Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache T‑276/04

Compagnie maritime belge SA mit Sitz in Antwerpen (Belgien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt D. Waelbroeck,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten zunächst durch É. Gippini Fournier, P. Hellström und F. Amato, dann durch É. Gippini Fournier als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend die Nichtigerklärung der Entscheidung 2005/480/EG der Kommission vom 30. April 2004 in einem Verfahren nach Art. 82 EG (Sachen COMP/D2/32.448 und 32.450) (Zusammenfassung im ABl. 2005, L 171, S. 28), mit der gegen die Klägerin eine Geldbuße verhängt wird, weil die Schifffahrtskonferenz Cewal eine kollektive beherrschende Stellung missbraucht haben soll, und, hilfsweise, die Herabsetzung dieser Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, des Richters J. D. Cooke (Berichterstatter) und der Richterin I. Labucka,

Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1. Mit der Entscheidung 93/82/EWG vom 23. Dezember 1992 in einem Verfahren nach Art. 85 EWG-Vertrag (IV/32.448 und IV/32.450: Cewal, Cowac, Ukwal) und Art. 86 EWG-Vertrag (IV/32.448 und IV/32.450: Cewal) (ABl. 1993, L 34, S. 20) verhängte die Kommission gegen bestimmte Mitglieder der Schifffahrtskonferenz Associated Central West African Lines (im Folgenden: Cewal) Geldbußen wegen Missbrauchs einer kollektiven beherrschenden Stellung. Gegen die Klägerin, die Compagnie maritime belge SA, wurde eine Geldbuße von 9,6 Millionen ECU festgesetzt.

2. Im verfügenden Teil der Entscheidung 93/82 heißt es:

„Artikel 1

Artikel 2

Im Hinblick auf die Ausschaltung des wichtigsten unabhängigen Wettbewerbs in dem betreffenden Frachtverkehr haben die Mitgliedsreedereien von Cewal ihre gemeinsame beherrschende Stellung missbraucht, indem sie

– an der Durchführung der … Kooperationsvereinbarung mit dem Ogefrem teilgenommen und wiederholt durch verschiedene Maßnahmen auf [deren] strikte Einhaltung gedrungen haben,

– ihre Preise in Abweichung vom geltenden Frachttarif geändert haben, um für Schiffe, die am selben Tag oder in zeitlicher Nähe dazu ausliefen, gemeinsame Preise anbieten zu können, die den Preisen des außerhalb der Konferenz stehenden Anbieters entsprachen oder niedriger lagen (Maßnahme, die als ‚Kampfschiffeinsatz‘ bezeichnet wird), und

– hundertprozentige Treuevereinbarungen (auch in Bezug auf fob-Waren) geschlossen haben, die über das von Artikel 5 [Nummer] 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 erlaubte Maß hinausgingen und die von der oben beschriebenen Verwendung schwarzer Listen ‚unzuverlässiger‘ Verlader begleitet wurden.

Artikel 3

Die Mitgliedsunternehmen von Cewal haben außerdem die in Artikel 2 aufgeführten Zuwiderhandlungen abzustellen.

Artikel 4

Artikel 5

Den Mitgliedern von Cewal wird empfohlen, die Bestimmungen in ihren Treueabmachungen so abzuändern, dass sie mit Artikel 5 [Nummer] 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 vereinbar sind.

Artikel 6

Gegen die von dieser Entscheidung betroffenen Mitgliedsunternehmen von Cewal werden mit Ausnahme der Reedereien Compagnie Maritime Zaïroise (CMZ), Angonave, Portline und Scandinavian West Africa Lines (Swal) Geldbußen wegen der in Artikel 2 festgestellten Verstöße festgesetzt.

Diese Geldbußen betragen:

– Compagnie Maritime Belge: 9,6 Millionen (neun Millionen sechshunderttausend) ECU,

– Dafra Line: 200 000 (zweihunderttausend) ECU,

– Nedlloyd Lijnen BV: 100 000 (hunderttausend) ECU,

– Deutsche Afrika Linien-Wörmann Linie: 200 000 (zweihunderttausend) ECU.

Artikel 7

Die Geldbußen sind innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung … einzuzahlen.

Artikel 8

Diese Entscheidung ist an die Linienkonferenzen und ihre in Anhang I aufgeführten Mitglieder gerichtet.“

3. Die Klägerin ist ein Holding-Unternehmen des Konzerns Compagnie maritime belge (im Folgenden: CMB), der insbesondere im Bereich Reederei, Verwaltung und Betrieb von Seeverkehrsgeschäften tätig ist. Im Zeitpunkt der Entscheidung 93/82 war sie Mitglied der Cewal, in der Reedereien zusammengeschlossen waren, die einen regelmäßigen Liniendienst zwischen Häfen in Zaire (nunmehr Demokratische Republik Kongo) und Angola und den Nordseehäfen außer denen des Vereinigten Königreichs betrieben. Das Sekretariat der Cewal befand sich in Antwerpen (Belgien).

4. Die Klägerin und die Dafra-Lines A/S reichten beim Gericht Klagen auf Nichtigerklärung der Entscheidung 93/82 ein. Diese Klagen wurden hinsichtlich der Feststellung der Rechtsverstöße abgewiesen (Urteil vom 8. Oktober 1996, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, T‑24/93 bis T‑26/93 und T‑28/93, Slg. 1996, II‑1201, im Folgenden: Urteil CMB des Gerichts). Das Gericht setzte jedoch die festgesetzten Geldbußen herab. Die Geldbuße der Klägerin wurde von 9,6 auf 8,64 Millionen ECU herabgesetzt.

5. Die Klägerin und die Dafra-Lines A/S legten gegen das Urteil des Gerichts Rechtsmittel ein. Mit Urteil vom 16. März 2000, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission (C‑395/96 P und C‑396/96 P, Slg. 2000, I‑1365, im Folgenden: Urteil CMB des Gerichtshofs), wies der Gerichtshof alle Rechtsmittelgründe hinsichtlich der Feststellung der Zuwiderhandlungen in der Entscheidung 93/82 zurück. Er entschied jedoch (Randnrn. 142 bis 147 des Urteils), dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es gegenüber den verschiedenen Mitglieder von Cewal Geldbußen festsetzte, die aufgrund einer Würdigung ihrer Teilnahme am streitigen Verhalten ermittelt worden waren, obwohl nur Cewal die Mitteilung der Beschwerdepunkte direkt erhalten hatte (die Mitglieder von Cewal hatten hiervon nur eine Kopie zur Kenntnis erhalten) und somit nur Cewal potenzieller Schuldner der Geldbuße sein konnte. Folglich hob der Gerichtshof die Art. 6 und 7 der Entscheidung 93/82 hinsichtlich der gegen die Mitglieder von Cewal festgesetzten Geldbußen in letzter Instanz auf.

6. Auf das Urteil CMB des Gerichtshofs hin erstattete die Kommission der Klägerin die gezahlte Geldbuße zurück.

7. Am 15. April 2003 richtete die Kommission eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin (im Folgenden: MB 2003) und informierte sie darin über ihre Absicht, eine neue Entscheidung zu erlassen, mit der gegen die Klägerin wegen der in Art. 2 der Entscheidung 93/82 festgestellten Verstöße gegen Art. 82 EG eine Geldbuße festgesetzt werden sollte, soweit die Erwägungen der Kommission hinsichtlich der Zuwiderhandlungen und der beteiligten Unternehmen nicht im Rahmen der gegen die Entscheidung 93/82 gerichteten Klagen für nichtig erklärt worden waren.

8. Mit der Entscheidung 2005/480/EG vom 30. April 2004 in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag (Sachen COMP/D2/32.448 und COMP/D2/32.450 – Compagnie maritime belge) (Zusammenfassung im ABl. 2005, L 171, S. 28, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) setzte die Kommission gegen die Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 3,4 Mio. Euro wegen der in der Entscheidung 93/82 – und zwar in den Randnrn. 20 bis 27 in Bezug auf die Abmachung mit dem Office Zaïrois de Gestion du Fret Maritime (im Folgenden: Ogefrem), in den Randnrn. 28 und 29 in Bezug auf die schwarzen Listen und Treuevereinbarungen, in Randnr. 32 in Bezug auf die „Kampfschiffeinsätze“ und in den Art. 2 bis 5 des verfügenden Teils – festgestellten Zuwiderhandlungen gegen Art. 82 EG fest.

Verfahren und Anträge der Parteien

9. Mit Klageschrift, die am 8. Juli 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

10. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat das Gericht schriftliche Fragen an die Parteien gerichtet, die diese fristgerecht beantwortet haben.

11. Die Parteien haben in der Sitzung vom 20. November 2007 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

12. Die Klägerin beantragt,

– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

– hilfsweise, die Geldbuße herabzusetzen;

– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13. Die Kommission beantragt,

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

14. Die Klägerin stützt ihre Klage auf acht Klagegründe. Mit den ersten vier Klagegründen wird in erster Linie die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung angestrebt und erstens ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer und die Verjährungsregeln gerügt, zweitens eine Verletzung der Verteidigungsrechte, drittens die Tatsache, dass die Kommission im Urteil CMB des Gerichtshofs nicht „den unwiderruflichen Beweis“ für die Missbräuche erbracht habe, und viertens, dass die angefochtene Entscheidung „unzureichend begründet und nicht gerechtfertigt“ sei. Das Gericht wird zuerst den ersten Klagegrund und dann den dritten, den zweiten und den vierten Klagegrund prüfen.

15. Mit den anderen vier Klagegründen wird hilfsweise die Herabsetzung der Geldbuße angestrebt, wobei der diskriminierende Charakter der Geldbuße (fünfter Klagegrund), ihre Unverhältnismäßigkeit (sechster Klagegrund), die Festsetzung der Geldbuße durch die Kommission unter Verstoß gegen deren übliche Praxis (siebter Klagegrund) und ein Ermessensmissbrauch (achter Klagegrund) gerügt werden.

Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer und die Verjährungsregeln

– Vorbringen der Parteien

16. Die Klägerin unterteilt diesen Klagegrund in zwei Teile. Zum einen habe die Kommission die angefochtene Entscheidung nach unangemessen langer Verfahrensdauer erlassen. Zum anderen habe sie gegen die Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1) verstoßen.

17. Zum ersten Teil trägt die Klägerin vor, dass die angefochtene Entscheidung verspätet erlassen worden sei, nämlich mehr als vier Jahre nach dem Urteil CMB des Gerichtshofs. Diese Verzögerung durch die Kommission, für die jede Erklärung fehle, sei nicht vereinbar mit Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza verkündeten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2000, C 364, S. 1), der Gemeinschaftsrechtsprechung und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere in Anbetracht des hohen Betrags der Geldbuße, der fehlenden Komplexität der angefochtenen Entscheidung (die Kommission habe in der Entscheidung 93/82 die streitigen Verstöße nicht geprüft) und der Tatsache, dass die Verzögerung der Klägerin nicht zuzurechnen sei. Außerdem stünden die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer zeitlich unbegrenzten Ausübung der Befugnisse durch die Kommission entgegen. Die von der Kommission wegen der langen Verfahrensdauer gewährte Herabsetzung der Geldbuße sei unter diesen Umständen unzureichend. Außerdem habe die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt, da sowohl Cewal als auch die Klägerin in der betreffenden Branche nicht mehr aktiv seien und sich folglich nicht ausreichend verteidigen könnten, weil es schwierig sei, bestimmte Dokumente aufzufinden oder ehemalige Angestellte zu befragen.

