Regulierungsbehörde über die Aufhebung oder Änderung spezifischer Verpflichtungen in ihren Rechten berührt werden, als auch diejenigen Unternehmen, die ein Interesse an der Aufnahme vertraglicher Beziehungen zu einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht haben könnten und als von den Gemeinschaftsrechtsvorschriften zur Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs im Telekommunikationssektor unmittelbar Begünstigte von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde negativ berührt werden.

2. Art. 4 der Rahmenrichtlinie ist, gesehen im Licht des in ihm zum Ausdruck kommenden Grundsatzes effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, dahin auszulegen, dass die nationalen Verfahrensvorschriften eines Mitgliedstaats, die für den Erlass von Entscheidungen in Marktanalyseverfahren gelten, die Ausübung von Rechtsbehelfen gegen solche Entscheidungen einer nationalen Regulierungsbehörde nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob unter Berücksichtigung des gesamten österreichischen Verfahrensrechts eine Bestimmung wie § 37 Abs. 5 des Telekommunikationsgesetzes, mit der einem Unternehmen wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens das Recht auf Beteiligung an einem Marktanalyseverfahren als Partei verwehrt wird, geeignet ist, die Ausübung eines Rechtsbehelfs, der diesem Unternehmen nach Art. 4 der Rahmenrichtlinie zusteht, unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren.

(1) .

(2)  – ABl. L 108, S. 33.

(3)  – ABl. L 108, S. 7.

(4)  – So vor allem die englische, die deutsche, die italienische, die spanische, die tschechische, die griechische und die schwedische Fassung.

(5)  – So verwendet die portugiesische Fassung in Art. 4 Abs. 1 den Ausdruck „prejudicadas“ und in Art. 16 Abs. 3 den Ausdruck „abrangidas“, um die Parteien zu bezeichnen. Die französische Fassung verwendet mit „affecté(e)“ und „concernées“ ebenfalls unterschiedliche Ausdrücke. Und auch die niederländische Fassung verwendet mit „getroffen“ und „gevolgen“ verschiedene Ausdrücke.

(6)  – Abs. 3 bezieht sich auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, an die die Entscheidung gerichtet ist. Er stellt weiter auf die von der Aufhebung betroffenen Parteien ab, damit diesen das Recht zukommt, die Entscheidung angekündigt zu bekommen. Würde diese Unterrichtungspflicht nur zugunsten der Unternehmen gelten, denen die Aufhebung zugutekommt, hätte es nahegelegen, dass der Gesetzgeber in dem betreffenden Satz das Recht, die Entscheidung angekündigt zu bekommen, „diesen Unternehmen“ (und nicht „den betroffenen Parteien“) zuerkennt.

(7)  – Vgl. u. a. Urteile vom 19. Juni 1980, Roudolff (803/79, Slg. 1980, 2015, Randnr. 7), vom 19. September 2000, Linster (C‑287/98, Slg. 2000, I‑6917, Randnr. 43), und vom 27. Februar 2003, Adolf Truley (C‑373/00, Slg. 2003, I‑1931, Randnr. 35).

(8)  – Hervorhebung nur hier. Vgl. Urteil vom 13. Juli 2006, Mobistar (C‑438/04, Slg. 2006, I-0000, Randnr. 41).

(9)  – Vgl. die von der Kommission vorgeschlagene Fassung und die Abänderungen des Parlaments im ABl. 2001, C 277 (S. 92 und 98).

(10)  – Vgl. Urteile vom 25. Juli 2002, Unión de Pequeños Agricultores/Rat (C‑50/00 P, Slg. 2002, I‑6677, Randnr. 39 und die dort zitierte Rechtsprechung), insbesondere vom 15. Mai 1986, Johnston (222/84, Slg. 1986, 1651, Randnrn. 17 bis 20), und vom 1. April 2004, Kommission/Jégo‑Quéré (C‑263/02 P, Slg. 2004, I‑3425, Randnr. 29).

