1. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Auskunftsverlangen – Befugnisse der Kommission
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 11)
2. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens mit der Kommission
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 15 Absatz 2; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission, Abschnitt D Nr. 2)
1. Die Verordnung Nr. 17 erkennt einem Unternehmen, gegen das eine Untersuchungsmaßnahme nach dieser Verordnung getroffen wird, nicht das Recht zu, sich dem Vollzug dieser Maßnahme zu entziehen. Dem fraglichen Unternehmen wird im Gegenteil eine Verpflichtung zur aktiven Mitwirkung auferlegt, aufgrund deren es alle den Gegenstand der Untersuchung betreffenden Informationsquellen für die Kommission bereithalten muss.
In Bezug auf die Frage, ob diese Verpflichtung auch für Auskunftsverlangen gilt, die dazu dienen können, den Beweis für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung des Unternehmens, das die Auskünfte liefert, gegen die Wettbewerbsregeln zu erbringen, ist anerkannt, dass die Kommission, um die praktische Wirksamkeit von Artikel 11 Absätze 2 und 5 der Verordnung Nr. 17 zu sichern, berechtigt ist, dieses Unternehmen zu verpflichten, ihr alle erforderlichen Auskünfte über ihm eventuell bekannte Tatsachen zu erteilen und ihr erforderlichenfalls die in seinem Besitz befindlichen Schriftstücke, die sich hierauf beziehen, zu übermitteln, selbst wenn sie dazu verwendet werden können, den Beweis für ein wettbewerbswidriges Verhalten des betreffenden oder eines anderen Unternehmens zu erbringen.
Diese Pflicht zur Zusammenarbeit erlaubt es dem Unternehmen nicht, sich Verlangen nach Vorlage von Dokumenten mit der Begründung zu entziehen, dass es sich selbst belasten müsste, wenn es ihnen nachkommen würde.
Schließlich liegt es auf der Hand, dass die Verteidigungsrechte beachtet werden müssen, so dass das betreffende Unternehmen immer noch in der Lage ist, entweder während des Verwaltungsverfahrens oder im Verfahren vor den Gemeinschaftsgerichten geltend zu machen, dass die vorgelegten Dokumente einen anderen als den ihnen von der Kommission zugeschriebenen Sinn hätten.
(vgl. Randnrn. 40-41, 48-49)
2. Eine Herabsetzung anhand der Mitteilung über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen kann nur gerechtfertigt sein, wenn die gelieferten Informationen und allgemeiner das Verhalten des betreffenden Unternehmens insoweit als Zeichen eines echten Geistes der Zusammenarbeit des Unternehmens angesehen werden können.
Das Verhalten eines Unternehmens, das, obwohl es nicht verpflichtet war, eine Frage der Kommission zu beantworten, darauf in unvollständiger und irreführender Weise geantwortet hat, kann nicht als Ausdruck eines solchen Geistes der Zusammenarbeit angesehen werden.
(vgl. Randnrn. 68-69)