18. Zum zweiten Teil macht die Klägerin geltend, dass die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen die Verordnung Nr. 2988/74 erlassen worden sei. Die in dieser Verordnung vorgesehene Verjährungsfrist von fünf Jahren nach dem Ende der Zuwiderhandlungen könne nämlich nur unter den in der Verordnung genau geregelten Voraussetzungen aufgehoben oder unterbrochen werden. Außerdem müsse die Unterbrechung der Verjährung als Ausnahme von der fünfjährigen Verjährungsfrist restriktiv gehandhabt werden (Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 484, und Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juni 2004, Handlbauer, C‑278/02, Slg. 2004, I‑6171, Randnr. 40).

19. Da die Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 28. Mai 1990 (im Folgenden: MB 1990), die der Entscheidung 93/82 vorausgegangen sei, an Cewal und nicht an die Klägerin adressiert gewesen sei und die Klägerin davon nur eine Abschrift zur Kenntnisnahme in ihrer Eigenschaft als Mitglied von Cewal (und nicht als potenzieller Adressat der Bußgeldentscheidung) erhalten habe, sei durch die MB 1990 die Verjährung gegenüber der Klägerin, die nicht als ein „an der Zuwiderhandlung beteiligtes Unternehmen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/74 gekennzeichnet worden sei, nicht unterbrochen worden. Das Gleiche gelte mutatis mutandis hinsichtlich der weiteren Handlungen, die auf die MB 1990 gefolgt seien, wie die an die Klägerin und nicht an Cewal gesandten Auskunftsverlangen. Ebenso könne die Entscheidung 93/82, obwohl sie an die Klägerin gerichtet und in ihrem die Geldbuße betreffenden Teil für nichtig erklärt worden sei, der Klägerin hinsichtlich der Verjährung nicht entgegengehalten werden, da die Geldbuße die einzige im Rahmen der Verjährung relevante Frage sei.

20. Jedenfalls sei die Verordnung Nr. 2988/74 im Licht der höherrangigen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zu verstehen, die dem Sekundärrecht vorgingen, wie z. B. der Grundsätze der Rechtssicherheit, der Wahrung der Verteidigungsrechte oder der angemessenen Verfahrensdauer (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 29), mit denen die lange Untätigkeit der Kommission vor der Wiedereröffnung des Verfahrens nicht zu vereinbaren sei. In dieser Hinsicht könne nicht auf das Urteil CMA CGM u. a./Kommission Bezug genommen werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, dass die in diesem Urteil getroffene Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, weil die angefochtene Entscheidung nach einem Urteil des Gerichtshofs erlassen worden sei und die Kommission in der Zwischenzeit keine weiteren Maßnahmen ergriffen habe, da sie sich in der angefochtenen Entscheidung nur auf die Missbräuche bezogen habe, die in der Entscheidung 93/82 bestandskräftig nachgewiesen worden seien.

21. Die Kommission hält den ersten Rechtsmittelgrund für unbegründet. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass die angefochtene Entscheidung unter Beachtung der Verjährungsregeln der Verordnung Nr. 2988/74 erlassen worden sei. In ihrer Verteidigungsschrift und in Beantwortung der vom Gericht gestellten schriftlichen Fragen beruft sich die Kommission auf das Urteil CMA CGM u. a./Kommission (Randnrn. 321 bis 324) und macht geltend, dass angesichts einer fehlenden Verjährungsregelung in der Verordnung Nr. 2988/74 der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer nicht anwendbar sei. Selbst wenn man von der Anwendbarkeit dieses Grundsatzes ausgehe und darüber hinaus annehme, dass die Verfahrensdauer unangemessen lang gewesen sei, rechtfertige dies nicht die Nichtigerklärung der Entscheidung, solange die Klägerin nicht den Beweis für eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte erbringe. Die von der Kommission gewährte Herabsetzung der Geldbuße stelle diese Auffassung im vorliegenden Fall nicht in Frage.

– Würdigung durch das Gericht

22. Zunächst ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung, die allein darauf gerichtet ist, zum einen der Klägerin auf der Grundlage derselben Verstöße, wie sie in der Entscheidung 93/82 festgestellt worden waren, eine neue Geldbuße aufzuerlegen, die niedriger ist als die ursprüngliche, im Urteil CMB des Gerichtshofs für nichtig erklärte Geldbuße, und zum anderen die im genannten Urteil beanstandeten Formfehler zu korrigieren (Erwägungsgründe 1, 17, 41, 61 und 108 der angefochtenen Entscheidung), ausschließlich eine Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße im Sinne von Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel [81 EG] und [82 EG] auf den Seeverkehr (ABl. L 378, S. 4) und keine Entscheidung zur Feststellung von Zuwiderhandlungen im Sinne von Art. 11 Abs. 2 dieser Verordnung darstellt. Die Missbräuche sind von der Kommission nämlich in den nicht für nichtig erklärten Teilen der Entscheidung 93/82 bestandskräftig festgestellt worden (siehe oben, Randnr. 8, und unten, Randnrn. 55 bis 60).

23. Wie sich aus der Verordnung Nr. 2988/74 ergibt, ist die angefochtene Entscheidung, soweit die Kommission eine Geldbuße festsetzt, nur wirksam, wenn sie unter Beachtung der in der Verordnung enthaltenen Verjährungsregeln erlassen worden ist. Somit ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zuerst zu prüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung, am 30. April 2004, nach der Verordnung Nr. 2988/74 die Verjährung eingetreten war.

24. In Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2988/74 ist für die Festsetzung von Geldbußen oder Sanktionen bei Zuwiderhandlungen der hier in Rede stehenden Art eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorgesehen. Bei dauernden Zuwiderhandlungen, wie im vorliegenden Fall, beginnt die Verjährung erst mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist (Art. 1 Abs. 2).

25. Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 2988/74 wird die Verjährung durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission unterbrochen. Eine solche Handlung kann insbesondere in einem schriftlichen Auskunftsverlangen (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) oder einer Mitteilung der Beschwerdepunkte (Art. 2 Abs. 1 Buchst. d) liegen, wobei die Unterbrechung gegenüber allen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen wirkt (Art. 2 Abs. 2).

26. Nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 beginnt die Verjährung von fünf Jahren nach jeder Unterbrechung von Neuem und tritt spätestens nach einer Frist von der Dauer der doppelten Verjährungsfrist ein, d. h bei den fraglichen Zuwiderhandlungen nach Ablauf von zehn Jahren.

27. Außerdem verlängert sich die Verjährungsfrist um den Zeitraum des Ruhens der Verjährung nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74, nämlich so lange, wie die Entscheidung der Kommission Gegenstand eines beim Gerichtshof anhängigen Verfahrens ist (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, im Folgenden: Urteil PVC II des Gerichtshofs, Randnrn. 144 bis 147; Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, „PVC II“, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, im Folgenden: Urteil PVC II des Gerichts, Randnrn. 1098 und 1101).

28. Somit ist zum einen zu prüfen, ob die Verjährungsfrist von fünf Jahren eingehalten wurde, und zum anderen, ob die Verjährung unterbrochen worden ist und, falls Letzteres zu bejahen ist, ob die Kommission die Verjährungsfrist von zehn Jahren eingehalten hat.

29. Nach der Entscheidung 93/82 und gegebenenfalls den vom Gericht im Urteil CMB (Randnrn. 241 und 242) getroffenen Feststellungen haben die Vereinbarung mit dem Ogefrem bis Ende September 1989 und die Treueabmachungen bis Ende November 1989 bestanden. Die Kampfschiffeinsätze schließlich dauerten bis Ende November 1989. Daraus folgt, dass die Verjährungsfrist frühestens Ende September 1989 zu laufen begann.

30. Die Verjährungsfrist von fünf Jahren wurde nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 2988/74 zunächst durch die Übersendung der MB 1990 an Cewal unterbrochen.

31. Die Klägerin bestreitet dies mit der Begründung, sie sei nicht Adressatin der an Cewal gerichteten MB 1990 gewesen. Dem ist nicht zu folgen. Nach dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/74 wirkt die Unterbrechung der Verjährung nämlich gegenüber allen an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen. In diesem Zusammenhang kann nicht bestritten werden, dass die Klägerin an den Zuwiderhandlungen beteiligt war, auch wenn sie in der MB 1990 nicht als solche „identifiziert“ wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 47).

32. Außerdem wird die Verjährung durch die schriftlichen Auskunftsverlangen, die unabhängig von der Mitteilung der Beschwerdepunkte ergehen, unterbrochen, wenn sie für die Ermittlung oder die Verfolgung der Zuwiderhandlung erforderlich sind (Urteil CMA CGM u. a./Kommission, Randnr. 487). In dieser Hinsicht ist es ohne Bedeutung, dass die genannten Auskunftsverlangen nach der MB 1990 ergingen. Prima facie ist davon auszugehen, dass die fraglichen Auskunftsverlangen für die Ermittlung oder die Verfolgung der Zuwiderhandlung erforderlich waren. Im Übrigen hat die Klägerin im vorliegenden Fall nie bestritten, dass die Auskunftsverlangen erforderlich waren. Die Verjährung wurde somit auch durch die genannten Auskunftsverlangen unterbrochen.

33. Die Entscheidung 93/82 wurde in den Teilen, in denen die Beteiligung der Klägerin im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/74 an den Verstößen gegen Art. 82 EG festgestellt wird, nicht für nichtig erklärt und wirkt somit, u. a. was die Unterbrechung der Verjährung gegenüber der Klägerin angeht, uneingeschränkt fort.

34. Sodann ruhte die fünfjährige Verjährung nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 während der Dauer des Verfahrens gegen die Entscheidung 93/82 aufgrund der sowohl beim Gericht als auch beim Gerichtshof erhobenen Klagen (19. März 1993 bis 16. März 2000, wobei auf die Zeit zwischen der Verkündung des Urteils CMB des Gerichts und der Anrufung des Gerichtshofs nicht eingegangen zu werden braucht).

35. Nach der Verkündung des Urteils CMB des Gerichtshofs erstreckte sich der längste Zeitraum für die Berechnung der Verjährungsfrist bis zur Übersendung der MB 2003 an die Klägerin (15. April 2003). Dieser Zeitraum von etwa 37 Monaten ist kürzer als fünf Jahre. Da seit dem Ende der Missbräuche nach einer Unterbrechung der Verjährung kein über fünf Jahre hinausgehender Zeitraum verstrichen ist, ist die Verjährungsfrist von fünf Jahren eingehalten worden.

36. Zur zehnjährigen Verjährungsfrist ist festzustellen, dass diese im vorliegenden Fall noch läuft, weil die MB 1990 die Verjährung unterbrochen hat. In dem Zeitraum von ungefähr vierzehneinhalb Jahren vom Ende der Missbräuche, das je nach Missbrauch zwischen Ende September 1989 und Dezember 1989 lag, bis zur Bekanntmachung der angefochtenen Entscheidung an die Klägerin (30. April 2004) ruhte die Verjährung während der Dauer des Verfahrens gegen die Entscheidung 93/82, also für ungefähr sieben Jahre.