(11)  – Vgl. Urteile vom 3. Februar 2000, Dounias (C‑228/98, Slg. 2000, I‑577, Randnr. 64), und vom 25. Juli 2002, MRAX (C‑459/99, Slg. 2002, I‑6591, Randnr. 101 und die dort zitierte Rechtsprechung).

(12)  – Insoweit sei darauf hingewiesen, dass Art. 4 Abs. 1 die Nutzer oder Anbieter nennt, die von einer Entscheidung einer Regulierungsbehörde betroffen sind, und nicht die Nutzer oder Anbieter, die Adressaten einer solchen Entscheidung sind.

(13)  – Vgl. Art. 8 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie.

(14)  – Vgl. auch den ersten Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie, aus dem die Bedeutung eines „wirksamen Wettbewerb[s] im Telekommunikationssektor in der Phase des Übergangs von Monopolbetrieben zum vollständigen Wettbewerb“ deutlich hervorgeht.

(15)  – C‑462/99 (Slg. 2003, I‑5197). Vgl. auch bereits zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie Urteil Mobistar (Randnrn. 40 und 43).

(16)  – ABl. L 192, S. 1.

(17)  – ABl. L 295, S. 23. Art. 5a Abs. 3 der durch Art. 26 der Rahmenrichtlinie ab Beginn von deren Anwendung aufgehobenen Richtlinie 90/387 bestimmte wie Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass geeignete Verfahren auf nationaler Ebene bestehen, um einer von einer Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde betroffenen Partei das Recht zu gewähren, bei einer von den betroffenen Parteien unabhängigen Stelle gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben.“

(18)  – Urteil Connect Austria (Randnr. 35).

(19)  – Ebd. (Randnr. 42).

(20)  – Ebd. (Randnr. 42).

(21)  – Und zwar auch, wenn sich der Gerichtshof in seinem Urteil nicht ausdrücklich der Ansicht von Generalanwalt Geelhoed angeschlossen hat, der in Nr. 48 seiner Schlussanträge sehr deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass „es … nicht an[geht], dass dritte Betroffene, die von der Entscheidung unmittelbar berührt werden, kein Einspruchsrecht haben. Mehr noch, Artikel 5a Absatz 3 bezweckt gerade auch den Schutz der Interessen von neu auf den Markt tretenden Firmen wie der Klägerin“.

(22)  – Nach Art. 1 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie werden „[m]it dieser … für Betreiber und für Unternehmen, die eine Zusammenschaltung ihrer Netze und zugehörigen Einrichtungen und/oder den Zugang hierzu wünschen, Rechte und Pflichten festgelegt“.

(23)  – Dieselbe Vorschrift sieht somit zahlreiche spezifische Verpflichtungen vor, die den Betreibern auferlegt werden können; dazu gehören u. a. die Verpflichtungen, Dritten Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und/oder -einrichtungen, einschließlich des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss, zu gewähren und mit Unternehmen, die einen Antrag auf Zugang stellen, nach Treu und Glauben zu verhandeln.

(24)  – Vgl. in diesem Sinne den sechsten Erwägungsgrund der Zugangsrichtlinie: „Auf Märkten, auf denen manche Unternehmen weiterhin eine deutlich stärkere Verhandlungsposition einnehmen als andere und einige Unternehmen zur Erbringung ihrer Dienste auf die von anderen bereitgestellten Infrastrukturen angewiesen sind, empfiehlt es sich, einen Rahmen von Regeln zu erstellen, um das wirksame Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten befugt sein, den Zugang, die Zusammenschaltung … zu angemessenen Bedingungen sicherzustellen, falls dies auf dem Verhandlungsweg nicht erreicht wird.“

(25)  – Vgl. die Definition des Begriffs „Zugang“ in Art. 2 Buchst. a der Zugangsrichtlinie.