37. Somit beträgt der Zeitraum zwischen dem Ende der festgestellten Missbräuche und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung, in dem die Verjährung nicht ruhte, weniger als zehn Jahre, so dass die zehnjährige Verjährungsfrist nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 ebenfalls eingehalten wurde.

38. Folglich ist die angefochtene Entscheidung unter Beachtung der Verordnung Nr. 2988/74 erlassen worden.

39. Damit ist nunmehr die Anwendbarkeit des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer auf den vorliegenden Fall zu prüfen. Ein solcher Grundsatz, der als Bestandteil des Rechts auf ordnungsgemäße Verwaltung in Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufgenommen wurde, ist in jedem gemeinschaftlichen Verwaltungsverfahren zu beachten (Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004, JCB Service/Kommission, T‑67/01, Slg. 2004, II‑49, Randnr. 36).

40. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im vorliegenden Fall anwendbar ist (siehe oben, Randnrn. 20 und 21).

41. Im Urteil CMA CGM u. a./Kommission (Randnr. 324) hat das Gericht entschieden, dass durch die Verordnung Nr. 2988/74 eine vollständige Regelung eingeführt worden ist, die im Einzelnen die Fristen festlegt, innerhalb deren die Kommission ohne Verstoß gegen das grundlegende Gebot der Rechtssicherheit Geldbußen gegen Unternehmen festsetzen kann, gegen die Verfahren nach den Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft anhängig sind. Angesichts dieser Regelung ist für Überlegungen im Zusammenhang mit der Verpflichtung der Kommission, ihre Befugnis zur Verhängung von Geldbußen innerhalb eines angemessenen Zeitraums auszuüben, kein Raum. Diese Auffassung des Gerichts ist vom Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren implizit bestätigt worden (Beschluss des Gerichtshofs vom 28. Oktober 2004, Kommission/CMA CGM u. a., C‑236/03 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 35)

42. Die Entscheidung im Urteil CMA CGM u. a./Kommission, die vom Gerichtshof mit dem genannten Beschluss bestätigt worden ist, lässt sich in vollem Umfang auf die vorliegende Rechtssache übertragen. In der Rechtssache CMA CGM u. a./Kommission machten die Kläger den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer nämlich nicht mit dem Ziel der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung geltend, sondern zur Unterstützung ihres Klagegrundes, der auf die Beseitigung oder Herabsetzung der ihnen auferlegten Geldbußen gerichtet war. Da mit der angefochtenen Entscheidung eine Geldbuße im Sinne von Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 4056/86 auferlegt wurde (siehe oben, Randnr. 22), bezweckt der vorliegende Klagegrund, mit dem die Nichtigerklärung der Entscheidung begehrt wird, in Wirklichkeit die Beseitigung der mit ihr auferlegten Geldbuße. Außerdem hat die Kommission die angefochtene Entscheidung unter Beachtung der in der Verordnung Nr. 2988/74 vorgesehenen Verjährungsregeln erlassen. Unter diesen Umständen besteht kein Grund, von der Entscheidung des Gerichts im Urteil CMA CGM u. a/Kommission abzuweichen.

43. Die – im Übrigen nur angerissenen – Argumente der Klägerin (siehe oben, Randnr. 20), die sich gegen die Übertragbarkeit der Entscheidung des Gerichts im Urteil CMA CGM u. a./Kommission auf den vorliegenden Fall richten, halten einer Prüfung nicht stand. Zur Bezugnahme auf den Grundsatz der Rechtssicherheit ist daran zu erinnern, dass die Verordnung Nr. 2988/74 in ihrem zweiten Erwägungsgrund ausdrücklich der Notwendigkeit Rechnung trägt, den Grundsatz der Rechtssicherheit insbesondere durch die Einführung des Grundsatzes der Verjährung zu gewährleisten (Urteil CMA CGM u. a./Kommission, Randnr. 322). Was den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte anbelangt, ist daran zu erinnern, dass, solange noch keine Verjährung gemäß der Verordnung Nr. 2988/74 eingetreten ist, für Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, die von einer Untersuchung im Bereich der Wettbewerbspolitik gemäß der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), betroffen sind, die Ungewissheit hinsichtlich des Ausgangs dieses Verfahrens und der möglichen Festsetzung von Sanktionen oder Geldbußen bestehen bleibt. Somit ist die Verlängerung dieser Ungewissheit den Verfahren zur Anwendung der Verordnung Nr. 17 immanent und stellt als solche keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte dar (vgl. in diesem Sinne das Urteil des Gerichts vom 16. Dezember 2003, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, T‑5/00 und T‑6/00, Slg. 2003, II‑5761, Randnr. 91, das analog auf die nach der Verordnung Nr. 4056/86 eingeleiteten Untersuchungen anwendbar ist und in diesem Punkt nicht vom Gerichtshof aufgehoben wurde).

44. Zu dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen und oben am Ende von Randnr. 20 wiedergegebenen Argument ist festzustellen, dass dieses Argument in keiner Weise von der Verordnung Nr. 2988/74 gestützt wird und somit zurückzuweisen ist.

45. Außerdem kann, was die Anwendung der Wettbewerbsregeln angeht, die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer nur im Fall einer Entscheidung, durch die Zuwiderhandlungen festgestellt werden, einen Grund für die Nichtigerklärung darstellen und nur, wenn erwiesen ist, dass der Verstoß gegen diesen Grundsatz die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt. Außerhalb dieser besonderen Fallgestaltung wirkt sich die Nichtbeachtung der Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens aus (Urteil des Gerichts in der Rechtssache Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektronisch Gebied und Technische Unie/Kommission, Randnr. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46. Im Übrigen beruht die aus Billigkeitserwägungen getroffene – und einer nunmehr ständigen und vom Gemeinschaftsrichter anerkannten Praxis entsprechende – Entscheidung der Kommission, die Geldbuße unter Berücksichtigung der Verfahrensdauer herabzusetzen, auf ihrem Ermessen bei der Festsetzung der Geldbußen und lässt sich im vorliegenden Fall nicht gegen die Nichtanwendung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer anführen (vgl. in diesem Sinne Urteil CMA CGM u. a./Kommission, Randnr. 325).

47. Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer trotz der Verzögerung beim Erlass der angefochtenen Entscheidung durch die Kommission keine Anwendung finden kann, da die Verjährungsfristen der Verordnung Nr. 2988/74 eingehalten wurden.

48. Der erste Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass im Rahmen dieses Klagegrundes die oben in Randnr. 17 angeführte Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte zu prüfen ist; diese Rüge wird im Rahmen des dritten Klagegrundes geprüft (siehe unten, Randnr. 78).

Zum dritten Klagegrund: keine unwiderrufliche Feststellung der Missbräuche im Urteil CMB des Gerichtshofs

– Vorbringen der Parteien

49. Die Klägerin hält der Kommission im Wesentlichen vor, dass sie das Vorliegen der in der Entscheidung 93/82 festgestellten Zuwiderhandlungen mit der Begründung nicht erneut geprüft habe, dass diese „keines Rechtsmittels mehr fähig“ seien (48. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Es gehe nicht an, dass die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen nicht mehr bestritten werden könnten.

50. Erstens nehme die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des Grundsatzes der Rechtskraft, die sie dem Urteil CMB des Gerichtshofs und dem Urteil CMB des Gerichts beigemessen habe, zu Unrecht auf die von ihr angeführten Urteile Bezug. Um Rechtskraft zu erlangen, müsse ein Urteil des Gerichtshofs nämlich dieselben Parteien, dieselben Klagegründe und insbesondere denselben Rechtsakt betreffen (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996, Altmann u. a./Kommission, T‑177/94 und T‑377/94, Slg. 1996, II‑2041, Randnrn. 50 bis 52). Der angefochtene Rechtsakt sei im vorliegenden Fall jedoch ein anderer als die Entscheidung 93/82. Außerdem seien „zahlreiche Klagegründe“ im Rahmen des Verfahrens gegen die Entscheidung 93/82 nicht geltend gemacht worden. Schließlich könne nicht hingenommen werden, dass die angefochtene Entscheidung, die auf der zwölf Jahre zuvor ergangenen Entscheidung 93/82 beruhe, getrennt von ihr erlassen worden sei.

51. Da zweitens das Wettbewerbsrecht „im Grunde zum Strafrecht“ gehöre und die „Grundrechte in Verfahren …, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, anwendbar“ seien (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Randnr. 150, im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte), ergebe sich aus den „geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ sowie insbesondere aus Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 15 des Paktes der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte, dass die günstigste Regelung zur Anwendung kommen müsse. Nach dem Grundsatz tempus regit actum sei die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung daher anhand der tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu beurteilen, die zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorgelegen hätten. Das anwendbare Recht habe sich seit dem Erlass der Entscheidung 93/82 aber zugunsten der Klägerin geändert. Der Grundsatz der Rechtssicherheit, auf den die Kommission sich berufe, könne nichts daran ändern, dass sie die rechtliche Entwicklung hätte berücksichtigen müssen. Im Gegenteil wäre die Kommission nach dem Grundsatz nulla poena sine lege , der mit dem der Rechtssicherheit eng verknüpft sei, sowie nach Art. 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Art. 49 der Grundrechtecharta der Europäischen Union sogar verpflichtet gewesen, die genannte Entwicklung zu berücksichtigen.

52. Drittens werde die Fehlerhaftigkeit der ursprünglichen Anschuldigungen durch zahlreiche nach der Entscheidung 93/82 eingetretene Tatsachen bewiesen, die die Kommission nicht ignorieren könne.

53. Viertens seien die ursprünglichen Beschwerdepunkte so unbestimmt gewesen, dass sich die Klägerin nicht gegen sie habe verteidigen können.

54. Die Kommission hält alle zu diesem Klagegrund vorgetragenen Argumente für unbegründet. Diese Argumente liefen unter Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtskraft und der Rechtssicherheit darauf hinaus, die im Urteil CMB des Gerichtshofs und im Urteil CMB des Gerichts getroffene Entscheidung sowie die Geltung der nicht für nichtig erklärten Teile der Entscheidung 93/82 und insbesondere derjenigen, mit denen die fraglichen Missbräuche festgestellt würden, in Frage zu stellen. Sie stellt außerdem den strafrechtlichen Charakter des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts und dessen angeblich für die Klägerin günstige rechtliche Entwicklung in Abrede.

– Würdigung durch das Gericht

55. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof die grundlegende Bedeutung des Grundsatzes der Beachtung der Rechtskraft sowohl in der Gemeinschaftsrechtsordnung als auch in den nationalen Rechtsordnungen anerkannt hat. Zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nämlich nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordene Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden können (Urteile des Gerichtshofs vom 30. September 2003, Köbler, C‑224/01, Slg. 2003, I‑10239, Randnr. 38, und vom 16. März 2006, Kapferer, C‑234/04, Slg. 2006, I‑2585, Randnr. 20).

56. Die Beurteilung von Sach- und Rechtsfragen erlangt Rechtskraft, wenn in einem Urteil tatsächlich oder notwendigerweise über sie entschieden wurde und sie von der teilweisen Aufhebung dieses Urteils nicht berührt werden (Urteil PVC II des Gerichts, Randnr. 77; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 28. Februar 2002, Cascades/Kommission, T‑308/94, Slg. 2002, II‑813, Randnr. 70).

57. Folglich hat die Entscheidung derjenigen Sach- und Rechtsfragen Rechtskraft erlangt, über die im Urteil CMB des Gerichtshofs und im Urteil CMB des Gerichts tatsächlich oder notwendigerweise entschieden wurde und die nicht von der teilweisen Aufhebung des Urteils CMB des Gerichts betroffen sind. Daraus folgt, dass keiner der Verfahrensbeteiligten der Rechtssache, die Gegenstand des Urteils CMB des Gerichtshofs war, einschließlich der Klägerin und der Kommission, erneut in Frage stellen kann, was zuvor entschieden worden ist.

58. Auch die Bezugnahme der Klägerin auf das Urteil Altmann u. a./Kommission kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen. Dieses Urteil ist nämlich, worauf die Kommission im Übrigen hinweist, im Kontext einer Einrede der Unzulässigkeit ergangen, während die Zulässigkeit der Klage im vorliegenden Fall unstreitig ist. Das Urteil Altmann u. a./Kommission fügt sich in eine ständige Rechtsprechung ein, nach der die Rechtskraft eines Urteils des Gerichtshofs nur dann zur Unzulässigkeit einer späteren Klage führen kann, wenn die beiden Klagen dieselben Parteien betreffen, denselben Gegenstand haben und auf dieselben Klagegründe gestützt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 19. September 1985, Hoogovens Groep/Kommission, 172/83 und 226/83, Slg. 1985, 2831, Randnr. 9, und vom 22. September 1988, Frankreich/Parlament, 358/85 und 51/86, Slg. 1988, 4821, Randnr. 12; Urteil des Gerichts vom 8. März 1990, Maindiaux u. a./WSA, T‑28/89, Slg. 1990, II‑59, Randnr. 23), und ist somit im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

59. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit für die Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane eine Gültigkeitsvermutung spricht und diese Akte daher Rechtswirkungen entfalten, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Rechtswidrigkeitseinrede für ungültig erklärt worden sind (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Oktober 2004, Kommission/Griechenland, C‑475/01, Slg. 2004, I‑8923, Randnrn. 18 ff.). Außerdem bewirkt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass die Gültigkeit von Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane sogar im Rahmen einer gegen diese Rechtsakte erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit nicht mehr in Frage gestellt werden kann, wenn die in Art. 230 EG vorgesehene Frist für eine Klage gegen sie einmal abgelaufen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 30. Januar 1997, Wiljo, C‑178/95, Slg. 1997, I‑585, Randnr. 19, und vom 15. Februar 2001, Nachi Europe, C‑239/99, Slg. 2001, I‑1197, Randnr. 29; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 9. März 1994, TWD, C‑188/92, Slg. 1994, I‑833, Randnr. 16).

60. Somit sind die nicht für nichtig erklärten Teile der Entscheidung 93/82, gegen die keine Klage mehr erhoben werden kann, endgültig zu einem Teil des Rechtsbestands der Gemeinschaft geworden und entfalten ihre volle Rechtswirkung. Hierbei handelt es sich insbesondere um die die Beteiligung der Klägerin an den festgestellten Missbräuchen betreffenden Abschnitte der Entscheidung 93/82, da die Rechtmäßigkeit dieser Abschnitte von der aus rein verfahrensrechtlichen Gründen erfolgten Nichtigerklärung der Geldbuße (d. h. allein der Art. 6 und 7 des verfügenden Teils der Entscheidung 93/82) durch das Urteil CMB des Gerichtshofs nicht berührt wird. Ihre Rechtmäßigkeit wird von der Klägerin im Übrigen nicht bestritten.

61. Folglich ist das Argument der Klägerin, dass andere Klagegründe im Verfahren gegen die Entscheidung 93/82 nicht geltend gemacht worden seien, als unbegründet zurückzuweisen. Folgte man dieser Ansicht, würde dies darauf hinauslaufen, bestandskräftig gewordene Teile der Entscheidung 93/82 unter Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit erneut in Frage zu stellen.

62. Deshalb war die Kommission auch berechtigt, die angefochtene Entscheidung auf die nicht für nichtig erklärten Teile der Entscheidung 93/82 stützen und der Klägerin als Sanktion für die dort festgestellten Missbräuche eine Geldbuße aufzuerlegen.

63. Insoweit ist es weder nach der Verordnung Nr. 4056/86 noch nach der Verordnung Nr. 17 ausdrücklich ausgeschlossen, dass auf zwei unterschiedlichen Rechtsgrundlagen zwei verschiedene Rechtsakte formal getrennt voneinander ergehen, nämlich der Rechtsakt, mit dem die Zuwiderhandlung festgestellt wird (im Fall der Verordnung Nr. 4056/86 auf der Grundlage ihres Art. 11 Abs. 1), und derjenige, mit dem die Geldbuße auferlegt wird (auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 2 dieser Verordnung).

64. Unerheblich ist zudem, dass zwischen dem Erlass der Entscheidung 93/82 und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zwölf Jahre liegen, da die angefochtene Entscheidung unter Beachtung der in der Verordnung Nr. 2988/74 vorgesehenen Verjährungsfristen erlassen worden ist.

65. Das Vorbringen der Klägerin, das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft habe strafrechtlichen Charakter und folglich müsse die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die für die Klägerin günstige Entwicklung dieses Rechts berücksichtigen, ist ebenfalls zurückzuweisen.

66. Dieses Vorbringen geht nämlich von einer falschen Prämisse aus. Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 4 der Verordnung Nr. 4056/86 ergibt, haben nicht einmal die nach dieser Bestimmung auferlegten Geldbußen strafrechtlichen Charakter. Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass die Effektivität des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft ernsthaft gefährdet wäre, wenn man der These folgte, dass das Wettbewerbsrecht zum Strafrecht gehöre (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 18. September 2003, Volkswagen/Kommission, C‑338/00 P, Slg. 2003, I‑9189, Randnr. 97). Auch das Urteil Hüls/Kommission, auf das sich die Klägerin beruft, ist nicht einschlägig, weil der Gerichtshof in diesem Urteil nur entschieden hat, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung in Verfahren wegen Verstößen gegen die für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln anwendbar ist, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (Randnr. 150). Schließlich liefert die Klägerin kein anderes stichhaltiges Argument zur Stützung ihrer These, die daher zurückzuweisen ist.

67. Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen ist, ohne dass die Frage geprüft werden müsste, ob die Wettbewerbsregeln, anhand deren die fraglichen Zuwiderhandlungen in der Entscheidung 93/82 festgestellt und geahndet worden waren, in dem Zeitraum zwischen dem Urteil CMB des Gerichtshofs, durch das die in der Entscheidung 93/82 vorgenommene Würdigung hinsichtlich des Bestehens der Zuwiderhandlungen bestätigt worden ist, und der angefochtenen Entscheidung zugunsten der Klägerin gemildert worden sind oder nicht. Hilfsweise ist darauf hinzuweisen, dass – selbst wenn man eine für die Klägerin günstige Entwicklung des Wettbewerbsrechts unterstellt, was die Klägerin keineswegs dartut – die Teile der Entscheidung 93/82, mit denen die Zuwiderhandlungen und die Beteiligung der Klägerin an ihnen festgestellt worden sind, nicht angetastet werden können, da sonst die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Rechtskraft verletzt würden.

68. Zum Vorbringen der Klägerin, dass seit der Entscheidung 93/82 neue Tatsachen eingetreten seien, ist zu sagen, dass solche Tatsachen – ihr Vorliegen unterstellt – wegen des auch für die Kommission geltenden Grundsatzes der Rechtskraft, des Grundsatzes der Rechtssicherheit sowie aus dem Grund, dass komplexe Bewertungen, die die Kommission insbesondere im Bereich des Wettbewerbs vorgenommen hat, nur anhand der Informationen zu prüfen sind, über die sie bei der Vornahme der Bewertungen verfügte (Urteil des Gerichts vom 28. März 2000, T. Port/Kommission, T‑251/97, Slg. 2000, II‑1175, Randnr. 38), nicht hätten berücksichtigt werden können.

69. Schließlich ist auch das eine bloße Behauptung darstellende Vorbringen, die ursprünglichen Beschwerdepunkte seien unbestimmt gewesen, zurückzuweisen, da die Klägerin nicht dargetan hat, dass sie sich in einer anderen Situation hätte befinden können, wenn die ursprünglichen Beschwerdepunkte nicht, wie sie meint, unbestimmt gewesen wären.

70. Aus dem Vorstehenden folgt, dass der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

– Vorbringen der Parteien

71. Die Klägerin sieht sich dadurch in ihren Verteidigungsrechten verletzt, dass die Kommission es abgelehnt habe, sich mit der Frage des tatsächlichen Vorliegens der Missbräuche zu befassen, obwohl in „grundsätzlichen Punkten“ rechtliche Veränderungen eingetreten seien, und nur auf die Geldbuße eingegangen sei. Folglich sei die Klägerin, da sie von der MB 1990 nur eine „Kopie zur Äußerung“ erhalten habe, seinerzeit nicht in der Lage gewesen, sich so zu verteidigen, wie ein direkter Empfänger der Mitteilung der Beschwerdepunkte und potentieller Bußgeldschuldner es gekonnt hätte. Da der Gerichtshof die der Klägerin in der Entscheidung 93/82 auferlegte Geldbuße für nichtig erklärt habe, weil ihr die MB 1990 nicht zugestellt worden sei, hätte die Kommission das Verfahren in seiner Gesamtheit wieder eröffnen und der Klägerin eine „vollständige“ MB übersenden müssen, um es ihr zu ermöglichen, sich zu den in der Entscheidung 93/82 festgestellten Zuwiderhandlungen zu äußern. Die MB 2003 erfülle somit nicht ihren Zweck, der darin bestehe, den Unternehmen alle Angaben zur Verfügung zu stellen, die sie benötigten, um sich wirksam verteidigen zu können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlasse (Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1993, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, C‑89/85, C‑104/85, C‑114/85, C‑116/85, C‑117/85 und C‑125/85 bis C‑129/85, Slg. 1993, I‑1307, I‑1594, Randnr. 42).