(26)  – Vgl. entsprechend Urteil vom 17. Januar 1985, Piraiki‑Patraiki u. a. (11/82, Slg. 1985, 207), betreffend Nichtigkeitsklagen von Dritten, die von einer Entscheidung der Kommission betroffen waren, mit der ein Mitgliedstaat (nämlich die Französische Republik) zur Einführung einer Einfuhren von Baumwollgarnen aus Griechenland beschränkenden Regelung ermächtigt wurde. Der Gerichtshof hat (in Randnr. 19) ausgeführt, dass diese Dritten „durch den Umstand, dass sie vor Erlass der streitigen Entscheidung Verträge geschlossen haben, die während der von der Entscheidung erfassten Monate abgewickelt werden sollten, aus dem Kreis aller übrigen von dieser Entscheidung betroffenen Personen herausgehoben [werden], da der Erlass der Entscheidung die Erfüllung ihrer Verträge ganz oder teilweise unmöglich gemacht hat“. Vgl. auch Randnr. 31 dieses Urteils.

(27)  – Vgl. oben, Randnr. 22 und die dort zitierte Rechtsprechung.

(28)  – Vgl. z. B. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 1995, Peterbroeck (C‑312/93, Slg. 1995, I‑4599, Randnr. 12 und die dort zitierte Rechtsprechung).

(29)  – Vgl. den 22. Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie, der die Bedeutung „zügiger“ Verfahren betont.

(30)  – Urteile vom 15. September 1998, Edis (C‑231/96, Slg. 1998, I‑4951, Randnrn. 19 und 34), vom 1. Dezember 1998, Levez (C‑326/96, Slg. 1998, I‑7835, Randnr. 18 und die dort zitierte Rechtsprechung), Peterbroeck (Randnr. 12 und die dort zitierte Rechtsprechung), vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, Slg. 2001, I‑6297, Randnr. 29), vom 24. September 2002, Grundig Italiana (C‑255/00, Slg. 2002, I‑8003, Randnr. 33), vom 10. April 2003, Steffensen (C‑276/01, Slg. 2003, I‑3735, Randnr. 60), vom 4. Dezember 2003, Evans (C‑63/01, Slg. 2003, I‑14447, Randnr. 45), und vom 17. Juni 2004, Recheio – Cash & Carry (C‑30/02, Slg. 2004, I‑6051, Randnr. 17). Vgl. auch aus neuerer Zeit Urteil vom 5. Oktober 2006, Nádasdi und Németh (C‑290/05 und C‑333/05, Slg. 2006, I-0000, Randnr. 69).

(31)  – Vgl. für eine parallele Analyse zu den anwendbaren Beweisvorschriften Urteile Dounias (Randnr. 69) und vom 9. Februar 1999, Dilexport (C‑343/96, Slg. 1999, I‑579, Randnr. 48). Vgl. auch die Schlussanträge von Generalanwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Mobistar (Nr. 85).

(32)  – Vgl. Urteile Steffensen (Randnr. 66), Peterbroeck (Randnr. 14), vom 14. Dezember 1995, Van Schijndel und Van Veen (C‑430/93 und C‑431/93, Slg. 1995, I‑4705, Randnr. 19), Levez (Randnr. 44) und Evans (Randnr. 46).

(33)  – Urteil vom 15. Oktober 1987 (222/86, Slg. 1987, 4097).

(34)  – Ebd. (Randnr. 14).

(35)  – Ebd. (Randnr. 15).

(36)  – Tele2 beruft sich insoweit insbesondere auf das Urteil Steffensen sowie das Urteil vom 11. Januar 2000, Niederlande und van der Wal/Kommission (C‑174/98 P und C‑189/98 P, Slg. 2000, I‑1), und das Urteil des Gerichts vom 19. Februar 1998, Eyckeler & Malt/Kommission (T‑42/96, Slg. 1998, II‑401, Randnrn. 76 bis 78).