72. Die Kommission macht geltend, die Klägerin sei – im Gegensatz zu einem anderen Unternehmen, das ebenfalls zu den Adressaten der Entscheidung 93/82 gehört und diese angefochten habe – so vorgegangen, dass sie diese Argumente im Rahmen der gegen die Entscheidung 93/82 gerichteten Klage nur hinsichtlich der Geldbuße geltend gemacht und damit gezeigt habe, dass sie davon ausgegangen sei, sich zur damaligen Zeit hinsichtlich des Vorliegens der Zuwiderhandlungen sachgerecht verteidigt zu haben. Überdies stehe der Grundsatz der Rechtssicherheit einer Geltendmachung dieser Argumente durch die Klägerin im vorliegenden Verfahren entgegen, denn nach dem Urteil PVC II des Gerichtshofs (Randnr. 73) könne das Verfahren zur Ersetzung eines für nichtig erklärten Aktes an dem Punkt wieder aufgenommen werden, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten sei. Dieser Grundsatz müsse erst recht im vorliegenden Fall gelten, weil die Entscheidung 93/82 im Urteil CMB des Gerichtshofs nur in Bezug auf den die Geldbußen betreffenden Teil für nichtig erklärt worden sei. Schließlich sei in der vorliegenden Rechtssache der ursprüngliche Formfehler geheilt worden, da die Klägerin Adressatin der MB 2003 gewesen sei, mit der sie davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass ihr möglicherweise eine individuelle Geldbuße auferlegt werde.

– Würdigung durch das Gericht

73. Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin geltend, durch die Tatsache, dass sie zwar im Rahmen der Klage gegen die Entscheidung 93/82 vollständig in der Lage gewesen sei, das Vorliegen der Zuwiderhandlungen zu bestreiten, nicht aber in dem Verwaltungsverfahren, das dem Erlass dieser Entscheidung vorausging, seien im Verwaltungsverfahren vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung ihre Verteidigungsrechte verletzt worden.

74. In der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin befragt worden, inwieweit sie sich, wenn die MB 1990 direkt an sie gerichtet worden wäre, besser hätte verteidigen können, als es durch Cewal für sie als Mitglied der Schifffahrtskonferenz geschehen ist. Hierauf hat die Klägerin keine überzeugende Antwort gegeben. Sie hat sich vielmehr auf das Vorbringen beschränkt, das gesamte Verteidigungskonzept einer Berufsvereinigung, deren miteinander konkurrierende Mitglieder unterschiedliche, ja sogar gegensätzliche Interessen hätten, habe Kompromisscharakter. Das Gericht hält ein so allgemeines Vorbringen im vorliegenden Fall nicht für überzeugend, weil es gerade im Interesse ausnahmslos aller Mitglieder von Cewal war, das Bestehen der von der Kommission in der MB 1990 festgestellten Zuwiderhandlungen zu bestreiten.

75. Es obliegt aber der Klägerin, einen stichhaltigen Beweis dafür zu erbringen, dass sie sich in einer anderen Situation befunden haben könnte, dass also die Entscheidung 93/82 hinsichtlich der Feststellung der ihr zur Last gelegten Missbräuche möglicherweise mit einem anderen Wortlaut erlassen worden wäre, wenn die Klägerin in der Lage gewesen wäre, ihren Standpunkt nicht als Adressatin einer Kopie der MB 1990, sondern als direkte Adressatin dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte geltend zu machen. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Klägerin förmlich aufgefordert worden war, nicht nur ihre schriftliche Stellungnahme zur MB 1990 abzugeben, was sie tatsächlich getan hat, sondern auch an der Verwaltungsanhörung teilzunehmen, die am 22. Oktober 1990 in ihrem Beisein stattfand.

76. Selbst wenn man annähme, dass die Klägerin – was sie nicht dartut – sich während des ursprünglichen Verwaltungsverfahrens hinsichtlich der Feststellung der Zuwiderhandlungen nicht optimal verteidigen konnte, könnte eine solche Verletzung ihrer Verteidigungsrechte im Rahmen der vorliegenden Rechtssache nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, da die Entscheidung 93/82 hinsichtlich der Feststellung der Zuwiderhandlungen bestandskräftig geworden ist. Es ist nämlich daran zu erinnern, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit daran hindert, die nicht für nichtig erklärten Teile der Entscheidung 93/82 erneut in Frage zu stellen (siehe oben, Randnrn. 59 bis 61).

77. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in der MB 2003 als Adressatin der Geldbuße angegeben ist. Die Klägerin hat in einer langen Antwort darauf Einwände gegen die Feststellung der Zuwiderhandlungen erhoben, ohne jedoch irgendein Argument anzuführen, das auch nur entfernt in Verbindung zu dem vorliegenden Klagegrund steht. Die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Beschwerdepunkte stimmen mit den in der MB 2003 enthaltenen Punkten (die wiederum mit denen identisch sind, auf die in der Entscheidung 93/82 abgestellt wurde) genau überein. Außerdem wurde die Klägerin vom Anhörungsbeauftragten angehört und hatte Gelegenheit zur Akteneinsicht. Sie konnte somit ihre Verteidigungsrechte förmlich ausüben. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die MB 2003 ihre Funktion somit vollständig erfüllt.

78. Was schließlich die im Rahmen des ersten Klagegrundes geltend gemachte Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin angeht, die sich aus dem Umstand ergeben soll, dass die Klägerin aufgrund des seit der Entscheidung 93/82 verstrichenen Zeitraums (siehe oben, Randnr. 17) nicht in der Lage gewesen sei, alte Dokumente oder frühere Angestellte zu finden, so legt die Klägerin auch für eine solche Verletzung weder einen Beweis vor, noch gibt sie genau an, welche Dokumente oder Zeugenaussagen für sie nützlich gewesen wären. Darüber hinaus ist daran zu erinnern, dass die Klägerin die ihr eingeräumte Gelegenheit zur Akteneinsicht (Randnr. 49 der angefochtenen Entscheidung) nicht wahrgenommen hat, obwohl, worauf die Kommission in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, alle Dokumente in der Akte enthalten waren. Jedenfalls scheinen sich die Dokumente, die nach den Angaben der Klägerin fehlen, auf das Vorliegen der Missbräuche zu beziehen. Da die Zuwiderhandlungen aber in der Entscheidung 93/82 bestandskräftig festgestellt wurden, kann ihr Vorliegen nicht erneut in Frage gestellt werden, da sonst die Grundsätze der Rechtskraft und der Rechtssicherheit verletzt würden.

79. Aus dem Vorstehenden folgt, dass der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum vierten Klagegrund: unzureichende Begründung und fehlende Rechtfertigung der angefochtenen Entscheidung

– Vorbringen der Parteien

80. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend begründet sei, weil die Kommission weder die beherrschende Stellung von Cewal noch das Vorliegen der drei angegebenen Missbräuche oder deren Ausschlusswirkung auf den Markt im Sinne von Art. 82 EG bewiesen habe. Außerdem versetze die angefochtene Entscheidung das Gericht nicht in die Lage, die Begründetheit und die Höhe der Geldbuße im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu überprüfen.

81. Die Kommission erwidert im Wesentlichen, dass der vorliegende Klagegrund, der eine Verbindung zum zweiten Klagegrund aufweise und sich mit dem dritten Klagegrund überschneide, zurückzuweisen sei. Mit diesem Klagegrund werde nämlich unter offensichtlicher Verletzung der Klagefristen und unter Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Rechtskraft eine erneute Überprüfung nicht nur der Begründetheit der nicht für nichtig erklärten Teile der Entscheidung 93/82, sondern auch der Teile der beiden rechtskräftigen Urteile CMB des Gerichtshofs und CMB des Gerichts bezweckt, mit denen die auf die Nichtigerklärung der in der Entscheidung 93/82 getroffenen Feststellungen zu den Missbräuchen durch die Klägerin gerichteten Klagegründe zurückgewiesen worden seien.

– Würdigung durch das Gericht

82. Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der sachlichen Richtigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Im Hinblick darauf muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen und ihre Rechte verteidigen können und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile des Gerichtshofs vom 13. März 1985, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, 296/82 und 318/82, Slg. 1985, 809, Randnr. 19, und vom 19. September 2002, Spanien/Kommission, C‑114/00, Slg. 2002, I‑7657, Randnr. 62). Für Entscheidungen, die nach Art. 82 EG erlassen worden sind, verlangt dieser Grundsatz, dass in der angefochtenen Entscheidung die Tatsachen, die in rechtlicher Hinsicht die Maßnahme rechtfertigen, und die Erwägungen angegeben werden, die zum Erlass der Entscheidung geführt haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, Slg. 2007, II‑107, Randnr. 57, insoweit nicht mit Rechtsmittel angefochten).

83. In Wirklichkeit beruht der vorliegende Klagegrund auf der Vermutung, dass die Kommission die Angelegenheit bezüglich der Feststellung der Zuwiderhandlungen erneut hätte prüfen müssen. Die angefochtene Entscheidung ist aber eine Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße im Sinne von Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 4056/86 (siehe oben, Randnr. 22), mit der eine Geldbuße auferlegt wird. Die hinsichtlich der Geldbuße erforderliche Begründung ist in den Erwägungsgründen 67 bis 111 der angefochtenen Entscheidung enthalten. Außerdem ist der in der angefochtenen Entscheidung gewählte Ansatz, sich bei der Verhängung der Geldbuße auf die nicht für nichtig erklärten und bestandskräftigen Teile der Entscheidung 93/82 zu stützen, soweit darin die Missbräuche festgestellt werden, im Rahmen der Würdigung des dritten Klagegrundes für begründet erachtet worden. Darüber hinaus steht außer Frage, dass dieser Ansatz von der Kommission rechtlich hinreichend begründet wurde. Aus dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 17 und 41) und auch der MB 2003 (insbesondere 27. Erwägungsgrund) ergibt sich nämlich, dass die Kommission sich hinsichtlich des Vorliegens der von der Klägerin begangenen Missbräuche schlicht und einfach auf die Teile der Entscheidung 93/82 bezogen hat, in denen die genannten Zuwiderhandlungen dargelegt sind und die in der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst werden (Erwägungsgründe 21 bis 40). Die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 42 bis 46) auch darauf hingewiesen, dass diese nicht für nichtig erklärten Teile der Entscheidung 93/82 nach den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Rechtskraft bestandskräftig geworden sind.

84. Es kann daher nicht bestritten werden, dass die Klägerin von allen Gründen der angefochtenen Entscheidung Kenntnis erlangen konnte. Außerdem ist festzustellen, dass das Gericht voll und ganz in der Lage war, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu prüfen.

85. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die angefochtene Entscheidung hinreichend begründet ist.

86. Unter diesen Umständen ist der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zu den hilfsweise gestellten Anträgen, die auf eine Herabsetzung der festgesetzten Geldbuße gerichtet sind

Zum fünften Klagegrund: diskriminierender Charakter der Geldbuße

– Vorbringen der Parteien

87. Die Klägerin hält die Tatsache, dass ihr „fast die gesamte“ Geldbuße auferlegt worden sei, für diskriminierend. Der Compagnie maritime du Congo (im Folgenden: CMDC), früher Compagnie maritime zaïroise (im Folgenden: CMZ), die nach dem in Art. 3 Buchst. e der Verordnung Nr. 4056/86 vorgesehenen Warenaufteilungssystem am meisten von den Missbräuchen profitiert habe, weil sie an dem Einnahmenpool den größten Anteil gehabt habe, hätte nämlich ebenfalls eine Geldbuße auferlegt werden müssen. Im Übrigen lieferten die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Gesichtspunkte der Zugehörigkeit des Präsidenten und Generalsekretärs von Cewal zur Geschäftsführung der Klägerin, der Tatsache, dass das Generalsekretariat von Cewal in demselben Gebäude wie die Klägerin untergebracht sei, und der Praktiken, durch die die vorherrschende Stellung der Klägerin gefestigt worden sein solle, keine schlüssige Begründung. Cewal sei nämlich eine von ihren Mitgliedern getrennte Einheit gewesen, und alle ihre Entscheidungen seien einstimmig oder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder getroffen worden. Die Begründung mit der Übernahme der Kontrolle über die Dafra-Lines und die Deutsche Afrika Linien-Woermann Linie durch die Klägerin sei ebenso wenig schlüssig. Die Daten der Übernahme stimmten nämlich nicht mit dem Zeitraum überein, in dem die Missbräuche begangen worden sein sollten. Was den Verkauf oder die Übertragung von Rechten der CMZ an die Klägerin oder an Cewal angehe, so habe es sich nur um Vereinbarungen von kurzer Dauer zwischen der Klägerin und CMZ gehandelt, während deren CMZ ihre Rolle als Schifffahrtsunternehmerin weiterhin vollständig ausgeübt habe. Im Jahr 1993 habe CMZ wieder ihre eigenen Schiffe genutzt. Im Übrigen habe diese Praxis erst nach dem Ende der vermeintlichen Missbräuche stattgefunden. In dem Zeitraum, in dem die Missbräuche begangen worden sein sollten, habe CMZ einen regelmäßigen Linienbetrieb aufrechterhalten. Schließlich sei CMDC das einzige Mitglied von Cewal, das noch auf der Strecke Europa–Zaire (nunmehr Republik Kongo) tätig sei. Außerdem stehe der Ansatz der Kommission, wonach die Klägerin die meiste Verantwortung innerhalb von Cewal trage und ihr Verhalten besonders bedeutende Auswirkungen auf das Marktgeschehen habe, im Widerspruch zur üblichen Praxis der Kommission und zur Theorie der kollektiven marktbeherrschenden Stellung. Schließlich habe die schwierige finanzielle Situation von CMDC, die es gerechtfertigt habe, dass ihr von der Kommission in der Entscheidung 93/82 keine Geldbuße auferlegt worden sei, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr bestanden, während sich die Klägerin ihrerseits in solchen Schwierigkeiten befunden habe.

88. Unter diesen Umständen sei die im 88. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung als „einzige Rechtfertigung“ dafür, dass CMDC keine Geldbuße auferlegt worden sei, genannte Erwägung, dass kein anderes Mitglied von Cewal „vorgeben [kann], sich in der gleichen Situation wie CMDC zu befinden, die sich von ihren Schiffen trennen musste und keine Schifffahrt mehr betrieb“, nicht überzeugend. Heute befinde sich nämlich die Klägerin in der Situation, dass sie über keine Schiffe mehr verfüge und keine Schifffahrt mehr betreibe. Nach der Argumentation der Kommission müsste somit im Gegenteil gerade CMDC die Geldbuße zahlen und nicht die Klägerin.

89. Die Klägerin macht weiter geltend, die Kommission habe eingeräumt, dass sie als Referenzjahr für die Festsetzung der Geldbuße das Jahr 2003 und nicht das Jahr 1992 herangezogen habe. Unter diesen Umständen hätte die Kommission prüfen müssen, ob die Geldbuße im Jahr 2004 diskriminierenden Charakter habe, und sie hätte berücksichtigen müssen, dass CMDC heute in der fraglichen Branche tätig und nicht mehr mit den Schwierigkeiten konfrontiert sei, die die Kommission veranlasst hätten, ihr in der Entscheidung 93/82 keine Geldbuße aufzuerlegen.

90. Die Kommission könne sich auch nicht auf das Urteil CMB des Gerichts berufen, in dem das Gericht die Situation im Jahr 1992 herangezogen habe, um den die Gleichbehandlung betreffenden Klagegrund zurückzuweisen. Eine Anwendung von Randnr. 237 des Urteils CMB des Gerichts auf die Situation der Klägerin im Jahr 2004 müsste im Gegenteil dazu führen, die Klägerin von jeglicher Geldbuße freizustellen, da sie die fragliche Tätigkeit nicht mehr ausübe.

91. Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

– Würdigung durch das Gericht

92. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vor, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteile des Gerichtshofs vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T‑62/02, Slg. 2005, II‑5057, Randnrn. 155 und 156, vom 6. Dezember 2005, Brouwerij Haacht/Kommission, T‑48/02, Slg. 2005, II‑5259, Randnr. 108, und vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T‑303/02, Slg. 2006, II‑4567, Randnr. 152).

93. Im vorliegenden Fall meint die Klägerin, sie sei gegenüber den anderen Mitgliedsunternehmen von Cewal diskriminiert worden, und zwar insbesondere im Verhältnis zu CMDC, der keine Geldbuße auferlegt worden sei, obwohl sie sich zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung 93/82 in einer vergleichbaren Situation wie die Klägerin befunden habe.

94. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass ein Unternehmen, wenn es durch sein Verhalten gegen Art. 82 EG verstoßen hat, nicht deshalb jeder Sanktion entgehen kann, weil gegen andere Wirtschaftsteilnehmer, mit deren Situation der Gemeinschaftsrichter – wie hier – nicht befasst ist, keine Geldbuße verhängt wurde (vgl. bezüglich Unternehmen, die gegen Art. 81 EG verstoßen haben, die Urteile Ahlström Osaheyhtiö u. a./Kommission, Randnr. 197, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, Randnr. 430, und Peróxidos Orgánicos/Kommission, Randnr. 77).

95. Jedenfalls ist das Gericht in Ausübung seiner ihm durch Art. 21 der Verordnung Nr. 4056/86 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im Sinne von Art. 229 EG nicht verpflichtet, die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße herabzusetzen, um der von ihr behaupteten Diskriminierung im Verhältnis zu CMDC Rechnung zu tragen.

96. Es kann nämlich zum einen nicht angenommen werden, dass die Klägerin und CMZ sich beim Erlass der Entscheidung 93/82 in einer vergleichbaren Situation befanden. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Klägerin an den Zuwiderhandlungen in stärkerem Maß beteiligt war. Außerdem unterschied sich die finanzielle und wirtschaftliche Situation von CMZ beim Erlass der Entscheidung 93/82 deutlich von derjenigen der Klägerin, so dass die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstieß, als sie der Klägerin eine höhere Geldbuße als den anderen Mitgliedern von Cewal auferlegte und gegen CMZ keine Geldbuße festsetzte.

97. Zum anderen hängt die Ähnlichkeit der Situationen, auf die sich die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes beruft, mit einer Veränderung ihrer eigenen Situation zusammen, die nach der in der Entscheidung 93/82 getroffenen Feststellung der Zuwiderhandlungen eingetreten ist. Eine solche Veränderung konnte aber in der angefochtenen Entscheidung, die auf finanzielle Sanktionen für die in der Entscheidung 93/82 bestandskräftig festgestellten Zuwiderhandlungen gerichtet war, nicht berücksichtigt werden. Die Kommission war nur zwecks Beachtung der Obergrenze von 10 % des im Geschäftsjahr vor Erlass der angefochtenen Entscheidung erzielten Umsatzes im Sinne von Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 4056/86 verpflichtet, die neue Situation der Klägerin zu berücksichtigen, was sie im Übrigen getan hat (111. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

98. Der fünfte Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

Zum sechsten Klagegrund: Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße

– Vorbringen der Parteien

99. Die Klägerin stützt den vorliegenden Klagegrund im Wesentlichen auf vier Rügen.

100. Erstens seien die festgestellten Zuwiderhandlungen nicht schwerwiegend. Während des Zeitraums, in dem die Missbräuche begangen worden sein sollten, habe Cewal Marktanteile an die Konkurrenz verloren, und ihr sei vorgeworfen worden, zu niedrige und nicht zu hohe Preise zu verlangen; außerdem sei der fragliche Markt „winzig“ gewesen.

101. Zweitens wäre es schon allein wegen des neuartigen Charakters der Ahndung des Missbrauchs einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung angesichts der herkömmlichen, diametral entgegengesetzten Praxis der Kommission und der Rechtsprechung geboten gewesen, nur eine symbolische Geldbuße aufzuerlegen. Die gerügten Missbräuche seien auch heute noch neuartig, denn im Wesentlichen sei der Missbrauch im Zusammenhang mit der Vereinbarung mit dem Ogefrem der erste Fall eines Missbrauchs in Form der Ausübung von Druck auf eine ausländische Regierung, impliziere der Missbrauch im Zusammenhang mit den Kampfschiffen eine Erweiterung des Begriffs des Wucherpreises und werde durch die Treuerabatte ein neues Auslegungsproblem der Verordnung Nr. 4056/86 aufgeworfen.

102. Drittens habe die Klägerin als Mitglied von Cewal mit der Kommission zusammengearbeitet. Cewal habe die Missbräuche nämlich mehrere Monate vor Übersendung der MB 1990 eingestellt und ferner versucht, die Kommission in dem legislativen Konflikt zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und den west- und zentralafrikanischen Ländern aktiv zu unterstützen. Diese kooperative Haltung müsse nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), als mildernder Umstand berücksichtigt werden.

103. Viertens schließlich sei die Berechnung der Geldbuße anhand der Dauer der Zuwiderhandlungen falsch. Da die Missbräuche „zwischen eineinhalb und zwei Jahren“ gedauert hätten, sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Kommission ohne Begründung die Beträge der Geldbuße vom ersten Jahr der Zuwiderhandlung an je nach Missbrauch um 15 % oder 20 % erhöht habe, also um einen wesentlich höheren Betrag, als die Praxis der Kommission und die Leitlinien es erlaubten.

104. Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

105. Erstens ist sie hinsichtlich der Schwere der Missbräuche der Ansicht, dass durch den Rückgang der Marktanteile von Cewal während des Zeitraums, in dem die Zuwiderhandlungen begangen worden seien, und die damit einhergehende Erhöhung des Anteils der Konkurrenz ihre Bewertung nicht in Frage gestellt werden könne, da sie sich im Wesentlichen nicht auf die Marktanteile von Cewal, sondern auf mehrere andere Elemente stütze, u. a. auf die normalen Frachtsätze, die außerhalb des Kampfschiffeinsatzes zur Anwendung kämen und höher seien als die Kosten der Mitglieder, was auf einen schwachen Wettbewerb hindeute. Die Kommission erinnert daran, dass das Gericht jedenfalls die Schwere der Zuwiderhandlungen im Urteil CMB bestätigt habe.

106. Zweitens sei hinsichtlich des angeblich neuartigen Charakters der Anhdung des Missbrauchs der in der Entscheidung 93/82 festgestellten kollektiven marktbeherrschenden Stellung mit der Folge, dass nach der Rechtsprechung keine Geldbuße auferlegt werden dürfe, zunächst an das Urteil CMB des Gerichts zu erinnern, wonach es gerechtfertigt gewesen sei, den angeblich neuartigen Charakter des Begriffs der kollektiven beherrschenden Stellung nicht zu berücksichtigen, weil die Ziele der vorgeworfenen Missbräuche in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht keineswegs neuartig gewesen seien. Außerdem werde im Urteil CMB des Gerichtshofs ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in der Entscheidung 93/82 gerügten Praktiken die Definition einer neuen missbräuchlichen Praxis darstellten.

107. Drittens sei zu dem Vorbringen der Klägerin hinsichtlich ihrer kooperativen Haltung und vor allem zu dem Umstand, dass Cewal die Missbräuche schnell beendet habe, festzustellen, dass die Leitlinien sich ausschließlich auf die Praxis der Kommission im Bereich der gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzten Geldbußen und nicht auf Geldbußen bezögen, die nach Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 4056/86 festgesetzt würden. Selbst wenn jedoch eine entsprechende Anwendung der Leitlinien im vorliegenden Fall möglich wäre, könnte sich die Klägerin hier nicht auf den mildernden Umstand berufen, da die freiwillige Beendigung der Zuwiderhandlung vor der Einleitung der Untersuchung durch die Kommission bereits bei der Berechnung der Dauer des Zeitraums der Zuwiderhandlung hinreichend berücksichtigt worden sei und sich ein Unternehmen auf Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien nur berufen könne, wenn die Beendigung seines wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht durch ein Eingreifen der Kommission ausgelöst worden sei (Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 341). Das Vorbringen der Klägerin, sie habe die Kommission im Rahmen der rechtlichen Streitigkeiten unterstützt, sei unter Bezugnahme auf das Urteil CMB des Gerichts zurückzuweisen.

108. Was schließlich das Vorbringen der Klägerin zur Dauer der Zuwiderhandlungen angehe, so könne – die Anwendbarkeit der Leitlinien unterstellt – die Erhöhung des Betrags der Geldbuße nach Nr. 1 B der Leitlinien bei durchschnittlich langen Zuwiderhandlungen (im Allgemeinen von einem bis zu fünf Jahren) bis zu 50 % betragen, so dass eine Erhöhung um 10 %, die die ersten zwölf Monate der Zuwiderhandlung mit einschließe, gerechtfertigt sei. Eine solche Erhöhung entspreche der ständigen Praxis der Kommission.

– Würdigung durch das Gericht

109. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass entgegen der Auffassung der Kommission die Leitlinien auf die nach der Verordnung Nr. 4056/86 festgestellten und geahndeten Zuwiderhandlungen gegen Transportbestimmungen entsprechend angewendet werden können und somit auch auf den vorliegenden Fall anwendbar sind (Urteil CMA CGM u. a./Kommission, Randnr. 242, und Urteile des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Minoan Lines/Kommission, T‑66/99, Slg. 2003, II‑5515, Randnr. 270, und Strintzis Lines Shipping/Kommission, T‑65/99, Slg. 2003, II‑5433, Randnr. 158; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98 und T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnrn. 1525, 1528 und 1571).

110. Darüber hinaus steht der Umstand, dass der Gerichtshof in seinem Urteil CMB die Art. 6 und 7 des verfügenden Teils der Entscheidung 93/82 nur aus dem verfahrensrechtlichen Grund, dass die Unternehmen, denen aufgrund des Grades ihrer Teilnahme an den Zuwiderhandlungen eine Geldbuße auferlegt worden war, nicht Adressaten der MB 1990 waren, in der nur Cewal als potenzieller Adressat einer Geldbuße genannt war, für nichtig erklärt hat, nicht der Gültigkeit der Teile der Entscheidung 93/82 entgegen, die die Charakteristika der von Cewal begangenen Missbräuche einschließlich derjenigen Merkmale betreffen, die bei der Berechnung der Geldbuße der Klägerin berücksichtigt werden konnten. Das Gericht kann somit im Rahmen seiner ihm durch Art. 21 der Verordnung Nr. 4056/86 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im Sinne von Art. 229 EG bei der Würdigung des Betrags der Geldbuße, der in der angefochtenen Entscheidung gegen die Klägerin festgesetzt wurde, auf die gültigen Teile der Entscheidung 93/82 Bezug nehmen.

Zur Schwere der Missbräuche

111. In der Entscheidung 93/82 (Erwägungsgründe 102 und 103) hat die Kommission festgestellt, dass die fraglichen Missbräuche schwerwiegend gewesen und vorsätzlich begangen worden seien. Im Übrigen bleibt die Kommission in der MB 2003 (Erwägungsgründe 31 bis 61) und in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 67 bis 84) bei ihrer Einschätzung, dass es sich bei den fraglichen Missbräuchen um schwerwiegende Zuwiderhandlungen handele. Sie ist insbesondere der Auffassung, dass der gesamte Markt (Schiffslinienverkehr zwischen der Nordsee und dem Kongo) davon betroffen gewesen sei.

112. Ferner hat die Klägerin im Rahmen ihrer Hauptanträge auf Nichtigerklärung der Entscheidung 93/82 das Vorliegen von Zuwiderhandlungen im Sinne der Art. 81 EG und 82 EG, die Einstufung der Stellung der Mitglieder von Cewal als kollektive Marktbeherrschung sowie den missbräuchlichen Charakter der Praktiken im Zusammenhang mit den Kampfschiffen und den Treuevereinbarungen bestritten. Sie hat jedoch nicht bestritten, dass die fraglichen Praktiken den Zweck verfolgten, den einzigen auf dem Markt präsenten Konkurrenten zu verdrängen, so dass der Klägerin die Grundlage fehlt, um den vorsätzlichen und schwerwiegenden Charakter der fraglichen Missbräuche zu bestreiten.

113. Somit ist das Vorbringen, dass die fraglichen Missbräuche nicht schwerwiegend seien, zurückzuweisen.

Zum geltend gemachten neuartigen Charakter der Zuwiderhandlungen

114. In der Ents cheidung 93/82 (Erwägungsgründe 116 bis 119) hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass die fraglichen Missbräuche keinen neuartigen Charakter hätten und dass eine Herabsetzung der Geldbuße nicht gerechtfertigt sei. Das Gericht hat in seinem Urteil CMB (Randnr. 248) entschieden, dass die fraglichen Zuwiderhandlungen keine neuen Merkmale aufwiesen. Diese Einschätzung hat der Gerichtshof hinsichtlich des Einsatzes der Kampfschiffe ausdrücklich bestätigt (Urteil CMB des Gerichtshofs, Randnr. 120).

115. In der MB 2003 (Erwägungsgründe 63 bis 67) und in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 101 bis 106) hält die Kommission an ihrem ursprünglichen Standpunkt fest.

116. Das Gericht sieht somit keinen Grund, von seiner früheren Einschätzung abzuweichen. Das Ziel der gerügten missbräuchlichen Praktiken, den einzigen Konkurrenten vom Markt zu verdrängen, ist nämlich in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht keineswegs neuartig.

117. Damit ist das Vorbringen hinsichtlich des neuartigen Charakters der fraglichen Zuwiderhandlungen zurückzuweisen.

Zur geltend gemachten Zusammenarbeit mit der Kommission

118. Zunächst ist hinsichtlich der Unterstützung, die Cewal der Kommission bei den Verhandlungen mit Drittstaaten oder der OECD geleistet haben soll, festzustellen, dass das Gericht in seinem Urteil CMB (Randnr. 239) ausgeführt hat, dass eine solche Unterstützung keine Auswirkungen auf die Höhe der wegen drei Verstößen gegen Art. 82 EG verhängten Geldbuße haben kann.

119. Insoweit sieht das Gericht keinen Grund, von seiner früheren Bewertung abzuweichen.

120. Sodann ist, was die geltend gemachte Zusammenarbeit der Klägerin in Form der nach dem ersten Einschreiten der Kommission erfolgten Beendigung der Zuwiderhandlungen anbelangt, daran zu erinnern, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung in der Regel weder eine Fortsetzung der Zuwiderhandlung als erschwerenden Umstand noch die Beendigung einer Zuwiderhandlung als mildernden Umstand zu berücksichtigen braucht (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, T‑31/99, Slg. 2002, II‑1881, Randnr. 213). Durch eine Herabsetzung der Geldbuße würde nämlich die bei ihrer Berechnung heranzuziehende Dauer der Zuwiderhandlung doppelt berücksichtigt. Die Kommission ist somit keinesfalls gehalten, im Rahmen ihres Ermessens für die Beendigung einer offensichtlichen Zuwiderhandlung eine Herabsetzung der Geldbuße zu gewähren, gleich ob sie vor oder nach dem Einschreiten der Kommission beendet wurde.

121. Das Vorbringen hinsichtlich der geltend gemachten Zusammenarbeit der Klägerin mit der Kommission ist somit zurückzuweisen.

Zur Dauer der Zuwiderhandlungen

122. Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Vereinbarung mit dem Ogefrem nach der Entscheidung 93/82 und gegebenenfalls nach den vom Gericht in seinem Urteil CMB (Randnrn. 241 und 242) getroffenen Feststellungen vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 4056/86 an eine Zuwiderhandlung darstellt, d. h. vom 1. Juli 1987 bis Ende September 1989, also für einen Zeitraum von zwei Jahren und drei Monaten. Die Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit den Treuevereinbarungen fand vom 1. Juli 1987 bis Ende November 1989 statt, also während eines Zeitraums von zwei Jahren und fünf Monaten. Der Missbrauch im Zusammenhang mit den Kampfschiffeinsätzen schließlich dauerte von Mai 1988 bis November 1989, also eineinhalb Jahre.

123. Im Sinne der Leitlinien fallen die fraglichen Missbräuche unter die Kategorie der Zuwiderhandlungen von durchschnittlicher Dauer (von einem bis zu fünf Jahren). Für Zuwiderhandlungen von dieser Dauer sieht Nr. 1 B der Leitlinien vor, dass der Betrag der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung um bis zu 50 % des für die Schwere der Zuwiderhandlung festgesetzten Betrags erhöht werden darf.

124. In den Leitlinien ist nicht geregelt, ob wegen des ersten Jahres der Zuwiderhandlung eine Erhöhung des für die Schwere der Zuwiderhandlung festgesetzten Betrags um 10 % gerechtfertigt ist. Dazu hat das Gericht entschieden, dass es im Licht von Nr. 1 B der Leitlinien eine sehr kurze Dauer der Zuwiderhandlung, d. h. von weniger als einem Jahr, nur rechtfertigt, von einem Aufschlag auf den anhand der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmten Betrag abzusehen (Urteil CMA CGM u. a./Kommission, Randnr. 283).

125. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Kommission, da die fraglichen Missbräuche länger als ein Jahr dauerten, in der angefochtenen Entscheidung zu Recht stillschweigend befunden hat, dass jedes volle Jahr der Zuwiderhandlung zu einem Aufschlag von 10 % auf den anhand der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmten Betrag führen konnte und dass, wird kein volles Jahr erreicht, jeder Zeitraum von mehr als sechs Monaten einen Aufschlag von 5 % rechtfertigen konnte.

126. Die Aufschläge von 20 % für die Vereinbarung mit dem Ogefrem und die Treuevereinbarungen sowie von 15 % für den Missbrauch in Verbindung mit den Kampfschiffen sind somit gerechtfertigt.

127. Folglich ist die Rüge, dass die Erhöhung der Geldbuße anhand der Dauer der Zuwiderhandlung ungerechtfertigt sei, zurückzuweisen.

128. Aus dem Vorstehenden folgt, dass der sechste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen die übliche Praxis der Kommission

– Vorbringen der Parteien

129. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Kommission in den Schifffahrtskonferenzen betreffenden Rechtssachen, abgesehen von der vorliegenden, die Geldbuße immer auf den weltweiten Umsatz der betreffenden Unternehmen im Bereich der Linienschifffahrt gestützt habe, der im Geschäftsjahr vor dem Jahr des Erlasses der Bußgeldentscheidung erzielt worden sei. Von dieser Praxis sei die Kommission unerklärlicherweise abgewichen, ohne eine objektive und diskriminierungsfreie Grundlage für die Festsetzung der Geldbußen anzugeben. Außerdem sei die Kommission von den in der MB 2003 gegebenen Hinweisen abgewichen, wobei die Wahl des Jahres 1991 anstelle des Jahres 2003 besonders willkürlich sei (Urteil des Gerichts vom 6. April 1995, Boël/Kommission, T‑142/89, Slg. 1995, II‑867, Randnr. 133) und einer Begründung entbehre.

130. Die Kommission erinnert daran, dass der Betrag der Geldbuße seit dem Erlass der Leitlinien im Jahr 1998 nicht mehr anhand des Umsatzes des Unternehmens, das die Zuwiderhandlung begangen habe, berechnet werde. Insoweit beruhe die Berechnung des Betrags der Geldbuße in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich nicht auf dem Umsatz der Klägerin, sondern auf allen anderen in der MB 2003 genannten Faktoren. Außerdem sei die Wahl des Referenzjahrs unerheblich, weil in beiden Fällen die Schwelle von 10 % des Umsatzes der Klägerin nicht überschritten worden sei.

– Würdigung durch das Gericht

131. Die Kommission ist bei der Ermittlung der Höhe der Geldbußen anhand von Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung nicht verpflichtet, die Geldbuße ausgehend von Beträgen zu berechnen, die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 255, und Urteil Bolloré u. a./Kommission, Randnrn. 484 und 496).

132. Die Kommission ist auch nicht an ihre früheren Entscheidungen gebunden; dies gilt umso mehr, wenn die angeführten Entscheidungen vor Erlass der Leitlinien ergangen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Bolloré u. a./Kommission, Randnr. 650). Jedenfalls bildet die frühere Praxis der Kommission nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen, da dieser allein in der Verordnung Nr. 4056/86 geregelt ist (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, Randnr. 191, das zur Anwendung der Verordnung Nr. 17 ergangen und auf den vorliegenden Fall analog anwendbar ist).

133. Die Kommission war somit berechtigt, von ihrer früheren Praxis abzuweichen und den Umsatz der Klägerin bei der Berechnung der Geldbuße nicht zu berücksichtigen; dies gilt umso mehr, als sie bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, um die Unternehmen dazu anhalten zu können, die Wettbewerbsregeln zu beachten (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, Randnr. 172, und Urteil Cheil Jedang/Kommission, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

134. Zudem ist festzustellen, dass die Wahl des Referenzjahrs für die Berechnung der Schwelle von 10 % des Umsatzes, die nicht überschritten werden darf, neutral ist, da die Geldbuße der Klägerin nach ihren in der angefochtenen Entscheidung angegebenen und von ihr nicht bestrittenen Umsatzzahlen sowohl für das Jahr 1991 als auch für das Jahr 2003 unterhalb der Schwelle bleibt.

135. Daraus folgt, dass der siebte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum achten Klagegrund: Ermessensmissbrauch

– Vorbringen der Parteien

136. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die unterbliebene Festsetzung einer Geldbuße gegen CMDC nur politische Gründe haben könne, die dem gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht fremd seien und die darauf abzielten, das in Zaire (nunmehr Republik Kongo) bestehende System der Subventionierung von Handelswaren abzuschaffen, und zwar – ohne direkt gegen Zaire vorzugehen –über CMZ, die zu 100 % dem zairischen Staat gehöre. Diese These werde durch mehrere Gesichtspunkte gestützt, wie die Umstände der Eröffnung des Verfahrens, das zum Erlass der Entscheidung 93/82 geführt habe, nachdem Beschwerden hinsichtlich des zairischen Rechts eingegangen und bestimmte Verhandlungen zwischen der Gemeinschaft und Zaire im Rahmen einer alten Streitigkeit über die Auslegung des Kodex der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) gescheitert seien. In ihrer Entscheidung 92/262/EWG vom 1. April 1992 in einem Verfahren nach den Art. 85 und 86 des EWG-Vertrags (IV/32.450 – Reederausschüsse in der Frankreich-Westafrika-Fahrt) (ABl. L 134, S. 1), die parallel zur Entscheidung 93/82 erlassen worden sei, habe die Kommission ebenfalls keine Geldbuße gegen die afrikanischen Transportlinien festgesetzt. Ranghohe Verantwortliche, ob auf nationaler Ebene oder bei der Kommission, hätten darüber hinaus vor dem Erlass der Entscheidung 93/82 erklärt, dass das Wettbewerbsrecht nicht das beste Mittel sei, um die Frage des Warentransports in Afrika zu regeln, und dass im Fall der Verhängung einer Geldbuße gegen CMZ ein politisches Problem entstünde. Schließlich könne sich die Kommission nicht auf das Urteil CMB des Gerichts berufen, da der Klagegrund des Ermessensmissbrauchs damals als ein „ganz anderer Klagegrund“ beurteilt worden sei. Unter diesen Umständen wäre die angefochtene Entscheidung mit einem anderen als dem angegebenen Ziel erlassen worden (Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023).

137. Die Kommission sieht in der unterbliebenen Festsetzung einer Geldbuße gegen CMDC keine Hinweise auf einen Ermessensmissbrauch und nimmt Bezug auf das Urteil CMB des Gerichts, mit dem ein identischer Klagegrund zurückgewiesen worden sei. Sie hebt hervor, dass die Argumente der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes Tatsachen beträfen, die vor der Entscheidung 93/82 vorgelegen hätten, und in Wirklichkeit darauf abzielten, die Begründetheit der genannten Entscheidung erneut in Frage zu stellen. Hierzu sei anzumerken, dass die Klägerin nicht einmal nachgeforscht habe, ob die kongolesischen Rechtsvorschriften, die nach ihrer These mit der angefochtenen Entscheidung umgangen werden sollten, zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung noch in Kraft gewesen seien.

– Würdigung durch das Gericht

138. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Entscheidung nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen worden ist (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 99, und Urteil des Gerichts vom 6. April 1995, Ferriere Nord/Kommission, T‑143/89, Slg. 1995, II‑917, Randnr. 68).

139. Überdies hat das Gericht in Randnr. 238 seines Urteils CMB das auf einen Ermessensmissbrauch gestützte Vorbringen zurückgewiesen. Im vorliegenden Fall liefert die Klägerin keine Beweise für ihre Behauptung, dass es sich bei dem Vorbringen, über das das Gericht im Urteil CMB entschieden habe, um ein ganz anderes als das nunmehr von ihr geltend gemachte handle. Im Gegenteil scheinen sich die zum vorliegenden Klagegrund vorgebrachten Argumente mit denen, die das Gericht im Jahr 1993 hinsichtlich der Entscheidung 92/262 zu würdigen hatte, weitgehend zu decken. Jedenfalls war die Kommission, wie das Gericht bei der Prüfung des fünften Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 96) festgestellt hat, berechtigt, in der Entscheidung 93/82 von der Festsetzung einer Geldbuße gegen CMZ abzusehen, weil deren wirtschaftliche und finanzielle Situation sich von derjenigen der anderen an den damaligen Zuwiderhandlungen Beteiligten unterschied. Selbst wenn es zutrifft, dass die Kommission die Ermittlungen, die zum Erlass der Entscheidung 93/82 führten, nach dem Scheitern bestimmter, auf diplomatischer Ebene geführter Verhandlungen einleitete, hinderte im Übrigen die Tatsache, dass die Gemeinschaft zunächst erfolglos diesen Weg beschritten hatte, die Kommission nicht daran, ihre Befugnisse im Wettbewerbssektor auszuüben.

140. Jedenfalls ergibt sich aus dem Aufbau und dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung, dass diese als Reaktion auf die durch das Urteil CMB des Gerichtshofs erfolgte Nichtigerklärung der Geldbuße erlassen wurde, die ursprünglich in der Entscheidung 93/82 gegen die Klägerin wegen der von ihr begangenen Zuwiderhandlungen gegen Art. 82 EG festgesetzt worden war. Es ist nicht ersichtlich, dass die Gründe, die nach dem Vortrag der Klägerin für den Erlass der angefochtenen Entscheidung maßgeblich gewesen sein sollen (siehe oben, Randnr. 136) und die alle vor dem Erlass der Entscheidung 93/82 liegen, die wahren Gründe für deren Erlass bilden, so dass die unterbliebene Festsetzung einer Geldbuße gegen CMDC keinen Ermessensmissbrauch darstellt.

141. Der achte Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

Kosten

142. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 2 kann das Gericht auch einer obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

143. Zwar hat das Gericht entschieden, dass die Kommission nicht gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer verstoßen hat (siehe oben, Randnrn. 39 bis 47). Die Kommission hat jedoch das Verwaltungsverfahren erst mit Verzögerung wiedereröffnet. Zwischen dem Urteil CMB des Gerichtshofs (16. März 2000) und der MB 2003 (15. April 2003) liegen nämlich etwa 37 Monate, also mehr als drei Jahre. Da die Kommission das Verfahren hinsichtlich der Feststellung der Zuwiderhandlungen nicht wiedereröffnet hat, war die Erstellung der MB 2003, die nur zwölf Seiten umfasste, keine aufwendige Arbeit. Es mussten nämlich nur ein Abschnitt über den Zweck der Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Zusammenfassung der in der Entscheidung 93/82 festgestellten Zuwiderhandlungen, wie sie durch das Urteil CMB des Gerichtshofs und das Urteil CMB des Gerichts bestätigt worden waren, ein Abschnitt über die Berechnungsmethode der Geldbuße und ein Unterabschnitt über die Einhaltung der Verjährungsfristen nach der Verordnung Nr. 2988/74 verfasst werden. Außerdem ist diese Verzögerung, für die keine überzeugende Rechtfertigung vorgetragen wurde und die die Kommission dazu veranlasste, von sich aus die Geldbuße um 150 000 Euro herabzusetzen, also um etwa 4 % des in der angefochtenen Entscheidung festgesetzten Betrags, allein der Kommission zuzurechnen.

144. Auf diese Verzögerung ist ein Teil der Klage, nämlich im Wesentlichen der erste Klagegrund, zurückzuführen.

145. Bei einer angemessenen Würdigung der Umstände des Falles ist somit zu entscheiden, dass die Klägerin zwei Drittel ihrer eigenen Kosten und zwei Drittel der der Kommission entstandenen Kosten und die Kommission ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der der Klägerin entstandenen Kosten zu tragen hat.

Tenor

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Compagnie maritime belge SA trägt zwei Drittel ihrer eigenen Kosten und zwei Drittel der der Kommission entstandenen Kosten. Die Kommission trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der der Compagnie maritime belge entstandenen Kosten.